HETEROPTERON Mitteilungsblatt der Arbeitsgruppe Mitteleuropäischer Heteropterologen INHALT Einleitende Bemerkungen des Herausgebers. ................................................................................................................... 1 GREGOR TYMANN: Wanzenvorkommen (Insecta: Heteroptera) in acht ausgewählten Lebensräumen eines Grünzuges im Ruhrgebiet (NRW). ................................................................................................................................................ 3 LUTZ LANGE: Der Raupenjäger Pinthaeus sanguinipes auch im Kreis Steinburg (Schleswig-Holstein). ...................... 23 WOLFGANG H. O. DOROW, ANNALENA SCHOTTHÖFER & KLAUS P. VOIGT: Erstnachweis der Raubwanze ........................ Nagusta goedelii (KOLENATI, 1857) in Rheinland-Pfalz (Heteroptera: Reduviidae). ............................................... 24 WOLFGANG H. O. DOROW & ALEXANDER SCHNEIDER: Erste Nachweise von Holcocranum saturejae (KOLENATI, 1845) (Heteroptera: Artheneidae) in Hessen. .......................................................................................... 27 ANDREAS MÜLLER: Zweiter Nachweis und erster Belegfund von Holcogaster fibulata (GERMAR, 1831) in Nordrhein-Westfalen (Heteroptera: Pentatomidae). .............................................................................................. 30 TORSTEN VAN DER HEYDEN: Erstfund von Zelus renardii KOLENATI, 1856 in Deutschland (Heteroptera: Reduviidae). 31 HANS-JÜRGEN HOFFMANN: Die Marmorierte Baumwanze Halyomorpha halys (STÅL, 1855) und jetzt die Samurai-Wespe. ........................................................................................................................................................ 33 BODO PLESKY: Fund einer makropteren und einer hypomakropteren Grundwanze Aphelocheirus aestivalis (FABRICIUS, 1794) in der Mulde in Sachsen (Heteroptera: Aphelocheiridae). .......................................................... 40 Wanzenliteratur: Neuerscheinungen. .............................................................................................................................. 42 HANS-JÜRGEN HOFFMANN: JOCHEN ROTH's Bettwanzen (Heteropterologische Kuriosa 37). ........................................ 43 [Inhaltsverzeichnisse früherer Hefte und Allgemeines s. www.heteropteron.de ] Einleitende Bemerkungen des Herausgebers Trotz der z.Z. alles dominierenden Nachrichten zur CORONA-Pandemie soll hier als ein Lichtblick für die deutschen Heteropterologen als erstes die freudige, beinahe unwirklich klingende Nachricht gebracht werden: HELGA SIMON erhielt die Druckfahne zur Roten Liste der Wanzen Deutschlands, konnte sie an die Co-Autoren zur Korrektur verschicken und bereits die korrigierte Fassung der BfA zurücksenden, über 12 Jahre nach der ersten Planung. Jetzt ist nur noch zu hoffen, dass auch die Autoren der anderen in dem Band vertretenen Insektengruppen fertig werden und schließlich auch das Geld zum Druck noch vorhanden ist. Die Euphorie wird aber schon wieder etwas gebremst: In einer email bzw. Mitteilung des Rote-Liste-Zentrums mit seinen Neujahrsglückwünschen vom 28.01.2021 liest es sich so: "Ebenso steht endlich die Veröffentlichung für den letzten Rote-Liste-Band der 2009er Reihe bevor. Die Druckauf bereitung wird im Frühjahr abgeschlossen." Auf dieser Grundlage konnte auch auf der Homepage des HETEROPTERON die EntGerm- Liste auf den aktuellen Stand gebracht werden. Auch das Inhalt-Verzeichnis wurde nun für H. 1-60 komplettiert. Heft Nr. 61 - Köln, Januar 2021 ISSN 1432-3761 print ISSN 2105-1586 online
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HETEROPTERON · 2021. 2. 18. · HETEROPTERON Mitteilungsblatt der Arbeitsgruppe Mitteleuropäischer Heteropterologen INHALT Einleitende Bemerkungen des Herausgebers . ..... .....
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HETEROPTERON Mitteilungsblatt der
Arbeitsgruppe Mitteleuropäischer Heteropterologen
INHALT Einleitende Bemerkungen des Herausgebers. ................................................................................................................... 1 GREGOR TYMANN: Wanzenvorkommen (Insecta: Heteroptera) in acht ausgewählten Lebensräumen eines Grünzuges im Ruhrgebiet (NRW). ................................................................................................................................................ 3 LUTZ LANGE: Der Raupenjäger Pinthaeus sanguinipes auch im Kreis Steinburg (Schleswig-Holstein). ...................... 23 WOLFGANG H. O. DOROW, ANNALENA SCHOTTHÖFER & KLAUS P. VOIGT: Erstnachweis der Raubwanze ........................
Nagusta goedelii (KOLENATI, 1857) in Rheinland-Pfalz (Heteroptera: Reduviidae). ............................................... 24 WOLFGANG H. O. DOROW & ALEXANDER SCHNEIDER: Erste Nachweise von Holcocranum saturejae (KOLENATI, 1845) (Heteroptera: Artheneidae) in Hessen. .......................................................................................... 27 ANDREAS MÜLLER: Zweiter Nachweis und erster Belegfund von Holcogaster fibulata (GERMAR, 1831) in Nordrhein-Westfalen (Heteroptera: Pentatomidae). .............................................................................................. 30 TORSTEN VAN DER HEYDEN: Erstfund von Zelus renardii KOLENATI, 1856 in Deutschland (Heteroptera: Reduviidae). 31 HANS-JÜRGEN HOFFMANN: Die Marmorierte Baumwanze Halyomorpha halys (STÅL, 1855) und jetzt die Samurai-Wespe. ........................................................................................................................................................ 33 BODO PLESKY: Fund einer makropteren und einer hypomakropteren Grundwanze Aphelocheirus aestivalis (FABRICIUS, 1794) in der Mulde in Sachsen (Heteroptera: Aphelocheiridae). .......................................................... 40 Wanzenliteratur: Neuerscheinungen. .............................................................................................................................. 42 HANS-JÜRGEN HOFFMANN: JOCHEN ROTH's Bettwanzen (Heteropterologische Kuriosa 37). ........................................ 43
[Inhaltsverzeichnisse früherer Hefte und Allgemeines s. www.heteropteron.de]
Einleitende Bemerkungen des Herausgebers
Trotz der z.Z. alles dominierenden Nachrichten zur CORONA-Pandemie soll hier als ein
Lichtblick für die deutschen Heteropterologen als erstes die freudige, beinahe unwirklich klingende
Nachricht gebracht werden: HELGA SIMON erhielt die Druckfahne zur Roten Liste der Wanzen
Deutschlands, konnte sie an die Co-Autoren zur Korrektur verschicken und bereits die korrigierte
Fassung der BfA zurücksenden, über 12 Jahre nach der ersten Planung. Jetzt ist nur noch zu hoffen,
dass auch die Autoren der anderen in dem Band vertretenen Insektengruppen fertig werden und
schließlich auch das Geld zum Druck noch vorhanden ist. Die Euphorie wird aber schon wieder
etwas gebremst: In einer email bzw. Mitteilung des Rote-Liste-Zentrums mit seinen
Neujahrsglückwünschen vom 28.01.2021 liest es sich so: "Ebenso steht endlich die
Veröffentlichung für den letzten Rote-Liste-Band der 2009er Reihe bevor. Die Druckaufbereitung
wird im Frühjahr abgeschlossen."
Auf dieser Grundlage konnte auch auf der Homepage des HETEROPTERON die EntGerm-
Liste auf den aktuellen Stand gebracht werden. Auch das Inhalt-Verzeichnis wurde nun für H. 1-60
komplettiert.
Heft Nr. 61 - Köln, Januar 2021 ISSN 1432-3761 print
ISSN 2105-1586 online
2 HETEROPTERON Heft 61 / 2021
Wegen der knappen Datenlage zum Wanzenvorkommen im Ruhrgebiet soll - trotz gewisser
Bedenken wegen der Länge - eine diesbezügliche, sehr umfangreiche Arbeit hier in diesem Heft des
HETEROPTERON erscheinen.
Sechs weitere kleinere Arbeiten berichten von neuen, erweiterten oder beobachtenswerten
Vorkommen einzelner Arten.
Wegen der rasanten Ausbreitung von Halyomorpha halys zumindest in NW-Deutschlands soll
eine "Zusammenfassende Darstellung" mit umfangreicher, aus Platzgründen erst im nächsten Heft
erscheinenden Bibliographie zu dieser Art versucht werden.
Und auch die Liste der neu erschienenen heteropterologischen Arbeiten ist wieder recht
umfangreich. Hier soll noch einmal (unter Bezug auf die Arbeit im HETEROPTERON H. 49, 26-
27) auf die unglaubliche Wasserwanzen-Literatur-Datenbank von FELIPE MOREIRA hingewiesen
werden, die er zusammen mit den Glückwünschen zum Jahreswechsel noch einmal zum Gebrauch
anbot. Es sind mittlerweite über 6.500 (!!!) Arbeiten als pdf-Datei enthalten. Z.T. handelt es sich
verständlicherweise nur um die die Wasserwanzen betreffenden Teile, z.T. sind aber auch ganze
Arbeiten und Bände einsehbar oder herunterladbar.
Zum Schluß noch eine Kleinigkeit: Das Layout des HETEROPTERON wurde 1996 von
Nicht-Spezialisten erstellt. Es hat sich aber bis heute bewährt. Seinerzeit kam es darauf an,
Farbseiten wegen der Druckkosten möglichst zu vermeiden. Als ganz kleine Änderung ist jetzt ab
Heft 61 das Emblem auf der Titelseite durch eine Farbabbildung ersetzt worden, wofür GERHARD
STRAUSS als Urheber des CORISA dankenswerter Weise sein Plazet gegeben hat.
