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1chirurgische praxis 2017 Band 83 / 2
Kniegelenk – Schmerzen – nichttraumatisch
chirurgische praxis 83, 1–20 (2017) Mediengruppe Oberfranken –
Fachverlage GmbH & Co. KG
Gründe für atraumatische
Knieschmerzen
J. Jerosch
Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin,
Johanna-Etienne Krankenhaus, Neuss
Einleitung
Das Kniegelenk steht im Fokus von posttrau-matischen und
atraumatischen Beschwerden im Bereich der Haltungs- und
Bewegungsorgane. Dieses liegt insbesondere an der exponierenden
Anatomie und Biomechanik dieses Gelenkes. Im folgenden Artikel
findet sich eine Übersicht über die typischen atraumatisch spontan
auftreten-den Beschwerden im Bereich des Kniegelenkes.
Patienten mit rezidivierenden Schwellungen und Beschwerden im
Bereich der Kniegelenke stel-len sich immer wieder in der
allgemeinärztlichen Praxis vor. Je nach Alter des Patienten gilt es
hierbei unterschiedliche Differenzialdiagnosen in Erwägung zu
ziehen (Tab.1).
Anamnese
Die Anamneseerhebung spielt eine ganz ent-scheidende Rolle bei
der Eingrenzung der mögli-chen Differenzialdiagnosen bei spontan
auftre-tenden Beschwerden. Ganz besonders wichtig ist die
Schmerzanamnese. Bei einer vorliegen-den Retropatellararthrose
klagt der Patient über Schmerzen beim Treppen- und Bergsteigen,
wäh-rend die fortgeschrittene Gonarthrose eher zum subjektiven
Instabilitätsgefühl mit plötzlichem Wegknicken führen kann. Hierbei
werden dann vom Patienten stechende Schmerzen empfun-den. Beim
Vorliegen einer Poplitealzyste kommt es zu einem Spannungsgefühl
bei Streckung, was der Patient als Druckgefühl in der Knie-kehle
beschreibt. Auch Fragen nach bekannten Durchblutungs- oder
Sensibilitätsstörungen sind wichtig. Abschließend müssen auch
Erkrankun-gen anderer Organsysteme abgefragt werden, um
stoffwechselbedingte (Diabetes mellitus, Hämo-chromatose, Gicht),
hämostasiologisch (Hämo-philie), endokrinologisch bedingte
(Hyperpara-thyreoidismus, Schilddrüsenfunktion, Rachitis) und
psychogene Ursachen der Kniegelenkssym-ptomatik auszuschließen.
Tumoröse Veränderun-gen (Exostosen, Enchondrome, Fibrom, Osteom,
Knochenzysten und andere bösartige Tumoren), neurogene
Veränderungen (Poliomyelitis, Tabes, Syringomyelie) sowie der große
Formenkreis der
CMEcm
e.mgo -fachverla g
e .de
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2017 Band 83 / 2 chirurgische praxis 2
erschwert ist [1]. Beim Keimnachweis ist auf ein 14-tägiges
Anzüchten zu achten, da ansonsten manche Keime (z. B.
Propionibacterium acnes) nicht erfasst werden.
entzündlich rheumatischen und infektiösen Er-krankungen sind
ebenfalls zu eruieren.
Bei Verdacht auf eine chronische Polyarthritis ist zudem zu
erfragen, ob ein typischer polyar-tikulärer Befall, die
symmetrische Verteilung und eine Chronizität vorliegen. Das
Kniegelenk ist in über 60 % der Fälle hierbei betroffen. Es gilt
hierbei dann, eine weitere rheumatologische Dia gnostik in die Wege
zu leiten.
Bei Vorliegen einer Monarthritis ist die Vorge-schichte
(Auslandsaufenthalt, soziales Umfeld, venerische Erkrankungen,
vorangegangene In-jektionen, Operationen, Verletzungen) von
rich-tungsgebender Bedeutung (Tab. 2).
Bei jedwedem Infektverdacht mit den typischen lokalen
Infektzeichen (Überwärmung, Schwel-lung, Rötung,
Funktionseinschränkung) und evtl. einhergehendem Fieber oder
Nachtschmerz muss unverzüglich eine weitere Ergussdiagnos-tik und
Blutuntersuchung (CRP-Wert) angestrebt werden. Die Ergussdiagnostik
muss vor Antibio-tikagabe erfolgen, da ansonsten ein Nachweis von
Bakterien durch die Mikrobiologen erheblich
Säuglinge/Kleinkinder Jugendliche/ junge Erwachsene
Mittlere und ältere Patientengruppe
Angeborene Kniegelenkluxation Morbus Osgood-Schlatter
Gonarthrose
Scheibenmeniskus Osteochondrosis dissecans Degenerativer
Meniskusriss
Arthritis Meniskus- oder Kreuzbandriss Synovialitis
Monarthritis rezidivierende Patellaluxation
Retropatellararthrose
Osteomyelitis Kniegelenksnahes Osteo-sarkom
Meniskusganglion
Epiphysenlösung Chondrokalzinose
Morbus Ahlbäck
Tab. 1 | Differenzialdiagnosen von Kniegelenksbeschwerden in
verschiedenen Altersgruppen
Entzündlich rheumatische Gelenk- erkrankungen
Kollagenosen
Chronisch entzündliche Gastroenteritiden mit
Gelenkbeteiligung
Metabolische Arthropathien
Infektiöse Arthritiden
Hämopathiebedingte Arthropathien
Malignome
Aktivierte Arthrosen
Tab. 2 | Differenzialdiagnose der Monarthritis
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chirurgische praxis 2017 Band 83 / 2 3
Die weitaus häufigere Differenzialdiagnose ist im mittleren und
fortgeschrittenen Lebensalter die degenerative Gonarthrose. Sie
stellt überhaupt die häufigste degenerative Gelenkerkrankung der
Extremitäten dar. Die Ätiologie der primären Gon arthrose ist sehr
vielschichtig. Adipositas, einseitige berufliche Belastung und
vorausge-hende Verletzungen scheinen zu einem erheb-lichen
Krankheitsrisiko zu führen. Bei Überge-wicht ist bisher nicht
geklärt, ob es ein primärer biomechanischer oder ein biochemischer
Zusam-menhang ist, der die Entstehung der Gonarthro-se bewirkt.
Auch die Ursachen der sekundären Gonarthrosen sind vielfältig (Tab.
3).
