2014
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daheinigerSchreibmaschinentext
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31. Jahrgang/2014
Redaktion: Dr. Robert Heinze
Administration: Daniela Heiniger
Herausgegeben vom
Historischen Institut der Universität Bern
Länggassstrasse 49 CH–3000 Bern 9
Tel.: 031 631 80 91 http://www.hist.unibe.ch/behmi
Auflage: 200 Exemplare
© 2015 by Historisches Institut der Universität Bern
ISSN 1660-1904
Editorial Die vorliegende Ausgabe der Berner Historischen Mitteilungen (BeHMi) enthält die Zusammenfassungen der Masterarbeiten und Dissertationen, die am Historischen Institut der Universität im Jahr 2014 erfolgreich abgeschlossen wurden.
Anknüpfend an die bei der letzten Ausgabe eingeführten Neuerungen halten wir weiterhin die Anzahl der versammelten Arbeiten aufrecht. In dieser Zusammenstellung zeigt sich wieder einmal die thematische und methodische Vielfalt der am Historischen Institut betreuten und verfolgten Forschungsarbeiten. Sie reicht von der Auseinandersetzung mit neuen Quellenformen in Oliver Roths Arbeit zur Deutung des Hurrikans Katrina in Videos auf der Plattform YouTube über die Nutzung privater Briefe zur Mikrogeschichte einer Pfarrfamilie durch Giulia Schiess bis zur Neuevaluierung der Zürcher Bevölkerungsverzeichnisse als Quelle zu Bildungsstand und Lesekultur im Kanton im 17. und 18. Jahrhundert in der Arbeit von Michael Egger.
Eigens sei noch der Beitrag von Julian Köck in diesem Band erwähnt, dessen die Epochen überspannende Dissertation zu den Geschichtsbildern der Völkischen Bewegung vom Direktorium mit dem Institutspreis ausgezeichnet wurde.
Die meisten Arbeiten können in der Bibliothek Von Roll eingesehen werden und sind in den Verbundkataloge IDS Basel Bern http://aleph.unibas.ch und swissbib https://www.swissbib.ch verzeichnet. Ältere Jahrgänge der BeHMi finden die geneigten Leser/innen auf unserer Homepage http://www.hist.unibe.ch/behmi zum kostenlosen Download.
Auch in diesem Jahr war Frau Daniela Heiniger an der Ausgabe der BeHMi mit umfangreichen und unverzichtbaren administrativen Tätigkeiten beteiligt. Dafür sei ihr an dieser Stelle herzlich gedankt.
Bern, im September 2015 Robert Heinze
1
Inhaltsverzeichnis
NADJA ACKERMANN Il mio cuore non è lontano di casa. Die Rolle der Notare Oldelli für die Aufrechterhaltung der Rückbindung von Migranten (17.-19. Jahrhundert) ................................................................................ 5
TAMARA AESCHBACHER Die Geschichte der Schadenslawinen in Nordamerika ........................................................................... 6
DANIEL ARTHO Von den Novemberwahlen bis zum Judenboykott. Jüdische Pressestimmen in der Zeit der NS-Machtergreifung ...................................................................................................................................... 7
STEFANIE BIETENHARD Das Berner Rathaus als sozialer Raum Ende des Ancien Régime .......................................................... 8
SARAH BLOCH Hinrichtungen im Kanton Bern von 1805 bis 1861 ................................................................................. 9
MICHAEL EGGER Zürcher Bevölkerungsverzeichnisse: eine ‘Pisa-Studie’ in der Frühen Neuzeit? Lesen zwischen Schulbildung, Frömmigkeit, Privatlektüre und sozialer Wirklichkeit in Stadt und Landschaft zwischen 1637 und 1750 ....................................................................................................................... 11
MICHAEL FÄSSLER Und sie wandelt sich doch! Die Einsiedler Klostergemeinschaft seit 1934 .......................................... 13
ALEXANDER FERNANDÉZ ¡Unión, hermanos proletarios! Die Gewerkschaften der Minenarbeit in Asturien und die Oktoberrevolution von 1934 ................................................................................................................. 14
THOMAS GARTMANN Neros Weg vom Augustus zum Monster. Die Auswirkungen der damnatio memoriae auf die Reputation des Künstlerkaisers ............................................................................................................. 15
SILVIA GEBHARD Briten am Nil. Das Leben der britischen Gemeinschaft während der Besatzung 1882-1922 in Ägypten ................................................................................................................................................. 16
LEO GROB Die Praxis des Staatsschutzes während der Zürcher 80er-Jugendunruhen. Staatliche Herrschafts-sicherung zwischen Repression, Ausnahmezustand und gouvernementaler Verwaltung ..................... 17