H.J. Hoffmann
HETEROPTERON Heft 61 / 2021 3
Wanzenvorkommen (Insecta: Heteroptera) in acht ausgewählten Lebensräumen eines Grünzuges im Ruhrgebiet (NRW)
GREGOR TYMANN
Zusammenfassung:
Vorgestellt wird die Wanzenfauna acht ausgewählter Lebensräume innerhalb eines Grünflächenverbundes im
Ruhrgebiet (NRW). Das 3 km2 große Untersuchungsgebiet prägten in den letzten mehr als 100 Jahren kleinbäuerliche
und industrielle Strukturen, in die ein älterer Waldbestand eingebettet ist. Seit den 1980er Jahren wurden die bis dahin
industriell genutzten Flächen nach ihrer Begrünung größtenteils als Naherholungsgebiete wieder zugänglich gemacht.
Die Begehung der einzelnen Biotope erfolgte unregelmäßig in den Jahren 2013-2020, wobei insgesamt 211
Wanzenarten festgestellt wurden. Gearbeitet wurde mit Kescher, Klopfschirm und gezielter Suche am Boden. Da bei
der Suche keine weiteren Hilfsmittel wie Leucht- oder Bodenfallen benutzt, bzw. mikroskopische Untersuchungen
durchgeführt wurden, ist davon auszugehen, dass die Artenanzahl in diesem Falle höher ausgefallen wäre, zumal Taxa
wie Psallus und Anthocoridae mit überwiegend nur genitalmorphologisch sicher bestimmbaren Arten kaum
berücksichtigt worden sind.
Vorbemerkung
Untersuchungen zu Wanzen im Ruhrgebiet haben bisher nur partiell stattgefunden.
Gut untersucht ist das Stadtgebiet der Stadt Bochum: APPELHOFF (1990) fand 56 Wanzenarten
auf dem Gelände des Botanischen Gartens in Bochum, JAGEL (2019) meldete 39 Arten von einer
Obstwiese und SCHMIDT (2019) verzeichnet in einer faunistischen Erfassung des gesamten
Stadtgebietes 180 Wanzenarten.
In der Stadt Essen auf dem Gelände der ehemaligen Zeche und Kokerei „Zollverein“ wurden
94 Arten (TYMANN 2017, HOFFMANN et al. 2018) und auf der hier ebenfalls behandelten
Bergehalde „Mottbruch“ in Gladbeck 127 Arten nachgewiesen (TYMANN 2020).
Untersuchungsgebiet und Biotope
In den 1980er Jahren fand im Ruhrgebiet die
Renaturierung vieler vormalig industriell genutzter Areale statt.
Diese wurden in den 1990er Jahren durch Zusammenlegung
mit landwirtschaftlich genutzten Flächen und bereits
bestehenden Grüngebieten in sieben, das Ruhrgebiet in Nord-
Süd Richtung durchziehende Grünzüge (A-G)
zusammengefasst, die vielerorts räumlich miteinander
verbunden sind und so eine, das Ruhrgebiet übergreifende
grüne Infrastruktur bilden. Dieser sogenannte „Emscher
Landschaftspark“ und seine Gewässersysteme reichen in die
Städte und Wohngebiete hinein und fügen sich an Maßnahmen
der grünen Stadtentwicklung an (KIPAR 2016).
Das Untersuchungsgebiet umfasst ein 3 km2 großes Areal
innerhalb des Grünzuges mit der Bezeichnung „D“ auf dem
Gebiet der Stadt Gladbeck (Kreis Recklinghausen) sowie der
kreisfreien Städte Bottrop und Essen. Abb. 1: Untersuchungsgebiet mit den einzelnen Lebensräumen
(Quelle: Google Maps)
4 HETEROPTERON Heft 61 / 2021
Bearbeitet wurden acht Lebensräume unterschiedlicher Ausprägung (Bergehalden,
Brachflächen, renaturierte Emscher-Oberläufe, ein kleines Feuchtgebiet und Wald) mit Größen von
0,5 ha bis 61 ha. Die Bergehalden erheben sich mit bis zu 80 m Höhe über eine vormals eher ebene
Landschaft, deren Gestalt durch großflächige Aufschüttungen der Montanindustrie deutlich
verändert wurde.
Tab. 1: Bezeichnung und geografische Zuordnung der acht untersuchten Lebensräume Nr. Name Koordinaten MTB-Nr./ Quadrant
1 Halde „Im Brauck“ (GLA) N 51°33'02.4" O 6°59'34.3" 4407/2
2 NSG „Natroper Feld“ (GLA) N 51°32'37.8" O 6°59'08.0" 4407/2-4
3 Halde „Mottbruch“ (GLA) N 51°32'27.6" O 6°59'39.4" 4407/4
4 Landwirtschaftliche Ausgleichsfläche
(BOT) N 51°32'23.8" O 6°59'05.6" 4407/4
5 „Halde 22“ + „Hahnenbach“ (GLA) N 51°32'13.3" O 6°59'54.0" 4407/4-4408/3
6 Wildwiese (BOT) N 51°32'05.8" O 6°59'49.5" 4407/4
7 „Karnaper Wäldchen“ (BOT/E) N 51°31'48.0" O 6°59'25.3" 4407/4
8 Brache Karnap (E) N 51°31'11.9" O 6°59'30.4" 4407/4 BOT = Bottrop, E = Essen, GLA = Gladbeck / Koordinaten nach WGS84
Darstellung der einzelnen Lebensräume
Abb. 2: Halde „Im Brauck“
Lebensraum 1: Halde „Im Brauck“ (Abb. 2)
Kleine begrünte Bergehalde, ca. 5 ha groß.
Der untere Teil besteht aus 30-40 Jahre altem
Industriewald auf Rohboden (Robinie, Hasel,
Ahorn, Hartriegel, Weide, Pappel, Birke,
Brombeere), der sich bis in den oberen Bereich mit
dort aufgebrachter dünner Erdschicht und mehr
offenen Stellen fortsetzt. Offene Flächen mit Gras-,
Stauden- und Krautbewuchs sowie ein kleiner
Hang mit Magerrasen.
Abb. 3: NSG „Natroper Feld“ (Nr. 2), rechts im
Hintergrund die Halde „Im Brauck“ (Nr. 1)
Lebensraum 2: NSG „Natroper Feld“ (Abb. 3-4)
13 ha groß, zwischen den Berghalden „Im
Brauck“ (Nr. 1) im Norden und „Mottbruch“ (Nr.
3) im Süden gelegen. Durch das Wortteil „-bruch“
in Mottbruch und abgewandelt auch in „Brauck“
wird sprachlich ein feuchter oder sumpfiger
Standort angezeigt, der in diesem Fall schon in
vorindustrieller Zeit bestanden hat. Kennzeichnend
für das Gebiet sind „Feucht- und Grünlandbrachen
mit Ruderalelementen und Verbuschung, die
Tümpel, sumpfigen und wechselfeuchten Bereiche
und Röhrichte, die frische bis feuchte Fettweide
nordwestlich des Nattbaches, die hochstauden-
reiche, teilweise verbuschende erste Stufe der
Haldenböschung in trockenwarmer Lage“ (LANUV 2020).
In den Sommern 2018 bis 2020 war das
gesamte Gebiet vollständig ausgetrocknet.
HETEROPTERON Heft 61 / 2021 5
Abb. 4: Sandfläche am NSG „Natroper Feld“ (Nr. 2)
An das NSG angrenzend liegt eine 2016
erbaute Einrichtung zur Wasseraufbereitung, in
deren Nähe die mittlerweile wieder an die
Oberfläche geholten Emscher-Oberläufe
„Nattbach“ und „Wittringer Mühlenbach“ zusammenführt werden.
Das Gelände dieses Gebäudes und die
Randbereiche des direkt angrenzenden Nattbaches
wurden im Zuge ihrer Begrünung mit sandigem
Boden aufgefüllt und bilden in dieser Umgebung
eine Insel als trockener, sandiger und warmer
Standort. Hier erfolgten u.a. Funde von
Brachycarenus tigrinus (SCHILLING, 1829), Lygus
maritimus WAGNER, 1949 und Conostethus roseus (FALLÉN, 1807).
Am westlichen Rand des „Natroper Feld“
befindet sich der Zusammenfluss von „Nattbach“
und „Boye“, zwei im Jahr 2019 bis zu dieser Stelle
renaturierten Emscher-Oberläufe, deren
Randgebiete stellenweise mit sandigem Substrat
aufgefüllt wurden und ausgesprochene Pionierstandorte bilden.
Hier erfolgte der Fund von Emblethis denticollis HORVÁTH, 1878.
Abb. 5: Bergehalde „Mottbruch“ (Nr. 3) von Norden aus, im Vordergrund zwischen den Bäumen das
1839) lebt in der Bodenstreu unter verschiedenen Laub-
und Nadelgehölzen und wurde vom Verfasser beim
Keschern zwischen Rosensträuchern auf seiner
Kleidung aufgefunden. Der Erstfund dieser Art für
NRW erfolgte in den 1990er Jahren (SCHÄFER 2003).
Sie ist in Deutschland an wärmebegünstigten Stellen
sporadisch bis zum Nordrand der Mittelgebirge zu
finden (WACHMANN et al. 2007). Nach HOFFMANN
(2017) ist diese Art in NRW rar.
Abb. 23: Emblethis denticollis HORVÁTH, 1878
Von Emblethis denticollis HORVÁTH, 1878
wurden einmalig drei Exemplare am westlichen Rand
des NSG „Natroper Feld“ (Nr. 2) festgestellt. Der
Fundort ist eine spärlich bewachsene Sandfläche neben
dem Zusammenfluss der bis zu dieser Stelle
renaturierten Bäche „Hahnenbach“ und „Boye“.
Emblethis denticollis ist in der gesamten
Paläarktis mit Ausnahme der nördlichen Länder zu
finden. In Deutschland liegt der Verbreitungs-
schwerpunkt im Osten, im Nordwesten fehlt sie ganz,
wobei seit einiger Zeit ein Vordringen nach
Nordwesteuropa festzustellen ist (WACHMANN et al.
2007). Der Erstnachweis für NRW erfolgte 1999 durch
SCHÄFER (2014) in Bad Salzuflen-Hölsen (Kreis Lippe).
Im Jahr 2007 gelang dann KOTT (2007) ein weiterer
Nachweis in Dormagen-Delhoven (Rhein-Kreis Neuss).
