Die Violinsonate ist eine Sonate für zwei obligate Instrumente, wobei das zweite Instrument meist das Klavier ist. Entwickelt wurde sie um 1730 in Paris, zeitgleich mit den Sonaten von Johann Sebastian Bach. Die Violine spielte dabei anfänglich eine untergeordnete Rolle. Erst bei den späteren Sonaten Mozarts und Beethovens wurde die Violine dem Klavier gleichgestellt. Und auch bei Robert Schumann hieß die Werkbezeichnung noch „Sonate für Pianoforte und Violine“. Richtig dominant wird die Geige erst in der Romantik, was nicht heißt, dass die Anforderungen an den Pianisten nicht mit minder anspruchsvoll sind. Ludwig van Beethoven (1770-1827) widmete seine drei Sonaten für Klavier und Violine op. 30 von 1802 dem russischen Zaren Alexander I.. In ihrer Ausprägung kommen sie sehr unterschiedlich daher. Besticht die erste durch einen spielfreudigen Variationssatz, die zweite durch düstere Melancholie, so beginnt die Sonate Nr. 3 des heutigen Abends beschwingt mit ausgelassener Fröhlichkeit im flüchtigen 6/8- Takt – ein Spiel mit Tonleiterausschnitten, Dreiklangsbrechungen und gelegentlichen kleinen Moll-Eintrübungen. Der Mittelsatz verbindet Elemente eines langsamen mit denen eines Tanzsatzes. Der vorgezeichnete Menuettcharakter verhindert das Abgleiten ins „schwere“ Adagio, und die vorsorgliche Vorschrift „e grazioso“ müsste gar nicht sein, so beschwingt ist der Charakter dieser Musik. Geradezu leichtfüßig sprudelt das Thema des Finales, erhält sogleich einen hüpfenden Kontrapunkt und endet im sich spiegelnden Spiel der Tonleiter. Bemerkenswert an dieser Sonate ist ihre unbeschwerte, eher unauffällige Virtuosität – ein dezentes Meisterstück Beethovenscher Instrumentationskunst. Johannes Brahms (1833-1897), der Kammermusik-Komponist par excellence, gilt als Erneuerer und Vorbild für eine neue Generation von Kammermusik-Komponisten in ganz Europa und zum Ahnherrn der 2. Wiener Schule. Er hat es sich nie leicht PROGRAMM gemacht und rang geradezu mit der Gattung der Violinsonate, denn der thematischen Arbeit und allgemein der Durchbildung des Satzes, wie sie von anspruchsvoller Kammermusik gefordert wurde, stand die Begrenzung auf nur zwei – sehr unterschiedliche – Instrumente entgegen. So verwundert es nicht, dass Brahms lange zögerte, bis er eine Violinsonate zum Druck freigab. Drei ältere Werke hat er wohl auch vernichtet. Die Sonate für Violine und Klavier A-Dur op. 100 entstand im Kammermusik-Sommer 1886, dem auch die Cellosonate op. 99 und das Klaviertrio op- 101 zu verdanken ist. Der 1. Satz ist ein gedrungener, fast klassizistisch klar geformter Sonatensatz. Die beiden Mittelsätze der großen, 4sätzigen klassischen Form, die Brahms gern als Intermezzi behandelt, sind hier ineinanderkomponiert: Andante tranquillo und Vivace wechseln einander dreimal ab. Das Finale ist ein einfaches Rondo, das mehrfach zum 1. Satz kontrastiert.: klang- statt motivbetonte Thematik, Klangentfaltung statt thematischer Arbeit. Bemerkenswert bei dieser Sonate ist die völlige Gleichwertigkeit der beiden Instrumente. Ernest Chausson (1855-1899) entstammte einer wohlhabenden Familie und genoss eine exzellente, vielseitige Ausbildung in Malerei, Literatur und Musik. Zu seinen Kompositionslehrern gehörten u.a. Jules Massenet und César Franck. Sein Pariser Salon war einer der wichtigsten Treffpunkte der künstlerischen Elite der französischen Hauptstadt. Mehrmals reiste Chausson zu den Bayreuther Festspielen, um dort musikalische Eindrücke zu sammeln. Wichtigstes Ergebnis dieser Reisen war seine Oper „Le Roi Arthus“. Im Alter von erst 44 Jahren starb Chausson bei einem tragischen Fahrradunfall. In seiner Musik lassen sich vor allem zwei Einflüsse ausmachen: der seines Lehrers César Franck sowie der Richard Wagners. Chaussons Musik hat eine eher melancholische Grundstimmung und eine Vorliebe für weit ausgesponnene Melodiebögen. Bestes Beispiel dafür ist sein „Poème“ op. 25 für Violine und Orchester. Es entstand 1896 auf Wunsch von Eugène Ysaÿe, dem „König der Geige“, der Chausson gebeten hatte, für ihn ein Violinkonzert zu schreiben. Inspirieren ließ sich Chausson dabei von Iwan Ludwig van Beethoven Sonate für Klavier und Violine op. 30 Nr. 3 G-Dur Allegro assai – Tempo di Minuetto, ma molto moderato e grazioso – Allegro vivace Johannes Brahms Sonate für Violine und Klavier op. 100 A-Dur Allegro amabile – Andante tranquillo / Vivace – Allegretto grazioso (quasi Andante) PAUSE Ernest Chausson „Poème“ für Violine und Klavier op. 25 Camille Saint-Saëns „Caprice d‘après l‘Etude en forme de Valse” op. 52 Nr. 6 D-Dur