Der Knorpel als Zielorgan aller dieser ursächli-chen Faktoren
reagiert immer relativ monoman. Bei der primären oder sekundären
Arthrose fin-det sich eine gesteigerte Syntheseaktivität der
Chondrozyten. Wahrscheinlich liegt hierin ein intensiver
Reparaturversuch der Zellen, wel-cher irgendwann jedoch zum
Erliegen kommt. Im Bereich des hyalinen Knorpels tritt bereits im
frühen Stadium der Arthrose im Bereich der Oberfläche ein Verlust
von Proteoglykanen auf, welcher im Prozess der Arthrose weiter
zunimmt. Diese entwickelt sich proportional zum Schädi-gungsgrad,
gleichzeitig kommt es zu einer Erwei-chung des Knorpels.
Der klinische Verlauf kann über viele Jahre na-hezu
asymptomatisch verlaufen. Die Beschwer-den entwickeln sich nur
langsam, können dann aber auch intermittierend akut auftreten. Der
intermittierende Erguss, mit oder ohne Po-plitealzyste, ist ganz
typisch für degenerative Veränderungen des Kniegelenkes. Bei
längeren Schmerzen treten dann auch Atrophien der
Oberschenkelmuskulatur auf. Die Gehstrecke wird eingeschränkt und
der Patient benutzt häu-fig Gehstützen. Dieser sehr wechselhafte
Verlauf macht es sehr schwierig, eine konkrete Prognose für das
Krankheitsbild für den individuellen Pa-tienten zu erstellen.
Die Labordiagnostik hilft bei der Arthrose zurzeit noch wenig.
Eventuell stehen in Zukunft Biomar-ker (z. B. CTX-II, COMP) zur
Verfügung.
Traumatische Knorpelschädigungen
Meniskusverletzungen
Kreuzband-, Seitenbandverletzungen
Kniegelenksnahe Frakturen
Entzündungen
Osteochondrosis dissecans
Morbus Ahlbäck
Adipositas
Metabolisches Syndrom
Beruflich oder sportlich bedingte Über-lastungen
Kniefehlstellungen (Genu varum, Genu valgum, Genu recurvatum,
Torsionsfehler, Fehlformen der Patella)
Unphysiologische Immobilisation
Beinlängendifferenzen
Metabolische Störungen (Gicht, Chondrocal-cinose, Diabetes
mellitus, Ochronose, Rachitis, Hyperlipoproteinämie, Morbus Wilson,
Nephrokalzinose)
Gerinnungsstörungen (Hämophilie)
Systemerkrankungen (Marfan-Syndrom, Ehlers-Danlos-Syndrom)
Osteopathien (Morbus Paget)
Neurogene Erkrankungen (neuromuskuläre Dyskoordination, Tabes
dorsalis, Kreuz-bandruptur)
Tab. 3 | Ursachen für eine sekundäre Gonarthrose
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2017 Band 83 / 2 chirurgische praxis 4
Hüfterkrankungen: Bei einer Vielzahl von Hüft erkrankungen
werden Schmerzen primär im Kniegelenk angegeben. Dieses gilt
insbesondere bei Kindern aber auch bei Erwachsenen, welche
Beschwerden bei einer Coxalgie auf den Ober-schenkel und auf das
Kniegelenk projizieren. Ganz typisch ist hier beim Kind
beispielweise die Epiphysiolysis capitus femoris, bei welcher das
Kind primär über Knieschmerzen klagt. In der Regel reicht bereits
hier eine Untersuchung der Beweglichkeit des Hüftgelenkes, die
Abklärung eines Leistendruckschmerzes und evtl. eine
Be-ckenübersichtsaufnahme. Schwieriger kann die Situation beim
juvenilen Tumorleiden sein. Bei nicht konklusiven klinischen und
nativradiolo-gischen Befunden empfiehlt es sich in solchen
Situationen, ein MRT des Beckens und des Ober-schenkels
anzufertigen.
Rheumatoide Arthritis: Bei der rheumatoiden Arthritis steht
naturgemäß der systemische Charakter mit den entsprechenden
klinischen Merkmalen im Vordergrund. Neben den Laborwer-ten ist
auch eine Gelenkpunktion diagnostisch wegweisend. Der punktierte
Erguss ist gelb-grün und etwas getrübt, bei geringer Viskosität.
Die Zellzahl kann je nach Aktivität der rheumatoiden Arthritis
zwischen 5.000 und 50.000 liegen mit einem Anteil von 50–75 %
Leukozyten. Daneben finden sich zahlreiche Rhagozyten.
Reaktive Arthritis: Auch eine reaktive Arthritis kann mit
rezidivierenden Ergüssen einhergehen. Häufige Erreger sind hierbei
Chlamydien, Borre-lien und Yersinien. Die Diagnose kann mithilfe
von Infektsymptomen, dem Erregernachweis,
mikrobiologisch/serologisch und mit molekular-biologischen Tests
gestellt werden.
Psoriasisarthritis: Hierbei hilft sowohl die Anamnese als auch
die Hautinspektion auf ent-sprechenden Hautbefall. Schwierig ist
die Dia-gnostik, wenn ein Gelenkbefall dem Hautbefall als erstes
Symptom vorausgeht.
Meniskusläsion: Auch eine Meniskusläsion kann eine Arthrose
vortäuschen. Häufig ist ein akuter Beginn mit einem Trauma in der
Anamnese eru-ierbar. Klinisch finden sich gelegentlich typische
Bei den bildgebenden Verfahren ist das Röntgen-bild immer noch
Methode der Wahl. Hier werden nach Kellgren 4 verschiedene Grade
eingeteilt (Tab. 4).
Computertomografie und Szintigrafie helfen heutzutage bei der
differenzialdiagnostischen Abklärung von Gelenkschäden wenig. Die
dia-gnostische Maßnahme der Wahl ist die Kern-spintomografie. Diese
kann zu einer guten differenzialdiagnostischen Abklärung von
Knie-binnenschäden, aber auch von Knorpel- oder
Knochenveränderungen (z. B. Morbus Ahlbäck, gelenknahe Tumoren
etc.) führen. Mithilfe der Ultraschalldiagnostik können sekundäre
Verände-rungen, wie Gelenkergüsse, Kapselschwellungen,
Synovialiszotten, Bursitiden und Poplitealzysten diagnostiziert
werden. Die Knorpel-, Meniskus-, Band- und Knochendiagnostik ist
hierdurch je-doch nicht reliabel möglich.
Ganz wichtig ist die differenzialdiagnostische Abklärung bei
Kniebeschwerden. Hierzu sind folgende Überlegungen notwendig:
• Grad 1: Initiale Gonarthrose mit beginnen-den Osteophyten an
der Eminentia inter-condylaris und den gelenkseitigen
Patella-polen
• Grad 2: Definitiver Nachweis von Osteo-phyten, mäßige
Gelenkspaltverschmäle-rung, mäßige subchondrale Sklerosierung
• Grad 3: Osteophyten, halbseitige Ver-schmälerung des
Gelenkspaltes, ausge-prägte subchondrale Sklerosierung, Entrun-dung
der Femurkondylen
• Grad 4: Gelenkdestruktion, ausgepräg-te Verschmälerung bis
Aufhebung des Gelenkspaltes, Zysten an Tibiakopf und Femur
kondylen, Subluxationsstellung
Tab. 4 | Radiologische Arthroseklassifikation nach Kellgren
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dralen Knochenbezirk der Gelenkflächen mit konsekutiver Störung
des bedeckenden Knorpels als freier Gelenkkörper – sog.
