Kommunaler Finanzreport 2013 - Finanzlage der Kommunen spitzt sich zu
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Kommunaler Finanzreport 2013
Einnahmen, Ausgaben und Verschuldung im Ländervergleich
3
Autoren:
Andreas Burth*(Universität Hamburg, Public Management)andreas.burth@haushaltssteuerung.de
Dr. René Geißler(Bertelsmann Stiftung)rene.geissler@bertelsmann-stiftung.de
Dr. Marc Gnädinger*+
(Hessisches Ministerium der Finanzen)marc.gnaedinger@haushaltssteuerung.de
Prof. Dr. Dennis Hilgers(Johannes Kepler Universität Linz, Public und Nonprofit Management)dennis.hilgers@jku.at
Der Kommunale Finanzreport 2013 ist online verfügbar unter www.kommunaler-finanzreport.de
Kontakt:
Dr. Kirsten WitteDirectorProgramm LebensWerte KommuneBertelsmann StiftungTelefon 05241 81-81030Fax 05241 81-681030E-Mail kirsten.witte@bertelsmann-stiftung.dewww.bertelsmann-stiftung.de
* Andreas Burth und Dr. Marc Gnädinger sind Betreiber des Portals www.HaushaltsSteuerung.de. + Der Autor vertritt im Rahmen dieser Arbeit ausschließlich seine eigenen Ansichten.
Kommunaler Finanzreport 2013
Bertelsmann Stiftung (Hrsg.)
Einnahmen, Ausgaben und Verschuldung im Ländervergleich
4 Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 7
Abkürzungen 9
VerzeichnisderAbbildungen 10
VerzeichnisderTabellen 13
Zusammenfassung 14
Einleitung 17
Methodik 20
Teil I:
Rahmenbedingungen 25
1 Bevölkerung 26
1.1 Bevölkerungsstand 27
1.2 Bevölkerungsdichte 28
1.3 Bevölkerungsentwicklung 29
1.4 Bevölkerungsstruktur 30
1.5 Bevölkerungsvorausberechnung 36
2 GemeindenundGemeindeverbände–GliederungderkommunalenEbene 39
2.1 Gemeindefallzahlen 41
2.2 Gemeindegrößen 43
2.3 Gemeindeverbandsstrukturen 45
2.4 Flächen-undSiedlungsstruktur 46
3 Wirtschaftskraft 48
4 Kommunalisierungsgrad 50
Teil II:
Kommunale Haushaltssituation 53
1 EntwicklungderHaushaltssituation 55
2 EinordnungderkommunalenHaushaltssituation 57
3 HintergründedergegenwärtigenHaushaltsentwicklung 58
4 KommunalhaushalteimLändervergleich 60
4.1 Einnahmen 62
4.2 Ausgaben 65
4.3 BauausgabenimDetail 67
Teil III:
Kommunalsteuern 70
1 EntwicklungdesKommunalsteueraufkommens 71
2 SteueraufkommenimLändervergleich 73
3 Steuermix 74
4 Realsteuerhebesätze 76
4.1 RealsteuerhebesätzeimZeitverlauf 76
5Inhaltsverzeichnis
4.2 HebesätzederGrundsteuerB 77
4.3 HebesätzederGewerbesteuer 80
5 KonsolidierungspotentialebeidenRealsteuern 83
Teil IV:
Personal und Versorgungsempfänger 86
1 Personalausgaben 87
2 AktiveBeschäftigte 89
2.1 BeschäftigteinKernverwaltungundAuslagerungen 90
2.2 BeschäftigtenachAufgabenbereichen 91
2.3 BeschäftigteimLändervergleich 93
3 Versorgungsempfänger 96
3.1 VersorgungsempfängerimLändervergleich 96
3.2 EntwicklungderVersorgungsempfängerfallzahlen 98
4 AltersstrukturvonPersonalundVersorgungsempfängern 100
5 KonsolidierungspotentialebeiPersonalundVersorgung 102
Teil V:
Kommunales Vermögen 107
1 Vermögenserfassung,-bewertungundHarmonisierungsbedarf 109
2 Kommunalfinanzvermögen 110
2.1 Finanzvermögensportfolio 111
2.2 FinanzvermögenbeimnichtöffentlichenBereich 112
2.3 FinanzvermögenbeimöffentlichenBereich 114
2.4 Anteilsrechte 115
2.5 Gesamtfinanzvermögen 116
3 GeldschuldendeckungspotentialdesFinanzvermögens 117
3.1 GeldschuldendeckungspotentialimJahr2010 118
3.2 GeldschuldendeckungspotentialimJahr2011 120
3.3 VeränderungdesGeldschuldendeckungspotentials 122
Teil VI:
Kommunalverschuldung 124
1 StatistischerSchuldenbegriff 126
2 EntwicklungderGeldschulden 129
3 GeldschuldeninKernverwaltungundAuslagerungen 131
4 EinordnungderKommunalverschuldung 134
5 KommunalverschuldungimLändervergleich 135
5.1 SchuldenbeimnichtöffentlichenBereich 136
5.2 Kassenkreditwachstum 138
5.3 SchuldenbeimöffentlichenBereich 140
5.4 KreditähnlicheRechtsgeschäfte 142
6 Geldschuldenbegrenzungsregelungen 143
6.1 GesetzlicheKassenkreditschuldenbremsen 144
6 Inhaltsverzeichnis
6.2 GesetzlicheInvestitionskreditschuldenbremsen 146
6.3 GeldschuldenbremsenauskommunalerEigeninitiative 148
7 KommunaleSchuldenillusion 150
8 DemokratiefeindlichkeitkommunalerVerschuldungsregime 153
Teil VII:
Doppische Kommunalschuldenbremse 156
1 EtablierungdesneuenHaushaltsrechts 158
2 VerknüpfungvonSchuldenundGenerationengerechtigkeit 160
3 DoppischerHaushaltsausgleich 162
3.1 HaushaltsausgleichalsKonkretisierung
desGenerationengerechtigkeitsgrundsatzes 163
3.2 HaushaltsausgleichalsflexibleSchuldenbremse 165
4 ModelleinerdoppischenKommunalschuldenbremse 166
4.1 FunktionslogikeinerdoppischenSchuldenbremse 167
4.2 GenerationenbeitragalsUltimaRatio 169
4.3 FunktionierendeKonnexitätsregelnalsVoraussetzung 172
4.4 Übergangslösung 173
4.5 AntizyklischerAusgleich 176
5 WirkungenundAnreizeeinerdoppischenKommunalschuldenbremse 178
Literatur-undQuellenverzeichnis 184
Glossar 196
Anhang 210
7Vorwort
Vorwort
DasAusmaßöffentlicherVerschuldungunddiedarausresultierendenGefahrensindindenver-
gangenenJahrenstetigstärkerindasBlickfeldderÖffentlichkeitgerückt.DieschlechteHaushalts-
lagederKommunenistjedochkeineneueErkenntnis–sieruftseitlangemBesorgnishervor.Auf
derkommunalenEbenegiltdasBandzwischenBürgern,VerwaltungundPolitikalsbesonders
fest.DiekommunalenNötewerdenfürdieBürgeramehestenspürbar:seies,daEinrichtungen
wieTheater,BibliothekenundSchwimmbäderzurDispositionstehenoderdassnichtgenügend
MittelzurVerfügungstehen,neueAufgabenanzugehen.
Die Bertelsmann Stiftung tritt für starke Kommunen ein. Kommunale Selbstverwaltung ist ein
GrundpfeilervonStaatundGesellschaft.SiebedarfjedochHandlungsspielräumen,diesauchin
finanziellerWeise.NurdannkönnendieKommunendenErwartungen,dieansiegestelltwerden,
gerechtwerdenundgesellschaftlichenHerausforderungenbegegnen.Jenewiederumsindvielfäl-
tig,denkenwirz.B.andenAusbauderKita-Betreuung.
Diese finanzielleStabilität ist invielenKommunenDeutschlands–nicht inallen–seit Jahren
nichtmehrgegeben.DerGrundsatzderGenerationengerechtigkeit,nachdemjedeGenerationdie
Ressourcenaufbringt,diesieverbraucht,unddenHaushaltdauerhaftausgleicht,istverletzt.Die
Finanz- und Wirtschaftskrise traf auf Haushalte, die vielerorts bereits überfordert waren, und
wirkteindiesemSinnealsTrendverstärker.MutigeSchrittezurWiederherstellungundSicherung
dieserGenerationengerechtigkeitsindnotwendig.EinigedavonmüssenaufderEbenevonBund
undLändernkoordiniertbearbeitetwerden,anderebefindensichinderHoheitderLänderallein,
weitereinderVerantwortungjedereinzelnenKommune.JahrestrengerHaushaltsdisziplinwer-
denunsweiterbegleiten.
MitdemKommunalenFinanz-undSchuldenreportDeutschland2008undweiterenländerspezi-
fischenFinanzberichtenhatdieBertelsmannStiftungunterderwissenschaftlichenLeitungvon
Prof.Dr.MartinJunkernheinricheinKommunalfinanzberichtswesenaufgebaut.DerFokusunddie
BesonderheitdesBerichtswesensliegenzumeineninderIntegrationderausdenKernhaushalten
ausgegliedertenEinheiten,diegeradeimkommunalenBereicheinebedeutendeRollefürdiefis-
kalischeSituationspielen, zumanderen imVergleichderBundesländer.Ergänztwerdendiese
BerichtedurchDatenfüralleGemeindenab5.000Einwohnernundzuüber200Indikatorenim
Internetportalwww.wegweiser-kommune.de.
DenBerichtenunddemInternetportalistgemein,dasssieTransparenzüberdieFinanzsituation
derkommunalenFamilieschaffenwollen.EinederartigeumfassendeKlarheitistVoraussetzung
füreinenfaktenbasiertenDialogzuheutigenwieauchkünftigenkommunalenAufgaben.Ohne
denlangfristigenErhaltderfinanziellenSoliditätistdashoheGutderkommunalenSelbstverant-
wortungnichtzugewährleisten.
NachnunmehrfünfJahrenlegtdieBertelsmannStiftunginZusammenarbeitmitWissenschaft
undVerwaltungeinenneuenländerübergreifendenkommunalenFinanzreportvor.Ergreiftneue
ThemenaufundberücksichtigterstmalsdieÄnderungenausderdoppischenHaushaltsreform;
8 Vorwort
sein Anspruch ist es, die Transparenz der Haushaltslagen zu verbessern, Vergleichbarkeit zu
ermöglichenunddazuanzuregen,sichintensivermitderThematikzubefassen.Mitdemvorlie-
gendenBerichtliegteineAnalysevor,diedieGrenzendesstatistischundmethodischMachbaren
ausschöpft.
Gütersloh,August2013
Dr.KirstenWitte
9Abkürzungen
Abkürzungen
Abb. Abbildung
Abs. Absatz
AG Aktiengesellschaft
AHK Anschaffungs-undHerstellungskosten
BGBl. Bundesgesetzblatt
BIP Bruttoinlandsprodukt
BMF BundesministeriumderFinanzen
d.h. dasheißt
ESVG EuropäischesSystemVolkswirtschaftlicherGesamtrechnungen
FAG Finanzausgleichsgesetz
FEU ÖffentlicheFonds,EinrichtungenundUnternehmen
FL Flächenländer
ggf. gegebenenfalls
GmbH GesellschaftmitbeschränkterHaftung
GV Gemeindeverband
HSK Haushaltssicherungskonzept
i.H.v. inHöhevon
IMK Innenministerkonferenz
KFA KommunalerFinanzausgleich
Kita Kindertagesstätten
km2 Quadratkilometer
m2 Quadratmeter
Mio. Million
Mrd. Milliarde
Nr. Nummer
ÖPNV ÖffentlicherPersonennahverkehr
SGB Sozialgesetzbuch
Tab. Tabelle
u.a. unteranderem
u.v.a.m. undvielesanderemehr
VZÄ Vollzeitäquivalente
z.B. zumBeispiel
ZV Zweckverband
10 Verzeichnis der Abbildungen
Verzeichnis der Abbildungen
Abbildung1: AufbaudesKommunalenFinanzreports2013 19
Abbildung2: WichtigeBeeinflussungsfaktorenvonFinanzkennzahlen 22
Abbildung3: BevölkerungderFlächenländerzum31.12.2010 27
Abbildung4: BevölkerungsdichtederFlächenländer 29
Abbildung5: BevölkerungderFlächenländernachAltersgruppenanteilen
zum31.12.2010 34
Abbildung6: EntwicklungderBevölkerungszahlvon2009auf2030 37
Abbildung7: BevölkerungsentwicklungnachAltersgruppen 38
Abbildung8: OrganisationderkommunalenEbeneindenFlächenländern 40
Abbildung9: GemeindefallzahlenderFlächenländerimJahr2011inderSortierung
nachKommunaltypenund-größenklassen 42
Abbildung10: DurchschnittsgemeindegrößenimJahr2011 44
Abbildung11: ZusammenhangvonBruttoinlandsproduktundKommunal-
finanzsituation 48
Abbildung12: BruttoinlandsproduktderJahre2008bis2011 49
Abbildung13: EntwicklungdesKommunalenFinanzierungssaldosindenJahren
2007bis2011 56
Abbildung14: FinanzierungssaldovonBund,LändernundKommunen
(ohneZweckverbände)inklusivederFEUsdesStaatssektors 58
Abbildung15: KommunaleFinanzierungssalden(GemeindenundGemeindeverbände
inklusiveExtrahaushalte)imJahr2011 61
Abbildung16: BauausgabenderGemeindenundGemeindeverbände(inklusiveExtra-
haushalte)imJahr2011nachAufgabenbereichen 68
Abbildung17: EntwicklungwesentlicherKommunalsteuereinnahmenderFlächen-
länderimZeitraum2007bis2011 72
Abbildung18: Kommunalsteuereinnahmen(netto)derFlächenländerimJahr2011 73
Abbildung19: BedeutungeinzelnerSteuerartenimKommunalsteuermixdes
Jahres2011 75
Abbildung20: VeränderungderdurchschnittlichenRealsteuerhebesätzeder
KommunenderFlächenländerindenJahren2007bis2011 77
Abbildung21: GewogeneDurchschnittshebesätzebeiderGrundsteuerBimJahr2011 78
Abbildung22: GewogeneDurchschnittshebesätzebeiderGewerbesteuerimJahr2011 81
Abbildung23: KommunaleBeschäftigtedesöffentlichenBereichesnachAufgaben-
bereichen(einschließlichmittelbarerundgemischterBeteiligungen
am30.6.2011) 92
Abbildung24: KommunaleVersorgungsempfängerje100.000Einwohneram1.1.2011 97
Abbildung25: FallzahlveränderungkommunalerVersorgungsempfängerderJahre
2000bis2011in1.000Empfänger 99
Abbildung26: AktivekommunaleBeamteundArbeitnehmerinderAbgrenzungdes
öffentlichenDienstessowieRuhegehaltsempfängernachAltersgruppen 102
Abbildung27: KommunalesFinanzvermögen(KernhaushalteinklusiveFEUsdes
Staatssektors)am31.12.2010 111
11Verzeichnis der Abbildungen
Abbildung28: KommunalesFinanzvermögen(KernhaushalteinklusiveFEUsdes
Staatssektors)am31.12.2010beimnichtöffentlichenBereich 112
Abbildung29: KommunalesFinanzvermögen(KernhaushalteinklusiveFEUs
desStaatssektors)am31.12.2010beimnichtöffentlichenBereichin
derSortierungnachderVerfügbarkeit 114
Abbildung30: KommunalesFinanzvermögen(KernhaushalteinklusiveFEUs
desStaatssektors)am31.12.2010beimöffentlichenBereich 115
Abbildung31: KommunaleAnteilsrechte(KernhaushalteinklusiveFEUsdes
Staatssektors)am31.12.2010 116
Abbildung32: KommunalesGesamtfinanzvermögen(KernhaushalteinklusiveFEUs
desStaatssektors)am31.12.2010 117
Abbildung33: GegenüberstellungvonFinanzvermögenundSchuldenstandder
GemeindenundGemeindeverbändebeimnichtöffentlichenBereich
(jeweilsKernhaushalteinklusiveFEUsdesStaatssektors)am31.12.2010 119
Abbildung34: GegenüberstellungvonFinanzvermögenundSchuldenstandder
GemeindenundGemeindeverbändebeimnichtöffentlichenBereich
(jeweilsKernhaushalteinklusiveFEUsdesStaatssektors)am31.12.2011 121
Abbildung35: RelationvonFinanzvermögenundSchuldenstandderGemeindenund
GemeindeverbändebeimnichtöffentlichenBereich(jeweilsKernhaushalte
inklusiveFEUsdesStaatssektors) 122
Abbildung36: DoppischerGesamtschuldenbegriff 125
Abbildung37: GesamtbilanzderStadtDortmundzum31.12.2010 127
Abbildung38: SchalenkonzeptzurErfassungderStaatsverschuldungimRahmen
derSchuldenstatistik 128
Abbildung39: GeldschuldenentwicklunginderAbgrenzungnachdemöffentlichen
Gesamthaushalt(KernhaushalteundExtrahaushalte)indenJahren
2007bis2011 130
Abbildung40: KommunaleGesamtverschuldung(Schuldenbeimöffentlichenund
nichtöffentlichenBereich;ohnekreditähnlicheRechtsgeschäfte
undBürgschaften)imFlächenländervergleich 131
Abbildung41: AufteilungderkommunalenGesamtverschuldungEndedesJahres2011
(SchuldenbeimöffentlichenundnichtöffentlichenBereich;ohne
kreditähnlicheRechtsgeschäfteundBürgschaften)aufKernhaushalt
undAuslagerungenimFlächenländervergleich 132
Abbildung42: Gesamtverschuldung(Schuldenbeimöffentlichenundnichtöffentlichen
Bereich;ohnekreditähnlicheRechtsgeschäfteundBürgschaften)
vonBund,LändernundKommunenEndedesJahres2011 134
Abbildung43: DeterminantenfürkommunaleHaushaltsergebnisse 135
Abbildung44: SchuldenderKommunen(KernhaushalteeinschließlichExtrahaushalte)
derFlächenländerbeimnichtöffentlichenBereichzum31.12.2011 136
Abbildung45: SchuldenderkommunalensonstigenFEUsbeimnichtöffentlichen
Bereichzum31.12.2011 138
Abbildung46: KassenkreditederKommunen(KernhaushalteeinschließlichExtrahaus-
halte)derFlächenländerbeimnichtöffentlichenBereichimVergleich
derJahre2010und2011 140
12 Verzeichnis der Abbildungen
Abbildung47: SchuldenderKommunen(KernhaushalteeinschließlichExtrahaushalte)
derFlächenländerbeimöffentlichenBereichzum31.12.2011 141
Abbildung48: SchuldenderkommunalensonstigenFEUsbeimöffentlichenBereich
zum31.12.2011 142
Abbildung49: KreditähnlicheRechtsgeschäftederKommunen(Kernhaushalte
einschließlichExtrahaushalte)derFlächenländerzum31.12.2011 143
Abbildung50: GegenüberstellungvonKommunalschuldenundZinsausgaben
derKernhaushaltederKommunenderFlächenländer 151
Abbildung51: FolgenkommunalerVerschuldung 154
Abbildung52: ZusammenhangzwischenSchuldenundHaushaltsausgleich 161
Abbildung53: FunktionslogikderdoppischenKommunalschuldenbremse
einschließlichGenerationenbeitrag 167
Abbildung54: EinordnungderdoppischenSchuldenbremseindenHaushaltskreislauf 168
Abbildung55: KomponentenderdoppischenKommunalschuldenbremse 172
Abbildung56: DefizitabbaupfadeimRahmeneinerÜbergangslösung 174
Abbildung57: EntscheidungsparameterbeiderFestlegungdesDefizitabbaupfades 176
Abbildung58: SchalenkonzeptderFinanz-undPersonalstandstatistik 206
Abbildung59: AnteileinzelnerPolitikbereicheandenBauausgabenderGemeinden
undGemeindeverbände(inklusiveExtrahaushalte)imJahr2011 210
13Verzeichnis der Tabellen
Verzeichnis der Tabellen
Tabelle1: BevölkerungsentwicklungindenJahren2000bis2010inden
Flächenländern 30
Tabelle2: StrukturkennzahlenzurBevölkerungderFlächenländerimJahr2010 31
Tabelle3: AnteilderKinderinKindertagesbetreuunganallenKinderndieser
Altersgruppe(Betreuungsquote)am1.3.2012 33
Tabelle4: GemeindefallzahlenimJahr2011 43
Tabelle5: Einwohnerschwächsteund-stärksteStädte/GemeindenderFlächenländer
imJahr2011 44
Tabelle6: FallzahlderGemeindeverbändeimJahr2010 45
Tabelle7: NutzungderBodenflächeindenFlächenländernzum31.12.2010 47
Tabelle8: KommunalisierungsgraddesJahres2009 51
Tabelle9: BerechnungundAussagederFinanzkennzahlordentlichesErgebnis
(doppischeLogik) 54
Tabelle10: VeränderungwesentlicherEinnahme-undAusgabepositionender
GemeindenundGemeindeverbände(inklusiveExtrahaushalte)
zwischendenJahren2010und2011 59
Tabelle11: EinnahmenderGemeindenundGemeindeverbändeinklusive
derFEUsdesStaatssektorsimJahr2011 63
Tabelle12: AusgabenderGemeindenundGemeindeverbändeinklusive
derFEUsdesStaatssektorsimJahr2011 66
Tabelle13: Tiefst-undHöchstwertebeimHebesatzderGrundsteuerBimJahr2011 79
Tabelle14: Tiefst-undHöchstwertebeimHebesatzderGewerbesteuerimJahr2011 82
Tabelle15: FiktivestatischeBerechnungdesKonsolidierungspotentialseiner
MusterstadtinNordrhein-WestfalenbeiAnhebungderRealsteuerhebe-
sätzeaufdienordrhein-westfälischenoderdeutschenHöchsthebesätze 84
Tabelle16: PersonalausgabenderGemeindenundGemeindeverbändeinklusive
derFEUsdesStaatssektorsimJahr2011 88
Tabelle17: BeschäftigteimkommunalenBereicheinschließlichmittelbarerund
gemischterBeteiligungenam30.6.2011 90
Tabelle18: KommunaleVollzeitäquivalentedesPersonalsdesöffentlichenDienstes
am30.6.2011 94
Tabelle19: HaushaltsreformenaufkommunalerEbeneinDeutschland 159
Tabelle20: GeltendeHaushaltsausgleichsregelungenfürdoppischrechnende
KommunenderFlächenländer 164
Tabelle21: VisualisierungderEffekteeinerGrundsteueranpassung 170
Tabelle22: VeränderungderdurchschnittlichenRealsteuerhebesätzederKommunen
(inklusiveStadtstaaten)indenJahren1999bis2011 211
Tabelle23: Kommunalbeschäftigteeinschließlichmittelbarerundgemischter
Beteiligungenam30.6.2011nachAufgabenbereichundOrt
derAufgabenerledigung 211
Tabelle24: ZinsausgabenderKernhaushaltederGemeindenundGemeindever-
bändederFlächenländerseitderWiedervereinigungbiszumJahr2009 212
14 Zusammenfassung
Zusammenfassung
Schere zwischen konsolidierungsbedürftigen und gut situierten Kommunen öffnet sich
WährendineinzelnenLändernimJahr2011bereitswiederkommunaleÜberschüsseerzieltwer-
den,fallenandernortsweitereDefizitean.DieSchereinnerhalbderkommunalenFamilieöffnet
sichweiter.DieHöhederkommunalenDefizitedrohtineinzelnenLänderninKombinationmit
VorjahresdefizitenzumMotor ihrereigenenEntwicklungzuwerden.AnderSpitzedieserEnt-
wicklung stehen das Saarland, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Mit der Finanzkrise
zeichnetsichmitHesseneinweiteresLandab,dasohnezusätzlicheKonsolidierungsanstrengun-
gendasseitJahrenbekannte„Krisentrio“zueinem„Krisenquartett“erweiternkönnte.
Neue Länder trotzen der Finanzkrise
IndenvonderFinanzkrisestarkgeprägtenJahren2009und2010istesdenKommuneninden
neuenBundesländernbessergelungen,Defizitezuvermeiden.WährenddieRückkehrzuÜber-
schüssenindenwirtschaftsstarkenundtraditionellfüreinevergleichsweiseguteFinanzsituation
bekanntenLändernBaden-WürttembergundBayernimJahr2011wenigerüberrascht,istinsbe-
sonderederBlickaufSachsen,Sachsen-AnhaltundMecklenburg-Vorpommerninteressant.Diese
dreiLänderhabenesgeschafft,dieFinanz-undWirtschaftskriseohnekommunaleDefizitezu
überstehen.ImJahr2011erreichensieebenfallsÜberschüsse.DieHaushaltslagederKommunen
derneuenBundesländerstehtjedochmittelfristigvorgroßenHerausforderungenimZugedesaus-
laufendenSolidarpaktsIIundderdemographischenEntwicklung.
Ungenutzte Steuerpotentiale verschärfen Defizite
NebenderWirtschaftsentwicklungsindbeiderfürdieSummederKommunenquantitativwich-
tigstenKommunalsteuer,derGewerbesteuer,dieHebesätzeentscheidend.Dasgiltinnochstärke-
remUmfangfürdieGrundsteuer,derenHebesätzeebenfallsdurchdieKommunalpolitikvorOrt
festgesetzt werden können. Zwar liegt der Durchschnittshebesatz der konjunkturunsensiblen
GrundsteuerBmittlerweileüberdemderGewerbesteuer.TrotzdemistgeradeandieserStelleauf-
fällig, dass bei den Realsteuern noch längst nicht die verfügbaren Konsolidierungspotentiale
genutztwerden.AufAnpassungenwirdbislangvielerortszuGunstenderVerschuldungundzu
LastennochstärkererAnpassungeninderZukunftverzichtet.
Natürliche Fluktuation muss zur Anpassung der Verwaltung genutzt werden
AufderAusgabeseite istbeidenquantitativbedeutsamenPersonalausgabenzwangsläufigmit
einemAnstiegderVersorgungslastenzu rechnen. InAnbetrachtderübrigenundwachsenden
Ausgabenkategorien(z.B.Soziales,Kita)scheinenKonsolidierungsmaßnahmenandieserStelle
langfristigunvermeidlich,umdiePersonalausgabeninderSummenichtüberproportionalanwach-
senzulassen.DerLändervergleichliefertHinweise,dassAufgabenmitunterschiedlichemPerso-
naleinsatzerbrachtwerden.DassetztdieBereitschaftvoraus,AbstricheimBündelderLeistungen
15Zusammenfassung
und deren Standards hinzunehmen. Die anstehende große Verrentungswelle im kommunalen
Bereichlässteszu,PersonalmittelfristigundsozialverträglichübernatürlicheFluktuationabzu-
bauenunddamitPersonalausgabenzusenken.UmdasohnezusätzlicheArbeitsverdichtungenzu
gewährleisten,müssenallerdingsAufgabenzurückgefahrenoderüberdenAusbauvonKooperati-
onenandersorganisiertwerden.
Finanzvermögen reicht fast nirgendwo zur Geldschuldendeckung
AufjedenEinwohnerentfälltEndedesJahres2010imFlächenländerdurchschnitteinKommunal-
finanzvermögenvon2.071Euro.IndieserZahlsinddieFinanzvermögenderöffentlichenFonds,
EinrichtungenundUnternehmen(FEUs)desStaatssektorsbereitsberücksichtigt.Werdenaller-
dings Anteilsrechte und das Finanzvermögen beim öffentlichen Bereich in Abzug gebracht,
schrumpftderWertaufnur726EuroproKopf.DabeiistdieSpannweiteinnerhalbderkommuna-
lenFamiliebeachtlich.InNiedersachsenundimKommunalfinanzkrisenlandSaarlanderreichen
dieWertedesJahres2010proEinwohnernichteinmaldieHälftedesNiveausderLänderBaden-
Württemberg,BayernunddesSpitzenreitersHessen.
InsgesamthabenimJahr2010lediglichdiebaden-württembergischenKommuneninihremDurch-
schnitt ein Finanzvermögen beim nicht öffentlichen Bereich, welches die Schulden beim nicht
öffentlichenBereichübertrifft.InallenanderenLändernsindbeidiesemBereichdieSchuldengrö-
ßeralsdasFinanzvermögen.DieseSituationändertsichauchimJahr2011nicht.Zwar istdas
Finanzvermögengewachsen,dieZunahmetrifftaberauchfürdieSchuldenzu.Amdramatischs-
tenistdasVerhältniszwischenFinanzvermögenundSchuldenimSaarland.HieristdasFinanz-
vermögenbeimnichtöffentlichenBereichbereitsimJahr2010mehralssechsMalkleineralsdie
korrespondierendeSchuldenposition.ImJahr2011spitztsichdieLagedeskleinstenFlächenlan-
desdramatischzu.DieSchuldenbeimnichtöffentlichenBereichübertreffendasFinanzvermögen
bereitsummehralsdasNeunfache.
Kassenkreditgetriebene Verschuldung wächst weiter deutlich an
DieKommunalverschuldunginDeutschlandhatsichindenvergangenenfünfJahrenstetigerhöht.
InderSummeerreichtderStanddergesamtenstatistischerfassbarenkommunalenGeldschulden
beimöffentlichenundnichtöffentlichenBereichEnde2011einenWertvon4.044EurojeEinwoh-
ner.Insgesamtlediglich41ProzenthiervonentfallenaufdieKernhaushalte,59Prozentdagegen
aufdieAuslagerungen(ExtrahaushalteundsonstigeFEUs).DieniedrigstenPro-Kopf-Schulden-
ständefindensichinBayern,SachsenundSchleswig-Holstein.DiehöchstenWerteweisenHessen,
Nordrhein-Westfalen,Rheinland-PfalzunddasSaarlandaus.
DiebesondersproblematischenKassenkreditehaben imZeitraum2007bis2011amstärksten
zugenommen.DiehöchstePro-Kopf-KassenkreditverschuldungfindetsichwiederuminHessen,
Nordrhein-Westfalen,Rheinland-PfalzunddemSaarland.EineUrsachefürdiezunehmendbedroh-
lichenKassenkreditbestände liegtu.a. inzuweichenBegrenzungsregelungen imkommunalen
Haushaltsrechtbzw.nichteffektiverKommunalaufsichteinzelnerLänder.Grundsätzlichzubeach-
tenist,dassbislanglediglichGeldschulden/Verbindlichkeitenstatistischberichtetwerden.Dieim
16 Zusammenfassung
neuendoppischenHaushaltsrecht erfasstenRückstellungen (z.B. fürPensionen)bleibendamit
noch unberücksichtigt. Die statistisch ausgewiesene Kommunalverschuldung ist folglich noch
immerdeutlichuntererfasst.
Doppische Schuldenbremse kann Kommunalfinanzen nachhaltig konsolidieren
DiekritischeVerschuldungssituationinvielenKommunenverdeutlichtdieNotwendigkeitderEta-
blierungeinerneuen,denGrundsatzderGenerationengerechtigkeitsicherstellendenKommunal-
schuldenbremse.DievielerortsvollzogeneUmstellungvonderKameralistikaufdiekommunale
Doppikermöglichtes,einederartigeSchuldenbremsezukonstruieren.
ImKernbestehtdasKonzeptderdoppischenKommunalschuldenbremseausdreiHauptkompo-
nenten:erstensdemdoppischenHaushalts-undRechnungswesenalsDatengrundlage,zweitens
derPflichtzumHaushaltsausgleich imordentlichenErgebnisunddrittensderErhebungeines
sogenannten Generationenbeitrages für den Fall, dass die Haushaltsausgleichspflicht verletzt
wird.DieausdemGenerationenbeitraghervorgehendeAnreizwirkungaufpolitischeAkteureist
geeignet,infinanziellerHinsichteinWirtschaftenaufKostenkünftigerGenerationenzuunterbin-
denunddieKommunalfinanzsituationlangfristigaufsolideBeinezustellen.EineVoraussetzung
fürdasKonzeptbestehtinfunktionierendenKonnexitätsregeln.
17Einleitung
Einleitung
FinanzielleRessourcensindderzentraleAusgangspunktfürdieErbringungkommunalerLeistun-
gen.KurzfristigkönnenUngleichgewichtevonErträgenundAufwendungenhingenommenwer-
den,langfristigführensiezurAushöhlungkommunalerSelbstverwaltung.DieRahmenbedingun-
gen fürdauerhaft ausgeglicheneKommunalhaushalteunterscheidensich indes starkzwischen
denBundesländern.DasNebeneinandervonwachsendenundschrumpfendenRegionen,histo-
risch gewachsene organisatorische Gliederungsunterschiede der kommunalen Gebietskörper-
schaften,heterogeneAufgabenverteilungenzwischendeneinzelnenLändernundderkommuna-
lenFamilieu.v.a.m.erforderneinedifferenzierteBetrachtung.ZahlreicheEinflüssedeterminieren
alsexogeneGrößendieErtragsmöglichkeitenundNotwendigkeiten fürAufwendungen,andere
Gegebenheitensindzumindestmittel-bislangfristigbeeinflussbar.Daherstehenindervorliegen-
denArbeitzunächstdiekommunalenRahmenbedingungenimMittelpunkt(TeilI).
UnabhängigvondengegebenenkommunalenStrukturenundsozioökonomischenGegebenheiten
bleibtesstetsAufgabederPolitik,alsoderMandats-undVerantwortungsträger1derverschiede-
nenEbenenimDialogmitdenEinwohnern,aufBasisdesStatusquodielangfristigekommunale
Aufgabenerledigungsicherzustellen.DazugehörtderErhaltderfinanziellenLeistungsfähigkeit.
AufBasisderaktuellenstatistischenErhebungenkönnenallerdingskeinevollständigenAussagen
zumRessourcenverbrauchund-aufkommenineinzelnenHaushalts-undRechnungsjahrengetrof-
fenwerden.ZwarstellteinGroßteilderKommunendasHaushalts-undRechnungswesenvonder
traditionellenKameralistikaufdieressourcenverbrauchsorientierteDoppikum;jedochbasieren
gängigeStatistikennochimmeraufderKameralistik,sodassdieStatistikGrößenwiekommunale
Abschreibungen,Rückstellungenetc.nichtabbildet.Dennochkönnenmittelsderverfügbarensta-
tistischenInformationenAussagenzuraktuellenEntwicklungderFinanzsituationderKommunen
getroffenwerden.ImvorliegendenFinanzreportwirddieEntwicklungderFinanzsituationimZeit-
raum2007bis2011betrachtet,womitkonjunkturellgutewieauchschlechteJahreerfasstsind.
DabeiwirddieBetrachtungkonsequentüberdiereinenKernhaushaltehinausaufdieöffentlichen
Fonds,EinrichtungenundUnternehmen(FEUs)erweitert,weildieseimkommunalenRaumeine
hoheRelevanzfürdiefinanzielleLeistungsfähigkeitbesitzen(TeilII).GleichzeitigerfolgteinBlick
aufdieStaatsebene.Erzeigt,dassdieStaatshaushalteebenfallsdurchDefizitegeprägtsind.Inso-
fern werden die Kommunen die notwendige Konsolidierung in den anstehenden Nachfinanz-
krisenjahrenmaßgeblichauseigenerKrafterbringenmüssen.2
ObgleichsichimJahr2011dieKommunalfinanzsituationimVergleichzudenfinanzkrisengepräg-
tenJahren2009und2010wiederverbesserthat,entlastetdaszahlreicheKommunennichtvon
demErforderniszutiefgreifendenundüberdasbisherigeMaßhinausgehendenKonsolidierungs-
bemühungen–mancherortswurdenbereitsvorderFinanzkriseDefiziterealisiert.DiezurKonso-
lidierungeingesetztenInstrumentewerdensichaufgrundderunterschiedlichenAusgangsbedin-
gungenjeweilsinderDosierungunterscheiden.Gewissistallerdings,dasssieaufderErtrags-und
1 Sofern in dem vorliegenden Finanzreport Mandatsträger, Beamte, Angestellte, Bürger etc. benannt werden, so sind hiermitgleichermaßenmännlicheundweiblichePersonenangesprochen.AufdiemaskulineFormistlediglichausGründenderbesserenLesbarkeitzurückgegriffenworden.
2 DerkommunaleWunschnachfinanziellerEntlastungdurchdenBundbleibtbestehenundistinTeilenbereitsbeschlossen.
18 Einleitung
aufderAufwandsseiteansetzenmüssen,wenndiefinanzielleLeistungsfähigkeiterfolgreichwie-
derhergestelltwerdensoll.UmKonsolidierungserfordernissenicht lediglichanzusprechen,son-
dern konkret zu benennen, analysiert die Arbeit bedeutende Ertrags- und Aufwandsarten auf
ihren potentiellen Beitrag im Rahmen von Konsolidierungsprozessen hin; hierbei werden die
jüngstenverfügbarenstatistischen Informationenausgewertet.FürdieErtragsseiteerfolgteine
UntersuchungderKommunalsteuererträge(TeilIII).DasHauptaugenmerkliegthierbeiaufden
vondenGemeindenaufgrundihresHebesatzrechtsbeeinflussbarenRealsteuern.Stellvertretend
fürKonsolidierungspotentialeaufderAufwandsseitewirdderquantitativbedeutendePersonal-
undVersorgungsbereichbeleuchtet(TeilIV).Betrachtetwirdhierbeiu.a.dieFrage,inwiefernmit-
tel-bislangfristigeineverrentungsbedingteFluktuationanMitarbeiternzuKonsolidierungszwe-
ckengenutztwerdenkann.DieUntersuchungderErtrags-undAufwandsseitestelltimVergleich
zufrüherenFinanzreporteneinenneuenAnalysegegenstanddar.
HaushaltskonsolidierungistkeinSelbstzweck.DerenErfordernisergibtsichausdemGrundsatz
wirtschaftlicherVerwaltungunddesHaushaltsausgleichs.InderdoppischenBegrifflichkeitsinkt
dasEigenkapital,wennderRessourcenverbrauchdasRessourcenaufkommen regelmäßigüber-
trifft:Eswirddeutlich,dassinfinanziellerHinsichtaufKostenkommenderGenerationengewirt-
schaftet und demnach die ökonomische Schutzfunktion missachtet wird. Das Eigenkapital der
KommunenistvereinfachtdasSpiegelbilddesWirtschaftensinderVergangenheit.Gleichzeitig
prägendieVermögens-undSchuldenpositionendieaktuellenHaushalte,z.B.überZinsenund
Abschreibungen.AufGrundlagederStatistikkanngegenwärtiglediglicheinAusschnittderkom-
munalenAktiv-undPassivpositionennachvollzogenwerden.ImRahmendervorliegendenArbeit
werdendieFinanzvermögen(TeilV)unddieSchulden(TeilVI)näherbeleuchtet,wobeisichder
BlickwiederumüberdieKernhaushaltehinauszusätzlichaufdieFEUsrichtet.Dabeiwirdaufdie
aktuellsten statistisch verfügbaren Informationen zugegriffen. Ebenso wie Teil III und IV des
FinanzreportsstelltauchTeilV(Finanzvermögen)eineNeuerungimVergleichzufrüherenFinanz-
reportendar.TeilVI(Schulden)folgtdemgegenüberderTraditionfrühererFinanzreporte.
InderVergangenheit istes imkommunalenRaumnichtallerortsgelungen,einperioden-und
generationengerechtesWirtschaftenzugewährleisten.MitdemneuenkommunalenHaushalts-
rechtaufBasisdesRessourcenverbrauchskonzepteswirdnunerstmalseinHaushalts-undRech-
nungswesenetabliert,dasInformationenzugenerationengerechtemVerhaltentransparentabbil-
denkann.ZurinstitutionellenVerankerungdesLeitbildesderGenerationengerechtigkeitwirddas
ModelleinerKommunalschuldenbremseaufBasisderDoppikkonstruiert(TeilVII).
19Einleitung
Quelle: Eigene Darstellung
Abbildung 1: Aufbau des Kommunalen Finanzreports 2013
RahmenbedingungenIn Teil I werden wesentliche Determinanten der Haushalts- und
Verschuldungssituation dargestellt (Bevölkerung in Stand, Entwicklung und Struktur, Aufbau der kommunalen Ebene,
Wirtschaftsstruktur, Aufgaben- und Ausgabenverteilung zwischen Kommunen und Ländern).
Haushalts- und VerschuldungssituationIn den Teilen II bis VI wird die aktuelle kommunale Haushalts-
und Verschuldungssituation analysiert. Schwerpunkte liegen auf den Kommunalsteuern, den Personalausgaben und dem
Finanzvermögen. Ansätze für Konsolidierungspotentiale auf der Ertrags- und Aufwandseite werden aufgezeigt.
Doppische KommunalschuldenbremseVor dem Hintergrund der Haushalts- und
Verschuldungssituation wird in Teil VII ein Modell für eine Schuldenbremse basierend auf dem doppischen Haushaltsrecht
konstruiert. Es hat den Anspruch, eine generationengerechte Haushaltspolitik institutionell und dauerhaft abzusichern.
InsgesamtrichtetsichdervorliegendeFinanzreportnichtausschließlichanFinanzexperten,son-
dernsolltrotzdesunvermeidlichenstatistischenAbstraktionsgradesauchfürweitereInteressierte
nachvollziehbarsein.DaherwerdenzentraleFachbegriffeineinemGlossaramEndederArbeit
erläutert.
20 Methodik
Methodik
Betrachtungshorizont
AnspruchdervorliegendenArbeitistdieBeschreibungderfinanziellenSituationderKommunen
inden13Flächenländern(TeilIIbisTeilVI).HierbeiwerdennebendemStatusquoderFinanzsi-
tuationsozioökonomischeUrsachenfürheterogeneEntwicklungengenausobenanntwiepoliti-
scheEntscheidungenfüreinzelneErtrags-undAufwandspositionensowieverfügbareKonsolidie-
rungspotentiale. Soweit für die Analyse notwendig, werden additiv Finanzinformationen zur
Staatsebene(BundundLänder)abgebildet.
Die Visualisierung der sozioökonomischen und finanzstatistischen Daten erfolgt auf aggregierter
Ebeneder13Flächenländer.TiefergehenderegionaleBetrachtungenodersolchefüreinzelneGemein-
denundGemeindeverbändekönnenhiernichtdurchgeführtwerden.DasGleichegiltgrundsätzlich
fürdieVeranschaulichungderVermögens-undVerschuldungssituationsowievonErtrags-undAuf-
wandskomponenten.LediglichzurVerdeutlichungvonZusammenhängenundzumAufzeigenvon
ExtremwertausprägungenwerdenAusnahmengemacht.NaturgemäßweichendieKennzahlausprä-
gungeneinzelnerKommunenmehroderminderstarkvondenDurchschnitts-undExtremwertenab.
NichtsdestotrotzsindaggregierteAnalysenwertvoll,dasieallgemeineTrendsundAussagenfürdie
KommuneneinesFlächenlandesbzw.dieGesamtheitderKommunenerlaubensowieLänderverglei-
cheermöglichen.FürdieAnalysenimvorliegendenFinanzreport ist–soweitmöglich–aufRech-
nungsdaten,d.h.dietatsächlichrealisiertenWertezurückgegriffenworden.IneinigenFällenwar
diesindesnichtmöglich,daRechnungsdatenregelmäßigmitgroßemZeitabstandpubliziertwerden;
indiesenFällenistdaheraufDatenderKassenstatistikrekurriertworden,diezeitnahvomStatisti-
schenBundesamtveröffentlichtwerdenunddaherdieErstellungzeitaktuellerAnalysenermöglichen.
KassenstatistischeDatensindjedochdadurchgekennzeichnet,dassessichteilweisenochumvorläu-
figeDatenhandelt:SiesindfolglichwenigervalidealsRechnungsdaten.Gleichwohldürftensichdie
UnschärfenüberdieSummederKommunenteilweisenivellieren,sodassdieKassenstatistikinsbe-
sondereaufaggregierterEbenewertvolleInformationenliefernkann.
InsgesamtbewegtsichdieArbeitandenaktuellenGrenzenderDarstellungsmöglichkeiten.Die
KommunenstellensukzessiveumaufeinamgesamtenRessourcenverbrauchund-aufkommen
orientiertes Haushalts- und Rechnungswesen. Allerdings erlauben die gegenwärtigen statisti-
schen Veröffentlichungen bedauerlicherweise kein vollständiges Bild der Vermögens- und Ver-
schuldungssituation der (kommunalen) Gebietskörperschaften. Das Gleiche gilt für Aufwands-
und Ertragskomponenten; sie werden nur lückenhaft erfasst. Daher werden zu Beginn der
einzelnenTeilezurfinanziellenSituation(TeilIIbisTeilVI)stetsInformationenzudenGrenzen
derStatistikgegeben.Siemachendeutlich,welcheLückendiestatistischenAufbereitungen im
VergleichzueinemdoppischenGesamtbildaufweisen.
TrotzdieserstatistischenErfassungslückenwerdeninderTraditionderbisherigenFinanz-und
SchuldenreportederBertelsmannStiftungdiestatistischenDatenmöglichstvollständigherange-
zogen.Dasbedeutet, dassneben InformationenzudenkommunalenKernhaushaltenauchdie
FEUsdesStaatssektors(soweitmöglich,ebenfallsdieFEUsdesMarktsektors)indieAnalyseinte-
21Methodik
griert werden. Das ist notwendig, um verlorengegangene Transparenz aufgrund der enormen
FragmentierungderKommunalhaushaltezurückzugewinnen.
ZeitlicheBetrachtungsperiodederArbeitiststetsdasHaushaltsjahr2011.3AktuellereFinanzinfor-
mationenlagenzumZeitpunktderBearbeitungnichtvor.SoferneinzelneInformationenzudiesem
Jahr im Bearbeitungszeitraum nicht verfügbar sind, werden Vorjahreswerte herangezogen. Aus-
blickeüberdasJahr2011hinauswerdenandenjenigenStellengewagt,andenenesunterBerück-
sichtigungderabsehbarenEntwicklungenundohnedenRückgriffaufunverhältnismäßigespekula-
tive Aspekte möglich ist. Zur Veranschaulichung wichtiger Entwicklungen werden daneben an
mehrerenStellenZeitreihenvergleichevorgenommen.DiesebeziehensichinderRegelaufdenFünf-
jahreszeitraumderPeriode2007bis2011;damitistgewährleistet,dassinBezugaufdiewirtschaft-
licheEntwicklungnebendemneuestenJahr2011sowohldiesehrgutenHaushaltsjahre(2007und
2008)alsauchdiedurchdieFinanzkrisegeprägtenJahre(2009und2010)berücksichtigtwerden.
DerletzteTeilderArbeit(TeilVII)hebtsichvondenübrigenAusarbeitungenab.Dievorangehen-
denTeilebeschreibenimWesentlichendieKommunalfinanzsituationinihrerHeterogenität.Mit
demkonstruiertenModelleinerKommunalschuldenbremseaufBasisderDoppikwirdhingegen
eineLösungsoptionfürdasderzeitigeDilemmasichselbstverfestigenderkommunalerDefizite
erarbeitet.ObersteMaximedieses–indenöffentlichenDiskurszubringenden–Modellsistdie
OrientierunganderökonomischenSchutzfunktion:DieaktuelleGenerationsollvorder„Ausbeu-
tung“durchdenStaatbzw.dieKommunegenausogeschütztwerdenwienachrückendeGeneratio-
nenvoreiner„Ausbeutung“durchheutelebendeGenerationen.InAnbetrachtderdemographi-
schenVeränderungengewinntdieserintergenerativeAspektzunehmendanRelevanz.
Logik von Finanzkennzahlenvergleichen
Länderübergreifende (und interkommunale)4Finanzkennzahlenvergleiche sinddieBasis fürdie
DiskussionumHandlungsoptionen(imRahmendervorliegendenArbeit).Umdaszugewährleis-
ten,müssenVergleichedennachfolgendenAnforderungensoweitalsmöglichgenügenbzw.sind
gewissequalitativeAspekteimRahmenderDateninterpretationzubeachten(s.dazuauchAbb.2):
(1) Gemeinden und Gemeindeverbände mit unterschiedlichem Kommunaltypus sind bei einzelge-
meindlichenVergleichengetrenntvoneinanderzuuntersuchen.WährenddasinderUnterschei-
dungvonGemeindeverbändenundGemeinden trivialanmutenmag, istdieseVorgehensweise
auchbeiVergleicheninnerhalbeinzelnerGruppenanzuwenden.Beispielsweisesindkreisangehö-
rigeGemeindenundkreisfreieStädtenichtmiteinandervergleichbar,obgleichessichinbeiden
FällenumGemeindenhandelt.Soübernehmenz.B.dieKreisefürdiekreisangehörigenGemein-
denzahlreicheAufgaben(etwaimSozialbereich),wasbeikreisfreienStädtennichtderFallist.
3 Als einzige bewusste Ausnahme von dieser Vorgehensweise ist Teil V zur Vermögenssituation anzusehen. Die Finanzver-mögensstatistikhatfürdasBerichtsjahr2010einegrundlegendeÜberarbeitungerfahren(auchinqualitativerHinsicht).Esistwahrscheinlich,dassihreBerücksichtigungkünftigeinetragendeRollefürdieKommunalfinanzberichterstattungspielenwird.DaherwirdimSchwerpunktdasBasisjahr2010untersucht.
4 ZurVertiefungderandieserStellevorgenommenenAnalysenaufderzusammengefasstenLänderebenebietetsicheinZugriffaufdasInternetportalwww.wegweiser-kommune.dean.BeiderDateninterpretationsinddieandieserStellebenanntenHinweisefürFinanzkennzahlenvergleicheebensorelevant.
22 Methodik
(2) UmkreisfreieStädteundkreisangehörigenRaumvergleichbarzumachen,müssendieKenn-
zahlenderkreisfreienStädtedenjenigenderGesamtkreise(Kreisverwaltunginklusivekreis-
angehörigerGemeindenundetwaigerweitererGemeindeverbändeunterhalbderKreisebene)
gegenübergestelltwerden.
(3) Die Umstellung auf neue doppische Rechnungssysteme kann aktuell die Vergleichbarkeit von
Finanzdatenbeeinträchtigen.JehöherdieAggregationsstufederDatenist,destobelastbarersind
grundsätzlichdieErgebnisse,weilsichVerzerrungendurcheinzelnefehlerhafteWerte/Meldun-
genindenDurchschnittswertennivellieren.ZwarführendiestatistischenÄmterverschiedene
PlausibilitätsprüfungeninBezugaufdieDatendurch.EtwaigeFehler(z.B.durchFalschmeldun-
geneinzelnerKommunen)lassensichdadurchabernichtimmerlückenlosbeheben.
(4) Kennzahlenvergleiche mit Angaben zur zeitlichen Entwicklung finanzstatistischer Größen in
BezugaufeinzelneKommunal-oderGemeindetypen(z.B.fürdieLandgemeindenetc.einesLan-
desundnichtfürdieSummederKommuneneinesLandes)könnenproblembehaftetsein.Soweit
Gebiets-bzw.Verwaltungsreformenstattfinden,verändernsichdieKennzahlen,ohnedasssich
anderfinanziellenSituationderKommunaltypengruppeetwasveränderthabenmuss.
(5) LänderübergreifendeVergleichezwischeneinzelnenkommunalenGruppen(z.B.denKreisen)
werdendadurchbeeinträchtigt,dasssichdieAufgabenstellungeneinzelnerKommunaltypen
zwischendenFlächenländernunterscheiden.InnerhalbderkommunalenFamilieeinesLan-
deskönnenandereKommunenbestimmteAufgaben(beispielsweiseimBereichSchule)über-
nehmen,alsdasinanderenLändernderFall ist.DieunterschiedlichenAufgabenstellungen
beeinflusseninderFolgedieAusprägungeneinzelnerKennzahlenwerte.
Quelle: Eigene Darstellung
Abbildung 2: Wichtige Beeinflussungsfaktoren von Finanzkennzahlen
Aus-gliederungen
Gemeinde-größe undSiedlungs-struktur
Aufgaben- undWirtschafts-
struktur
Gebiets-reformen
Aufgaben-organisation
&Privatisierung
NovellierungRechnungsstil
Kommunaltyp Finanzierungs-formen
Finanz-kennzahlen
23Methodik
(6) Kommunen des gleichen Kommunaltyps (z.B. kreisangehörige Kommunen) von unter-
schiedlicher Größe können nicht bei sämtlichen Finanzkennzahlen direkt miteinander
verglichenwerden,weilsiejenachGrößemehroderwenigerAufgabenwahrnehmenund
schonvondaherunterschiedlicheAusprägungenbeieinzelnenFinanzkennzahlenaufwei-
sen.
(7) Esistzubedenken,dassausFinanzkennzahlenvergleichenaufderBasisvonPro-Kopf-Wer-
ten keine Aussage über die Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerledigung getroffen werden
kann,d.h.dassvergleichsweiseniedrigeoderhoheWertebeieinzelnenFinanzkennzahlen
aufunterschiedlichenHintergründenberuhenkönnen.SosagenbeispielsweisehohePerso-
nalausgabennochnichtsdarüberaus,wasdieseverursachthat.Siekönntenz.B. aufein
hohesMaßankommunalwahrgenommenenAufgabenzurückzuführenseinoderaufUnwirt-
schaftlichkeitenbeiderErfüllungeinzelnerAufgaben.
(8) UneinheitlicheAusgaben- undAufgabenverteilungen zwischen den einzelnenFlächenlän-
dernundihrenKommunenerschwerenländerübergreifendeVergleiche.Grundsätzlichkön-
nenderartigeVerzerrungenanhanddesKommunalisierungsgradesberücksichtigtwerden.
BerechnungenmitHilfedieserMethodikhabenaberihrerseitsSchwächen.Gesetzlichdefi-
nierte Standards seitens der Landesgesetzgeber können ebenfalls einen Einfluss auf die
Kommunalfinanzsituationhaben.
(9) Gemeinden und Gemeindeverbände haben in allen Flächenländern die Möglichkeit, Teile
ihrerAufgabenausderKernverwaltungunddamitausdemKernhaushaltauszugliedern.Auf
dieseWeisewerdenneueOrganisationseinheitengeschaffen,z.B.rechtlichunselbstständige
Eigenbetriebe.DabeikönnenauchZusammenschlüssezwecksgemeinsamerAufgabenwahr-
nehmungeineRollespielen,z.B.ZweckverbändeoderBeteiligungsgesellschaften.
(10) Teilweise werden kommunale Aufgaben an Private vergeben (etwa Reinigungsdienste,
SchneeräumarbeitenoderHausmeisterdienste)oderankaritativeEinrichtungen(etwaKin-
dertageseinrichtungen) übertragen. Hierdurch werden einzelne Finanzkennziffern beein-
flusst. So können z.B. Personalausgaben des Kernhaushaltes scheinbar sinken, während
dieseAusgabenandernortswiederauftauchen.
(11) HeterogeneFormenderFinanzierungkönnenFinanzkennzahlenvergleicheerschweren.Das
wird beispielsweise dann relevant, wenn Vermögen einer Kommune verkauft und im
Anschlussdaranzurückgemietetodergeleastwird.DasGleichegiltfüranderealternative
Finanzierungsformen.
(12) InzahlreichenGemeindenund insbesondereanHochschulstandortenwerdenZweitwohn-
sitzsteuerneingeführt.DashateinenunmittelbarenEinflussaufFinanzkennzahlen,dienach
Pro-Kopf-Werten berechnetwerden. Personen, die bisher in derBevölkerungsstatistikmit
HauptwohnsitzinihrerHeimatkommunegemeldetwaren,ändernausSteuervermeidungs-
gründenihrenWohnsitz.Zeitreihenvergleichewerdendadurcherschwert.