Neben nicht häufigen Funden steht stellenweise das
Auftreten in großen Individuenzahlen (WACHMANN et
al. 2007). Dies war auf einer Brachfläche in der Stadt
Gelsenkirchen der Fall, wo der Verfasser in kürzester
Zeit ein Dutzend Exemplare auffinden konnte.
HETEROPTERON Heft 61 / 2021 15
Abb. 24: Megalonotus antennatus (SCHILLING, 1829)
Megalonotus antennatus (SCHILLING, 1829)
wurde im Jahr 2014 zweimal auf der Halde „Im
Brauck“ (Nr. 1) gefunden. Die Art besiedelt
unterschiedlichste Lebensräume, von feuchten und
moorigen Habitaten bis Sand- und Kalkböden
(WACHMANN et al. 2007) und wurde hier auf einem
kleinen Hang mit Magerrasen festgestellt.
Abb. 25: Peritrechus nubilus (FALLÉN 1807)
Peritrechus nubilus (FALLÉN, 1807) besiedelt
offene bis halbschattige Grasstandorte in feuchteren
Biotopen als andere Arten dieser Gattung
(WACHMANN et al. 2007) und konnte in der
Moosschicht auf einer Fläche neben einem der
Wasserhaltungsbecken der Halde „Mottbruch“ (Nr.
3) sowie in der feuchten Laubschicht im Bachbett des
zeitweise ausgetrockneten „Hahnenbach“ am Rande
der „Halde 22“ (Nr. 5) nachgewiesen werden.
Abb. 26: Brachycarenus tigrinus (SCHILLING, 1829)
Brachycarenus tigrinus (SCHILLING, 1829) ist
auf trocken-warmen und sandigen Böden (meist
Ruderal- oder Brachflächen) unter verschiedenen
krautigen Pflanzen anzutreffen (WACHMANN et al.
2007). Dies trifft auf alle vier Fundorte zu, an denen die
Art im Untersuchungsgebiet festgestellt werden konnte:
Sandfläche am NSG „Natroper Feld“ (Nr. 2), Halde
„Mottbruch“ (Nr. 3), „Halde 22“ (Nr. 5) und „Brache
Karnap“ (Nr. 8)
16 HETEROPTERON Heft 61 / 2021
Abb. 27: Nezara viridula (LINNAEUS, 1758)
Von der in aktueller Ausbreitung befindlichen
Baumwanze Nezara viridula (LINNAEUS, 1758) wurden
mehrere Larven in mittlerem Entwicklungsstadium aus
der Krautschicht am Rand des Baches „Boye“
gekeschert, der am Fundort das „Karnaper Wäldchen“
(Nr. 7) durchfließt.
WERNER (2005) und MORKEL & RENKER (2019)
schildern die Ausbreitung in den letzten Jahren aus dem
Mittelmeerraum Richtung Norden. Im Ruhrgebiet ist
diese Art seit einigen Jahren anzutreffen; nach
Fundmeldungen aus dem Internet liegt momentan
anscheinend eine Verbreitung vom Rheinland bis zum
südlichen Münsterland vor. In der Stadt Essen fand der
Verfasser im September und Oktober 2019 mehrere
Larven, von denen eine vom vierten Larvenstadium zur
Imago durchgezüchtet wurde (vgl. SCHÄFER 2019). Tab. 3: Funddaten und -orte der bemerkenswerten Arten im Untersuchungsgebiet (Systematik und Nomenklatur nach
HOFFMANN & MELBER 2003). Funde von Larven sind mit einem * gekennzeichnet. EntGerm
Nr. Art Datum Biotop
110 Agramma laetum
(SCHRANK, 1782)
22.06.2017
Wildwiese (Nr. 6)
275 Lygus maritimus
WAGNER, 1949
13.06.2017
19.06.2017
31.07.2017
23.08.2017
27.08.2017
29.08.2017
15.10.2017
28.09.2018
06.10.2018
26.02.2019
24.05.2019
30.06.2019
15.09.2019
13.10.2019
04.04.2020
01.08.2020
20.09.2020
23.09.2020
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Brache Karnap (Nr. 8)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
„Halde 22“ + „Hahnenbach“ (Nr. 5)
Brache Karnap (Nr. 8)
Brache Karnap (Nr. 8)
NSG „Natroper Feld“ (Nr. 2)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Brache Karnap (Nr. 8)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
NSG „Natroper Feld“ (Nr. 2)
338 Pachytomella parallela
(MEYER-DÜR, 1843)
17.06.2014
04.08.2014
03.10.2014
20.07.2015
28.09.2015
16.08.2016
18.08.2016
25.05.2017 *
25.05.2017
02.06.2017
22.06.2017
20.09.2018
28.07.2020
NSG „Natroper Feld“ (Nr. 2)
Wildwiese (Nr. 6)
Wildwiese (Nr. 6)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
NSG „Natroper Feld“ (Nr. 2)
Landwirtschaftliche Ausgleichsfläche (Nr. 4)
Wildwiese (Nr. 6)
NSG „Natroper Feld“ (Nr. 2)
NSG „Natroper Feld“ (Nr. 2)
Landwirtschaftliche Ausgleichsfläche (Nr. 4)
Wildwiese (Nr. 6)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Wildwiese (Nr. 6)
386 Reuteria marqueti
PUTON, 1875
21.07.2015
22.07.2016
Halde „Im Brauck“ (Nr. 1)
„Halde 22“ + „Hahnenbach“ (Nr. 5)
420 Conostethus roseus
(FALLÉN, 1807)
06.05.2018
11.05.2018
24.05.2019
25.05.2019
20.05.2020
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
NSG „Natroper Feld“ (Nr. 2)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
HETEROPTERON Heft 61 / 2021 17
421 Conostethus venustus
(FIEBER, 1858)
10.06.2017 *
10.06.2017
13.06.2017
27.08.2017
06.05.2018
10.06.2018 *
10.06.2018
01.07.2018
21.10.2018
25.05.2019
28.06.2019
30.06.2019
20.05.2020
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
„Halde 22“ + „Hahnenbach“ (Nr. 5)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
463
Plagiognathus fulvi-
pennis
(KIRSCHBAUM, 1856)
28.06.2019
30.06.2019
„Halde 22“ + „Hahnenbach“ (Nr. 5)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
498 Prostemma guttula
(FABRICIUS, 1787)
04.08.2016 *
07.08.2016
23.08.2017
29.05.2019
28.03.2020
04.04.2020
11.04.2020
06.05.2020
21.06.2020*
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
„Halde 22“ + „Hahnenbach“ (Nr. 5)
612,5 Nysius huttoni
WHITE, 1878
12.10.2018
14.10.2018
26.02.2019
30.03.2019
16.04.2019
29.05.2019
28.06.2019
19.07.2019
30.08.2019
13.10.2019
05.04.2020
27.05.2020
15.07.2020
22.07.2020
16.08.2020
23.09.2020
Brache Karnap (Nr. 8)
Brache Karnap (Nr. 8)
Brache Karnap (Nr. 8)
„Halde 22“ + „Hahnenbach“ (Nr. 5)
„Halde 22“ + „Hahnenbach“ (Nr. 5)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
„Halde 22“ + „Hahnenbach“ (Nr. 5)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
„Halde 22“ + „Hahnenbach“ (Nr. 5)
Brache Karnap (Nr. 8)
Brache Karnap (Nr. 8)
Brache Karnap (Nr. 8)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
NSG „Natroper Feld“ (Nr. 2)
653 Eremocoris fenestratus
(HERRICH-SCH., 1839)
21.04.2019 Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
674 Emblethis denticollis,
HORVÁTH, 1878
23.09.2020 NSG „Natroper Feld“ (Nr. 2)
687
Megalonotus
antennatus
(SCHILLING, 1829)
31.03.2014
02.06.2014
Halde „Im Brauck“ (Nr. 1)
Halde „Im Brauck“ (Nr. 1)
709 Peritrechus nubilus
(FALLÉN, 1807)
26.05.2019
11.04.2020
21.06.2020
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
„Halde 22“ + „Hahnenbach“ (Nr. 5)
769 Brachycarenus tigrinus
(SCHILLING, 1829)
24.05.2019
09.06.2019
28.06.2019
30.06.2019
25.08.2019
03.06.2020*
03.06.2020
05.08.2020
NSG „Natroper Feld“ (Nr. 2)
NSG „Natroper Feld“ (Nr. 2)
„Halde 22“ + „Hahnenbach“ (Nr. 5)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3)
NSG „Natroper Feld“ (Nr. 2)
NSG „Natroper Feld“ (Nr. 2)
NSG „Natroper Feld“ (Nr. 2)
839,5 Nezara viridula
(LINNAEUS, 1758)
23.09.2020* Karnaper Wäldchen (Nr. 7)
18 HETEROPTERON Heft 61 / 2021
Arten und Lebensräume Arten
Die Verteilung der Arten auf die einzelnen Lebensräume sowie das dort festgestellte Auftreten
bemerkenswerter Arten unterscheiden sich teilweise deutlich und werden im Folgenden näher
dargestellt.
Tab. 4: Verteilung der bemerkenswerten Arten auf die einzelnen Lebensräume
Biotop Nr. Größe Arten-
anzahl
Anteil am
Gesamt-
bestand
Bemerkenswerte Arten
1
Halde „Im Brauck“ 5 ha 72 34,1 % Reuteria marqueti
2
NSG Natroper Feld 13 ha 98 46,4 %
Lygus maritimus, Pachytomella parallela, Conostethus
Wildwiese 2 ha 106 50,2 % Agramma laetum, Pachytomella parallela
7
Karnaper Wäldchen 61 ha 92 43,6 % Nezara viridula
8
Brache Karnap 0,5 ha 59 28 % Lygus maritimus, Nysius huttoni, Brachycarenus tigrinus
Von den 211 im Untersuchungsgebiet aufgefundenen Wanzenarten sind 45 Arten (21,3 %) in
mindestens sechs der acht untersuchten Lebensräumen festgestellt worden und somit als allgemein
häufig anzusehen.