»Gelenkmaus« – in den Gelenkraum abgestoßen werden kann. Der
entstandene Defekt der Gelenkflächen wird als »Mausbett«
bezeichnet. Die Ursache dieser Erkrankung steht nach wie vor in der
wissen-schaftlichen Diskussion; diskutiert werden u. a.
Dauer(über)belastungen der Gelenkflächen z. B. bei
Leistungssportlern, Durchblutungsstörungen oder unfallbedingten
Veränderungen [2].
Epidemiologie
Die Osteochondrosis dissecans tritt bevorzugt im jüngeren Alter
auf und wird selten bei Kindern unter 10 Jahren und bei Erwachsenen
jenseits des 50. Lebensjahres beobachtet. Die allgemeine Morbidität
wird mit 0,04 % – 0,06 % angegeben. Ein hereditäres Vorkommen wird
beschrieben. Für Blutsverwandte 1. Grades wird eine vier-fach
gesteigerte Inzidenz angegeben. Bei der Geschlechtsverteilung
überwiegt das männliche gegenüber dem weiblichen im Verhältnis 2:1
bis 10:1. Doppelseitigkeit wird zwischen 10 und 30 % gefunden; auch
ein multilokulärer Befall kann auftreten. Die Kniegelenke sind am
häu-figsten mit bis zu 85 % der Fälle betroffen.
Symptomatik
Häufig kommt es zu Schmerzen, die besonders bei Belastungen des
Kniegelenkes auftreten und in Ruhe typischerweise nachlassen. Zum
Teil strahlen die Schmerzen aus. Freie Gelenkkörper können zu
schmerzhaften Bewegungseinschrän-kungen und Blockierungen
führen.
Diagnostik
AnamneseDie Patienten klagen in der Regel über Schmer-zen, die
bei Belastungen des Kniegelenkes verstärkt werden und in Ruhe
typischerweise nachlassen. Bei fortschreitenden Beschwerden werden
häufiger Gelenkblockierungen beschrie-
Meniskuszeichen. Eine Kernspintomografie hilft bei der weiteren
differenzialdiagnostischen Ab-klärung.
Osteochondrosis dissecans: Bei jüngeren Pati-enten ist eine
wichtige Differenzialdiagnose die Osteochondrosis dissecans. Auf
konventionellen Röntgenbildern kann sie im Frühstadium noch nicht
zur Darstellung kommen. Die Methode der Wahl ist heutzutage die
Kernspintomografie. Bei älteren Patienten zeigt sich ein ähnliches
Bild beim Morbus Ahlbäck.
Gichtarthropathie: Eine isolierte Gichtarthro-pathie des
Kniegelenkes ist selten. In der Regel findet man bereits eine
typische Anamnese mit auch initialem Befall des
Großzehengrundgelen-kes und den entsprechenden Serumparametern
(Harnsäurespiegel). Typisch für den Gichtbefall des Kniegelenkes
(Gonagra) ist ein meist ausge-prägter Gelenkerguss. Das Punktat ist
milchig-trüb. Die Zellzahl ist bei 10.000 und es finden sich
Harnsäurekristalle.
Chondrokalzinose: Im fortgeschrittenen Alter findet sich häufig
eine Chondrokalzinose (Pseu-dogicht) als Ursache für einen
Gelenkerguss. Der Erguss ist gelb und milchig-trüb. Die Zell-zahl
liegt bei 20.000 oder darüber mit einem hohen Leukozytenanteil,
sodass die differenzial-diagnostische Abklärung zu einem
Gelenkinfekt schwierig ist. Hilfreich können hierzu die Blut-werte
(CRP) sein. Es finden sich im Gelenkerguss
Kalziumpyrophosphatkristalle. Im Röntgenbild finden sich typische
Gelenkknorpel- und Menis-kusverkalkungen.
Im Folgenden werden einige klinisch relevante Erkrankungen
besonders dargestellt.
Osteochondrosis dissecans
Ätiopathogenese
Bei der Osteochondrosis dissecans handelt es sich um eine
aseptische Nekrose, die ausgehend von einer Durchblutungsstörung im
subchon-
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grafie das Verfahren der Wahl. Die MRT ist ebenso für die
Verlaufskontrolle besonders geeignet. Sie ermöglicht zudem die
Beurteilung der Vitalität des Dissektates (Abb. 1). Das Verfahren
eignet sich für die Indikation sowie Wahl und Kontrolle von
konservativen und operativen Maßnahmen. Die noch genauere
Beurteilung erfolgt arthro-skopisch (Abb. 2).
ben. Das Alter des Patienten sollte berücksich-tigt werden, da
die Osteochondrosis dissecans vorwiegend gegen Ende des
Wachstumsalters auftritt.
Klinische UntersuchungBei längerer Anamnese kann eine
Muskelatrophie festgestellt werden. In sehr seltenen Fällen sind
die freien Gelenkkörper z. B. im oberen Recessus tastbar. Aufgrund
der mechanischen Irritation des Kniegelenkes kann es zur Ausbildung
eines Ergusses kommen.
Bildgebende UntersuchungDie Diagnose der Osteochondrosis
dissecans kann im fortgeschrittenen Stadium in der Regel anhand des
Röntgenbefundes gestellt werden. Neben den Standardaufnahmen im
a.-p. und seit-lichen Strahlengang ist zur exakten Bestimmung der
Lokalisation heutzutage die Kernspintomo-
Abb. 1 | Osteochondrosis dissecans im MRT
Abb. 2 | Arthroskopische Befunde einer Osteochondrosis
dissecans
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chirurgische praxis 2017 Band 83 / 2 7
OperativEine operative Behandlung ist bevorzugt im
Ado-leszenten- und Erwachsenenalter einzusetzen. Eine absolute
Indikation stellt die Ablösung des Dissektates sowie die
Instabilität des Dissekta-tes dar.