24 Methodik
(13) Eine regelmäßige Quelle für eine Falschinterpretation statistischer Finanzdaten ist der
Umstand,dassAusgabenüberhängeoder-unterschreitungenreintemporärerNaturseinkön-
nen.SokannselbstdiehochaggregierteGrößedeskommunalenFinanzierungssaldosdurch
einmaligeVeränderungenimBeteiligungsbereichoderbuchungstechnischeBesonderheiten
imZusammenhangmitaufgelegtenKonjunkturprogrammenetc.verzerrtsein.ZurVermei-
dung einer derartigen Fehlinterpretation sind Zeitreihenanalysen und Mehrjahresdurch-
schnittehilfreich.
(14) UnterschiedeinderSiedlungsstruktursowieinderBesiedlungsdichtekönnenebenfallsdie
Haushalts-undVerschuldungssituationbeeinflussen.Sosolltenz.B.dünnbesiedelteRegio-
nenvergleichsweisehöhereBelastungenimBereichWasserundAbwasser(beispielsweise
fürInvestitioneninoderdieUnterhaltungvonLeitungsnetzen)oderbeiKreisstraßenhaben,
alsdasinBallungsgebietenderFallist.AufderanderenSeitehabenauchBallungsräumeoft-
malsspezifischeBelastungen,etwaimBereichSoziales.
(15) BevölkerungsfallzahlenundBevölkerungsstrukturensowiedieVeränderungdieserGrößen
können sich auf Einnahmemöglichkeiten und Ausgabenotwendigkeiten auswirken und
habendamiteinenEinflussaufdieKommunalfinanzsituation.Wirtschaftsstrukturenunddie
aktuellewirtschaftlicheSituationunterliegenebenfallseinemstetenWandelundbeeinflus-
sendieörtlichenKommunalfinanzen.HierbeisindUrsacheundWirkungnichtimmertrenn-
scharf zuunterscheiden.So führt z.B. eine schwacheWirtschaftsleistung inderRegel zu
niedrigenGewerbesteuereinnahmen.GleichzeitigkönnenaberauchhoheKommunaldefizite
(Konsolidierungsbedarfe)dazuführen,dassaufgrundderabsehbarenEinschränkungenin
denInfrastrukturangebotenoderdurchnotwendigeRealsteuererhöhungendieWirtschafts-
leistungzurückgeht.
25Teil I: Rahmenbedingungen
TeilI:Rahmenbedingungen
Zusammenfassung
• Inden13Flächenländernsindrund76Mio.Einwohnerbeheimatet.DieEinwohnerzahlender
einzelnen Länder – und somit die kumulierten Einwohnerzahlen ihrer Kommunen – sind
ungleich.AlleindiedreibevölkerungsreichstenLänderBaden-Württemberg,BayernundNord-
rhein-WestfalenvereinigenzusammenmehralsdieHälfteallerEinwohner.DasgrößteBun-
desland,Nordrhein-Westfalen,weistmehrals17MalmehrEinwohneraufdenndasSaarland
alskleinstesFlächenland.EbensohatNordrhein-WestfalenmehrEinwohneralsdiegesamten
neuenFlächenländerinihrerSumme.
• DieBundesrepublikistvontiefgreifendendemographischenVeränderungengeprägt.Inden
vergangenenzehn Jahrenkonntennur drei Länder Bevölkerungszuwächse verzeichnen,aller-
dings auch sie lediglich infolge wirtschaftlich motivierter Wanderungen. Demgegenüber
schrumpfendiefünfneuenBundesländerunddasSaarlandrapide.InderSummederFlächen-
länder liegt der jährliche Bevölkerungsrückgang in der Größenordnung einer Mittelstadt. Von
SchrumpfungsindinsbesonderewirtschaftsschwacheRegionenbetroffen.
• DieSiedlungsdichteistebenfallsheterogen.Siebewegtsichzwischen71EinwohnernproQuad-
ratkilometer in Mecklenburg-Vorpommern und 523 Einwohnern pro Quadratkilometer in
Nordrhein-Westfalen.DieseGrößehat,dasichländlicheundstädtischeKommuneninihren
Aufgabenunterscheiden,AuswirkungenaufdieKostenöffentlicherAufgaben.
• DieabsehbarendemographischenVeränderungensindindenKommunenderLänderwiede-
rumsehrunterschiedlich.BevölkerungsverlustesindimRegelfalleineBelastungfürdieHaus-
halte,daz.B.ZuweisungenverlorengehensowieInfrastrukturenwenigerausgelastetwerden.
BevölkerungsvorausberechnungenfürdenZeitraumbis zum Jahr 2030 sagen für den Großteil
der Bundesrepublik weitere Einwohnerrückgängevoraus.NebenderZahl der Einwohnerverändert
sichauchdieStruktur der Bevölkerung;sosinktderAnteil jungerEinwohner,und jenerder
Älterensteigt.DiesbedeutetfürdieKommunenVerschiebungeninderNachfrageöffentlicher
Leistungen und Umbauten öffentlicher Infrastruktur. Eine Ignoranz gegenüber diesen Ent-
wicklungenimKontextheutigerhaushaltspolitischerEntscheidungenführtunweigerlichzu
einerfinanziellenProblemmanifestation.
• ImJahr2011verzeichnetdieBundesrepublik11.288 Städte und Gemeinden.DreiViertelvon
ihnensindLandstädteund-gemeindenmitwenigerals5.000Einwohnern.Diedurchschnitt-
licheEinwohnerzahlistinRheinland-Pfalzmit1.734amgeringstenundmit45.042inNord-
rhein-Westfalenamgrößten.Mit2.306GemeindenistdieGemeindefallzahlinRheinland-Pfalz
amhöchsten,imSaarlandmit52Gemeindenamniedrigsten.Insgesamtistdiekommunale
EbeneindenLändernunterschiedlich in Gemeinden und Gemeindeverbände gegliedert;folglich
variierendiejeweiligenAufgabenderGliederungen.DieGliederungderkommunalenEbene
isteineEntscheidungdesLandesgesetzgebers.
26 Teil I: Rahmenbedingungen
• DieWirtschaftskraft,gemessenamBruttoinlandsprodukt(BIP)proEinwohner,wirktsichindi-
rektüberUnternehmensgewinne,Beschäftigungetc.aufdiekommunalenHaushalteaus,z.B.
beidenSteuereinnahmen.DiewirtschaftlichenUnterschiedezwischendenKommunender
Bundesrepubliksindäußerstgroß.DasBIPproEinwohnerbewegtsichfürdasJahr2011in
einemSpektrumvon21.363EuroinMecklenburg-Vorpommernbis37.616EuroinHessen.Ins-
gesamtistauffällig,dasshinsichtlichdesNiveausderWirtschaftskraftnochimmereindeutli-
cherUnterschiedzwischenneuenundaltenBundesländernbesteht.
• DieVerteilung öffentlicher Aufgaben zwischen Land und Kommunen ist indenLändernunter-
schiedlichgeregelt.DamitgehennichtalleinunterschiedlichekommunaleAufgaben,sondern
darausfolgendauchunterschiedlicheHaushaltsgrößeneinher.DerKommunalisierungsgrad
bewegtsichzwischen37ProzentimSaarlandundknapp54ProzentinNordrhein-Westfalen.
Vorbemerkungen
DieEinnahmemöglichkeitenundAusgabenotwendigkeitenvonGemeindenundGemeindeverbän-
denhängenvonzahlreichenParameternab,etwaderstaatlichenGesetzgebungoderörtlichenPrä-
ferenzmustern.WesentlichenEinflusshabenfolgendevierAspekte:
(1) die Bevölkerung hinsichtlich ihrer Zusammensetzung nach Altersgruppen, der Siedlungs-
dichtealsauchderprognostiziertenEntwicklungstrends
(2) dieGliederungderkommunalenEbeneinGemeindenundGemeindeverbände
(3) dieörtlicheWirtschaftskraftinihrenAuswirkungenaufEinnahmenundAusgaben
(4) der Kommunalisierungsgrad als Maß der Aufgabenverteilung zwischen den Ländern und
ihrenjeweiligenKommunen
DiesevierAspektebildenwichtigeRahmenbedingungenfürdielokaleHaushaltspolitik.Sievariieren
zwischendenLändernerheblich;darüberhinaussindsienurpartiellundeherindirektdurchdie
Kommunenselbstzugestalten. Insofern ist ihreBetrachtungeinunentbehrlichesElement fürdie
Kommunalfinanzberichterstattung.DasGleichegiltauchfürinterkommunaleFinanzkennzahlenver-
gleiche;siesolleneineGrundlagefürDiskussionenumHandlungsoptionenwerden.MitihrerHilfe
lassensichausdemVergleichAnsätzezuVerbesserungenoffenlegen(LernenvomAnderen/Besten).
1 Bevölkerung
DemographischeVeränderungenhabenstetsdieKommunalfinanzsituationtangiertundwerden
das in Zukunft weiterhin tun. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Flächenländern sind
dabeibeachtlich;sieprägenHandlungsmusterund-notwendigkeiten.Finanzkennzahlenverglei-
che und daran anknüpfende Handlungsempfehlungen sind stets unter Berücksichtigung der
demographischenRahmendatendurchzuführen.
27Teil I: Rahmenbedingungen
1.1 Bevölkerungsstand
NachderBevölkerungsfortschreibungwerdenfüralle13FlächenländerdiejenigenPersonenals
Bestand nachgewiesen, die nach den melderechtlichen Vorschriften mit einer alleinigen oder
Hauptwohnungangemeldetseinsollten.DieZuordnungzumjeweiligenBundeslanderfolgtnach
demStandortderjeweiligenalleinigenoderHauptwohnung.
Insgesamtlebenzum31.12.2010exakt75.843.723PersonenindenFlächenländernunddamitin
derenStädtenundGemeinden(Abb.3).DasmitAbstandbevölkerungsstärksteFlächenland ist
Nordrhein-Westfalen;seine17.845.154EinwohnerentsprecheneinemAnteilvon24Prozentan
derGesamtbevölkerungderFlächenländer.
InderRangfolgenachGrößefolgendieLänderBayernundBaden-Württemberg.Inallenanderen
zehnFlächenländernliegtdieEinwohnerzahlbeiunterzehnMillionen.Alleindiedreibevölke-
rungsreichstenLändervereinigenzusammenmehralsdieHälftederGesamtbevölkerungderFlä-
chenländer(55Prozent).
Abbildung 3: Bevölkerung der Flächenländer zum 31.12.2010 in absoluten Zahlen und Prozent
10.753.880 · 14%
2.235.025 · 3%
12.538.696 · 17%
2.503.273 · 3%
6.067.021 · 8%
1.642.327 · 2%7.918.293 · 10%
17.845.154 · 24%
4.003.745 · 5%
1.017.567 · 1%
4.149.477 · 6%
2.335.006 · 3%
2.834.259 · 4%
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012a: Fortschreibung des Bevölkerungsstandes 2010
Baden-Württemberg Bayern Brandenburg Hessen Mecklenburg-VorpommernNiedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland SachsenSachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen
28 Teil I: Rahmenbedingungen
Unter den neuen Ländern ist Sachsen das bevölkerungskräftigste Land. Zusammengenommen
leben inden fünfneuenFlächenländern12.865.108Personen;dassinddeutlichwenigerMen-
schenalsinNordrhein-WestfalenundnurknappmehrPersonenimVergleichzuBayern.
DasinsgesamtbevölkerungsärmsteFlächenlandistmitdemSaarlandeinLandausdenReihen
deraltenBundesländer.EsfolgenMecklenburg-VorpommernundThüringen.
Die enormen Bevölkerungsunterschiede zwischen den Flächenländern machen deutlich, dass
interkommunale Finanzkennzahlenvergleiche im länderübergreifenden Maßstab auf Grundlage
absoluterZahlennureinengeringenErkenntniswertbesitzen.DieArbeitmitPro-Kopf-Wertenlie-
fertaussagekräftigereErgebnisse.
1.2 Bevölkerungsdichte
DasbevölkerungsreichsteBundesland,Nordrhein-Westfalen,istmit523EinwohnernjeQuadrat-
kilometerauchdasamdichtestenbesiedelteFlächenland.AufPlatzzweibeiderBevölkerungs-
dichtefolgtmitdemSaarlanddasinsgesamteinwohnerschwächsteFlächenland(396Einwohner
jeQuadratkilometer).
MitAusnahmevonSachsenbildendieneuenFlächenländerdieGruppemitdendünnstenBesied-
lungsdichten.DieLänderamunterenEndederSkala,Mecklenburg-Vorpommern(71Einwohnerje
Quadratkilometer) und Brandenburg (85 Einwohner je Quadratkilometer), weisen Werte von
jeweilsunter100EinwohnernjeQuadratkilometeraus(Abb.4).
HoheundniedrigeBevölkerungsdichtenstellenjeweilsunterschiedlicheHerausforderungenfür
diekommunalpolitischeFührung,aberauchfürdieRaumordnungsstrukturinnerhalbderkom-
munalenFamilieeinesLandesdar.EineniedrigeBevölkerungsdichtegehtregelmäßigmitdem
Erforderniseinher,dezentralInfrastrukturenvorzuhalten,wasausgabensteigerndwirkenkann.
GleichwohlistdieserZusammenhangnichtdeterministisch.SokannetwaeineWaldgemeindeauf-
grunddergroßenFlächeeineniedrigeBevölkerungsdichteausweisen,5obgleichsichdaskommu-
naleLebenimWesentlicheninderKerngemeindeabspielt.
BeihoherBevölkerungsdichtesinkendieErfordernissezurdezentralenVorhaltungkommunaler
Angebote; gleichwohl können an anderen Stellen finanzielle Herausforderungen auftreten. So
müssen in Ballungsräumen Lösungen für typische Probleme wie Verkehr, Umweltreinhaltung,
Kriminalität und häufig auch soziale Herausforderungen gefunden werden. Gleichzeitig fehlt
zuweilenRaum,etwaum(neue)Gewerbegebieteauszuweisen,diefürArbeitsplätzeundSteuer-
einnahmensorgen.
5 DieAuswirkungenderBevölkerungsdichteaufdieKommunalfinanzenkönnenunterErgänzungvonAngabenzurFlächen-undSiedlungsstruktur(s.Kap.2.4inTeilI)präziserbeleuchtetwerden.
29Teil I: Rahmenbedingungen
Baden-Württemberg
Rheinland-Pfalz
Hessen
Saarland
Schleswig-Holstein
Nordrhein-Westfalen
0 100 200 300 400 500 600
Niedersachsen
Bayern
Thüringen
Brandenburg
Mecklenburg-Vorpommern
Sachsen-Anhalt
Sachsen
301
202
287
396
179
523
166
178
138
85
71
114
225
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012a: Fortschreibung des Bevölkerungsstandes 2010
Abbildung 4: Bevölkerungsdichte der Flächenländerin Einwohner je Quadratkilometer
1.3 Bevölkerungsentwicklung
Innerhalb des letzten Jahrzehnts haben die Bevölkerungszahlen eine beachtlicheVeränderungerfahren,wobei sichdie IntensitätunddieEntwicklungsrichtungzwischendeneinzelnenFlä-chenländernunterscheiden.
InderSummederFlächenländerhatsichdieBevölkerungzwischendemEndedesJahres2000und dem Ende des Jahres 2010 um 658.031 Personen reduziert (Tab. 1). Das entspricht einerSchrumpfungvon0,86ProzentindiesemZeitraum.ProJahristdieBevölkerungum65.803Ein-wohnergesunken;diejährlicheSchrumpfungliegtdamitinderGrößenordnungeinerMittelstadt.
LediglichindreiFlächenländerngabesindiesemZehnjahreszeitraumeinBevölkerungswachs-tum. An der Spitze steht Bayern mit einem Bevölkerungszugewinn von 308.441 Personen(+2,52Prozent).EsfolgenBaden-WürttembergmiteinemPlusvon229.465Personen(+2,18Pro-zent)undSchleswig-Holsteinmit einemPlusvon44.498Personen (+1,60Prozent).UnterdenneuenFlächenländernhatkeineinzigesLandeineBevölkerungssteigerungerzielt.
InallenanderenLändernistdieBevölkerungszahlgesunken.AmdramatischstenistdieEntwick-lung in Sachsen-Anhalt. Binnen eines Jahrzehnts hat das Land 280.369 Personen eingebüßt(–10,72Prozent).BevölkerungsschwundeüberderFünfprozentmarkeweisenansonstennurnochThüringen,Mecklenburg-VorpommernundSachsenauf.AlseinzigesaltesBundeslandhatdasSaarlandeineReduzierungseinerEinwohnerzahlvonnahezufünfProzentzuverzeichnen.
30 Teil I: Rahmenbedingungen
NebenBestandskorrekturenkönnenBevölkerungsveränderungenaufdenSaldozwischenGebur-
tenundTodesfällensowieaufdieDifferenzbeidenZu-undFortzügenzurückgeführtwerden.Der
SaldoausFertilität(Geburtenzahl)undMortalität(Sterblichkeit)istimJahr2010inkeinemeinzi-
genFlächenlandpositiv;inallenLändernsindinsofernmehrSterbefällealsGeburtenzuverzeich-
nen(natürlicheBevölkerungsbewegung).SelbstdievierimJahr2010inBezugaufdieBevölke-
rungszahl wachsenden Länder (Bayern, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Hessen)
erreichenihrPlusdurcheinenÜberschussbeidenZu-undFortzügen(Wanderung).
Tabelle 1: Bevölkerungsentwicklung in den Jahren 2000 bis 2010 in den FlächenländernFlächenland Bevölkerung
31.12.2000Bevölkerung 31.12.2010
Absolute Änderung2000/2010
Prozentuale Veränderung2000/2010
Baden-Württemberg 10.524.415 10.753.880 229.465 2,18
Bayern 12.230.255 12.538.696 308.441 2,52
Brandenburg 2.601.962 2.503.273 –98.689 –3,79
Hessen 6.068.129 6.067.021 –1.108 –0,02
Mecklenburg-Vorpommern 1.775.703 1.642.327 –133.376 –7,51
Niedersachsen 7.926.193 7.918.293 –7.900 –0,10
Nordrhein-Westfalen 18.009.865 17.845.154 –164.711 –0,91
Rheinland-Pfalz 4.034.557 4.003.745 –30.812 –0,76
Saarland 1.068.703 1.017.567 –51.136 –4,78
Sachsen 4.425.581 4.149.477 –276.104 –6,24
Sachsen-Anhalt 2.615.375 2.335.006 –280.369 –10,72
Schleswig-Holstein 2.789.761 2.834.259 44.498 1,60
Thüringen 2.431.255 2.235.025 –196.230 –8,07
Flächenländer 76.501.754 75.843.723 –658.031 –0,86
Quelle: Eigene Berechnung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012a: Fortschreibung des Bevölkerungsstandes 2010
Migration(Aus-undEinwanderung)istinsofernderAuslöserfürdasBevölkerungswachstumin
Bayern,Baden-Württemberg,Schleswig-HolsteinundHessenimJahr2010.Insgesamtverzeich-
nenneunder13LändereinPlus imWanderungssaldo,wobeiBayern inabsolutenZahlenmit
einemSaldovon45.615anderSpitzesteht.BeidenvierLändernmitnegativemWanderungssaldo
handelt es sich ausschließlich um Ost-Flächenländer. Lediglich Brandenburg kann unter den
neuenLändernmiteinemDeltavon624PersoneneinPlusverzeichnen.6
1.4 Bevölkerungsstruktur
NebenderBevölkerungsentwicklunghatdieBevölkerungsstrukturwesentlichenEinflussaufdie
Kommunalfinanzsituation.EinzelneBevölkerungsgruppennehmendiekommunalenLeistungen
undInfrastruktureninunterschiedlichemUmfanginAnspruchbzw.tragenzurFinanzierungbei.
SosteigtoderfälltetwadieNotwendigkeitzurAufrechterhaltungvonKindertagesstätten,Jugend-
6 BeidiesemminimalenWanderungsgewinnistdavonauszugehen,dasseraufdievonderBundeshauptstadtBerlinausgehendeSuburbanisierungzurückgeht.
31Teil I: Rahmenbedingungen
häusern,JugendsozialarbeitundSchulenmitdemAnteilderKinderundJugendlichen.Korrespon-
dierenddazunehmenandereGruppenjeweilsanderekommunaleAngeboteinAnspruch.
BeimDurchschnittsalterweistdasLandSachsen-AnhaltdenhöchstenWertunterdenFlächenlän-
dernimJahr2010aus(Tab.2).InsgesamthabenalleneuenBundesländerjeweilshöhereWerteals
diealtenFlächenländer.DiehöchstenDurchschnittswerteunterdenaltenLändernverzeichnen
dasSaarlandundSchleswig-Holstein.
Baden-WürttembergundBayernhabenaufderanderenSeitedieniedrigstenWertebeimDurch-
schnittsalter.InsgesamtdeutendiehohenWerteindenneuenLändernunddiebesondersniedri-
genWerte indenSüdländernBaden-WürttembergundBayerninKombinationmitdenWande-
rungssalden darauf hin, dass eine arbeitsmarktbedingte Wanderung vom Osten in den Süden
stattfindet.WirtschaftlicheProsperitätzieht(junge,mobile)Menschenan.
KorrespondierendzudenErgebnissenbeimDurchschnittsaltersinddieneuenLänderauchdie-
jenigenmitdenniedrigstenWertenbeimJugendquotient.InkeinemWest-Flächenlandwerden
beidieserKennzahlniedrigereQuotenerreicht.Sachsen-Anhalt,ThüringenundMecklenburg-
VorpommernbildenmitWertenumdie25ProzentdiebundesweitenSchlusslichterbeidieser
Kenngröße.
Tabelle 2: Strukturkennzahlen zur Bevölkerung der Flächenländer im Jahr 2010Flächenland Durchschnitts-
alterJugendquotient Altenquotient Ausländeranteil
(in Prozent)
Baden-Württemberg 42,8 35,8 45,0 11,9
Bayern 43,0 34,9 45,5 9,5
Brandenburg 45,7 26,2 49,0 2,7
Hessen 43,4 34,2 46,9 11,1
Mecklenburg-Vorpommern 45,5 25,4 47,9 2,4
Niedersachsen 43,6 36,9 49,6 6,7
Nordrhein-Westfalen 43,3 35,6 47,3 10,5
Rheinland-Pfalz 43,8 35,0 48,2 7,7
Saarland 45,1 31,7 51,6 8,4
Sachsen 46,2 26,4 55,5 2,7
Sachsen-Anhalt 46,5 25,2 54,5 1,9
Schleswig-Holstein 44,0 36,7 52,2 5,1
Thüringen 46,0 25,3 51,6 2,2
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012a: Fortschreibung des Bevölkerungsstandes 2010
An der Spitze werden in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg deutlich
höhereWerteerreicht;unterdenWest-FlächenländernweistdasSaarlanddieniedrigsteQuote
aus.GleichwohlgibtesaucheineSchattenseitebeihohenJugendquotienten:Eshandeltsichum
eineKennzahlzurDarstellungderVersorgungsaufgabendermittlerenGeneration,undbeieiner
hohenKennzahlausprägungsteigendieVersorgungsaufgabenderpotentiellenErwerbsbevölke-
32 Teil I: Rahmenbedingungen
rung7an.KinderundJugendlichenehmenzwarkommunaleLeistungeninAnspruch,diesemüssen
abervonderKommunefinanziertunddamitvonderarbeitendenBevölkerungerwirtschaftetwerden.
EinhoherAltenquotientstelltebenfallsspezifischeAnsprücheandiestrategischekommunalpoli-
tischeSteuerung.8ZumeinenstehtmitdenvitalerwerdendenjungenAlteneineGruppezurVer-
fügung,dieanzahlreichenStellenindiekommunaleAufgabenerfüllungintegriertwerdenkann–
sofern deren Mobilisierung gelingt. Auf der anderen Seite rücken damit (neue) Themen wie
Barrierefreiheitstärker indenpolitischenFokus.DiespezifischenBedarfederälterenBevölke-
rungmüssenwiederumvorwiegenddurchdiemittlerenAltersgruppenderErwerbstätigenerwirt-
schaftetwerden.DiehöchstenAltenquotientenweisendieLänderSachsenundSachsen-Anhalt,
dieniedrigstenAltenquotientenBaden-Württemberg,BayernundHessenaus.
DerAusländeranteilgibtHinweiseaufIntegrationserfordernisseindenKommunen.Aufderande-
renSeiteisterAusweiswirtschaftlicherProsperität,wennauchoftderVergangenheit.Chancen
amArbeitsmarktziehenauchdienichtdeutscheBevölkerungan.9DiehöchstenAnteilehaben
insoferndiewirtschaftlicherfolgreichenLänderBaden-Württemberg,Hessen,Nordrhein-Westfa-
lenundBayern.DiefünfneuenFlächenländerweisenhingegenwiederumallesamtWerteauf,die
unterdenenallerWest-Flächenländerliegen.DerniedrigsteWertfindetsichinSachsen-Anhalt
miteinemAusländeranteilvongeradeeinmal1,9Prozent.
EineEinteilungderBevölkerungnachAltersgruppenmitdemZiel,Handlungsnotwendigkeitenzu
formulieren, fällt angesichts der bunter werdenden Lebensläufe und Entwicklungschancen
schwer.10EineZuordnungzueinertypischenGruppe(z.B.SchüleroderAuszubildende)aufgrund
desAltersistzwarnichteinwandfreimöglich,aberdessenungeachtetnotwendig,umfürTrends
zusensibilisieren.GleichzeitiggehenvonPersonen inverschiedenenAltersgruppenheutewie
auchbereitsindenVorjahrenspezifischeAnforderungenanvorzuhaltendekommunaleLeistungs-
bündel aus.Zudem tragendieAltersgruppen inunterschiedlicherWeise zurFinanzierungder
Angebotebeibzw.habendasinderVergangenheitbereitsgetan.11
BeidenKlein-undKindergartenkindern(PersonenbisuntersechsJahre)liegtderDurchschnitts-
wertderFlächenländerbei4,8Prozent(Abb.5).DiehöchstenAnteileindieserAltersgruppegemes-
senanderBevölkerungdesLandesfindensichinBaden-WürttembergundHessen.ImSaarlandist
derAnteildieserGruppeanderLandesgesamtbevölkerungamgeringsten.KleinereKindersindfür
KommuneninderRegelmithohenKostenverbunden;gleichzeitiggenerierensieselbstkeineEin-
nahmen.AufderanderenSeitebildensiedasFundamentfürdiespätereErwerbsbevölkerung.
7 Sowohl der in der Statistik über die Fortschreibung des Bevölkerungsstandes gebildete Jugend- als auch der AltenquotientbeziehensichaufdieAltersgruppevonPersonenvon20bisunter60Jahren.DasentsprichtineinerNäherungderGruppederpotentiellenErwerbsbevölkerung.GleichwohlkönnensichPersonendieserGruppeinanderenLebenssituationenbefindenbzw.wärenandieserStellenichtgenanntePersonenzurErwerbsbevölkerungzuzählen,etwasolchezwischen60und65Jahren.
8 InsgesamtwerdenKennzahlenderzeitvielerortsnocheherverhaltendurchdieKommunalpolitik fürdieSteuerunggenutzt.Vgl.Kroll/Proeller2012,S.32.
9 ImGrundewäreesandieserStellenotwendig, imKontextderHaushaltsbelastungenund -entlastungeneineAbgrenzunginMilieusvorzunehmen.DiesistbedeutenderalsdieFragederPässe,jedochanhandstatistischerDatennurinGrenzenmöglich.
10 IneinertypisiertenBetrachtungnehmendieAltersgruppenunterschiedlichekommunaleLeistungeninAnspruchundtrageninverschiedenemMaßezuderenFinanzierungbei.FürdieHaushaltssituationeinerKommuneistdaherdieBevölkerungsstrukturvonhoherRelevanz.
11 Vgl.Seitz2008.
33Teil I: Rahmenbedingungen
Kinderbetreuung im Fokus
DieGruppederbis6-JährigenrückteindenvergangenenJahrenunterdemAspektder
KinderbetreuungstetigindenFokuskommunalerPolitik.ImJahr2007habenBund,Län-
derundkommunaleVerbändeeinenmassivenAusbauderBetreuungsangebotefürEin-
bisDreijährigebeschlossen.ZuständighierfürsinddieGemeinden:ObgleichderBundden
AusbaudieserInfrastrukturkofinanziert,handeltessichumeineoriginärekommunale
Aufgabe.WährenddieBetreuungsquotenindenneuenLänderntraditionellsehrhochsind
(Tab.3),bedeutetdiesesZielfürdieGemeindenderaltenLändereineenormeAnstren-
gung. Mit der Anzahl der Plätze steigen die jährlichen Ausgaben in den kommunalen
Haushalten.InderPeriode2001bis2011sinddieöffentlichenAusgabenfürTageseinrich-
tungenfürKindervon10,4Mrd.Euroauf18,5Mrd.Eurobruttogestiegen.12Sietreffen
überwiegenddiekommunalenHaushalte.
Tabelle 3: Anteil der Kinder in Kindertagesbetreuung13 an allen Kindern dieser Altersgruppe (Betreuungsquote) am 1.3.2012
0 bis 2 Jahre 3 bis 5 Jahre
Früheres Bundesgebiet 22,3 92,9
Neue Länder einschl. Berlin 49,0 95,6
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012m: Kindertagesbetreuung in Deutschland 2012, S. 11–12
DerFlächenländerdurchschnittbeidenSchulkindern(Personenvonsechsbisunter18Jahren)
liegtbei10,6Prozent.SämtlicheWest-Flächenländer liegenmit ihrenWertenüberdemDurch-
schnitt,alleneuenFlächenländerdarunter.DiehöchstenQuoteninBezugaufdieBedeutungan
derGesamtbevölkerungdesLandeserreichenNiedersachsenundBaden-Württemberg,während
amanderenEndederSkalaSachsen-Anhaltmitlediglich8,2Prozentsteht.Ebensowiebeiden
KindergartenkindernverursachenauchSchulkinderregelmäßighoheKostenfürdieKommunal-
haushalte,diesieselbstnichtfinanzieren;aufderanderenSeiterekrutiertsichausdieserGruppe
wiederum die künftige Erwerbsbevölkerung. Der Anteil von Kindern und Jugendlichen an der
GesamtbevölkerunggibtinsofernHinweiseaufdieZukunftsfähigkeitderRegionunddamitder
dortigenKommunen.SchulkindersindinderLage,zukünftigdieEinnahmebasisderKommunen
zuerwirtschaften.Dassetztallerdingsvoraus,dassdieKinderundJugendlichenauchnachihrer
AusbildungsphasederRegiontreubleiben–unddashängtwiederumzentralvondenChancen
amArbeitsmarktab.
In der typischen Altersgruppe für Auszubildende und Studenten (Personen von 18 bis unter
25 Jahren) liegt der Flächenländerdurchschnitt bei 8,1 Prozent. Baden-Württemberg weist in
BezugaufdieGesamtbevölkerungdesLandesdenhöchstenWertunterdenFlächenländernaus.
12 Vgl.www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Soziales/Sozialleistungen/KinderJugendhilfe/Tabellen/AusgabenEinnahmenEntwicklung.html[Zugriffam15.03.2013].
13 KinderinKindertageseinrichtungenzuzüglichderKinderinöffentlichgeförderterKindertagespflege,dienichtzusätzlicheineKindertageseinrichtungbesuchen.
34 Teil I: Rahmenbedingungen
EinhoherBevölkerungsanteilindieserGruppedeutetaufeinehoheAttraktivitätderRegionfür
StudierendeundAuszubildendehin–dasgiltinsbesonderedann,wennderWertdurcheinPlus
bei den Bildungswanderungen zu Ausbildungszwecken, die typischerweise in der Gruppe der
18-bis25-Jährigenstattfinden,erhöhtwird.Mit7,4ProzentistderAnteilswertanderGesamtbe-
völkerunginBrandenburgunterallenFlächenländernamniedrigsten.
DieGruppederjenigen,dienachderAusbildungindasBerufslebeneinsteigen,istfürdieKommu-
nen aus der Perspektive der Familiengründung relevant. Grundsätzlich sind alle Gemeinden
bestrebt, als Wohnort attraktiv zu sein, hat doch die Bevölkerungszahl über den kommunalen
FinanzausgleichdirekteAuswirkungenaufdieEinnahmen.Gleichzeitig sindErwerbstätige als
Steuerzahlerwichtig.ZudemistmitderAltersgruppederBerufseinsteigertypischerweiseauch
dieFamiliengründungverbunden–auchdiesistfürdieGemeindenvonhoherZukunftsrelevanz.
Gemeindensinddaherbestrebt,ihreWohnqualitätmittelsöffentlicherInfrastrukturundLeistun-
genzusteigern.
BeidenpotentiellenBerufsneulingenund-einsteigern(Personenvon25bisunter40Jahren)liegt
derFlächenländerdurchschnittbei17,3Prozent.ImFlächenländervergleichweisendiewirtschafts-
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
Baden-Württemberg
Rheinland-Pfalz
Hessen
Saarland
Schleswig-Holstein
Nordrhein-Westfalen
Niedersachsen
Bayern
Thüringen
Flächenländer
Klein- und Kindergartenkinder Schulkinder Auszubildende Berufsneulinge
Berufstätige Junge Alte Hochbetagte
Brandenburg
Mecklenburg-Vorpommern
Sachsen-Anhalt
Sachsen
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012a: Fortschreibung des Bevölkerungsstandes 2010
Abbildung 5: Bevölkerung der Flächenländer nach Altersgruppenanteilen zum 31.12.2010in Prozent
5,2 12,3 8,5 18,3 36,3 14,3 5,1
5,1 11,9 8,4 18,6 36,5 14,5 5,1
4,6 8,9 7,4 16,5 40,1 17,6 4,9
5,2 11,6 8,0 18,3 37,0 14,7 5,3
4,7 8,5 8,1 17,1 39,5 17,2 4,8
5,0 12,5 8,2 17,0 36,6 15,4 5,4
5,0 12,1 8,4 17,7 36,5 15,0 5,3
4,8 11,9 8,4 16,9 37,3 14,9 5,6
4,2 10,8 8,1 16,5 38,3 16,2 5,8
4,9 8,3 7,7 18,0 36,5 18,4 6,3
4,4 8,2 7,8 16,6 38,8 18,5 5,7
5,0 12,2 7,9 16,5 36,8 16,4 5,3
4,6 8,4 7,8 17,6 38,7 17,6 5,5
4,8 10,6 8,1 17,3 37,6 16,2 5,4
35Teil I: Rahmenbedingungen
starken Länder Bayern, Baden-Württemberg und Hessen die höchsten Bevölkerungsanteile in
BezugaufdieheimischeGesamtbevölkerungauf–möglichist,dassdieWirtschaftskraftdieser
LändermitdendamitverbundenenbesserenBerufseinstiegschanceneineUrsachefürdiehohen
Werteist.DasSaarland,Schleswig-HolsteinundBrandenburgverzeichnenmitjeweils16,5Pro-
zentdieniedrigstenAnteile.
UnterdenpotentiellenälterenBerufstätigen(Personenvon40bisunter65Jahren)liegtderBevöl-
kerungsanteilimDurchschnittderFlächenländerbei37,6Prozent.DerAnteilderälterenBerufs-
tätigenanderGesamtbevölkerung ist indenLändernBrandenburg,Mecklenburg-Vorpommern
undSachsen-Anhaltamhöchsten.Baden-WürttembergbesitztindieserAltersgruppemit36,3Pro-
zentdenniedrigstenBevölkerungsanteilallerFlächenländer.DieältereErwerbsbevölkerungträgt
durch ihreSteuernundAbgabenzusammenmitdenBerufsneulingenwesentlichdieFinanzie-
rungderKommunalaufgaben.14AllerdingssindimUnterschiedzudenjüngerenBerufstätigendie
generiertenBeiträgezwargrundsätzlichhöher,aberdieNachberufszeitrücktnäher–Letztereist
regelmäßigdamitverbunden,dassderFinanzierungsbeitragfürdieKommunalaufgabenwieder
sinkt.
DieGruppederjungenAlten(Personenvon65bisunter80Jahren)liegtimFlächenländerver-
gleichbei16,2ProzentinBezugaufihrenAnteilanderGesamtbevölkerung.Zuweilendürftendie
WerteeinzelnerLänderdurchAlterswanderungenbeeinflusst sein,diewiederumvonMotiven
wieAnpassungderWohnbedürfnisse,FamiliennäheundGesundheitgetragenwerden.Einpositi-
verWertbeiderAlterswanderungweistaufeinehoheAttraktivitätderKommunenalsAltersruhe-
sitzhin.Sachsen-AnhaltundSachsenweisendiehöchstenAnteilebeidenjungenAltenimVer-
hältniszuihrerGesamtbevölkerungaus,währendBaden-WürttembergundBayernamunteren
EndederRanglisteliegen.GrundsätzlichgibtderAnteilderjungenAltenanderGesamtbevölke-
rungHinweiseaufPotentialefürEhrenamtundWissenstransfer,aberauchauf(zukünftige)alters-
spezifischeInfrastrukturanforderungen.
BeidenHochbetagten(Personeninder„Gruppe80+“)beträgtderAnteilanderBevölkerungim
DurchschnittderFlächenländer5,4Prozent.DieserAnteilgibtHinweiseaufBedarfehinsichtlich
Wohn-,Service-,Pflege-undHilfsangeboten fürdieseAltersgruppe; sie sind fürdieKommune
regelmäßigmitKostenverbunden.UnterdenFlächenländernhabenSachsenunddasSaarlanddie
höchstenAnteileanHochbetagteninBezugaufihreGesamtbevölkerung,Mecklenburg-Vorpom-
mernundBrandenburgdieniedrigsten.
IneinervereinfachtenBetrachtungnehmendieAltersgruppenunterschiedlichekommunaleLeis-
tungen in Anspruch und tragen über Steuern, Abgaben und Zuweisungen unterschiedlich zur
FinanzierungderKommunalhaushaltebei.Eslässtsichsomiteintheoretischer„Saldo“jederPer-
soneinerAltersgruppebilden.DieserSaldoistunterschiedlichhochbzw.auchnegativ.Fürdie
kommunaleEbenelässtsichfeststellen,dassdieAltersgruppenderbis6-Jährigensowieder6-bis
19-JährigeneinennegativenSaldoverursachen,währenddieAltersgruppenderüber40-Jährigen,
dabeiauchdieHochbetagten,alsodieüber80-Jährigen,einen„positivenSaldo“fürdiekommuna-
14 Vgl.Seitz2008.
36 Teil I: Rahmenbedingungen
len Haushalte bedeuten.15 Die Ausgabenstruktur der Kommunalhaushalte ist jugendlastig; die
eigentlichenfinanziellenLastenderdemographischenAlterungfallenschwerpunktmäßiginden
Sozialversicherungen und damit auf der Ebene des Bundes an. Dies soll jedoch nicht zu der
Annahmeverleiten,dasseinhoherJugendquotientfürdieKommunennachteiligwäre.ImGegen-
teilisteinhoherJugendquotientausGründeneinernachhaltigenEntwicklung,gesundenAlters-
strukturundnichtzuletztmitBlickaufdieElternerstrebenswert.
1.5 Bevölkerungsvorausberechnung
Obgleich Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur bereits seit Jahrzehnten zu beobachten
sind,hatsichdasThemademographischerWandelerstindenvergangenenzehnJahrenzueinem
gesellschaftlichenGroßthemaentwickelt.DieserdemographischeWandeldrücktsichinmehreren
Facettenaus:
• AbnahmederGesamtbevölkerungszahl
• RückgangdesAnteilsjungerMenschen,AnstiegdesAnteilsältererMenschen
• ZunahmedesAnteilsvonMenschenmitMigrationshintergrund
• Verstädterung
• ZunahmekleinerHaushalte/vonSinglehaushalten
• WanderungenzwischenRegionen
DieseEntwicklungentretenregionaläußerstunterschiedlichauf.
Einwohnervorausberechnung nach Regionen
Abb.6weistalsgrundlegendenIndikatorfürdieBetroffenheitderRegionenundKommu-
nendieprognostizierte/vorausberechneteabsoluteEntwicklungderBevölkerungszahlen
aus.Dabeiistzubeachten,dassBerechnungenzurBevölkerungsentwicklungstets„nur“
denCharaktereinerPrognose/Vorausberechnunghaben.SiebasierenaufAnnahmen,die
in die Zukunft fortgeschrieben werden.16 Zentral sind hierbei Geburtenzahlen, Wande-
rungsbewegungenundLebensalter.Prognosenkönnennieexaktseinundwerdenmög-
licherweiseimkommunalenEinzelfallvonnichtvorhersehbarenEntwicklungenüberholt.
15 Vgl.ebd.,S.69.16 Vgl.BertelsmannStiftung2011b,S.1.
37Teil I: Rahmenbedingungen
Abbildung 6: Entwicklung der Bevölkerungszahl von 2009 auf 2030
Darmstadt
Berlin
Stralsund
Jena
Freiburg
Celle
Krefeld
Kaiserslautern
Kassel
Memmingen
Amberg
Saarbrücken
Bonn
Ansbach
Osnabrück
Straubing
Zwickau
Lübeck
Neubrandenburg
Augsburg
Coburg
Dresden
Stendal
Reutlingen
Trier
Würzburg
Potsdam
Gießen
Siegen
München
Neuruppin
Frankfurt
Bielefeld
Paderborn
Suhl
Brandenburg
Regensburg
ChemnitzKöln
Erlangen
Pforzheim
Lüneburg
Münster
NeumünsterRostock
Erfurt
Hof
Halberstadt
Ulm
Görlitz
Landshut
Hamburg
Flensburg
Magdeburg
Rosenheim
Bamberg
Leipzig
Aschaffenburg
Bremerhaven
Cottbus
Braunschweig
Eberswalde
Weiden
Koblenz
Ravensburg
Schwerin
Gera
Mannheim
Halle
Hannover
Kempten
Bautzen
Hoyerswerda
Aachen
Karlsruhe
Fulda
Oldenburg
Passau
Hildesheim
Plauen
Göttingen
Kiel
Greifswald
Villi ngen-Schwenningen
Bayreuth
Konstanz
Heilbronn
Eisenach
Mainz
Schweinfurt
Nordhausen
Frankfurt
Dessau
Dortmund
Stuttgart
Offenburg
Nürnberg
Ingolstadt
Marburg
unter –15 –15 bis unter –10 –10 bis unter –5 –5 bis unter –2
–2 bis unter 2 2 bis unter 5 5 und mehr
Düsseldorf
Essen
Bremen
Bertelsmann Stiftung (2011a): Deutschland im demographischen Wandel 2030 – Datenreport, S. 13
in Prozent
AufgemeindlicherEbenekönnen individuelleVorgängewieBetriebsansiedlungenoder
-schließungendiedemographischeVorausberechnungverändern.AufBundesebenewie-
derumkönnengesetzlicheRahmen,z.B.hinsichtlichderZuwanderung,verändertwerden.
InGänzeweisendemographischePrognosenjedocheinehoheValiditätauf,resultierend
ausdemUmstand,dassdemographischeEntwicklungensehrlangfristigablaufen,inihren
Ursachenstabilundkurzfristignichtänderbarsind.
38 Teil I: Rahmenbedingungen
DieBertelsmannStiftunghältunterdemPortalwww.wegweiser-kommune.denebenKon-
zeptenundStudienfüralleGemeindenab5.000Einwohnernrund200Indikatorenzur
sozioökonomischenLagebereit.DasDaten-Setenthält Informationenzueinzelgemeind-
lichenBevölkerungsvorausberechnungen.
EingroßerTeilDeutschlandsistmitSchrumpfungkonfrontiert,insbesonderedieneuenBundes-
länder.ImGegensatzdazuwerdeneinigeRegionen,vorwiegendwirtschaftsstarkeGebiete,auch
weiterhinwachsen;einWachstumresultiertjedochauchhieralleinausregionalenWanderungs-
gewinnen.VonSchrumpfungbedrohtsindinsbesonderewirtschaftsschwacheRegionenundKom-
munen.DadiefinanziellenHandlungsspielräumederGemeindenaberwesentlichvonderWirt-
schaftskraft bestimmt sind, tritt in wirtschaftsschwachen Regionen das Dilemma hoher, auch
kostenintensiverAnpassungsbedarfegepaartmitgeringerFinanzkraftauf.DieParallelitätwirt-
schaftlicherunddemographischerEntwicklungenistoffensichtlich–diewirtschaftlicheEntwick-
lungisteinTreiberderdemographischenVeränderung.
MiteinerSchrumpfunggehtautomatischeineVerschiebungderAltersstruktureinher.Soistfür
dieSummederKommunenmiteinemRückganginderGruppederKinderundJugendlichenaus-
zugehen(Abb.7).EbensoverhältessichmitdenPersonenimErwerbsalter.AufderanderenSeite
steigtdieGruppederHochbetagtenstarkan.
Quelle: Bertelsmann Stiftung (2011a): Deutschland im demographischen Wandel 2030 – Datenreport, S. 15
Abbildung 7: Bevölkerungsentwicklung nach Altersgruppen 2009–2030in Anzahl und Prozent
6 bis 90 bis 2 3 bis 5 10 bis 15 16 bis 18 19 bis 24 25 bis 44 45 bis 64 65 bis 79 ab 80
–356.400–232.600 –198.500 –759.900 –517.300 –1.491.500 –3.299.100 –1.639.400 2.997.900 2.436.500
–12,1%–11,4% –9,6%–16,0% –20,3%
–15,2%–15,1%
–7,2%
23,6%
59,1%
AlldieseEntwicklungensindvonEinflussaufdieKommunenin ihrenDienstleistungen, ihren
VerwaltungskapazitätenundihrenInfrastrukturen,damitebensoauchaufdiekommunalenHaus-
halte.DerUmgangmitSchrumpfung ist fürdie lokalVerantwortlichenverständlicherweiseein
schwierigesThema.NichtsdestotrotzmüssendieKommunen,unterstütztdurchdieLänder,diese
wahrscheinlichenbzw.bereitsvorhandenenEntwicklungeninihrenEntscheidungenberücksich-
39Teil I: Rahmenbedingungen
tigen.17Diesbetrifft insbesonderedie lokale Infrastruktur.Siewird imRegelfall für Jahrzehnte
geschaffenundbindeterheblicheMittel.18 InfrastrukturenmüssenaufdiezukünftigenBedarfe
abgestimmtwerden,umeineentsprechendeAuslastungzufinden;gleichzeitigmüssendieKom-
munendierichtigeInfrastrukturfürdiezukünftigeBevölkerungaufbauen.DieserUmbaumuss
finanziertwerden.HiertretenjedochhäufigsogenanntetechnischeKostenremanenzenauf:Dies
bedeutet,dasstechnischeInfrastrukturnichtparallelzurBevölkerungreduziertwerdenkann.Sie
mussvonimmerwenigerNutzernfinanziertwerden.19
ÄhnlicheAuswirkungensindimkommunalenRaumfürdenPersonalbereichgegeben.AuchVer-
waltungspersonal ist regelmäßig nur über natürliche Fluktuation und Neueinstellungen in der
StrukturundZahlveränderbar;auchdiesnurmittel-bislangfristig.DasichdasDienstleistungs-
portfolioeinerKommuneändernkann,weisenehedemeingestellteBeschäftigtenichtzwingend
dauerhaftdiepassendeQualifikationauf.DiesemEffektmussüberkontinuierlicheFortbildungent-
gegengewirktwerden,welchewiederumKosten(fürInvestitioneninHumankapital)verursacht.
Nicht selten verbergen sich hinter dem Argument remanenter Kosten jedoch auch politische
Remanenzen.DasThemaSchrumpfungistdenlokalVerantwortlichenverständlicherweiseunan-
genehmundwirdgernverdrängt.TradierteLeistungenundInfrastrukturensollenerhaltenund
durchzusätzlicheAngeboteergänztwerden.Dies führtzwangsläufigzueinerÜberlastungder
kommunalenHaushalte.DieTendenzzurVerdrängungresultiertu.a.daraus,dasssichdemogra-
phischeVeränderungennurlangsamvollziehen.IndenjährlichenHaushaltsverhandlungenwer-
densiedaherhäufignichtreflektiert.20Darüberhinauswerdendieunterjährignurgraduellen
finanziellenAuswirkungendurchjährlicheSchwankungenderSteuereinnahmenoderZuweisun-
genüberlagert.AuchstabileHaushaltsansätzeführenjedochzueinerschleichendenÜberlastung,
wennLeistungenundInfrastrukturendurchimmerwenigerEinwohnerinAnspruchgenommen
undgetragenwerden–dieKostenproEinwohnersteigen.Ignoranzgegenüberdemographischen
EntwicklungenbeihaushaltspolitischenEntscheidungenführtunweigerlichzueinerVerschlech-
terungderHaushaltslageundlangfristigzumVerlustdesHandlungsspielraums.
2 Gemeinden und Gemeindeverbände – Gliederung der kommunalen Ebene
DiekommunaleAufgabenerledigungistindeneinzelnenFlächenländernunterschiedlichorgani-
siert und finanziert. Diese Heterogenität innerhalb der kommunalen Familie einzelner Länder
17 Dasgeht füralleSeitenmitmassivenpolitischenHerausforderungeneinher.ExemplarischkannandieserStelleaufdiehäufiganzutreffenden politischen Remanenzkosten bei Entscheidungen zur Schließung von Schulen verwiesen werden. Seitens derLandesgesetzgeberistleichtvorstellbar,welcheDiskussionenauftreten,wennInfrastrukturförderprogrammeandemographischeGegebenheitengeknüpftwerdenodergarmitRückbauprämiengearbeitetwerdensoll.
18 ImRahmendesZukunftsinvestitionsgesetzes(KonjunkturpaketdesBundes)istinsofernfolgerichtigformuliert,dassüberdiesesProgramm finanzierte Investitionen ausschließlich unter Berücksichtigung der absehbaren demographischen Entwicklunggetätigtwerdendürfen.Nach§4Abs.3ZukunftsinvestitionsgesetzsindInvestitionennurzulässig,wennderenlängerfristigeNutzungauchunterBerücksichtigungderabsehbarendemographischenVeränderungenvorgesehenist.
19 FürAnalysenzuRemanenzeffektenkommunalerHaushaltevgl.z.B.Thater2009.20 EinzelneLändersehenausdiesemGrundvor,dassdieabsehbarenAuswirkungenderdemographischenEntwicklungenaufdie
KommunalfinanzsituationindenjährlichenVorberichtenzumHaushaltdarzustellensind.EinBeispielistdiehessischeRegelungin§6Abs.2GemHVO.Dassorgtfüreine(permanente)SensibilisierungderpolitischenAkteure.Kommunen,beidenenderartigeBetrachtungennichtdurchLandesgesetzgebungvorgegebensind,wärenebenfallsgutberaten,einvergleichbaresVorgehenauffreiwilligerBasiszupraktizieren.
40 Teil I: Rahmenbedingungen
spielt eine Schlüsselrolle bei der Bewertung von Finanzkennzahlausprägungen, insbesondere
auch im länderübergreifenden und einzelgemeindlichen Vergleich. Den Unterschieden in der Auf-
gabenwahrnehmung folgen wiederum sich unterscheidende Ausgabenotwendigkeiten und andere
Finanzierungsbedarfe. Zwischen Gemeindeverbänden und Gemeinden finden zudem Transfers
(Kostenbeteiligungen, Umlagen) statt.
An der organisatorischen Spitze nehmen in mehreren Ländern höhere Kommunalverbände Kom-
munalaufgaben für größere Regionen oder das gesamte Flächenland wahr (Abb. 8); sie gelten als
Gemeindeverbände. Abgesehen vom Saarland gibt es in allen Flächenländern kreisfreie Städte.
Deren Aufgaben sind im länderübergreifenden Maßstab jedoch nicht homogen, u. a. weil sich die
von höheren Kommunalverbänden übernommenen Aufgaben unterscheiden.
Im kreisangehörigen Raum werden einzelne Aufgaben, die von den kreisfreien Städten selbst wahr-
genommen werden, von den Landkreisverwaltungen durchgeführt. Unterhalb dieser Gemeindever-
bände findet sich zuweilen eine weitere Gemeindeverbandsebene (z. B. Ämter oder Samtgemeinden);
einzelne kreisangehörige Gemeinden gehören folglich neben der Kreisverwaltung einem weiteren
Gemeindeverband unterhalb der Kreisebene an. Die Aufgaben der kreisangehörigen Gemeinden
unterscheiden sich von denen der kreisfreien Städte, sodass sich für länderinterne Vergleiche die
Arbeit mit statistischen Gesamtkreisen anbietet. Innerhalb des statistischen Konstrukts nehmen
Gesamtkreise analoge externe Aufgaben wahr wie die kreisfreien Städte. Dennoch treten Unter-
schiede in der Aufgabengewichtung auf. So gibt es z. B. innerhalb des kreisangehörigen Raumes
mehrere Vertretungskörperschaften, ein Unterschied zu den kreisfreien Städten, der die Kosten der
politischen Führung beeinflusst.
Quelle: Eigene Darstellung
Abbildung 8: Organisation der kommunalen Ebene in den Flächenländern
Höhere Kommunalverbände
Kreisangehörige Gemeinden
(die ggf. weiteren Gemeindeverbändenunterhalb der Kreisebene angehören)
KreisfreieStädte
Landkreisverwaltungen
Ges
amtk
reis
e*
* Gesamtkreise sind ein statistisches Konstrukt zur Visualisierung von regionalen Ausprägungen finanzstatistischer Daten. Hierzu werden die Finanzdaten der Landkreisverwaltungen und diejenigen etwaiger Gemeindeverbände unterhalb der Kreisebene mit den Daten der zugehörigen kreisangehörigen Gemeinden zusammengefasst betrachtet. Bei den unter www.wegweiser-kommune.de eingestellten Finanzdaten für einzelne Kreise handelt es sich um Daten für Gesamtkreise, nicht um Finanzdaten für einzelne Landkreisverwaltungen.
Sowohl im länderübergreifenden Maßstab wie auch bei länderinternen Kennzahlvergleichen ist
die Ausprägung von Finanzkennzahlen innerhalb des kreisangehörigen Raumes aufgrund der
heterogenen Organisationsstruktur nicht identisch. Die einzelnen Landkreisverwaltungen neh-
41Teil I: Rahmenbedingungen
men(imländerübergreifendenVergleich)unterschiedlicheAufgabenwahr,unddasGleichegilt
für etwaige vorhandene Gemeindeverbände unterhalb der Kreisebene. Insofern unterscheiden
sichinderKonsequenzebenfallsdieAufgabenderkreisangehörigenGemeinden.