LINO GROSS Die Darstellung des Mithridates VI. Eupator. Das Bild des pontischen Königs in den Quellentexten des römischen Reiches .......................................................................................................................... 19
GABRIEL HALDIMANN „Was soll überhaupt die Frucht dieser Festtage sein?“ Die Konstituierung einer bürgerlichen und nationalen Identität an der Berner Bundesfeier 1853 ............................................................................ 20
LUKAS HEINZMANN Nutzung und Verbauung der Emme im Kanton Solothurn. Historische Aufarbeitung und Dokumentation (1500-2000) ................................................................................................................. 21
2
CÉCILE HUBER „Es ist ein grusam Ding, das so vill in disem Landt so kleinmutige halbverzwifflete Menschen gibt, di do wegen des Irtlichen das Ewige verscherzten.“ Kontinuität und Wandel im kulturellen Umgang mit Suizid und Suizidalität in Luzern und Zürich im 18. und 19. Jahrhundert ....................... 22
ADRIAN JUEN „Lupus est in Fabula“. Die Perzeptionsgeschichte des Wolfes im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit in Europa und der Schweiz ...................................................................................................... 24
SOPHIE KEILWERTH Äthiopische Dürre aus westlicher Perspektive. Der Umwelt- und Hilfediskurs im Kontext der Dürrekatastrophe der 1970er und 1980er Jahre in Äthiopien – eine historische Diskursanalyse anhand der westlichen Presse ................................................................................................................ 25
MARC-FERRY KÖLLIKER Nötige Bekämpfung, behördliche Zwängerei oder teure Armenbeschäftigung? Eine Quellenuntersuchung zur gesellschaftlichen Wahrnehmung und Bekämpfung des Maikäfers im Bern des 19. Jahrhunderts ..................................................................................................................... 26
SIMON LIECHTI Expertendiskurs, Ökonomie und Gesellschaft im Umgang mit dem Phänomen Waldbrand vom 18. bis zum frühen 20. Jahrhundert ....................................................................................................... 28
SIMONE LOCHER Erinnern- aber wie? Unterschiedliche Herangehensweisen ausgewählter deutscher Printmedien in der Berichterstattung zwischen 1946/47 bis 2003 über Flucht und Vertreibung der Deutschen aus dem Osten am Ende des 2. Weltkriegs............................................................................................ 29
SALOME MARSCHALL Mysore im British Empire. Varianten der Direct und Indirect Rule 1831–1881 .................................. 30
MIRJAM MEYER Die Aufnahme tschechoslowakischer Flüchtlinge in der Schweiz 1968. Unter besonderer Berücksichtigung des Kantons Luzern .................................................................................................. 32
DOMINIC MOCCAND Werte im Wandel. Das zivil-militärische Verhältnis im Spiegel schweizerischer Elitendiskurse, 1970-2010 .............................................................................................................................................. 33
FLORIAN MÜLLER Zwischen Erwerbstätigkeit, Ruhestand und Altersarmut. Der Lebensstandard alter Menschen über 65 Jahren im Kanton Basel-Stadt zwischen 1925 und 1944 ................................................................. 34
SARAH RINDLISBACHER Zum Wohle des “Gemeinen evangelischen Wesens” und des “Protestant Cause”. Die konfess- ionelle Diplomatie Englands und der eidgenössischen Orte Zürich und Bern in den Jahren 1655/1656 .............................................................................................................................................. 35
OLIVER ROTH Mit dem Auge auf den Sturm. Diskurse zur Deutung und Verarbeitung von Hurrikan Katrina auf Youtube ................................................................................................................................................. 36
GIULIA SCHIESS Intime Familienkommunikation. Eine Fallstudie über die Identitätskonstruktion einer Schweizer Pfarrfamilie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts anhand ihrer Briefkorrespondenz ..................... 37
3
ALEXANDRA SCHWAB Zabíjení po česku“ – „Töten auf Tschechisch“. Die „wilden Vertreibungen“ von 1945 aus heutiger Sicht ....................................................................................................................................................... 38