80 Arten (37,9 %) konnten in drei bis fünf Lebensräumen festgestellt werden, worunter sich
vier der erwähnenswerten Arten befinden:
Pachytomella parallela wurde an vier stellenweise sehr kleinen Grasstandorten angetroffen,
während Lygus maritimus, Brachycarenus tigrinus und z.T. Nysius huttoni auf verschiedenen
sandigen und offenen Flächen zu finden waren (Tab. 3).
86 Wanzenarten, die somit 44,5 % aller im Untersuchungsgebiet festgestellten Arten
ausmachen, wurden in 1-2 Lebensräumen nachgewiesen. Dies liegt z.T. an der Bindung an spezielle
Biotoptypen oder Nahrungspflanzen wie auch dem generell seltenen Auftreten einer Art.
Die wassergebundenen Arten wurden im NSG „Natroper Feld“ (Nr. 2) und an den Becken der
Wasserhaltung der Halde „Mottbruch“ (Nr. 3) festgestellt. Diese Becken und Teiche sind ganzjährig
in unterschiedlicher Menge mit Wasser befüllt, während die Feuchtgebiete des NSG „Natroper Feld“
(Nr. 2), die einzigen natürlichen nassen Flächen im Untersuchungsgebiet, in den Sommern 2018 bis
2020 vollständig ausgetrocknet waren.
HETEROPTERON Heft 61 / 2021 19
Andere Arten sind an das Vorkommen ihrer Wirtspflanzen gebunden, so dass z.B. der einzige
Standort von Farnkraut im „Karnaper Wäldchen“ (Nr. 7) auch der alleinige Fundort von Monalocoris
filicis ist, sowie ein kleiner Ginsterbestand auf der Halde „Mottbruch“ (Nr. 3) der von
Heterocordylus tibialis.
Zehn der fünfzehn hier als bemerkenswert behandelten Arten fallen in diese Kategorie mit
Funden in maximal zwei der acht untersuchten Lebensräume.
Jeweils in zwei Lebensräumen wurden die Weichwanzen Conostethus roseus, Conostethus
venustus, Reuteria marqueti sowie Plagiognathus fulvipennis, die Sichelwanze Prostemma guttula
und die Bodenwanze Peritrechus nubilus angetroffen (Tab. 3).
Hier ist anzumerken, dass Prostemma guttula auf der ca. 55 ha großen Halde „Mottbruch“ (Nr.
3) an vier verschiedenen Stellen aufgefunden wurde, was auf eine weiterreichende Besiedlung der
Umgebung hindeutet. Diese Vermutung wird unterstützt durch den Fund einer Larve am
benachbarten „Hahnenbach“ an der „Halde 22“ (Nr. 5), ca. 600 m entfernt. Ebenfalls konnten im ca.
3 km entfernten Nordsternpark, dem ehemaligen Bundesgartenschau-Gelände von 1997 in der Stadt
Gelsenkirchen, im Sommer 2020 an zwei Stellen Larven dieser Art nachgewiesen werden.
Plagiognathus fulvipennis ist ebenfalls in nur zwei Lebensräumen festgestellt worden, was im
Verhältnis zum Vorkommen der Wirtspflanze Echium vulgare (Gewöhnlicher Natternkopf) im
Untersuchungsgebiet wenige Nachweise sind, da diese Pflanze in sieben der acht Lebensräume
vertreten ist und bei günstigen Standortbedingungen Bestände von bis zu 100 m2
Größe bildet.
In nur jeweils einem Lebensraum waren die Netzwanze Agramma laetum sowie die
Bodenwanzen Megalonotus antennatus, Eremocoris fenestratus und Emblethis denticollis vorhanden
(Tab. 3). Von diesen vier Arten existieren nur vereinzelte bzw. verstreute Funde.
Eremocoris fenestratus fand der Verfasser beim Keschern zwischen Rosenbüschen am Fuß der
Halde „Mottbruch“ (Nr. 3) auf seiner Kleidung. Ein weiterer Fund außerhalb des
Untersuchungsgebietes stammt aus dem Jahr 2020 von einer Hauswand in der ca. 1,5 km entfernten
Stadt Gelsenkirchen. Auch SCHÄFER & HANNIG (im Druck) berichten von häufigen Funden in NRW
auf technischen Objekten wie Brücken, Wänden oder in Straßenbahnen.
Emblethis denticollis konnte vom Verfasser an drei weiteren wärmebegünstigten
Offenlandstandorten im Ruhrgebiet festgestellt werden. Dies waren eine Ruderalfläche in der Stadt
Gelsenkirchen, eine Sandackerbrache in der Stadt Bottrop sowie ein Bahndamm in der Stadt Castrop-
Rauxel (Kreis Recklinghausen). Genau wie die Fundstelle im Untersuchungsgebiet sind jene in
Bottrop und Castrop-Rauxel sandige Pionierstandorte am Rande von längerfristigen oder gerade
beendeten Baumaßnahmen und bieten dieser Art einen Lebensraum mit idealen Voraussetzungen.
Auch wenn solche Flächen durch Sukzession im Laufe der Zeit verloren gehen, scheinen neue
Lebensräume schnell gefunden zu werden, wie die Besiedlung der nur ca. 30 m2
großen sandigen
Fläche am Straßenrand eines Bahnübergangs in Castrop-Rauxel zeigt – die Hinterlassenschaft einer
neu verlegten Fernwärmeleitung.
Lebensräume
Bei der Verteilung der Arten auf die einzelnen Lebensräume fällt deutlich der Unterschied
zwischen gehölzreichen und sandig/schottrigen Standorten mit wenig Bewuchs auf.
Wald oder ältere, bzw. größere Baumbestände sind in der Emscher-Region nur als Bestandteil
von (Stadt-)Parks oder vereinzelt noch als Inseln in der Landschaft zu finden. Das Bild ist ansonsten
vielerorts von Industriewald, u.a. Birken, Weiden, Ahorn, Hasel, Robinien oder Traubenkirschen
bestimmt, mit dem ein Großteil der Bergehalden und älteren Industriebrachen im Ruhrgebiet
bewachsen ist, und der in Bezug auf Wanzenvielfalt eine eher untergeordnete Rolle spielt.
20 HETEROPTERON Heft 61 / 2021
Dies spiegelt sich auch an den im Untersuchungsgebiet festgestellten bemerkenswerten Arten
wider, von denen nur die Weichwanze Reuteria marqueti eine ausgesprochene Gehölzbewohnerin ist.
Generell wurden in Lebensräumen mit überwiegendem Baum- und Strauchbewuchs nur
häufige und so gut wie überall vertretene Arten festgestellt, während Ruderalflächen und
anthropogene Gebiete (Ränder von renaturierten Bachläufen) sowie anthropogen überformten Böden
(Bergehalden) im Verhältnis größere Artenanzahlen aufwiesen, unter denen sich ebenfalls der
Hauptanteil der erwähnenswerten Arten befindet.
Besonders augenscheinlich wird dies beim (ungleichen) Vergleich des größten und des
kleinsten Lebensraums des Untersuchungsgebietes: Das „Karnaper Wäldchen“ (Nr. 7) mit fast
reinem Baumbestand auf einer Fläche von 61 ha wies 92 Arten auf, wovon nur Nezara viridula als
erwähnenswert zu betrachten ist, wogegen die mit 0,5 ha weniger als 1% so große sandige Brache in
Essen-Karnap (Nr. 8) mit 59 Arten aufwarten konnte, unter denen sich u.a. Amphiareus obscuripes,
Lygus maritimus, Brachycarenus tigrinus und Nysius huttoni befanden.
Dies ist nur ein Beispiel für hohe Biodiversität an Störstellen und auf Bergehalden. Die
Bergehalden „Im Brauck“ (Nr. 1), „Mottbruch“ (Nr. 3) und die „Halde 22“ mit angrenzendem
„Hahnenbach“ (Nr. 5) sowie die Sandflächen am NSG „Natroper Feld“ (Nr. 2) und auf der Brache in
Essen-Karnap (Nr. 8) erwiesen sich in dieser Hinsicht als bevorzugter Lebensraum der meisten
seltenen und gefährdeten Arten (Tab. 3).
Auf diesen Flächen finden sich in der Umgebung vorkommende Arten als auch
Standortspezialisten, die auf bestimmte Bedingungen ihres Lebensraums angewiesen sind. Dies sind
häufig Arten natürlicher Trockenstandorte wie Magerrasen oder Heide, also Biotoptypen, die immer
seltener werden. Ausschlaggebend ist dabei offensichtlich nicht die Größe des Biotops, sondern
allein das Vorhandensein der benötigten Strukturen (ABS 1999).
Auf einer 0,3 ha großen Sandfläche an der Wasseraufbereitungsanlage am NSG „Natroper
Feld“ (Nr. 2), einem 100 m2
messenden Sandhaufen an der Halde „Mottbruch“ (Nr. 3) sowie auf der
0,5 ha großen Brache in Essen Karnap (Nr. 8), also insgesamt recht kleinen Flächen, wurden Lygus
maritimus, Conostethus roseus, Conostethus venustus, Prostemma guttula, Nysius huttoni und
Brachycarenus tigrinus festgestellt – allesamt Arten, die sandige Böden mit lückiger Vegetation
benötigen. Hier können Bergehalden und Ruderalflächen einen Ersatzlebensraum darstellen, sofern
diese Flächen dementsprechend gepflegt werden (KASIELKE & ZEPP 2017).
In der Regel beginnt der Bewuchs auf Brachen und Bergehalden durch Moose und Flechten
sowie einjährige Arten, deren Samen durch Wind verbreitet wird. Zwei- und mehrjährige Pflanzen
kennzeichnen später den Übergang zur Hochstaudenphase, während gleichzeitig Birken, v.a. Betula
pendula und Sommerflieder (Buddleja davidii) erscheinen. Dies führt in der Regel zu anschließender
Verbuschung und somit dem Rückgang lichtbedürftiger krautiger Arten durch das allmähliche
Verschwinden offener Bodenstellen. Mittlerweile hat auch das Auftreten des invasiven Japanischen
Staudenknöterich (Fallopia japonica) stellenweise zu einem erheblichen Verlust dieser Flächen
geführt.