2.1 Gemeindefallzahlen
ImJahr2007gabesindenFlächenländerninsgesamt12.259Gemeinden.NurwenigeJahrespä-
ter,2011,warenes11.288StädteundGemeinden.IndiesemZeitraumhatsichdieFallzahlder
Gemeindendemnachum971Gebietskörperschaften(knappachtProzent)reduziert.Eskam,vor-
wiegend in den neuen Bundesländern, zu Gemeindezusammenschlüssen oder -fusionen, bei
denenzweiodermehrereeinstselbstständigeGemeindenverschmelzen.BeiZusammenschlüssen
gibteszweiGrundformen:
(1) ZusammenschlussvonzweiodermehrerenGemeindenzueinerneuenGemeinde (Zusam-
menschlussimengerenSinne)
(2) Eingemeindung von einer oder mehreren Gemeinde(n) in eine (meist einwohnerstärkere)
andereGemeinde
DiedemographischeEntwicklung,diezwischenundinnerhalbeinzelnerLändersehrunterschied-
lichausgeprägtseinkann,isteinErklärungsgrundfürdenFusionsboom.Regelmäßiggetragen
werden Gemeindezusammenschlüsse daneben von dem Wunsch nach einer wirtschaftlicheren
AufgabenerledigungdurchdieneugebildeteOrganisationseinheit.Tatsächlichhältdiefinanzwis-
senschaftlicheTheorieeinigeArgumentefürdieökonomischeVorteilhaftigkeitderartigerZusam-
menschlüssebereit.Oballerdingsgrößere(fusionierte)GemeindeninderPraxisundungeachtet
derFusionskostentatsächlichwirtschaftlicheragieren(können),istnichtinjedemFalleindeutig
bestimmbar. Die finanziellen Folgewirkungen von Gemeindezusammenschlüssen sind nicht
immereinseitigineineRichtung,proodercontraabeinergewissenEinwohnerschwelle,zubeant-
worten.21
BisaufdasSaarlandgibtes2011inallenFlächenländernkreisfreieStädte(Tab.4).Diesekreis-
freien Städte haben mindestens die Größe einer Mittelstadt, also einer Stadt mit 20.000 bis
100.000Einwohnern.Zumeist(in64von103Fällen)22handeltessichbeiihnenumGroßstädte
mitmehrals100.000Einwohnern.23DiekleinstekreisfreieStadtistZweibrückeninRheinland-
Pfalzmitrund34.000Einwohnern.DiebeideneinwohnerkräftigstenLänder,BayernundNord-
rhein-Westfalen,weisenbeidiesemGemeindetypdiehöchsteFallzahlauf.24Dabeihandeltessich
21 Vgl.Gnädinger2012,S.45ff.22 BeidieserAuswertungistzubeachten,dasssiemittelsderStatistiküberdenRealsteuervergleich2011vorgenommenwurde.Hier
werdenregionsangehörigeStädtewieAacheninNordrhein-WestfalenoderHannoverinNiedersachsennichtalskreisfreieStädteerfasst.
23 InderRegelhabenkreisfreieStädteeinehöhereEinwohnerzahlalskreisangehörigeGemeinden.AllerdingsgibtesAusnahmen.Sohabenz.B.insechsLänderndiejeweilseinwohnerschwächstenkreisfreienStädtewenigerEinwohneralsdiejeweilsgrößtenkreisangehörigenGemeinden.Vgl.Henneke2012,S.675.
24 InBezugaufdenAnteilkreisfreierStädteweisenNordrhein-WestfalenundSachsenEndedesJahres2011diehöchstenQuotenauf.InNordrhein-Westfalenleben39,9ProzentderEinwohnerinkreisfreienStädten,inSachsensindesimmerhin31,5Prozent.Vgl.Henneke2012,S.676.
42 Teil I: Rahmenbedingungen
inBayernin17von25FällenumMittelstädte,inNordrhein-Westfalenhingegeninallen22Fäl-
lenumGroßstädte.
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012e: Realsteuervergleich 2011; Gebietsstand 31.12.2011; Zuordnung zu den Größenklassen nach der fortgeschriebenen Einwohnerzahl zum 30.6.2011
Abbildung 9: Gemeindefallzahlen der Flächenländer im Jahr 2011 in der Sortierung nach Kommunaltypen und -größenklassen
Kreisfreie Städte: Mittelstädte Kreisfreie Städte: Großstädte Kreisangehörige Gemeinden:Landgemeinden
Kreisangehörige Gemeinden:Kleinstädte
Kreisangehörige Gemeinden:Mittelstädte
Kreisangehörige Gemeinden:Großstädte
5725,07%
120,11%
390,35% 64
0,57%
8.41374,53%
2.18819,38%
in absoluten Zahlen und Prozent
Bei den insgesamt 11.185 kreisangehörigen Gemeinden handelt es sich in der überwiegenden
MehrheitumLandgemeindenmitwenigerals5.000Einwohnern(Abb.9).InBezugaufalledeut-
schenGemeindenderFlächenländeristdieGruppederLandgemeindenmitknapp75Prozentdie
mitAbstandgrößteKategorie.
Weitere2.188kreisangehörigeGemeindensindKleinstädtemit5.000bis20.000Einwohnern.Sie
bildeninBezugaufdieGesamtfallzahlderGemeindendiezweitstärksteGruppe(rund19Prozent).
Mittelstädte(572Gemeinden)undinsbesondereGroßstädte(12Gemeinden)stellenimkreisange-
hörigenRaumeherdieAusnahmedar.
AnderSpitzeundnochvordemeinwohnerstarkenFlächenlandBayernliegtdieabsoluteGemein-
defallzahlinRheinland-Pfalz.InnerhalbdesLandesgibtesinsgesamt2.306Gemeinden,inBay-
ernsindes2.056Gemeinden.
43Teil I: Rahmenbedingungen
Gemeindefallzahlenunterhalbder400-Gemeinden-MarkesindaufderanderenSeiteimSaarland
(52Gemeinden),inSachsen-Anhalt(220Gemeinden)undNordrhein-Westfalen(396Gemeinden)
zuverzeichnen.SowohldaseinwohnerschwächstealsauchdaseinwohnerstärksteFlächenland
habeninsoferneinevergleichsweisegeringeGemeindefallzahl.EinZusammenhangmitderSied-
lungsdichtebestehthingegennicht.DiedurchschnittlicheGemeindegröße istüberdieStruktur
derkommunalenEbeneeinepolitischeEntscheidungdesLandesgesetzgebers.
Tabelle 4: Gemeindefallzahlen im Jahr 2011Flächenländer Kreisfreie Städte Kreisangehörige Gemeinden Gemeinden
(gesamt)Mittel- städte
Groß- städte
Land- gemeinden
Klein- städte
Mittel- städte
Groß- städte
Baden-Württemberg 1 8 586 415 90 1 1.101
Bayern 17 8 1.513 476 42 - 2.056
Brandenburg 2 2 295 96 24 - 419
Hessen - 5 122 246 53 - 426
Mecklenburg-Vorpommern 1 1 752 44 7 - 805
Niedersachsen 3 5 678 240 81 3 1.010
Nordrhein-Westfalen - 22 3 183 181 7 396
Rheinland-Pfalz 8 4 2.182 103 9 - 2.306
Saarland - - - 42 9 1 52
Sachsen - 3 305 137 23 - 468
Sachsen-Anhalt 1 2 115 79 23 - 220
Schleswig-Holstein 2 2 1.021 74 17 - 1.116
Thüringen 4 2 841 53 13 - 913
Flächenländer (gesamt) 39 64 8.413 2.188 572 12 11.288
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012e: Realsteuervergleich 2011; Gebietsstand 31.12.2011; Zuordnung zu den Größenklassen nach der fortgeschriebenen Einwohnerzahl zum 30.6.2011
2.2 Gemeindegrößen
DiegeringeGemeindefallzahlinKombinationmitdemhohenEinwohnerbestandsorgtdafür,dass
in Nordrhein-Westfalen die mit Abstand größten Durchschnittsgemeindegrößen auftreten
(Abb.10).Mit45.042EinwohnernliegtdieDurchschnittsgemeindegrößedernordrhein-westfäli-
schenGemeindenbeiderGrößeeinerMittelstadt.
ImSaarland,inHessenundSachsen-AnhaltfindensichdienächstkleinerenGemeindegrößen,die
trotzdemnochüberder10.000-Einwohner-Markerangieren.
Die Durchschnittsgemeindegröße liegt bei den Flächenländern bei 6.719 Einwohnern pro
Gemeinde.DasentsprichtdemNiveaueinerkleinenKleinstadt.InvierLändernbewegtsichdie
DurchschnittsgemeindegrößeinderGrößenordnungeinerLandgemeinde;dabeihandeltessich
umSchleswig-Holstein,Thüringen,Mecklenburg-Vorpommernund,amEndederSkala,umRhein-
land-Pfalz.
44 Teil I: Rahmenbedingungen
Bade
n-W
ürtte
mbe
rg
Rhei
nlan
d-Pf
alz
Hess
en
Saar
land
Schl
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Nie
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achs
en
Baye
rn
Thür
inge
n
Fläc
henl
ände
r
Bran
denb
urg
50.000
45.000
40.000
35.000
30.000
25.000
20.000
15.000
10.000
5.000
0
Mec
klen
burg
-Vor
pom
mer
n
Sach
sen-
Anha
lt
Sach
sen
9.7816.109 5.963
14.260
2.034
7.847
45.042
1.734
19.514
8.843 10.558
2.541 2.439
6.719
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012e: Realsteuervergleich 2011; Gebietsstand 31.12.2011; Einwohnerzahlen zum 30.6.2011
Abbildung 10: Durchschnittsgemeindegrößen im Jahr 2011 in Einwohner je Gemeinde
Im Jahr 2011 gilt unter allen Gemeinden die schleswig-holsteinische Gemeinde Gröde als die
deutschlandweitkleinsteGemeinde(Tab.5);siehatzum30.JunidesJahreslediglichsiebenEin-
wohner.AufderanderenSeitesinddieStädteKölnundMüncheninNordrhein-WestfalenundBay-
erndieeinwohnerstärkstenGemeinden.BeideüberschreitendieMillionengrenze.
Tabelle 5: Einwohnerschwächste und -stärkste Städte/Gemeinden der Flächenländer im Jahr 2011
Flächenland Einwohnerschwächste Gemeinde Einwohnerstärkste Gemeinde
Baden-Württemberg Böllen (96 Einwohner) Stuttgart (609.256 Einwohner)
Bayern Balderschwang (246 Einwohner) München (1.363.416 Einwohner)
Brandenburg Kümmernitztal (363 Einwohner) Potsdam (157.524 Einwohner)
Hessen Hesseneck (612 Einwohner) Frankfurt am Main (684.139 Einwohner)
Mecklenburg-Vorpommern Voigtsdorf (106 Einwohner) Rostock (202.674 Einwohner)
Niedersachsen Schulenberg i. Oberharz (286 Einwohner) Hannover (523.515 Einwohner)
Nordrhein-Westfalen Dahlem (4.125 Einwohner) Köln (1.010.269 Einwohner)
Rheinland-Pfalz Dierfeld (8 Einwohner) Mainz (199.992 Einwohner)
Saarland Oberthal (6.180 Einwohner) Saarbrücken (175.470 Einwohner)
Sachsen Rathen (394 Einwohner) Leipzig (525.245 Einwohner)
Sachsen-Anhalt Schopsdorf (256 Einwohner) Halle (Saale) (232.361 Einwohner)
Schleswig-Holstein Gröde (7 Einwohner) Kiel (239.788 Einwohner)
Thüringen Kleinbockedra (35 Einwohner) Erfurt (205.360 Einwohner)
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2012a: Hebesätze der Realsteuern, Ausgabe 2011; Einwohnerdaten zum 30.6.2011
45Teil I: Rahmenbedingungen
DasSaarlandistdaseinzigeBundesland,indemeskeineeinzigeLandstadtoder-gemeindegibt.
SämtlicheGemeindendeskleinstenFlächenlandeshabenmehrals5.000Einwohner.Selbstdie
kleinsteGemeindedesLandes,Oberthalmit6.180Einwohnern,kannstatistischbereitsalsKlein-
stadtbezeichnetwerden.
Ininsgesamtachtder13FlächenländersinddieeinwohnerstärkstenGemeindenzugleichdieent-
sprechenden Landeshauptstädte. Lediglich die Hauptstädte von Hessen (Wiesbaden), Mecklen-
burg-Vorpommern(Schwerin),Nordrhein-Westfalen(Düsseldorf),Sachsen(Dresden)undSachsen-
Anhalt (Magdeburg) sind nicht auch gleichzeitig die einwohnerkräftigsten Gemeinden des
jeweiligenLandes.
2.3 Gemeindeverbandsstrukturen
Die Organisationsform Gemeindeverband (GV) gibt es im Jahr 2010 in allen Flächenländern
(Tab.6).Allerdings trifftdieserBefundnichtaufdiehöherenKommunalverbändeundetwaige
GemeindeverbändeunterhalbderEbenederLandkreisezu.SogibtesininsgesamtsiebenFlä-
chenländernkeinehöherenKommunalverbände.
IndendreiFlächenländernNordrhein-Westfalen,SaarlandundHessengibteskeineGemeinde-
verbändeunterhalbderKreisebene.BeidiesendreiLändernhandeltessichumdiejenigenmit
denhöchstenDurchschnittsgemeindegrößen.InBaden-WürttembergundBayernwerdendiedor-
tigenVerwaltungsgemeinschaftenstatistischalsZweckverbände (ZV)undnichtalsGVerfasst.
AnsonstenhabenalleachtweiterenFlächenländereinestatistischerfassteGemeindeverbands-
ebeneunterhalbderKreisebene.DieFallzahlendieserGemeindeverbändeunterhalbderKreis-
ebenesindindenvergangenenJahreninmehrerenLänderngesunken.
Tabelle 6: Fallzahl der Gemeindeverbände im Jahr 2010Gemeinde- verbandsebene
Bade
n-W
ürtt
embe
rg
Baye
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Bran
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Saar
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Sach
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Anh
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Thür
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Bezirksverbände** 3 7 - 1 - - 3* 1 - 1 - - -
Landkreise 35 71 14 21 12 38 31 24 6* 10 11 11 17
Ämter**, Samtgemeinden, Verbandgemeinden
- - 53 - 78 137 - 163 - 8 26 87 85
* In Nordrhein-Westfalen einschließlich des Kommunalverbands Ruhrgebiet, im Saarland einschließlich des Regionalverbands Saarbrücken. ** Höhere Kommunalverbände werden in der kommunalen Rechnungsstatistik allesamt unter dem Terminus Bezirksverbände erfasst. Für die als Gemeindeverbände erfassten Ämter in Schleswig-Holstein gilt nach juristischer Abgrenzung, dass es sich nicht um GVs, sondern um Bundkörperschaf-ten handelt. Für Untersuchungen zu fiskalischen Merkmalen ist diese Unterscheidung indes unbedeutend.
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012f: Jahresrechnungsergebnisse kommunaler Haushalte 2010; Gebietsstand 30.6.2010
46 Teil I: Rahmenbedingungen
LandkreisverwaltungenalsGemeindeverbandsebenegibteshingegeninallenFlächenländern.25
InderSummesindesimJahr2010insgesamt301Landkreisverwaltungen.26Mit71Kreisverwal-
tungenistihreFallzahlinBayernmitAbstandamhöchsten,imSaarlanddagegenmitsechsEin-
heiten(unterHinzurechnungdesRegionalverbandesSaarbrücken)amniedrigsten.Inderjünge-
renVergangenheithatsichdieFallzahlderLandkreisewenigverändert.InSachsen-Anhaltwurde
sieindenJahren2007/2008von21aufelfreduziert,undauchinSachsenkames2008/2009zu
einerReduzierung,indiesemFallvon22aufzehnKreise.Zum4.9.2012wurdedesWeiterenin
Mecklenburg-VorpommerneineKreisgebietsreformdurchgeführt.WährendsichdieAnzahlder
Landkreisevonzwölfaufsechsverringerthat,istauchdieAnzahlkreisfreierStädtevonsechsauf
zwei(Rostock,Schwerin)gesunken.InTabelle6istdieKreisgebietsreformMecklenburg-Vorpom-
mernsbedingtdurchdenGebietsstand30.6.2010nochnichtberücksichtigt.
2.4 Flächen- und Siedlungsstruktur
DieArtderFlächen-undSiedlungsstrukturistvonEinflusssowohlaufdieEinnahmemöglichkei-
tenalsauchdieAusgabenotwendigkeitenderKommunen.SohatetwaeineGemeindemitgroßer
Waldfläche und kleiner Gebäudefläche andere Infrastrukturbedürfnisse als eine flächenmäßig
gleichgroßeGemeindemitkleinerWaldflächeundgroßerGebäudefläche.DieFlächen-undSied-
lungsstruktur ist hierbei lediglich partiell durch politische Entscheidungen beeinflussbar und
insoferneinerelativexogeneEinflussgrößefürdieKommunalhaushalte.
Insgesamt verfügen die Flächenländer über eine Bodenfläche von 355.060 Quadratkilometern
(Tab.7).DasinBezugaufdieEinwohnerzahlzweitgrößteFlächenlandBayernistdasflächenmäßig
größteBundesland.EsfolgenNiedersachsen,Baden-Württembergunderstdanndaseinwohner-
stärksteFlächenland,Nordrhein-Westfalen.DasSaarlandalsFlächenlandmitdergeringstenEin-
wohnerzahlverfügtauchüberdiekleinsteBodenfläche.
BeidenSiedlungs-undVerkehrsflächen,definiertalsdieSummeausGebäude-undFreiflächen,
ErholungsflächenundVerkehrsflächen,verfügtBayernüberdiegrößtenGebäude-undFreiflächen
und die größten Verkehrsflächen aller Länder, während bei den Erholungsflächen Nordrhein-
WestfalenanderSpitzeliegt.VordemHintergrundderverfügbarenGesamtbodenflächerangiert
derabsoluthohebayerischeWertmitrundelfProzentallerdingsnochunterhalbdesFlächenlän-
derdurchschnittes: Letzterer liegt für die gesamten Verkehrs- und Siedlungsflächen bei rund
13ProzentderjeweiligenGesamtfläche.Nordrhein-WestfalenerreichtauchinBezugaufdiepro-
zentualenAnteileeinehoheQuotederSiedlungs-undVerkehrsflächen.
In den drei neuen Ländern Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Thüringen sind die
AnteilederSiedlungs-undVerkehrsflächenimVerhältniszurgesamtenBodenflächeunterden
Flächenländernamgeringsten.
25 DieGrößederLandkreisverwaltungeninBezugaufdieEinwohnerzahlistäußerstheterogen.AnderSpitzelebenimnordrhein-westfälischen Kreis Recklinghausen mehr als 620.000 Einwohner. Im niedersächsischen Lüchow-Dannenberg liegt dieEinwohnerzahlhingegenbeiknappunter50.000Einwohnern.Vgl.Henneke2012,S.677.
26 DieStädteregionensindandieserStelleadditivalsLandkreiseerfasst.
47Teil I: Rahmenbedingungen
Tabelle 7: Nutzung der Bodenfläche in den Flächenländern zum 31.12.2010 (in km2)
Flächenland Boden-fläche
(gesamt)
Darunter*
Gebäu-de- und
Freifläche
Erholungs-fläche
Verkehrs-fläche
Wald- fläche
Landwirt-schaftliche
Fläche
Wasser- fläche
Baden-Württemberg 35.751 2.714 304 1.957 13.688 16.356 386
Bayern 70.550 4.080 382 3.382 24.719 34.848 1.443
Brandenburg 29.483 1.354 210 1.070 10.451 14.560 1.008
Hessen 21.115 1.547 205 1.421 8.473 8.895 290
Mecklenburg-Vorpommern 23.191 821 292 687 5.032 14.552 1.381
Niedersachsen 47.613 3.475 436 2.429 10.339 28.594 1.108
Nordrhein-Westfalen 34.092 4.357 634 2.403 8.732 16.742 669
Rheinland-Pfalz** 19.854 1.170 340 1.233 8.330 8.317 273
Saarland* 2.570 318 26 160 870 1.110 26
Sachsen 18.420 1.258 215 766 5.007 10.152 358
Sachsen-Anhalt 20.450 886 522 783 4.985 12.642 448
Schleswig-Holstein 15.799 1.103 150 689 1.657 11.029 797
Thüringen 16.172 712 76 671 5.162 8.792 199
Flächenländer 355.060 23.795 3.792 17.651 107.445 186.589 8.386
* Die erfassten Einzelflächen unterscheiden sich in ihrer Aufsummierung minimal von dem Wert für die Gesamtbodenfläche. ** Einschließlich des gemeinschaftlichen deutsch-luxemburgischen Hoheitsgebietes.
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2011: Flächennutzung zum 31.12.2010
Beidenu.a.touristischundholzwirtschaftlich27relevantenWaldflächenweistwiederumBayern
denabsoluthöchstenWertaus.BeimVerhältniszurGesamtflächestehtderrheinland-pfälzische
WertanderSpitze.FürdieSummederFlächenländerliegtderprozentualeAnteilderWaldfläche
anderGesamtbodenflächebei30Prozent.DasAusmaßderrelativgroßenSpreizungzwischen
denFlächenländernwirddurchdenBlick auf dasLandmit demgeringstenWaldflächenanteil
deutlich:InSchleswig-HolsteinliegtderWaldflächenanteilbeigeradeeinmalrundzehnProzent
derGesamtbodenfläche.
DieLandwirtschaftsflächenmachenbeidenFlächenländerninsgesamtdengrößtenAnteilswert
anderGesamtbodenflächeaus;rund53ProzentderGesamtbodenflächesindalslandwirtschaft-
licheFlächenzucharakterisieren.AbsolutistderbayerischeWertderhöchsteunterdenFlächen-
ländern.GemessenanderGesamtflächeliegenallerdingsdieWerteinSchleswig-Holsteinander
Spitze.HessenundRheinland-PfalzweisenunterdenFlächenländerndiegeringstenAnteilein
BezugaufdielokaleGesamtbodenflächeauf.
WasserflächensindinBezugaufihrenAnteilanderGesamtbodenflächevongeringerBedeutung.
IneinzelnenLändernliegendieAnteileindeshöher;diehöchstenWerteweisendabeiSchleswig-
27 Weitere Zwecke mit Bezug zu den Kommunalfinanzen sind an dieser Stelle und bei anderen Bodennutzungsarten ebenfallsstetsrelevant.SosinddieBeschaffenheitundderWertdesGrundstückesz.B.auchsteuerpolitischrelevantfürdieHöhederGrundsteuer.BeilandwirtschaftlichemundforstwirtschaftlichemVermögenkommtdieGrundsteuerAzumTragen,beibebautenundunbebautenGrundstücken,dienichtderLand-undForstwirtschaftzuzuordnensind,dieGrundsteuerB.
48 Teil I: Rahmenbedingungen
HolsteinundMecklenburg-Vorpommernauf.InabsolutenZahlenistdieWasserflächeinBayern
amgrößten.
3 Wirtschaftskraft
DasBruttoinlandsprodukt(BIP)isteinewesentlicheDeterminantederKommunalfinanzsituation.
Die im BIP ausgedrückte Wirtschaftskraft wirkt sich über verschiedene Transmissionswege
(Beschäftigung,EinkommenundUnternehmensgewinne)aufdieSteuereinnahmenderKommu-
nenaus(Abb.11).AllerdingskönnenstrukturelleSteuerrechtsänderungenzueinerEntkopplung
vonSteuereinnahmenundWirtschaftskraftführen.
AufanalogeWeisewerdendieFinanzausstattungenderjeweiligenLänderüberdasBIPdetermi-
niert, welche über die Kommunalen Finanzausgleichsysteme (KFA-Systeme) wesentlich zur
GesamtausstattungderKommunenbeitragen.FernerwirktsichdieWirtschaftskraftauchausga-
benseitig,z.B.beidenSozialausgaben,aufdiekommunalenHaushalteaus.
Quelle: Eigene Darstellung
Abbildung 11: Zusammenhang von Bruttoinlandsprodukt und Kommunalfinanzsituation
• Veränderung des BIP• Einkommen• Beschäftigung• Unternehmensgewinne
• Eigene Steuereinnahmen der Kommunen• KFA-Ausstattung, Zuweisungen an Kommunen• Potential zum Auflegen von staatlichen Fördertöpfen für Kommunen außerhalb des KFA• Kommunale Ausgaben für Soziales
• Einnahmepotentiale• Ausgabe- notwendigkeiten
BIP
Beeinflusste Größen(Auswahl)
Kommunalfinanzen
InsgesamtunterlagdasBIPimBetrachtungszeitraum2008bis2011einerstarkenVeränderung.
AusgehendvomwirtschaftsstarkenJahr2008habensichdieWertebedingtdurchdieFinanz-und
Wirtschaftskrise im Jahr 2009 in allen Flächenländern verschlechtert. Im Jahr 2010 folgte eine
Erholungsphase,wobeinochnichtinallenLänderndiegutenWertedesJahres2008wiedererreicht
wurden.ErstimJahr2011zeichnetesichinnahezuallenLänderneinedeutlicheVerbesserungab.28
28 Bei der Wirtschaftsleistung gibt es zuweilen starke Unterschiede innerhalb einzelner Regionen. Die Durchschnittswertesind nicht notwendigerweise für alle Kommunen des betreffenden Landes repräsentativ. Einzelgemeindliche Daten zuden Themenfeldern Wirtschaft und Arbeit sowie Soziales können das Bild erhellen. Sie sind über das Internetportalwww.wegweiser-kommune.deabrufbar.
49Teil I: Rahmenbedingungen
ImLändervergleichergibtsichimZeitraum2008bis2011einsehrheterogenesBildhinsichtlich
desBIP-NiveausundderVeränderungsraten(Abb.12).DenhöchstenWertbeimBruttoinlandspro-
duktproKopf(injeweiligenPreisen)erreichtimJahr2011dasLandHessen,gefolgtvonBayern
Baden-Württemberg
Rheinland-Pfalz
Hessen
Saarland
Schleswig-Holstein
Nordrhein-Westfalen
Niedersachsen
Bayern
Thüringen
0 5.000 10.000 15.000 20.000 25.000 30.000 35.000 40.000
Brandenburg
Mecklenburg-Vorpommern
Sachsen-Anhalt
Sachsen
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2012b: Bruttoinlandsprodukt in jeweiligen Preisen (1991 bis 2011); Berechnungsstand: August 2011/Februar 2012 (Einwohner zum 30.6. des jeweiligen Jahres)
Abbildung 12: Bruttoinlandsprodukt der Jahre 2008 bis 2011 in Euro je Einwohner
33.835
33.46233.029
34.47535.545
21.01420.550
21.17722.051
36.74335.288
36.38737.616
20.49220.26720.753
21.363
26.57625.586
27.11828.306
30.83929.543
30.72131.893
26.57525.972
27.10528.311
30.16927.100
28.53530.059
21.89121.410
22.07322.970
21.09220.398
21.22622.336
25.60524.91925.244
25.967
20.29519.684
20.55721.608
31.31333.427
34.943
2008 2009 2010 2011
50 Teil I: Rahmenbedingungen
und Baden-Württemberg. Das niedrigste Bruttoinlandsprodukt je Einwohner ist für das Land
Mecklenburg-Vorpommernfestzustellen.
Auffälligist,dasshinsichtlichdesNiveausderWirtschaftskraftnochimmereindeutlicherUnter-
schied zwischenneuenundaltenBundesländernbesteht. So liegt2011 selbstdaswirtschafts-
stärksteneueBundesland(Sachsen)imNiveaudesBIPproKopfum2.997EurounterdemNiveau
vonSchleswig-Holstein,demwirtschaftsschwächstenaltenBundesland.
DiestärkstenfinanzkrisenbedingtenEinbrücheimBIPproKopf(injeweiligenPreisen)habenim
VergleichderJahre2008und2009dieLänderSaarland(–10,2Prozent)undBaden-Württemberg
(–7,5Prozent)zuverkraften.AmgeringstendurchdieFinanz-undWirtschaftskrisebeeinflusst
wurde die Wirtschaftskraft von Mecklenburg-Vorpommern (–1,1 Prozent). Eine geringe Wirt-
schaftskraftundhoheAbhängigkeitvonFinanztransfersspiegeltsichhieringeringenkrisenbe-
dingtenEinnahmeschwankungenwider.UmflächendeckendeinvergleichbaresMaßöffentlicher
LeistungenundInfrastrukturzuermöglichen,existierenumfangreichevertikaleundhorizontale
Ausgleiche.29 Es besteht somit keine lineare Beziehung zwischen lokaler Wirtschaftskraft und
gemeindlichenEinnahmen.GrundsätzlichreagierendiekommunalenHaushaltejedochumsosen-
sibler auf konjunkturelle Schwankungen, je stärker sie aus eigenen Steuern, vornehmlich der
Gewerbesteuer,finanziertsind.
DiedurchdieKrisestarknegativbeeinflusstebaden-württembergischeWirtschaftistgleichwohl
diejenige,dieindenbeidendarauffolgendenJahrendiekräftigsteErholunggegenüberdemVor-
jahrvorzuweisenhat(2010:+6,8Prozent;2011:+4,5Prozent).DieWirtschaftdesLandesSchles-
wig-HolsteinhatimVergleichhierzudiegeringstenWachstumsratenindenJahren2010und2011
zuverzeichnen (+1,3Prozentund+2,9Prozent).DaseinzigeLand,das imVergleichder Jahre
2008und2011auchimJahr2011nochnichtwiederdasNiveaudesVorkrisenjahres2008erreicht
hat,istdasSaarland.DasBIPproKopf(injeweiligenPreisen)liegthier2011um110Euroniedri-
gerals2008.
AuchinnerhalbderBundesländersinddieSchwankungenderWirtschaftskrafterheblich.30Inwel-
chemMaßesichdasBIPaufdieEinnahmenauswirkt,hängtu.a.vomSteuerrechtundderSteuer-
verteilungzwischenderBundes-,Landes-undkommunalenEbeneab.
4 Kommunalisierungsgrad
ÖffentlicheAufgabenunddiedaraus folgendenAusgabensind indenLändernunterschiedlich
zwischenderLandesebeneundderkommunalenEbeneverteilt(Tab.8).DerBegriffKommunali-
sierungsgradbeschreibtdenAnteildervondenKommunengetätigtenAusgabenanderSumme
derAusgabenvonLandundKommunen.JehöherderKommunalisierungsgradist,destogrößer
sinddiekommunalenAusgabenimVergleichzudenenderjeweiligenLänder.
29 Vgl.BertelsmannStiftung2012.30 Einzelgemeindliche Daten zu den Themenfeldern Wirtschaft und Arbeit sowie Soziales können unter www.wegweiser-
kommune.deabgerufenwerden.
51Teil I: Rahmenbedingungen
Tabelle 8: Kommunalisierungsgrad des Jahres 2009 (anhand der gesamten unmittelbaren Ausgaben)
Flächenland Gesamtausgaben* (in Mio. Euro)
Kommunale Ausgaben** (in Mio. Euro)
Kommunalisierungsgrad (in Prozent)
Baden-Württemberg 48.611 24.623 50,65
Bayern 64.041 29.173 45,55
Brandenburg 12.070 5.848 48,45
Hessen 29.942 15.122 50,50
Mecklenburg-Vorpommern 7.708 3.581 46,46
Niedersachsen 35.118 16.867 48,03
Nordrhein-Westfalen 81.962 44.114 53,82
Rheinland-Pfalz 18.321 8.817 48,13
Saarland 4.640 1.720 37,07
Sachsen 18.325 9.239 50,42
Sachsen-Anhalt 11.413 4.723 41,38
Schleswig-Holstein 12.190 5.917 48,54
Thüringen 10.387 4.706 45,31
Flächenländer 354.728 174.448 49,18
* Unmittelbare Ausgaben von Land und Kommunen (inklusive der ZV). ** Unmittelbare Ausgaben der Gemeinden, GV und ZV.
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012g: Rechnungsergebnisse des öffentlichen Gesamthaushalts 2009
Heterogene Aufgaben- und Ausgabenverteilungen in den einzelnen Flächenländern und ihren
KommunenerschwerenallerdingsländerübergreifendeVergleiche.GemeindenundGemeindever-
bändenwerdeninunterschiedlichemUmfangvonihrenLändernAufgabenübertragen;31daskön-
nensowohlkommunaleSelbstverwaltungsaufgabenalsauchstaatlicheAuftragsangelegenheiten
sein.GrundsätzlichkönnenderartigeVerzerrungeninGrenzen32anhanddesKommunalisierungs-
gradesberücksichtigtwerden.
Der anhand der unmittelbaren Ausgaben für den Gesamthaushalt berechnete Kommunalisie-
rungsgradderKommunenderFlächenländerfürdasJahr2007beträgt48,97Prozent. ImJahr
2008liegterbei49,05ProzentundimJahr2009bei49,18Prozent.DaslässtinderTendenz33eine
zunehmendeAufgabenverlagerungandiekommunaleEbenevermuten.
FürdieseThesesprechendieindervergangenenDekadeumgesetztenVerwaltungsstrukturrefor-
men.DieLänderMecklenburg-Vorpommern,SachsenundSachsen-AnhaltfusioniertendieLand-
kreiseundhabenimZugedessendiesengrößerenEinheitenehemaligeLandesaufgabenübertra-
gen.AndereBundesländerhabenAufgabenohnekommunaleGebietsreformaufdieKommunen
übertragen.Eswirddeutlich,dassauchdieAufgabenverteilungzwischenLandundKommunen
einemstetigenWandelunterliegt.DieserschwertdieBeurteilunglangerZeitreihen.
31 Ebenfalls unterscheiden sich die bereitgestellten Mittel der Länder für ihre Kommunen, etwa über die kommunalenFinanzausgleichsystemeundFörderprogramme.
32 ZudenGrenzen,unterschiedlichenBerechnungsmethodenundderenAussagekraftvgl.Gnädinger2012,S.57ff.33 DieAuslagerungenausdenKernhaushaltenkönneninzeitlicherundländerübergreifenderHinsichtvariieren,sodassergebnis-
verzerrendeNiveaueffekteentstehen.
52 Teil I: Rahmenbedingungen
WichtigfürdiekommunaleHaushaltssituationistvordemHintergrunddesKommunalisierungs-
grades–nebendemUmfangübertragenerAufgaben–auchdieFrage,welcheAufgabenkonkret
übertragen werden und welche Finanzströme damit einhergehen. Problematisch ist ein hoher
Kommunalisierungsgradinsbesonderedann,wenndieFinanzausstattung(eigeneundvonande-
rerEbenebereitgestellteMittel)derbetroffenenKommunennichtäquivalentist.ZurEinordnung
derspezifischenFinanzsituationderKommunenindenKontextderanderenFlächenländeristein
BlickaufdiejeweiligenKommunalisierungsgradedaherhilfreich.
GemessenandenunmittelbarenAusgabenvariiertderKommunalisierungsgraddesJahres2009
zwischen 37,07 Prozent im Saarland und 53,82 Prozent in Nordrhein-Westfalen (Tab. 8). Eine
wesentlicheUrsachediesergroßenVarianzgeradezwischendiesenLändernliegtinderunter-
schiedlichenTrägerschaftsozialerLeistungen.HinzutrittfürdasSaarlandderUmstand,dassin
kleinenLänderndieFixkostenderLandesverwaltungstärkerinsGewichtfallen.
53Teil II: Kommunale Haushaltssituation
TeilII:KommunaleHaushaltssituation
Zusammenfassung
• DieFinanzstatistikbildetgegenwärtignochkeine Daten in der doppischen LogikundinAnknüp-
fungandenErgebnishaushaltoderdie-rechnungab.Siefunktioniertnacheinerkameralen
Logik–auchweilderBundunddieMehrzahlderLänder(unddamitderGroßteilderBudget-
volumina)nochkameralrechnen.FürdenErgebnishaushaltwesentlichePositionenwerden
daherstatistischnichtabgebildet.
• EinewesentlicheVerbreiterungerfährtdieStatistikabdemBerichtsjahr2011mitderIntegra-
tion ausgelagerter Haushalte der Kommunen (FEUs des Staatssektors). Eine vollständigere
AbbildungderFinanzsituationistnunmöglich.GleichwohlsindnochlängstnichtalleInforma-
tionenabrufbar,dieimSinnedoppischerJahresabschlüsseodergarGesamtabschlüssegene-
riertwerdenkönnen.
• In den Jahren 2007 und 2008 verzeichnen die Kommunen der Flächenländer hohe Über-
schüsse.ImGefolgederWirtschaftskrisegeraten die HaushaltejedochindenJahren2009bis
2010von einem Extrem in ein anderes.SiewerdenfürdieSummederKommunenstarkdefizi-
tär.
• DietiefeKommunalfinanzkrisederVorjahresetzt sich im Jahr 2011 nicht in vergleichbarer Intensi-
tät fort.ImZugederanziehendenWirtschaftsentwicklunghabensichdieHaushaltsdatender
KommunenimDurchschnittderFlächenländerwiederverbessert–voneinerTrendumkehr
kannindes(noch)nichtgesprochenwerden:NochimmeristderFinanzierungssaldodeutlich
negativ.ZudemistdieVerbesserungderHaushaltszahlenerkennbarvondervolatilenoderim
HinblickaufdieweitereEntwicklungzumindestmitUnsicherheitenbehaftetenWirtschafts-
undArbeitsmarktsituationgetragen.Entwarnung ist insofernnichtangezeigt.AbdemJahr
2012werdenu.a.infolgesteigenderSteuereinnahmenundEntlastungendurchdenBundwie-
derumÜberschüsseprognostiziert.
• DieHaushaltsergebnissederKommunenfallen in den Ländern unterschiedlich aus.ImJahr2011
erzieltensechsLänderÜberschüsse,siebenLänderDefizite.Nebendenbeidenwirtschafts-
starkenWest-FlächenländernBaden-WürttembergundBayernerreichendieKommunenin
Sachsen,Sachsen-Anhalt,ThüringenundMecklenburg-VorpommernÜberschüsse.Bemer-
kenswert ist, dassdievergleichsweise gute Finanzsituation der Kommunen in einzelnen neuen
Ländernbereits indenvonderFinanz-undWirtschaftskrisebesondersgeprägten Jahren
2009/2010 beobachtet werden kann. 2010 weisen die Kommunen in Sachsen, Sachsen-
AnhaltundMecklenburg-VorpommernalseinzigeÜberschüsseaus.ImJahrzuvor,2009,ist
der Kommunale Finanzierungssaldo in allen neuen Ländern positiv, während er in allen
altenLändernnegativausfällt.DievergleichsweisehöhereKrisenresistenzderKommunen
indenneuenLändernwährendderimDurchschnittallerKommunendefizitärenHaushalts-
jahre2009bis2011begründetsichu.a.inihremtendenziellhöherenAnteilankonjunktu-
runabhängigerenZuweisungenimVergleichzurvolatilenGewerbesteuer.Dieaktuellnoch
54 Teil II: Kommunale Haushaltssituation
günstigeFinanzsituationderKommuneninOstdeutschlandrelativiertsichjedochvordem
HintergrunddesauslaufendenSolidarpaktesundstarkerSchrumpfung.
• Rund56 Prozent aller öffentlichen Bauinvestitionen werden imJahr2011durch die Kommunen
getätigt.ImVorjahrsindesnoch58ProzentundvolumenseitigrundeineMrd.Euromehr.Die
AusgabenreduzierungimBaubereichistdabeiResultatdesAuslaufensderKonjunkturpakete.
InsofernstelltderRückgangtrotzdesmancherortsweiterhinvorhandenenInvestitionsbedar-
fesein„Schrumpfen auf Normalniveau“dar.BemerkenswertistdieSituationinNordrhein-West-
falenunddemSaarland.IndenbeidenLändernwerdendieniedrigstenPro-Kopf-Bauausgabe-
voluminageneriert–dieübermehrereJahreanhaltendenDefizitezeigenkonkreteFolgenin
denInvestitionen.
Vorbemerkungen
DiezentraleKennzahlzurBeurteilungderfinanziellenLeistungsfähigkeitvonKommunenistin
derdoppischenTerminologiedasordentlicheErgebnis(Tab.9).WirdderordentlicheErgebnisaus-
gleich–alswichtigsteFaustformelkennzahl fürdieGenerationengerechtigkeit,diesewiederum
übersetztalsinterperiodischeGerechtigkeit–regelmäßigverfehlt,kanninfinanziellerHinsicht
einWirtschaftenaufKostenkommenderGenerationendiagnostiziertwerden.Damitgehteinher,
dassdiedauerhaftefinanzielleLeistungsfähigkeit,mithindieGewährleistungderstetenAufga-
benerfüllungmittel-bislangfristiginFragegestelltwird.
Tabelle 9: Berechnung und Aussage der Finanzkennzahl ordentliches Ergebnis (doppische Logik)Kennzahl Ordentliches Ergebnis
Ermittlung Ordentliche Erträge – ordentliche Aufwendungen; einschließlich Finanzerträge und -aufwendungen
Aussage Die Kommune kann im Haushalts- bzw. Rechnungsjahr (oder bezogen auf den Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung) die Aufwendungen aus der laufenden Verwaltungstätigkeit durch Erträge der laufenden Verwaltungstätigkeit (ohne die Veräußerung kommunalen Vermögens) decken. Damit wird deutlich, dass die Kommune das vorhandene Nutzungspotential für zukünftige Generationen nicht verringert. Folglich lebt sie nicht auf Kosten kommender Generationen.
Quelle: Eigene Darstellung; in Anlehnung an Fischer 2009: Doppischer Gemeindefinanzbericht, S. 11 f.
DieFinanzstatistikbildetgegenwärtigallerdingsnochkeineDateninderdoppischenLogikundin
AnknüpfungandenErgebnishaushaltoderdie-rechnungab.Siefunktioniertnacheinerkamera-
lenLogik–auchweilderBundunddieMehrzahlderLänder(unddamitderGroßteilderBudget-
volumina)nochkameralrechnen.FürdendoppischenErgebnishaushaltwesentlichePositionen
werdendamitstatistischnichtabgebildet.Dasbetrifft insbesondereAbschreibungenundRück-
stellungenalsAufwandspositionensowieErträgeausderAuflösungvonSonderpostenalsErtrags-
kategorie.
Für die Zwecke der Statistik werden die Daten der heute bereits doppisch und kaufmännisch
buchendenEinheiten(alsoinsbesonderedieDatenzahlreicherGemeindenundGV)derkamera-
lenSystematikzugeschlüsselt.DieStatistischenÄmtererhebenanstellederGruppierungendie
55Teil II: Kommunale Haushaltssituation
EinzahlungenundAuszahlungennachdenKontenderFinanzrechnung,dievondenKommunen
zuführensind.StattderGliederungspositionenwerdendieProduktgruppenerhoben,dieindie
PositionenderkameralenHaushaltssystematiküberführtwerden.NaturgemäßführendieseÜber-
leitungenaufgrundsystematischerUnterschiedezuUnschärfen.
AufderanderenSeitewerdenindieStatistikPositioneneinbezogen,diefürdiedoppischenErgeb-
nisse nur eine indirekte Rolle spielen, etwa die Bauinvestitionsausgaben. Letztere werden im
ErgebnisüberdieAbschreibungenrelevant.DiesesystemischenUnterschiedeführendazu,dass
wesentlicheKennzahlenzurBeurteilungderfinanziellenLeistungsfähigkeitvonKommunen,ins-
besonderedasordentlicheErgebnis,34gegenwärtignichtmittelsderStatistikabgebildetwerden
können.
1 Entwicklung der Haushaltssituation
DurchdieReformdesGemeindehaushaltsrechtswerdendieDatenbasisunddieDatenquellender
Finanzstatistikverändert.DieDatenquellenunterscheidensichzumTeilinhaltlichundsystema-
tischdeutlichvondenbisherigenErhebungsgrundlagen.DiekommunalenDatensinddaherfür
einenlängerenÜbergangszeitraumintertemporalundüberdieBerichtsstellenhinwegnureinge-
schränktvergleichbar–auchweilsichdieGeschwindigkeitbeiderEinführungdesressourcenver-
brauchsorientierten kommunalen Haushaltsrechts unterscheidet und wesentliche gesetzliche
NeuerungenbisheutenichtzwischendenLändernharmonisiertsind.35
Bemerkenswertist,dassdieKassenstatistikdahingehendeineNeuerungerfahrenhat,dassneben
denKernhaushaltenauchdieausgelagerteAufgabenwahrnehmung(Extrahaushalte)inderregel-
mäßigenBerichterstattungfortanmitbetrachtetwird.36VordemHintergrundderteilweiseerhebli-
chen fiskalischenRisikenausgelagerterEinheiten istdieseErweiterungdesBerichtskreiseszu
begrüßen.AlsExtrahaushaltewerdenabdemBerichtsjahr2011dieFonds,Einrichtungenund
Unternehmen(FEUs)erfasst,dienachdenKriteriendesEuropäischenSystemsVolkswirtschaftli-
cherGesamtrechnungen(ESVG)199537demStaatssektorzuzurechnensind.38
FürdenintertemporalenVergleicheinzelnerEinnahme-undAusgabepositionenistdiestatistische
Systemumstellungbedeutsam.DasGleichegiltfürhochaggregierteSaldenwiedenKommunalen
FinanzierungssaldoinderMehrjahresbetrachtung(Abb.13).IndieWertederJahre2007bis2009
sinddieExtrahaushaltenichteingerechnet.FürdieJahre2010/2011kanndieGrößedesFinanzie-
rungssaldosinklusivederFEUsdesStaatssektors(Extrahaushalte)abgebildetwerden,wobeiin
34 Für das Internetportal www.wegweiser-kommune.de wird auf einzelgemeindlicher Ebene versucht, die Größe der Positionnachzubilden. Das kamerale ordentliche Ergebnis ist ein Saldo, der aus Addition von kameralem Primärergebnis undFinanzergebnis ermittelt wird. Das ordentliche Ergebnis nach kameraler Logik darf nicht mit dem ordentlichen ErgebnisnachdoppischerLogikverwechseltwerden, obgleich es eineNachbildungderdoppischenGrößeunterdeneingeschränktenGegebenheitenderStatistikdarstellt.
35 Vgl.dazuBudäus2009undMühlenkamp/Glöckner2010sowiedieErgebnissedesProjektesRechtsvergleichDoppikunterwww.doppikvergleich.de/
36 EinediefiskalischeRelevanzbenennendeBegründungzurErweiterungderKassenstatistikfindetsichinderReiheWirtschaftundStatistikdesStatistischenBundesamtes.Vgl.Schmidt2011.
37 Vgl.AmtfüramtlicheVeröffentlichungenderEuropäischenGemeinschaften2002.38 Seit dem Jahr 2011 enthalten die kommunalen Kassenergebnisse ebenfalls die Ausgaben und Einnahmen der rund 1.930
kommunalenFonds,EinrichtungenundUnternehmendesStaatssektors.Vgl.Meißmer/Seese/Schulze-Steikow2012,S.448.
56 Teil II: Kommunale Haushaltssituation
derKassenstatistik2011(1.bis4.Quartal)dieDatenfür2010methodischundbeimBerichtskreis
angepasstsind.InsgesamtsinddieDatenfürdenFinanzierungssaldoinderZeitreihenureinge-
schränktvergleichbar.
IndenJahren2007/2008erreichendieKommunenderFlächenländer(inklusivederZweckverbände)
sehrhoheÜberschüssevonjeweilsmehralsachtMrd.Euro.ImJahr2009sinddieAuswirkungender
Finanz-undWirtschaftskriseindenKommunalhaushaltenspürbar.DerKommunaleFinanzierungs-
saldogerätvoneinemExtremindasnächste:ErverkehrtsichineinDefizitvonrund7,7Mrd.Euro.
2007*
2008*
2009*
2010**
2011***
Quelle: Eigene Darstellung; Daten für 2007 bis 2009 entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012g: Rechnungsergebnisse des öffentlichen Gesamthaushalts 2009; Daten für 2010/2011 entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012c: Kassenstatistik 2011
Abbildung 13: Entwicklung des Kommunalen Finanzierungssaldos in den Jahren 2007 bis 2011in Mio. Euro
8.278
–7.729
–8.822
–2.878
8.385
* Für die Jahre 2007 bis 2009 wird der Kommunale Finanzierungssaldo für die Gemeinden und Gemeindeverbände (inklusive Zweckverbände) angezeigt. ** Für das Jahr 2010 wird das revidierte Ergebnis angezeigt. Dazu werden die Daten weitgehend (methodisch und beim Berichtskreis) an den Stand vom 1. bis 4. Vierteljahr 2011 angepasst. Der Finanzierungssaldo wird für die Gemeinden und Gemeindeverbände inklusive der Extra-haushalte (nach Abgrenzung der Kassenstatistik) angezeigt. Damit sind die Werte nur eingeschränkt mit denen der Vorjahre vergleichbar. *** Für das Jahr 2011 wird der Finanzierungssaldo für die Gemeinden und Gemeindeverbände inklusive der Extrahaushalte (nach Abgrenzung der Kassenstatistik) dargestellt. Damit sind die Werte nur eingeschränkt mit denen der Jahre 2007 bis 2009 vergleichbar.
ImJahr2010könnenerstmalsnebendenKernhaushaltendieFEUsdesStaatssektors39einbezogen
werden.Unter ihrerBerücksichtigung liegtderFinanzierungssaldobei rund8,8Mrd.Euro im
Defizit.FürdasJahr2011istererneutnegativ.DasDefizitderGemeindenundGemeindeverbände
inklusivederExtrahaushalteliegtbei2.878Mio.Euro.40DamitkommtesfürdieKommunender
FlächenländerzueinerstarkenVerbesserungimVergleichzumVorjahr.Dennochwerdenweiter-
hinDefiziteundkeineÜberschüsserealisiert.
AufGrundlagederaktuellenmittelfristigenProjektionderöffentlichenFinanzendurchdasBun-
desfinanzministerium41(BMF)werdenfürdasJahr2012erstmalswiederkommunaleÜberschüsse
erwartet.42NachdenProjektionsergebnissenwerdendiekommunalenÜberschüssebiszumJahr
39 AufgrunddesRückgriffsaufdieKassenstatistikwerdenZweckverbände,dieansonstenebenfallsdenExtrahaushaltenzugeordnetwerden,nichterfasst.
40 Das Finanzierungsdefizit in Höhe von rund 2,9 Mrd. Euro im Jahr 2011 verteilt sich zu 58,2 Prozent auf die kommunalenKernverwaltungenundzu41,8ProzentaufdieExtrahaushalte.Vgl.Meißmer/Seese/Schulze-Steikow2012,S.448.
41 Vgl.BundesministeriumderFinanzen2012a.42 DieBundesvereinigungderkommunalenSpitzenverbändeerwartetfürdasJahr2012ebenfallskommunaleÜberschüsse.Vgl.
BundesvereinigungderkommunalenSpitzenverbände2012.DerDeutscheStädtetagprognostiziertfür2012einenKommunalenFinanzierungssaldovon2,31Mrd.Euro.Vgl.Anton/Diemert2012,S.11.
57Teil II: Kommunale Haushaltssituation
2015weiteransteigenundunterdengetroffenenAnnahmenimletztenJahrderPrognose(2016)
beirund5,5Mrd.Euroliegen.DerpositiveTrendwirddurchdasBMFeinnahmeseitiginsbeson-
deredurchdiegünstigeSteuerentwicklungunddieÜbernahmederKostenderGrundsicherung
nachSGBXIIsowiederKostenfürBildungundTeilhabenachSGBIIdurchdenBundbegründet.
EinweitererFaktoristdiemitderpositivenEntwicklungderSteuereinnahmeneinhergehendeStei-
gerungderLandeszuweisungenindenkommunalenFinanzausgleichssystemen.43FürdieAusga-
beseiteerwartetdasBMFeinedeutlicheSteigerung.SowirdnachdengetroffenenAnnahmenfür
das Jahr 2012 der durch das Auslaufen der Investitionsprogramme des Konjunkturpakets II
bedingteRückgangderSachinvestitionendurchSteigerungenbeiPersonalausgabenundlaufen-
dem Sachaufwand überkompensiert, sodass insgesamt von einem Ausgabenzuwachs von rund
einemProzentausgegangenwird.FürdieJahre2013bis2016wirdmitAusgabenwachstumsraten
vonrunddreiProzentgerechnet.NachAngabendesBMFwirdsichdieErholungderkommunalen
FinanzsituationebenfallsinderZinsausgabenentwicklungspiegeln,dienachAnsichtdesMiniste-
riumsvoraussichtlichüberdengesamtenProjektionszeitraumleichtrückläufigseinwird.
NichtdurchdasBMFbenannt,aberebensovongrößererRelevanzfürdieKommunalfinanzent-
wicklung dürften daneben die in mehreren Ländern aufgelegten kommunalen Entschuldungs-
undKonsolidierungsprogrammesein.44TrotzihrerimDetailheterogenenKonzeptionsindsiealle-
samt darauf ausgelegt, konsolidierungsbedürftigen Kommunen Landeshilfen zukommen zu
lassen, wobei im Gegenzug merkliche eigene Konsolidierungsanstrengungen der betreffenden
Kommunenerwartetwerden.
2 Einordnung der kommunalen Haushaltssituation
ZwischendenJahren2010und2011hatsichderFinanzierungssaldonichtnurbeidenKommu-
nen der Flächenländer, sondern auf allen Ebenen verbessert (Abb. 14). Die Reihenfolge bleibt
indesauchimJahr2011identisch.DerBundrealisiertinklusiveseinerExtrahaushaltedasschlech-
testeErgebnis(–12,441Mrd.Euro).EsfolgendieLändermiteinemnegativenFinanzierungssaldo
von10,833Mrd.EuroimJahr2011unddieKommunenderFlächenländermiteinemDefizitvon
2,878Mrd.Euro,wobeiauchbeidenLändernunddenKommunendieFEUsdesStaatssektors
berücksichtigt werden. Das kommunale Defizit im Finanzierungssaldo entspricht 2011 exakt
1,50 Prozent der bereinigten Einnahmen; beim Bund sind es 3,56 Prozent, bei den Ländern
3,51Prozent.ImJahr2010warenesnoch4,84ProzentbeidenKommunen,17,00Prozentbeim
Bundund8,13ProzentbeidenLändern.
ImVergleichzudenstaatlichenGebietskörperschaftenschließendiekommunalenHaushalteinso-
fern in den Jahren 2010 und 2011 besser ab. Gleichwohl realisieren auch die Gemeinden und
GemeindeverbändeDefiziteundkeineÜberschüsse.
43 Die Schlüssel- und sonstigen Zuweisungen der kommunalen Finanzausgleichssysteme hängen maßgeblich von denSteuereinnahmenab.ObgleichdieLänderbeiderAusgestaltungderFinanzausgleichssystemeerheblicheSpielräumehaben,sind sie doch mindestens aufgrund des grundgesetzlich manifestierten Steuerverbundes (obligatorischer Steuerverbund, derdurchdenfakultativenSteuerverbundergänztwird)verpflichtet,dieKommunenanihrenSteuereinnahmenzubeteiligen.
44 Vgl.Gnädinger2012,S.157ff.;Hilgers/Burth2011.
58 Teil II: Kommunale Haushaltssituation
Bund Länder* Kommunen
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012c: Kassenstatistik 2011
* Flächenländer plus Stadtstaaten. ** Revidiertes Ergebnis. Die Daten werden weitgehend (methodisch und beim Berichtskreis) an den Stand vom 1. bis 4. Vierteljahr 2011 angepasst.
Abbildung 14: Finanzierungssaldo von Bund, Ländern und Kommunen (ohne Zweckverbände) inklusive der FEUs des Staatssektors in Mio. Euro
–
–10.000
–20.000
–30.000
–40.000
–50.000
–60.000
–51.590
–12.441
–23.092
–8.822 –2.878–10.833
Jahr 2010** Jahr 2011
DerBlickaufdieDetailsoffenbartallerdings,dassdievergleichsweisegünstigerePositionder
KommunenimVerhältniszuihrenLändernnichtallerortsgegebenist.Infünfder13Flächenlän-
der(Bayern,Brandenburg,Hessen,Mecklenburg-VorpommernundSachsen)fälltderWertfürden
LandesfinanzierungssaldoimJahr2011besserausalsderFinanzierungssaldofürdieKommunen
desbetreffendenLandes.
