26.06.22 1 Sprache und Geschlecht Universität zu Köln Romanisches Seminar Hauptseminar: Die Romanischen Sprachen aus soziolinguistischer Perspektive Wintersemester 2010/2011 Dozent: Dr. Andreas Michel Referentinnen: Marina Deyanova, Tanja Pöthig
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Sprache und Geschlecht
Universität zu KölnRomanisches Seminar
Hauptseminar: Die Romanischen Sprachen aus soziolinguistischer PerspektiveWintersemester 2010/2011Dozent: Dr. Andreas Michel
Referentinnen: Marina Deyanova, Tanja Pöthig
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Sprache und Geschlecht
Inhalt1. Entwicklungsgeschichte des Forschungsbereichs Sprache und
Geschlecht 1.1 Ungleichheit der Geschlechter und die Sprache: Tradition
1.1.1 Aufklärung bis 20. Jahrhundert1.1.2 ab 1970er Jahren1.1.3 Perspektiven im 21. Jahrhundert
2. Sprache und Geschlecht in der spanischsprachigen Romania2.1 Vielschichtigkeit der Thematik2.2 Deskriptive Untersuchungen der Gesprächsverhalten von
Frauen und Männern2.3 Fallbeispiel
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1. Entwicklungsgeschichte des Forschungsbereichs Sprache und Geschlecht
damals und heute: Geschlecht einer Person ist mit unterschiedlicher Bewertung verbunden.
→ Widerspruch zum Gleichheitsgrundsatz, wie in demokratischen Gesellschaften in den Grundgesetzen festgelegt.
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1. Entwicklungsgeschichte des Forschungsbereichs Sprache und Geschlecht
Einige Fakten:• hoch industrialisierte Staaten (USA/BRD): Lohngefälle• BRD 1960: Frauen, die Beruf nachgehen wollten, mussten
Ehemann um Erlaubnis fragen• Frauen sind überwiegend für die Kinderbetreuung
verantwortlich → keine volle Erwerbstätigkeit möglich, Sozialhilfe (Statistisches Bundesamt 2003)
• keine höheren Leitungspositionen in Wirtschaft/Politik (Bericht der Bundesregierung 2002)
• (Dtl.) mehr Frauen leben unterhalb der Armutsgrenze (Statistisches Bundesamt 2003)
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1. Entwicklungsgeschichte des Forschungsbereichs Sprache und Geschlecht
• weltweit höhere Zahl von Infantiziden und Abtreibungen von Mädchen
• weit weniger Mädchen gehen zur Schule, lernen lesen und schreiben
• 1998 Who is who in America: berühmte Persönlichkeiten in Wirtschaft, Politik, Künsten und Wissenschaft 93% Männer
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1.1 Ungleichheit der Geschlechter und die Sprache: Traditionen
1.1.1 Aufklärung (1720- 1785) bis ins 20. Jahrhundert
natürliche Ungleichheit zwischen den Geschlechtern: begründet im unterschiedlichen Wesen der Geschlechter
→ Frauen und Mädchen wurden bestimmte Fähigkeiten und
Neigungen zugeschrieben. → Wesens- und Aufgabenbestimmung für das weibliche
Geschlecht→ Intellektuelle Betätigung von Frauen galten als
widernatürlich
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1.1.1 Aufklärung (1720- 1785) bis ins 20. Jahrhundert
Jean Jacques Rousseau (1712 – 1778)
die Würde der Frau ist, „[...] nicht gekannt zu sein; ihre Ehre ist die Achtung ihres Mannes, ihre Freuden liegen im Glück
ihrer Familie [...]“ (Rousseau zitiert nach Hof 1995, S. 5).
Quelle: Internet
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1.1.1 Aufklärung (1720- 1785) bis ins 20. Jahrhundert
Max Planck (1858 - 1947)
Man kann „[...]nicht stark genug betonen, daß die Natur selbst der Frau ihren Beruf als Mutter und Hausfrau vorgeschrieben hat und dass Naturgesetze unter keinen Umständen ohne schwere Schädigungen, welche sich im vorliegenden Falle besonders an dem nachwachsenden Geschlecht zeigen würden, Quelle: Internet
ignoriert werden können“
(Planck, zit. nach Kirchhoff 1897, S. 257f).