Möglichkeiten der operativen Refixation sind hierbei:
• Bolzung transkartilaginär mit speziellen re-sorbierbaren
Stiften (z. B. Chondro-Gide®)
• Verschraubung transkartilaginär oder trans-ossär oder Spickung
von der Gelenkfläche aus oder retrograd zum Dissektat mit Drähten,
Drahtstiften und Kompressionsstiften
• Befindet sich das Dissektat im Mausbett und ist die
Gelenkfläche in ihrer Kontinuität er-halten, wird die Sklerosezone
retrograd mit mehreren Bohrungen unter Schonung des Ge-lenkknorpels
perforiert (nach Beck)
• Bei der anterograden Anbohrung nach Pridie soll eine mit dem
Bohrer geförderte Ablösung oder Lockerung des Herdes vermieden
werden
Bei Verlust der Gelenkmaus und tiefgreifendem
Knorpelknochendefekt (viertgradig) kann der De-fekt auch
knorpelchirurgisch (z. B. mit Chondro Filler) behandelt werden
(Abb. 3) [3].
Differenzialdiagnosen; Tab. 5
Therapie
KonservativDie Behandlung der Osteochondrosis dissecans richtet
sich nach dem
• Alter des Patienten und• Stadium sowie der• Ausdehnung des
Herdes.
Bis zum Abschluss des Wachstums ist bei stabi-len Dissektaten
eine konservative Therapie für bis zu 16 Wochen durch:
• Entlastung,• evtl. zusätzliche Immobilisierung und•
antiphlogistische Medikation
indiziert. Eine Konsolidierung sollte bis zum Epiphysenschluss
erzielt werden.
Eine spontane Heilung der aseptischen Nekrose ist bei bis zu 50
% der Fälle mit mittlerem Alter bei Erkrankungsbeginn vor dem 12.
Lebensjahr (bei noch offener Epiphysenfuge) angegeben.
Erkrankung/Stadium Symptome Anmerkungen/Besonderes
Gelenkchondromatose Häufig Blockierungen, Bewegungs- u.
Belastungs-schmerzen, Ergussbildung
Bei Verkalkung und Verknöche-rung, multiple kleine Gelenkkörper
im Röntgenbild, m:w = 5:1
Korbhenkelläsion, Meniskus
Druckschmerz v. a. am medialen Gelenkspalt, Blockierungen
Klinische Untersuchung (funktio-nelle Tests), evtl. MRT,
Arthrosko-pie
Avaskuläre Knochen-nekrosen
Druckdolenz, endgradige Streckbehinderung oder diffuse
Bewegungseinschrän-kungen
V. a. Knaben zwischen dem 7. und 10. Lebensjahr
Tab. 5 | Differenzialdiagnosen der Osteochondrosis dissecans
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2017 Band 83 / 2 chirurgische praxis 8
biomechanischer Faktoren einen entscheidenden Einfluss bei der
Entstehung des Krankheitsbildes. Als biomechanische Ursachen kommen
z. B. die folgenden in Betracht:
• Formfehler der Patella• Stellungsanomalien der Patella•
Formfehler des Gleitlagers durch eine Troch-
leadysplasie (Abb. 4) [4]
Epidemiologie
Die Inzidenz der Erkrankung ist außerordentlich hoch. Eine
altersmäßige Häufung besteht im 2. und 4. Lebensjahrzehnt. Frauen
sind häufiger betroffen als Männer.
Symptomatik
Schmerzen bei Belastungen wie Treppensteigen oder beim
Bergabgehen, zum Teil auch Ruhe-schmerzen, insbesondere nach
längerer Kniebeu-gung (Kino, Flugzeug) treten auf. Kniestreckung
verringert die Beschwerden. Auch ein Nachgeben des Kniegelenkes
beim Gehen (Giving-way-Syn-drom) und störende Reibe- oder
Einklemmungs-phänomene kommen vor [5].
Diagnostik
AnamneseTypischerweise werden Spontanschmerzen im Be-reich der
Kniescheibe angegeben, die sich beim Treppensteigen und besonders
beim Bergabge-hen sowie beim längeren Sitzen mit gebeugten Knien
(Kino, Flugzeug) verstärken. Nicht selten werden ein Nachgeben des
Kniegelenkes beim Gehen (Giving-way-Syndrom), ein störendes Rei-ben
unter der Kniescheibe oder Einklemmungs-erscheinungen
angegeben.
Klinische UntersuchungZur Prüfung eines Ergusses wird
Gelenkflüssigkeit mit Daumen und Mittelfinger aus dem Recessus
suprapatellaris unter die Kniescheibe gepresst, und mit dem
Zeigefinger das Patellaspiel über-
Abb. 3 | Präparation der Defektzone an der Femurkondy-le und
Einbringen von ChondroFiller liquid
Patello-femorales Schmerzyndrom
Ätiopathogenese
Hauptursache ist ein Missverhältnis zwischen Belastung und
Belastbarkeit der femuropatel-laren Gelenkflächen. Größere
Krafteinwirkungen auf das Kniegelenk kommen nicht nur bei Stür-zen,
sondern insbesondere bei lang anhaltenden statischen oder
dynamischen Kniegelenkbelas-tungen vor (z. B. Treppensteigen,
langes Sitzen, Segeln, alpines Skifahren, Gewichtheben und
Krafttraining). Es spielen gleichzeitig eine Reihe
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chirurgische praxis 2017 Band 83 / 2 9
seitlichen Strahlengang gehört bei retropatella-rer Symptomatik
die Patellatangentialaufnahme zur Routinediagnostik (Abb. 6). Mit
ihr ge-lingt die Beurteilung der Patellaform und ihrer Artikulation
im femoralen Gleitlager sowie der Femurkondylen.
prüft. Eine sog. »Tanzende Patella« ist Ausdruck einer
intraartikulären Ergussbildung (Abb. 5). Die Patellamobilität
sollte durch Verschie-bung der Kniescheibe nach lateral und medial
überprüft werden. Anhand des Facetten-Tests können retropatellare
Irritationen aufgedeckt werden. Die Palpation der
Retropatellarfläche erfolgt unter Kippung der Kniescheibe und führt
zur Auslösung von Schmerzsensationen. An-hand des Facetten-Tests
können retropatellare Irritationen aufgedeckt werden. Die Palpation
der Retropatellarfläche erfolgt unter Kippung der Kniescheibe und
führt zur Auslösung von Schmerzsensationen.
Es wird eine Schmerzhaftigkeit beim Beklopfen der Patella in
unterschiedlichen Kniebeugegra-den bewertet, die Aussagekraft
dieser Tests ist jedoch umstritten.