3 Hintergründe der gegenwärtigen Haushaltsentwicklung
DieindenJahren2009und2010nahezuflächendeckendspürbare,tiefeKommunalfinanzkrise
setzt sich im Jahr 2011 nicht in vergleichbarer Intensität fort. Im Zuge der anziehenden Wirt-
schaftsentwicklunghabensichdieHaushaltsdatenderKommunenimDurchschnittderFlächen-
länderwiederverbessert–voneinerTrendumkehrkannindes(noch)nichtgesprochenwerden:
NochimmeristderFinanzierungssaldodeutlichnegativ,unddieVerbesserungderHaushaltszah-
lenisterkennbarvondervolatilenoderimHinblickaufdieweitereEntwicklungzumindestmit
Unsicherheiten behafteten Wirtschafts- und Arbeitsmarktsituation getragen. Entwarnung ist
insofernnichtangezeigt.
Die Verbesserung des Finanzierungssaldos im Jahr 2011 um knapp sechs Mrd. Euro wird
maßgeblichvondensteigendenKommunalsteuereinnahmen(netto)getragen (Tab.10).Die
Steuernund steuerähnlichenAbgaben sind zwischen2010und2011um rund9,1Prozent
angestiegen.DievolatileunddirektandieKonjunkturentwicklunggekoppelteGewerbesteuer
(netto) hat mit einem Zuwachs von rund 13,2 Prozent einen gewichtigen Beitrag für das
Einnahmepluserbracht.EbenfallshatdieArbeitsmarktentwicklungzueinemPlusbeiden
59Teil II: Kommunale Haushaltssituation
Gemeindeanteilen an der Einkommensteuer geführt (zu den Kommunalsteuern im Detail
s.TeilIII).45
Tabelle 10: Veränderung wesentlicher Einnahme- und Ausgabepositionen der Gemeinden und Gemeindeverbände (inklusive Extrahaushalte) zwischen den Jahren 2010 und 2011 (absolute Werte in Mio. Euro)
Veränderung 2010/2011
Positionen Jahr 2010 Jahr 2011 In Prozent In absoluten Werten
Steuern und steuerähnliche Abgaben 63.925 69.744 9,10 5.819
Einnahmen aus wirtschaftlicher Tätigkeit 10.346 11.398 10,16 1.051
Zinseinnahmen 1.035 1.135 9,61 100
Laufende Zuweisungen und Zuschüsse 103.264 105.904 2,56 2.640
davon vom öffentlichen Bereich 94.356 97.782 3,63 3.426
davon von anderen Bereichen 8.908 8.122 –8,83 –786
Sonstige laufende Einnahmen 24.090 24.763 2,79 673
abzüglich Zahlungen von gleicher Ebene 38.450 38.662 0,55 212
Einnahmen der laufenden Rechnung 164.210 174.281 6,13 10.071
Veräußerung von Vermögen 4.799 4.497 –6,31 –303
Vermögensübertragungen 12.385 12.100 –2,30 –285
Darlehensrückflüsse 1.097 1.287 17,23 189
Schuldenaufn. beim öffentlichen Bereich 515 367 –28,84 –149
abzüglich Zahlungen von gleicher Ebene 869 874 0,61 5
Einnahmen der Kapitalrechnung 17.928 17.375 –3,08 –552
Bereinigte Einnahmen 182.138 191.656 5,23 9.519
Personalausgaben 49.495 50.730 2,50 1.236
Laufender Sachaufwand 43.826 45.098 2,90 1.271
Zinsausgaben 4.513 4.709 4,35 196
Laufende Zuweisungen und Zuschüsse 102.037 103.302 1,24 1.265
abzüglich Zahlungen von gleicher Ebene 38.450 38.662 0,55 212
Ausgaben der laufenden Rechnung 161.421 165.177 2,33 3.757
Sachinvestitionen 24.654 23.632 –4,15 –1.022
davon Baumaßnahmen 19.737 18.770 –4,90 –966
davon Erwerb von Sachvermögen 4.917 4.861 –1,14 –56
Vermögensübertragungen 3.160 3.350 5,99 189
Darlehen 685 968 41,37 283
Erwerb von Beteiligungen 1.561 1.940 24,29 379
Tilgungsausgaben an öffentlichen Bereich 348 341 –1,90 –7
abzüglich Zahlungen von gleicher Ebene 869 874 0,61 5
Ausgaben der Kapitalrechnung 29.539 29.357 –0,62 –182
Bereinigte Ausgaben 190.960 194.534 1,87 3.574
Finanzierungssaldo –8.822 –2.878 –67,38 –5.944
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012c: Kassenstatistik 2011
45 Vgl.StatistischesBundesamt2012b.
60 Teil II: Kommunale Haushaltssituation
NebendemSteuerzuwachshabensichdielaufendenZuweisungenundZuschüsse46sowiedieEin-
nahmenauswirtschaftlicherTätigkeitquantitativstarkerhöht.InsgesamthatdasstarkeWachs-
tumder laufendenEinnahmentrotzeinesRückgangsbeidenEinnahmenderKapitalrechnung
dazugeführt,dasssichdiebereinigtenEinnahmeninderSummezwischen2010und2011um
mehrals9,5Mrd.Euroerhöhen.
WährenddiebereinigtenEinnahmenimJahr2011um5,23Prozentsteigen,erfahrendiebereinig-
tenAusgabenebenfallseineSteigerung.SieerhöhensichimVergleichzumVorjahrum1,87Pro-
zent (3.574Mio.Euro),wobeiderAnstieg insbesonderevonden laufendenAusgabenausgeht,
währenddieAusgabenderKapitalrechnungleichtsinken.
AufderAusgabeseitesteigenzwischendenJahren2010und2011beieinerBetrachtungderabso-
lutenWertenebendem laufendenSachaufwand insbesonderedie laufendenZuweisungenund
ZuschüssesowiediePersonalausgabenan(zudenPersonalausgabenimDetails.TeilIV).DieAus-
gabenfürSachinvestitionensinkenhingegen,v.a.verursachtdurchgeringereBauausgaben.Die
merklicheAusgabenreduzierungimBaubereichistdabeiAusflussderauslaufendenKonjunktur-
programme; sie haben in den zurückliegenden Jahren als Reaktion auf die Finanz- und Wirt-
schaftskrisezuerheblichsteigendenkommunalenBauausgabenbeigetragen.Insofernstelltder
Rückgang bei dieser Ausgabenkategorie, trotz in Einzelbereichen weiterhin vorhandener
Investitionsbedarfe,47einSchrumpfenaufNormalniveaudar.
4 Kommunalhaushalte im Ländervergleich
Zwischen den einzelnen Ländern weist der Kommunale Finanzierungssaldo des Jahres 2011
erheblicheDisparitätenauf(Abb.15).WährendininsgesamtsechsLändernÜberschüssereali-
siertwerden,weisensiebenLänderDefiziteauf.48
DenmitdeutlichemAbstandhöchstenÜberschussrealisierendieKommuneneinschließlichihrer
FEUsdesStaatssektorsimLandBaden-Württemberg,gefolgtvonBayernalszweitemundletztem
altemFlächenland.AnsonstenerreichenausschließlichdieGemeindenundGemeindeverbändein
vier der fünf neuen Länder (Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern)
Überschüsse.UnterdenneuenFlächenländernmüsseneinzigdiebrandenburgischenKommunen
inihremDurchschnittDefizitehinnehmen.
Feststellbarist,dassimJahr2011exaktindenjenigenLändernkommunaleÜberschüsseauftre-
ten,dieimZeitraum2000bis2010dieprozentualamdeutlichstenausgeprägtenBevölkerungs-
veränderungenhaben.FürdieLänderBaden-WürttembergundBayernistdieswenigerüberra-
schend,daderenBevölkerungswachstumResultatderWirtschaftsstärke ist,diesichnachdem
ÜberwindenderWirtschaftskrise2011ebensoindenKommunalhaushaltenwiderspiegelt.Obauf
46 Zuwächse der Zuweisungen aus den kommunalen Finanzausgleichsgesetzen (FAGs) resultieren u.a. im Wesentlichen aushöherenEinnahmenderLänder,diesichüberdenSteuerverbundmiteinergewissenParallelitätauswirken.
47 Vgl.DeutschesInstitutfürUrbanistik2012,S.29ff.48 BeiausschließlicherBetrachtungderKernhaushalte(ohneExtrahaushalte)weistmitNiedersachseneinzusätzlichesLandeinen
Überschussaus.Vgl.BundesministeriumderFinanzen2012b,S.6f.,undHoller/Junkernheinrich2012,S.277.
61Teil II: Kommunale Haushaltssituation
deranderenSeitediestarkeSchrumpfungindenbetroffenenGemeindeneinezusätzlicheTrieb-
federist,umüberKonsolidierungsnotwendigkeiten(noch)intensivernachzudenken,bleibtandie-
serStelleoffen.VonstärkeremEinflussistsicherdasAuslaufendesSolidarpaktesII,welchesdie
HaushaltederLänderundKommunenunterhohenAnpassungsdrucksetzt.
Bemerkenswertistebenfalls,dassdievergleichsweiseguteFinanzsituationderKommuneninein-
zelnenneuenLändernbereitsindenvonderFinanz-undWirtschaftskrisebesondersgeprägten
Jahren2009/2010beobachtetwerdenkann.ZwarsinddiekonkretenWerteaufgrundderKassen-
statistikumstellungnichtvergleichbar,aberaufBasisderaltenKassenstatistik49weisenimJahr
2010dieKommuneninSachsen,Sachsen-AnhaltundMecklenburg-VorpommernalseinzigeÜber-
schüsseaus.ImJahrzuvor,2009,istderKommunaleFinanzierungssaldoinallenneuenLändern
positiv,währenderinallenaltenLändernnegativausfällt.DievergleichsweisehöhereKrisenre-
sistenzderKommunenindenneuenLändernwährendderimDurchschnittallerKommunendefi-
zitärenHaushaltsjahre2009bis2011begründetsichu.a.inihremtendenziellhöherenAnteilan
konjunkturunabhängigerenZuweisungen.GleichzeitighabenindenKommunenderneuenLän-
derinfolgederschwachenWirtschaftsstrukturdievolatileGewerbesteuersowiederkonjunktur-
abhängigeEinkommensteueranteileinegeringereBedeutung.
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012c: Kassenstatistik 2011; Einwohner zum 30.6.2011
Abbildung 15: Kommunale Finanzierungssalden (Gemeinden und Gemeindeverbände inklusive Extrahaushalte) im Jahr 2011 in Euro je Einwohner
* Wert inklusive gemeinsamer Extrahaushalte.
Baden-Württemberg
Rheinland-Pfalz
Hessen
Saarland
Schleswig-Holstein
Flächenländer (gesamt)*
Nordrhein-Westfalen
Niedersachsen
Bayern
Thüringen
Brandenburg
Mecklenburg-Vorpommern
Sachsen-Anhalt
Sachsen
167
70
61
45
39
3
–5
–38
–39
–46
–79
–126
–292
–418
49 Vgl.StatistischesBundesamt2011c.
62 Teil II: Kommunale Haushaltssituation
DiehöchstenDefizitewerdenimJahr2011indendreiKommunalfinanzkrisenländernRheinland-
Pfalz,Nordrhein-WestfalenundSaarlanderzielt.InallendreiLändernsindvielerortsdiealsbeson-
deresKrisenphänomengeltendenKassenkreditemittlerweilezueinerDauereinrichtungaufhohem
Niveauavanciert(s.dazuimDetailTeilVI).EinennocheinmaldeutlichschwächerenWertbeim
Finanzierungssaldo erreichen, wie bereits im Vorjahr, die hessischen Kommunen. Der äußerst
negativehessischeFinanzierungssaldoderbeidenJahreistdurchdenSondereffektdesSonderin-
vestitionsgesetzes und seiner Finanzierung beeinflusst. Buchungstechnische Gründe in Zusam-
menhangmitdenKonjunkturpaketentangierendenFinanzierungssaldonegativ.50Trotzdemkann
aucheineBereinigungumdiesenEffektnichtdarüberhinwegtäuschen,dassdiehessischeKom-
munalfinanzentwicklungindenJahren2010/2011einebesondereDramatikbesitzt.Einewesent-
liche Ursache für diese Situation ist neben den buchungstechnischen Wirkungen des Sonder-
investitionsgesetzesinderbesonderenBedeutungderGewerbesteuerfürHessenzufinden;das
LandhatseitmehrerenJahrendiehöchstenNetto-pro-Kopf-AufkommenbeidieserSteuer.Diesean
sichguteSituationwirktallerdingsinkonjunkturellenSchwächephasenkrisenerhärtend.Soistdie
Gewerbesteuer(netto)inHessenimKrisenjahr2009vonrund3,5Mrd.Euro(2008)auf2,7Mrd.
Euroeingebrochen.ImJahr2010beträgtdasAufkommenknappwenigeralsdreiMrd.Euro,und
selbstimJahr2011wirdmit3,05Mrd.EuronochlängstnichtdasVorkrisenniveauerreicht.
4.1 Einnahmen
DieEinnahmeunterschiedezwischendenKommunenderFlächenländerhabenbeieinzelnenEin-
nahmeartenimJahr2011eineenormeSpannweite(Tab.11).SosinddieSteuernundsteuerähn-
lichenAbgabeninBaden-Württemberg,BayernundHessenproEinwohnermehralsdoppeltso
hochwieamunterenEndederSkalainMecklenburg-Vorpommern.
Bei den Einnahmen aus wirtschaftlicher Tätigkeit erzielen die baden-württembergischen und
bayerischen Kommunen die Höchstwerte. Ausschließlich in Brandenburg wird bei dieser
EinnahmekategorieeinWertunterhalbder100-Euro-pro-Kopf-Markeerreicht.
ZinseinnahmenspieleninsgesamtinBezugaufdielaufendenEinnahmenquantitativeineunter-
geordnete Rolle. Vergleichsweise hohe Werte werden in Bayern, Nordrhein-Westfalen sowie in
Baden-WürttembergundSachsenerreicht.
Ost-West-DisparitätensindbeidenlaufendenEinnahmenausZuweisungenundZuschüssenzu
beobachten.DerniedrigsteWertwirdinBayernrealisiert.DenhöchstenWerterreichenbeidieser
PositiondiebrandenburgischenKommunen,gefolgtvonSachsen-Anhalt,Mecklenburg-Vorpom-
mernundThüringen.Einzig inSachsen fälltderWerthinterdiederzweialtenFlächenländer
Nordrhein-WestfalenundNiedersachsenzurück.
DiesonstigenlaufendenEinnahmensetzensichausGebühren,sonstigenEntgeltenundVerwal-
tungseinnahmenzusammen.BeidieserPositionerzielendienordrhein-westfälischenundhessi-
50 Vgl.Abendschein/Eicker-Wolf/Truger2012,S.329.
63Teil II: Kommunale Haushaltssituation
schenKommunenmitAbstanddiehöchstenPro-Kopf-Einnahmen; imSaarlandistderWertam
geringsten.Derhohenordrhein-westfälischeWertresultiertinsbesondereausGebührenundsons-
tigen Entgelten. Während im Durchschnitt der Kommunen der Flächenländer (inklusive der
gemeinsamenExtrahaushalte)303EurojeEinwohnererzieltwerden,liegtNordrhein-Westfalen
mit 475 Euro je Einwohner an der Spitze. Der niedrige saarländische Wert ist ebenso auf die
GebührenundsonstigenEntgeltezurückzuführen;dasAufkommendesLandesliegtmit111Euro
jeEinwohnerweitunterdemWertalleranderenLänder.
InsgesamterreichendieKommuneninNordrhein-WestfalenundBaden-Württembergdiehöchs-
tenlaufendenEinnahmen.DabeiverwundertaufdenerstenBlickderhoheWertfürNordrhein-
Westfalen,weilessichumeinHaushaltskrisenlandmitauchimJahr2011starknegativemFinan-
Tabelle 11: Einnahmen der Gemeinden und Gemeindeverbände inklusive der FEUs des Staatssektors im Jahr 2011 (in Euro je Einwohner)Einnahmeposition
Bade
n-W
ürtt
embe
rg
Baye
rn
Bran
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Mec
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Saar
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Sach
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Sach
sen-
Anh
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Schl
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ig-H
olst
ein
Thür
inge
n
Steuern und steuer-ähnliche Abgaben
1.052 1.075 571 1.087 507 839 1.007 825 804 610 553 823 532
Einnahmen aus wirtschaftlicher Tätigkeit
173 193 98 136 143 114 153 151 104 132 126 125 121
Zinseinnahmen 17 18 11 14 6 14 18 8 15 17 4 9 8
Laufende Zuweisungen und Zuschüsse
1.283 1.233 1.803 1.316 1.631 1.449 1.468 1.393 1.241 1.388 1.712 1.363 1.482
Sonstige laufende Einnahmen
270 282 287 413 211 305 488 202 140 205 207 323 185
abzüglich Zahlungen von gleicher Ebene
326 530 606 613 389 538 597 540 582 342 651 465 305
Einnahmen der laufenden Rechnung
2.469 2.271 2.165 2.354 2.109 2.182 2.537 2.039 1.723 2.009 1.950 2.178 2.024
Veräußerung von Vermögen
124 84 31 40 40 46 41 45 17 27 25 59 32
Vermögensüber- tragungen
116 179 274 144 252 100 151 141 105 262 273 117 199
Darlehensrückflüsse 16 7 5 27 2 15 16 72 55 1 26 5 1
Schuldenaufnahmen beim öffentlichen Bereich
3 2 - 14 20 4 1 13 2 0 7 25 5
abzüglich Zahlungen von gleicher Ebene
5 6 9 12 6 26 12 7 6 24 27 8 8
Einnahmen der Kapitalrechnung
253 266 302 213 309 140 198 264 174 267 304 198 229
Bereinigte Einnahmen 2.723 2.537 2.467 2.567 2.418 2.322 2.735 2.303 1.897 2.276 2.254 2.377 2.253
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012c: Kassenstatistik 2011; Einwohner zum 30.6.2011
64 Teil II: Kommunale Haushaltssituation
zierungssaldohandelt.51AufderanderenSeiteweisendiesaarländischenKommunendennied-
rigstenWertallerFlächenländerbeidenlaufendenEinnahmenaus;diesisteineUrsachefürdie
insgesamtschwierigeFinanzsituationdesLandes.
Bei den Einnahmen der Kapitalrechnung spielen Vermögensveräußerungen und Vermögens-
übertragungendiequantitativgewichtigsteRolle,obgleichbeidePositionenzwischendenJah-
ren2010und2011einenRückgangerfahrenhaben.ImDurchschnittderKommunenderFlä-
chenländerwerdenimJahr2011VermögensveräußerungeninHöhevon59EurojeEinwohner
getätigt. Dabei entfällt der weitaus größere Anteil auf die Veräußerung von Sachvermögen
(51Euro jeEinwohner), einkleinererTeil aufdieVeräußerungvonBeteiligungen (8Euro je
Einwohner).52Baden-Württemberg(124EurojeEinwohner;davonproKopf116EurofürdieVer-
äußerungvonSachvermögenundneunEurofürdieVeräußerungvonBeteiligungen)undBay-
ern(84EurojeEinwohner;davonproKopf73EurofürdieVeräußerungvonSachvermögenund
12EurofürdieVeräußerungvonBeteiligungen)weisendiehöchstenWertebeidengesamten
Vermögensveräußerungenaus.InbeidenLändernhatderVermögensverkaufinsofernimLän-
dervergleichüberproportionaldieHaushaltsergebnissedesJahres2011beeinflusst.EinWertin
Höhe des Flächenländerdurchschnitts hätte in beiden Ländern den Überschuss im Finanzie-
rungssaldogeringerausfallenlassen.ImSaarlandfallenaufderanderenSeitedieniedrigsten
EinnahmenausVermögensveräußerungan;siewerdenfastausschließlichfürdieVeräußerung
vonSachvermögengeneriert.
BeidenVermögensübertragungenspielendieZuweisungenundZuschüssefürInvestitionenvom
öffentlichenBereichimFlächenländervergleichdiegrößteRolle(136von160EurojeEinwohner),
währenddieZuweisungenundZuschüssefürInvestitionenvonanderenBereichendasquantita-
tivgeringereTeilsegment(24von160EurojeEinwohner)bilden.EineAufteilungderZuweisun-
genundZuschüssefürInvestitionenvomöffentlichenBereicherhelltdasBildweiter.Derganz
überwiegendeTeil(115EurojeEinwohner)wirdimDurchschnittderKommunendurchdieLän-
der getätigt. EineDifferenzierungder gesamtenVermögensübertragungen offenbartwiederum
erheblicheDisparitätenzwischendenneuenunddenaltenBundesländern.DiehöchstenEinnah-
menausVermögensübertragungenweisendieKommuneninBrandenburg,Sachsen-Anhaltund
Sachsenauf.DenniedrigstenPro-Kopf-WerteinesneuenFlächenlandeserzieltThüringen;dieser
liegtabernochimmerüberdemWertBayernsalsdeswestdeutschenFlächenlandsmitdemhöchs-
tenAufkommenausdieserPosition.InsgesamterreichendieniedersächsischenKommunendas
geringsteAufkommenausdieserEinnahmeart.
Bei der Zusammenfassung von Einnahmen der laufenden Rechnung und der Kapitalrechnung
wirddeutlich,dassdieKommunenderbeidenLänderBaden-WürttembergundNordrhein-Westfa-
51 GrundsätzlichsindbeiderDateninterpretation„Nachzieheffekte“zubeachten.DasgiltfüreinnahmeseitigeSaldenalsauchfürEinzelpositionen.ZumeinensolltenEinnahmenimSinnederBedarfsdeckungdenAusgabenunddamitdenselbstauferlegtenundpflichtigenAufgabenfolgen.ZumanderenverursachengewisseAusgaben/AufgabenspezifischeEinnahmen.Sokönnenz.B.erstdannEintrittsgelderfüreinBadgeneriertwerden,wenndiesesauchexistiert.ErstattungenfürspezielleBedarfe,etwaimSozialbereich,werdendannverstärktgeneriert,wenndieBedarfevorhandensindetc.EsbedarfinsofernimmerderEinordnungderEinnahmesituationindenKontextdesGesamtsaldoszwischenEinnahmenundAusgaben.
52 AuchlangfristighatdieVeräußerungvonImmobilieneinesehrvielgrößereBedeutungfürdiekommunalenHaushaltealsjenevon Beteiligungen. Inwieweit diese Veräußerungen in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Haushaltskonsolidierungstehen,istnurfürdenEinzelfallzubeantworten.Vgl.Geißler2012.
65Teil II: Kommunale Haushaltssituation
lenmiteinemgewissenAbstanddiehöchstenbereinigtenEinnahmenproKopferzielen.DasSaar-
landistaufderanderenSeitedaseinzigeLand,beidemdieKommunendieEinnahmemarkevon
2.000EurojeEinwohnernichterreichen.
4.2 Ausgaben
ImJahr2011weisendiehessischenKommunendiehöchstenbereinigtenPro-Kopf-Ausgabenaller
Flächenländeraus(Tab.12).Esfolgendienordrhein-westfälischenKommunenundmiteinigem
AbstanddieGemeindenundGemeindeverbändeinklusiveihrerExtrahaushalteinBaden-Würt-
temberg.DieKommunendieserdreiLänderhabenebenfallsdiehöchstenPro-Kopf-Ausgabenbei
denAusgabender laufendenRechnung,wobeiesandieserStellezwischenHessenundNord-
rhein-Westfalen zu einer Verschiebung in der Rangfolge kommt. In Nordrhein-Westfalen, dem
LandmitdemhöchstenKommunalisierungsgrad,liegendielaufendenAusgabenanderSpitzebei
2.613EurojeEinwohner,inHessenbei2.501EurojeEinwohnerundinBaden-Württembergbei
2.149Euro jeEinwohner.DerstarknegativeFinanzierungssaldoderLänderHessenundNord-
rhein-Westfalenistinsofernu.a.auchausgabenseitigbegründet.53InBaden-Württembergsinddie
Ausgabenzwarebenfallshoch,abernochimmersehrvielniedrigeralsindenbeidenanderenLän-
dern,undsiewerdeninsbesondereauchdurchEinnahmengedeckt.
Sachsen-Anhalt,dasSaarlandundThüringensindaufderanderenSeitedieFlächenländermit
dengeringstenbereinigtenAusgabenderKommunen.InallendreiLändernsindgleichzeitigver-
gleichsweiseniedrigeKommunalisierungsgradefestzustellen.InderFokussierungaufdielaufen-
denAusgabenkanndasBildderLändermitniedrigenAusgabenumBayernundSachsenerwei-
tertwerden:DiekommunalenAusgabender laufendenRechnung sind inThüringen,Sachsen,
demSaarland,Sachsen-AnhaltundBayernamgeringsten.
BeinahezuallenAusgabekategoriengibtesmerklicheUnterschiedezwischendenPro-Kopf-Aus-
gabenderKommuneneinzelnerLänder.BeidengewichtigenPersonalausgabenliegtderFlächen-
länderdurchschnitt (inklusive gemeinsamer Extrahaushalte) bei 696 Euro je Einwohner; das
Spektrumreichtvon746EurojeEinwohnerinBrandenburgbis566EurojeEinwohnerinSchles-
wig-Holstein.
BeimlaufendenSachaufwandliegenzweiLänderausderPersonalausgaben-Spitzenreitergruppe,
HessenundNordrhein-Westfalen, ebenfalls amoberenEndederRangliste. Inkeinemanderen
LanderreichendieKommuneninihremDurchschnittderarthohePro-Kopf-Werte.InThüringen
dagegenwirdamanderenEndederSkalaeinWertvon420EurojeEinwohnerrealisiert.
53 AusgabenresultierenausAufgaben,undfürderenDeckungsindausreichende/auskömmlicheEinnahmennotwendig.EindurchpflichtigeAufgabenoderörtlichePräferenzmusterhohesAusgabenniveauistinsofernerstdannkritisch,wenndiezurDeckungnotwendigen Einnahmen ausbleiben. Zum anderen sind bei der Dateninterpretation „Nachzieheffekte“ zu beachten. PartiellundnotwendigerweisefolgenhohenAusgabenaneinzelnenStellenebenfallsvergleichsweisehoheEinnahmen.EinklassischesBeispiel istderSozialbereich.HoheBedarfe führenandieserStellezuhohenAusgaben,aberauchzuhöherenErstattungen.EsbedarfinsofernimmerderEinordnungderAusgabensituationindenKontextdesGesamtsaldoszwischenEinnahmenundAusgaben.
66 Teil II: Kommunale Haushaltssituation
BeidenZinsausgaben, die spiegelbildlich zurHöhederGeldschulden inKombinationmit den
erzieltenZinssätzen54anfallen,überschreitendiehessischenKommunenalseinzigedie100-Euro-
je-Einwohner-Marke.AnsonstensindbeidieserPositionebenfallsdieAusgabenderdreiKommu-
nalfinanzkrisenländerNordrhein-Westfalen,SaarlandundRheinland-Pfalzsehrhoch.Geradean
dieserStellewirdüberdeutlich,dassGeldschuldeninspäterenHaushaltsjahrenzwangsläufigund
unter der Vorgabe des Haushaltsausgleichs andere Ausgabepositionen verdrängen. In Sachsen
undBrandenburgfälltimgleichenJahrgeradeeinmaleinDritteldesBetragesjeEinwohneran
Zinsausgabenan.
Tabelle 12: Ausgaben der Gemeinden und Gemeindeverbände inklusive der FEUs des Staatssektors im Jahr 2011 (in Euro je Einwohner)Ausgabeposition
Bade
n-W
ürtt
embe
rg
Baye
rn
Bran
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Hes
sen
Mec
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burg
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Saar
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Sach
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Sach
sen-
Anh
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Schl
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ig-H
olst
ein
Thür
inge
n
Personalausgaben 696 622 746 730 586 601 713 614 627 686 734 566 642
Laufender Sachaufwand 528 491 604 709 507 553 764 553 535 440 688 516 420
Zinsausgaben 33 47 29 102 48 59 90 88 89 29 55 51 43
Laufende Zuweisungen und Zuschüsse
1.218 1.251 1.373 1.574 1.305 1.353 1.644 1.289 1.188 1.031 1.037 1.395 1.038
abzüglich Zahlungen von gleicher Ebene
326 530 606 613 389 538 597 540 582 342 651 465 305
Ausgaben der laufenden Rechnung
2.149 1.881 2.146 2.501 2.057 2.027 2.613 2.004 1.856 1.844 1.863 2.063 1.837
Sachinvestitionen 345 461 299 369 274 240 212 298 202 356 294 270 308
davon Baumaßnahmen 265 368 257 295 236 179 159 241 164 311 259 211 267
davon Erwerb von Sachvermögen
80 93 42 73 38 61 52 57 38 44 35 59 41
Vermögensüber-tragungen
39 57 68 75 66 53 19 36 39 47 50 44 48
Darlehen 8 7 1 24 1 20 14 45 55 2 2 1 1
Erwerb von Beteiligungen
14 95 6 16 3 11 14 5 40 6 1 16 6
Tilgungsausgaben an öffentlichen Bereich
5 2 1 12 20 3 2 1 2 0 1 28 0
abzüglich Zahlungen von gleicher Ebene
5 6 9 12 6 26 12 7 6 24 27 8 8
Ausgaben der Kapitalrechnung
406 617 367 484 357 301 248 378 333 387 321 353 355
Bereinigte Ausgaben 2.555 2.498 2.513 2.985 2.415 2.327 2.861 2.382 2.189 2.230 2.184 2.416 2.192
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012c: Kassenstatistik 2011; Einwohner zum 30.6.2011
54 BeidenZinsausgabenspielt ebenfallsdas jeweiligeGeldschuldenportfolioeineRolle.Sogibt esz.B. zwischenKreditenundKassenkreditenderKernhaushalteregelmäßigeinenZinsspread.
67Teil II: Kommunale Haushaltssituation
Nordrhein-Westfalen und Hessen haben bei einer weiteren Ausgabenkategorie, den laufenden
Zuweisungen und Zuschüssen, ebenfalls die höchsten Pro-Kopf-Ausgaben. Sachsen, Sachsen-
AnhaltundThüringenhabenbeidieserAusgabenpositionwesentlichniedrigerePro-Kopf-Werte.
BeidenSachinvestitionenverzeichnendieKommunen inBayerndenmitAbstandhöchstenPro-
Kopf-Ausgabenwert. Bei einer Aufschlüsselung wird deutlich, dass die bayerischen Kommunen
sowohlbeidenBauausgabenalsauchbeimErwerbvonSachvermögen,alsovonbeweglichenund
unbeweglichenSachen,denhöchstenWertallerFlächenländeraufweisen.ImSaarlandundinNord-
rhein-WestfalenerreichendieSachinvestitionennichteinmal50ProzentdesNiveausinBayern.
VermögensübertragungenspielenimAusgabenmixderKommuneneineeherkleinereRolle.Der
DurchschnittswertderKommunenderFlächenländerliegtbei44EurojeEinwohner,wobeierin
Hessenmit75EuroproKopfanderSpitzeundinNordrhein-Westfalenmit19EurojeEinwohner
amunterenEndeliegt.EbenfallsohnegrößereBedeutungimDurchschnittderKommunenistder
AusgabenwertfürdenErwerbvonBeteiligungen.AllerdingsgibtesvondieserRegelimJahr2011
Ausnahmen.InBayernhatderErwerbvonBeteiligungenAusgabenvon95EurojeEinwohnerver-
ursacht;ohnedieseAusgabewärederpositiveFinanzierungssaldoderbayerischenKommunen
nocheinmalhöherausgefallen.
4.3 Bauausgaben im Detail
ImJahr2010werden33.841Mio.EurovonBund,Ländern,SozialversicherungundKommunenfür
Baumaßnahmenverausgabt.Davonentfallen19.737Mio.Euro(rund58Prozent)aufdieGemein-
denundGemeindeverbände(inklusiveihrerExtrahaushalte).ImGefügederGebietskörperschaf-
tensinddieKommunendemnachdermitAbstandwichtigsteAkteurfürBauinvestitionen.ImRah-
menvonKonjunkturprogrammenzwecksantizyklischerSteuerungspieltnebenderSteuerpolitik
aufderEinnahmeseiteaufderAusgabeseitetraditionellgeradederBereichdesöffentlichenBau-
enseineherausragendeRolle.Insofernistesnurkonsequent,dassderBundbzw.dieLänderdie
GemeindenundGemeindeverbändeimZugederKonjunkturpaketeandieserStelleeinbezogen.
FürdasJahr2010sindentsprechendimkommunalenRaumdieBauausgabenstarkvonKonjunk-
tursteuerungsmaßnahmendeterminiert.
DasFolgejahr2011 ist geprägt voneinem rückläufigenBauinvestitionsvolumen.Bund,Länder,
SozialversicherungundKommunentätigen imJahr2011Investitionsausgaben fürBaumaßnah-
men ineinerGrößenordnungvon33.372Mio.Euro.Davonentfallen18.770Mio.Euroaufdie
GemeindenundGemeindeverbändesowie ihreFEUsdesStaatssektors;55dasentsprichteinem
Anteilvon56ProzentandenGesamtausgabenfürBaumaßnahmen.DiehöchstenBauausgaben
tätigendieKommunenderFlächenländerdabeiimJahr2011imBereichStraßen.56Esfolgendie
AufgabenbereicheSchulenundvorschulischeBildungsowieallgemeineVerwaltung.
55 FürdasJahr2012prognostiziertderDeutscheStädtetagaufgrunddesWegfallsdesKonjunkturpaketesIIeinenRückgangderBauausgabeninHöhevonknapp15Prozent.Vgl.Anton/Diemert2012,S.11undS.16.
56 DieAnteileeinzelnerBereiche/PolitikfelderinBezugaufdasgesamteBauausgabevolumenkönnendemAnhangentnommenwerden.Vgl.Abb.59.
68 Teil II: Kommunale Haushaltssituation
Grundsätzlich sind Bauinvestitionen häufig ein Bereich, der bei kurzfristigen Konsolidie-
rungsbedarfenschnellreduziertwerdenkann.DasistvordemHintergrundderVermeidung
vonInvestitions-undFolgekostenpartiellnachvollziehbar–geradewennesumneueAufga-
benbereicheinKommunengeht,diebereitsohnedieseAufgabenalskonsolidierungsbedürf-
tigeinzuschätzensind.AufderanderenSeitemusseinWerteverlustbeibestehendenVermö-
gensgegenständen/Bauten verhindert werden; in Teilbereichen können unterlassene
Investitionenmittel-bislangfristigzunochhöherenKostenführen,undgenerellsichernheu-
tige Bauinvestitionen in einzelnen Aufgabenfeldern die Zukunftsfähigkeit der betreffenden
Kommune/Region.AllgemeinmusstrotzdesKonjunkturprogrammsvoneinemhohenInves-
titionsrückstand der Kommunen ausgegangen werden.57 Für einzelne wenige Teilbereiche
könnenBauinvestitionenalswenigerproblematischinBezugaufdieKommunalfinanzsitua-
tioneingeschätztwerden.Sosolltensichz.B.InvestitionenimVersorgungs-undEntsorgungs-
bereich(Wasser,Abwasser,Abfall)überdieFestlegungkostendeckenderGebührenrefinan-
zierenlassen.
– 50 100 150 200 250 300 350 400
Sonstige Aufgabenbereiche Schulen und vorschulische Bildung
StraßenSportstätten Abwasser- und Abfallbeseitigung
Allgemeine Verwaltung
Baden-Württemberg
Rheinland-Pfalz
Hessen
Saarland
Schleswig-Holstein
Nordrhein-Westfalen
Niedersachsen
Bayern
Thüringen
Flächenländer
Brandenburg
Mecklenburg-Vorpommern
Sachsen-Anhalt
Sachsen
103 16 49 10 55 14
133 6 48 9 66 6
66 32 37 7 48 21
85 12 31 3 32 1
126 5 42 11 58 0
72 20 15 6 34 11
56 19 42 9 45 8
156 4 36 10 52 1
136 12 69 10 82 3
109 3 33 8 80 3
89 31 93 12 54 17
112 21 47 10 65 1
153 12 82 11 79 32
107 12 55 18 55 18
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012c: Kassenstatistik 2011; Einwohner zum 30.6.2011
Abbildung 16: Bauausgaben der Gemeinden und Gemeindeverbände (inklusive Extrahaushalte) im Jahr 2011 nach Aufgabenbereichen in Euro je Einwohner
57 DasDeutsche Institut fürUrbanistik errechnet imKommunalpanel2013aufGrundlageeiner repräsentativenBefragungeinVolumenvonrund128Mrd.Euro.Vgl.DeutschesInstitutfürUrbanistik2013,S.34ff.
69Teil II: Kommunale Haushaltssituation
ImDurchschnittderFlächenländerverausgabendieKommuneninklusiveihrerFEUsdesStaats-
sektors247Euro jeEinwohner fürdenBaubereich (Abb.16).DiehöchstenPro-Kopf-Ausgaben
werdeninBayern,SachsenundHessen58getätigt.BemerkenswertistdagegendieSituationinden
beiden langjährigen Kommunalfinanzkrisenländern Nordrhein-Westfalen und Saarland. In den
beidenLändernwerdenmit158und164EuroproKopfdieniedrigstenBauausgabenvolumina
generiert.GanzoffensichtlichzeigeninbeidenLändernunteranderemdieübermehrereJahre
anhaltendenDefiziteihreWirkungimInvestitionsbereich.DamitsindbeideLänderinmehrfacher
HinsichtineinerschwierigenPosition:AufdereinenSeiteerlaubendieFolgenderbereitsaufge-
laufenenDefizitekeinehohenBauinvestitionsausgaben.AufderanderenSeitefälltesschwer,die
ZukunftsfähigkeitimländerübergreifendenWettbewerbderKommunenundangesichtsdesnot-
wendigenRückbausvonInfrastrukturenimZugeschrumpfenderBevölkerungszahlenzuerhalten.
FürdenBereichderallgemeinenVerwaltungliegendiePro-Kopf-Bauausgabenimkommunalen
Flächenländerdurchschnittbei16Euro.Schleswig-HolsteinundHessenliegenhieranderSpitze,
währenddieWerteinSachsen-AnhaltundMecklenburg-VorpommernamunterenRandrangie-
ren.
EineerheblicheSpannweiteistimAufgabenbereichSchulenundvorschulischeBildungerkenn-
bar.59DerFlächenländerdurchschnittderBauausgaben,derbei49EurojeEinwohnerliegt,wirdin
HessenundBayernamdeutlichstenübertroffen.EbenfallsvergleichsweisehohePro-Kopf-Ausga-
benindiesemSegmentfindensichinSachsen.DasSchlusslichtstelltmiteinigemAbstandNord-
rhein-Westfalendar.
Bei den Bauausgaben für Sportstätten liegt der Durchschnittswert der Flächenländer bei zehn
EurojeEinwohner.EinvergleichsweisehoherWertfindetsichmit18EuroinBaden-Württemberg,
währendaufderanderenSeiteimSaarlandlediglichdreiEurojeEinwohnerfürdiesenZweckver-
ausgabtwerden.
ImBereichStraßentätigendieKommunenderFlächenländerinihremDurchschnittBauausgaben
von55Euro jeEinwohner. Sachsen,Mecklenburg-VorpommernundBayern liegenhier ander
Spitze. Die beiden Länder mit der höchsten Bevölkerungsdichte, Nordrhein-Westfalen und das
Saarland,weisendieniedrigstenPro-Kopf-BauausgabenindiesemAufgabengebietaus:ImSaar-
land,demFlächenlandmitdergeringstenEinwohnerzahlundFläche,liegtderWertbei32Euro
jeEinwohner,imbevölkerungsreichstenBundesland,Nordrhein-Westfalen,bei34EurojeEinwoh-
ner.
ImAufgabenfeldderAbwasser-undAbfallbeseitigungliegendiedurchschnittlichenPro-Kopf-Bau-
ausgabenderKommunenderFlächenländerbei14Euro.BayernliegtmitAbstandanderSpitze,
während2011inRheinland-Pfalz,Brandenburg,demSaarlandundSachsen-Anhaltkeinebedeu-
tendenBauausgabenindiesemFeldgetätigtwerden.
58 InHessenhatimbetrachtetenJahr2011dasSonderinvestitionsprogrammeinenaußergewöhnlichenunderhöhendenEinflussaufdieSachinvestitionen.Vgl.Eicker-Wolf/Truger2012,S.37f.
59 ZurVerteilungderBauausgabenaufAufgabenbereichevgl.Abb.59imAnhang.
70 Teil III: Kommunalsteuern
TeilIII:Kommunalsteuern
Zusammenfassung
• Steuernsindmitrund40ProzentderlaufendenEinnahmeneinewesentliche Einnahme kategorie
derKommunen.DenKommunenstehenimWesentlichendasAufkommenderGrundsteuer
sowie Anteile aus der Gewerbe-, der Einkommen- und der Umsatzsteuer zu. Die gesamten
Steuereinnahmenerreichten2011nacheinemkrisenbedingtenRückgangwiedernahezudas
Vorkrisenniveauvonknapp70Mrd.Euro.
• DerBlickaufeinzelneSteuerartenoffenbarteinezentraleSchwächedesKommunalsteuersys-
tems.DieaufkommensstärksteSteuer,dieGewerbesteuer in ihrer gegenwärtigen Gestalt, reagiert
besonders sensibel auf konjunkturelle Einflüsse.IhrEinbruchimJahr2009ummehralssechs
Mrd.EurohatdenstarkenRückgangdesKommunalsteueraufkommensunddamitdienegati-
venFinanzierungssaldenmaßgeblichbeeinflusst.GleichzeitighatsichderEinkommensteuer-
undUmsatzsteueranteilimselbenJahrreduziert,allerdingsindeutlichgeringeremUmfang.
ImJahr2011liegtdasNetto-Gewerbesteueraufkommenwiederbeirund30,5Mrd.Euro.
• DienachderGewerbesteueraufkommensstärksteKommunalsteuer,derEinkommensteueran-
teil,erreichteimJahr2009nahezudasNiveauderNetto-Gewerbesteuereinnahmen.InBran-
denburgundSchleswig-HolsteinliegtderkommunaleEinkommensteueranteilamSteuerauf-
kommenselbst imJahr2011überdemderGewerbesteuer.Beim Einkommensteueranteilund
letztlichauchbeimUmsatzsteueranteilhandelt es sich allerdings um eine Position, die durch kom-
munales Agieren in wesentlich geringerem Umfang beeinflusst werden kann, als das bei den Real-
steuern der Fall ist. BeiLetzterenverfügendieStädteundGemeindenüberdasHebesatzrecht.
KommunaleSelbstverwaltungund-verantwortungsetztzwingenddieMöglichkeitvoraus,das
eigeneSteueraufkommenwesentlichzubeeinflussen.
• DieSteuereinnahmenproKopfbewegensichimJahr2011zwischen507EuroinMecklenburg-
Vorpommernund1.085EuroinHessen–eineenormeSpannweite.IndiesenUnterschieden
zwischen Regionen und Gemeinden spiegelt sich die Wirtschaftsstruktur wider. Selbst das
stärksteostdeutscheBundeslandrangiertmit600EuroproKopfnochrund200Eurohinter
demschwächstenwestdeutschen.DieKommunenHessenserzielten2011alleinausderGewer-
besteuer(netto)fastebensohoheEinnahmenwiedieKommunenMecklenburg-Vorpommerns
ausallenSteuernzusammen.
• DieSteuersätzederGrund-undGewerbesteuerwerdeninjederGemeindedurchHebesätze
bestimmt.Tendenziell steigen die Hebesätze der Gewerbesteuer und der Grundsteuer B mit der Ein-
wohnerzahl. InBezugaufdieGewerbesteuersinddieHebesätzeimDurchschnitt langfristig
relativstabil.DieHebesätze der GrundsteuerAundBsind hingegen seit 2009 sichtbar gestiegen.
DieGrundsteuerkranktheutejedochanveraltetenBemessungswerten.
• ZwischendenLänderntretenimDurchschnittderKommunengroße Unterschiede bei den Hebe-
sätzenauf.Soweisenz.B.dieKommuneninSachsenmit479Punktendenhöchstenundjene
71Teil III: Kommunalsteuern
Hessensmit337PunktendengeringstenDurchschnittshebesatzderGrundsteuerBauf.Die
DurchschnittshebesätzederGewerbesteuerbewegensich2011zwischen324PunkteninBran-
denburgund442PunkteninNordrhein-Westfalen.
• MitdenHebesätzenstehtdenGemeindeneinbedeutenderHebeleigenerEinnahmegestaltung
zurVerfügung,denzunutzensieimRahmenkommunalerSelbstverwaltungbeischwieriger
HaushaltslageundvordemHintergrundderMaximegenerationengerechterHaushaltspolitik
verpflichtetsind.Diegenerierbaren KonsolidierungssummensindimEinzelfallenorm.
Vorbemerkungen
ImneuenHaushaltsrechtaufBasisderDoppikwerdenSteuernundsteuerähnlicheErträgeals
ordentlicheErträgeerfasst.SiedienenzurDeckungderordentlichenAufwendungen.ZurErrei-
chungdesHaushaltsausgleichs imordentlichenErgebnismüssen sie imGrundsatz jedes Jahr
zusammenmitdenweiterenordentlichenErträgenausreichen,umdieordentlichenAufwendun-
genzudecken.
1 Entwicklung des Kommunalsteueraufkommens
SteuereinnahmensindeinezentraleEinnahmekategoriederStädteundGemeinden.Inwenigen
EinzelfällenverfügenauchGemeindeverbändeüberdasRecht,bestimmteSteuernzuerheben.So
erhebenetwaineinzelnenLänderndieLandkreiseeineJagd-undFischereisteuer.
ImZeitraum2007bis2011unterliegtdieSteuerentwicklungderFlächenländerkommunenerheb-
lichen Schwankungen (Abb. 17). In den Jahren mit positiven Finanzierungssalden, 2007 und
2008,liegtdaskassenmäßigeSteueraufkommenbeijeweilsüber65Mrd.Euro;imJahr2008wird
mit70.328Mio.EurodervorläufigeHöchstwerterreicht.
MitdemJahr2009zeigensichdieAuswirkungenderweltweitenFinanz-undWirtschaftskrisein
denKommunalhaushalten.DasSteueraufkommenbrichtbinneneinesJahresummehralsacht
Mrd.Euroein.NachderleichtenSteuererholungimJahr2010erreichendieKommunalsteuerein-
nahmenerst2011wiedereinenWert,dernahezubei70Mrd.Euroliegt;allerdingswirddamitdas
NiveaudesJahres2008nochnichtwiedererreicht.
DerBlickaufeinzelneSteuerartenoffenbarteinezentraleSchwächedesKommunalsteuersystems.
DieaufkommensstärksteSteuer,dieGewerbesteuerinihrergegenwärtigenGestalt,reagiertbeson-
derssensibelaufkonjunkturelleEinflüsse.60IhrEinbruchimJahr2009ummehralssechsMrd.
Euro hat den starken Rückgang des Kommunalsteueraufkommens maßgeblich beeinflusst.
ZugleichhatsichderEinkommensteuer-undUmsatzsteueranteilimselbenJahrreduziert,aller-
dingsindeutlichgeringeremUmfang.
60 FüreineReformderGewerbesteuerliegenverschiedeneKonzeptevor.Vgl.Witte/Tebbe2006.
72 Teil III: Kommunalsteuern
Abbildung 17: Entwicklung wesentlicher Kommunalsteuereinnahmen der Flächenländer im Zeitraum 2007 bis 2011 in Mio. Euro
80.000
70.000
60.000
50.000
40.000
30.000
20.000
10.000
Jahr 2007 Jahr 2008 Jahr 2009 Jahr 2010 Jahr 2011–
69.690
63.87562.236
70.32866.233
30.49026.925
24.952
31.139
25.871
9.183
3.204
30.281
22.890
9.098
3.080
24.597
9.981
3.462
23.016
9.629
3.263
23.846
9.281
3.191
Gesamtsteuereinnahmen (netto) davon Gewerbesteuer (netto) davon Einkommensteueranteil
davon Grundsteuer B davon Umsatzsteueranteil
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2010a: Steuerhaushalt 2009, und Statistisches Bundesamt 2012d: Steuerhaushalt 2011
MitderFinanzkriserückteauchderEinkommensteueranteilstärkerindenFokus:ImJahr2009
erreichternahezudasNiveauderNetto-Gewerbesteuereinnahmen.InBaden-Württemberg,Bay-
ern,Rheinland-PfalzundSchleswig-HolsteinfälltdaskassenmäßigeNetto-Gewerbesteueraufkom-
mendesJahres2009sogarhinterdasAufkommenbeiderEinkommensteuerzurück.BeimEin-
kommensteueranteil und letztlich auchbeimUmsatzsteueranteil handelt es sich aberumeine
Position,diedurchkommunalesAgiereninwesentlichgeringeremUmfangbeeinflusstwerden
kann,alsdasbeidenRealsteuernderFallist.BeiLetzterenverfügendieStädteundGemeinden
überdasHebesatzrecht.KommunaleSelbstverwaltungund -verantwortungsetztzwingenddie
Möglichkeitvoraus,daseigeneSteueraufkommenwesentlichzubeeinflussen.
EinkonstantesWachstumimZeitraumvon2007bis2011hatlediglichdieinBezugaufdasgegen-
wärtigeAufkommendrittwichtigsteKommunalsteuer,dieGrundsteuerB, erfahren.61Eine ihrer
zentralenStärkenliegtinihrerKrisenresistenz.SelbstindenvonderFinanz-undWirtschafts-
krise geprägten Haushaltsjahren 2009/2010 hat sie für eine Stabilisierung der Einnahmeseite
gesorgt.
61 Neben den Hebesätzen identifiziert der Deutsche Städtetag den gewachsenen Gebäudebestand und das dadurch bewirkteWachstumderBemessungsgrundlagealsUrsachefürdieZunahmederEinnahmenausderGrundsteuer.Vgl.Anton/Diemert2012,S.12.
73Teil III: Kommunalsteuern
2 Steueraufkommen im Ländervergleich
ImJahr2011liegtdasDurchschnittssteueraufkommenderFlächenländerbei919EurojeEinwoh-
ner. Vier Flächenländer erreichen ein kassenmäßiges Kommunalsteueraufkommen (netto) von
mehrals1.000EurojeEinwohner(Abb.18);dabeihandeltessichumNordrhein-Westfalen,Baden-
Württemberg,BayernundanderSpitzeumHessen.
Die niedrigsten Gesamtwerte erreichen die neuen Flächenländer. Am unteren Ende liegen die
Werte von Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg; lediglich
SachsenerreichteinkassenmäßigesKommunalsteueraufkommenvonmehrals600EurojeEin-
wohner.DamitliegtderWertvonSachsenallerdingsnochdeutlichunterdemdesSaarlandsals
niedrigstemWerteinesaltenFlächenlandes.
ErklärbarwerdendieUnterschiedezwischendenaltenundneuenFlächenländerndurcheinen
Blick auf einzelne Kommunalsteuerarten. Bei den beiden aufkommensstärksten Steuern, der
Gewerbesteuer(nettounddamitunterAbzugderGewerbesteuerumlage)unddemEinkommen-
steueranteil,sinddieDisparitätennochimmerregelmäßighoch.62
Baye
rn
1.200
1.000
800
600
400
200
–
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Hess
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Saar
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n
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sen-
Anha
lt
Sach
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Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012d: Steuerhaushalt 2011; Einwohner zum 30.6.2011; die Zahlenwerte für die Grundsteuer A und die sonstigen Steuern werden aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht dargestellt.
* Ohne steuerähnliche Einnahmen.
Abbildung 18: Kommunalsteuereinnahmen (netto) der Flächenländer im Jahr 2011 in Euro je Einwohner
4838
945
214
3
4641
148
312
5
3521
921
194
3417
319
092
3916
124
690
3617
122
787
4632
440
213
2
3433
330
012
8
4417
027
811
0
4227
236
711
1
4032
033
411
6
3827
735
914
4
5133
145
115
7
5938
850
212
4
Grundsteuer A Gewerbesteuer (netto)UmsatzsteueranteilEinkommensteueranteil Sonstige Steuern*Grundsteuer B
62 DieIndustriestrukturunddasLohnniveauunterscheidensichzwischenaltenundneuenFlächenländern.
74 Teil III: Kommunalsteuern
BeideraufkommensstärkstenSteuer,derGewerbesteuer,erreichtHessendenhöchstenWert;er
liegtum100EuroproKopfüberdemDurchschnittderFlächenländer.DerniedrigsteWerteines
altenFlächenbundeslandesistfürSchleswig-Holsteinzuverzeichnen.MitSachsenerreichendie
KommuneneinesneuenFlächenlandesnahezudenWertdesschwächstenWest-Flächenlandes.
DieseNähezudenaltenFlächenländernistallerdingsnichtfüralleneuenLändergegeben.So
wirdamunterenEndeinMecklenburg-VorpommerneinWerterreicht,dernochnichteinmalbei
50ProzentdesDurchschnittsallerFlächenländerrangiert,undauchinBrandenburgistdasAuf-
kommenvergleichsweiseniedrig.63DerwirtschaftlicheEntwicklungsprozessindenneuenLän-
dernhatoffensichtlichnochnichtzueinerAngleichungderGewerbesteuereinnahmengeführt.64
InsgesamtwirdbeiderGewerbesteuerdeutlich,dassihreHöhemaßgeblichdurchdieWirtschafts-
kraftbeeinflusstwird.DiedreiLändermitdemhöchstenPro-Kopf-Aufkommensindauchdiejeni-
genmitdenhöchstenWertenbeimBIP.Mecklenburg-Vorpommern,alsLandmitdemgeringsten
Pro-Kopf-Gewerbesteueraufkommen, ist 2011 gleichzeitig das Land mit der niedrigsten Wirt-
schaftsleistungallerFlächenländer.65GleichwohlhabenbeiderGewerbesteueralsRealsteuerauch
dieselbstgewähltenHebesätzederKommuneneineRelevanzfürdastatsächlicheAufkommen.
DiehöchstenPro-Kopf-EinnahmenbeimEinkommensteueranteilwerdenebenfallsindendreiwirt-
schaftsstarkenLändernHessen,Baden-WürttembergundBayernrealisiert.UnterdenneuenLän-
dernliegtderhöchsteWert inBrandenburgbei219Euro jeEinwohner,damitabernochimmer
mehrals100EuroproKopfunterdemFlächenländerdurchschnitt.Sachsen-Anhaltbildetbeidieser
SteuerartdasSchlusslicht:InkeinemanderenLandwerdenniedrigerePro-Kopf-Beträgerealisiert.
Mit132Euro jeEinwohner imFlächenländerdurchschnittstelltdieGrundsteuerBdieaufkom-
mensseitigdrittwichtigsteKommunalsteuerartdar.DaserzielteAufkommen isthöheralsbeim
UmsatzsteueranteilunddeutlichhöheralsbeidensonstigenSteuernundderGrundsteuerA.
3 Steuermix
DieZusammensetzungdesSteuerportfoliosunterscheidetsichzwischendeneinzelnenFlächen-
ländern.InnahezuallenLändernspieltimJahr2011dieGewerbesteuer(netto)diebedeutendste
Rolle(Abb.19).EinziginBrandenburgundSchleswig-HolsteinistihrAnteilandenGesamtsteuer-
einnahmen(jeweilsrund37Prozent)leichtgeringeralsderdesEinkommensteueranteils(rund38
bzw.rund40Prozent).
DafürdenEinkommensteueranteilundinsbesonderedieGewerbesteuer(netto)höhereSchwan-
kungenimKonjunkturverlaufangenommenwerdenkönnen,gibtAbb.19einenerstenEindruck66
63 InBrandenburgistdasNetto-GewerbesteueraufkommenimJahr2011nocheinmalhinterdenWertdesJahres2010zurückgefallen.Vgl.AmtfürStatistikBerlin-Brandenburg2012.