MARKUS SIEBER Gemeinnützige Freiwilligenarbeit auf Gemeindeebene: eine historische Analyse am Beispiel des Gemeinnützigen Vereins Wattenwil (1866-2013). ................................................................................ 40
JÉRÔME STRÜBI Einführung in die obrigkeitlichen Regelungen zum Lebensmittelhandel im 15. Jahrhundert. Eine vergleichende Betrachtung zwischen den zwei alpennahen Städten Bern und Luzern ......................... 41
SAMUEL STUDER „Seltsamer Naturgeschichten Des Schweizer-Lands Wochentliche Erzehlung“. Vermitteltes Wissen – Johann Jakob Scheuchzers frühaufklärerische Zeitschrift „Beschreibung der Natur-Geschichten des Schweizerlands“ (1705-1707) .................................................................................... 42
CHRISTIAN TRUNZ Die Auseinandersetzungen der 1960er Jahre innerhalb des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes über die Altersvorsorge ......................................................................................................................... 43
ANDRÉ WELLIG Asterix ante Portas. Konstruktion von Vergangenheit und Erinnerung in den Asterix-Comics............ 44
MIRO ZBINDEN Der Erdrutsch von Falli Hölli (1994) aus ereignisgeschichtlicher Perspektive ..................................... 45
ANDREAS ZEMAN Zwangsmigration bei der Guerillabekämpfung: ein Fallbeispiel zur Sozialgeschichte des Krieges in Mosambik .............................................................................................................................................. 46
BENEDICT ZEMP Unter französischer Protektion – Risiken und Chancen einer aristokratischen Söldnerpolitik. Die Beteiligung eidgenössischer Freikompanien an der französischen Eroberung der Freigrafschaft Burgund (1667–1678) ........................................................................................................................... 47
RAPHAEL ZEMP Leben in der Perspektivlosigkeit? Die sozialistische Modernisierung der nordrussischen Provinz ...... 49
DISSERTATIONEN:
DR. LOUISELLE GALLY-DE RIEDMATTEN Du sang contre de l’or : le service étranger en Valais sous l’Ancien Régime....................................... 50
DR. JULIAN KÖCK „Die Geschichte hat immer Recht“ Die Völkische Bewegung im Spiegel ihrer Geschichtsbilder ....... 53
DR. MATTHIAS RUOSS Fürsprecherin des Alters. Die Geschichte der Stiftung Für das Alter im entstehenden Schweizer Sozialstaat (1917-1967) ......................................................................................................................... 54
DR. THOMAS SCHWITTER Erinnerung im Umbruch. Die herrschaftsnahe französische Historiographie im 15. und frühen 16. Jahrhundert ............................................................................................................................................ 55
4
DR. EDITH SIEGENTHALER Das Advisory Committee on the Traffic in Women and Children des Völkerbunds. Internationale Problemwahrnehmung und Wissensproduktion zu Frauen- und Kinderhandel in der Zwischenkriegszeit ................................................................................................................................ 57
5
Nadja Ackermann
Il mio cuore non è lontano di casa Die Rolle der Notare Oldelli für die Aufrechterhaltung der Rückbindung von Migranten
(17.-19. Jahrhundert)
Masterarbeit bei Prof. Dr. Christian Windler
„Falls [mein Sohn] sich in der Kirche unge-zogen verhält, ziehen Sie ihm die Ohren lang – in der Kirche und auch auf der Strasse.“ Diese Wor-te stammen aus einem der Briefe, den der Stucka-teur Giovanni Battista Clerici (1673–1736) von Kassel nach Hause schickte. Der aus Meride im Tessin stammende Clerici gehörte zu jenen Be-wohnern des alpinen Raumes, die in der Frühen Neuzeit periodisch ihre Heimat verliessen, um in der Fremde Geld zu verdienen.
Die Überlieferung von Briefen wie derjenige von Clerici weist darauf hin, dass die physische Abwesenheit der Migranten keineswegs mit einer mentalen Absenz gleichzusetzen ist. Da „ihr Herz nie weit weg von zu Hause“ war, bemühten sich die Migranten, ihren Heimatkontakt aufrechtzu-halten. Die alpine Migration war demnach nicht – wie lange angenommen – eine „migration de rupture“, sondern eine „migration de maintien“. Trotz des erfolgten Perspektivenwechsels stellt die Erforschung der Aufrechterhaltung der Hei-matkontakte, für welche die Arbeit den Begriff der Rückbindung einführt, weiterhin ein For-schungsdesiderat dar.