Bildgebende UntersuchungZusätzlich zur Röntgenaufnahme im a.-p.
und
Abb. 4 | Trochleadyplasie in der Einteilung nach Dejour [4]. Die
leichte Form (Grad A) ist durch einen erhaltenen, aber abgeflachten
Sulkuswinkel größer 145° und in der seitlichen Röntgenaufnahme
durch ein sog. »Crossing Sign« gekennzeichnet. Der Grad B zeigt
eine flache oder beginnend konvexe Trochlea und einen
supratrochleären Sporn im Röntgen. Bei den Graden C und D besteht
zusätzlich eine Asymmetrie und zunehmende Hypoplasie der medialen
zur la-teralen Trochleafacette. Beim Grad C besteht eine prominente
Konvexizität der lateralen Femurkondyle, die als Doppel-kontur im
Röntgen zu sehen ist. Beim Grad D zeigt sich neben der Doppelkontur
ein supratrochleärer Sporn. An dieser Stelle bildet die
vergleichsweise kräftige laterale Kondyle gegenüber dem medialen
Anteil eine regelrechte Klippe aus
Abb. 5 | Tanzende Patella bei Gelenkerguss
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2017 Band 83 / 2 chirurgische praxis 10
Ein streng seitliches Röntgenbild mit Überlage-rung der medialen
und lateralen dorsalen Kon-dylen-Kontur erlaubt die Abschätzung des
Sulcus intertubercularis (Abb. 7).
Abb. 6 | Beim auf dem Rücken liegenden Patienten ist das Knie um
45° gebeugt, der Röntgenzentralstrahl trifft das Knie von vorn. Die
Aufnahmen zeigen die Gelenkflä-chen von Patella und Femur
(Patellatangentialaufnahme)
Die Beinganzaufnahme ermöglicht die Darstel-lung der
Beinachse.
Die Kernspintomografie ist besonders für die Beurteilung des
retropatellären Bereiches sowie anhängiger Weichteilstrukturen
geeignet. Der hyaline Knorpel ist direkt darstellbar.
Chondro-malazien lassen sich in unterschiedlichen Gradu-ierungen
gemäß der Knorpeldicke und dem Aus-maß der Läsion einteilen. Ebenso
sind Trochlea und Sulcus direkt darzustellen.
In der CT oder MRT ist die Distanz zwischen Tu-berositas tibia
und Trochlea groove darzustellen (TT-TT Index; Norm 20 mm) [6].
Differenzialdiagnosen; Tab. 6
Abb. 7 | Normale Trochlea (a); Trochleadysplasie mit Crossing
sign (b)
a b
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chirurgische praxis 2017 Band 83 / 2 11
in Kniebeugung, Hockstellungen und sportliche Überlastungen, z.
B. bei Sprungdisziplinen oder beim alpinen Skilaufen sind zu
vermeiden. In akuten Fällen kann eine antiphlogistische Medi-kation
hilfreich sein.
Operativ Erst nach Ausschöpfung aller konservativen
Maß-nahmen kann unter strenger Indikationsstellung eine operative
Therapie indiziert sein.
Besteht ein erhöhter TT-TG-Index, kann die Medi-alversetzung der
Tuberositas tibiae eine Verbes-serung der Patellapositionierung im
Gleitlager bewirken. Bei einem erheblichen Rotationsfehler kann
eine Derotation indiziert sein. Bei einem pathologischem Genu
valgum ist eine varisieren-de Umstellungsosteotomie indiziert.
Bei einer Trochleadysplasie kann eine Trochlea-plastik indiziert
sein [8].
Therapie
KonservativDie Therapie ist zunächst immer konservativ. Wichtig
ist eine krankengymnastische Übungs-therapie mit dem Erlernen eines
selbstständigen Trainingsprogrammes zum Auftrainieren des M. vastus
medialis mit
• Dehnung der ischiokruralen Muskulatur,• physikalische
Maßnahmen in Form von• Iontophorese,• Ultraschall,•
Elektrotherapie,• lokalen Eis- und Wärmeanwendungen und•
Injektionen mit Hyaluronsäure oder PRP [7].
Patellarsehnenbandagen oder Tape-Verbände (insbesondere auch
Kinesiotape) können eben-falls eingesetzt werden. Bei der
Chondropathia patellae sollte auf die hohe Spontanheilungs-tendenz
hingewiesen werden. Längeres Sitzen
Osteochondrosis dissecans Belastungsabhängige Knieschmerzen,
Erguss, Schwel-lungen, rez. Einklemmungen
Bildgebende Untersuchung (MRT)
M. Sinding-Larsen-Johansson Lokaler Belastungsschmerz im Bereich
des distalen Patellapols, druckschmerzhafte Schwellung, Schmerzen
bei Streckung
10- bis 14-jährige Patien-ten, Röntgendiagnostik
Plica mediopatellaris Schnappen bei Bewegung, tastbarer Strang
im Bereich des med. Femurkondylus parapatellar,
Einklemmungserscheinungen
Arthroskopie
Posttraumatische Knieinstabilität
Erguss, Schwellung, Giving-way Anamnese, funktionelle Tests,
bildgebende Dia-gnostik, Punktion
Meniskusläsionen Einklemmungen, Blockierungen, Erguss,
Druckschmerz am Gelenkspalt
Anamnese, funktionelle Tests, bildgebende Dia-gnostik (MRT)
Tab. 6 | Differenzialdiagnosen des patello-femoralen
Schmerzsyndroms
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2017 Band 83 / 2 chirurgische praxis 12
gänge aus dem Gewebeverbund herausgelöst werden, können
schließlich freie Ossikel unter dem Lig. patellae entstehen (Abb.
8) [9].
Symptomatik
In der Regel bestehen ein diskreter Ruheschmerz und ein
verstärkter Belastungsschmerz vor allem beim Treppensteigen und
nach sportlicher Akti-vität (Sprungdisziplinen, Fußball) im Bereich
der Tuberositas tibiae. Eine druckdolente, gerötete Schwellung über
dem Ansatzbereich der Patellar-sehne ist weiterhin typisch.
Diagnostik
AnamneseAlter, Geschlecht des Patienten sowie das Aus-maß seiner
körperlichen Aktivität sollten beach-tet werden.