Flächen mit verschiedenen Sukzessionsstadien sind oft kleinteilig und gehen ineinander über
oder sind miteinander verzahnt, so dass pflegerische Maßnahmen nötig sind um diese Strukturen zu
erhalten. Gerade die Pflege von Offenlandbiotopen würde das Verschwinden von Pflanzenarten
(KASIELKE & ZEPP 2017) und damit folglich auch von Insektenarten verhindern. Solche Maßnahmen
werden im Untersuchungsgebiet mit Ausnahme der Bergehalde „Mottbruch“ (Nr. 3) aufgrund ihrer
Anlage als Landschaftskunswerk jedoch nicht durchgeführt, so dass in den letzten 20 Jahren gerade
auf den Bergehalden die meisten offenen Bodenstellen stark dezimiert wurden oder ganz verloren
gingen.
An manchen Stellen im Ruhrgebiet existieren zwar Projekte zu Pflege und Erhalt von
Offenlandbiotopen, diese sind jedoch örtlich sehr begrenzt und folgen keinem einheitlichen Plan.
HETEROPTERON Heft 61 / 2021 21
Nachbemerkung
Aufgrund der knappen Datenlage zu Wanzenvorkommen im Ruhrgebiet lässt sich diese
Untersuchung am ehesten im Zusammenhang mit der Erhebung am GEO-Tag der Natur 2017 auf
dem Gelände der Zeche und Kokerei „Zollverein“ in der Stadt Essen betrachten (TYMANN 2017,
HOFFMANN et al. 2018). Die Untersuchung dieses 100 ha großen Areals mit vielen Ruderalflächen
wies 94 Wanzenarten auf, die bis auf wenige Ausnahmen auch im hier untersuchten Gebiet vertreten
sind, und zeigt ebenfalls die hohe Bedeutsamkeit von Offenlandbiotopen auf Ruderalflächen auf, wie
z.B. der beginnende Trockenrasen an den Wegrändern auf dem Gelände der Kokerei belegt
(HOFFMANN et al. 2018).
Auch hier wird deutlich, wie wichtig ganz offene bis spärlich bewachsene Ruderalflächen und
Sandstellen für hohe Biodiversität sind und auch dann bleiben, wenn Störungen noch immer
stattfinden, da diese Flächen spezialisierten und teilweise seltenen Arten einen bevorzugten
Lebensraum bieten (z. B. SCHÄFER & HANNIG 2009; SCHÄFER & HANNIG, im Druck).
Danksagung:
Mein Dank geht an HANS-JÜRGEN HOFFMANN (Brühl) für die Bereitstellung von Literatur sowie an PETER
SCHÄFER (Telgte), der ebenfalls Literatur zur Verfügung stellte und das Manuskript kritisch prüfte.
Literatur: ABS, M., SCHWERK, A. & ZEIß, A. (1999): Bergehalden im Ruhrgebiet – eine Oase für Tiere? - Biologie in unserer Zeit
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Erstnachweis der Raubwanze Nagusta goedelii (KOLENATI, 1857) in Rheinland-Pfalz (Heteroptera: Reduviidae)
WOLFGANG H. O. DOROW, ANNALENA SCHOTTHÖFER & KLAUS P. VOIGT Zusammenfassung:
Das Vorkommen der Raubwanzenart Nagusta goedelii (KOLENATI, 1857) konnte erstmals für Rheinland-Pfalz dokumentiert werden. Neue Funde aus Baden-Württemberg werden ergänzend gemeldet. Abstract:
The first record for the Assassin Bug Nagusta goedelii (KOLENATI, 1857) in the German federal state of Rheinland-Pfalz is presented. Additional records from the German federal state of Baden-Württemberg are reported.
Nachweise
Die Raubwanze Nagusta goedelii (KOLENATI, 1857) ist die einzige europäische Art ihrer
Gattung. Ihr ursprüngliches Verbreitungsgebiet reicht vom südöstlichen Mitteleuropa über
Südosteuropa, das nördliche Vorderasien und das südliche Osteuropa bis ins südwestliche
Zentralasien. Ab der Jahrtausendwende lässt sich eine Arealerweiterung nach Westen und
Nordwesten nachweisen (für Details s. DOROW et al. 2018). In Deutschland konnte die Art erstmals
im Jahre 2018 nachgewiesen werden (DOROW et al. 2018); dieser Fund stammte aus dem Bundesland
Hessen. Wenig später konnte sie auch zweimal in Baden-Württemberg gefunden werden (DOROW &
BOTT 2018).
Am 30.10.2019 gelang Frau INGRID SCHAUDER aus Ludwigshafen am Rhein, An der Kammerschleuse
5 (Koordinaten: 49.464897, 8.449301; Höhe: 96 m ü. NN), der Erstnachweis von Nagusta goedelii für
Rheinland-Pfalz in ihrer Wohnung. Vermutlich wurde das Tier mit einem Ficus benjamini eingetragen, der
zuvor aus dem Garten in die Wohnung geholt worden war. Garten und Wohnung liegen direkt am Rhein
(Belegfoto liegt vor). Am 12.08.2020 gelang Frau ANNALENA SCHOTTHÖFER der erste Nachweis einer Larve
von Nagusta goedelii in Deutschland (Abbildung 1), ebenfalls aus Rheinland-Pfalz. Das Tier saß tagsüber an
einem weißen Wasserkanister in einem Hausgarten in der Bismarckstraße 49 in Haßloch (Koordinaten:
49.366888, 8.260452; Höhe: 113 m ü. NN; Belegfoto siehe unten). Der Garten ist ein Nutz- und Naturgarten
mit Bäumen, Sträuchern, Hecken, Hochbeeten und Blühflächen. Angrenzend befinden sich Nachbargärten.
Abb. 1: Larve von Nagusta goedelii aus Rheinland-Pfalz (Foto: ANNALENA SCHOTTHÖFER)
Am 13.10.2019 gelang Herrn HARALD BOTT erneut eine Sichtung von Nagusta goedelii. Die Wanze
ruhte außen an einer Hauswand in der Straße Brückeswasen 15 in Mannheim (Koordinaten: 49.452260,
8.499493; Höhe: 94 m ü. NN; Belegfoto liegt vor), wo auch der Erstfund für Baden-Württemberg und ein
weiterer aus dem Jahr 2018 gelangen (DOROW & BOTT 2018).
Am 10.11.2019 konnte Herr FLORIAN THEVES die Art ebenfalls aus Baden-Württemberg nachweisen:
Ein Tier befand sich auf einer Palme, die er gerade von seinem Balkon ins Zimmer getragen hatte. Der
HETEROPTERON Heft 61 / 2021 25
Fundort liegt in der Rosenstraße 5 in Weingarten (Baden) (Koordinaten: 49.060097, 8.524200; Höhe: 114 m ü.
NN; Belegfoto liegt vor). Die benachbarte Gärtnerei vertreibt viele mediterrane Kübelpflanzen, so dass eine
Einschleppung in Frage käme.
Abbildung 2 gibt die derzeitige Verbreitung in Deutschland wieder. Alle fünf bisherigen
Fundorte in Deutschland liegen zwischen Karlsruhe und Worms bzw. Haßloch und Heidelberg mit
einer maximalen Distanz von rund 60 km. Sie stammen von Hauswänden, aus Wohnungen oder
Hausgärten. Die Höhe der Fundorte liegt zwischen 94 m und 114 m ü. NN. Das Ausbreitungszentrum
der Art dürfte somit in diesem Raum liegen, vermutlich in einer Gärtnerei.
Eine Umfrage bei Kolleg*inn*en in den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern,
Rheinland-Pfalz, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und der Nordschweiz hat keine
weiteren Fundmeldungen ergeben.
In den meisten Ländern wird Nagusta goedelii selten gefunden, nur im Kaukasus und der
Türkei ist sie nach PUTSHKOV & MOULET (2009) mancherorts häufig. Es ist anzunehmen, dass eine
Einschleppung durch Pflanzenimporte dem plötzlichen Erscheinen dieser Raubwanze im Südwesten
Deutschlands zugrunde liegt. Ob die Nachweise auf wiederholtes Einschleppen mit importierten
Gehölzen zurückzuführen sind oder sich bereits Tiere in Deutschland fortpflanzen konnten, kann
nicht mit Gewissheit ausgesagt werden. Auch wenn man selbst bei einem Larvenfund eine
Einschleppung nicht ausschließen kann, so sprechen die vermehrten Funde in letzter Zeit in
Deutschland (ohne dass nach der Art gezielt gesucht wurde) und die Tatsache, dass Wanzenlarven
sich nicht fliegend ausbreiten können, also nur einen geringen Aktionsradius haben, dafür, dass sich
die Art bei uns bereits fortgepflanzt hat.
Abbildung 2: Fundorte von Nagusta goedelii in Deutschland (Karte: Google-Maps)
26 HETEROPTERON Heft 61 / 2021
TOMICZEK (2020) meldet Nagusta goedelii gemeinsam mit zahlreichen Exemplaren der Art
Leptoglossus occidentalis (HEIDEMANN, 1910) aus Überwinterungsquartieren in Österreich. Da sich
die beiden Arten auf den ersten Blick etwas ähnlichsehen, rentiert sich ein genauer Blick beim
Auffinden überwinternder Wanzen. Die weitere Beobachtung der Ausbreitung von Nagusta goedelii,
obwohl von der räuberischen Art keine Schadwirkung ausgeht, ist sicher lohnend. Danksagung:
Wir danken Frau INGRID SCHAUDER und den Herren HARALD BOTT und FLORIAN THEVES sehr herzlich für die Mitteilung ihrer Funde aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Literatur:
DOROW, W.H.O. & BOTT, H. (2018): Erstnachweis von Nagusta goedelii (KOLENATI, 1857) für Baden-Württemberg (Heteroptera: Reduviidae). - Heteropteron. Mitteilungsblatt der Arbeitsgruppe Mitteleuropäischer Heteropterologen H. 53, 31.
DOROW, W.H.O., VOIGT, K. & BÖTTGE, H. (2018): Erstnachweis von Nagusta goedelii (KOLENATI, 1857) für Deutschland (Heteroptera: Reduviidae). - Heteropteron. Mitteilungsblatt der Arbeitsgruppe Mitteleuropäischer Heteropterologen H. 52, 17-21.
PUTSHKOV, P.V. & MOULET, P. (2009): Hémiptères Reduviidae d'Europe occidentale. - Faune de France. France et régions limitrophes 92, 1-668.