64 Esistnichtzuerwarten,dasseszueinerflächendeckendenAngleichungderWirtschaftsstrukturenunddamitderSteuerkraftkommenwird.Vgl.InstitutfürWirtschaftsforschungHalleetal.2011,S.58ff.
65 TrotzdemsinddieGewerbesteuereinnahmen (netto) inMecklenburg-Vorpommern im Jahr2011gestiegen,wasu.a. auchaufHebesatzanpassungenzurückzuführenist.Vgl.StatistischesAmtMecklenburg-Vorpommern2012.
66 DerZusammenhangistnichtdeterministisch.SokönnenwirtschaftlicheKriseneinzelnerBranchenRegionenundGemeindeninunterschiedlicherManierbetreffen.
75Teil III: Kommunalsteuern
derVerletzlichkeitderKommuneneinzelnerLänder inBezugaufwirtschaftlicheSchocks.So
beträgt der Anteil dieser beiden Steuern am Gesamtsteueraufkommen in vier Ländern, dem
Saarland,Baden-Württemberg,HessenundanderSpitzeBayern,80Prozentundmehr.Ande-
rerseitsdürftendiesevierLändervomwirtschaftlichenAufschwungtendenziellstarkprofitie-
ren.
UmgekehrtsollteninsbesonderedieLändermiteinemhohenAnteilderGrundsteuer(AundB)
einehöhereKrisenresistenzaufweisen,istdieseSteuerdochselbstinwirtschaftlichschwierigen
PhaseneinGarantfürverlässlicheSteuereinnahmen.AmhöchstenistderAnteilderGrundsteuer-
einnahmenindenLändernSachsen-Anhalt,Niedersachsen,SachsenundMecklenburg-Vorpom-
mern. ImKontext einerbesserenKrisenresistenzundverlässlicherSteuereinnahmenbietet es
sichinsofernfürdieKommunenallerLänderan,denAnteilderGrundsteueramSteuermixhoch
zuhaltenoderzuerhöhen.GeradeinHessenundBayernsinddieAnteilederGrundsteuergegen-
wärtigniedrig.
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
Baye
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Anha
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Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012d: Steuerhaushalt 2011
* Ohne steuerähnliche Einnahmen.
Abbildung 19: Bedeutung einzelner Steuerarten im Kommunalsteuermix des Jahres 2011 in Prozent
4,6
1,4
37,0
43,0
13,6
0,4
4,3
0,4
38,2
44,9
11,6
0,6
6,2
1,2
38,4
36,9
16,4
0,9
5,4
0,9
35,8
46,2
11,4
0,3
6,8
1,7
34,1
37,5
18,2
1,7
4,5
1,5
33,0
42,8
17,2
1,0
5,1
1,4
32,9
44,8
15,6
0,2
4,9
1,1
38,9
40,6
14,1
0,6
5,2
1,1
33,9
45,8
13,8
0,2
7,2
0,8
27,8
45,6
18,1
0,6
7,1
1,2
29,1
44,5
16,2
1,8
4,1
2,4
40,5
36,5
15,6
0,9
6,8
1,2
32,1
42,6
16,4
0,9
5,0
1,1
35,3
43,8
14,3
0,5
Sonstige Steuern* Einkommensteueranteil
Grundsteuer BGewerbesteuer (netto) Grundsteuer A
Umsatzsteueranteil
76 Teil III: Kommunalsteuern
4 Realsteuerhebesätze
DieGemeindenbestimmendieHebesätzederRealsteuern(Gewerbesteuer,GrundsteuerAundB)
eigenständigimRahmenderkommunalenSelbstverwaltungund-verantwortung.BeiderWahlder
RealsteuerhebesätzespielenzahlreicheÜberlegungeneineRolle;67die jeweiligenSätzewerden
vordemHintergrund(interkommunaler)Wettbewerbsüberlegungen,etwaigerEmpfehlungender
AufsichtsbehördenbishinzupolitischenPräferenzmusternundWiederwahlinteressenfestgelegt.
LetztlichdientdieFestlegungeinesgeeignetenHebesatzes68inKombinationmitdemErreichen
desHaushaltsausgleichsdemlangfristigenErhaltderstetenAufgabenerfüllung,mithinderkom-
munalenSelbstverwaltung.DieSteuererträgemüssenzusammenmitdensonstigenordentlichen
Erträgenausreichen,umdieordentlichenAufwendungenzudecken.
BannerformuliertzugespitztundmitBezugaufdienordrhein-westfälischenKommunendiesen
grundlegendenZusammenhang,wobeiderBefundaufandereLänderübertragbarist:„Mitdem
HebesatzrechtbeiderGrundsteuerundderGewerbesteuerhatsie[dieGemeinde,Anm.derAuto-
ren]esletztlichinderHand.GleichtsiedenHaushaltnichtaus,istdasihreselbstgewähltepoli-
tische Entscheidung. Jedem Kenner der Gemeindeordnung ist dieser Zusammenhang bewusst,
dochimpolitischenDiskursdaranzuerinnern,wirkt[…]störendundwirdalswirklichkeitsfremd
abgetan. IngroßemEinvernehmen,gewissermaßen imGleichschritt,habensichdasLandund
vieleseinerKommunenimLaufderJahrevondiesemZusammenhang‚emanzipiert‘unddieFol-
gen ausgeblendet.“69 Natürlich finden die Ausführungen zu den Hebesätzen an der Stelle ihr
natürlichesEnde,andemSteuerhebesätzeeineerdrosselndeWirkungeinnehmenwürden.Gleich-
wohlbleibtderBefundkorrekt:KommunaleSelbstverwaltungistohnekommunaleSelbstverant-
wortungnichtvorstellbar.EshandeltsichstetsumzweiSeitendergleichenMedaille.
4.1 Realsteuerhebesätze im Zeitverlauf
DasRealsteueraufkommenistüberdasInstrumentderHebesätzedurchdieStädteundGemein-denselbstbeeinflussbar.70BeidenRealsteuerhebesätzengibtesindenJahren2007bis2009fürdieSummederStädteundGemeindenderFlächenländerlediglichgeringeBewegungen(Abb.20).71ErstindenJahren2010/2011gibtesgrößereVeränderungenimVergleichzumjeweiligenVorjahr.
Der gewogene Durchschnittshebesatz bei der Gewerbesteuer ist im wirtschaftlich guten Haus-haltsjahr2008von384Prozentauf383Prozentgesunken,undaufdiesemNiveauverharrtderSatzauchimKrisenjahr2009.IndenJahren2010/2011istderHebesatzzuerstauf386unddannauf388Prozentgestiegen.
67 Vgl.imDetailGnädinger2012,S.108ff.68 DerGestaltungsspielrauminBezugaufdieGenerierungvonSteuererträgenüberHebesatzfestlegungenistabhängigvonder
SteuerkraftderGemeinde.69 Banner2012,S.43.70 DieRealsteuernunterstreichendasInstitutderkommunalenSelbstverwaltung.EigenverantwortlichegestalterischeHandlungs-
spielräumesetzenEinnahmequellenvoraus,diedurchdiejeweiligenAkteureinBezugaufihreHöhegestaltbarsind.71 Eine längere Zeitreihe unter zusätzlicher Berücksichtigung der Stadtstaaten kann dem Anhang entnommen werden. Unter
IntegrationderStadtstaatenübertrifftderDurchschnittshebesatzderGrundsteuerBbereitsimJahr2005dendurchschnittlichenHebesatzderGewerbesteuer.
77Teil III: Kommunalsteuern
BeidenGrundsteuernsinddieHebesatzbewegungendeutlicherausgeprägtalsbeiderGewerbe-
steuer.DieGrundsteuerAbleibtimJahr2008aufdemVorjahresniveauvon296Prozentundsteigt
dannbiszumJahr2011auf307Prozentan.
Von quantitativ höherer Bedeutung für das Gesamtsteueraufkommen im Vergleich zur Grund-
steuerAistdieGrundsteuerB.BeiihrverbleibtderDurchschnittshebesatzindenJahren2007bis
2009unverändertbei379Prozent.ImJahr2010unterliegterallerdingseinemmerklichenSchub
undsteigtauf389Prozent.DamitliegtdergewogeneDurchschnittshebesatzderGrundsteuerB
nunüberdemderGewerbesteuer.FürdasJahr2011lässtsicheineweiterestarkeErhöhungfest-
stellen.ImJahr2011liegtderDurchschnittshebesatzderGrundsteuerBfürdieKommunender
Flächenländerbei398Prozent.DamitistseineSteigerungimVergleichzumVorjahrerneutstär-
kerausgeprägtalsdiederGewerbesteuer.
Abbildung 20: Veränderung der durchschnittlichen Realsteuerhebesätze der Kommunen der Flächenländer in den Jahren 2007 bis 2011 in Prozent
395
375
355
335
315
2952007 2008 2009 2010 2011
Durchschnittshebesatz Grundsteuer A
Durchschnittshebesatz Grundsteuer B
Durchschnittshebesatz Gewerbesteuer
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2008/2009/2010b/2011b/2012e: Statistiken über den Realsteuervergleich
296
379
384
296
379
383
297
379
383
301
386
389
307
388
398
4.2 Hebesätze der Grundsteuer B
DieHebesatzunterschiedeimFlächenländervergleichsindbeiderGrundsteuerBenorm(Abb.21).72AnderSpitzeliegtimJahr2011dergewogeneDurchschnittshebesatzinSachsenmit479Prozent.Esfolgendienordrhein-westfälischenStädteundGemeindenmit457Prozent.
72 FürdieGrundsteuerAwerdenaufgrund ihresgeringenAufkommensandieserStellekeine tiefergehendenUntersuchungenvorgenommen.InformationenzurGrundsteuerAfindensichbeiBurth2012a.
78 Teil III: Kommunalsteuern
InallenanderenFlächenländernliegtderdurchschnittlicheHebesatzfürdieSummederKommu-
nen(unabhängigdavon,obkreisfreioderkreisangehörig)unterhalbder400-Prozent-Marke.Den
niedrigstenWertweisendiehessischenKommunenmit337Prozentaus; indiesemniedrigen
Durchschnittshebesatz liegt ein Grund für die vergleichsweise geringe Bedeutung der Grund-
steuerBimSteuermixderhessischenKommunen.
DerBlickaufeinzelnekommunaleGruppenoffenbart,dassbeidenkreisfreienStädtenwiederum
SachsendenhöchstenDurchschnittswertaufweist,währenddergeringsteWertimkommunalen
Haushaltskrisenland Rheinland-Pfalz erreicht wird. Im Durchschnitt der kreisfreien Städte der
FlächenländerliegtdergewogeneDurchschnittshebesatzbei485Prozent;eristinallenLändern
höheralsbeidenkreisangehörigenGemeinden.
InderGruppederkreisangehörigenGemeindenerreichendienordrhein-westfälischenGemein-
denmit420ProzentdenhöchstenWert;ansonstenwirdlediglichnochinSachseneinWertüber
der400-Prozent-Markeerreicht.InallenanderenFlächenländernliegendieWerteniedriger,bis
hinzumgeringstenWertvon286Prozent,denHessenverzeichnet.MitdiesemniedrigenWert
bleibendiekreisangehörigenGemeindendesLandesnichtnurdeutlichhinterdemDurchschnitts-
wertfürkreisangehörigeGemeinden(363Prozent)zurück,sondernsieliegenauchalseinzige
unterhalbder300-Prozent-Marke.
Abbildung 21: Gewogene Durchschnittshebesätze bei der Grundsteuer Bim Jahr 2011 in Prozent
650
600
550
500
450
400
350
300
250
Kreisfreie Städte Kreisangehörige Gemeinden Gemeinden insgesamt
Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012e: Realsteuervergleich 2011
* Im Saarland gibt es keine kreisfreien Städte.
623
490
432
485
398
363367
383355
386362
353339
390420
457
508
435
391381359337
286
368383380383
485 475467
453
485
384356
328
355
407
461479
323
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en
Saar
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79Teil III: Kommunalsteuern
TendenziellsteigendieHebesätzederkreisfreienStädteundkreisangehörigenGemeindenmit
der Ortsgröße/Einwohnerzahl an.73 Dass dieser Zusammenhang im länderübergreifenden Ver-
gleichindesnichtdeterministischist,zeigtderBlickaufdiesaarländischenundinsbesonderedie
hessischenKommunen. InbeidenLändernsinddieDurchschnittsgemeindegrößen imdeutsch-
landweitenVergleichhoch.GleichwohlliegenhierdieDurchschnittshebesätzederGrundsteuerB
unterdemDurchschnittswertfürdieKommunenderFlächenländer.
EineweitereDifferenzierungerlaubtdieeinzelgemeindlicheAufschlüsselung.DieGrundsteuerB
wirdvonnahezuallenStädtenundGemeindenerhoben;lediglichvierLandgemeindenbildenim
Jahr2011eineAusnahme(Tab.13).DabeihandeltessichumBüsingenamHochrheininBaden-
Tabelle 13: Tiefst- und Höchstwerte beim Hebesatz der Grundsteuer B im Jahr 2011Flächenland Gemeinde mit niedrigstem Hebesatz Gemeinde mit höchstem HebesatzBaden-Württemberg Büsingen am Hochrhein (1.379 Einwohner)
erhebt Steuer nichtAulendorf (9.818 Einwohner) mit Hebesatz von 800 Prozent
Bayern Gundremmingen (1.554 Einwohner) mit Hebesatz von 150 Prozent
Thanstein (991 Einwohner), Oberickelsheim (693 Einwohner), Gnotzheim (853 Einwohner), Meinheim (860 Einwohner) mit Hebesätzen von jeweils 650 Prozent
Brandenburg Hirschfeld (1.362 Einwohner) mit Hebesatz von 250 Prozent
Potsdam (157.524 Einwohner) mit Hebesatz von 493 Prozent
Hessen Eschborn (20.840 Einwohner) mit Hebesatz von 140 Prozent
Kassel (195.478 Einwohner) mit Hebesatz von 490 Prozent
Mecklenburg-Vorpommern Nieden (173 Einwohner) mit Hebesatz von 200 Prozent
Schwerin (95.212 Einwohner) mit Hebesatz von 550 Prozent
Niedersachsen Gorleben (641 Einwohner) mit Hebesatz von 150 Prozent
Göttingen (120.996 Einwohner), Hannover (523.515 Einwohner) mit Hebesätzen von jeweils 530 Prozent
Nordrhein-Westfalen Schloß Holte-Stukenbrock (26.183 Einwohner), Verl (25.064 Einwohner) mit Hebesätzen von jeweils 265 Prozent
Essen (573.372 Einwohner), Solingen (159.816 Einwohner), Leverkusen (160.901 Einwohner), Düren (92.673 Einwohner), Nottuln (19.813 Einwohner) mit Hebesätzen von jeweils 590 Prozent
Rheinland-Pfalz Ingelheim am Rhein (24.308 Einwohner) mit Hebesatz von 80 Prozent
Dierfeld (8 Einwohner) mit Hebesatz von 900 Prozent
Saarland Perl (7.671 Einwohner) mit Hebesatz von 250 Prozent
Saarbrücken (175.470 Einwohner) mit Hebesatz von 460 Prozent
Sachsen Heinsdorfergrund (2.196 Einwohner), Dürrhennersdorf (1.101 Einwohner) mit Hebesätzen von jeweils 300 Prozent
Leipzig (525.245 Einwohner) mit Hebesatz von 650 Prozent
Sachsen-Anhalt Loitsche-Heinrichsberg (987 Einwohner) mit Hebesatz von 200 Prozent
Halle (Saale) (232.361 Einwohner) mit Hebesatz von 475 Prozent
Schleswig-Holstein Friedrichsgabekoog (54 Einwohner), Südermarsch (157 Einwohner) erheben Steuer nicht
Kiel (239.788 Einwohner), Lübeck (210.443 Einwohner) mit Hebesätzen von jeweils 500 Prozent
Thüringen Goldisthal (510 Einwohner) erhebt Steuer nicht
Reisdorf (305 Einwohner) mit Hebesatz von 500 Prozent
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2012a: Hebesätze der Realsteuern, Ausgabe 2011; Einwohnerdaten zum 30.6.2011
73 MitderEinwohnerzahlsteigtdieWahrscheinlichkeitan,dasszentralörtlicheFunktionenseitensderKommunewahrgenommenwerden. Darüber hinaus lässt sich der Zusammenhang zwischen Ortsgröße und Hebesätzen über die Verwirklichung desÄquivalenzprinzipsunddieAusübungvonMonopolstellungenerklären.Vgl.Gnädinger2012,S.109f.
80 Teil III: Kommunalsteuern
Württemberg, die beiden schleswig-holsteinischen Gemeinden Friedrichsgabekoog und Süder-
marschsowieumGoldisthalinThüringen.BeiderGrundsteuerBgibtesimGegensatzzurGewer-
besteuergegenwärtigkeinengesetzlichenMindesthebesatz.
InSachsengibtesimJahr2011keineeinzigeGemeinde,derenHebesatzderGrundsteuerBbei
unter300Prozentrangiert;inallenanderenLänderndagegensindGemeindenmitHebesätzen
unterhalb der 300-Prozent-Marke zu finden. Dieser Befund korrespondiert mit den insgesamt
hohenDurchschnittshebesätzeninSachsen.DenabsoluthöchstenHebesatzbeiderGrundsteuer
BerreichtinSachsendieStadtLeipzigmit650Prozent.DiedeutschlandweithöchstenHebesätze
unterdenKommunenderFlächenländerwerdenallerdingsnichtinSachsen,sondernimrhein-
land-pfälzischenDierfeldmit900Prozentundinderbaden-württembergischenKleinstadtAulen-
dorfmit800Prozenterreicht.
LediglichinvierFlächenländerngibteskeineGemeinde,derenHebesatzdie500-Prozent-Marke
erreicht.DabeihandeltessichnebenBrandenburgundSachsen-Anhaltumdiebeidenkommuna-
lenHaushaltskrisenländerHessenundSaarland.
Diebislangungenutztenbzw.wenigerstarkalsinanderenLänderngenutztenPotentialebeidie-
serkonjunkturunabhängigenSteuerkönnteninsoferninbeidenLänderninBetrachtgezogenwer-
den,umdieHaushalts-undVerschuldungssituationinsgesamtzuverbessern.
4.3 Hebesätze der Gewerbesteuer
NebenUnterschieden inderWirtschaftsleistungsindheterogeneGewerbesteuerhebesätzeeine
weitere Erklärung für das Gewerbesteueraufkommen. Zwischen einzelnen Ländern, aber auch
innerhalbderenkommunalerFamiliegibtesimJahr2011merklicheUnterschiedeinderAusprä-
gungderHebesätze(Abb.22).
Mit442ProzentistdergewogeneDurchschnittshebesatzbeiderGewerbesteuerimJahr2011in
Nordrhein-Westfalenamhöchsten.Die insgesamtvergleichsweisehohenGewerbesteuereinnah-
meninNordrhein-WestfalenerklärensichdamitnebenderWirtschaftsleistungpartiellebenfalls
mitdenhohenHebesätzen.Derinsgesamthohenordrhein-westfälischeDurchschnittswertbestä-
tigtsichdurchdenBlickaufeinzelneGruppen.SowohlbeidenkreisfreienStädtenalsauchbei
denkreisangehörigenGemeindenliegtderWertderKommunendesLandesimFlächenländerver-
gleichanderSpitze.
UmgekehrtlassensichdievergleichsweiseniedrigenGewerbesteueraufkommeninBrandenburg
undMecklenburg-VorpommernpartiellmitdenniedrigenHebesätzenbegründen.
UnterdenkreisfreienStädtenliegtderDurchschnittswertwiederuminRheinland-Pfalzamunteren
EndederRangliste.DamitbestätigtsichfürRheinland-PfalznebenderGrundsteuerBauchfürdie
GewerbesteuerdasBildniedrigerHebesätzebeidenkreisfreienStädten.InkeinemanderenLand
weisendiekreisfreienStädteeinenDurchschnittshebesatzunterhalbder400-Prozent-Markeaus.
81Teil III: Kommunalsteuern
Abbildung 22: Gewogene Durchschnittshebesätze bei der Gewerbesteuer im Jahr 2011 in Prozent
480
460
440
420
400
380
360
340
320
300
Kreisfreie Städte Kreisangehörige Gemeinden Gemeinden insgesamt
Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012e: Realsteuervergleich 2011
* Im Saarland gibt es keine kreisfreien Städte.
448 453
407
Baye
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Bade
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ürtte
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Rhei
nlan
d-Pf
alz
Hess
en
Saar
land
*
Schl
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Thür
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der
Bran
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klen
burg
-Vor
pom
mer
n
Sach
sen-
Anha
lt
Sach
sen
441
463
442
404 425393
412 415
454 450
421 418
441
388
361
367
348
356
339334
357
392371380
385
343
319
342
384
370363
347
322
324
309
358
401
BeidenkreisangehörigenGemeindenerreichendiebrandenburgischenGemeindendenniedrigs-
tenDurchschnittshebesatz.EsfolgtMecklenburg-Vorpommern.Insgesamtweisenindenneuen
FlächenländernlediglichdiekreisangehörigenGemeindeninSachseneinenDurchschnittshebe-
satzaus,derüberdemDurchschnittderFlächenländerindieserGruppe(361Prozent)liegt.
EbensowiebeiderGrundsteuerBbestätigtsichauchbeiderGewerbesteuerdasBild,dassdie
HebesätzeimJahr2011sowohlbeidenkreisfreienStädtenalsauchimkreisangehörigenRaum
tendenziell mit der Ortsgröße/Einwohnerzahl steigen. Insofern sind die hohen Hebesätze der
nordrhein-westfälischen Kommunen auch vor diesem Hintergrund einzuordnen. Allerdings ist
auchbeiderGewerbesteuerdieserZusammenhangnichtdeterministisch,wasz.B.derBlickauf
Hessen zeigt. Trotz der vergleichsweise hohen Durchschnittsgemeindegröße liegt der durch-
schnittlicheHebesatzknappunterhalbdesDurchschnittswertesderFlächenländer.
Nach § 16 Abs. 4 Gewerbesteuergesetz beträgt der Mindesthebesatz bei der Gewerbesteuer
200Prozent.DieserniedrigeHebesatzwirdimJahr2011allerdingslediglichvon27Gemeinden
erhoben(Tab.14),inallenanderenGemeindenisterhöher.Inzehnder13Flächenländergibtes
keineeinzigeGemeinde,diedengesetzlichenMindesthebesatzanwendet.
IndreiFlächenländerngibteskeineeinzigeGemeindemiteinemGewerbesteuerhebesatzunter-
halbder300-Prozent-Marke;hierhandeltessichumdiedreikommunalenHaushaltskrisenländer
82 Teil III: Kommunalsteuern
Nordrhein-Westfalen,Rheinland-PfalzundSaarland.SoliegtimSaarlandderniedrigsteHebesatz
imJahr2011inderstatistischalsKleinstadtrangierendenGemeindeMandelbachtal(11.372Ein-
wohnerMittedesJahres2011)beieinemWertvon338Prozent.
Tabelle 14: Tiefst- und Höchstwerte beim Hebesatz der Gewerbesteuer im Jahr 2011Flächenland Gemeinde mit niedrigstem Hebesatz Gemeinde mit höchstem Hebesatz
Baden-Württemberg Walldorf (14.943 Einwohner) mit Hebesatz von 265 Prozent
Stuttgart (609.256 Einwohner) mit Hebesatz von 420 Prozent
Bayern Rettenbach a. Auerberg (820 Einwohner) mit Hebesatz von 230 Prozent
München (1.363.416 Einwohner), Kirchberg (919 Einwohner) mit Hebesätzen von jeweils 490 Prozent
Brandenburg Insgesamt 9 Gemeinden mit Hebesätzen von jeweils 200 Prozent
Potsdam (157.524 Einwohner) mit Hebesatz von 450 Prozent
Hessen Beselich (5.632 Einwohner), Neu-Eichenberg (1.789 Einwohner) mit Hebesätzen von jeweils 250 Prozent
Frankfurt am Main (684.139 Einwohner) mit Hebesatz von 460 Prozent
Mecklenburg-Vorpommern Insgesamt 14 Gemeinden mit Hebesätzen von jeweils 200 Prozent
Rostock (202.674 Einwohner) mit Hebesatz von 450 Prozent
Niedersachsen Hüven (561 Einwohner), Lahn (906 Einwohner) mit Hebesätzen von jeweils 280 Prozent
Hannover (523.515 Einwohner) mit Hebesatz von 460 Prozent
Nordrhein-Westfalen Straelen (15.442 Einwohner) mit Hebesatz von 310 Prozent
Siegburg (39.778 Einwohner) mit Hebesatz von 515 Prozent
Rheinland-Pfalz Windhagen (4.285 Einwohner) mit Hebesatz von 300 Prozent
Dierfeld (8 Einwohner) mit Hebesatz von 900 Prozent
Saarland Mandelbachtal (11.372 Einwohner) mit Hebe satz von 338 Prozent
Saarbrücken (175.470 Einwohner), Neunkirchen (47.385 Einwohner) mit Hebesätzen von jeweils 450 Prozent
Sachsen Dürrhennersdorf (1.101 Einwohner) mit Hebe satz von 275 Prozent
Leipzig (525.245 Einwohner) mit Hebesatz von 460 Prozent
Sachsen-Anhalt Lützen (9.193 Einwohner)* mit Hebesatz von 233 Prozent
Dessau-Roßlau (86.292 Einwohner), Halle (Saale) (232.361 Einwohner), Magdeburg (231.550 Einwohner) mit Hebesätzen von jeweils 450 Prozent
Schleswig-Holstein Bosau Gr. Plöner See (3.436 Einwohner) mit Hebesatz von 235 Prozent
Christinenthal (44 Einwohner) mit Hebesatz von 450 Prozent
Thüringen Geisenhain (186 Einwohner), Kleinbockedra (35 Einwohner), Lausnitz b. Neustadt (340 Einwohner), Großröda (212 Einwohner) mit Hebesätzen von jeweils 200 Prozent
Moxa (86 Einwohner) mit Hebesatz von 500 Prozent
* Infolge einer kommunalen Gebietsreform in Sachsen-Anhalt wird den ehemals selbstständigen Kommunen zugestanden, in den neuen Stadtteilen die vormals geltenden Hebesätze für z. B. fünf Folgejahre weiter anzuwenden. Daher fließen für die neuen Kommunen gewogene Durchschnitts-hebesätze in die Darstellung ein. Das gilt auch für den Wert der Stadt Lützen.
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2012a: Hebesätze der Realsteuern, Ausgabe 2011; Einwohnerdaten zum 30.6.2011
Bei der Gewerbesteuer bedeutet ein höherer Hebesatz indes auch nicht notwendigerweise einhöheres Steueraufkommen für die betreffende Stadt oder Gemeinde. Ein Abstimmen mit denFüßenistbeiderGewerbesteuerwahrscheinlicheralsbeiderGrundsteuer.Imwirtschafts-undgewerbesteuerstarkenBaden-Württembergerhebtz.B.imJahr2011keineeinzigeKommuneeinenGewerbesteuerhebesatzvonüber420Prozent.74
74 SeitdemJahr2012hatMannheimmit430ProzentdenhöchstenGewerbesteuerhebesatzdesLandes.Vgl.StatistischesLandesamtBaden-Württemberg2012.
83Teil III: Kommunalsteuern
Hebesätzeoberhalbder500-Prozent-MarkedürfteninsofernauchvordemHintergrundbefürchte-
terAttraktivitätsverlustefürUnternehmungendieAusnahmesein.Lediglichdiewinzigerhein-
land-pfälzische Gemeinde Dierfeld mit acht Einwohnern und die 39.778 Einwohner zählende
nordrhein-westfälischeMittelstadtSiegburgüberschreitenderzeitdieseGrenze(vgl.Tab.14).In
der8-Einwohner-GemeindeDierfeld,derdeutschlandweitzweitkleinstenGemeinde,wirdfüralle
Realsteuern(GrundsteuerAundBsowieGewerbesteuer)einHebesatzvon900Prozentfestgelegt.
AufgrunddergeringenEinwohnerzahlkönnendieWertederGemeindeallerdingsnurbedingtals
RichtgrößefürandereGemeindendienen.
5 Konsolidierungspotentiale bei den Realsteuern
BeibesonderskonsolidierungsbedürftigenGemeindenistzuhaufbeobachtbar,dasssichdiesein
einer Vergeblichkeitsfalle wähnen. Die Mandats- und Verantwortungsträger der Gebietskörper-
schaftglaubenindieserSituationnichtmehrdaran,dasseinHaushaltsausgleichalleinauseige-
nerKraft gelingenkann, obgleichdas anhand objektiverKriterienmöglich erscheint. Faktisch
handeltessichinderMehrzahlderFällenichtumeinetechnische,sondernumeinepsychologi-
scheVergeblichkeitsfalle.VoneinertechnischenVergeblichkeitsfallekannerstdanngesprochen
werden,wennsicheineSchuldenspiraleinGanggesetzthat,inderenFolgedieGeldschuldenüber
denZinsaufwandzumMotor ihrereigenenEntwicklunggewordensindundtrotzdermaximal
möglichen Konsolidierungsanstrengungen der Haushaltsausgleich aus eigener Kraft nicht
gelingt.75
MittelseinesWorst-Case-SzenariosimKontextderRealsteuernsollteesindenallermeistenFällen
gelingen,einepsychologischeVergeblichkeitsfalleaufzulösen.InzahlreichenGemeindensinddie
HebesätzenochweitvondenbereitsaktuellgültigenLandes-odergarBundeshöchstwertenent-
fernt.DienachfolgendeBerechnungfüreinenordrhein-westfälischeMusterstadtillustriertexem-
plarisch, welche teilweise enormen Konsolidierungspotentiale allein in den Realsteuern liegen
(Tab.15).
BeikonsolidierungsbedürftigenStädtenundGemeinden,dieregelmäßigdenHaushaltsausgleich
imordentlichenErgebnisverfehlen,lassensichvordemHintergrunddieserSituationimEinzel-
fallsehrhoheHebesätzerechtfertigen.IndembenanntenMusterbeispielließensichdurcheine
AnhebungderHebesätzeaufdieLandes-oderBundeshöchstwertebeieinerstatischenBetrach-
tung76 Mehreinnahmen zwischen zwölf und 21 Millionen Euro pro Jahr generieren, wobei die
GewerbesteuerumlagevondiesemBruttowertinAbzugzubringenwäre.
NatürlichsindderartmerklicheHebesatzanpassungenwie indiesem fiktivenWorst-Case-Real-
steuer-Szenarionurteilweisetatsächlichdurchführbar,abersiezeigendierealvorhandenenKon-
solidierungspotentiale bei einzelnen Realsteuern auf. Somit können sie eine etwa vorhandene
75 Technischkannesebenfalls zuKonstellationenkommen,beidenenderHaushaltsausgleichauchunterAbstraktionvondenZinsaufwendungennichtgelingt.
76 BeiderGewerbesteuerkannes(beiAnhebungen)zuAusweicheffektenkommen.EinedynamischeBetrachtungkönnteinsofernimEinzelfalleinanderesKonsolidierungspotentialergeben.BeiderGewerbesteuerresultiertaushöherenHebesätzenaufgrunddynamischerEffektenichtnotwendigerweiseeinhöheresAufkommen.
84 Teil III: Kommunalsteuern
psychologischeVergeblichkeitsfalleunterUmständenschnellauflösen.InrealenFällenwürden
indeshöchstwahrscheinlichadditivalternativeKonsolidierungspotentialeaufderErtrags-undder
Aufwandseitegeprüft,dieeineAnhebungderRealsteuerninderbenanntenGrößenordnungnicht
notwendigwerdenlassen.
Tabelle 15: Fiktive statische Berechnung des Konsolidierungspotentials einer Musterstadt in Nordrhein-Westfalen bei Anhebung der Real-steuerhebesätze auf die nordrhein-westfälischen oder deutschen Höchsthebesätze
Grundsteuer A Grundsteuer B Gewerbesteuer(brutto)
Summe
Hebesatz 2011 230 Prozent 490 Prozent 450 Prozent -
Aufkommen 2011 32.000 Euro 20.000.000 Euro 56.300.000 Euro 76.332.000 Euro
Höchsthebesatz Nordrhein-Westfalen 2011 402 Prozent 590 Prozent 515 Prozent -
Aufkommen bei Höchsthebesatz Nordrhein-Westfalen
55.930 Euro 24.081.633 Euro 64.432.222 Euro 88.569.785 Euro
Mehreinnahmen bei Höchst hebesatz Nordrhein-Westfalen
23.930 Euro 4.081.633 Euro 8.132.222 Euro 12.237.785 Euro
Höchsthebesatz Deutschland 2011 (Flächenländer)
1.800 Prozent* 800 Prozent** 515 Prozent** -
Aufkommen bei Höchsthebesatz Deutschland (Flächenländer)
250.435 Euro 32.653.061 Euro 64.432.222 Euro 97.335.718 Euro
Mehreinnahmen bei Höchst hebesatz Deutschland (Flächenländer)
218.435 Euro 12.653.061 Euro 8.132.222 Euro 21.003.718 Euro
* Der Orientierungswert ist schwierig, weil lediglich zwei baden-württembergische Gemeinden diesen Hebesatz anwenden. Der nächstniedrigere Hebesatz einer Gemeinde liegt bei 847 Prozent. ** Der bei Grundsteuer B und Gewerbesteuer existente noch höhere Hebesatz der Gemeinde Dierfeld wurde nicht angesetzt.
Quelle: Eigene Darstellung; Höchsthebesatzdaten entnommen aus: Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2012a: Hebesätze der Real-steuern, Ausgabe 2011
ImZugevonaktuellenKonsolidierungsprozessenisttrotzdemerkennbar,dassgerademerkliche
AnpassungenderGrundsteuerBvielerortseineprominenteRolleeinnehmen.77Sohatsichexem-
plarischimJahr2012dienordrhein-westfälischeMittelstadtSelm(knapp27.000EinwohnerEnde
2011)füreinestarkeAnhebungdesHebesatzesderfürdiemitWohngebäudenbebautenGrund-
stücke maßgeblichen Grundsteuer B von bislang 445 Prozent auf nunmehr 825 Prozent ent-
schlossen. Die hierauf folgenden Klagen hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen mit Urteil
vom25.Oktober2012abgewiesen.DieKammerführtezurBegründunginsbesondereaus,dass
denKommunenbeiderFestsetzungdesHebesatzesseit jehereinweiterkommunalpolitischer
Ermessensspielraum zukomme, der allein durch das Willkürverbot begrenzt sei. Weder das
GerichtnochderjeweiligeSteuerpflichtigeseiendaherbefugt,ihreeigenenfürrichtigodersach-
gerecht gehaltenenVorstellungenandieStelledeshierzuberufenenundentsprechend legiti-
miertenSatzungsgeberszusetzen.EinewillkürlicheErhöhungdesHebesatzesinSelmseinicht
77 ImZugeeinerBefragungzudenAuswirkungenderneuenStaatsschuldenbremsegabenknappüber80ProzentderbefragtenKommunenan,imFalleetwaigerMehrbelastungenihreHebesätze,Gebührenbzw.Abgabenzuerhöhen.Vgl.Lenk/Rottmann/Kuntze2012,S.20.
85Teil III: Kommunalsteuern
festzustellen, eine unverhältnismäßige oder „erdrosselnde“ finanzielle Belastung der Grundei-
gentümerebenfallsnicht.78
Gleichwohlwird inzahlreichenArbeiten79nachgewiesen,dasseineeinzigaufderErtragsseite
(auchSteuern)basierteHaushaltskonsolidierungsstrategieseltenerfolgversprechendist.Höhere
ErträgeziehenregelmäßighöhereAufwendungennachsich,wasinderKonsequenzzueinerBud-
getaufblähungführt.Defizitebleibentrotzdemerhalten.EineanderErtrags-/Steuerseiteanknüp-
fendeKonsolidierungsstrategieoderSchuldenbremse(s.dazuTeilVII)mussebenfallsDruckauf
derAufwandseiteauslösenundmitderWiedererreichungdesHaushaltsausgleichsgekoppeltwer-
den.Ansonstendroht,dasszwarSteuernerhöhtwerden,aberDefizitedennocherhaltenbleiben
oderaufmittlereSichtwiederentstehen.
78 Vgl.JustizministeriumNordrhein-Westfalen2012.79 Vgl.exemplarischfürdieEbenedesGesamtstaatesSchulemann2012,S.18,undWagschal/Wenzelburger2008,S.153ff.
86
TeilIV:PersonalundVersorgungsempfänger
Zusammenfassung
• PersonalisteinerderwichtigstenProduktionsfaktorenderkommunalenVerwaltungen.Mitte
2011führendieKommunenrund2,1 Millionen Beschäftigte,wobeietwadieHälfteinAuslage-
rungenausdenKernverwaltungenbeschäftigtist.DiePersonalausgabenfüraktiveundehe-
maligeBeschäftigtebindenimDurchschnittderKommunenimJahr2011rund31 Prozent der
laufenden Ausgaben.
• Die Personalausgaben pro Einwohner schwanken im Ländervergleich zwischen 566 Euro
und746Euro.Hierinkommenwesentlichunterschiedliche AufgabenkatalogederKommunen
undunterschiedliche Standards der AufgabenerfüllungsowieeineHeterogenitätinBezugauf
dieArt und Weise der Aufgabenerledigung(z.B.EinbindungPrivater)zumAusdruck.
• BeschäftigteinKernverwaltungenundAuslagerungensindinunterschiedlichenAufgabenbe-
reichentätig.Dergrößte Teil der BeschäftigtenwirdindenAufgabenbereichenGesundheitund
Sport,SozialesundJugendsowieinnereVerwaltungeingesetzt.
• Durchschnittlichentfallenauf1.000Einwohner15,11kommunaleVollzeitäquivalente.Dieser
Wert variiertinBezugaufalleAufgabenzwischen12,5inSchleswig-Holsteinund16,9inSach-
sen-Anhalt.BeieinerDifferenzierungnachAufgabenbereichenwerden teilweiseerhebliche
Unterschiedeerkennbar.
• Zum1.Januar2011gibtesindenKommunender13Flächenländerexakt110.989 Versorgungs-
empfänger.BeiderMehrzahlmitinsgesamt75.975Fällen(68,5Prozent)handeltessichum
Ruhegehaltsempfänger.DieweiterenFälleverteilensichaufdieHinterbliebenen(Empfänger
vonWitwen-undWaisengeld).
• ZwischendenFlächenländerngibteseinemerklicheHeterogenität in Bezug auf die Versorgungs-
empfängerquote.SowohldieFallzahlenalsauchdieaufeinzelneEmpfänger-undBesoldungs-
gruppenentfallendenAnteileunterscheidensich.ImVergleich zwischen dem früheren Bundesge-
biet und den neuen Ländernistzubeachten,dassdieFallzahlderVersorgungsempfängerinden
neuenBundesländernnochimmergeringist.AnsprücheaufeineVersorgungimöffentlich-
rechtlichenVersorgungssystemsindindiesenLändernerstseit1992entstanden.Unterden
WestflächenländernliegtdieVersorgungsempfängerquoteinNordrhein-WestfalenmitAbstand
anderSpitze.
• SeitBeginndes Jahrtausends istdieFallzahl der kommunalen Versorgungsempfänger nahezu
jedes Jahr gestiegen.Lagsiezum1.Januar2000nochbeirund104.600Versorgungsempfän-
gern,sohatsiesichseitherbiszumAnfangdesJahres2011umca.6.400Empfängererhöht.
DieGesamtzahlenverdeckendabei,dassderAnstiegindenletztenelfJahrenalleinvonden
starkansteigendenFallzahlenderRuhegehaltsempfängerausgelöstwurde; ihreAnzahlhat
sichvonrund63.100AnfangdesJahres2000aufknapp76.000erhöht.Dasentsprichteinem
Teil IV: Personal und Versorgungsempfänger
87
Anstiegvon12.900Fällen,alsoeinemPlusvonüber20Prozent.GleichzeitigsinddieFallzah-
len für den Bereich der Hinterbliebenen gesunken, was einen noch stärkeren Anstieg der
Gesamt-Versorgungsempfängerzahlgebremsthat.
• DiezukünftigehohenatürlicheFluktuationmussfüreineAnpassungderKommunalverwal-
tungengenutztwerden,umlangfristigdiePersonalausgabenzustabilisieren.EineAnpassung
inUmfangundQualifikationbedarfjedochderSensibilisierungderEntscheidungsträgerund
EntscheidungsfindungbereitsinderGegenwart.
Vorbemerkungen
PersonalisteinerderwichtigstenProduktionsfaktoreneinerKommunalverwaltung.Gleichzeitig
sinddieAusgabenfüraktivesundehemaligesPersonalmitimDurchschnittrund31Prozentder
laufendenAusgabenderKommunenimJahr2011zentraleAusgabenkategorienimAusgabenmix
derGemeindenundGemeindeverbände.
ImneuenHaushaltsrechtaufBasisderDoppikstellenPersonalaufwendungeneinenordentlichen
Aufwanddar.DieZahlungenderkommunalenArbeitgeberfürBeschäftigtenachdemTarifvertrag
desöffentlichenDienstesaneineVersorgungskassefürdenVersorgungsfallsindalsVersorgungs-
aufwandzuverbuchen.HinzutretenbeidenBeamtenAufwendungenfürPensions-undBeihilfe-
zahlungen,dieerstinspäterenPeriodenerfolgen;fürLetzteresindentsprechendeRückstellungen
zu bilden. Sämtliche Positionen sind zur Erreichung des Haushaltsausgleichs im ordentlichen
ErgebnisgrundsätzlichdurchordentlicheErträgezudecken.
DieindenKommunalverwaltungenentstehendenPersonalausgabensindnurzumTeilvoneige-
nenEntscheidungenderKommunenabhängig.WesentlichenEinflusshabendiegrundsätzliche
AufgabenverteilungzwischenLandundKommunenunddielandesrechtlichenLeistungsstandards.
BeideFaktorenunterscheidensichzwischendenLändern,worausunterschiedlichePersonalinten-
sitätenund-ausgabenresultieren.DiesistimVergleichzuberücksichtigen.Nichtsdestotrotzist
ein solcher Vergleich sinnvoll und hilfreich, um derartige grundsätzliche Unterschiede aufzu-
decken,derenfinanzielleAuswirkungenzubemessenundzuhinterfragen.
1 Personalausgaben
Kommunen sind Ersteller von Leistungen in dem Sinne von externen Produkten, die sich an
Personen(gruppen) außerhalb der Verwaltung richten. Die externen Produkte werden nicht
immernotwendigerweise(ausschließlich)denEinwohnernderbetreffendenKommuneangebo-
ten.SowerdenProduktewieVolkshochschulen,Bäderetc.häufigauchvonNicht-Einwohnernin
Anspruchgenommen.ZurErstellungderexternenProdukteerbringenverschiedeneOrganisati-
onseinheitenderKommunalverwaltungLeistungen.Zuweilen istes indiesemZusammenhang
notwendig, dass Organisationseinheiten innerhalb der Verwaltung zunächst Leistungen für
andereEinheitenerbringen(interneProdukte,diegewissermaßenalsVorleistungzurErstellung
Teil IV: Personal und Versorgungsempfänger
88
derexternenProduktenotwendigsind).FürdieErstellunginternerundexternerProdukteagie-
renKommunenals–zuweilen(zusammenmitetwaigenkommunalenUnternehmen)bedeuten-
der–Arbeitgeber.
ZwischendenJahren2010und2011sinddiestatistischnachgewiesenenkommunalenPersonal-
ausgabeninklusivederFEUsdesStaatssektorsvon49.495Mio.Euroauf50.730Mio.Eurogewach-
sen.DasentsprichteinerSteigerungvonrund2,5Prozent.ZwischendeneinzelnenFlächenlän-
derngibteseinegroßeHeterogenitätinBezugaufdieseAusgabenkategorie(Tab.16).
InvierLändernweisendieKommunenimJahr2011Werteüberder700-Euro-pro-Kopf-Markeaus;
dabeihandelt es sichumBrandenburg,Sachsen-Anhalt,HessenundNordrhein-Westfalen.Der
DurchschnittswertderFlächenländerfürdiekommunalenPersonalausgabenliegtbei669Euroje
Einwohner.DenniedrigstenWertweisendieKommuneninSchleswig-Holsteinmit566Europro
Kopfaus.DiePersonalausgabenproKopfstreuenstark:DieDifferenzzwischendemhöchstenund
demniedrigstenWertliegtbei180EurojeEinwohner,einesignifikanteAbweichung.
Die Personalausgaben lassen sich weiter untergliedern. Mit 572 Euro je Einwohner im Durch-
schnittderFlächenländerentfälltderüberwiegendeTeilderPersonalausgaben(rund86Prozent)
auf denBereichBezügeundNebenleistungen. IndiesemTeilbereich stehendie brandenburgi-
schenKommunenmit701EuroproKopfanderSpitze,wasdeninsgesamthohenPro-Kopf-Wert
desLandesbeidenPersonalausgabenmaßgeblicherklärt.InSchleswig-Holsteindagegenistdas
Pro-Kopf-AusgabevolumenbeidenBezügenundNebenleistungenmit479EuroimFlächenländer-
vergleichamgeringsten.
Tabelle 16: Personalausgaben der Gemeinden und Gemeindeverbände inklusive der FEUs des Staatssektors im Jahr 2011 (in Euro je Einwohner)Ausgabeposition
Fläc
henl
ände
r*
Bade
n-W
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Baye
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Bran
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urg
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Sach
sen-
Anh
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Schl
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ig-H
olst
ein
Thür
inge
n
Personalausgaben 669 696 622 746 730 586 601 713 614 627 686 734 566 642
davon Aufwendungen für Abgeordnete und ehrenamtliche Tätigkeit
9 5 11 10 9 9 10 8 14 7 5 10 11 11
davon Bezüge und Nebenleistungen 572 589 505 701 630 542 515 593 516 516 648 680 479 592
davon Versorgungsbezüge und dergleichen
72 84 88 31 76 30 65 86 68 87 31 40 65 34
davon Beihilfen, Unterstützungen und dergleichen
14 16 16 2 10 3 11 23 14 14 2 3 11 5
davon sonstige personalbezogene Ausgaben
2 1 1 1 4 2 1 3 2 3 0 1 1 0
* Inklusive gemeinsamer Extrahaushalte.
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012c: Kassenstatistik 2011; Einwohner zum 30.6.2011
Teil IV: Personal und Versorgungsempfänger
89
BeiderzweitgrößtenPersonalausgabenkategorie,denVersorgungsbezügen,liegendieWertevon
Bayern, demSaarland,Nordrhein-WestfalenundBaden-Württemberg amoberenEndedesFlä-
chenländervergleiches. Die niedrigsten Werte bei dieser Personalausgaben-Teilkategorie errei-
chen,erwartungsgemäßaufgrundderHistorie,diefünfneuenBundesländer.Sieweisenallesamt
WerteunterhalbdesFlächenländerdurchschnittsaus;dabei istderWert inSachsen-Anhaltam
höchsten,inMecklenburg-Vorpommerndagegenamniedrigsten.
FürdiePositionBeihilfen,UnterstützungsleistungenunddergleichenfälltderBefundanalogaus.
WiederumliegendieWertederneuenLänderunterdenenderaltenLänder.WährendNordrhein-
WestfalenbeidieserAusgabenkategorieanderSpitzesteht,werdeninBrandenburgundSachsen
dieniedrigstenWerteerreicht.
DasWest-Ost-GefällebeidenVersorgungsbezügen,BeihilfenundUnterstützungsleistungenlässt
dieinsgesamtvergleichsweisehohenPersonalausgabeninBrandenburgundSachsen-Anhaltin
eineminteressantenLichterscheinen.Siewerdenerzielt,obgleichdieBelastungenausVersor-
gungsbezügen(noch)überschaubarsind.MaßgeblicherVerursachersindinbeidenLänderndie
sehrhohenBezügeundNebenleistungen.
DieAufwendungenfürAbgeordneteundehrenamtlichTätigesindimPersonalausgabenmixnicht
vonbedeutendemGewicht.DerDurchschnittswertfürdieKommunenderFlächenländerliegtbei
neunEuroproKopf.DieAufgabenkategorie isteingutesBeispiel fürdieWirkunglandesrecht-
licherFaktorenundgemeindlicherEntscheidungen.GrundsätzlichsolltenkleinteiligeGemeinde-
strukturenzuhöherenPro-Kopf-Ausgabenführen,dakleineGemeindenrelativmehrRatssitzeje
Einwohneraufweisen.Diesistz.B.imFallRheinland-Pfalzgegeben.EinweitererFaktor,derdiese
Personalausgabenkategorieberührt,istdieHöhederAufwandsentschädigung,welchewiederum
tendenziellmitderGrößederGemeinde steigtunddie ebenso jeGrößenklassederGemeinde
durch das Land bestimmt wird. Im Regelfall geben die Länder Rahmen vor und verfügen die
GemeindeninbeidenPunktenselbstüberSpielräume.SonstigepersonalbezogeneLeistungenals
weitere Personalausgabenkategorie spielen mit durchschnittlich zwei Euro pro Kopf ebenfalls
keinebedeutendeRolleimPersonalausgabenmix.
2 Aktive Beschäftigte
GegenwärtighoheoderniedrigePersonalausgabeninKommunenwerdenschwerpunktmäßigvon
derFallzahlderBeschäftigtensowiederBeschäftigungsart(Vollzeit,Teilzeit,Entlohnungetc.)ver-
ursacht. Zwischen einzelnen Kommunalaufgaben und insbesondere im länderübergreifenden
Maßstab gibt es an dieser Stelle erhebliche Unterschiede. Heterogene Personalausstattungen
bedingengrundsätzlichebenfalls,dassunterschiedlichekommunaleLeistungsbündelangeboten
werdenkönnenbzw.beiPflichtaufgabenangebotenwerdenmüssen.DaskommunalePersonal
folgtimGrundsatz,d.h.unterAbstraktionvonEffizienzunterschiedenundDisparitätenimPro-
duktionsfaktoreneinsatz,denAufgaben.
Teil IV: Personal und Versorgungsempfänger
90
2.1 Beschäftigte in Kernverwaltung und Auslagerungen
AufgrunddeszunehmendenAuslagerungsprozesseshatdiePersonalstandstatistikimJahr2011
eine Überarbeitung erfahren. Dabei erfolgt eine Abstimmung mit der Finanzstatistik, weshalb
fortanauchmitderPersonalstandstatistikderöffentlicheGesamthaushalt(KernhaushaltundExt-
rahaushalte)abgebildetwerdenkann. InsofernkönnendiePersonalausgabenderkommunalen
KernhaushalteundihrerstaatlichenFEUspartiellmitderPersonalstandstatistikgegenübergestellt
werden.BemerkenswertanderWeiterentwicklungderPersonalstandstatistikistdarüberhinaus,
dassaufgrundderNovellierungdeskommunalenHaushaltsrechtsab2011dieDatenderkameral
buchendenKommunenindiedoppischeSystematiküberführtundmitdendoppischenBericht-
stellenzusammengefasstwerden.
Am30.Juni2011sind2.109.638MännerundFrauenimkommunalenBereichbeschäftigt(Tab.17),
wobeibeidieserBetrachtungsämtlicheFEUseingeschlossensind.BeieinerAufteilunginBeschäf-
tigungsbereichewirddeutlich,dassvondiesenBeschäftigtenrund50Prozent(1.061.438Personen)
indenKernverwaltungenderGemeindenundGemeindeverbändearbeiten.Ebenfallsrund50Pro-
zentsindbeiöffentlichenFEUsbeschäftigt(1.048.200Personen).DabeientfallenknappsechsPro-
zentaufFEUsdesStaatssektors(126.442Personen)undrund44ProzentaufsonstigeFEUs(921.758
Personen).VergleichezudenkommunalenPersonalausgabenoderzudenFallzahlenderBeschäftig-
tenunterAusblendungausgelagerterEinheitensindinsofernzwangsläufiglückenhaft.Fürtreffsi-
chereGegenüberstellungensindAuslagerungenzwingendzuberücksichtigen.
Tabelle 17: Beschäftigte im kommunalen Bereich einschließlich mittelba-rer und gemischter Beteiligungen am 30.6.2011 (in 1.000 Beschäftigte)
Öffentlicher Arbeitgeber | Öffentlicher Bereich
Beschäftigtentyp Öffentlicher Gesamthaushalt Sonstige öffent-liche Einrichtungen
(Sonstige FEUs)
Gesamt
Kernhaushalte Extrahaushalte (FEUs des Staatssektors)
Beschäftigte (gesamt) 1.061 126 922 2.110
darunter Frauen 646 71 490 1.208
Vollzeitbeschäftigte 630 77 636 1.343
darunter Frauen 274 31 253 557
Teilzeitbeschäftigte 432 49 286 767
darunter Frauen 373 40 237 650
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012h: Personal des öffentlichen Dienstes 2011
BeiderBetrachtungvonKernverwaltungenundallenFEUs(öffentlicherBereich)stelltsichheraus,
dassessichbei1.342.712BeschäftigtenumVollzeitkräftehandelt(rund64ProzentallerBeschäf-
tigten).DerüberwiegendeTeilderkommunalenBeschäftigtenarbeitetdemnachinVollzeit.Bei
denKernverwaltungenfälltdieQuotederVollzeitbeschäftigtenanderGesamtbeschäftigtenzahl
(59Prozent)niedrigerausalsbeidenFEUsdesStaatssektors (61Prozent)unddenFEUsdes
Nicht-Staatssektors(69Prozent). InTeilzeitarbeitenunterBerücksichtigungallerkommunalen
Beschäftigten des öffentlichen Bereiches 766.929 Männer und Frauen (rund 36 Prozent aller
Beschäftigten).
Teil IV: Personal und Versorgungsempfänger
91
InsgesamtsindimJahr2011mehrFrauen(1.207.590Frauen;rund57Prozent)inKommunalver-
waltungeninklusiveihrerFEUsbeschäftigtalsMänner.VondenFrauenarbeiten557.485inVoll-
zeitund650.105inTeilzeit;imGegensatzzudenMännerngibtesdemnachbeidenFrauenim
VerhältniswesentlichmehrTeilzeitkräftealsVollzeitkräfte.Beirund85Prozentallerkommuna-
lenTeilzeitbeschäftigtenhandeltessichumFrauen.
2.2 Beschäftigte nach Aufgabenbereichen
Vondeninsgesamtrund2,1Mio.BeschäftigtenderKommunen(inKernverwaltungenplussämt-
lichenFEUs)arbeitenimJahr2011nachdemSchalenkonzeptderoriginärenPersonalstandstatis-
tik1.061.438BeschäftigteindenKernverwaltungenundinsgesamt188.039BeschäftigtebeiSon-
derrechnungen(Abb.23),alsobeirechtlichunselbstständigenEinheiteninöffentlich-rechtlicher
Rechtsform(EigenbetriebeundSondervermögen).Hinzukommen117.701PersonenbeiEinrich-
tungen in öffentlich-rechtlicher Rechtsform (inklusive Zweckverbände); hierunter werden die
Beschäftigten in rechtlich selbstständigen Körperschaften, Anstalten und öffentlich-rechtlichen
Stiftungen,dieunterderAufsichtderGemeinden/Gemeindeverbändestehen,zusammengefasst.
Weitere742.460PersonenarbeiteninkommunalenEinrichtungeninprivatrechtlicherRechtsform
(GmbHs,AGsetc.).NachdenMitarbeiternindenKernverwaltungenhandeltessichbeidenPerso-
nen in Einrichtungen privater Rechtsform mit insgesamt rund 35 Prozent der kommunalen
BeschäftigtenumdiezweitgrößteBeschäftigtengruppe(s.dazuimDetailTab.23desAnhangs).