Mit zunehmender Distanz wurden die physi-schen Rückwanderungen seltener und der Brief-austausch gewann an Bedeutung. Doch wie konn-ten Briefe zur Aufrechthaltung der Rückbindung beitragen, wenn die Briefempfänger weder lesen noch schreiben konnten? In diesen Fällen musste sich ein Lesekundiger als Übersetzer dazwischen schalten. Diese Rolle wird in der Forschung den Notaren Oldelli aus Meride zugeschrieben, von denen ein umfangreicher, aus den Korresponden-zen zwischen den Notaren und Bauhandwerkern aus der Region bestehenden Quellenkorpus aus überliefert ist. Die Oldelli seien in die Rolle eines Vermittlers zwischen Heimat und Fremde ge-schlüpft und hätten als Scharnier einen essentiel-len Part bei der Aufrechterhaltung der Rückbin-dung der Migranten gespielt.
Die Überprüfung dieser Einschätzung bildet den Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit:
Kam den Notaren Oldelli wirklich eine Schar-nierfunktion zu? Welche Handlungschancen er-öffneten sich ihnen in dieser Funktion? Ausge-hend von den Ansätzen der Netzwerktheorie und dem Konzept des sozialen Kapitals werden die Korrespondenzen auf diese Fragen hin analysiert.
Die Darstellung der familiären Situation so-wie die Rekonstruktion der Umrisse des Korres-pondenznetzes zeigen in einem ersten Schritt, dass die Oldelli mit ihrer doppelten Vernetzung in der lokalen Gesellschaft und mit den Maestri die Voraussetzungen für eine Scharnierfunktion erfüllten. Die Rekonstruktion des Korrespon-denznetzes verdeutlicht jedoch, dass ein regel-mässiger Kontakt vorwiegend mit Bauhandwer-kern aus der eigenen Verwandtschaft bestand. Mit den anderen Maestri wurden oftmals nur ein-zelne Briefe ausgetauscht.
Die Untersuchung der in den Briefen formu-lierten Bittgesuche ergibt in einem zweiten Schritt, dass nur wenige Bitten den Oldelli die Funktion, zwischen zwei durch die geografische Distanz getrennten Knoten zu vermitteln, zuwie-sen. Eine Scharnierfunktion hatten die Notare insbesondere bei der Weiterleitung von Briefen inne. In den anderen Fällen wandten sich die Migranten explizit an die Notare Oldelli, weil die Angelegenheit notarielles Wissen erforderte – wie etwa Geldgeschäfte und Erbstreitigkeiten – oder weil man auf die weitläufigen sozialen Be-ziehungen der Notare angewiesen war.
Wenn sich die Maestri „hilfesuchend“ an die Oldelli wandten, schrieben sie den Notaren Macht zu, die jene ohne dieses Ersuchen nicht gehabt hätten. Die Maestri versorgten die Oldelli mit Informationen (Kapitalinvestition) und frag-ten zugleich deren Ressourcen ab (Kapitalnut-zung). Die in den Korrespondenzen greifbaren Bittgesuche stellen empowering interactions dar, erlaubte es der Briefaustausch doch den Oldelli, die Migranten in der Heimat zu vertreten und dadurch ihre lokale, auf personalen Beziehungen beruhende Machtstellung zu festigen und auszu-
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Zürcher Bevölkerungsverzeichnisse: eine ‘Pisa-Studie’ in der Frühen Neuzeit? Lesen zwischen Schulbildung, Frömmigkeit, Privatlektüre und sozialer
Wirklichkeit in Stadt und Landschaft zwischen 1637 und 1750
Masterarbeit bei Prof. Dr. Heinrich Richard Schmidt
Im Staatsarchiv Zürich liegen mit den Be-völkerungsverzeichnissen Quellen vor, welche für die meisten Grundprobleme der historischen Alphabetisierungsforschung Abhilfe schaffen können: zahlreiche der insgesamt 1735 Zürcher 'Catalogi' enthalten Lese- und teilweise Schreib-fähigkeitsangaben, die der Pfarrer für seine Ge-meindemitglieder notiert hat. Solche direkten Quellen, die europaweit selten und meist nur für Kleinregionen erhalten sind, stellen einen im-mensen Fortschritt gegenüber der umfangreich betriebenen Signaturforschung dar, die mangels Alternativen von der Signierfähigkeit auf die Le-sefähigkeit schliessen musste. Durch ihre Datie-rung von 1637–1767 decken die Rödel ausser-dem einen Zeitraum ab, welcher als besonders schwierig zu erschliessen gilt. Marie-Louise von Wartburg-Ambühl hat den Quellenbestand be-reits 1981 nach Angaben zu Bücherbesitz und Alphabetisierung hin durchgesehen – und alleine 97 Verzeichnisse mit Alphabetisierungsangaben ausgewertet. Diese Studie hat das von Rudolf Schenda geprägte Forschungsparadigma eines illiteralen Volkes vor 1830 – seine Schätzung von 15% für 1770 hat Einzug in historische Handbü-cher gefunden – als unhaltbar erscheinen lassen: bereits in den 8 Erhebungen vor 1650 liegen die Werte der Zürcher Gemeinden zwischen 17% und 41% für die Gesamtbevölkerung, zwischen 1725 und 1750 erreichen 22 von 27 Gemeinden Werte über 50%, 16 bereits über 70%.