TOMICZEK, C. (2020): Die Amerikanische Zapfenwanze (Leptoglossus occidentalis). Stadtbaum.at. Arbeitsplattform für Bäume im Stadtbereich. http://www.stadtbaum.at/index.php/amerikanische-zapfenwanze (gelesen 03.11.2020)
Anschriften der Autoren:
Dr. Wolfgang H. O. Dorow, Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt, Senckenberganlage
Erste Nachweise von Holcocranum saturejae (KOLENATI, 1845) (Heteroptera: Artheneidae) in Hessen
WOLFGANG H. O. DOROW & ALEXANDER SCHNEIDER
Zusammenfassung:
Holcocranum saturejae (KOLENATI, 1845) wird erstmals für Hessen gemeldet. Weitere Funde aus Deutschland werden besprochen. Abstract:
The first records of Holcocranum saturejae (KOLENATI, 1845) for the federal state of Hesse are reported. Other findings in Germany are discussed.
Nachweise
Holcocranum saturejae (KOLENATI, 1845) besiedelt ein relativ großes Areal in Europa, Asien
und Afrika (Abbildung 1). Die Art wurde nach Nordamerika eingeschleppt und hat sich dort etabliert
(HOFFMAN & SLATER 1995). Der nördlichste Fundort in Europa liegt in den Niederlanden, wo der
Erstnachweis 2002 bei Lelystad gelang (AUKEMA et al. 2005). Für Deutschland wurde Holcocranum
saturejae erstmals 1944 in Sachsen (Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft bei Neudorf an der
Spree, gemeinsam mit Chilacis typhae an Typha angustifolia-Kolben an einem Teichrand)
nachgewiesen. Weitere Funde gelangen in der Region 1959 und 1965 (JORDAN, 1951, 1953, 1960,
1962, 1963, 1973). Neuere Nachweise aus Sachsen erfolgten 2014 in der Elster-Luppe-Aue westlich
von Leipzig und 2020 in der Moritzburger Kleinkuppenlandschaft nördlich von Dresden (MÜNCH
2020). Im Jahre 1993 wurde die Art erstmals in Rheinland-Pfalz im Bereich des Eich-Gimbsheimer
Altrheins im Landkreis Alzey-Worms (SIMON 2002) gefangen, 2004 in Bayern bei Kitzingen
(SCHMOLKE et al. 2006). Der Erstfund in Rheinland-Pfalz geht vermutlich auf Verschleppung mit
Schilfschneidegerät oder Schilfmatten vom Neusiedler See zurück. Viele Tiere konnten dort 1994 in
abgeschnittenen Samenständen von Schilf (Phragmites australis) gefunden werden (SIMON 2002,
SIMON et al. im Druck).
Abb. 1: Verbreitung von Holcocranum saturejae (KOLENATI, 1845). Länderfunde als rote Sternchen
nach AUKEMA & RIEGER (2001) und AUKEMA et al. (2013). Grün = Paläarktis. Kartengrundlage: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/4b/Palearctic.png
Am 20.05.2017 wurde im Kreis Bergstraße (Lampertheim) auf hessischer Rheinseite in der Umgebung
der Nibelungenbrücke bei Worms (Koordinaten (WGS84): 49.628978, 8.384465 ± 300 m; 93 m ü. NN) ein
Weibchen von Holcocranum saturejae von einer Pappel geklopft (leg. A. SCHNEIDER).
Am 30.03.2019 wurden im Landkreis Darmstadt-Dieburg nördlich von Weiterstadt-Gräfenhausen
(Koordinaten (WGS84): 49.949280, 8.586987 ± 15 m; 103 m ü. NN) ein Männchen und zwei Weibchen von
Holcocranum saturejae sowie acht Männchen und sechs Weibchen von Chilacis typhae aus dem Inneren von
Typha-Kolben gesammelt (leg. A. SCHNEIDER). Der Rohrkolben-Bestand wächst in einem Kleinstgewässer am
Rand eines geschotterten Weges, der zwischen zwei großflächigen Sandaufschüttungen verläuft.
Am 07.08.2020 wurde im Landkreis Offenbach südlich des Naturschutzgebiets Oberwiesen von
Sprendlingen in einem austrocknenden Teich (Koordinaten (WGS84): 50.020557, 8.707907 ± 10 m; 147 m ü.
NN) an Rohrkolben drei Weibchen von Holcocranum saturejae gemeinsam mit zwei Weibchen und einem
Männchen von Chilacis typhae gefunden (leg. W. DOROW).
Holcocranum saturejae (Abb. 1) lebt an Rohrkolben (Typha angustifolia und Typha latifolia)
sowie Schilf (Phragmites australis), wo die Samenanlagen besaugt werden (WACHMANN et al. 2007).
Eine Entwicklung an Weide (Salix alba) wurde in Osteuropa beobachtet (PUTSHKOV 1960).
Vermutlich entwickelt sich in Deutschland nur eine Generation pro Jahr (WACHMANN et al. 2007).
Bemerkenswert sind die vielfältigen Funde in verschiedensten Lebensräumen. So zitiert
JORDAN (1951, 1953, 1960) ein Massenvorkommen in einem Beutelmeisennest (Remiz pendulinus
(LINNAEUS, 1758), Funde in Blattansammlungen zwischen Baumwurzeln (Wolgagebiet) als
Überwinterungsort, an Satureja mutica (Kaukasus) bzw. Euphorbia characias (Avignon,
Frankreich), in Feuchtwiesen sowie am Boden eines Atriplex-Bestandes (Oberlausitz). A. SCHNEIDER
(s. o.) gelang ein Nachweis auf Pappel. Diese Fundorte, die nur zum Teil auf die Suche nach
Überwinterungsplätzen zurückgeführt werden können, sondern auch im Sommer liegen, zeigen die
hohe Agilität der Art, was ihre Ausbreitung begünstigt. Beutelmeisen nutzen Samenwolle,
Pflanzenfasern und Spinnenseide zum Bau ihrer flauschigen Nester, die sie oft über Röhrichten
hängend an Gehölzen anbringen (FLADE 1994). Die Wanzen könnten beim Sammeln von
Nistmaterial eingebracht worden sein, wahrscheinlicher dienten aber leere Nester als geschützte
Überwinterungsplätze. Die meisten Tiere überwintern vermutlich in Rohrkolben und unter am
Stängel anliegenden Blattscheiden, wo sie JORDAN (1951) jeweils gemeinsam mit Chilacis typhae
fing. Werden Rohrkolben im Winter gesammelt und in die warme Wohnung gebracht, so verlassen
die Tiere ihr Winterlager.
Dass die Art in den letzten Jahren gleich an drei Orten in Hessen nachgewiesen wurde spricht
dafür, dass sie in Hessen mittlerweile deutlich häufiger geworden ist. Anscheinend erweitert die Art
momentan ihr Areal nach Norden, wie dies derzeit bei vielen Arten zu beobachten ist (MASON et al.
2015). In der neuen Roten Liste Deutschlands (Stand 2012) wird Holcocranum saturejae unter „R –
extrem selten“ eingestuft. Es wird aber „Von zukünftig aktiver Arealerweiterung ist auszugehen“
angemerkt (SIMON et al. im Druck). Auch MÜNCH (2020) vermutet, dass sich die Art derzeit aktiv
nach Mitteleuropa hin ausbreitet, wofür auch der Fund in den Niederlanden (AUKEMA et al. 2005)
spricht. Dank:
Wir danken Herrn EKKEHARD WACHMANN sehr herzlich für die Überlassung des Fotos von Holcocranum
saturejae. Literatur:
AUKEMA, B. & RIEGER, CH. (HRSG.). (2001): Catalogue of the Heteroptera of the Palaearctic Region. Volume 4: Pentatomorpha I (Aradidae, Lygaeidae, Piesmatidae, Malcidae, Berytidae, Colobathristidae, Largidae, Pyrrhocoridae). - Amsterdam: The Netherlands Entomological Society. 346 S.
AUKEMA, B., BOS, F., HERMES, D. & ZEINSTRA, P. (2005): Nieuwe en interessante Nederlandse Wantsen II, met een geactualiseerde Naamlijst (Hemiptera: Heteroptera) – Nederlandse Faunistische Mededelingen 23, 37-76.
AUKEMA, B., RIEGER, CH. & RABITSCH, W. (Hrsg.) (2013): Catalogue of the Heteroptera of the Palearctic Region. Band 6 Supplement. - Amsterdam: The Nederlands Entomological Society. 630 S.
FLADE, M. (1994): Die Brutvogelgemeinschaften Mittel- und Norddeutschlands – Grundlagen für den Gebrauch vogelkundlicher Daten in der Landschaftsplanung. – Berlin: IHW-Verlag.
HETEROPTERON Heft 61 / 2021 29
JORDAN, K. H. C. (1951): Zoogeographische Betrachtungen über das östliche Sachsen, dargestellt an deutschen Neufunden von Heteropteren. – Zoologischer Anzeiger 147, 79-84.
JORDAN, K. H. C. (1953): Neue Funde und Beobachtungen zur Heteropterenfauna der Oberlausitz und Ostsachsens. – Natura lusatica 1, 2-17.
JORDAN, K. H. C. (1960): Ein zweiter Fund von Holcocranum saturejae KLTI. In der Oberlausitz (Hemiptera) – Mitteilungen der Deutschen Entomologischen Gesellschaft e.V. 19, 56.
JORDAN, K. H. C. (1962): 3. Nachtrag zur Heteropterenfauna der Oberlausitz und Ostsachsens. – Natura lusatica 6, 27-34.
JORDAN, K. H. C. (1963): Die Heteropterenfauna Sachsens – Faunistische Abhandlungen Staatliches Museum für Tierkunde Dresden 1, 1-68.
JORDAN, K. H. C. (1973): Ergänzungen zur "Heteropterenfauna Sachsens" (1963) (Hemiptera, Heteroptera) – Faunistische Abhandlungen Staatliches Museum für Tierkunde Dresden 4, 151-155.