SiewerdennachderPersonalstandstatistiknichtzudenBeschäftigtendesöffentlichenDienstes
gezählt.
DergrößteTeilderkommunalenBeschäftigtenarbeitetimAufgabenbereichGesundheitundSport
(458.382Personen;knapp22ProzentallerBeschäftigten).EsfolgendieAufgabenbereicheSozia-
lesundJugend(359.052Personen;rund17ProzentallerBeschäftigten)sowieInnereVerwaltung
(272.907Personen;rund13ProzentallerBeschäftigten).
EindifferenzierterBlickaufdieOrtederAufgabenerbringungzeigt,dassdieinderSummehohe
FallzahlderBeschäftigtenimBereichGesundheitundSportmaßgeblichdurchdieBeschäftigten
inEinrichtungenprivaterRechtsformverursachtwird.IndiesemAufgabenbereicharbeitenins-
gesamt308.871Personen(rund67Prozent)inEinrichtungenprivaterRechtsform,währendnur
35.959 Mitarbeiter den Kernhaushalten der Gemeinden und Gemeindeverbände zuzuordnen
sind.
Die höchste Beschäftigtenfallzahl im Bereich der Kernhaushalte erreicht der Aufgabenbereich
SozialesundJugend(283.894Beschäftigte).EsfolgendieAufgabenbereicheInnereVerwaltung
(244.020Beschäftigte),SicherheitundOrdnung(124.394Beschäftigte)undSchulträgeraufgaben
(102.489Beschäftigte).ImBereichSchulträgeraufgabenistauffällig,dasshierdieniedrigsteQuote
derVollzeitbeschäftigtenausgewiesenwird:Sowohl imBereichderKernhaushaltealsauchbei
EinbeziehungderFEUshandeltessichjeweilsinlediglich36ProzentderFälleumVollzeitbe-
schäftigte.InkeinemanderenAufgabenbereichgibteseineähnlichniedrigeVollzeitbeschäftig-
tenquote.
Teil IV: Personal und Versorgungsempfänger
92
100– 200 300 400 500
Kernhaushalte Sonderrechnungen
Einrichtungen in öffentlich-rechtlicher Rechtsform* Einrichtungen in privater Rechtsform
Innere Verwaltung
Sicherheit und Ordnung
Schulträgeraufgaben
Kultur und Wissenschaft
Soziales und Jugend
Gesundheit und Sport
Räumliche Pl. und Entw., Bauen und Wohnen
Ver- und Entsorgung
Natur- und Landschaftspflege
Sonstiges
Verkehrsflächen und -anlagen, ÖPNV
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012h: Personal des öffentlichen Dienstes 2011
* Einschließlich Zweckverbände.
Abbildung 23: Kommunale Beschäftigte des öffentlichen Bereiches nach Aufgabenbereichen (einschließlich mittelbarer und gemischter Beteiligungen am 30.6.2011)in 1.000 Beschäftigte
UnterFokussierungaufalleOrtederAufgabenerledigung(öffentlicheArbeitgebersindindenwei-
terenAufgabenbereichenansonstenebenfallsindenFeldernSozialesundJugend(48Prozent),
KulturundWissenschaft(57Prozent)sowieGesundheitundSport(58Prozent)vergleichsweise
niedrige Vollzeitbeschäftigtenquoten zu verzeichnen. Die höchsten Vollzeitbeschäftigtenquoten
findensichindenAufgabenbereichenNatur-undLandschaftspflege(85Prozent)sowieVerkehr
undÖPNV(84Prozent).
FürdieInterpretationländerübergreifenderBeschäftigtenvergleichesindinsbesonderedieQuoten
derinprivaterRechtsformBeschäftigtenrelevant,weildiesenichtzumPersonaldesöffentlichen
Dienstesgezähltwerden.DiesePersonenspieleninmanchen,abernichtinallenAufgabenberei-
cheneinegrößereRolle.IndenAufgabenbereichenInnereVerwaltung(2Prozent),Sicherheitund
Ordnung(1Prozent),Schulträgeraufgaben(1Prozent),Sonstiges(6Prozent)sowieSozialesund
Jugend(12Prozent)istderAnteilderBeschäftigteninEinrichtungenprivaterRechtsformimVer-
gleichzuallenkommunalenBeschäftigtendesAufgabengebietesgering;rechthochisteraufder
anderenSeiteindenAufgabengebietenNatur-undLandschaftspflege(69Prozent),Gesundheit
undSport(67Prozent),VerkehrundÖPNV(64Prozent)sowiebeiderVer-undEntsorgung(57
Prozent).InsbesonderebeiletzterenAufgabengebietenkanndieGegenüberstellungderBeschäf-
tigtenimLändervergleichdurchEinrichtungeninprivaterRechtsformstarkverzerrtsein.Dasist
beiderDateninterpretationzubeachten.
Teil IV: Personal und Versorgungsempfänger
93
2.3 Beschäftigte im Ländervergleich
Aufgrund heterogener Teilzeitbeschäftigtenquoten muss ein Ländervergleich der kommunalen
BeschäftigtenaufderBasisvonVollzeitäquivalenten(VZÄ)erfolgen.DasistanhandderPersonal-
standstatistikfürdasPersonaldesöffentlichenDienstesmöglich.HierbeibleibenzwardieBeschäf-
tigteninEinrichtungenprivaterRechtsformunberücksichtigt;trotzderenNicht-Erfassungwerden
abernebendemKernhaushaltmitdenSonderrechnungenunddenEinrichtungeninöffentlich-
rechtlicherRechtsform(einschließlichZweckverbände)Bereicheerfasst,diezudenAuslagerun-
genzählen.SomitgehtdasBildüberdieüblicherweisedargestelltenreinenKernhaushaltsdaten
hinausundistentsprechendaufschlussreich.
Am30.Juni2011gibtesimDurchschnittderFlächenländer15,11kommunaleVollzeitäquivalente
je1.000Einwohner(Tab.18).DieniedrigstenQuotenhabenSchleswig-Holstein,dasSaarland,Nie-
dersachsenundMecklenburg-Vorpommern.BemerkenswertistderWertdesSaarlands.Eshan-
deltsichzwarumdiezweitniedrigsteQuoteallerFlächenländer,abermindestenszweiRahmenbe-
dingungen hätten eine noch geringere Quote vermuten lassen: Zum einen hat das Land mit
AbstanddenniedrigstenKommunalisierungsgradallerLänder,undzumzweitengibtesimSaar-
landdiezweithöchstenDurchschnittsgemeindegrößen.VonhohenGemeindegrößenwerdenübli-
cherweise Synergien erwartet, gerade auch im Personalbereich. Aufschlussreich ist ferner der
WertvonSchleswig-Holstein.DieKommunendesLandeshabenimLändervergleichimJahr2011
dieniedrigsteVZÄ-QuoteundebenfallsdieniedrigstenPersonalausgaben;Letzterewerdendabei
maßgeblichvondenimFlächenländervergleichinsgesamtniedrigstenAusgabenbeidenBezügen
undNebenleistungenverursacht.80
VergleichsweisehoheQuotenweisendieLänderSachsen-Anhalt,BayernundBrandenburgaus.
Sachsen-AnhaltundBrandenburgsinddabeidiejenigenLänder,dieimJahr2011auchdiehöchs-
ten kommunalen Pro-Kopf-Personalausgaben ausweisen. Die hohen Personalausgaben sind
dabeiinbeidenFällenmaßgeblichaufdieTeilgrößederBezügeundNebenleistungenzurückzu-
führen.FürBayernergibtsichallerdingseinanderesBild.TrotzhoherVZÄ-Quote liegendie
Pro-Kopf-Personalausgaben und ebenfalls die dazugehörigen Bezüge und Nebenleistungen
unterhalb des Flächenländerdurchschnitts. Den Kommunen des Landes gelingt es insofern,
vergleichsweisevielPersonaleinzusetzen,aberdennochdiePersonalausgabengeringzuhal-
ten.
80 Bei der Interpretation dieser und der folgenden Feststellungen zum Zusammenhang von Personalausgaben und VZÄ ist zuberücksichtigen, dass bei den berechneten Personalausgaben und den VZÄ Abgrenzungen vorgenommen werden, die sichimDetailunterscheiden.PersonalausgabenwerdenunterBerücksichtigungderKern-undExtrahaushalteberechnet,dieVZÄbeziehensichaufdieBeschäftigteninderAbgrenzungnachdemöffentlichenDienst.
Teil IV: Personal und Versorgungsempfänger
94
Tabelle 18: Kommunale Vollzeitäquivalente des Personals des öffentlichen Dienstes am 30.6.2011 (in VZÄ je 1.000 Einwohner) Aufgabenbereich
Fläc
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Zentrale Verwaltung
4,47 3,97 3,66 5,98 4,46 4,94 3,98 5,14 4,99 4,04 4,67 5,23 3,86 4,55
darunter Innere V erwaltung
2,98 2,83 2,56 4,22 2,90 3,12 2,60 3,29 3,70 2,65 2,83 3,40 2,52 3,02
darunter Sicherheit und Ordnung
1,48 1,14 1,10 1,76 1,56 1,82 1,38 1,85 1,29 1,39 1,85 1,83 1,33 1,53
Schule und Kultur 1,71 1,88 2,20 1,52 1,31 1,21 1,42 1,65 1,54 1,14 1,80 1,68 1,50 2,05
darunter Schulträgeraufgaben
1,00 1,13 1,50 0,84 0,87 0,69 0,97 0,81 0,95 0,75 0,63 0,68 1,09 1,13
darunter Kultur und Wissenschaft
0,71 0,75 0,70 0,68 0,44 0,51 0,45 0,84 0,59 0,39 1,17 1,01 0,42 0,92
Soziales und Jugend 3,40 3,35 2,74 4,95 4,21 2,64 3,11 3,36 3,48 2,74 4,28 4,64 2,77 3,26
darunter Soziale Hilfen 1,14 0,95 0,97 1,36 1,11 1,39 1,15 1,33 0,69 1,05 1,40 1,52 1,18 0,97
darunter Kinder, Jugend und Familienhilfe
2,26 2,40 1,76 3,59 3,10 1,26 1,96 2,03 2,79 1,69 2,88 3,12 1,59 2,29
hierzu gehören u. a. Tageseinrichtungen für Kinder
1,64 1,88 1,23 3,06 2,41 0,78 1,24 1,25 2,29 0,86 2,41 2,56 0,94 1,77
Gesundheit und Sport
1,63 1,68 3,73 0,46 0,68 1,33 0,98 1,60 0,89 0,43 1,29 1,08 0,75 0,56
darunter Gesundheitsdienste
1,42 1,40 3,54 0,27 0,39 1,18 0,79 1,39 0,66 0,20 1,08 0,84 0,63 0,33
hierzu gehören u. a. Krankenhäuser
1,17 1,15 3,31 - 0,18 0,78 0,52 1,16 0,50 - 0,86 0,59 0,25 -
darunter Sportförderung
0,22 0,29 0,19 0,18 0,28 0,15 0,19 0,21 0,23 0,23 0,21 0,25 0,12 0,23
Gestaltung der Umwelt
3,91 4,70 4,33 3,09 3,91 3,73 3,76 3,38 3,49 4,72 3,56 4,22 3,66 4,48
darunter Räumliche Planung und Entwicklung
0,38 0,49 0,22 0,58 0,37 0,53 0,34 0,43 0,21 0,33 0,56 0,36 0,15 0,28
darunter Bauen und Wohnen
0,47 0,52 0,48 0,44 0,44 0,64 0,45 0,41 0,26 0,69 0,59 0,73 0,46 0,63
darunter Ver und Entsorgung
1,04 0,88 1,29 0,79 1,06 0,73 1,17 0,90 1,51 0,89 0,78 0,88 1,20 1,34
darunter Verkehrsflächen und anlagen, ÖPNV
0,47 0,41 0,73 0,36 0,28 0,29 0,49 0,54 0,40 0,20 0,41 0,29 0,32 0,16
darunter Natur und Landschaftspflege
0,59 0,73 0,48 0,62 0,69 0,52 0,44 0,71 0,65 0,83 0,29 0,48 0,44 0,50
darunter Sonstiges 0,95 1,65 1,13 0,30 1,06 1,01 0,87 0,39 0,45 1,79 0,92 1,48 1,10 1,57
Insgesamt 15,11 15,58 16,65 16,00 14,56 13,84 13,25 15,14 14,39 13,07 15,62 16,86 12,53 14,89
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012h: Personal des öffentlichen Dienstes 2011; Einwohner zum 30.6.2011
Teil IV: Personal und Versorgungsempfänger
95
Im Aufgabenbereich Zentrale Verwaltung sind im Flächenländerdurchschnitt 4,47 VZÄ je
1.000Einwohnerbeschäftigt.InBrandenburg,Sachsen-AnhaltundNordrhein-Westfalenwirdder
Durchschnittswertamdeutlichstenübertroffen.DiebayerischenKommunen,dieinBezugaufdas
gesamteLeistungsbündeleinenhohenPersonalbestandausweisen,habenindiesemAufgabenfeld
diegeringsteQuote.DervergleichsweisebesondershohebrandenburgischeWerterklärtsichins-
besondereüberdieTeilaufgabederInnerenVerwaltung:Mit4,22VZÄje1.000Einwohnerweisen
dieKommunendesLandeshierdenmitAbstandhöchstenWertaus.DerFlächenländerdurch-
schnittliegtbei2,98VZÄje1.000Einwohner.
BeimAufgabenbereichSchuleundKulturliegtderDurchschnittswertderKommunenderFlächen-
länderbei1,71VZÄje1.000Einwohner.Davonentfallen1,00VZÄje1.000EinwohneraufSchul-
trägeraufgabenund0,71VZÄje1.000EinwohneraufdieTeilaufgabeKulturundWissenschaft.
InsgesamtstehendiebayerischenundthüringischenKommunenimAufgabenbereichSchuleund
KulturanderSpitzederFlächenländer;inkeinemanderenLandfindensichhöhereVZÄ-Quoten.
ImSaarlandwiederumliegtderWertmit1,14VZÄje1.000EinwohnerbeidiesemAufgabenbe-
reichamunterenEndedesFlächenländervergleiches.
DerAufgabenbereichSozialesundJugendistimFlächenländerdurchschnittmit3,40kommunalen
VZÄ je1.000Einwohnerausgestattet.Brandenburg,Sachsen-Anhalt, Sachsenundals einziges
altesFlächenlandHessen81 sinddiejenigenvierLändermitQuotenvonmehrals4,00VZÄ je
1.000Einwohner.InMecklenburg-Vorpommerndagegenist indiesemBereichdiePersonalaus-
stattungamgeringsten.InsgesamtentfallenimFlächenländerdurchschnittinnerhalbdesAufga-
benbereichesSozialesundJugend1,14VZÄje1.000EinwohneraufdieTeilaufgabeSozialeHilfen
und2,26VZÄje1.000EinwohneraufdasFeldKinder-,Jugend-undFamilienhilfe.ZuLetzterem
gehöreninsbesondereauchdieTageseinrichtungenfürKinder;aufsieentfallenimFlächenländer-
durchschnitt1,64VZÄje1.000Einwohner.
ImAufgabenbereichGesundheitundSportliegtdieVZÄ-QuoteimFlächenländerdurchschnittbei
1,63 VZÄ je 1.000 Einwohner. Der Teilbereich Sportförderung kommt hierbei lediglich auf
0,22VZÄje1.000Einwohner,währendderTeilbereichGesundheitsdienstedieQuotemit1,42VZÄ
je1.000Einwohnerwesentlichstärkerprägt.BeiLetzteremsindinsbesonderedieKrankenhäuser
vonhohemGewicht:Aufsieentfalleninsgesamt1,17VZÄje1.000Einwohner.ÜberalleFlächen-
länderhinwegsindinabsolutenZahlen88.773VZÄinkommunalenKrankenhäusernbeschäftigt,
wobei sich diese Personen kaum in den Kommunalkernhaushalten wiederfinden. Insgesamt
50.854VZÄentfallenaufSonderrechnungenundweitere37.574VZÄaufEinrichtungeninöffent-
lich-rechtlicherRechtsform(inklusiveZweckverbände).AllerdingsistderLändervergleichdesPer-
sonalsdesöffentlichenDienstesaufBasisvonVZÄimAufgabenbereichGesundheitundSportins-
gesamtnurvonbegrenzterAussagekraft,weilBeschäftigteinEinrichtungenprivaterRechtsform
alsbedeutenderBereichunberücksichtigtbleiben.
BeiderAufgabeGestaltungderUmweltsindimFlächenländerdurchschnitt3,91kommunaleVZÄ
beschäftigt.ZudiesemAufgabenbereichzählendieTeilaufgabenRäumlichePlanungundEntwick-
81 DerinsgesamthohehessischeWertwirdvorwiegenddurchdieKinder-,Jugend-undFamilienhilfe(inklusiveTageseinrichtungenfürKinder)ausgelöst.HessenistnebenBaden-WürttembergzugleichdasLandmitdemhöchstenAltersgruppenanteilbeidenKlein-undKindergartenkindern(s.TeilI).
Teil IV: Personal und Versorgungsempfänger
96 Teil IV: Personal und Versorgungsempfänger
lung(0,38VZÄje1.000EinwohnerimFlächenländerdurchschnitt),BauenundWohnensowieVer-
kehr(jeweils0,47VZÄje1.000EinwohnerimFlächenländerdurchschnitt)sowiedieNatur-und
Landschaftspflege (0,59VZÄ je1.000Einwohner imFlächenländerdurchschnitt).Alspersonal-
intensivsteTeilaufgabegehörtdanebenderTeilbereichVer-undEntsorgungzumAufgabengebiet
GestaltungderUmwelt;aufihnentfallenimFlächenländerdurchschnitt1,04VZÄje1.000Einwoh-
ner.InderSummesinddas79.202VZÄ.UnterihnensinddieallerwenigstenimBereichdesKern-
haushaltesangesiedelt:Insgesamt35.009VZÄentfallenaufSonderrechnungen,31.253VZÄauf
Einrichtungeninöffentlich-rechtlicherRechtsform(einschließlichZweckverbände).Danebenspie-
lengeradeindiesemAufgabensegmentEinrichtungeninprivaterRechtsform(dienichtzumPer-
sonal des öffentlichenDienstesnachderPersonalstandstatistik zählen) einebedeutendeRolle,
weshalbländerübergreifendeVergleicheunterVorbehaltzuinterpretierensind.
3 Versorgungsempfänger
DieAltersversorgungderArbeitnehmer(Tarifbeschäftigte)istüberdiegesetzlicheSozialversiche-
rung(gesetzlicheRentenversicherung)sowieüberdieZusatzversorgungdesöffentlichenDienstes
organisiert.DieseZusatzversorgungisteineergänzendeAltersversorgung,welchedurchdiekom-
munalenArbeitgeberfinanziertwirdunddasNiveauderGesamtbezügederTarifbeschäftigtenim
AlterandasderBeamtenversorgungangleicht.
Dieehemalsineinemöffentlich-rechtlichenDienstverhältnisBeschäftigten(Pensionäre),d.h.ehe-
malige Beamte, sowie ihre Hinterbliebenen werden hingegen durch das öffentlich-rechtliche
Alterssicherungssystemversorgt(sogenannteVersorgungsempfängerdesöffentlichenDienstes).
DieseVersorgungsempfängersindGegenstanddesvorliegendenKapitels.
3.1 Versorgungsempfänger im Ländervergleich
Zum1.Januar2011gibtesinden13Flächenländernexakt110.989kommunaleVersorgungsemp-
fänger.BeiderMehrzahl,ininsgesamt75.975Fällen,handeltessichumRuhegehaltsempfänger.
DasentsprichteinemAnteilvon68,5ProzentanallenkommunalenVersorgungsempfängern.Die
weiterenFälleverteilensichaufdieHinterbliebenen(EmpfängervonWitwen-undWaisengeld).
DiegrößteGruppesindhierdieEmpfängervonWitwengeld;zusammen32.686Fälleentfallenauf
diesenTeilbereichderHinterbliebenen.EmpfängervonWaisengeldbildenmit2.328Fällendie
kleinsteGruppeunterdenkommunalenVersorgungsempfängern.
IndenFallzahlenspiegeltsichdiemännerdominierteEinstellungs-undRekrutierungspolitikder
Kommunen indenvergangenen Jahrzehnten inBezugaufdieversorgungsrechtlich relevanten
Positionenwider.82Vonden75.975RuhegehaltsempfängernAnfangdesJahres2011sindlediglich
9.635(rund13Prozent)weiblich.SpiegelbildlichverhältessichbeidenEmpfängernvonWitwen-/
82 Zum30.Juni2011gibtesunterden186.219kommunalenBeamteninderAbgrenzungnachdemöffentlichenDienstnunmehr73.359Frauen.DasentsprichteinerQuotevonknapp40Prozent.Vgl.StatistischesBundesamt2012h,S.32.
97Teil IV: Personal und Versorgungsempfänger
Witwergeld:Inmehrals98ProzentderFällehandeltessichbeidiesenVersorgungsempfängern
umFrauen.InZahlensinddas32.130voninsgesamt32.686Fällen.Angesichtsderdemographi-
schenEntwicklung,derVerknappungdesArbeitskräftepoolssowiegewandelterKarriereprofile
vonFrauenliegtfürdieKommunalverwaltungeninderverstärktenAkquirierungvonweiblichen
KräfteneineQuellezurGewinnungvonqualifiziertemPersonal.
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Quelle: Eigene Berechnung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2011a: Versorgungsempfängerstandstatistik 2011; Einwohner zum 30.6.2010
Abbildung 24: Kommunale Versorgungsempfänger je 100.000 Einwohneram 1.1.2011 differenziert nach Ländern, Empfänger- und Besoldungsgruppen
Waisengeldempfänger (ohne Besoldungsgruppenunterscheidung)
Witwengeldempfänger in Besoldungsgruppe A 13–A 10
Witwengeldempfänger in Besoldungsgruppe A 9–A 1
Witwengeldempfänger in Besoldungsgruppe B 11–A 14, R, W, C
Ruhegehaltsempfänger in Besoldungsgruppe A 13–A 10
Ruhegehaltsempfänger in Besoldungsgruppe A 9–A 1
Ruhegehaltsempfängerin Besoldungsgruppe B 11–A 14, R, W, C
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ZwischendeneinzelnenFlächenländernbestehteinemerklicheHeterogenität inBezugaufdie
Versorgungsempfängerquote(Versorgungsempfängerje100.000Einwohner);sowohldieFallzah-
lenderVersorgungsempfängeralsauchdieaufeinzelneEmpfänger-undBesoldungsgruppenent-
fallendenAnteileunterscheidensichsignifikant(Abb.24).DerVergleichzwischendemfrüheren
BundesgebietunddenneuenLändernistvordemHintergrundzuinterpretieren,dassdieFallzahl
98 Teil IV: Personal und Versorgungsempfänger
derVersorgungsempfängerindenneuenBundesländernnochimmerehergeringist.Ansprüche
aufeineVersorgungimöffentlich-rechtlichenVersorgungssystemsindindiesenLändernerstseit
1992entstanden.InderVersorgungsempfängerstandstatistik2011desStatistischenBundesamtes
werdendiekommunalenVersorgungsempfängerinsofernlediglichfürdieSummederneuenLän-
derangegeben,nichtaufgeschlüsseltnacheinzelnenLändern.83DiestatistischenLandesämterim
neuenBundesgebietstellen indeszuweilen länderscharfeErgebnisse inspezifischenBerichten
dar.84 Insgesamt liegt die kommunale Versorgungsempfängerquote in den neuen Ländern bei
lediglich 29,2 Versorgungsempfängern je 100.000 Einwohner, im Westen ist sie hingegen mit
170,3deutlichhöher.
UnterdenWest-FlächenländernrangiertdieVersorgungsempfängerquoteimKommunalfinanzkri-
senlandNordrhein-Westfalenmit207,7mitAbstandanderSpitze.EbenfallsüberdemDurch-
schnittderaltenFlächenländerliegtdieQuoteimHaushaltskrisenlandSaarlandsowielediglich
nochinBayern.InNiedersachsenundBaden-Württembergwerdenmit133,5und136,9dienied-
rigstenQuotenunterdenWest-Flächenländernerreicht.
Sowohl inNordrhein-Westfalenalsauch inBayernwirddievergleichsweisehoheVersorgungs-
empfängerquote insbesondere durch überdurchschnittliche Empfängerzahlen im Bereich der
Ruhegehaltsempfängerverursacht–beidenunterenwieauchbeidenhöherenBesoldungsgrup-
pen.ImSaarlandistdieSituationanders.DerinsgesamthoheWertistdurchdieFallzahleninder
BesoldungsgruppeA13–A10begründet.SowohlbeidenRuhegehalts-alsauchbeidenWitwengeld-
empfängernsindinkeinemanderenLanddieQuotenhöheralsimSaarland.
3.2 Entwicklung der Versorgungsempfängerfallzahlen
Seit Beginn des Jahrtausends ist die Fallzahl der kommunalen Versorgungsempfänger netto
(Zugänge abzüglich Abgänge) nahezu jedes Jahr gestiegen (Abb. 25). Lag die Fallzahl zum
1.Januar2000nochbeirund104.600Versorgungsempfängern,sohatsiesichbisAnfang2011um
ca.6.400Empfängererhöht.DasentsprichteinemAnstiegvonrundsechsProzent.DieGesamt-
zahlenverdeckendabei,dassderAnstiegindenletztenelfJahrenalleinvondenstarkansteigen-
denFallzahlenderRuhegehaltsempfängerausgelöstwurde:IhreAnzahlhatsichvonrund63.100
AnfangdesJahres2000aufknapp76.000Empfängererhöht.DasentsprichteinemAnstiegvon
12.900 Fällen, also einem Plus von über 20 Prozent. Gleichzeitig sind die Fallzahlen für den
Bereich der Hinterbliebenen gesunken, was einen noch stärkeren Anstieg der Gesamtversor-
gungsempfängerzahlgebremsthat.
GrundsätzlichsteigenVersorgungsempfängerfallzahlenan,wennbislangaktiveBeamte inden
RuhestandtretenundzuRuhegehaltsempfängernwerden.Danebenerhöhensiesich,wennaktive
BeamteablebenundAngehörigehinterlassen,dieAnspruchaufWitwen-oderWaisengeldhaben.
SofernRuhegehaltsempfänger versterben, vermindert sichdieZahl derVersorgungsempfänger
83 Vgl.StatistischesBundesamt2011a,S.24.84 Vgl.StatistischesLandesamtdesFreistaatesSachsen2012.
99Teil IV: Personal und Versorgungsempfänger
insgesamt–allerdingsnurdann,wennkeineHinterbliebenenAnspruchaufVersorgunghaben.
DieZahlderVersorgungsempfängervermindertsichaußerdem,wennBeziehervonWitwen-oder
WaisengeldAnsprücheverlierenodersterben.
DieHintergründefürdenFallzahlanstiegderRuhegehaltsempfängerindenletztenJahrensind
vielfältigerNatur.SiereichenvondeninderVergangenheitvorgenommenenAusweitungendes
AktivpersonalsbiszusteigendenFrauenanteilen–tendenziellgehenmitLetzterenhöhereTeil-
zeitbeschäftigungsquoten und Beurlaubungen einher, die bei gleichbleibender Stellenzahl zu
einerwachsendenZahlbeschäftigterPersonenmitderimplizitenBerechtigungzuVersorgungs-
bezügenführen.MitdemmedizinischenFortschrittsteigtdanebendieLebenserwartungan,wobei
dietendenziellhöherenLebenserwartungenderBeamtenimVergleichzurübrigenNormalbevöl-
kerungzunocheinmalausgeweitetenPensionslaufzeitenführen.
Abbildung 25: Fallzahlveränderung kommunaler Versorgungsempfänger der Jahre 2000 bis 2011 in 1.000 Empfängerdifferenziert nach Empfängergruppen und jeweils gemessen zum 1.1. des entsprechenden Jahres
80,0
75,0
70,0
65,0
60,0
55,0
50,0
45,0
40,0
35,0
30,0
Ruhegehalt Hinterbliebene
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2011a: Versorgungsempfängerstandstatistik 2011
63,165,0 66,8 66,5
68,3 69,1 70,3 70,8 71,673,3 74,6 76,0
41,4 40,2 40,2 39,2 39,0 38,436,6 37,1 36,4 35,9 35,5 35,0
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Der Blick auf die 3.797 Zugänge bei den kommunalen Ruhegehaltsempfängern im Jahr 2010
erlaubteineDifferenzierunginBezugaufdieUrsachen.DieallermeistenRuhegehaltsempfänger-
zugängelassensichaufdasErreicheneinerAltersgrenzezurückführen;hierhandeltessichum
2.510Fälle.DiehäufigsteAltersgrenzeistmit1.114FällendieRegelaltersgrenze(65.Lebensjahr).
SodannfolgeninderHäufigkeitdieAntragsaltersgrenzevon63Jahrenmit541Fällenunddie
Antragsaltersgrenzevon60Jahrenmit456Fällen.Insgesamt399FällesindaufdasErreichen
einerbesonderenAltersgrenzezurückzuführen.NachdemErreicheneinerAltersgrenzeistmit
958FällenDienstunfähigkeitdiezweithäufigsteUrsachefürdieBerechtigungzumRuhegehalts-
empfang.SonstigeGründesindimJahr2010in329FällenursächlichfürdieBerechtigungzum
EmpfangvonRuhegehalt.
100 Teil IV: Personal und Versorgungsempfänger
NebenderFallzahlspieltdieHöhederVersorgungsbezügedietragendeRollebeiderFragenach
derHöhederVersorgungsausgaben(inkünftigenJahren).ImMonatJanuar2011liegendiedurch-
schnittlichenVersorgungsbezüge(Bruttobezüge)beiRuhegehaltsempfängernbei2.730Euro,bei
Witwengeldempfängernbei1.570EuroundbeiWaisengeldempfängernbei360Euro.Alldiese
PositionenhabenzwischendemJahr2000unddemJahr2011Steigerungenerfahren,wobeider
AnstiegbeidenEmpfängernvonRuhegehaltabsolutamstärkstenausgeprägtist.ImJanuar2000
lagendieBruttobezügenochbei2.420Euro.EbenfallsmerklichistdieSteigerungbeidendurch-
schnittlichenVersorgungsbezügenbeimWitwengeld,diezumgleichenZeitpunktbruttonochbei
1.300 Euro lagen. Bei den Empfängern von Waisengeld sind die Anpassungen hingegen über-
schaubar.ImJanuar2000lagendieBruttobezügebei330Euro.
ImJahr2010erreichendieVersorgungsausgaben(BruttobezügeeinschließlicheinmaligerZahlun-
gen)derKommuneneineHöhevoninsgesamt3,2Mrd.Euro.85DergrößteTeilinHöhevon2,5Mrd.
EurowirddabeivondenRuhegehaltsempfängernverursacht.Hierbeiistzubeachten,dassdiein
derVersorgungsempfängerstandstatistiknachgewiesenenVersorgungsausgabennichtdieZufüh-
rungenzuVersorgungsrücklagenundBeihilfenfürVersorgungsempfängerumfassen.Seit2000
sinddieVersorgungsausgabenimkommunalenBereichumca.0,5Mrd.Euroangewachsen; in
jenemJahrlagendieGesamtversorgungsausgabennochbei2,7Mrd.Euro.DieErhöhungistdabei
vollständig aufdenBereichderRuhegehaltsempfänger zurückzuführen:Bei dieserEmpfänger-
gruppesinddieVersorgungsausgabenvon2,0Mrd.EuroimJahr2000auf2,5Mrd.EuroimJahr
2010angewachsen.
4 Altersstruktur von Personal und Versorgungsempfängern
Versorgungsempfängerstandstatistik und Personalstandstatistik sind aufeinander abgestimmt –
dieinderVersorgungsempfängerstandstatistikerfasstenPersonenkreisewerdenwährendihres
aktivenBerufslebensinderPersonalstandstatistikerfasst.ZusammenkönnendiebeidenStatisti-
kenalsDatengrundlagefürTrendberechnungenimBereichdesöffentlich-rechtlichenAlterssiche-
rungssystems herangezogen werden. Derartige Vorausberechnungen werden im Rahmen der
VersorgungsberichtederBundesregierung86undteilweiseauchfüreinzelneFlächenländervorge-
nommen.87SiesensibilisierenfürHandlungsnotwendigkeiten.
BeidenheuteaktivenkommunalenBeamtenistdiequantitativgrößteAltersklassediejenigezwi-
schen50und55Jahren(Abb.26).Insgesamt32.449BeamtinnenundBeamtebefindensichin
dieserAltersklasse.FastgleichgroßistdieAltersklassezwischen45und50Jahrenmitaktuell
32.204Beamten.Nocheinmaljeweilsmehrals25.000BeamtebefindensichindenAltersklassen
40 bis unter 45 Jahre (28.948 Beamte) und 55 bis unter 60 Jahre (26.046 Beamte). Lediglich
45.027kommunaleBeamtesindgegenwärtigjüngerals40Jahre.DervergleichsweisehoheAnteil
85 AngabennachderVersorgungsempfängerstandstatistik2011,nichtnachderKassenstatistik.AndieserStellesindAbgrenzungs-unterschiedezubeachten.Vgl.StatistischesBundesamt2011a.
86 Vgl.DeutscherBundestag2009,S.41ff.87 Vgl.StatistischesLandesamtBaden-Württemberg2010,S.61ff.
101Teil IV: Personal und Versorgungsempfänger
Demographischer Wandel beeinflusst die Personalarbeit
Die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden stellt
sich proaktiv den Herausforderungen des demo-
graphischen Wandels im Kontext der Personalar-
beit.DasPersonal-undOrganisationsamtderStadt
hat die Herausforderungen in einer Broschüre
zusammengestellt.SiedientalsanalytischeGrund-
lagefüreinedaraufaufbauendeSteuerungvorOrt.
ZieldesBerichtes istesnachdemBekundender
Stadt, „durch analytische Erkenntnisse die Ein-
flüsse des demographischen Wandels auf der
EbenedesPersonalwesenserkennbarzumachen,
um die Chancen zur Gestaltung einer in die
ZukunftgerichtetenPersonalarbeitzunutzen.“88
ImZentrumdesBerichtesstehtdieAltersstrukturanalyse;dieErgebnissezeigendiestruk-
turellen Zusammensetzungen der Belegschaft in Gegenwart und Zukunft. Sie liefern
ErkenntnisseüberdieEntwicklungindenLaufbahnen,Entgeltgruppen,Führungspositio-
nenetc.undgebenAufschlussüberdasbenötigteNachwuchskräftepotential,dasWeiter-
bildungsverhaltenunddenGesundheitszustandderBeschäftigten.
vonBeamtenab45Jahre(105.614Beamte)verweistaufeinehohePensionierungswelleimkom-
munalenBereichindennächsten20Jahren.
EinstaktiveBeamtewerdenzuRuhegehaltsempfängern.BeiLetzterenistdiegrößteGruppeder-
zeit65bisunter70Jahrealt(18.523Ruhegehaltsempfänger).EsfolgtdieGruppeimAlterzwi-
schen70und75Jahren(16.397Ruhegehaltsempfänger).SowohlderAnstiegderLebenserwar-
tunginsgesamtalsauchdieZahlderinwenigenJahrenindenBereichderRuhegehaltsempfänger
wechselnden,heutenochaktivenBeamtenverdeutlichen,dassinnaherZukunftdieFallzahlder
Versorgungsempfängerundmit ihrdieVersorgungsausgabenzwangsläufigweitersteigenwer-
den.89
InsgesamtistdieGruppederArbeitnehmerheuteinallenAltersklassenweitausgrößeralsdie
betreffendeGruppederBeamten.InsofernkannimkommunalenBereichvoneinerArbeitnehmer-
lastigkeitbeidenBeschäftigtendesöffentlichenDienstesgesprochenwerden.UnterdenArbeit-
nehmernsinddiebeidenquantitativgewichtigstenAltersgruppendievon45bisunter50Jahre
(211.894 Arbeitnehmer) und die von 50 bis unter 55 Jahre (210.628 Arbeitnehmer). Ebenfalls
88 LandeshauptstadtWiesbadeno.J.,S.4.89 MiteinembeschleunigtenAnstiegderZahlderPensionäreistbeiBund,LändernundKommunenzurechnen.Vgl.Altis2011,
S.170f.
102 Teil IV: Personal und Versorgungsempfänger
quantitativbedeutsamsinddieGruppenimAlterzwischen40und45Jahren(159.151Arbeitneh-
mer)sowiezwischen55und60Jahren(178.959Arbeitnehmer).Unter40Jahrensindinsgesamt
285.544 Arbeitnehmer. Der vergleichsweise hohe Anteil von Arbeitnehmern ab 45 Jahre
(687.068Personen)führtdazu,dassindennächsten20Jahrenrund60Prozentderkommunalen
ArbeitnehmerdesöffentlichenDienstesindenRuhestandeintretenwerden.
240.000
220.000
200.000
180.000
160.000
140.000
120.000
100.000
80.000
60.000
40.000
20.000
0
Bis
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**
65 b
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70 b
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85 b
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Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2011a: Versorgungsempfängerstandstatistik 2011, und Statistisches Bundesamt 2012h: Personal des öffentlichen Dienstes 2011
* Ruhegehaltsempfänger unter 40 Jahren (insgesamt 222 Personen) werden aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht abgebildet. ** Personal in Ausbildung wird nicht einbezogen (Personalabgrenzung nach den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes). *** Bei den aktiven Beamten und Arbeitnehmern wird an dieser Stelle die Altersgruppe 60 bis 64+ einbezogen.
Abbildung 26: Aktive kommunale Beamte und Arbeitnehmer in der Abgrenzung des öffentlichen Dienstes sowie Ruhegehaltsempfänger nach Altersgruppen
Aktive Arbeitnehmer am 30.6.2011** Aktive Beamte am 30.6.2011**Ruhegehaltsempfänger der Gemeinden, GV und ZV am 1.1.2011*
5 Konsolidierungspotentiale bei Personal und Versorgung
DiePersonalausgabennehmenimkommunalenAusgabenportfolioeinebedeutendeundinGren-
zenvariableRolleein.InsofernzählenÄnderungenandieserStellezudenregelmäßigenVorschlä-
genbeiKonsolidierungsüberlegungen.
DiegeneriertenKennzahlenzuPersonalausgabenundBeschäftigtenimLändervergleichkönnen
bei der Identifikation von Konsolidierungspotentialen hilfreich sein. Gleichwohl sind bei der
103Teil IV: Personal und Versorgungsempfänger
DateninterpretationeinigegrundlegendeZusammenhängezubeachten,umFehlinterpretationen
zuvermeiden:
• BeidenInformationenzudenVZÄhandeltessichumdasPersonaldesöffentlichenDienstes,
womitnureinTeilderAuslagerungenausdemKernhaushaltberücksichtigtwird.Eskann
somitzuVerzerrungenaufgrundvonAufgaben-undPersonalverlagerungenaufEinrichtungen
inprivaterRechtsformkommen.ÄhnlichesgiltfürdieBetrachtungderPersonalausgabenpro
Kopf.EswerdenKern-undExtrahaushaltebetrachtet;sonstigeFEUsbleibenunberücksichtigt.
• DerPrivatisierungsgradbzw. imAllgemeinendieEinbeziehungPrivater indiekommunale
Leistungserstellungkönnenheterogenausgeprägtsein.HierbeispielteineRolle,obundwie
AufgabenkomplettaufPrivateübertragenwerdenoderPrivateindenLeistungserstellungs-
prozesseinbezogenwerden.Sofallenz.B.beiKindertagesstättenkeinekommunalenPerso-
nalausgaben an, wenn die Aufgabe von kirchlichen/freien Trägern erbracht wird. Auf der
anderenSeiteentrichtendieKommunenZuschüsse.Ausgabenfalleninsofernaneinerande-
renStellean.
• Die Aufgaben- und Personalverteilung unterscheidet sich zwischen den einzelnen Ländern
und ihren Kommunen (Kommunalisierungsgrad). Personalausgabenunterschiede können
hierdurchpartiellerklärtwerden.HierzuistebenfallsdieFragerelevant,obbesondersperso-
nalintensiveAufgabenaufdiekommunaleEbeneverlagertwerdenbzw.dortzutätigensind.
• DurchdieSetzungvongesetzlichenStandardsfürdieErledigungeinzelnerkommunalerAuf-
gabenkönnendieLänderdieAnzahlderVZÄihrerKommunenunddamitdiePersonalausga-
benpositiv/negativbeeinflussen.90Die(kommunal-)politischenPräferenzeninBezugaufdie
angebotenen kommunalen Leistungen (auch das Leistungsbündel) können sich ebenfalls
unterscheiden,d.h.welcheAufgaben inwelcherQualitätundzuwelchemPersonaleinsatz
erledigtwerden.HierzugehörtebensodieFrage,inwieweitpersonalintensiveAufgabenwahr-
genommenwerden.
• DieEffizienzinderAufgabenerledigungkannsichzwischendenKommuneneinzelnerLän-
der,aberauchinnerhalbderkommunalenFamilieeinesLandesunterscheiden.Hierzugehört,
dassdieErledigunggleicherAufgabenmitmehr/wenigerPersonalsowiemitunterschiedlich
bezahltenMitarbeiternerfolgenkann.UnterschiedeinderVergütungderVZÄkönneneinen
Einflussdaraufhaben,inwieweitsichdieKommuneneinehohe/niedrigeFallzahloderQuote
beidenVZÄleistenkönnen.DanebenkannsichdieIntensitätinterkommunalerKooperatio-
nenunterscheiden91etc.HierausresultierenjeweilsUnterschiedeimPro-Kopf-NiveauderPer-
sonalausgaben.
90 Umgekehrt können bei Standardänderungen/-reduzierungen in der Gegenwart die kommunalen Fluktuationspotentiale inder (nahen) Zukunft erhöht werden. In Hessen haben Land und Kommunale Spitzenverbände ein Verfahren (sogenanntesDialogverfahren)zurpermanentenHinterfragungkommunalerStandards institutionalisiert.Vgl.Keilmann/Gnädinger/Dräger2011,S.23ff.
91 GeradeinterkommunaleKooperationenimPersonalbereichundbeiderFinanzierungvonInfrastrukturwerdenseitJahrzehntengefordert.Mancherortswerdensieaucherfolgreichpraktiziert.Siescheiternallerdingsvielerorts(noch)regelmäßig,nichtseltenanlokalemEgoismus.
104 Teil IV: Personal und Versorgungsempfänger
• DerGradderTechnologisierungunterscheidetsichzwischeneinzelnenKommunen.Hierüber
kanneszueinerSubstitutionderProduktionsfaktorenkommen,etwazueinemverstärkten
MaschineneinsatzodereinerauseinanderklaffendenAusstattungmitInformations-undKom-
munikationstechnologien(EinsatzvonE-Government-Technologien)zuLastenvonPersonal.In
BezugaufdiefinanzielleLeistungsfähigkeitistfürdenProduktionsfaktoreneinsatzdieWirt-
schaftlichkeitdasentscheidendeKriterium.
DieListeließesichverlängern.InderSummeistesinsofernschwierig,detaillierteSchlussfolge-
rungen aus den heterogenen Pro-Kopf-Personalausgaben und den VZÄ-Quoten zu ziehen. Die
IdentifizierungdergenauenUrsachenistkomplexundalleinaufBasisstatistischerInformationen
kaummöglich.DerLändervergleichkanninBezugaufKonsolidierungspotentialelediglichHin-
weisefürnäherzubetrachtendeBereichegeben.
DennochlassensichaufBasisderUntersuchungeinigeallgemeingültigeSchlussfolgerungenzu
Konsolidierungspotentialenableiten.InsgesamtsinddieVersorgungsausgabenalsTeilderPerso-
nalausgabennur schwerbeeinflussbar.DieHerausforderungen fürKommunen imBereichder
VersorgungsempfängerverteilensichinBezugaufdieBedeutungfürdiedauerhaftefinanzielle
LeistungsfähigkeitinsbesondereaufzweiunterschiedlicheDimensionen:
(1) Steuerung der Fallzahlen: Mittels der Einstellungspolitik (Wiederbesetzungen) können die
FallzahlenderpotentiellenVersorgungsempfängergesteuertwerden.AllerdingsistdieSitua-
tionandieserStelleso,dasssichdieNichtbesetzungfreiwerdenderStellenerstnachvielen
JahrenimBereichderZahlungenbemerkbarmacht.Kurz-bismittelfristiglässtsichdieFall-
zahlderVersorgungsempfängerüberdasAlterbeiEintrittdesVersorgungsfallesbeeinflussen.
SokönnendurchRehabilitationoderdurchMaßnahmendesGesundheitsmanagementsRuhe-
standsversetzungenwegenDienstunfähigkeitvermiedenundeinmöglichstlangerVerbleibim
aktivenDienstgefördertwerden.
(2) Vorsorgebetreiben:NachdemGenerationengerechtigkeitsprinzip,welchesuntrennbarmitder
EtablierungdesneuenHaushaltsrechtsverbunden ist,soll jedeGenerationdievon ihrver-
brauchtenRessourcenselbsterwirtschaften.InAnlehnungandieseLeitvorstellungmussdie-
jenigeGeneration,dieheutevomWirkenderpotentiellenVersorgungsempfängerprofitiert,
diedurchdieseverursachtenAufwendungenvollständigtragen–auchwenndieZahlungen
erstinderZukunftanfallen.EinderartigesVorgehenfördertdieAufrechterhaltungderdauer-
haftenfinanziellenLeistungsfähigkeit(s.dazuimDetailTeilVII).
Beim aktiven Personal sind die Möglichkeiten für Konsolidierungsmaßnahmen größer als im
BereichderVersorgung.DerFundusgängigerKonsolidierungsmaßnahmenimBereichderPerso-
nal-undPersonalnebenleistungen istbreitgefächert,wobeimiteinzelnenMaßnahmenspezifi-
scheVor-undNachteileeinhergehen.92DanebengibtesGrenzenbeiderKonsolidierung.Grund-
sätzlichfolgenPersonalunddamitPersonalausgabendenAufgabenderKommunen.Dieseitens
derKommuneselbstoderseitensderGesetzgeberfestgelegtenAufgabensowiedieArtundWeise
92 Vgl.Schwarting2011,S.119ff.
105Teil IV: Personal und Versorgungsempfänger
derAufgabenerledigungprägenimWesentlichendenPersonalbedarf.DerAufgabenbedarfbzw.
die Aufgabenerledigung der Kommunen werden im Unterschied zum privatwirtschaftlichen
Marktsystem in politisch-administrativen Entscheidungsprozessen festgelegt. Der tatsächliche
AufgabenbedarfistdahereinekaumobjektivierbareGröße.LetztlichbestimmenEinnahmemög-
lichkeiten und demokratisch legitimierte politische Entscheidungen der einzelnen Ebenen den
Ressourcenverbrauch(imBereichPersonal).93
AufGrundlagederErkenntnissezurAltersstrukturdesaktivenkommunalenPersonals94lassen
sichinnaherZukunftverstärktKonsolidierungspotentialeüberdienatürlicheFluktuationerken-
nen.95DiePotentialekönnennichtkurzfristiggeneriertwerden,ihreNutzungbedarfallerdings
derEntscheidungsfindunginderGegenwart.DaheristdieSensibilisierungderEntscheidungsträ-
gerinderGegenwartwichtig.GleichzeitigstelltdieAltersstrukturdiekommunalenArbeitgeber
vorspezifischeHerausforderungen:
• AusdemLändervergleichzudenVZÄwird,beiallengenanntenGrenzenderVergleichbarkeit,
deutlich,dasseinzelnekommunaleAufgabenbereichemitunterschiedlichemPersonaleinsatz
gestemmtwerdenkönnen.ImSinnederHaushaltskonsolidierungistinsofernauszuloten,ob
gesetzlicheoderselbstauferlegteStandardsunterWahrungdergrundsätzlichenAufgabener-
ledigungundunterHinnahmevonetwaigenQualitätsänderungenreduziertwerdenkönnen
(Aufgabenkritik;Lernenvomanderen).SoferndieserProzessgelingt,könnenPersonalausga-
benvordemHintergrundderanstehendenPersonalruhestandswelleübernatürlicheFluktua-
tionabgebautwerden.
• Die absehbaren demographischen Veränderungen erfordern zwangsläufig eine Neuaus-
richtung der Aufgaben anhand der sich wandelnden Altersstrukturen. Veränderte, im
DurchschnittsfallsinkendeEinwohnerfallzahlenerlaubendarüberhinausinTeilbereichendie
Aufgabenreduzierung(Rückbau;Demographierendite).InderPraxisstoßenderartigeAufga-
benreduzierungenanalogzumBevölkerungsrückgangallerdingsdannanGrenzen,wennes
zutechnischenundpolitischenRemanenzenkommtodereineInfrastrukturgrundversorgung
gewährleistet werden muss. Sofern Aufgaben bedingt durch den demographischen Wandel
wegfallenoderingeringererIntensität/Qualitätangebotenwerden,könnenPersonalausgaben
vordemHintergrunddersichabzeichnendenRuhestandswelleübernatürlicheFluktuation
abgebautwerden.BeidiesemProzesswirdesregionaleUnterschiedegeben,weildiedemogra-
phischeEntwicklunginräumlicherHinsichtandersausgeprägtist.96
93 DerAnsatz,wonachdiePersonalausstattunginTeilenwenigermitderAufgabenerledigungalsmitdemBestandssicherungs-interesse der Institution sowie den persönlichen Interessen der Bürokraten zu tun hat, ist höchstens für einen Teil derAdministrationanzunehmen.Vgl.Vesper2012,S.45.
94 Zum 30. Juni 2010 liegt das Durchschnittsalter bei den Beschäftigten im kommunalen Bereich bei 45,0 Jahren. Lediglichauf Bundesebene sind die Beschäftigten in ihrem Durchschnitt älter als auf kommunaler Ebene. Auf Landesebene, bei denSozialversicherungsträgernundbeiderBundesagenturfürArbeitistdasPersonalvergleichsweisejünger.Vgl.Altis/Koufen2011,S.1114.
95 Angesichts der mancherorts hohen (Kassenkredit-)Niveaus fordert der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamt-wirtschaftlichenEntwicklunginseinemjüngstenJahresgutachteneinenPersonalstellenabbau.Vgl.Sachverständigenrat2012,S.220.
96 In den Kommunen der neuen Länder ist das Personal vergleichsweise älter als in den alten Ländern. Hierin spiegelt sichderSchrumpfungsprozess,mitdemsichdieKommunen imOstendesLandesdemBevölkerungsrückganganpassen.FürdieOstkommunen lässt sich prognostizieren, dass ruhestandsbedingt mehr Personal ausscheiden wird, als bedingt durch dieDemographie(beiKonstanzderRelationvonPersonalzuBevölkerungszahl)langfristigeingespartwerdenmuss.Vgl.Birk/John2009,S.26f.
106 Teil IV: Personal und Versorgungsempfänger
• VordemHintergrundderAltersstrukturerhöhensichdieKonsolidierungspotentialefürinter-
kommunaleZusammenarbeit,aberauchfürdenAusbauderinneradministrativenKooperation
im„KonzernKommune“(z.B.auchStellenpoolingmitflexiblenEinsatzteams).BeiAusschei-
denvonMitarbeiternausdemDienstkönnendurchKooperationenAufgabengemeinsamund
mitinsgesamtvermindertemPersonalaufwanderledigtwerden.KlassischeBeispielesinddie
ZusammenarbeitimBereichOrdnungs-undStandesamt,KooperationenbeiPersonalangele-
genheiten, dem Finanzwesen, der Beschaffung etc. Im Kern handelt es sich bei derartigen
ÜberlegungenumeineVariantederAufgabenkritik,weilesumdieArtundWeisederAufga-
benerledigungbeigrundsätzlicherBeibehaltunggeht.
• BeidenjenigenAufgaben,beidenenderStatusquoimPersonalbestandgehaltenwerdensoll,
werdendieKommuneninabsehbarerZukunftvoraussichtlichPersonalmitteleinsparenkön-
nen, weil die Einkommen der neu einzustellenden jüngeren Beschäftigten zunächst in der
RegelbedeutendniedrigersindalsdieEntlohnungderindenRuhestandeintretendenPerso-
nen(VerjüngungdesPersonalbestandes).ImöffentlichenBereichsindVergütungenimRegel-
fallsogestaffelt,dassPersonalausgabenmitdemDienstaltersteigen.
• InsgesamtistderAnteilanNachwuchskräftenimkommunalenBereichgegenwärtiggering.
BesondersimhöherenDienst,alsoindenTop-Führungspositionen,istderAnteildesPerso-
nalsunter35Jahrennocheinmaldeutlichgeringeralsimgehobenen,mittlerenundeinfachen
Dienst.97VordemHintergrunddernahendenVerrentungswellewirdderBedarfanqualifizier-
tenNachwuchsführungskräftensteigen.DabeistehenKommunalverwaltungeninKonkurrenz
zuanderenArbeitgebern.AufgrundderdemographischenEntwicklungwirddieZahlpotenti-
ellgeeigneterBewerbergeringer(WettbewerbumdieTalente).EinDruckzumUmbauderVer-
waltungwirdregionalauchdaherrühren,dassinfolgebegrenzterBewerberzahlennichtalle
Stellenneubesetztwerdenkönnen.GezieltesAusbildungs-undPersonalmarketingwirdinso-
fernanBedeutunggewinnen–geradeauchunterdemAspektbislangmancherortseherver-
nachlässigterGruppenwieMigranten.98
• NebenderRekrutierungvonPersonalmussdieFort-undWeiterbildungdesPersonalbestan-
desimFokusstehen.BeizurückgehendemPersonalbestandimZugederanstehendenPensio-
nierungen werden die verbleibenden Mitarbeiter neben ihrem originären Tätigkeitsbereich
weitereAufgabenwahrnehmenmüssen (Bedarf anGeneralisten).OhneVeränderungenam
AufgabenportfoliokanndasmitArbeitsverdichtungeneinhergehen,diemancherortsbereits
andenGrenzendesMöglichenangelangtsind.UmeinvorzeitigesAusscheidenderMitarbei-
terausdemDienstoderEinschränkungenindenTätigkeitsmöglichkeitenbeiälterwerdendem
Personalstammzuvermeiden,werdenMaßnahmenderGesundheitspräventionanBedeutung
gewinnen. Die Kommunen müssen bestrebt sein, den alternden Personalbestand physisch
sowieinBezugaufdieQualifikationundMotivationbeschäftigungsfähigzuhalten.
97 Vgl.ebd.,S.32f.98 EinzelneKommunenwerbenbereitsverstärktumjungeMenschenmitMigrationshintergrund.Vgl.Beck2012,S.8.
107Teil V: Kommunales Vermögen
TeilV:KommunalesVermögen
Zusammenfassung
• MitdemneuendoppischenHaushaltswesenisteserstmalsmöglich,dasVermögenderKom-
munensystematischzuerfassen,zubewertenundinBilanzenauszuweisen.DasichdieInnen-
ministerienderLänder jedochnicht auf einheitlicheRegelungeneinigenkonnten, sinddie
WertansätzederEröffnungsbilanzennurbedingtvergleichbar.NeuesVermögenwirdzwarin
allenKommunenaufBasisdesneuenHaushaltsrechts inBezugaufdieAnschaffungs-und
Herstellungskosten auf die gleiche Art bewertet. Die Einheitlichkeit gilt aber nicht für die
zugrundezulegendenNutzungs-unddamitAbschreibungsdauern.HierhabendieLänderfür
ihreGemeindenundGemeindeverbändeheterogeneVorgabeninstalliert.BeiVermögen,das
keinerAbschreibungunterliegt,wachsensichdieUnterschiedebeiderEröffnungsbilanzie-
rungauchnichtaus.EineHarmonisierung der Rechtsregelungen ist insofernvordemHinter-
grundderVergleichbarkeitindiesenBereichengeboten.