Bei aller Würdigung dieser von der Schwei-zer Bildungsforschung mehrheitlich ignorierten Pionierleistung Wartburgs konnte die Masterar-beit aufzeigen, weshalb eine erneute und vertiefte Auseinandersetzung mit dem Quellenbestand dringend notwendig ist: zu den Defiziten ihrer Studie gehören die fehlende Vollständigkeit, das deduktive Vorgehen, der Einbezug unzuverlässi-ger Quellen sowie das unausgeschöpfte Potential – die Pfarrer hatten schliesslich nicht nur Namen und Alter, sondern oftmals auch den Beruf, den Schulbesuch, die religiösen Fähigkeiten und den Bücherbesitz der Gemeindemitglieder notiert, Wartburg beschränkt sich trotzdem auf die Ge-samtbevölkerung und die Variable des Ge-
schlechts. Die Masterarbeit konnte in einem ersten
Schritt aufzeigen, dass das Anlegen der Catalogi ein von der Obrigkeit lange gefordertes, bei den Pfarrern zumindest ursprünglich umstrittenes In-strument der Bildungs- und Glaubensevaluation im kirchlichen Sinne darstellte: nach anfänglich regelmässig und zahlreich eintreffenden Rödeln unterlag die Häufigkeit der Eingabe über die Er-hebungsdauer hinweg grossen Schwankungen, mehrmals wurde aber beinahe die gesamte Zür-cher Landschaft befragt. Bei 83% der 1735 Rödel wurden die religiösen Fähigkeiten – jeweils ab-gestuft nach der in Lehrbüchern, Schulordnungen und Kirchenordnungen vorgeschriebenen Reihen-folge von Gebeten und Katechismen – verzeich-net, bei 12% sind Angaben zur Lesefähigkeit enthalten, bei 9% der über die Bibel hinausge-hende, religiöse Buchbesitz. Interessant ist die offensichtliche Verschiebung der pfarrlichen In-teressen und Bildungsvorstellungen über den Zeitverlauf hinweg: wurden bei 93% der Rödel von 1633-1660 katechetische Fähigkeiten und Gebete erhoben, sind diese Angaben ab der zwei-ten Hälfte des 18. Jahrhunderts in der Minderheit. Gleichzeitig rückte gerade die Lesefähigkeit vermehrt ins Blickfeld der Pfarrer: der Anteil der Verzeichnisse mit entsprechenden Angaben steigt von den ersten beiden Zeitphasen des 17. Jahr-hunderts mit 5 und 6 Prozent auf 23% um die Jahrhundertwende, erreicht bei den 142 Rödeln 1721-1750 39% und liegt dann in der Mehrheit.