Klinische UntersuchungDie klinischen Zeichen sind meist auf den
Be-reich der Tuberositas tibiae beschränkt. Hier findet sich vor
allem eine druckdolente, häufig auch gerötete Schwellung. Bei
fortgeschrittenen
Morbus Osgood-Schlatter
Ätiopathogenese
Es liegt eine Osteochondrose der knorpeligen Tuberositas tibiae
vor, die zu einer Ossifikati-onsverzögerung eventuell mit den
Folgen einer Prominenz der Tuberositas oder auch Auslösung von
freien Knochenpartikeln führen kann. Die Ur-sache kann in einem
Ungleichgewicht zwischen Belastung und Belastbarkeit des
Knorpelgewebes gesehen werden. Diese mechanische Überlastung der
Apophyse führt zu Störungen der Ossifikati-on. Bei der
zurückbleibenden Ossifikationsfront kommt es wiederum zur stärkeren
Belastung an der Stelle, wo die Sehnenfasern des Lig. patellae in
das Knorpelgewebe der Apophyse einstrahlen. Bei Verdickung der
Apophyse kann nach erfolgter Ossifikation auch eine Prominenz der
Tuberositas tibiae zurückbleiben. Wenn kleinere Areale der Apophyse
durch osteochondronekrotische Vor-
Abb. 8 | Entzündliche Schwellung und Aufrauhung im Bereich der
Tuberositas tibiae bei einem M. Osgood- Schlatter
Abb. 9 | Beim M. Osgood-Schlatter findet sich häufig eine
entzündliche Schwellung im Bereich der Tuberositas tibiae
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chirurgische praxis 2017 Band 83 / 2 13
den. Während die akute Bursitis durch exsuda-tive Prozesse mit
ödematöser Schwellung der Umgebung gekennzeichnet ist, führt die
Proli-feration bei der chronischen Bursitis zum sog.
Schleimbeutelhygrom mit fibrös-schwieliger Wandverdickung und
zottenförmigen Wuche-rungen (Corpora orozoidea). Schließlich können
der Schleimbeutel sowie das umgebende Gewebe verkalken (Bursitis
calcarea). Bursitiden können traumatisch entstehen oder auf dem
Boden re-zidivierender Irritationen, beispielsweise bei Personen
mit knieenden Berufen (Plattenleger). Am häufigsten befallen sind
die Bursae supra-patellaris, präpatellaris und infrapatellaris
sowie die Bursa anserina [12].
Symptomatik
Schwellung und Druckschmerzhaftigkeit sowie Bewegungsschmerzen
sind häufige Symptome (Abb. 10). Das Ausmaß der Entzündungszei-chen
ist abhängig von der Art der Schleimbeutel-entzündung. Eitrige
Bursitiden sind schmerzhaft und verursachen in der Regel Fieber.
Chronische, abakterielle Bursitiden zeigen meist eine blan-dere
Symptomatik.
Diagnostik
AnamneseWichtig ist die Erfragung der ausgeübten Sport-art (z.
B. Ringen), nach einer beruflich beding-ten chronischen Belastung
(z. B. Fliesenleger) sowie nach einem evtl. Trauma.
Klinische UntersuchungHäufig sind Schwellungen,
Druckschmerzhaftig-keit sowie Bewegungsschmerzen klinische Zei-chen
einer Bursitis im Bereich des Kniegelenkes. Das Ausmaß der
Entzündungssymptome liefert dabei Hinweise auf die Ursache
(traumatisch, eitrig, chronisch).
Bildgebende UntersuchungIm Röntgenbild ist bei
Weichteilaufnahmen im seitlichen Strahlengang die
Weichteilschwellung sichtbar. In seltenen Fällen werden
Verkalkungen
Veränderungen kommt es auch zur Prominenz der Tuberositas.
Typischerweise findet sich eine Schmerzverstärkung bei der
Streckung des Knie-gelenkes gegen Widerstand (Anspannung des
Quadrizeps) (Abb. 9).
Bildgebende UntersuchungRichtungsweisend sind Röntgenaufnahmen
des Kniegelenkes in zwei Ebenen. Besonders auf der seitlichen
Aufnahme zeigen sich im Verlauf zunächst Strukturauflockerungen im
Bereich der Tuberositas, später können auch Fragmen-tationen der
Tibiaapophyse gefunden werden. Sonografisch und
kernspintomografisch sind die Veränderungen auch gut aufzudecken
[10].
Therapie
KonservativDie Behandlung besteht in der Regel in einer
Entlastung des betroffenen Kniegelenkes. Im Frühstadium kann dies
bei Kindern lediglich Schulsportbefreiung, bei fortgeschrittenen
Ver-änderungen jedoch auch die Ruhigstellung im Gipstutor oder
völlige Entlastung an zwei Un-terarmgehstützen bedeuten, bis
Schmerzfreiheit erreicht ist.
OperativEine operative Behandlung ist beim M. Osgood- Schlatter
nur selten indiziert. Zum Ende des Wachstums kann eine
Verschraubung der persis-tierenden Apophyse durchgeführt werden.
Diese Maßnahme ist im Wachstumsalter wegen der großen Gefahr des
frühzeitigen Verschlusses des ventralen Anteils der proximalen
Tibiaepiphyse mit konsekutivem Genu recurvatum kontraindi-ziert.
Die operative Technik ist heutzutage auch bereits endoskopisch
möglich [11].
Bursitiden des Kniegelenkes
Ätiopathogenese
Grundsätzlich werden eine akute und eine chro-nische sowie die
Bursitis calcarea unterschie-
-
2017 Band 83 / 2 chirurgische praxis 14
salen Kapselwand, wobei es durch den erhöhten
Gelenkflüssigkeitsdruck zu Ausstülpungen der Kapselwand kommen
kann. Diese Gelenkaus-sackungen werden häufiger bedingt durch die
Kommunikation der Bursen des M. semimembra-nosus, des medialen M.
gastrocnemius oder des M. popliteus. Häufig ist die Poplitealzyste
Folge einer Kniebinnenraumerkrankung (z. B. rheuma-toide Arthritis,
chronische Meniskusläsion, Knor-pelschäden) mit Kniegelenkserguss
und langan-dauernder Erhöhung des Innendruckes [13].
Epidemiologie
Meist werden die Zysten erst zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr
symptomatisch, sie werden jedoch auch im 1. Lebensjahrzehnt
beobachtet.
Symptomatik
Häufig klagen die Patienten über ein Druckgefühl im Bereich der
Kniekehle mit gelegentlicher Aus-strahlung in die Wade. Die
Beschwerden werden meist beim Versuch einer vollständigen
Beugung
im Bereich des Schleimbeutels gefunden. Bes-ser kommen
Schleimbeutel in der Sonografie der Kernspintomografie zur
Darstellung.
Poplitealzyste
Ätiopathogenese
Bei der Poplitealzyste (Baker-Zyste, Kniekehlen-zyste) handelt
es sich um eine Kniegelenks zyste, die von der dorsalen
Gelenkkapsel oder von kom-munizierenden Schleimbeuteln ausgehen
kann (Abb. 11). Durch einen Ventilmechanismus kann die Zyste häufig
zwar vom Gelenkbinnen-raum her gefüllt, nicht aber entleert werden.