• DieGeldschuldenderKommunenwurdenseitjeherstatistischerfasst.FürdieAktivseite,also
dasVermögen,istdasanders:ErstseitdemJahr2005existierteineStatistiküberdasFinanz-
vermögen der Kommunen; mit ihr kann der Nachweis des Aktivfinanzvermögens erbracht
werden(Finanzaktiva).Dasgesamte Kommunalvermögen kann indes auch mit der neuen Statistik
nicht erfasst werden.
• DasgesamtekommunaleFinanzvermögenbeträgtEndedesJahres2010exakt2.071 Euro pro
Einwohner.DiewichtigstenPositionensindAnteilsrechteundBareinlagen.BeidemFinanzver-
mögenhandeltessichinderStrukturgrößtenteils um Anteilsrechte(knapp58Prozent).Dane-
benstehteinFinanzvermögenbeimnichtöffentlichenBereichinHöhevonrund35Prozent.
QuantitativwenigerbedeutendsinddasFinanzvermögenbeimöffentlichenBereichmitrund
siebenProzentunddieFinanzderivatemit0,23Prozent.
• Eine isolierte Betrachtung des Vermögens vermittelt ein einseitiges Bild in Bezug auf die
finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommunen eines Landes – ebenso verhält es sich beim
BlickaufdieVerschuldung.ErstinKombination von Vermögen und SchuldenwirddasEigenka-
pitalalsResidualgrößeerkennbar.AufGrundlagederStatistikkönnenallerdingssowohldas
VermögenalsauchdieSchuldennurausschnittweisedargestelltwerden.AusderKombination
derAktiv-undPassivpositionenlassensichdennochbessereInformationenzumfinanziellen
Status quo generieren, als das bei einseitiger Betrachtung der Finanzvermögens- oder der
Geldschuldenpositionmöglichist.DurchdieGegenüberstellungkönnenAussagenzumSchul-
dendeckungspotentialgemachtwerden.
• ImJahr2011habensichimVergleichzumVorjahrsowohlderkommunaleGeldschuldenbe-
standalsauchdasFinanzvermögenbeimnichtöffentlichenBereicherhöht.EinTeil der zusätz-
lichen Geldschulden istinsoferndurch zusätzliches Finanzvermögengedeckt.Hieristallerdings
zukonstatieren,dassdiezusätzlichenFinanzvermögennichtnotwendigerweiseaufdiejenigen
Kommunenentfallen,derenGeldschuldenbeständegestiegensind.Wie imVorjahrsinddie
108
baden-württembergischen Kommunen die einzigen, deren Finanzvermögensbestand den Schulden-
stand übertrifft.Sachsen,BayernundBrandenburghabenebenfallseinvergleichsweisegünsti-
gesVerhältniszwischenFinanzvermögenundSchulden.DieungünstigstenVerhältnissezwi-
schenFinanzvermögenundSchuldenbestehenindenfünfLändernHessen,Niedersachsen,
Rheinland-Pfalz,Nordrhein-WestfalenundSaarland.EinedramatischeEntwicklunggehtvom
Saarlandaus:ImJahr2011sinddieGeldschuldenderKommunendesLandes9,51Malhöher
alsdieFinanzaktiva.
Vorbemerkungen
BereitsbeiderGründungvonKommunenverfügendieseüberVermögen;dieseswirdderGebiets-
körperschaftunentgeltlichzurVerfügunggestellt.Dasbetrifftz.B.einenGroßteilderGemeinde-
flächen.MitEtablierungdesneuenHaushaltsrechtswerdendieKommunenerstmalsangehalten,
ihrVermögenflächendeckendzuerfassenundzubewerten.IndenVermögensrechnungen(Bilan-
zen)wirdder inGeldeinheitenangegebeneWertdesKommunalvermögensabgebildet.Vermö-
genszugängeund-abgängewerdenfortanebenfallserfasstundveränderndenVermögensbestand.
DerindenBilanzenangegebeneWertunterliegtinsoferneinerstetenVeränderung:DasVermö-
genkannzu-oderabnehmen.
PlanmäßigeundaußerplanmäßigeWertänderungenamkommunalenVermögenwerdeninErgeb-
nishaushaltund-rechnungabgebildet.SiehabendamitEinflussaufdasJahresergebnisderKom-
mune.FürWertminderungensindAbschreibungenzubilden.SiestelleneinenRessourcenver-
brauch dar, der je nach Ausgeglichenheit von Ergebnishaushalt und -rechnung durch Erträge
gedeckt wird oder nicht. Werden Vermögensgegenstände veräußert, stellt das nur dann einen
ErtragoderAufwanddar,sofernderVerkaufzueinemWerterfolgt,derüber(Realisierungeiner
stillenReserve)oderunterdemBuchwertdesVermögensgegenstandesrangiert.Ansonstenhan-
deltessichumeinenreinenAktivtausch.InnahezuallenFlächenländernstellenkommunaleVer-
mögensveräußerungenüberoderunterdemBuchwerteinenaußerordentlichenErtragoderAuf-
wanddar.
EbensowiedieVeräußerungeinesVermögensgegenstandesstelltauchdessenErwerbkeinenAuf-
wand inErgebnishaushalt oder -rechnungdar. Eskommt lediglich zu einerZahlung,nicht zu
einemRessourcenverbrauch.GleichwohlkönnendurchVermögenserwerboder-veräußerungSitu-
ationengeschaffenwerden,dieinderKonsequenzzu(mehrjährigen)Ressourcenverbräuchenfüh-
renkönnen.BeispielewärenAbschreibungenaufdenVermögensgegenstandoderZinsaufwen-
dungenbeieinerKreditfinanzierung.
ImkameralenRechnungswesengilt derBlickder lokalenEntscheidungsträger regelmäßig vor
allemderFinanzierungvonInvestitionenindembetreffendenHaushaltsjahr.Diedarausresultie-
renden Folgeaufwendungen, wie z.B. Abschreibungen und Unterhaltungsaufwendungen, sind
häufigwenigerstarkbeachtetworden.
Teil V: Kommunales Vermögen
109
1 Vermögenserfassung, -bewertung und Harmonisierungsbedarf
DieRechtsregelungenzurVermögenserfassungund-bewertungimRahmenderEröffnungsbilan-
zierung(erstmaligeBilanz/VermögensrechnungbeiEinführungdesneuenHaushaltsrechts;nicht
die jährliche Eröffnungsbilanz) unterscheiden sich zwischen den Flächenländern.99 Die Eröff-
nungsbilanzist(inBezugaufdasnachgewieseneVermögen)einSpiegelbildderVergangenheit
(wirtschaftlichesGedächtnis).AllerdingshabendieLänderdieRechtsvorgabenzurVermögenser-
fassungund-bewertungfürihreKommunennichtuntereinanderharmonisiert.Esgeltenunter-
schiedlicheSpielregelnfürdieerstmaligeVermögenserfassungund-bewertung;selbstinnerhalb
einzelnerLändergibtesverschiedeneWahlrechtezumVermögensansatz.DiesesVorgehenhat
weitreichendeKonsequenzen.SokönnenzweiGemeindeneinegleichgelagerteHistorieinBezug
aufihrVermögenhaben,dieaufgestellteBilanz/VermögensrechnungweistallerdingsdenWertin
unterschiedlicherHöheaus:GleichesVermögenwirdungleichbewertet.
NeuesVermögenwirdinallenKommunenaufBasisdesneuenHaushaltsrechtsgleichermaßenzu
Anschaffungs-undHerstellungskosten(AHK)bewertet.DieseEinheitlichkeitgiltabernichtfürdie
zugrundezulegendenNutzungs-unddamitAbschreibungsdauern.HierhabendieLänderfürihre
GemeindenundGemeindeverbändewiederumheterogeneVorgabeninstalliert.
GegenwärtigwirddaskommunaleVermögen(noch)nichtganzheitlichdurchdieFinanzstatistik
erfasst.AufGrundlagederheterogenenRechtslagewärendiegenerierbarenErgebnisseauchnicht
vergleichbar.Hinzukommt,dasszahlreicheKommunennochnichtihreHaushaltswirtschaftauf
das neue Haushaltsrecht umgestellt haben, womit die Generierung flächendeckender Daten
zwangsläufignichtgelingenkann.
AufGrundlagedervorgegebenenGliederungslogikdeskommunalenVermögenslassensichmit
derKenntnisderVermögenshöhekaumAussagenzumSchuldendeckungspotentialmachen.Zwar
könnenSchuldengegebenenfallsdurchVeräußerungvonVermögensteilengedecktwerden.Eine
Trennung in realisierbares (grundsätzlichveräußerbaresundnicht zurAufgabenerfüllungnot-
wendiges) Vermögen100 und Verwaltungsvermögen (für die öffentliche Aufgabenwahrnehmung
gebundenes und damit nicht kurzfristig veräußerbares Vermögen) ist in den meisten Ländern
allerdingsnichtvorgesehen.ZudemhandeltessichbeieinemGroßteildeskommunalenVermö-
gensregelmäßigumnichtveräußerbaresVermögen(ausrechtlichenGründen,aberauch,weilim
FallefreiwilligerAufgabenerledigungdieKommunenichtbereitist,denVermögensgegenstandzu
veräußern)bzw.umVermögen,fürwelchesaufdemMarktkeineodernurgeringeVerkaufserlöse
(ErlöseunterBuchwert)erzieltwerdenkönnen.
DieganzheitlicheErfassungdeskommunalenVermögensistfürdiemeistenKommunenNeuland.
Über das Instrument der Finanzstatistik könnten perspektivisch kommunale Vermögensgegen-
99 Vgl.Mühlenkamp/Glöckner2010,Kap.1.100 Beim Ausweis von realisierbarem Vermögen ist eine Bewertung zu Anschaffungs- und Herstellkosten unzweckmäßig.
Eine Bewertung zu Zeitwerten im Sinne von Veräußerungswerten ist dem Gedanken der Abbildung eines echtenSchuldendeckungspotentialszuträglicher.
Teil V: Kommunales Vermögen
110
ständeverstärkterfasstwerden–diePotentialefürFinanzkennzahlenvergleichewürdendamitauf
einneuesFundamentgestellt.FüraussagekräftigeVergleicheistallerdingseineHarmonisierung
derRechtsregelungeninKernbereichenzwingend.101DanebenkönnendieKommunenselbstbereits
heutesinnvolleErgänzungenzuderrechtlichvorgesehenenVermögensabgrenzungvornehmen:
• DieAufwertungderGütevonFinanzkennzahlenvergleichenaufBasisdoppischerInformatio-
nen(undaufGrundlagederStatistik)setztländerübergreifendeinMindestmaßanEinheitlich-
keitvoraus.DazumüssennichtdiekomplettenErfassungs-undBewertungsvorschriftenüber-
arbeitetwerden,wasmitmerklichenNeubewertungskostenseitensderKommunenverbunden
wäre.EineHarmonisierunginKernbereichenistausreichend.Zwaristesrichtig,dasssichdie
Erstbewertungsvorschriftenunterscheiden,aberdiesesProblemwirdsichüberdieZeitund
dieAbschreibungauswachsen.NeuesVermögenwirdeinheitlichzuAHKbewertet.Einzigbei
Vermögensgegenständen,diekeinerAbschreibungunterliegen,etwaGrundstücken,isteine
NeubewertungzurHerstellungvonVergleichbarkeitangezeigt.Unterbleibtsie,bleibenVermö-
genswerteunddamitdiegesamteVermögensrechnungdauerhaftunvergleichbar.
• UnvermeidbarimSinnederSchaffungvonVergleichbarkeitistdieHarmonisierungvonNut-
zungs-unddamitAbschreibungsdauern.NuraufdieseWeisewerdendieErgebnishaushalte
und-rechnungenvergleichbar,undgeradeaufderenBasiskönntenperspektivischfruchtbare
VergleichezueinzelnenErtrags-undAufwandspositionenderGesamtergebnishaushaltesowie
imKontextderAufgabenaufProduktbereichsebenestattfinden.
• DemBenchmarking-GedankenzuträglichwäreebenfallseineHarmonisierungderGliederung
derVermögensrechnungen,wasebenfallsaufdieFinanzhaushalteund-rechnungensowieauf
dieErgebnishaushalteund-rechnungenzutrifft.ZumindesteineVereinheitlichungdergebil-
detenSaldensowieeinebegrifflicheHygiene(d.h.einheitlicheBegrifflichkeiten)wärenaus
demBlickwinkelderBegünstigungdesLernensvomBestenzielführend.
• Bereitsheuteistesgrundsätzlichmöglich,überdie inder jeweiligenRechtsquellevorgese-
hene Bilanzmindestgliederung hinaus die Unterscheidung in realisierbares Vermögen und
nichtrealisierbaresVermögen(Verwaltungsvermögen)vorzunehmen(PrinzipderVermögens-
trennung).AufdieseWeisewirddeutlich,inwieweitdasVermögenausreicht,dieaufderPas-
sivseiteausgewiesenenSchuldenzumFälligkeitszeitpunktzudecken.EinederartigeVermö-
genstrennung kann z.B. im Anhang erfolgen, um die langfristige Solidität der Kommune
beurteilen und in der Folge eine etwaige Verschuldungsspirale vermeiden zu können. Für
Kommunenkanneshilfreichsein,einederartigeAufgliederungadditivundlosgelöstvonden
gesetzlichenVerpflichtungenvorzunehmen.
2 Kommunalfinanzvermögen
MitderSchuldenstatistikkannbereitsseitJahreneinGroßteilderPassivseitederkommunalen
Bilanzenbetrachtetwerden.FürdieAktivseiteistdasanders.ErstseitdemJahr2005existiert
101 Vgl.Budäus2009,S.21f.,undJunkernheinrich/Gnädinger2009,S.14f.
Teil V: Kommunales Vermögen
111
eineStatistiküberdasFinanzvermögenderKommunen;mit ihrkannderNachweisdesAktiv-
finanzvermögenserbrachtwerden(Finanzaktiva).DasgesamteKommunalvermögenkannindes
auchmitderneuenStatistiknichterfasstwerden.ÄltereBestrebungenzurEinführungeinerVer-
mögensstatistiksindinden60er-und70er-Jahrengescheitert,weileinemonetäreBewertungvon
Sachvermögennichteinheitlichfestgelegtwerdenkonnte.DiemittlerweileeingeführteFinanzver-
mögensstatistikfußtaufeinerForderungderEuropäischenUnion.102
2.1 Finanzvermögensportfolio
Die Gemeinden und Gemeindeverbände der Flächenländer verfügen unter Einbeziehung ihrer
FEUs des Staatssektors zum 31. Dezember 2010 über ein Finanzvermögen in Höhe von
157.047,98Mio.Euro(Abb.27).DasentsprichtgemessenanderEinwohnerzahlzumselbenStich-
tageinemWertvon2.071EurojeEinwohner.VondiesemFinanzvermögenentfälltderweitaus
größereTeilaufdieKernverwaltungen(148.750Mio.Euro;rund95Prozent).
* Einschließlich sonstige Forderungen beim öffentlichen Bereich.
Abbildung 27: Kommunales Finanzvermögen (Kernhaushalte inklusive FEUs des Staatssektors) am 31.12.2010 in Mio. Euro
90.618
29.817
17.636
10.374
3.877
3.719
650 357
Anteilsrechte Sonstige Forderungen beimnicht öffentlichen Bereich*
Wertpapiere beim nicht öffentlichen Bereich
Ausleihungen beim öffentlichen Bereich
Ausleihungen beim nicht öffentlichen Bereich
Bargeld und Einlagen beimnicht öffentlichen Bereich
FinanzderivateWertpapiere beim öffentlichen Bereich
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012i: Finanzvermögen des öffentlichen Gesamthaushalts 2010
102 DieFinanzvermögensstatistikexistiertseitdemJahr2005(Berichtsjahr2004).Vgl.Michel2007,S.41f.
Teil V: Kommunales Vermögen
112
Bei dem Finanzvermögen handelt es sich in der Struktur größtenteils um Anteilsrechte
(90.618Mio.Euro;knapp58Prozent).DanebenstehteinFinanzvermögenbeimnichtöffentlichen
BereichinHöhevon55.049Mio.Euro(rund35Prozent).103Quantitativwenigerbedeutendsind
dasFinanzvermögenbeimöffentlichenBereich(11.024Mio.Euro;rund7Prozent)unddieFinanz-
derivate(Saldobei357Mio.Euro;0,23Prozent).
2.2 Finanzvermögen beim nicht öffentlichen Bereich
ImDurchschnittderFlächenländerweisendieKommuneninklusiveihrerFEUsdesStaatssektors
EndedesJahres2010beimnichtöffentlichenBereicheinFinanzvermögenvon726EurojeEin-
wohneraus(Abb.28).DergrößteTeilentfälltdabeiaufBargeldundEinlagen(393EurojeEinwoh-
ner;54Prozent).Wertpapiere(51EurojeEinwohner)undAusleihungen(49EurojeEinwohner)
spielenimFinanzvermögensportfoliobeimnichtöffentlichenBereichmitjeweilsrundsiebenPro-
zent eine deutlich geringere Rolle. Quantitativ bedeutender sind die sonstigen Forderungen
(233EurojeEinwohner;32Prozent).
1.000
900
800
700
600
500
400
300
200
100
–
Baye
rn
Bade
n-W
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Hess
en
Saar
land
Schl
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n
Sach
sen-
Anha
lt
Sach
sen
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012i: Finanzvermögen des öffentlichen Gesamthaushalts 2010; Einwohner zum 31.12.2010
* Einschließlich sonstige Forderungen beim öffentlichen Bereich.
Abbildung 28: Kommunales Finanzvermögen (Kernhaushalte inklusive FEUs des Staatssektors) am 31.12.2010 beim nicht öffentlichen Bereich in Euro je Einwohner
Bargeld und Einlagen AusleihungenWertpapiere Sonstige Forderungen*
393
233
5149
537
221
11023
627
207
5759
410
347
90
134
212
7735
272
258
842
464
371
839
155
425
3 4116
269
218
224
518
2100
126
1233
306612
122
177
305
267
417
245
132
1326
103 Beim Finanzvermögen des nicht öffentlichen Bereiches handelt es sich um das außenwirksame Geldvermögen,während es sich beim Finanzvermögen beim öffentlichen Bereich um Finanzvermögensentleihungen innerhalb desöffentlichen Gesamthaushaltes handelt. Beim Geldvermögen des öffentlichen Bereiches ist zu beachten, dass wegenAusgliederungsprozessen und Mehrfachweiterverleihungen Doppelzählungen möglich sind. Vgl. Hohmann/Scharfe 2012,S.436.
Teil V: Kommunales Vermögen
113
DiedreigemessenamBIPinjeweiligenPreisenwirtschaftsstärkstenLänderimJahr2010,Hessen,
BayernundBaden-Württemberg,weisenmitAbstanddiehöchstenPro-Kopf-WertebeidenFinanz-
aktivaauf.DiehessischenKommunenliegenmiteinemWertvon981EurojeEinwohneraufdem
erstenRang. ImKommunalkrisenlandSaarlandund inNiedersachsen istdasFinanzvermögen
nichteinmalhalbsogroßwieindendreiLändernmitdenhöchstenWerten.
NebendendreiwirtschaftsstärkstenLändernliegendiePro-Kopf-WerteinBrandenburg,Rhein-
land-PfalzundSachsenebenfallsüberdemFlächenländerdurchschnitt.InBrandenburgundSach-
senliegtdasinsbesondereanderhohenMerkmalsausprägungbeiderFinanzvermögensposition
Bargeld und Einlagen; sowohl in Brandenburg (612 Euro je Einwohner) als auch in Sachsen
(518EurojeEinwohner)werdenandieserStellesehrhohePro-Kopf-Werteerzielt.Rheinland-Pfalz
erreichtdenvergleichsweisehohenGesamtwert(772EurojeEinwohner)beimFinanzvermögen
beimnichtöffentlichenBereichhingegenschwerpunktmäßigwegeneinessehrhohenWertsbei
densonstigenForderungen(464EurojeEinwohner).
InsgesamtisttatsächlichnureinTeildeskommunalenFinanzvermögensbeimnichtöffentlichen
BereichimBedarfsfall(etwabeiwirtschaftlichenSchocks,inderenFolgeZinsniveaussteigen)104
kurzfristig verfügbar. Das wird bei einer Differenzierung der einzelnen Vermögensarten nach
ihrerUrsprungslaufzeitdeutlich(Abb.29).
BeiBargeldundEinlagen,densonstigenForderungen,denkurzfristigenAusleihungen(Ursprungs-
laufzeitbiszueinemJahr)sowiedenGeldmarktpapierenalsTeilderWertpapierehandeltessich
um kurzfristige Anlageformen. Beim Großteil des kommunalen Finanzvermögens beim nicht
öffentlichenBereich(633EurojeEinwohner;87Prozent)handeltessichinsofernimFlächenlän-
derdurchschnittumkurzfristigverfügbaresVermögen.LediglichinHessen(77Prozent)undNord-
rhein-Westfalen(83Prozent)sinddieAnteiledesKurzfristfinanzvermögensbeimnichtöffentli-
chenBereichmerklichgeringeralsimDurchschnittderFlächenländer.DerAnteildeslangfristig
verfügbaren Finanzvermögens, definiert als die Summe aus längerfristigen Ausleihungen und
Kapitalmarktpapieren (jeweilsmitUrsprungslaufzeit vonmehrals einem Jahr), ist dagegen in
allen Ländern wesentlich geringer. Somit könnte höchstwahrscheinlich105 ein Großteil des
KommunalfinanzvermögensimBedarfsfallvergleichsweisekurzfristigrealisiertwerden.
104 UngeachtetwirtschaftlicherSchocks lassendieBasel-III-RegelungenunddieerhöhteSensibilitätaufgrunddereuropäischenStaatsschuldenkrise wieder steigende Zinsaufwendungen für Kommunalkredite erwarten. Vgl. Bundesverband deutscherBankene.V.2012.
105 ZudenalskurzfristigesFinanzvermögenerfasstenEinlagengehörenauchdiesonstigenEinlagen.SonstigeEinlagenkönnennicht jederzeit als Zahlungsmittel verwendet werden, und es ist nicht ohne nennenswerte Beschränkung oder Gebührenmöglich,ihreUmwandlunginBargeldzuverlangenodersieaufDrittezuübertragen.IhrWertliegtEndedesJahres2010fürdieSummederFlächenländerkommunenundihrerFEUsdesStaatssektorsbei16.403Mio.Euro.
Teil V: Kommunales Vermögen
114
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012i: Finanzvermögen des öffentlichen Gesamthaushalts 2010; Einwohner zum 31.12.2010
* Einschließlich sonstige Forderungen beim öffentlichen Bereich.
Abbildung 29: Kommunales Finanzvermögen (Kernhaushalte inklusiveFEUs des Staatssektors) am 31.12.2010 beim nicht öffentlichen Bereich in der Sortierung nach der Verfügbarkeitin Euro je Einwohner
Ausleihungen mit Ursprungslaufzeit bis zu einem Jahr
Sonstige Forderungen* Kurzfristig verfügbares Finanzvermögen
Bargeld und Einlagen
Ausleihungen mit Ursprungslaufzeit von mehr als einem Jahr
Kapitalmarktpapiere mit Ursprungslaufzeit von mehr als einem JahrNicht kurzfristig verfügbares Finanzvermögen
Geldmarktpapiere mit Ursprungslaufzeit bis zu einem Jahr
100– 200 300 400 500 600 700 800 900 1.000
Mecklenburg-Vorpommern
Niedersachsen
Nordrhein-Westfalen
Rheinland-Pfalz
Saarland
Sachsen
Sachsen-Anhalt
Schleswig-Holstein
Thüringen
Brandenburg
Bayern
Baden-Württemberg
Flächenländer
Hessen
2.3 Finanzvermögen beim öffentlichen Bereich
ImVergleichzumkommunalenFinanzvermögenbeimnichtöffentlichenBereicherreichtdasFinanz-
vermögenbeimöffentlichenBereichüberschaubareGrößenordnungen.ImFlächenländerdurchschnitt
liegtderWertEndedesJahres2010bei146EurojeEinwohner.DerGroßteilentfälltdabeiaufAuslei-
hungen (137Euro jeEinwohner)– insbesondereanverbundeneUnternehmen,Beteiligungenund
Sonderrechnungen.LediglicheinWertvonneunEurojeEinwohnerbetrifftWertpapiere(Abb.30).
Teil V: Kommunales Vermögen
115
InMecklenburg-Vorpommern,Sachsen-AnhaltundThüringenspieltdasFinanzvermögenbeim
öffentlichenBereich einevernachlässigbareRolle.Anders stellt sichdieSituationvor allem in
Baden-Württemberg,Bayern,Hessen,Nordrhein-WestfalenunddemSaarlanddar. Inalldiesen
LändernwerdenWerteoberhalbdesFlächenländerdurchschnittserreicht.
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012i: Finanzvermögen des öffentlichen Gesamthaushalts 2010; Einwohner zum 31.12.2010
Abbildung 30: Kommunales Finanzvermögen (Kernhaushalte inklusive FEUs des Staatssektors) am 31.12.2010 beim öffentlichen Bereich in Euro je Einwohner
Wertpapiere Ausleihungen
250
200
150
100
50
–
Bade
n-W
ürtte
mbe
rg
Rhei
nlan
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Hess
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Saar
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Schl
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sen-
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137
9
156
15
132
23
186
4
227
7
52
194
7
122
4 148
128
1 4
89
144
2.4 Anteilsrechte
DieAnteilsrechtespielenimkommunalenRaumEndedesJahres2010diequantitativgrößteRolle
inBezugaufdenFinanzvermögensmix.ImFlächenländerdurchschnittliegtihrWertbei1.195Euro
jeEinwohner(Abb.31).
Börsennotierteundnicht börsennotierteAktien spielendabei imDurchschnitt derKommunen
einevergleichsweisekleinereRolle(100EurojeEinwohner).IndenKommuneneinzelnerLänder
istihreBedeutungindesgrößer,vongroßerRelevanzsindsieinNordrhein-Westfalen,Rheinland-
PfalzundinMecklenburg-Vorpommern.
EinenocheinmalgeringereBedeutungkommtdenInvestmentzertifikatenimkommunalenRaum
zu.IhrWertliegtimDurchschnittderKommunenderFlächenländerbei16EurojeEinwohnerund
istsomitmarginal.
Teil V: Kommunales Vermögen
116 Teil V: Kommunales Vermögen
Der weitaus größte Teil der kommunalen Anteilsrechte entfällt auf sonstige Anteilsrechte. Zu
ihnen zählen Beteiligungen an Unternehmen, die nicht in Form von Aktien bestehen; Anteils-
rechteanSparkassenwerdenallerdingsnichteinbezogen.ImkommunalenFlächenländerdurch-
schnittrangiertderWertdersonstigenAnteilsrechtebei1.079EuroproKopf.DerhöchsteWert
wird inThüringenerzielt, unddie thüringischenKommunenweisen inklusive ihrerFEUsdes
StaatssektorsauchinsgesamtdenhöchstenWertbeidenAnteilsrechtenaus(1.877EurojeEin-
wohner).
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012i: Finanzvermögen des öffentlichen Gesamthaushalts 2010; Einwohner zum 31.12.2010
Abbildung 31: Kommunale Anteilsrechte (Kernhaushalte inklusive FEUs des Staatssektors) am 31.12.2010 in Euro je Einwohner
Investmentzertifikate Börsennotierte und nicht börsennotierte AktienSonstige Anteilsrechte
16
1.079
100
1
558
137
24
1.354
302
10
995
201
29
939
11
22
714
12
1
1.038
12
9
1.075
54
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53
0
1.596
11
3
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1
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6
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10
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4
2.000
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1.4001.200
1.000
800
600
400
200
–
Baye
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mbe
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nlan
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Thür
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Bran
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klen
burg
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mer
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Sach
sen-
Anha
lt
Sach
sen
2.5 Gesamtfinanzvermögen
ÜberdieAdditiondesFinanzvermögensbeimnichtöffentlichenundöffentlichenBereichsowie
desWertsderAnteilsrechteundderFinanzderivatekanndaskommunaleGesamtfinanzvermögen
Ende des Jahres 2010 dargestellt werden; es beträgt im Durchschnitt der Flächenländer
2.071Euro.AllerdingskönnendabeidieFinanzderivate,dieeinenWertvon357Mio.Euroaufwei-
sen,einzigfürdieSummederKommunendargestelltwerden.EineAufteilungaufeinzelneLän-
deristnichtmöglich.
InsgesamtweisendieGemeindenundGemeindeverbände(inklusivederFEUsdesStaatssektors)
indenLändernNordrhein-Westfalen(2.510EurojeEinwohner),Sachsen(2.479EurojeEinwoh-
ner) und Thüringen (2.429 Euro je Einwohner) die höchsten Finanzvermögensbestände aus
(Abb.32).
117Teil V: Kommunales Vermögen
InSchleswig-Holstein(1.087EurojeEinwohner),Mecklenburg-Vorpommern(1.298EurojeEin-
wohner)undNiedersachsen(1.443Euro jeEinwohner)werdenbeiBetrachtungdesgesamten
Finanzvermögens die niedrigsten Pro-Kopf-Finanzvermögen nachgewiesen. Der schleswig-hol-
steinischeWertistdabeinichteinmalhalbsohochwieindenfünfLändernmitdenhöchstenWer-
ten.
Finanzvermögen beim nicht öffentlichen Bereich* Finanzvermögen beim öffentlichen BereichAnteilsrechte Finanzderivate (Saldo)**
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012i: Finanzvermögen des öffentlichen Gesamthaushalts 2010; Einwohner zum 31.12.2010
* Einschließlich sonstige Forderungen beim öffentlichen Bereich. ** Der Wert kann einzig für die Summe der Kommunen der Flächenländer angezeigt werden. Eine Verteilung auf die Kommunen einzelner Länder ist nicht möglich.
Abbildung 32: Kommunales Gesamtfinanzvermögen (Kernhaushalte inklusive FEUs des Staatssektors) am 31.12.2010in Euro je Einwohner
500 1.000 1.500 2.000 2.500–
Mecklenburg-Vorpommern
Niedersachsen
Nordrhein-Westfalen
Rheinland-Pfalz
Saarland
Sachsen
Sachsen-Anhalt
Schleswig-Holstein
Thüringen
Brandenburg
Bayern
Baden-Württemberg
Flächenländer
Hessen
726 145 1.195
891 172 980
950 155 747
758 44 1.050
594 9 695
417 90 936
596 233 1.681
772 59 1.206
433 194 1.433
746 126 1.607
513 14 1.810
617 29 441
548 4 1.877
981 190 1.137
5
3 Geldschuldendeckungspotential des Finanzvermögens
EineisolierteBetrachtungdesVermögensvermittelteineinseitigesundunzureichendesBildin
BezugaufdiefinanzielleLeistungsfähigkeitderKommuneneinesLandes–ebensoverhältessich
beiBetrachtungderVerschuldung.Erst inKombinationvonVermögenundSchuldenwirddas
118 Teil V: Kommunales Vermögen
Eigenkapital106alsResidualgrößezwischenbeidenPositionenerkennbar.DasEigenkapitalistdas
SpiegelbilddesfinanziellenWirkensinderVergangenheit.107
AufGrundlagederStatistikkönnenallerdingssowohldasVermögenalsauchdieSchuldennur
ausschnittweisedargestelltwerden.SostehenaufderAktiv-/VermögensseitelediglichInformati-
onenzumFinanzvermögenzurVerfügung.BeidenSchuldenliegeneinzigInformationenzuden
Geldschuldenvor.AusderKombinationderAktiv-undPassivpositionenkönnendennochbes-
sereInformationenzumfinanziellenStatusquogeneriertwerden,alsdasbeieinseitigerBetrach-
tungderFinanzvermögens-oderderGeldschuldenpositionmöglichist.DurchdieGegenüberstel-
lung werden Aussagen zum Schuldendeckungspotential möglich. Es wird deutlich, ob im
BedarfsfallgenügendkommunalesFinanzvermögenzurVerfügungsteht,umdieGeldschulden
zutilgen,z.B.beiunerwartetenwirtschaftlichenSchocks,inderenVerlaufderGeldschuldenzins-
aufwand(rapide)steigt.EinschränkendistandieserStelleallerdingsdaraufzuverweisen,dass
aufgrunddervertraglichfixiertenLaufzeitendieGeldschuldenhäufignichtunmittelbargetilgt
werdenkönnenbzw.indiesemFallVorfälligkeitsentschädigungengezahltwerdenmüssten.Das
GleichegiltfürdasFinanzvermögen–nureinTeildesFinanzvermögensistkurzfristigverfüg-
bar.108
GrundsätzlichanzumerkenistimKontextderBetrachtungdesGeldschuldendeckungspotentials,
dassdieVergleicheaufderGrundlageaggregierterZahlenallerKommunendesjeweiligenFlä-
chenlandesdurchgeführtwerden.Esistdavonauszugehen,dassGeldschuldenundFinanzvermö-
geninihrerVerteilungauseinanderfallen;soistanzunehmen,dassKommunenmithohenGeld-
schuldennichtgleichzeitigdiejenigenmithohemFinanzvermögensind–undumgekehrt.Der
Vergleich von Geldschulden und Finanzvermögen ist dennoch wertvoll, da er Transparenz in
Bezug auf die finanzielle Situation der Kommunen in Gänze, zwischen Ländern und Jahren
erlaubt.
3.1 Geldschuldendeckungspotential im Jahr 2010
BeieinerGegenüberstellungderFinanzvermögenundderSchulden(jeweilsbeimnichtöffentli-
chenBereich)ergibtsichfürdenStichtag31.Dezember2010einaufschlussreichesBild(Abb.33).
Mittels zweier beiger Linienwerden dort der durchschnittlicheSchuldenstandunddasDurch-
schnittsvermögenabgebildet;aufdieseWeisewirdeineDarstellunginvierQuadrantenermöglicht
(Clusterung).ÜberdieKommunenallerFlächenländerhinwegistdasFinanzvermögen(726Euro
jeEinwohner)kleineralsderSchuldenstand(1.628EurojeEinwohner).DerSchuldenstand(Kas-
106 DieRelevanzderGrößedesöffentlichen/kommunalenEigenkapitalsbzw.derEigenkapitalquoteistumstritten.Vgl.Mühlenkamp/Magin2010a,Budäus/Hilgers2010undMühlenkamp/Magin2010b.
107 ZurVergegenwärtigungderaktuellenfinanziellenLeistungsfähigkeitistdasEigenkapitalindesnichtgeeignet.HieristaufdieGrößedesordentlichenErgebnissesabzustellen.GleichwohlprägenVermögenundSchuldendieaktuellenHaushalte,etwaüberFinanzerträgeundZinsaufwand.
108 Hinzutritt,dassandieserStelleBetrachtungenfürdieSummederKommuneneinesFlächenlandesangestelltwerden.InderPraxisverfügeninnerhalbderLändernichtnotwendigerweisedieKommunenmithohenGeldschuldenbeständenebenfallsüberdieentsprechendenFinanzvermögen.Dasheißt,dasses innerhalbderLändereineScheregebenkann–währendeinzelneKommunenhoheGeldschuldenbeständeaufweisen,vereinenandereFinanzvermögenaufsich.
119Teil V: Kommunales Vermögen
senkredite,WertpapierschuldenundKreditebeimnichtöffentlichenBereich)istdamitmehrals
doppelt so hoch wie das Finanzvermögen der Kommunen inklusive ihrer FEUs des Staatssek-
tors.
BeeindruckendistdasVerhältnisvonFinanzvermögenzuSchuldenbeidenbaden-württembergi-
schenKommunen:SieweiseninklusiveihrerFEUsdesStaatssektorseinhöheresFinanzvermö-
gen(891EurojeEinwohner)aus,alsdemSchuldenbeimnichtöffentlichenBereich(628Euroje
Einwohner)gegenüberstehen. InkeinemanderenLand istdasVerhältnisvonFinanzvermögen
undSchuldenbeimnichtöffentlichenBereichgünstiger.
InsgesamtweisenvierLänderbzw.ihreKommunenWerteaus,beidenendasFinanzvermögen
überdurchschnittlichundgleichzeitigdieSchuldenunterdurchschnittlichausfallen.InQuadrantI
Abbildung 33: Gegenüberstellung von Finanzvermögen und Schulden-stand der Gemeinden und Gemeindeverbände beim nicht-öffentlichen Bereich (jeweils Kernhaushalte inklusive FEUs des Staatssektors) am 31.12.2010 in Euro je Einwohner
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012i: Finanzvermögen des öffentlichen Gesamthaushalts 2010, und Statistisches Bundesamt 2011d: Schulden der öffentlichen Haushalte 2010; Einwohner zum 31.12.2010
QuadrantI
QuadrantII
QuadrantIV
QuadrantIII
500
200
–
400
Fina
nzve
rmög
en b
eim
nic
ht ö
ffen
tlic
hen
Bere
ich
(in E
uro
je E
inw
ohne
r)
Schulden beim nicht öffentlichen Bereich (in Euro je Einwohner)
600
800
1.000
1.200
– 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000
Bayern
Baden-Württemberg
Sachsen Brandenburg
Schleswig-Holstein
ThüringenNordrhein-Westfalen
SaarlandNiedersachsen
Sachsen-Anhalt
Mecklenburg-Vorpommern
Hessen
Rheinland-Pfalzø Flächenländer
120 Teil V: Kommunales Vermögen
findensichnebendemSpitzenreiterBaden-WürttembergdieLänderBayern109,SachsenundBran-
denburg.
In Quadrant II liegen die Länder Hessen und Rheinland-Pfalz. Beide sind im Finanzvermögen
überdurchschnittlich,wobeiderWert inHessenmitAbstandanderSpitzeallerFlächenländer
liegt. Gleichzeitig weisen die Kommunen der beiden Länder allerdings auch einen überdurch-
schnittlichenSchuldenbestandaus.Beidenrheinland-pfälzischenKommunenliegtdieRelation
zwischen Finanzvermögen und Schuldenstand bei 1:3,5; in Hessen ist die Relation günstiger
(1:2,5).
DieKommunendermeistenLänderfindensichinQuadrantIIIwieder.IhrFinanzvermögenist
unterdurchschnittlichausgeprägt,aberauchihreSchuldenliegenunterdemDurchschnittsniveau.
Sachsen-AnhaltundNiedersachsen,dasLandmitdemgeringstenPro-Kopf-Finanzvermögen,lie-
gendabeisehrnaheanderGrenzezuQuadrant IV. IhreSchuldensindnur leichtunterdurch-
schnittlich.
AmdramatischstenistdieSituationinNordrhein-WestfalenunddemSaarland(QuadrantIV).Die
KommunenbeiderLänderverfügenübereinunterdurchschnittlichesFinanzvermögenbeiüber-
durchschnittlichhoherVerschuldung.InbeidenLändernsinddieRelationenvonFinanzvermö-
genzuSchuldenäußerstschlecht.InNordrhein-Westfalenliegtsiebei1:4,2;siewirdnochüber-
troffenvondermitAbstandschlechtestenRelationallerLänder,diesichimSaarlandfindetund
bei1:6,2liegt.DieGeldschuldensindsomitmehralssechsMalgrößeralsdasFinanzvermögen.
3.2 Geldschuldendeckungspotential im Jahr 2011
ImJahr2011habensichimVergleichzumVorjahrsowohlderGeldschuldenbestandbeimnicht
öffentlichenBereich(von1.628EurojeEinwohnerimJahr2010auf1.709EurojeEinwohnerim
Jahr2011)alsauchdasFinanzvermögenbeimnichtöffentlichenBereicherhöht(von726Euroje
EinwohnerimJahr2010auf755EurojeEinwohnerimJahr2011).EinTeilderzusätzlichenGeld-
schulden der Kommunen der Flächenländer ist insofern durch zusätzliches Finanzvermögen
gedeckt.Hieristallerdingszukonstatieren,dassdiezusätzlichenFinanzvermögennichtnotwen-
digerweiseaufdiejenigenKommunenentfallen,derenGeldschuldenbeständegestiegensind.
Abbildung34weistdieeinzelnenWertefürdie13FlächenländersowiedenFlächenländerdurch-
schnittaus.DiedreiLinienmarkierenverschiedeneVerhältnissezwischendemPro-Kopf-Finanz-
vermögenunddenPro-Kopf-SchuldenbeimnichtöffentlichenBereich. ImFalleder schwarzen
LinieentsprechenbeideGrößeneinander.BeiderdunkelbeigenLinieliegendieSchuldenzwei
MalsohochwiedasFinanzvermögen,undimFallederhellbeigenLiniesinddieSchuldensogar
dreiMalsohochwiedasFinanzvermögen.
109 Der Wert der bayerischen Kommunen wurde mit einer Korrektur der Schuldenstatistik 2010 von 13.942 Mio. Euro auf14.032Mio.Eurokorrigiert.InderAbbildungwirddernichtkorrigierteWertverwendet.UnterVornahmederKorrekturliegendiebayerischenKommunennochimmerinQuadrantI.EinzigihrePro-Kopf-VerschuldungEndedesJahres2010ändertsichvon1.112EurojeEinwohnerauf1.119EurojeEinwohner.Vgl.StatistischesBundesamt2012j.
121Teil V: Kommunales Vermögen
Wie im Vorjahr sind die baden-württembergischen Kommunen die einzigen, deren Finanzvermö-
gensbestand den Schuldenstand übertrifft (schwarze Markierung). Die Kommunen des Landes
sind damit in ihrer Summe110 einschließlich ihrer Extrahaushalte unter ausschließlicher Berück-
sichtigung des Finanzvermögens und der Schulden des nicht öffentlichen Bereiches rechnerisch
geldschuldenfrei. Die existenten Geldschulden sind durch Finanzvermögen gedeckt.
Sachsen, Bayern und Brandenburg haben ebenfalls wie im Vorjahr ein vergleichsweise günstiges
Verhältnis zwischen Finanzvermögen und Schulden; in allen drei Ländern sind die Geldschulden
nur wenig höher als die Finanzaktiva. Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Hol-
stein zeichnen sich ebenfalls noch dadurch aus, dass die jeweiligen Geldschuldenbestände weniger
als doppelt so hoch sind wie das Finanzvermögen (graue Markierungen). In Sachsen-Anhalt sind
die Geldschulden noch knapp weniger als drei Mal so hoch wie das Finanzvermögen (dunkelbeige
Markierung). Die ungünstigsten Verhältnisse zwischen Finanzvermögen und Schulden bestehen
Abbildung 34: Gegenüberstellung von Finanzvermögen und Schulden-stand der Gemeinden und Gemeindeverbände beim nicht öffentlichen Bereich (jeweils Kernhaushalte inklusive FEUs des Staatssektors) am 31.12.2011 in Euro je Einwohner
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012l: Finanzvermögen des öffentlichen Gesamthaushalts 2011, und Statistisches Bundesamt 2012k: Schulden der öffentlichen Haushalte 2011; Einwohner zum 31.12.2011
Fina
nzve
rmög
en b
eim
nic
ht ö
ffen
tlic
hen
Bere
ich
(in E
uro
je E
inw
ohne
r)
Schulden beim nicht öffentlichen Bereich (in Euro je Einwohner)
200
400
600
800
1.000
1.200
500––
1.000 1.500 2.000 2.500 3.000
1:1 1:2 1:3Verhältnis von Finanzvermögen zu Geldschulden:
Bayern
Baden-Württemberg
SachsenBrandenburg
ThüringenNordrhein-Westfalen
Saarland
Sachsen-Anhalt
Hessen
Rheinland-Pfalzø Flächenländer
Schleswig-HolsteinMecklenburg-Vorpommern
Niedersachsen
110 Innerhalb des Landes ist die Situation heterogen. Die Volumina von Finanzvermögen und Geldschulden bzw. die Relation beider Größen unterscheidet sich im Detail von Kommune zu Kommune.
122 Teil V: Kommunales Vermögen
imkommunalenRaumindenfünfLändernHessen,Niedersachsen,Rheinland-Pfalz,Nordrhein-
WestfalenundSaarland(hellbeigeMarkierungen).
3.3 Veränderung des Geldschuldendeckungspotentials
InderSummederKommunenderFlächenländerhatsichdieQuotevonGeldschuldenundFinanz-
vermögen(jeweilsbeimnichtöffentlichenBereich)zwischendemJahr2010unddemJahr2011
leichtverschlechtert(Abb.35).ImJahr2010sinddieGeldschuldenbestände2,24Malhöheralsdie
Finanzvermögen,imJahr2011sindsie2,27Malhöher.
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012i: Finanzvermögen des öffentlichen Gesamthaushalts 2010, Statistisches Bundesamt 2012l: Finanzvermögen des öffentlichen Gesamthaushalts 2011, Statistisches Bundesamt 2011d: Schulden der öffentlichen Haushalte 2010, und Statistisches Bundesamt 2012k: Schulden der öffentlichen Haushalte 2011; Einwohner jeweils zum 31.12. des betreffenden Jahres
Abbildung 35: Relation von Finanzvermögen und Schuldenstand der Gemeinden und Gemeindeverbände beim nicht öffentlichen Bereich (jeweils Kernhaushalte inklusive FEUs des Staatssektors) im Vergleich der Jahre 2010 und 2011
2011
2,27
0,61
1,14
1,16
3,08
1,95
3,62
4,48
3,52
9,51
1,08
2,93
1,94
1,78
0,00 1,00 2,00 3,00 4,00 5,00 6,00 7,00 8,00 9,00 10,00
Baden-Württemberg
Flächenländer
Rheinland-Pfalz
Hessen
Saarland
Schleswig-Holstein
Nordrhein-Westfalen
Niedersachsen
Bayern
Thüringen
Brandenburg
Mecklenburg-Vorpommern
Sachsen-Anhalt
Sachsen
2010
2,24
0,71
1,17
1,19
2,50
2,01
3,87
4,18
3,49
6,24
1,19
3,09
1,80
1,94
123Teil V: Kommunales Vermögen
InsgesamthatsichdieRelationzwischenGeldschuldenundFinanzvermögenindiesemZeitraum
allerdingslediglichinfünfLändernverschlechtert.GeringeVeränderungensindfürRheinland-
PfalzundSchleswig-Holsteinfeststellbar.EtwasausgeprägtersinddieVerschärfungeninNord-
rhein-WestfalenundHessen.BeideLänderhabennebendemSaarlandebenfallsdenschlechtesten
Pro-Kopf-WertbeimKommunalenFinanzierungssaldoimJahr2011.
Eine insgesamtdramatischeEntwicklungverzeichnetdasSaarland.WeistdasLandbereits im
Jahr 2010 mit einem Wert von 6,24 das schlechteste Verhältnis zwischen Geldschulden und
FinanzvermögenallerLänderaus,sosindimJahr2011dieGeldschuldenderKommunendesLan-
desbereits9,51MalhöheralsdieFinanzaktiva.DierapideVerschlechterungberuhtdabeiauf
zweiEffekten.DerGeldschuldenbestandbeimnichtöffentlichenBereichhatsichvon2.703Euro
jeEinwohnerEndedesJahres2010auf2.869EurojeEinwohnerEndedesJahres2011erhöht.
GleichzeitighatsichdasFinanzvermögenimgleichenZeitraumvon433auf302EurojeEinwoh-
nerreduziert.InderFolgeliegtderGeldschuldenbestanddersaarländischenKommunenimFlä-
chenländervergleichanderSpitze.GleichzeitighabendieKommuneninkeinemanderenLandein
geringeresPro-Kopf-Finanzvermögen.
AufderanderenSeitesindininsgesamtvierLändernsowohldieGeldschuldenzwischendemJahr
2010unddemJahr2011gesunkenalsauchdasFinanzvermögengestiegen.Bayernistdaseinzige
West-Flächenland,aufdasdieserBefundzutrifft.BeidenweiterendreiLändernhandeltessich
mitMecklenburg-Vorpommern,SachsenundThüringenumdieKommuneninneuenFlächenlän-
dern.AllenvierLändernistgemein,dassihrKommunalerFinanzierungssaldodesJahres2011
positivist.
Bemerkenswert ist, dass die baden-württembergischen Kommunen im Jahr 2011 den höchsten
ÜberschussallerLänderbeimFinanzierungssaldoausweisen.TatsächlichhatsichdasFinanzver-
mögenderKommunendesLandesimJahr2011erhöht(von891EurojeEinwohnerEndedesJah-
res2010auf1.059EurojeEinwohnerEndedesJahres2011).ImgleichenZeitraumhatsichaller-
dingsdieKommunalverschuldungbeimnichtöffentlichenBereichleichtvon628auf642Euro
erhöht.DievergleichsweisehohenÜberschüsseimFinanzierungssaldosindinsofernnichtfürden
Geldschuldenabbau beim nicht öffentlichen Bereich, sondern für den Finanzvermögensaufbau
beimnichtöffentlichenBereicheingesetztworden.111
111 Einschränkendistdaraufzuverweisen,dassder(kommunale)Finanzierungssaldobzw.diedarinenthaltenenPositionennicht1:1dieVeränderungderGeldschuldenundFinanzvermögenabbilden.DanebenwerdenZweckverbändenichtimRahmendervierteljährlichenKassenstatistikerfasst.GleichwohlsollteesregelmäßigeinehoheÜbereinstimmungzwischenbeidenGrößengeben.DasistallerdingsnichtzwangsweisederFall.
124 Teil VI: Kommunalverschuldung
TeilVI:Kommunalverschuldung
Zusammenfassung
• DieHöhederKommunalverschuldungistkeine Frage des Haushaltsrechts.EinzigerUnterschied
zwischenneuem(doppischem)undaltem(kameralem)Haushaltsrechtist,dassmitdemRes-
sourcenverbrauchskonzeptdieKommunalverschuldunginihrerGänzesichtbarwird.Imalten
HaushaltsrechtundindernochimmeraufdemaltenRechtfußendenKommunalfinanzstatis-
tikbleibeninsbesondereRückstellungenalsSchuldenkategorieunberücksichtigt.Damitwird
statistisch regelmäßig ein unvollständiges und viel zu niedriges Bild der tatsächlichen Kommunalver-schuldung wiedergegeben.
• EinschließlichderAuslagerungenbeläuftsichderkommunale Geldschuldenbestand Ende 2011
aufrund4.044 Euro pro Einwohner.Davonentfallen41 Prozent auf den Kernhaushalt und ent-
sprechend59 Prozent auf ausgelagerte Einheiten.ZwischendenLändernunterscheidensichdie
Auslagerungsquoten:DerAnteilausgelagerterGeldschuldenbewegtsichzwischen85Prozent
inBaden-Württembergund44ProzentinRheinland-Pfalz.
• DenniedrigstenGeldschuldenstandhabenunterEinbeziehungderFEUsdieKommunen in
Schleswig-Holstein mit 2.480 Euro pro Einwohner,denhöchstendieKommunendesSaarlandes mit 6.224 Euro pro Einwohner.
• ImVergleichzuBundundLändernistdieKommunalverschuldung niedriger.Aktuellerwarten
kommunale Entscheidungsträger allerdings, dass die Kommunalhaushalte aufgrund der
erneuerten Staatsschuldenbremse zum Quasi-Ventil werden. Damit würde die neue Staats-
schuldenbremse in ihrer Wirkung als schuldenbegrenzendes Instrument in Bezug auf den
Gesamtstaatunterlaufen.
• EinebesondereProblematikgehtvondemsteigenden Anteil der Kassenkrediteaus.Ihnenstehen
keine geschaffenen Werte gegenüber. Ursprünglich zur kurzfristigen Liquiditätssicherung
bestimmt,sindsiemancherortszurDauereinrichtungaufhohemNiveauavanciert.ImSaarland
istdieSummederKassenkreditegrößeralsdiederInvestitionskredite.FürNordrhein-Westfalen,
Rheinland-PfalzundHessenwerdenEnde2011ebenfallsproblematischeWertevonjeweilsmehr
als1.000EurojeEinwohnernachgewiesen.InSachsen,Baden-WürttembergundBayernkom-
menKassenkredite(mitAusnahmeeinzelnerKommunen)hingegenquasinichtvor.
• ImZugederWirtschafts-undStaatsschuldenkrisesinddieZinssätzefürKrediteundKassenkre-
ditederKommunenaufWertenahenullgesunken.SiewerdenjedochmeistinkurzenLaufzeiten
finanziert.DarausresultierteinstarkesZinsrisiko,dasichdiemittelfristigunvermeidbareNorma-
lisierungdesKapitalmarktesdirektundkurzfristiginsteigendenZinslastenniederschlägt.
• DieLandesgesetzgeberversuchenmitunterschiedlichemNachdruck,dasWachstumderGeld-
schuldenüberdasHaushaltsrecht und die Kommunalaufsicht zu begrenzen.Ineinigen Ländern ist dies gescheitert.WenigeKommunenhabensichdanebenbisdatoeigenständigimRahmender
SatzungsgewaltSchuldenbremsengesetzt.
125Teil VI: Kommunalverschuldung
• LaufendeVerschuldungerhöht nur scheinbar den politischen und administrativen Handlungsspiel-
raum.DerHaushalts-undHandlungsspielraumüberGeldschuldenwurdede facto ineiner
langfristigen Betrachtung unter Berücksichtigung der Zinslasten nicht vergrößert, sondern
verringert.NeuverschuldungdientheuteinderSummenurnochderFinanzierungderZinsen.
DasbedeutetinderKonsequenzeineöffentlicheSubventionierungdesKapitalmarktes.Für
daskommunaleLeistungsvermögenhatdiePolitikdernahezupermanentenNeuverschuldung
hingegennichtsgebracht.
Vorbemerkungen
Die Kommunalverschuldung hat in einzelnen Kommunen eine beunruhigende Höhe erreicht.
AngehäufteSchuldendrohenzumMotorihrereigenenEntwicklungzuwerden;ihreFolgenver-
drängenwünschenswerteAufwendungenodermachenmerklicheAnpassungenderErträgeerfor-
derlich.BeideshatFolgenfürdieaktuelleEinwohnergeneration.
Dass die Kommunalverschuldung in einigen Gemeinden und Gemeindeverbänden eine derartige
Höheerreichthat,istkeineFragedesHaushaltsrechts.EinzigerUnterschiedzwischenneuem(doppi-
schem)undaltem(kameralem)Haushaltsrechtist,dassmitdemRessourcenverbrauchskonzeptdie
KommunalverschuldunginihrerGänzesichtbarwird.ImaltenHaushaltsrechtundindernochimmer
auf dem alten Recht fußenden Kommunalfinanzstatistik bleiben insbesondere Rückstellungen als
Schuldenkategorieunberücksichtigt.DamitwirdstatistischregelmäßigeinvielzuniedrigesBildder
tatsächlichenKommunalverschuldungwiedergegeben.MitEinführungderDoppikstehenfortanaus-
führlichereInformationenzurKommunalverschuldungzuVerfügung.ObausdemVorhandenseinder
zusätzlichenInformationeneinUmdenkeninderKommunalpolitikdervonhohenSchuldenbetroffe-
nenKommunenresultiert,hängtabernochimmervondenKommunalpolitikernselbstab.
DerreineBegriffderKommunalverschuldungistunkonkret,weilsichKommunalschuldenausunter-schiedlichstenSchuldenartenzusammensetzen.DasPortfoliokommunalerSchuldenartenistreichhal-tig.Imneuen,aufderDoppikbasierendenHaushaltsrechtwerdenSchuldeninderRegelalsVerbind-lichkeiten und Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten definiert. Darüber hinaus ist vonBedeutung,dassnebenderKernverwaltungauchdieAuslagerungenSchuldenhabenkönnen(Abb.36).