Für die spezifische Auswertung der Lesefä-higkeit wurden 9 Bevölkerungsverzeichnisse ausgewählt. Um über die vorhandenen Angaben Einflussfaktoren für die Alphabetisierung be-stimmen zu können, wurden die relevanten Kon-texte und Dimensionen der messbaren Impulse der Schulbildung (Alter, konkrete Angaben), so-zio-ökonomische Faktoren (Beruf/Amt) sowie Glaubensströmungen und Lektürepraxis (Buch-besitz) erörtert und spezifische Kohorten gebil-det. Durch die Hinzunahme älterer Forschung und zahlreicher Kommentare in den Rödeln selbst sowie anderer Quellen konnte deutlich aufgezeigt werden, dass in den Verzeichnissen
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13
Michael Fässler
Und sie wandelt sich doch! Die Einsiedler Klostergemeinschaft seit 1934
Masterarbeit bei Prof. Dr. André Holenstein
Das Kloster scheint für viele Zeitgenossen eine unveränderliche Institution zu sein, in der die Zeit für immer still steht. Diese Annahme wi-derlegt die vorzustellende Masterarbeit, indem sie – kontextualisierend in den gesamtgesell-schaftlichen und kirchlichen Rahmen – den tief-greifenden inneren und äusseren Wandlungspro-zessen nachspürt, die die aus Laienbrüdern und zu Priestern geweihten Patres bestehende Mönchsgemeinschaft des Benediktinerklosters Einsiedeln in den vergangenen acht Jahrzehnten erfuhr.
In einem ersten Schritt wurde dabei mittels einer prosopographischen Untersuchung das Pro-fil eines jeden der 173 seit 1934 eingetretenen Mönche eruiert, wozu Informationen wie Famili-engrösse, Bildung, Ort der verbrachten Kindheit und Jugend, Eintrittsalter oder Beruf des Vaters erfasst wurden. Als Quellen hierfür dienten Nachrufe, Personaldossiers, Daten aus dem Fami-lienregister der entsprechenden Zivilstandsämter sowie Protokolle jener Versammlungen der Mön-che, in denen über die Aufnahme der an die Klos-terpforte klopfenden Männer beraten wurde. Da-bei zeigte sich, dass in einer ersten Zeitspanne zwischen 1934 und 1961 die neu eintretenden Mönche vornehmlich vom Land und aus mehr-heitlich katholischen Gebieten stammten, aus ei-nem traditionellen Milieu also, in dem Glaube und Kirche im Alltag und öffentlichen Leben ei-ne grosse Rolle spielten, während sie zudem in relativ jungem Alter – die Patres meist direkt nach der häufig am klostereigenen Gymnasium erlangten Matura und Rekrutenschule – in die Gemeinschaft kamen und mehrheitlich über-durchschnittlich grossen Familien mit knapp sechs Kindern entstammten.
Die anschliessenden 1960er Jahre markieren in der jüngeren Klostergeschichte einen deutli-chen Bruch, nicht nur aufgrund des seither an-dauernden Rückgangs der Zahl der Klostereintrit-te, sondern auch aufgrund einer neuen Generation eintretender Mönche. Für sie ist dabei bezeich-nend, dass seit 1962 kein einheitliches Bild mehr nachgezeichnet werden kann, weisen sie doch – parallel zur voranschreitenden Individualisierung der westeuropäischen Gesellschaft – eine viel
grössere Diversität bezüglich ihrer sozialen Pro-venienz, Weltanschauung und gelebten Fröm-migkeit auf. Nichtsdestotrotz sind in der Betrach-tung ihres Hintergrundes einige allgemeine Züge auszumachen: So ist etwa als allgemeine Ent-wicklung neben dem deutlichen Bedeutungs-rückgang des diesbezüglich einst so wichtigen landwirtschaftlichen Sektors als Berufungsmilieu auch die höhere Vorbildung sowie das tendenzi-ell höhere Eintrittsalter und die kleinere Ge-schwisterzahl festzustellen. Vor allem aber ist bei den meisten ihrer Biographien kein Automatis-mus des Weges in die Klostergemeinschaft mehr zu beobachten, wie er für die Zeit davor oft der Fall war, nicht selten auch verbunden mit einem gewissen sozialen Druck. Es zeigt sich also, dass mit den neuen Mönchen stets Kinder der jeweili-gen Zeit ins Kloster eintreten, die damit auch eine gewandelte Mentalität sowie Selbst- und Welt-sicht in die Gemeinschaft einbringen, sodass sich mit den verschiedenen Generationen unter einem Dach eine nicht selten herausfordernde Gleich-zeitigkeit des Ungleichzeitigen ergibt.