Ursache ist manchmal eine Schwäche der dor-
Abb. 11 | Gestielte Schleimbeutelaussackung zwischen medialem
Gastrocnemiuskopf und M. semimembranosus
Abb. 10 | Schematische Darstellung der Lokalisation der
Schleimbeutel im Kniebereich. Beachte die Schwellung im Bereich der
Bursa praepatellaris
-
chirurgische praxis 2017 Band 83 / 2 15
Bildgebende UntersuchungZum Ausschluss einer evtl. Arthrose oder
eines Knochentumors sollte zunächst eine Röntgenauf-nahme des
Kniegelenkes in zwei Ebenen angefer-tigt werden. Lokalisation und
Größe einer Knie-gelenkszyste lassen sich sonografisch darstellen.
Durch die Arthrografie kann abgeklärt werden, ob die Zyste mit dem
Gelenkbinnenraum kom-muniziert, gleichzeitig ist die Größe der
Zysten-bildung gut beurteilbar. Zur genauen Abklärung der Ursache
können weiterhin MRT und ggf. die Arthroskopie eingesetzt werden
[14].
Differenzialdiagnosen
Fehlt bei klinischem Tastbefund eine Kontrast-mittelfüllung der
Zyste, so muss differenzial-diagnostisch an Ganglien, Lipome,
Synovialome, Neurinome, Neurofibrome, Aneurysmen oder ein
Lymphknotenkonglomerat gedacht werden. Eine Thrombose sollte
ebenfalls ausgeschlossen wer-den.
Tractus iliotibialis-Syndrom
Ätiopathogenese
Der Tractus iliotibialis ist ein breiter, straffer Faserzug, der
die laterale Oberschenkelfaszie verstärkt. Er zieht von der Crista
iliaca über den lateralen Femurcondylus bis zum distal des
Knie-gelenkes gelegenen Tuberkulum Gerdy der Tibia (Abb. 13).
Vorwiegend bei Langstreckenläu-fern verursachen ständige
Reibephänomene des Tractus im Bereich des lateralen Femurcondylus
Beschwerden. Prädisponierend sind varische Beinachsen,
Hyperpronation der Füße sowie das Laufen auf unebenen Oberflächen
[15].
Symptomatik
Der Läufer klagt über stechende Schmerzen ober-halb des
lateralen Kniegelenkspaltes, die auch in das Gebiet des
Tibiaansatzes ausstrahlen kön-nen. Typischerweise treten die
Beschwerden nach
oder Streckung des Kniegelenkes sowie nach Be-lastung
verstärkt.
Diagnostik
AnamneseNeben der Beschreibung der Symptomatik ist die Frage
nach einer evtl. vorbestehenden Kniebin-nenraumerkrankung von
großer Bedeutung.
Klinische UntersuchungNeben Druck- und Spannungsgefühl kann man
häufig im Stehen eine prallelastische Vorwöl-bung in der Kniekehle
palpieren, besonders bei Kniestreckung (Abb. 12). Bei starker
Füllung besteht unter Umständen eine Beugehemmung. Die Untersuchung
des Kniebinnenraumes ist von großer Bedeutung.
Abb. 12 | Palpation der Fossa poplitea zum Nachweis einer
Poplitealzyste
-
2017 Band 83 / 2 chirurgische praxis 16
Abb. 13 | Darstellung des Tractus iliotibialis
(a);Gleitbewegungen des iliotibialen Bandes über dem lateralen
Femurcondylus bei Beugung und Streckung im Kniegelenk (b)
a b
kehrt bei Wiederaufnahme des Laufens jedoch unmittelbar zurück.
Häufig ist das Gebiet über dem lateralen Femurcondylus
druckschmerzhaft.
Durchlaufen einer ganz bestimmten Distanz auf, nehmen dann
kontinuierlich zu, bis die Fortset-zung des Laufens unmöglich wird.
Bei Unterbre-chung des Laufs lässt der Schmerz meist nach,
Abb. 14 | Der Tractus ist einfach zu tasten, wenn das Knie
gestreckt und das Bein hochgehoben werden
Erkrankung Symptome Anmerkungen
Laterale Osteochondrosis dissecans
Belastungsabhängige Knieschmerzen, Erguss, Schwellungen, rez.
Einklem-mungen
Bildgebende Untersuchung (v. a. MRT)
Laterale Meniskusläsion Anamnese, Einklemmungen, Blockie-rungen,
Erguss, Druckschmerz am lateralen Gelenkspalt
Funktionelle Tests, bildge-bende Diagnostik (MRT)
Tab. 7 | Differenzialdiagnosen des Tractus
iliotibialis-Syndrom
-
chirurgische praxis 2017 Band 83 / 2 17
Pes anserinus-Syndrom
Ätiologie und Pathogenese
Als Pes anserinus wird der gemeinsame Ansatz-punkt der drei am
Kniegelenk beugenden und innenrotierenden Mm. semitendinosus,
sartorius und gracilis an der proximalen anteromedialen Tibia
bezeichnet. Zwischen der Aponeurose ih-rer Sehnen und dem medialen
Kollateralband befindet sich die Bursa anserina. Überlastungen
durch rezidivierende Reibephänomene oder di-rekte Traumata können
daher sowohl zu einer Tendinitis, als auch zu einer Bursitis
führen. Übergewichtige weibliche Patienten scheinen besonders
betroffen zu sein [16].
Symptomatik
Häufig bestehen Schmerzen sowie Druckschmerz-haftigkeit
unterhalb des medialen Gelenkspal-tes. Gelegentlich sind tastbare
Krepitationen bei Kniebewegungen vorhanden. Schwellungen sprechen
eher für eine Bursitis anserina als für eine Tendinitis [17].
Diagnostik
AnamneseWegen der typischen Schmerzsymptomatik beim Laufen
sollte nach der Intensität des Lauftrai-nings sowie nach der
bevorzugten Trainingsstre-cke (z. B. Wald oder Stadion) gefragt
werden.
Klinische UntersuchungHäufig findet sich ein Druckschmerz über
dem lateralen Femurcondylus (Abb. 14). Gelegent-lich ist an dieser
Stelle ein Knarren bei Beu-ge- und Streckbewegungen zu palpieren.
Bei der klinischen Untersuchung sollte auf varische Beinachsen
sowie auf Hyperpronationsstellung der Füße geachtet werden. Eine
bildgebende Untersuchung ist v. a. zum Ausschluss von
Dif-ferenzialdiagnosen erforderlich.
Differenzialdiagnosen; Tab. 7
Abb. 15 | Palpation der Sehnen der Mm. sartorius, gracilis und
semitendinosus (a) und ihres gemeinsamen Ansatzes am Pes anserinus
(b)
a b
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2017 Band 83 / 2 chirurgische praxis 18
Popliteussehnentendinose
Ätiopathogenese
Der M. popliteus entspringt am lateralen Femur-condylus und
setzt an der Facies posterior tibiae an. Im Kniegelenk wirkt er als
Beuger sowie als Innenrotator. Mit zumeist durch Überlastung
be-dingten Erkrankungen dieser Sehne muss beson-ders bei Läufern
gerechnet werden, insbesondere beim Laufen auf unebenen
Oberflächen.