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1.1.1 Aufklärung (1720- 1785) bis ins 20. Jahrhundert
geringschätzige und vorurteilsvolle Bewertung des weiblichen Geschlechts insgesamt, so wie der Sprachfähigkeit von Frauen und Mädchen.
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1.1.1 Aufklärung (1720- 1785) bis ins 20. Jahrhundert
Jespersen (1860 – 1943):
Sprache der Frauen• Mittelmäßigkeit • primitivere Syntax• inhaltsarme Sprache• unvollständige Gedankenführung• aber: Äußerungen schneller Quelle: Internet
und wortreicher (Jespersen 1925, S.231ff)
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1.1.1 Aufklärung (1720- 1785) bis ins 20. Jahrhundert
Nicht nur Unterschiede in der Sprechweise sondern auch im sprachlichen System selbst:
drei Genera entstanden nach Jacob Grimm (1785 – 1863)
Quelle: Internet
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1.1.1 Aufklärung (1720- 1785) bis ins 20. Jahrhundert
Genera entstanden durch: „[...]eine in der phantasie der menschlichen sprache entsprungene
ausdehnung des natürlichen auf alle und jede gegenstände.“ (Grimm 1831, S. 346)
sie haben die folgenden Eigenschaften:„Das masculinum scheint das frühere, größere, festere, sprödere,
raschere, das thätige, bewegliche, zeugende; das femininum das spätere, kleinere, weichere, stillere, das leidende,
empfangende; das neutrum das erzeugte, gewirkte, stoffartige, generelle, unentwickelte,
collective, das stumpfere, leblose.“ (Grimm 1831, S. 357)
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1.1.1 Aufklärung (1720- 1785) bis ins 20. Jahrhundert
Quelle: Internet
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1.1.2 Ab 1970er Jahren
Gleichheitschancen der Geschlechter nachhaltig eingefordert
→ mit den Geschlechtern assoziierten intellektuellen und sprachlichen Unterschiede und deren Niederschlag in Elementen des sprachlichen Systems wurden zum Thema
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1.1.2 Ab 1970er Jahren
• Geschlechterbezogene Sprachforschung
• Frauen- und Geschlechterforschung
• Feministische Wissenschaftskritik
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1.1.2 Ab 1970er Jahren
Infragestellen der universellen Vernunftideale der Aufklärung
Grundannahme: Wissenschaft ist durch und durch männlich geprägt
Arrangement der Geschlechter ist keine Naturtatsache, sondern Ergebnis sozialer, historisch gewordener Verhältnisse
Untersuchung der Wirkung des Sozialen auf das Geschlecht und Sprache
Ende 1960 erstmals Unterscheidung in biologisches und soziales Geschlecht (sex und gender) durch den Psychoanalytiker Robert Stoller (1925 – 1991)
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1.2.3 Perspektiven im 21. Jahrhundert
Neue Aufgaben der Geschlechterforschung:
• sich der Ergebnisse und Irrtümer der bisherigen Forschung bewusst bleiben
• Standort des Forschungsfeldes im Kontext zukünftiger Modernisierungs- und Globalisierungsprozesse ausmachen.