Ein besonders dichter Wandlungsprozess vollzog sich in den 1960er Jahren – wie in der gesamten katholischen Kirche der Schweiz – ge-rade auch hinsichtlich der klösterlichen Mentali-tät, Spiritualität und Alltagsgestaltung, indem man sich bewusst von als veraltet und überkom-men wahrgenommenen Lebens- und Erschei-nungsformen verabschiedete: Diese Zäsur ist ei-nerseits als Folge von schon länger andauernden gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen zu ver-stehen, andererseits aber auch als eine Konse-quenz der Verlautbarungen des zu dieser Zeit ta-genden Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965), das seinerseits wiederum als Reaktion der Kirche auf die veränderten Zeitumstände zu se-hen ist.
Es wäre indes irreführend zu meinen, dass der in Einsiedeln für die vergangenen achtzig Jahre zu beobachtende vielfältige Wandel ledig-lich fremdbestimmt gewesen sei: Vielmehr ist er nämlich auch als Folge von autonom gefällten Entscheidungen im Kontext einer teils bewusst gesuchten Anpassung an die Welt zu verstehen. Zwar führte etwa die Entwicklung hin zu einem
14
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(erhaltenen) rlich mit Nezu den Erinselektive Augen als das moriae annim
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Leo Grob
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bei Prof. Dr.
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er ZürcherRepression, AVerwaltung
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gung mit poliMassnahme gDies wurde ustandes in daxis beschrieb
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Praxis des her Herr-versucht, e Wissen elte. Dar-hutzes als erwaltung umentiert, s Sicher-
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Damit er-der ratio-technolo-
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19
Lino Gross
Die Darstellung des Mithridates VI. Eupator Das Bild des pontischen Königs in den Quellentexten des römischen Reiches
Masterarbeit bei Prof. Dr. Thomas Späth
Seit rund drei Jahrzehnten befasst sich die althistorische Forschung vertieft mit der Sicht der Griechen und Römer auf andere Völker, auf das als fremd Wahrgenommene. Die dichotome Un-terscheidung zwischen „zivilisiert“ und „barba-risch“ vermag dieses Verhältnis nicht angemes-sen zu erfassen. Die Arbeit untersucht Alterität und Alteritätswahrnehmung in den schriftlichen Quellen der griechisch-römischen Antike seit der Zeit der späten römischen Republik. Exempla-risch wird die Darstellung des Mithridates VI. Eupator aus Pontos untersucht, ein König, der zwischen 89 und 63 v. Chr. drei Kriege gegen Rom führte und sich in seiner Abstammung auf Alexander den Grossen genauso berief wie auf das Perserreich.
Bisherige Studien zur den Mustern der Fremddarstellung waren stets auf einzelne Auto-ren ausgerichtet. Die Arbeit umfasst im Unter-schied dazu vergleichend die Gesamtheit der rö-misch-griechischen Quellentexte zu Mithridates und eröffnet so eine neue Perspektive auf die Un-tersuchung von Alterität in der Antike. Die aus-führlichsten Texte sind die Schriften von Appian, Plutarch, Cassius Dio, Florus und Pompeius Trogus. Grundlage der Arbeit ist die systemati-sche Erfassung und vergleichende Kategorisie-rung der Aussagen zu Mithridates, wodurch sich sowohl wiederkehrende Topoi wie auch bei ein-zelnen Autoren isoliert vorkommende Elemente klassifizieren und bewerten lassen. Strukturiert wird die Analyse in die Untersuchung der Dar-stellung des Mithridates als Herrscher, als Kriegsherr und als legendäre Figur, die drei am besten fassbaren Rollen, die der König in antiken Quellen einnimmt.
Das Bild des Mithridates ist eine stark per-sonifizierte Fremddarstellung. Pontos wurde im Gegensatz zu Karthago nie als eine von seinem Herrscher unabhängige Macht dargestellt, wes-halb Stereotypen und Vorstellungen, die mit Pon-tos und dem umliegenden Asien verknüpft sind, in Abhandlungen zu den mithridatischen Kriegen primär an der Person des Mithridates festgemacht wurden.
Die Untersuchung zeigt, dass das Bild des „Fremden“ Mithridates keinesfalls einheitlich ist.