Diagnostik
AnamneseDie Frage nach der Intensität des Lauftrainings sowie
nach der bevorzugten Trainingsstrecke (z. B. Wald oder Stadion) mit
Schmerzen auf un-ebenem Grund oder bergab ist wichtig.
Klinische UntersuchungDie Schmerzsymptomatik wird typischerweise
durch Innenrotation sowie durch Beugung des Kniegelenkes gegen
Widerstand verstärkt. Die Druckschmerzhaftigkeit im Bereich des
Seh-
Diagnostik
AnamneseDie Frage nach Art und Intensität der ausgeüb-ten
Sportart (z. B. Laufen) oder Unfällen kann Hinweise auf das
Krankheitsbild liefern.
Klinische UntersuchungDie klinische Unterscheidung zwischen
einer Tendin itis oder einer Bursitis des Pes anserinus ist in der
Regel recht schwierig. Schmerzen unter-halb des medialen
Gelenkspaltes, die durch Knie-beugung und Innenrotation gegen
Widerstand verstärkt werden, sprechen eher für eine Tendi-nitis,
tastbare Schwellungen sprechen eher für das Vorliegen einer
Bursitis. Läsionen des media-len Kollateralbandes und des medialen
Meniskus sollten ebenso ausgeschlossen werden wie das Vorliegen
eines Meniskusganglions (Abb. 15).
Therapie
Neben den sonst üblichen konservativen und balneophysikalischen
Maßnahmen sind bei Be-schwerdepersistenz auch Injektionen mit
Corti-son oder PRP (platelet rich plasma) möglich [18].
Erkrankung Symptome Anmerkungen
Laterale Meniskusläsion Anamnese, Einklemmungen, Blockie-rungen,
Erguss, Druckschmerz am lateralen Gelenkspalt
Funktionelle Tests, bildge-bende Untersuchung (MRT)
Läsion der Sehne des M. bizeps femoris
Schwellung/Hämatombildung am Caput fibulae, lokaler
Druckschmerz, schmerzhafte Kniebeugung
Sonografie, MRT
Meniskusganglion Druckschmerz am Gelenkspalt, prallelastische
Geschwulst in Gelenkspalthöhe
Bildgebende Untersuchung (MRT, evtl. Arthrografie)
Läsion des lateralen Kollateralbandes
Langsam zunehmender Erguss, Druckschmerz ober- bzw. unterhalb
des Gelenkspaltes, Gelenkinstabilität
Aufklappbarkeitsüber-prüfung, bildgebende Untersuchung (v. a.
MRT)
Tab. 8 | Differenzialdiagnosen der Popliteussehnentendinose
-
chirurgische praxis 2017 Band 83 / 2 19
die typischen atraumatisch spontan auftreten-den Beschwerden im
Bereich des Kniegelenkes. Der vorliegende Artikel geht ein auf die
Diffe-renzialdiagnosen in verschiedenen Altersgrup-pen, bei
Monarthriden sowie bei degenerativen Veränderungen. Auf klinisch
besonders relevante Erkrankungen wie Osteochondrosis dissecans,
pattelofemorales Schmerzsyndrom, Popliteal-zyste, M.
Osgood-Schlatter, Tractus iliotibia-lis-Syndrom, Bursitiden, Pes
anserinus-Syndrom und die Popliteustendinose wird besonders
ein-gegangen.
Jerosch J: Reasons for atraumatic knee pain
Summary: The knee joint is in the focus of posttraumatic and
atraumatic complaints of the human body. The reason for this is the
special anatomy and biomechanics of this joint. In the present
article the typical atraumatic diseases of the knee are presented.
The typical differential diagnosis in different age groups, for
monarthritis and degenerative diseases are presented. Some clinical
special entities as osteochondritis dissecans, patelofemoral pain
syndrome, popliteal cyst, M. Osgood-Schlatter, iliotibial band
syndrome, bursitis, pes anserinus syndrome and popliteal tendinosis
are described in detail.
Keywords: knee joint – pain – atraumatic
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Knorpeltherapie. OUP 2016; 9: 515–520.
nenansatzes wird besonders deutlich, wenn die Patienten
aufgefordert werden, das betroffene Bein wie beim Schneidersitz
überzuschlagen, da es bei einer Varisierung der Beinachse zu einer
Überdehnung des betroffenen Gewebes kommt. Die häufigste
Fehldiagnose – eine Läsion des Außenmeniskus – sollte klinisch
ausgeschlossen werden. Eine bildgebende Untersuchung ist in der
Regel nicht erforderlich.
Differenzialdiagnosen; Tab. 8
Fazit für die Praxis
• Spontan auftretende Knieschmerzen zeigen altersabhängig
unterschiedliche Ursachen.
• Bei Kindern und Jugendlichen muss bei Knieschmerzen unbedingt
auch an Erkran-kungen der Hüfte oder des Beckens gedacht
werden.
• Die Anamnese gibt ganz entscheidende Hin-weise für die Ursache
von Kniebeschwerden.
• Die Kernspintomografie ist heutzutage zwar der goldene
Standard bei Beschwerden im Bereich des Kniegelenkes, erlaubt
jedoch nur in Zusammenschau mit der Anamnese und der klinischen
Untersuchung eine richtige Zuord-nung der kernspintomografischen
Befunde.
• Bei Infektverdacht muss unverzüglich eine weitere
Ergussdiagnostik und Blutuntersu-chung (CRP-Wert) angestrebt
werden. Die Ergussdiagnostik muss vor Antibiotikagabe erfolgen.
• Beim patello-femoralen Schmerzsyndrom muss auch an eine
Trochleadysplasie gedacht werden.
• Die Ursache für eine Poplitealzyste ist in der Regel eine
intraartikuläre Pathologie.
Zusammenfassung
Das Kniegelenk steht im Fokus von posttrau-matischen und
atraumatischen Beschwerden im Bereich der Haltungs- und
Bewegungsorgane. Dieses liegt insbesondere an der exponierenden
Anatomie und Biomechanik dieses Gelenkes. Im folgenden Artikel
findet sich eine Übersicht über
-
2017 Band 83 / 2 chirurgische praxis 20
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Interessenkonflikt: Der Autor erklärt, dass bei der Erstellung
des Beitrags keine Interessen-konflikte im Sinne der Empfehlungen
des Inter-national Committee of Medical Journal Editors
bestanden.
Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg JeroschKlinik für Orthopädie,
Unfallchirurgie und SportmedizinJohanna-Etienne-Krankenhaus
Am Hasenberg 4641462 Neuss
[email protected]
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