HOFFMAN, R. L. & SLATER, J. A. (1995): Holcocranum saturejae, a Palearctic cattail bug established in eastern United States and tropical Africa (Heteroptera: Lygaeidae: Artheneinae). – Banisteria 5, 12-15.
MASON, S. C., PALMER, G., FOX, R., GILLINGS, S, HILL, J. K., THOMAS, C. D. & OLIVER, T.H. (2015): Geographical range margins of many taxonomic groups continue to shift polewards. – Biological Journal of the Linnean Society 115, 586–597.
PÉRICART, J. (1998): Hémiptères Lygaeidae Euro-Méditeranées, Vol. 1. – Faune de France 84 A: 468 S., Fédération française des Sociétés de Sciences naturelles (Paris).
PUTSHKOV, V. G. (1960): On the ecology of some little-known species of Heteroptera. I. Entomologicheskoe Obozrenie 39, 300-312 [in Russisch].
SCHMOLKE, F., BRÄU, M. & SCHÖNITZER, K. (2006): Interessante Wanzenfunde aus Bayern unter besonderer Berücksichtigung der Coreoidea (Insecta: Heteroptera, Geocorisae). – Beiträge zur Bayerischen Entomofaunistik 8, 131-181.
SIMON, H. (2002): Erstes vorläufiges Verzeichnis der Wanzen (Insecta: Heteroptera) in Rheinland-Pfalz. - Fauna Flora Rheinland-Pfalz 9, 1379-1420.
SIMON, H., ACHTZIGER, R., BRÄU, M., DOROW, W. H. O., GÖRICKE, P., GOSSNER, M. M., GRUSCHWITZ, W., HECKMANN, R., HOFFMANN, H.-J., KALLENBORN, H., KLEINSTEUBER, W., MARTSCHEI, T., MELBER, A., MORKEL, C., MÜNCH, M., NAWRATIL, J, REMANE, R., RIEGER, CH., VOIGT, K., WINKELMANN, H. unter Mitarbeit von GÜNTHER, H., KOTT, P., MÜNCH, D., RABITSCH, W., SCHMOLKE, F., SCHUSTER, G., STRAUSS, G., WERNER, D.J., ZIMMERMANN, G. (im Druck): Rote Liste und Gesamtartenliste der Wanzen (Heteroptera) Deutschlands. 2. Fassung, Stand Dezember 2012 (ergänzt 2020). – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (5).
WACHMANN, E.; MELBER, A. & DECKERT, J. (2007): Wanzen Band 3 Pentatomomorpha I Aradidae, Lygaeidae, Piesmatidae, Berytidae, Pyrrhocoridae, Alydidae, Coreidae, Rhopalidae, Stenocephalidae. – Die Tierwelt Deutschlands und der angrenzenden Meeresteile nach ihren Merkmalen und nach ihren Lebensweisen 78. Keltern. 272 S.
Anschriften der Autoren: Dr. Wolfgang H. O. Dorow, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, Senckenberganlage 25,
Zweiter Nachweis und erster Belegfund von Holcogaster fibulata (GERMAR, 1831) in Nordrhein-Westfalen (Heteroptera: Pentatomidae)
ANDREAS MÜLLER
Am 06. November 2020 konnte durch den Autor ein Tier der Baumwanze Holcogaster fibulata
(GERMAR, 1831) auf einer besonnten Hauswand im Stadtteil Düsseldorf-Grafenberg dokumentiert
werden. Dieser Beleg befindet sich in der Insektensammlung des Autors. In der Nähe des Fundortes
stehen einzelne Kiefern (z.B. Pinus sylvestris) in umliegenden Gärten. Die Bestimmung der Wanze
durch den Autor wurde durch BEREND AUKEMA bestätigt.
Bei diesem Fund handelt es sich um den zweiten Nachweis von Holcogaster fibulata in
Nordrhein-Westfalen nach dem ebenfalls im Heteropteron publizierten und als Fotobeleg
vorliegenden Nachweis durch BEN HAMERS (2018). Weitere Funde in Deutschland wurden in Baden-
Württemberg 2019 durch RALPH MARTIN, sowie 2020 durch KARIN HERR gemacht. Auch diese
beiden Meldungen liegen nur als Fotobelege vor.
Wie schon in anderen Publikationen z.B. RIBES & GAPON (2006) erwähnt, ist Holcogaster
fibulata rund um das Mittelmeer verbreitet und lebt an Kiefer (Pinus), Wacholder (Juniperus) und
Zypresse (Cypressus). Auch aus den Niederlanden und Belgien wird Holcogaster fibulata seit Ende
2017 regelmäßig gefunden (s. AUKEMA et al. 2019 und MARTIN 2020 für weitere Informationen).
Ob Holcogaster fibulata ihr Verbreitungsgebiet nach Norden bzw. aus den Niederlanden nach
Osten ausweitet, kann z.Z. aufgrund der wenigen Einzelfunde nicht ausreichend geklärt werden.
Abb.1: Holcster fibulata (GERMAR, 1831), Foto der präparierten Wanze (Foto: A. MÜLLER)
Danksagung:
Mein Dank geht an BEREND AUKEMA für die Bestätigung meiner Determination, die Übermittlung seiner Publikation, sowie weiterer Informationen. Literatur:
AUKEMA, B. et al. (2019): Nieuwe en interessante Nederlandse Wantsen IX (Hemiptera: Heteroptera). - Nederlandse Faunistische Mededelingen 52, 25-42.
HAMERS, B. (2018): Nachweis von Holcogaster fibulata (GERMAR, 1831) in Nordrhein-Westfalen. - Heteropteron H. 51, 14-15.
HOFFMANN, H.J. & HERR, K. (2020): Ein weiterer Nachweis von Holcogaster fibulata (GERMAR, 1831) in Deutschland. - Heteropteron H. 59, 35.
MARTIN, R . (2020): Erster Nachweis von Holcogaster fibulata in Baden-Württemberg. - Heteropteron H. 58, 13-15.
RIBES, J. & GAPON, D. (2006): Taxonomic review of the genus Holcogaster FIEBER, 1860 (Heteroptera: Pentatomidae) with the description of the male and female genitalia. - Russian Entomol. J. 15, 189–195.
Anschrift des Autors:
Dr. Andreas Müller, Grimmstrasse 3, D-40235 DÜSSELDORF, email: [email protected]
HETEROPTERON Heft 61 / 2021 31
Erstfund von Zelus renardii KOLENATI, 1856 in Deutschland (Heteroptera: Reduviidae)
TORSTEN VAN DER HEYDEN
Abstract: The first record of Zelus renardii KOLENATI, 1856 in Germany is reported. Zusammenfassung: Es wird über den Erstfund von Zelus renardii KOLENATI, 1856 in Deutschland berichtet. Key words: Zelus renardii, Reduviidae, Heteroptera, Germany.
Die nearktische Raubwanze Zelus renardii KOLENATI, 1856 wurde bisher als invasive Art für
die folgenden europäischen Länder gemeldet: Albanien, Frankreich, Griechenland, Italien, Portugal,
VIVAS 2012, DIOLI 2013, VAN DER HEYDEN 2015, 2017, ÇERÇI & KOÇAK 2016, ZHANG et al. 2016,
SIMOV et al. 2017, PINZARI et al. 2018, RODRÍGUEZ LOZANO et al. 2018, GARROUSTE 2019, GOULA et
al. 2019, PÉREZ-GÓMEZ et al. 2020, VAN DER HEYDEN & GROSSO-SILVA 2020). Die Art wurde in
Europa bisher hauptsächlich im Mittelmeerraum nachgewiesen.
Nun wurde Z. renardii auch erstmals in Deutschland gefunden: Am 23.10.2020 wurde ein
adultes Exemplar in Teningen, Baden-Württemberg von CORNELIA BAUSER In ihrem Haushalt
entdeckt. Ein Foto des Exemplars wurde auf der Online-Plattform iNaturalist veröffentlicht
(https://www.inaturalist.org/observations/63327091) (Abb. 1). Das Tier wurde sehr wahrscheinlich
mit aus Italien stammenden Weintrauben, die in einem Supermarkt gekauft wurden, eingeschleppt, da
das Exemplar direkt nach dem Waschen der Trauben im Waschbecken entdeckt wurde (CORNELIA
BAUSER, persönliche Mitteilung).
Danksagung:
Mein Dank gilt CORNELIA BAUSER für Informationen bezüglich ihres Fundes von Z. renardii.
Literatur: BAENA, M. & TORRES, J.L. (2012): Nuevos datos sobre heterópteros exóticos en España y Francia: Tempyra biguttula
STÅL, 1874, Belonochilus numenius (SAY, 1832) y Zelus renardii (KOLENATI, 1856) (Heteroptera: Rhyparochromidae, Orsillidae, Reduviidae). – Boletín de la Asociación española de Entomología 36, 351-360.
ÇERÇI, B. & KOÇAK, Ö. (2016): Contribution to the knowledge of Heteroptera (Hemiptera) fauna of Turkey. – Journal of Insect Biodiversity 4 (15), 1-18.
DAVRANOGLOU, L.R. (2011): Zelus renardii (KOLENATI, 1856), a New World reduviid discovered in Europe (Hemiptera: Reduviidae: Harpactorinae). – Entomologist’s Monthly Magazine 147 (1766-1768), 157-162.
DIOLI, P. (2013): Zelus renardii (KOLENATI, 1856) (Insecta Heteroptera Reduviidae). – Quaderno di Studi e Notizie di Storia Naturale della Romagna 38 (133), 232-233.
GARROUSTE, R. (2019): Zelus renardii (KOLENATI, 1856): une Réduve nouvelle pour la France (Hemiptera, Reduviidae, Harpactorinae). – Bulletin de la Société entomologique de France 124, 335-336.
GOULA, M., LIZANA, F. & MIRALLES-NÚÑEZ, A. (2019): New records of the Nearctic leafhopper assassin bug, Zelus renardii KOLENATI, 1857 in the Iberian Peninsula (Hemiptera: Heteroptera: Reduviidae). – Butlletí de la Institució Catalana d’Història Natural 83, 219-222.
PÉREZ-GÓMEZ, Á., SÁNCHEZ, Í. & BAENA, M. (2020): Nuevos registros de hemípteros (Insecta: Hemiptera) alóctonos en Andalucía (sur de España). – Revista de la Sociedad Gaditana de Historia Natural 14, 9-19.