So lassen sich anhand der Darstellung des Mith-ridates verschiedene Vorgehensweisen der Auto-ren festmachen, wie diese Alterität gestalten. Bei Plutarch beispielsweise ist festzustellen, dass Mithridates als Herrscher jegliche Stereotypen eines asiatischen Despoten in sich vereint: Er ist tyrannisch, verweichlicht und schwelgt im Luxus. Auch die meisten anderen Autoren stellen die Grausamkeit, mit der Mithridates am Hof regier-te, als eine seiner prominentesten Eigenschaften dar. Aber dieses einseitige Bild wird auch relati-viert: Im Umgang mit seinen Untertanen und er-oberten Städten zeigt sich Mithridates etwa in den Darstellungen des Appian und des älteren Plinius als beliebter, geschickt agierender Herr-scher, was dem stereotypen Bild eines Verhält-nisses zwischen sklavischen Untertanen und ty-rannischem König klar widerspricht. Bei solchen Untersuchungen muss auch der Einfluss der ver-schiedenen Textsorten auf die Darstellung des pontischen Königs berücksichtigt werden. So überrascht es nicht, dass Mithridates bei Plutarch, in dessen Viten des Pompeius und Lucullus er in der narrativen Funktion des Antagonisten auftritt, als Negativspiegel für die positiven Eigenschaf-ten der römischen Generäle verwendet wird, oder dass Cicero in seinen Reden das Bild eines über-mächtigen Aggressors Mithridates bedient, um seine politisch motivierte Argumentation zu stär-ken. Doch die Darstellungen des Mithridates be-schränken sich nicht auf ein einfaches Feindbild; in zwei dem Mithridates zeitnahen römischen Quellen (Pompeius Trogus und Sallust) wird der König gar zum Sprachrohr der Kritik an Roms Aussenpolitik. Dabei, so eine These der Arbeit, wird die stereotype Fremddarstellung jeweils be-wusst als Werkzeug im Dienste der Argumentati-onsstruktur der verschiedenen Texte verwendet. Je mehr Mithridates als Feind oder Antagonist auftreten soll, desto stärker wird seine Darstel-lung mit Feind- oder Orientstereotypen behaftet. Soll er aber als ernstzunehmender Kritiker Roms figurieren, so werden ihm bisweilen typisch rö-mische Eigenschaften zugeschrieben. Beide Vor-gehensweisen, sich mit einer als fremd empfun-denen Figur zu befassen, die Abgrenzung und Stereotypisierung, aber auch die Projektion römi-
20
scher EiFremdarwird), wholt vondifferenzdest im jekts Miren, findhandlung
VomStadt BeBeitritt Eidgenofeiert. Ddesfeier langten ksich zus(Einwohdie Ausatete bis historiogeinige kdie GescumfassenSommergenössisbislang.
Die nes bürgtischem Zeitpunkstehung tes einerkonstituirerseits elich der staltung HauptfraBerner Bfür den prozess rungspha
igenschaftenrtigkeit keinwerden, wie n den antikeziertere SichAnsatz mit
ithridates bedet sich nur gen zu den
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m 21. bis zumern zum Gedes alten Sssenschaft e
Die Initiative ging von dekonservativesammen mithnergemeindearbeitung deranhin ein M
graphischen kurze Abschchichte Bernnde Aufarbers 1853 unteschen sozio-
Berner Bungerlichen Fes
Gehalt bezkt der Feier mdes jungen
rseits und deierenden bürergeben sich
potentiellenfür die Zw
age der ArbeBundesfeier v
sozialen undes Bundessase. Folgend
n auf die Fne Rechnung
die Arbeit aen Autoren htweise, welder Fremdarfasst, ohne in längeren mithridatisch
Was soll übonstituierun
Ma
m 23. Juni 1edenken an Standes Bernein grossang
zur Durchfüer erst 1850 aen Kantonsret den städtie und Burgr Feier machMauerblümchForschung u
hnitte in Abhns kaum je Eeitung der Ger Berücksichpolitischen
ndesfeier kanstes mit eminzeichnet wermitten in derschweizerisc
em sozialen Argerlichen Gh spannende n Indienstnawecke der Meit war mithvon 1853 vo
nd politischestaates in dede zwei The
igur (wobeig mehr getraufzeigt, wiepraktiziert.
lche sich zurtigkeit des diese zu karhistorischenhen Kriegen
Gab
berhaupt dng einer bür
Berner
asterarbeit be
853 wurde inden 500jähr
n zur damalgelegtes Festführung der Ban die Machegierung ausischen Behögergemeindehte. Das Festhendasein inund fand bish