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1.2.3 Perspektiven im 21. Jahrhundert
Herausbildung des Gender-mainstreaming-Konzepts: Konzept, „[...]das von der Anerkennung der männlichen und der weiblichen Identität [...]ausgehen muß“. (Kommission der Europäischen Gemeinschaften 1996, S. 5)
„Die Unterschiede zwischen den Lebensverhältnissen, den Situationen und Bedürfnissen von Frauen und Männern systematisch auf allen Politik- und Aktionsfeldern der Gemeinschaft zu berücksichtigen, das ist die Ausrichtung des Mainstreaming-Grundsatzes. Es geht dabei [...] darum, [...] auf allen Gebieten dem Bedürfnis nach Entwicklung ausgewogener Beziehungen zwischen Frauen und Männern Eingang zu verschaffen.“ (Kommission der Europäischen Gemeinschaften 1996, S. 6)
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1.2.3 Perspektiven im 21. Jahrhundert
Aufgabe der zukünftigen Forschung:
• Diagnose Unausgewogenheiten zwischen den Geschlechtern + mögliche Entstehungsursachen
• Diagnose Unausgewogenheit der Kommunikationsverhältnisse zwischen den Geschlechtern
neue Ethikmodelle als Richtschnur für die Zukunft Bildungschancengleichheit
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Literatur
Klann-Delius, Gisela (2005): Sprache und Geschlecht. Eine Einführung, Stuttgart: Metzler.
ZitateGrimm, Jakob (1831): Deutsche Grammatik. Dritter Teil. Göttingen.Hof, Renate (1995): „Die Entwicklung der Gender Studies“, in:
Bußmann, Hadumod/ Hof, Renate (Hrsg.), Genus. Zur Geschlechterdifferenz in den Kulturwissenchaften, Stuttgart: Kröner, 2-33.
Jespersen, Otto (1925): Die Sprache. Ihre Natur, Entwicklung und Entstehung. Heidelberg.
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Literatur
Kirchhoff, Arthur (Hrsg.). (1897): Die Akademische Frau. Gutachten hervorragender Universitätsprofessoren, Frauenlehrer und Schriftsteller über die Befähigung der Frau zum wissenschaftlichen Studium und Berufe. Berlin: Steinitz.
Kommission der Europäischen Gemeinschaften (1996): Einbindung der Chancengleichheit in sämtliche politischen Konzepte und Maßnahmen der Gemeinschaft. Mitteilung der Kommission. 21.2.1996. Brüssel.
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Literatur
Bilderhttp://de.wikipedia.org/wiki/Jean-Jacques_Rousseau,
7.1.2011 http://de.wikipedia.org/wiki/Max_Planck, 7.1.2011 http://www.sinn-frei.com/frauenfeindliche-werbung-aus-dem-20-jahrhundert_7197.htm
, 10.1.2011http://www.britannica.com/EBchecked/topic/302975/Otto-Jespersen
, 7.1.2011 http://de.wikipedia.org/wiki/Jacob_Grimm, 7.1.2011
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2. Sprache und Geschlecht in der spanischsprachigen Romania
2.1. Vielschichtigkeit der Thematik Sozialverhalten der Geschlechter im Gespräch.
Benachteiligung der Frauen Soziolinguistisch: Sprachkontaktforschung. Diglossie
und Bilinguismus Dialektologie: Sprachgeographie. Konservativität vs.
Innovativität Neurologie: physiologisch bedingte
geschlechtspezifische Unterschiede in der Sprache. Sozialer Kontext ausgeschlossen.
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2.2. Deskriptive Untersuchungen der Gesprächsverhalten von Frauen und Männern
Kommunikations-verhalten spanischer Frauen in realen Gesprächssituationen: bisher weitgehend terra incognita.
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Blitzumfrage unter spanischen und mexikanischen Studierenden:„Was ist typisch weibliches und männliches Sprachverhalten?“, „Welche Unterschiede gibt es in der Sprache von Frauen und Männern?”
Ergebnisse: Wichtiges Merkmal weiblicher Sprache: recato –
Zurückhaltung; Vermeidung vulgärer Ausdrücke, Schimpfwörter, gotteslästerlicher Flüche. Bescheidenheit ist nicht nur wünschenswert, sondern auch „typisch“.
Im Laufe der Diskussion: recato – Stereotyp, Klischee. Weitere Klischees: Geschwätzigkeit und Klatschsucht
der Frau. Bevorzugung subjektiver und affektiver Sprechweisen: Gebrauch von Diminutiven und qualifizierenden Adjektiven.