PETRAKIS, P.V. & MOULET, P. (2011): First record of the Nearctic Zelus renardii (Heteroptera, Reduviidae, Harpactocorinae) in Europe. – Entomologica Hellenica 20, 75-81.
PINZARI, M., CIANFERONI, F., MARTELLOS, S. & DIOLI, P. (2018): Zelus renardii (KOLENATI, 1856), a newly established alien species in Italy (Hemiptera: Reduviidae, Harpactorinae). – Fragmenta entomologica 50, 31-35.
RODRÍGUEZ LOZANO, B., BAENA RUIZ, M. & GÓMEZ DE DIOS, M.Á. (2018): The invasive species Zelus renardii (KOLENATI, 1857) (Hemiptera, Reduviidae) in Spain and comments about its global expansion. – Transactions of the American Entomological Society 144, 551-558.
SIMOV, N., GRADINAROV, D. & DAVRANOGLOU, L.-R. (2017): Three new assassin bug records (Hemiptera: Heteroptera: Reduviidae) for the Balkan Peninsula. – Ecologica Montenegrina 13, 25-29.
VAN DER HEYDEN, T. (2015): Ein aktueller Nachweis von Zelus renardii (KOLENATI, 1856) auf Kreta/Griechenland (Hemiptera: Heteroptera: Reduviidae: Harpactorinae). – BV news Publicaciones Científicas 4 (52), 55-59.
VAN DER HEYDEN, T. (2017): First records of Zelus renardii (KOLENATI, 1856) (Hemiptera: Heteroptera: Reduviidae: Harpactorinae) for Albania. – Arquivos Entomolóxicos 18, 49-50.
VAN DER HEYDEN, T. & GROSSO-SILVA, J.M. (2020): First record of Zelus renardii KOLENATI, 1856 in Portugal (Heteroptera: Reduviidae: Harpactorinae). – Arquivos Entomolóxicos 22, 347-349.
VIVAS, L. (2012): Primera cita en España de la especie Zelus renardii (KOLENATI, 1857) (Heteroptera: Reduviidae) que representa la segunda cita en Europa. – BV news Publicaciones Científicas 1, 34-40.
ZHANG, G., HART, E.R. & WEIRAUCH, C. (2016): A taxonomic monograph of the assassin bug genus Zelus Fabricius (Hemiptera: Reduviidae): 71 species based on 10,000 specimens. – Biodiversity Data Journal 4, e8150. doi: 10.3897/BDJ.4.e8150.
Anschrift des Autors:
Torsten van der Heyden, Immenweide 83, D-22523 HAMBURG, e-mail: [email protected]
Hier kann man die Auflösung noch weiter verfeinern: sofern man auf einen solchen
Verbreitungspunkt klickt, erhält man die exakten Angaben z.B. zu Ort und Datum, während der
Autor häufig nur mit Abkürzungen genannt wird. Hinter manchen Punkten verbergen sich mehrere
Nachweise, die dann ebenfalls einzeln angeklickt werden können. Es dürfte sich hier um die zeitlich
jüngste Darstellungsmöglichkeit handeln.
So finden sich z.B. für das zu erwartende Vorkommen in Niedersachsen zwei Meldungen: Braunschweig (31.10.2020) mit Foto,
Bremen (23.10.2020) mit Foto,
für das Bundesland Sachsen-Anhalt ein zusätzlicher Fundort (s.u.):
Halle/Saale (18.01.2021) mit Fotos,
und auch für NRW gibt es außerhalb der bekannten Verbreitungsschwerpunkte um Bonn, Köln und
Düsseldorf sowie Meldungen aus Krefeld, Duisburg, Mülheim a.d. Ruhr, Herne hier auch zwei
Ergänzungen: Hagen (27.05.2019) mit Foto,
Münster (03.10.2020) mit Fotos,
sowie div. Meldungen für Brandenburg (und Berlin).
Damit ist die Abfolge der Ausbreitung aus dem Süden Deutschlands vom Bodensee-Gebiet
über Frankfurt, Mainz, Koblenz, Köln/Bonn in das Ruhrgebiet bis Münster und
Niedersachsen/Bremen sehr schön zu erkennen. Im Osten Deutschlands ist eine Ausbreitung nicht so
klar erkennbar.
Auf der H. halys-Karte dieser Plattform zeigt sich - unabhängig von evtl. Fehlbestimmungen -
dass europaweit gesehen die Art schon in weiteren Ländern wie Großbritannien, Dänemark und
Polen gemeldet wurde. Der oben schon genannte Link auf die Seiten unter
https://www.halyomorphahalys.com von T. HAYE bringt noch eine Kartendarstellung über die
potentielle Verbreitung in Europa. Letztere weist allerding sehr viele Bereiche in N-Europa (z.B.
Deutschland, Skandinavien usw.) als "ungeeignet" aus, die momentan schon besiedelt sind (s.
Meldungen aus Großbritannien und Dänemark), so dass sie als unrealistisch zu verwerfen ist.
Auf der 2. Plattform unter https://naturgucker.de gibt es ebenfalls Meldungen (vor allem aus
Deutschland) für H. halys, auch hier z.T. ohne Belegfotos (Abb. 3 a-c). Hier findet sich die
Möglichkeit, in der Karte sonstige Fundmeldungen (gelb dargestellt), wofür in der Datenbank selbst
keine Meldungen vorliegen, europaweit einzublenden. Außerdem werden die gemeldeten Funde (416
Beobachtungen in Deutschland, 1.364 Individuen, Stand Januar 2021) phänologisch und im Hinblick
auf die Höhenverbreitung aufbereitet.
So finden sich hier - anderweitig wohl nicht publizierte - Fundmeldungen für Sachsen-Anhalt: Muldestausee/Gröbern/Krina/Landkreis Anhalt-Bitterfeld (05.08.2020) o. Foto,
Altmark/Estedt/Berge (31.03.2019) o. Foto,
und für Niedersachsen/Bremen: Lüneburg/Moorfeld/Adendorf (07.07.2020) mit Larvenfoto,
Bredenbeck/Sors (07.06.2020) Nabu-Meldung o. Foto.
Nachdem also für die meisten Bundesländer (Bayern, Rheinland-Pfalz, Hessen, Nordrhein-
Westfalen, Sachsen und Berlin/Brandenburg) bereits Vorkommen gemeldet wurden, finden sich auf
diesen beiden Plattformen Fundmeldungen für Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Es sollte auf die
weitere Ausbreitung in Niedersachsen mit Bremen, nach Hamburg, in Thüringen und in
Mecklenburg-Vorpommern geachtet werden. So ist z.B. zu erwarten, dass die Art
höchstwahrscheinlich sehr schnell z.B. die großen Obstplantagen im Alten Land bei Hamburg
erreichen könnte. Im Hinblick auf das Vorkommen in Niedersachsen zeigt sich auf der 2. Plattform
allerdings auch direkt eine Problematik: Das Belegfoto zeigt untypisch extrem dunkel gefärbte 1.
Larven, die m.E. schlecht zuzuordnen sind: sie können von H. halys, evtl. aber auch von Palomena
Abb. 3: Verbreitung von H. halys in Europa, Deutschland und (als Beispiel) Köln (Quelle: https://naturgucker.de, Stand Januar 2021) Markierung: gelb bekannte Verbreitung, violett Meldungen bei "Naturgucker", dunkel violett mehrere Meldungen
Grundsätzlich sind Plattformen wie die beiden Vorgenannten, aber auch andere wie "Insekten
Sachsen" oder solche speziell von/für Fotografen wegen der Zeitnähe der Meldungen eine sehr gute
Quelle. Probleme machen z.T. fehlende Foto-Belege oder fragliche/mangelhafte Überprüfung der
Richtigkeit der Bestimmungen.
HETEROPTERON Heft 61 / 2021 39
Fazit: Auf die Ausbreitung der Art H. halys in Deutschland z.B. in den Bundesländern
Niedersachsen/Hamburg und auch in den östlichen Gebieten Deutschlands, Thüringen und
Mecklenburg-Vorpommern, sollte also genauer geachtet werden: sowohl bei der Wanze als auch
deutschlandweit bei den parasitischen Wespen (soweit man sie - z.B. anhand parasitierter Eigelege -
erkennt!) und ggf. auf Schäden an Nutzpflanzen.
Mittlerweile gibt es eine sehr umfangreiche Literatur aus den letzten Jahren, vor allem im
Hinblick auf die Bekämpfung der Art. Weit über 100 Arbeiten finden sich allein in Journal of Pest
Science der Jahre 2014 ff. Wegen des Umfanges soll diese Bibliographie erst im nächsten Heft des
HETEROPTERON folgen.
Danksagung: Ich danke LUKAS RABER für Hinweise auf die und bei den Internet-Plattformen und PETER KOTT für das
Korrekturlesen.
Literatur: CARSTENS, P. (2020): Insekten - Samuraiwespe in Deutschland entdeckt: Warum Landwirte sich freuen. - GEO (im
Internet) 12.10.2020.
EXPRESS (2020): Samuraiwespe: Neue Wespenart in Deutschland entdeckt - Sensationelle Entdeckung - Neue Wespenart in Deutschland – aber ist die gefährlich? - EXPRESS (im Internet) 07.10.2020.
HANSELMANN, D. (2016): Aliens and Citizens in Germany: Halyomorpha halys (STÅL, 1855) and Nezara viridula (LINNAEUS, 1758) new to Rhineland-Palatinate, Oxycarenus lavaterae (FABRICIUS, 1787) new to Saxony, Arocatus longiceps STÅL, 1872 new to Hesse. - Mainzer naturwiss. Archiv 53, 159 – 177.
HAYE, T. & ZIMMERMANN, O. (2017): Etablierung der Marmorierten Baumwanze, Halyomorpha halys (STÅL, 1855), in Deutschland. - Heteropteron H. 48, 34-37.
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(vor und nach der Präparation) (vor und nach der Präparation)
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Anschrift des Autors:
Bodo Plesky, Kopernikusstraße 47, D-02827 GÖRLITZ, e-mail: [email protected]
42 HETEROPTERON Heft 61 / 2021
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