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In der Forschung bisher:
Schwächeposition, interaktive Benachteiligung von Frauen in gemischtgeschlechtlicher Kommunikation. Männliche Dominanz vs. Majorisierung, Marginalisierung weiblicher Gesprächspartner.
Trömel - Plötz 1984; Kähler 1991; Frank 1992, Grässel 1994;
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Kähler: “Geschlechtsspezifische Sprechweisen in spanischen Fernsehdiskussionen“
In Medien-Diskussionen bestehen von vornherein asymmetrische Rahmenbedingungen für Frauen und Männer:
Frauen - meist in der Minderheit. Das männliche Gesprächsverhalten ist als öffentlicher “Normal”-Stil
etabliert. Männer - werden anders wahrgenommen. Moderatorinnen behandeln Frauen und Männer unterschiedlich.
Frauen erhalten weniger Anerkennung. Männer werden als „Experten“ eingeführt. Frauen werden als „Betroffene“ oder „Laien“ behandelt.
Themenbereiche: Medizin, Naturwissenschaften, Technik, Politik, Recht.
Frauen werden ausgegrenzt durch speziell als „Frauensendungen“ etikettierte Programme. „Expertinnen“.
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2.3. Fallbeispiel: Starke Frauen! Interaktionsmuster und Gesprächsstrategien in spanischen Cross-gender-Diskussionen, Bierbach 1997
Fallbeispiel: Diskussionsrunde zw. männlichen und weiblichen Mitgliedern einer Stadtteilgruppe in einem Arbeitsviertel in Barcelona.
Die Fallstudie widerspricht den Stereotypen und den häufigsten Ergebnissen linguistischer Forschung zu weiblichem Kommunikationsverhalten.
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2.3.1. Parameter - Indikatoren für Dominanz, Unterlegenheit in der Kommunikation:
Redebeteiligung (Anzahl und Länge der Redebeiträge, turns)
Aspekte der Gesprächsorganisation (Sprecherwechsel) Unterbrechungen und ihre interaktive Behandlung Verfahren der Abschwächung, Indizierung von
Unbestimmtheit, Unsicherheit, wie z.B. hedges, tag questions u.a.
Vs. Verfahren, Strategien der Durchsetzung und Gestaltung von (längeren) Redebeiträgen (Gesprächskontrolle)
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2.3.2. Konklusion
Verschiedene strukturelle Bedingungen und soziale Faktoren begünstigen die weibliche Beteiligung, Dominanz in dem analysierten Gespräch.
Die Beobachtungen in der Studie – in keiner Weise repräsentativ – trotzdem signifikant.
Weitere Faktoren sind relevant. Breitere Untersuchungen nötig, um differenzierte und
zuverlässige Aussagen über geschlechtsspezifisches Sprachverhalten in Spanien machen zu können.
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Literatur
Bierbach, Christine (1997): Starke Frauen! Interaktionsmuster und Gesprächsstrategien in spanischen Cross-gender-Diskussionen, in Dahmen,Wolfgang/Holtus, Günter/Kramer, Johannes: Sprache und Geschlecht in der Romania, Gunter Narr Verlag, Tübingen.
Bierbach, Christine (1997b): Is Spain different? Observations on male-female communicative styles in a Spanish group discussion, in Kotthoff, Helga/Wodak, Ruth: Communicating Gender in Context, John Benjamins Publishing Company, Amsterdam/Philadelphia.
Kähler, Gisela (1997): Geschlechtsspezifische Sprechweisen in spanischen Fernsehdiskussionen, in Dahmen,Wolfgang/Holtus, Günter/Kramer, Johannes: Sprache und Geschlecht in der Romania, Gunter Narr Verlag, Tübingen.
Kowallik, Sabine (1997): Zur Erfassung geschlechtsspezifischer Charakteristika der spanischen Sprache, in Dahmen,Wolfgang/Holtus, Günter/Kramer, Johannes: Sprache und Geschlecht in der Romania, Gunter Narr Verlag, Tübingen.
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Dankeschön!