Quelle: Burth/Gnädinger 2011: Methodische Hinweise zur Themenrubrik „Staatsverschuldung in Deutschland“ von HaushaltsSteuerung.de, S. 3
Abbildung 36: Doppischer Gesamtschuldenbegriff
- Pensionsrückstellungen- Drohverlustrückstellungen- Instandhaltungsrückst.- Sonstige Rückstellungen
- Kreditmarktschulden- Kontokorrentkredite- Sonstige Verbindlichkeiten
Kernverwaltung
Verbindlichkeiten Rückstellungen Rückstellungen
Kommunalschulden
Auslagerungen
- Pensionsrückstellungen- Drohverlustrückstellungen- Instandhaltungsrückst.- Sonstige Rückstellungen
- Kreditmarktschulden- Kassenkredite- Sonstige Verbindlichkeiten
Verbindlichkeiten
126 Teil VI: Kommunalverschuldung
Perspektivischwirdesvielerortsdaraufankommen,diehoheKommunalverschuldungmaßgeb-
lich zurückzuführen. Umso bedauerlicher ist es, dass mit Einführung des neuen Haushalts-
rechtseinekaumzuüberschauendeKonfusionentstandenist.BegriffeimKontextderVerschul-
dung werden von Land zu Land unterschiedlich definiert. Für den (länderübergreifenden)
AustauschzurnotwendigenRückführungvonKommunalschuldenistdieseSituationnichthilf-
reich.
SoschließenetwaaktuellnichtalleLänderRückstellungeninihregesetzlichenDefinitionendes
Schuldenbegriffsmitein,undauchunterhalbdesSchuldenbegriffssetztsichdasheterogeneBild
inBezugaufdieBegrifflichkeitenfort,beispielsweisebeidenVerbindlichkeiten112.DieMehrzahl
derLändergrenztimHaushaltsrechtexplizitInvestitionskrediteundKassenkreditevoneinander
ab,anderetundasindes(noch)nicht.
1 Statistischer Schuldenbegriff
DieHaushalts-undVerschuldungssituationeinerGebietskörperschafthatsichnochniedadurch
verbessert,dassnichtüberdiekonkretenZahlengesprochenwird.Hierzugehört,dasseinzelne
relevanteDatennichtausgeblendetwerden,wiedasbeizahlreichenVisualisierungenundDebat-
tenzumStatusquoöffentlicherVerschuldungleiderregelmäßigderFallist.Transparenzistdie
BasisfüreinenfaktenbasiertenDialog.
Das doppische Haushaltsrecht definiert Schulden als Verbindlichkeiten und Rückstellungen
auseinerKonzernperspektiveheraus.Heuterechnenallerdings(noch)längstnichtalleGebiets-
körperschaftenaufGrundlagediesesRechnungsstils.DieKommunensindVorreiterimfödera-
lenSystem;viele(nichtalle)habenaufdasneueHaushaltsrecht–verkürztalsDoppikbezeich-
net–umgestellt.AufstaatlicherEbenesiehtdieSituationandersaus:SowohlderBundalsauch
die allermeisten Bundesländer rechnen heute noch immer kameral. Auf Basis dieses Rech-
nungsstilsistesfürdenGesamtstaatnichtmöglich,einvollständigesVerschuldungsbilddarzu-
stellen.InsbesonderekönnenkeineRückstellungen,etwafürPensionsverpflichtungen,abge-
bildet werden. Dieser Zusammenhang bedingt letztlich, dass auch die Schuldenstatistik
(StatistiküberdieSchuldenderöffentlichenHaushalte)dieseSchuldenartgegenwärtignicht
abbildenkann.DieSchuldensindimkameralenSystemnochnichteinmalaufEbenederent-
sprechendenGebietskörperschaftenerfasst,mithinunbekanntundkönnendementsprechend
auchnichtandieSchuldenstatistikgemeldetundausgewertetwerden.DasinderSchuldensta-
tistik abgebildete Schuldenbild ist insofern unvollständig; einzelne relevante Schuldenarten
werden inkeinerWeiseabgebildet.Daher ist festzuhalten,dassdieöffentlicheSchuldenlast
untererfasstist.
DieRelevanzderstatistischnichterfasstenPositionenunterscheidetsichvonKommunezuKom-
mune. Eine exemplarische Darstellung der Gesamtvermögensrechnung/-bilanz der nordrhein-
westfälischenGroßstadtDortmund(Ende2011rund581.000Einwohner)fürden31.12.2010bezif-
112 Esistanzumerken,dassderdoppischeBegriff„Verbindlichkeiten“nichtdeckungsgleichmitdemTerminus„Geldschulden“ist.
127Teil VI: Kommunalverschuldung
fert z.B. allein das Rückstellungsvolumen auf der Passivseite der Bilanz mit 2.396.516.461,62
Euro.DasentsprichteinemAnteilvonknapp22ProzentderGesamtbilanzsumme(Abb.37).
Quelle: Stadt Dortmund/Stadtkämmerei o. J.: Gesamtabschluss für das Haushaltsjahr 2010
Abbildung 37: Gesamtbilanz der Stadt Dortmund zum 31.12.2010
AKTIVA 31.12.2010 Euro
1. Anlagevermögen 9.928.120.751
1.1 Immaterielle Vermögensgegenstände 16.913.544
1.2 Sachanlagen 6.736.533.539
1.2.1 Unbebaute Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte
711.065.692
1.2.2 Bebaute Grundstücke und grundstücks gleiche Rechte
2.301.797.034
1.2.3 Infrastrukturvermögen 3.091.962.162
1.2.4 Bauten auf fremden Grund und Boden 710.397
1.2.5 Kunstgegenstände, Kulturdenkmäler 16.340.236
1.2.6 Maschinen, technische Anlagen, Fahrzeuge
181.524.460
1.2.7 Betriebs- und Geschäftsausstattung 104.130.599
1.2.8 Geleistete Anzahlungen, Anlagen im Bau
329.022.960
1.3 Finanzanlagen 3.174.653.668
1.3.1 Anteile an verbundenen Unternehmen 25.954.989
1.3.2 Anteile an assoziierten Unternehmen 1.841.555.944
1.3.3 Beteiligungen 207.379.453
1.3.4 Sondervermögen 13.772.992
1.3.5 Wertpapiere des Anlagevermögens 670.658.450
1.3.6 Ausleihungen 415.331.840
2. Umlaufvermögen 1.005.725.947
2.1 Vorräte 316.082.892
2.2 Forderungen und sonstige Vermögens-gegenstände
480.587.609
2.3 Wertpapiere des Umlaufvermögens 25.342.520
2.4 Liquide Mittel 183.712.926
3. Aktive Rechnungsabgrenzungsposten 53.924.419
Gesamtbilanzsumme 10.987.771.117
PASSIVA 31.12.2010 Euro
1. Eigenkapital 2.905.419.213
1.1 Allgemeine Rücklage 2.130.155.228
1.2 Sonderrücklagen 23.122.874
1.3 Gesamtjahresfehlbetrag der Stadt Dortmund -50.081.272
1.4 Ausgleichsposten für die Anteile anderer Gesellschafter
802.222.384
2. Sonderposten 1.557.129.619
2.1 Sonderposten für Zuwendungen 1.419.036.779
2.2 Sonderposten für Beiträge 29.609.349
2.3 Sonderposten für den Gebührenausgleich 4.918.384
2.4 Sonstige Sonderposten 103.565.107
3. Rückstellungen 2.396.516.462
3.1 Pensionsrückstellungen 1.627.984.196
3.2 Rückstellungen für Deponien und Altlasten 205.069.620
3.3 Instandhaltungsrückstellungen 43.006.486
3.4 Steuerrückstellungen 18.700.715
3.5 Sonstige Rückstellungen 501.755.445
4. Verbindlichkeiten 4.052.846.787
4.1 Verbindlichkeiten aus Krediten für Investitionen
2.399.844.245
4.2 Verbindlichkeiten aus Krediten zur Liquiditätssicherung
1.207.279.803
4.3 Vorgänge, die der Kreditaufnahme wirtschaftl. gleichk.
56.105.188
4.4 Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen
77.140.100
4.5 Sonstige Verbindlichkeiten 312.477.452
5. Passive Rechnungsabgrenzungsposten 75.859.036
Gesamtbilanzsumme 10.987.771.117
GleichwohlhatdieSchuldenstatistikmitdemBerichtsjahr2010einefürdieTransparenzförder-
licheNeuerungerfahren:SeitherwerdendieSchuldenderöffentlichenHaushalteineinererwei-
terten Definition dargestellt. Diese Neuerung ist in fortschreitenden Ausgliederungen aus den
KernhaushaltenundzunehmenderÜbertragungvonöffentlichenAufgabennebstihrerSchulden
aufFonds,EinrichtungenundUnternehmenmiteigenemRechnungswesen(FEUs)begründet.Auf
kommunalerEbenesindderartigeAusgliederungenbesondersrelevant;ihreExistenzhatdenVer-
gleich der Schulden der öffentlichen Haushalte beeinträchtigt.113 Um die Vergleichbarkeit der
öffentlichenHaushaltewiederherzustellen,werdenmitderneuenSchuldenstatistikzusätzlichzu
denKernhaushaltendieSchuldendieserFEUsberücksichtigt.114Dazuwirdaufeinsogenanntes
Schalenkonzeptzurückgegriffen.
113 Vgl.Junkernheinrich/Micosatt2008.114 Vgl.StatistischesBundesamt2012k,S.2.
128 Teil VI: Kommunalverschuldung
FürdieKommunen(undauchfürandereEbenenwieBund,LänderundSozialversicherungsowie
inderSummefürdenGesamtstaat)wirdimRahmenderneuenSchuldenstatistikimGrundsatz
zwischendreiunterschiedlichenAbgrenzungenunterschieden(Abb.38):
1) Beschränkung auf die Kernhaushalte(kleineAbgrenzungderKommunalverschuldung)
2) Betrachtung der Kern- und Extrahaushalte (mittlere Abgrenzung der Kommunalverschul-
dung);mansprichtbeidieserAbgrenzungvomsogenanntenöffentlichen Gesamthaushalt
3) Beleuchtung des öffentlichen Bereichs, wobei additiv zu den Kern- und Extrahaushalten die
sonstigenFEUsbetrachtetwerden(großeAbgrenzungderKommunalverschuldung)
Quelle: Burth/Gnädinger 2011: Methodische Hinweise zur Themenrubrik „Staatsverschuldung in Deutschland“ von HaushaltsSteuerung.de, S. 7
Abbildung 38: Schalenkonzept zur Erfassung der Staatsverschuldung im Rahmen der Schuldenstatistik
Staatsverschuldung des öffentlichen Bereichs
Kernhaushalte + Extrahaushalte + sonstige FEUs
2.730 Mrd. Euro
Staatsverschuldung des öffentlichen GesamthaushaltesKernhaushalte + Extrahaushalte
2.068 Mrd. Euro
Staatsverschuldung der Kernhaushalte
von Bund, Ländern, Kommunen und Sozialversicherung
1.721 Mrd. Euro
FürjededieserdreiAbgrenzungenkannaufBasisderneuen(erstmalsfürdasBerichtsjahr2010
gültigen)115SchuldenstatistikzwischenzweiverschiedenenSchuldenartendifferenziertwerden,
dieweiteraufgeschlüsseltwerdenkönnen:
1) SchuldenbeimnichtöffentlichenBereich
a)Wertpapierschulden
b)Kredite
c)Kassenkredite
115 BiseinschließlichdesJahres2009arbeitetdieSchuldenstatistikmitanderenTermini.Vgl.Burth/Gnädinger2011,S.11.
129Teil VI: Kommunalverschuldung
2) SchuldenbeimöffentlichenBereich
a)Kredite
b)Kassenkredite
AdditivkönnenkreditähnlicheRechtsgeschäfte116undBürgschaftennachrichtlichabgerufenwer-
den.
DieinstatistischenAuswertungenamhäufigstenanzutreffendeAbgrenzungistdieBetrachtung
derKern-undExtrahaushalte(öffentlicherGesamthaushalt)unterBerücksichtigungderSchulden
beim nicht öffentlichen Bereich. Da diese Abgrenzung jedoch insbesondere die ebenfalls sehr
voluminösen,jedocherstseit2010vomStatistischenBundesamtimRahmenderSchuldenstatis-
tik erfassten Schulden (beim nicht öffentlichen Bereich) der sonstigen FEUs außen vor lässt,
erfasstsiedieöffentlicheGeldverschuldungnurunvollständig. IndennachfolgendenAnalysen
werdendaher–soferndiesmöglichist–dieSchuldendersonstigenFEUszusätzlichberücksich-
tigt,umeinmöglichstvollständigesBildderkommunalenGeldverschuldungzuzeichnen.
DieStaatsverschuldungderKernhaushaltevonBund,Ländern,KommunenundgesetzlicherSozi-
alversicherungunterBerücksichtigungderSchuldenbeimnichtöffentlichenBereich,derSchulden
beimöffentlichenBereich117undderkreditähnlichenRechtsgeschäftebeträgtzum31.12.2011rund
1.721,01Mrd.Euro(21.121EurojeEinwohner).DieentsprechendeStaatsverschuldungdesöffentli-
chenGesamthaushaltserreichteineHöhevonrund2.068,46Mrd.Euro(25.297EurojeEinwoh-
ner).DieStaatsverschuldungdesöffentlichenBereichsbeläuftsichaufrund2.729,99Mrd.Euro
(34.158EurojeEinwohner);sieentsprichtdamitimHinblickaufdieberücksichtigtenSchulden-
artensowiedieeinbezogenenFEUsdemhöchstmöglichenstatistischabbildbarenSchuldenstand.
2 Entwicklung der Geldschulden
AufgrundderUmstellungderSchuldenstatistikzumBerichtsjahr2010isteineZeitreihenbetrach-
tungzudenKommunalschuldennureingeschränktmöglich.AbdemJahr2010werdendieSchul-
denallerZweckverbände,dienachdemESVGzumSektorStaatgehören,beidenSchuldendes
öffentlichenGesamthaushaltesdargestellt.IndenVorjahrenwurdendiekaufmännischbuchenden
ZweckverbändedesStaatssektorsbeidenSchuldenderFEUs,alsobeidenSchuldendesöffentli-
chenBereichesnachgewiesen.ZudemgibtesabdemBerichtsjahr2010neuebegrifflicheAbgren-
zungen; so werden z.B. die Kreditmarktschulden durch die Schulden beim nicht öffentlichen
Bereichersetzt,indenenauchdieKassenkreditebeimnichtöffentlichenBereichenthaltensind.
ZudemliegteinegeänderteBereichsabgrenzungzugrunde.118
116 DiekreditähnlichenRechtsgeschäftekönnenlediglichgetrenntnachKern-undExtrahaushaltenabgerufenwerden.117 ImKontextderSchuldenbeimöffentlichenBereichisteinschränkendanzumerken,dassessichhierbeiumSchuldenhandelt,
dieeineEinheitdesöffentlichenBereichsbeieineranderenEinheitdesöffentlichenBereichshat(z.B.SchuldeneinerKommunebeimLand).DemzufolgestehendiesenSchuldenForderungeningleicherHöhegegenüber.
118 Vgl.StatistischesBundesamt2012k,S.12.
130 Teil VI: Kommunalverschuldung
UnterBerücksichtigungdiesesSachverhalteswirddeutlich,dassdiekommunaleGesamtverschul-
dung(ohnesonstigeFEUsundKredite/KassenkreditebeimöffentlichenBereich)imFünfjahres-
zeitraumvonEndedesJahres2007bisEndedesJahres2011lediglichimJahr2008eineReduzie-
rung erfahren hat (Abb. 39). In diesem Jahr haben die Kommunen Überschüsse (positiver
Finanzierungssaldo)realisiert(s.dazuimDetailTeilII).InallenanderenJahrensinddieSchulden
derGemeindenundGemeindeverbändederFlächenländergestiegen–zuletztimJahr2011um
6.068Mio.EuroaufdenJahresendwertvon129.637Mio.Euro.
DieUrsachefürdenSchuldenrückgangimJahr2008liegtinderEntwicklungderKreditmarktschul-
den.Siesindvon81.799Mio.EuroEndedesJahres2007auf79.007Mio.Eurogesunken.Gleichzei-
tigsindallerdingsimgleichenJahrdiealsbesonderesKrisenphänomengeltendenKassenkredite
um1.029Mio.Eurogestiegen.EinzelneKommunenhabendemnachselbstindiesemaußergewöhn-
lichgutenHaushaltsjahrihreKassenkreditbeständeausgebaut.Daszeigt,dasssogarindiesemJahr
dieScherezwischendenKommunenweiteraufgegangenist–währendaufdereinenSeiteÜber-
schüsse realisiert werden, geraten andere Kommunen noch stärker in den Kassenkreditstrudel.
ZuletztsinddieKassenkrediteimJahr2011nocheinmalsprunghaftgestiegen:gegenüberdemJahr
2010imJahr2011um4.814Mio.EuroaufdenJahresendwertvon44.020Mio.Euro.
ImVergleichzudenKassenkreditensinddieWertpapierschuldenundKreditebeimnichtöffentli-
chenBereichderKommunenimJahr2011wesentlichwenigerstarkgestiegen(+1.254Mio.Euro).
Abbildung 39: Geldschuldenentwicklung in der Abgrenzung nach dem öffentlichen Gesamthaushalt (Kernhaushalte und Extrahaushalte) in den Jahren 2007 bis 2011 in Mio. Euro
* Ab dem Jahr 2010 einschließlich aller FEUs des Staatssektors (neue Schuldenstatistik); zuvor werden bei den Kreditmarktschulden und Kassen-krediten lediglich ausgewählte FEUs des Staatssektors einbezogen; ab 2010 ebenfalls einschließlich aller Zweckverbände des Staatssektors, bis 2009 einschließlich aller kameral buchenden Zweckverbände. ** Bis 2009 einschließlich Kassenkredite gegenüber dem öffentlichen Bereich.
140.000
120.000
100.000
80.000
60.000
40.000
20.000
–Jahresende 2007 Jahresende 2008 Jahresende 2009 Jahresende 2010* Jahresende 2011
KreditmarktschuldenKassenkredite**
Wertpapierschulden und Kredite beim nicht öffentlichen Bereich
Gesamtschulden (ohne sonst. FEUs und Kredite/Kassenkredite beim öffentl. Bereich)
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012k: Schulden der öffentlichen Haushalte 2011
110.627 108.864 113.810123.569 129.637
85.61781.799 79.11079.00784.363
44.020
28.82834.700
29.857
39.206
131Teil VI: Kommunalverschuldung
DieBewertungdiesesFaktumsistnichttrivial.SokönntedasvergleichsweisestärkereKassenkre-
ditwachstumindersteigendenHeterogenitätderKommunalfinanzenbegründetsein.Einanderer
Erklärungsgrundkönntedarinliegen,dasseinzelneKommunendasInstrumentdesKassenkredi-
tes(zunehmend)zweckentfremden,weildessenZinssatzgegenwärtigäußerstniedrigist(Zins-
spread).GleichzeitigscheintesdenAufsichtsbehördenbesserzugelingen,Kreditezubegrenzen,
alsdiesbeidenKassenkreditenderFallist.
3 Geldschulden in Kernverwaltung und Auslagerungen
UnterBerücksichtigungderAuslagerungen(off-budgetborrowing)liegtderkommunaleGesamt-
geldschuldenstand(SchuldenbeimöffentlichenundbeimnichtöffentlichenBereich)imDurch-
schnittderFlächenländerEndedesJahres2011bei4.044EurojeEinwohner(Abb.40).Hiervon
entfällt der überwiegende Teil auf Auslagerungen (Nebenhaushalte). Während die Kernhaus-
haltsschulden im Flächenländerdurchschnitt bei 1.678 Euro je Einwohner liegen, beträgt der
WertbeidenExtrahaushalten146EurojeEinwohner.DievergleichsweisegrößtePositionmachen
diesonstigenFEUs(Fonds,EinrichtungenundUnternehmen,dienichtzumSektorStaatgehö-
ren)aus.
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012k: Schulden der öffentlichen Haushalte 2011; Einwohner zum 30.6.2011
Abbildung 40: Kommunale Gesamtverschuldung (Schulden beim öffentlichen und nicht öffentlichen Bereich; ohne kreditähnliche Rechtsgeschäfte und Bürgschaften) im Flächenländervergleich in Euro je Einwohner
Kernhaushalte Sonstige FEUsExtrahaushalte (FEUs des Staatssektors)
1.000
2.000
3.000
4.000
5.000
6.000
7.000
–
2.220
146
Baye
rn
Bade
n-W
ürtt
embe
rg
Rhei
nlan
d-Pf
alz
Hess
en
Saar
land
Schl
esw
ig-H
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Nor
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estfa
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Nie
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achs
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Thür
inge
n
Fläc
henl
ände
r
Bran
denb
urg
Mec
klen
burg
-Vor
pom
mer
n
Sach
sen-
Anha
lt
Sach
sen
1.678
2.386
201
2.806
1.580
117
1.652
2.207
290
2.512
2.030
174
2.793
3.302
78
2.844
2.368
44797
2.283
42
1.482
1.010
170
1.300
2.175
15
1.038
3.049
17
1.490
3.518
87623
1.515
85
1.124
2.334
55891
132 Teil VI: Kommunalverschuldung
DieniedrigstenGesamtgeldschuldenbeständeweisendieKommuneninSchleswig-Holsteinaus;
derWertliegtbei2.480EurojeEinwohner,rund61ProzentdesFlächenländerdurchschnitts.Es
folgenBayern(2.724EurojeEinwohner)undSachsen(3.209EurojeEinwohner).
AnderSpitzederkommunalenVerschuldungstehendiesaarländischenGemeindenundGemein-
deverbändemit6.224EurojeEinwohner;dersaarländischeWertliegtuminsgesamt2.180Euro
jeEinwohnerüberdemFlächenländerdurchschnitt.DieKommuneninHessen(5.393EurojeEin-
wohner)undNordrhein-Westfalen(5.010EurojeEinwohner)überschreitenebenfallsdieMarke
von5.000EurojeEinwohner.InRheinland-Pfalzwirdsiemit4.998EurojeEinwohnernurknapp
unterschritten.
Die Auslagerungsquoten119 im Bereich der Kommunalschulden erreichen beachtliche Höhen
(Abb.41).ImDurchschnittderFlächenländerentfallenEndedesJahres2011nurnoch41Prozent
derSchuldenbeimnichtöffentlichenundöffentlichenBereichaufdenBereichderKernhaushalte
(kleineAbgrenzungderKommunalverschuldung).VierProzentderGeldschuldensindaufExtra-
haushalte,alsoFEUsdesStaatssektorsausgegliedert.Weitere55ProzentunddamitderGroßteil
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012k: Schulden der öffentlichen Haushalte 2011
Abbildung 41: Aufteilung der kommunalen Gesamtverschuldung Ende des Jahres 2011 (Schulden beim öffentlichen und nicht öffentlichen Bereich; ohne kreditähnliche Rechtsgeschäfte und Bürgschaften) auf Kernhaushalt und Auslagerungen im Flächenländervergleich in Prozent
Kernhaushalte Sonstige FEUsExtrahaushalte (FEUs des Staatssektors)
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
Baye
rn
Bade
n-W
ürtt
embe
rg
Rhei
nlan
d-Pf
alz
Hess
en
Saar
land
Schl
esw
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Mec
klen
burg
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pom
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Sach
sen-
Anha
lt
Sach
sen
55
4
41
83
2
15
56
3
41
71
2
27
44
4
52
67
0
33
47
4
49
44
6
50
41
3
56
53
1
46
74
1
25
60
1
39
41
7
52
67
0
32
119 DieGründefürdieAuslagerungkommunalerAufgabensindvielfältig.MitderAuslagerung(geradeauchbeiderAuslagerungvonSchulden)sindjedochauchRisikenverbunden.Vgl.exemplarischHerrmann2012,S.27ff.
133Teil VI: Kommunalverschuldung
derKommunalverschuldungentfallenaufsonstigeFEUsundsinddamitebenfallsausdemKern-
haushaltausgegliedert.
EinebesondershoheFragmentierungderHaushalteistfürBaden-Württemberg,120Sachsenund
Brandenburg nachweisbar. Vergleichsweise niedrige Schuldenauslagerungsquoten finden sich
hingegen inRheinland-Pfalz,HessenundSchleswig-Holstein. Indiesendrei Ländernbefinden
sichjeweilsmehralsdieHälftederGeldschuldenimBereichderKernhaushalte.
VordemHintergrunddergegenwärtigstetigsteigendenAnzahldoppischrechnenderGemeinden
undGemeindeverbändeisteswahrscheinlich,dassperspektivischdieaktuellwieauchindenletz-
tenJahrenzubeobachtendeTendenzzurAuslagerungvonGeldschuldenabnimmt.EinArgument
fürdieEinführungdesneuenHaushaltsrechtsist,dassdamitverlorengegangeneTransparenz
aufgrund der Fragmentierung der Haushalte durch die Aufstellung von Gesamtabschlüssen
zurückerlangtwird.EinVersteckenvonSchuldeninAuslagerungen(Schattenhaushalte)auspoli-
tischen Motiven, mithin eine Verschleierung der kommunalen Tätigkeit mit daraus folgenden
Transparenzproblemen,wirderschwert.Hinzukommt,dassbetriebswirtschaftlicheGründe,die
regelmäßigfürdieAuslagerungvonAufgabenaufausgelagerteOrganisationseinheitenangeführt
werden,indenHintergrundtreten:FortankannauchimBereichdesKernhaushalteskaufmän-
nischgerechnetwerden.
BemerkenswertistindiesemZusammenhang,dassselbstimRahmenderDiskussionummögli-
che kommunalpolitische Reaktionen auf die befürchteten Auswirkungen der Staatsschulden-
bremsedieüberwiegendeMehrheitderKommunennichtvoneinerErhöhungderVerschuldung
inausgelagertenBereichenausgeht.121Möglichist,dassauchdiegegenwärtigenEntwicklungen
amKreditmarkt(BaselIII)dieweitereSchuldenaufnahme(inkommunalenAuslagerungen)brem-
sen.BeikommunalenUnternehmengibtesbereitsheuteeinenZusammenhangzwischenRating-
ergebnisundHöhederKreditkosten.Esistdenkbar,dassdiesedirekteVerbindungebenfallsfür
dieinderBefragungzumAusdruckkommendegegenwärtigeZurückhaltungbeiderweiterenAuf-
nahmevonGeldschuldendurchAuslagerungenmitverantwortlichist.KommunaleUnternehmen
sindimGegensatzzuderKommuneselbstinsolvenzfähigundwerdenschonheuteprinzipiellso
wieprivatwirtschaftlicheUnternehmenbehandelt–allerdingsunterBerücksichtigungderkom-
munalenBesonderheiten.BeiderBewertungihrerBonität,mithinderFragederzuerwartenden
UnterstützungdesUnternehmensdurchdieKommune,spieltz.B.eineRolle,obdieLeistungdes
KommunalunternehmenszudenKernaufgabenderKommunezähltodereinekommunaleBürg-
schaftexistiert.Sofernnun(mittelfristig)auchdieKreditwürdigkeitderKommunenselbstdurch
BaselIIIanderseingestuftwird,wasnichtunwahrscheinlichist,122wirddasimplizitAuswirkun-
genaufKommunalunternehmenhaben.123
120 Bereits fürdenStichtag31.Dezember2010ist fürBaden-WürttembergeinebesondershoheAuslagerungsquote feststellbar.SieliegtbeiBetrachtungderSchuldenbeimnichtöffentlichenBereich(ohneSchuldenbeimöffentlichenBereich)beiüber80Prozent.Vgl.ebd.,S.53f.
121 Vgl.Lenk/Rottmann/Kuntze2012,S.25.122 Vgl.BundesverbanddeutscherBankene.V.2012.123 Vgl.ebd.,S.11.
134 Teil VI: Kommunalverschuldung
4 Einordnung der Kommunalverschuldung
SowohlimBereichderKernhaushaltealsauchunterEinbeziehungsämtlicherFEUssindderBund
unddieLänderEndedesJahres2011unterBerücksichtigungderSchuldenbeimnichtöffentlichen
undbeimöffentlichenBereichsehrvielhöherverschuldetalsdieKommunen(Abb.42).ImVer-
gleichzwischendenLändernundihrenKommunengiltdieserBefundfürjedesder13Flächenlän-
der,obgleichsichdieRelationenunterscheiden.
DieGesamtschuldendesBundes (ohneSozialversicherung)betragen1.793.042Mio.Euro.Das
entsprichtinRelationzudenEinwohnernzum30.Juni2011einemPro-Kopf-Wertvon21.928Euro
jeEinwohner.BeidenLändern(inklusiveStadtstaaten)sindeszumselbenZeitpunkt689.798Mio.
Eurobzw.8.436EurojeEinwohner.DieKommunalverschuldungerreichtmit306.709Mio.Euro
bzw.4.044EurojeEinwohnernichteinmal20ProzentderVerschuldungdesBundes.
InderGegenüberstellungderEbenenwirdebenfallsdeutlich,dassdasPhänomenderSchulden-
auslagerungaufFEUsdesStaats-undMarktsektorsnichtalleindieKommunenbetrifft.Zwarist
derAnteilderaufdenKernhaushaltentfallendenGeldschuldenmit41ProzentbeidenKommu-
nenamgeringsten;gleichwohlgliedernaberauchBundundLänderGeldschuldenausdenKern-
haushaltenaus.AufEbenedesBundesentfallenEndedesJahres2011insgesamt58Prozentder
GeldschuldenaufdenBereichdesKernhaushaltes,beidenLändernsindesimmerhin80Prozent.
VorallemseitensderKommunenwirdgegenwärtigbefürchtet,dasssichdieGewichtekünftigzu
ihrenUngunstenverschiebenwerden;dieseBefürchtungresultiertausderExistenzderneuenStaats-
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012k: Schulden der öffentlichen Haushalte 2011
Abbildung 42: Gesamtverschuldung (Schulden beim öffentlichen und nicht öffentlichen Bereich; ohne kreditähnliche Rechtsgeschäfte und Bürgschaften) von Bund, Ländern und Kommunen Ende des Jahres 2011 in Mio. Euro
Kernhaushalte Sonstige FEUsExtrahaushalte (FEUs des Staatssektors)
2.000.000
1.800.000
1.600.000
1.400.000
1.200.000
1.000.000
800.000
600.000
400.000
200.000
–Bund* Länder** Kommunen
509.728
237.222
1.046.093
46.03392.653
551.113 168.39911.066
127.243
* Ohne Sozialversicherung. ** Flächenländer inklusive Stadtstaaten.
135Teil VI: Kommunalverschuldung
schuldenbremse.124VondiesergehenstärkereRestriktionenaufdieStaatshaushalteaus,alsdasbis-
langderFallwar.Insofernrechneneinige(kommunale)Akteuredamit,dassdieKommunalhaushalte
zumQuasi-Ventilwerden.125DerSpielraumfürstaatlicheZuweisungenkönntevordiesemHinter-
grundschwinden.Ebenfallswirdzuweilendamitgerechnet,dasszusätzlicheAufgabenunddamit
AusgabenaufdieGemeindenundGemeindeverbändeübertragenwerden.126EinederartigeEntwick-
lungmüsstesichfolglichineinerVeränderungdesKommunalisierungsgradesausdrücken.
Bedenklichist,dasskürzlichimZugeeinerUmfrageunterGemeindenmitmehrals20.000Ein-
wohnern jeweils rund50ProzentderBefragtenvoneinerZunahmederKassenkreditverschul-
dungsowiederinvestivenVerschuldungalsmöglicherReaktionaufetwaigekommunaleMehrbe-
lastungen aus der Staatsschuldenbremse ausgegangen sind. Ein derartiges Vorgehen der
KommunenwürdedieZielederneuenStaatsschuldenbremseunterlaufenunddasschuldenbe-
grenzendeInstrumentaushöhlen.127
5 Kommunalverschuldung im Ländervergleich
Innerhalb der kommunalen Familie gibt es eine erstaunliche Heterogenität in Bezug auf die
Verschuldungsneigung/-notwendigkeit.DastrifftsowohlaufdieabsoluteHöhederGeldverschuldung
zualsauchaufdieInanspruchnahmeeinzelnerSchuldenarten.ZudenUrsachenderUnterschiede
gibteseinebreiteDebatteinWissenschaftundPraxis.128ImKernsindesmeistmehrereFaktoren,
diejenseitsderinTeilenauchunterwirtschaftlichenGesichtspunktenbegründbarenGeldverschul-
dungfürdiejeweiligeHaushalts-undVerschuldungssituationverantwortlichzeichnen(Abb.43).
Quelle: Eigene Darstellung; in Anlehnung an Gnädinger 2012: Generationengerechte Haushalts- und Finanzpolitik in Kommunen – Haushaltsausgleich, -konsolidierung und Schuldenabbau bis zur Schuldenfreiheit in Städten und Gemeinden, S. 309
Abbildung 43: Determinanten für kommunale Haushaltsergebnisse
Rahm
enbe
ding
unge
n
Kons
olid
ieru
ngsw
illig
keit
Kons
olid
ieru
ngsk
önne
nÜbergeordnete Gesetzgebung***Agieren der Aufsicht***(Gesamt-)wirtschaftliche Lage***Sozioökonomisches Umfeld***Erblasten aus vergangenen Haushaltsjahren
Präferenzen des Hauptverwaltungsbeamten und der Kommunalpolitik für die Haushaltskonsolidierung***Grad der Parteipolitisierung***Ideologien, Werte und Einstellungen der Kommunalpolitik
Überzeugungsfähigkeit des Hauptverwaltungsbeamten gegenüber Politik, Einwohnern und Verwaltungsmannschaft***Kompetenz in Haushaltsfragen und Zusammenspiel der Akteure***Erfahrungswissen versus Newcomer-Bonus
124 In einer Untersuchung für die USA konnte nachgewiesen werden, dass ein Staatsschuldenverbot unter AusklammerungvertikalnachgelagerterEbenenAnreizezurSchuldenumlageaufdieGebietskörperschaftenauslöst, fürdiewenigerstrengeVerschuldungsregelnbestehen.Vgl.Herrmann2011,S.22.
125 Vgl.Wieland2010,S.30.126 Neben zunehmenden Aufgabenübertragungen, Modifikationen bei den Finanzausgleichsystemen und Kürzungen bei den
LandeszuweisungenbefürchteneinigeKommunenebenfallseineVerteuerung/VerknappungdesKreditangebotesalsFolgederneuenStaatsschuldenbremse.Vgl.Lenk/Rottmann/Kuntze2012,S.11.
127 Vgl.ebd.,S.21.128 Vgl.exemplarischGnädinger2012,S.234ff.
136 Teil VI: Kommunalverschuldung
EsistjeweilseineMischungausunterschiedlichenexogenenundendogenenBedingungen,die
letztlich den Geldschuldenstand einer Kommune bedingt. Die Identifikation einer einzelnen
Ursache/BedingungistimEinzelfallkaummöglich.
5.1 Schulden beim nicht öffentlichen Bereich
ImJahr2011sinddiekommunalenSchuldenbeimnichtöffentlichenBereichvon123.569Mio.
Euroauf129.633Mio.Eurogestiegen.DerweitausgrößteTeildieserSchuldenentfälltEndedes
Jahres2011aufdieKernhaushaltederGemeindenundGemeindeverbände(121.092Mio.Euro).
Weitere 1.675 Mio. Euro entfallen auf Zweckverbände des Staatssektors und noch einmal
6.867Mio.EuroaufsonstigeExtrahaushaltederKommunen.DerAnteilderWertpapierschulden
undKrediteandenSchuldenbeimnichtöffentlichenBereichEndedesJahres2011istdabeimit
85.613 Mio. Euro (noch) deutlich größer (rund 66 Prozent) als der Anteil der Kassenkredite
(44.020Mio.Euro;rund34Prozent)–gleichwohlistderBestandanKassenkreditenimJahr2011
inabsolutenZahlenstärkerangestiegen.
EineAufteilungderPositionWertpapierschuldenundKrediteindieeinzelnenBestandteileerhellt
das Bild weiter. Lediglich 181 Mio. Euro entfallen auf Wertpapierschulden, wobei es sich an
dieserStelleausschließlichumKapitalmarktpapiereinEuro-Währunghandelt(keineGeldmarkt-
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012k: Schulden der öffentlichen Haushalte 2011; Einwohner zum 30.6.2011
Abbildung 44: Schulden der Kommunen (Kernhaushalte einschließlich Extrahaushalte) der Flächenländer beim nicht öffentlichen Bereich zum 31.12.2011 in Euro je Einwohner
Kassenkredite Wertpapierschulden und Kredite
3.000
2.500
2.000
1.500
1.000
500
–
Baye
rn
Bade
n-W
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embe
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Rhei
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alz
Hess
en
Saar
land
Schl
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ig-H
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Thür
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Bran
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Mec
klen
burg
-Vor
pom
mer
n
Sach
sen-
Anha
lt
Sach
sen
1.12
958
0
591
318
833
335
1.04
660
8
1.08
240
1
1.03
327
0
947
61
1.46
61.
216
1.44
41.
400
1.11
41.
754
825
13
1.71
21.
038
623
19
1.06
231
137Teil VI: Kommunalverschuldung
papiere).129DerüberwiegendeTeilentfällthingegenaufKredite(85.432Mio.Euro);beidiesen
KreditenwiederumhandeltessichzumGroßteilumKreditebeiKreditinstituteninEuro-Währung
(83.476Mio.Euro).
ProKopfliegtdieVerschuldungderKommuneninklusiveihrerExtrahaushalteEndedesJahres2011
imFlächenländerdurchschnittbei1.709EurojeEinwohner.DiehöchstenWertesindimSaarland
(2.868EurojeEinwohner)undinRheinland-Pfalz(2.844EurojeEinwohner)anzutreffen(Abb.44).
InnahezuallenLändernliegtdasNiveauderKassenkrediteunterdemderWertpapierschulden
undKreditebeimnichtöffentlichenBereich.DieeinzigeAusnahmeistdasSaarland.Indiesem
LandübertreffendiekommunalenKassenkredite(1.754EurojeEinwohner)mittlerweiledeutlich
dasVolumenderfundiertenWertpapierschuldenundKredite(1.114EurojeEinwohner).
Bemerkenswertist,dassdievierLändermitdenhöchstenkommunalenPro-Kopf-Kassenkredit-
werten, das Saarland, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Hessen, ebenfalls diejenigen
sind,diebeidenWertpapierschuldenundKreditendiehöchstenWertejeEinwohnererreichen.
DieseParallelitätwarnichtnotwendigerweisezuerwarten:GeradediefundiertenSchuldensind
erstensgesetzlichinihremVerwendungszweckaufInvestitionenundInvestitionsförderungsmaß-
nahmenbeschränkt.Zweitenssolltensienurdanngenehmigtwerden(InstitutderGesamtgeneh-
migung),wenndieKreditaufnahmemitderfinanziellenLeistungsfähigkeitinEinklangsteht–das
istauchderGrund,warumfinanziellleistungsfähigeKommunengrundsätzlicheinehöhereKre-
ditaufnahmegenehmigtbekommenkönnen(PhänomenderReichtumsverschuldung).Ebendiese
finanzielleLeistungsfähigkeitistaberzumindestdannnichtzuvermuten,wennhoheKassenkre-
ditbeständevorhandensind.Vielesdeutetinsoferndaraufhin,dassindiesenLändern(inderVer-
gangenheit) mancherorts zu hohe und nicht mit der Leistungsfähigkeit in Einklang stehende
genehmigteKreditaufnahmenentsprechendeInvestitionenhervorgerufenhaben,imZugederer
laufendeAusgabenentstandensind(z.B.fürZins,Unterhaltung).DieseFolgenderkreditfinan-
ziertenInvestitionenführenheutedazu,dasslaufendeAusgabennichtmehrerwirtschaftetwer-
denundüberKassenkreditefinanziertwerden.
WährendEndedesJahres2011diekommunalenKern-undExtrahaushalteimDurchschnitt
derFlächenländereinePro-Kopf-VerschuldungbeimnichtöffentlichenBereichvon1.709Euro
jeEinwohnerausweisen,sindesbeidenkommunalensonstigenFEUs1.852EurojeEinwoh-
ner(Abb.45).DiesonstigenFEUsdersaarländischenGemeindenundGemeindeverbändelie-
gendabeimit3.009EurojeEinwohneranderSpitzedesFlächenländervergleiches–dieKom-
munen des Landes weisen damit sowohl im Bereich der Kern- und Extrahaushalte
(VerschuldungdesöffentlichenGesamthaushaltes)alsauchbeidensonstigenFEUsundin
derSummedieserdreiVerortungen (VerschuldungdesöffentlichenBereichs)diehöchsten
Werteaus.
129 HierbeiweisenlediglichdieKommuneninNiedersachsen(180Mio.Euro)undBayern(eineMio.Euro)überhauptWertebeidieserPositionaus.
138 Teil VI: Kommunalverschuldung
–
500
1.000
1.500
2.000
2.500
3.000
3.500
Bade
n-W
ürtte
mbe
rg
Rhei
nlan
d-Pf
alz
Hess
en
Saar
land
Schl
esw
ig-H
olst
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Baye
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r
Bran
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urg
Mec
klen
burg
-Vor
pom
mer
n
Sach
sen-
Anha
lt
Sach
sen
1.852
2.849
1.277
2.222
1.764
2.827
1.361
1.818
1.462
3.009
2.0222.222
882
2.092
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012k: Schulden der öffentlichen Haushalte 2011; Einwohner zum 30.6.2011
Abbildung 45: Schulden der kommunalen sonstigen FEUs beim nicht öffentlichen Bereich zum 31.12.2011 in Euro je Einwohner
AndersgestaltetsichhingegendieSituationindenbeidenebenfallsvonhohenSchuldendersons-
tigenkommunalenFEUsbeimnichtöffentlichenBereichbetroffenenLändernBaden-Württem-
bergundMecklenburg-Vorpommern.BeideLänderweisenbeidenSchuldenbeimnichtöffent-
lichenBereichfürdieKern-undExtrahaushalteWerteaus,dieunterdemFlächenländerdurchschnitt
liegen.BeidensonstigenkommunalenFEUsliegensieallerdingsmitanderSpitze.Schleswig-
Holstein,dasLand,indemdiePro-Kopf-SchuldenbeimnichtöffentlichenBereichdersonstigen
kommunalenFEUsamgeringstensind,weisthingegenauchfürdenBereichderKern-undExtra-
haushalteWerteunterhalbdesFlächenländerdurchschnittsaus.
5.2 Kassenkreditwachstum
Kassenkreditewerden,sofernsienichtausschließlichzutemporärenLiquiditätssicherungszwe-
cken aufgenommen werden, als augenscheinlicher Indikator zur Visualisierung kommunaler
Finanzproblemeherangezogen.IneinigenKommunensindKassenkreditezueinerDauereinrich-
tungaufhohemNiveauavanciert.DabeisinddieHöheunddasWachstumderKassenkreditein
manchenKommunensichtbarerAusdruckeinerFinanzkrisensituation.ImGegensatzzufundier-
tenSchuldenwerdenKassenkredite für laufendeAusgabenaufgenommen; ihnenstehenkeine
materiell geschaffenen Werte gegenüber. Mancherorts haben Kassenkredite mittlerweile indes
ihrenCharakteralskurzfristigerLiquiditätskreditverloren:Siewerdendahingehendzweckent-
fremdet, dass in einigen Kommunen die notwendige Liquidität nicht aus ordentlicher Verwal-
tungstätigkeit,sonderngenerellundvorallemdauerhaftausderAufnahmevonKassenkrediten
erzeugtwird.DaswidersprichtdemCharakterdesKassenkredits,derursprünglichlediglichzur
139Teil VI: Kommunalverschuldung
ÜberbrückungkurzfristigerEngpässedienensoll(sogenannter„KommunalerDispo“).Geradevor
demHintergrunddesbeidiesenSchuldenzwangsläufigvorhandenenZinsänderungsrisikosgeht
vondenKassenkrediteneinenichtzuunterschätzendeGefahrfürdieKommunalhaushalteaus.Es
istnureineFragederZeit,bisdieZinsniveausunddamitdieZinsausgabenwiedersteigen.
AlleinimJahr2011istdasKassenkreditvolumenderKommunenundihrerExtrahaushaltebeim
nichtöffentlichenBereichvon39.206Mio.EuroEndedesJahres2010um4.814Mio.Euroaufden
Jahresendwert2011von44.020Mio.Eurogestiegen.Vondiesen44.020Mio.Euroentfälltdermit
AbstandgrößteTeilaufdiekommunalenKernhaushalte(43.808Mio.Euro).
DasstärksteKassenkreditwachstumimJahr2011verzeichneninabsolutenZahlendienordrhein-
westfälischenKommunen(+2.854Mio.Euro);knapp60ProzentdesWachstumsderKassenkre-
diteimJahr2011entfallenaufdieGemeindenundGemeindeverbände(inklusiveExtrahaushalte)
diesesLandes.BeieinerPro-Kopf-BetrachtungliegenhingegendiehessischenKommunenander
SpitzedesKassenkreditwachstumsimJahr2011(+234EurojeEinwohner).AufderanderenSeite
konnteinfünfLänderndaskommunaleKassenkreditniveaugesenktwerden.Amstärkstenistder
Pro-Kopf-RückganginSachsen-Anhalt(–31EurojeEinwohner)ausgeprägt.
EinziginBaden-Württemberg,Bayern,SachsenundThüringenwerdenEndedesJahres2011Kas-
senkreditniveauserreicht,dieunterhalbder100-Euro-je-Einwohner-Markerangieren(Abb.46).
AufderanderenSeiteliegtininsgesamtvierLänderndasPro-Kopf-NiveauderKassenkreditemitt-
lerweileoberhalbder1.000-Euro-je-Einwohner-Marke.DasSaarlanderreichtdabeimit1.754Euro
jeEinwohnerdenHöchstwertimLändervergleich.EsfolgendiebeidenanderenLänderdesKas-
senkreditkrisentrios:Rheinland-PfalzundNordrhein-Westfalen.
Bemerkenswertist,dassdasPro-Kopf-KassenkreditniveauindenjenigenLändernamhöchstenist,
diehoheDurchschnittsgemeindegrößenaufweisen;Nordrhein-Westfalen,dasSaarlandundHes-
senhabenimFlächenländervergleichdiehöchstenEinwohnerzahlenproKommune.EinzigRhein-
land-Pfalz scheint sich mit einem ebenfalls hohen Pro-Kopf-Kassenkreditniveau aus diesem
Zusammenhangherauszulösen–allerdingsverrätderDetailblick,dasssichauchinRheinland-
PfalzdieKassenkreditesehrstarkaufdietendenzielleinwohnerstärkerenkreisfreienStädtekon-
zentrieren.130DieParallelitätzwischenKassenkreditniveauundDurchschnittsgemeindegrößeist
auffällig.DieseZusammenhängesindzuhinterfragen.
130 Vgl.Boettcheretal.2010,S.96f.,undHoltkamp2010,S.20.
140 Teil VI: Kommunalverschuldung
200 400 600 800 1.000 1.200 1.400 1.600 1.800–
Baden-Württemberg
Flächenländer
Rheinland-Pfalz
Hessen
Saarland
Schleswig-Holstein
Nordrhein-Westfalen
Niedersachsen
Bayern
Thüringen
Brandenburg
Mecklenburg-Vorpommern
Sachsen-Anhalt
Sachsen
2919
3131
1213
284318
308335
611608
432401
226270
517580
7561
1.0561.216
1.3051.400
1.6171.754
8031.038
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012k: Schulden der öffentlichen Haushalte 2011; Einwohner zum 30.6.2011
Abbildung 46: Kassenkredite der Kommunen (Kernhaushalte einschließlich Extrahaushalte) der Flächenländer beim nicht öffentlichen Bereich im Vergleich der Jahre 2010 und 2011 jeweils in Euro je Einwohner zum 31.12.
Stand 31.12.2010 Stand 31.12.2011
5.3 Schulden beim öffentlichen Bereich
Die Schulden der Gemeinden und Gemeindeverbände (inklusive ihrer Extrahaushalte) beim
öffentlichenBereich131belaufensichzum31.Dezember2011auf8.676Mio.Euro.Damitistdiese
SchuldenpositioninerheblichemUmfangkleineralsdieSchuldenbeimnichtöffentlichenBereich.
DerGroßteilder8.676Mio.EuroentfälltaufKredite(7.158Mio.Euro),einkleinererTeilauchauf
Kassenkredite(1.519Mio.Euro).
131 UnterdieSchuldenbeimöffentlichenBereichfallenbeispielsweiseSchuldenderKommunenbeimLand,beimBund,beianderenKommunenoderbeieinemExtrahaushaltbzw.sonstigenFEUs.
141Teil VI: Kommunalverschuldung
ImDurchschnittderKommunenderFlächenländerliegtdasNiveauderGeldschuldenbeimöffent-
lichenBereichEndedesJahres2011bei114EurojeEinwohner(Abb.47).InSachsenspieltdiese
SchuldenartmitdreiEurojeEinwohnernahezukeineRolle.EbenfallsniedrigeWertezeigensich
fürBrandenburg(38EurojeEinwohner),Sachsen-Anhalt(41EurojeEinwohner)undThüringen
(46EurojeEinwohner)–selbstdersaarländischeWertistmit53EuroproKopfvergleichsweise
gering.
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012k: Schulden der öffentlichen Haushalte 2011; Einwohner zum 30.6.2011
Abbildung 47: Schulden der Kommunen (Kernhaushalte einschließlich Extrahaushalte) der Flächenländer beim öffentlichen Bereich zum 31.12.2011 in Euro je Einwohner
Kassenkredite Kredite
350
300
250
200
150
100
50
–
Baye
rn
Bade
n-W
ürtt
embe
rg
Rhei
nlan
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alz
Hess
en
Saar
land
Schl
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Bran
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Mec
klen
burg
-Vor
pom
mer
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Sach
sen-
Anha
lt
Sach
sen
6
9420
228
29
9223
8634
2825
1031
537063
434 3533
3
640
716
0
611
0
AndersgestaltetsichdieSituationhingegeninMecklenburg-Vorpommern(338EurojeEinwoh-
ner)undHessen(257EurojeEinwohner).InbeidenLändernsinddieWertemehralsdoppeltso
hochwiederFlächenländerdurchschnitt.WährendsichderhessischeWertinsbesondereaufhohe
Werte bei Krediten bei sonstigen öffentlichen Sonderrechnungen stützt (1.101 von insgesamt
1.564 Mio. Euro), spielen in Mecklenburg-Vorpommern Kredite bei Ländern eine überragende
Rolle(534voninsgesamt555Mio.Euro).
DiehessischenKommunenbelegenmit622EurojeEinwohnerEndedesJahres2011ebenfallsbei
densonstigenkommunalenFEUsbzw.ihrenSchuldenbeimöffentlichenBereicheinendervorde-
renRänge(Abb.48).LediglichdieKommuneninBaden-Württemberg,diesichinsgesamtdurch
einehoheSchuldenauslagerungsquoteauszeichnen,erreichenmit669EurojeEinwohnereinen
nochhöherenWert.
142 Teil VI: Kommunalverschuldung
700
600
500
400
300
200
100
0
Bade
n-W
ürtt
embe
rg
Rhei
nlan
d-Pf
alz
Hess
en
Saar
land
Schl
esw
ig-H
olst
ein
Nor
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Baye
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r
Bran
denb
urg
Mec
klen
burg
-Vor
pom
mer
n
Sach
sen-
Anha
lt
Sach
sen
369
669
238
112
221 219
390
569
293346
61128
83
622
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012k: Schulden der öffentlichen Haushalte 2011; Einwohner zum 30.6.2011
Abbildung 48: Schulden der kommunalen sonstigen FEUs beim öffentlichen Bereich zum 31.12.2011 in Euro je Einwohner
InsgesamtistdieAussagekraftderSchuldenbeimöffentlichenBereichallerdingsbegrenzt.Zwi-
schendenKernhaushaltenunddenAuslagerungenkommteszuinternenKreditbeziehungen;bei
einerKonzernbetrachtung stehendiesenSchuldenentsprechendeForderungengegenüber.Die
aufinterneKreditbeziehungenzurückzuführendenSchulden,dieeinenTeilderGesamtkommu-
nalschulden beim öffentlichen Bereich darstellen, bestehen insofern im Innenverhältnis der
Gebietskörperschaft.IhreErfassungerfolgtallerdingsunbereinigt,womiteinNettonachweisnicht
möglichist.132TrotzdiesesSachverhalteshandeltessichumexistenteundinderGrößerelevante
Kommunalschulden,diebeieinerumfassendenSichtaufdieKommunalverschuldungberücksich-
tigtwerdenmüssen.
5.4 Kreditähnliche Rechtsgeschäfte
DiewirtschaftlicheinerKreditaufnahmegleichkommendenZahlungsverpflichtungen,dieHypo-
theken-,Grund-undRentenschuldensowieRestkaufgelder,werdenwegenunterschiedlichver-
wendeter Abgrenzungs- und Bewertungskriterien auf Basis der Schuldenstatistik nicht in den
SchuldenstandeinbezogenundnebendenAngabenüberBürgschaftennurnachrichtlichdarge-
stellt.
EndedesJahres2011beläuftsichderBestandkreditähnlicherRechtsgeschäftefürdieKommunen
der 13 Flächenländer (inklusive ihrer Extrahaushalte) auf 1.032 Mio. Euro. Hiervon entfallen
132 Vgl.Herrmann2012,S.54f.
143Teil VI: Kommunalverschuldung
87Mio.EuroaufHypotheken-,Grund-undRentenschulden;beiweiteren264Mio.Eurohandelt
essichumRestkaufgelder.DerGroßteilderkreditähnlichenRechtsgeschäfteentfälltmit681Mio.
EuroaufdasFinanzierungsleasing.
ImDurchschnittderKommunenderFlächenländernehmendiestatistischnachgewiesenenkredit-
ähnlichenRechtsgeschäftemit14EuroproKopfeinenurmarginaleGrößenordnungan(Abb.49).
InRheinland-PfalzspielensiemitrundeinemEuroproEinwohnernahezuüberhauptkeineRolle.
LediglichinHessen,Sachsen-AnhaltundvorneweginThüringenwerdenWerteerreicht,diever-
gleichsweiseweitüberdemFlächenländerdurchschnitt liegen. InallendreiLändernwerdendie
insgesamthohenPro-Kopf-WertevorwiegenddurchdasFinanzierungsleasingverursacht.
Hypotheken-, Grund- und Rentenschulden Restkaufgelder Finanzierungsleasing
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012k: Schulden der öffentlichen Haushalte 2011; Einwohner zum 30.6.2011
Abbildung 49: Kreditähnliche Rechtsgeschäfte der Kommunen (Kernhaushalte einschließlich Extrahaushalte) der Flächenländer zum 31.12.2011 in Euro je Einwohner
5– 10 15 20 25 30 35 40 45 50
Mecklenburg-Vorpommern
Niedersachsen
Nordrhein-Westfalen
Rheinland-Pfalz
Saarland
Sachsen
Sachsen-Anhalt
Schleswig-Holstein
Thüringen
Brandenburg
Bayern
Baden-Württemberg
Flächenländer
Hessen
1 3
4 5
2 13
11 14
11 4
1 15 31
1
1
8
1 30
6
2 2 9
16
7 1
32 3
43 19
9
6 Geldschuldenbegrenzungsregelungen
MitEtablierungdesneuen,ressourcenverbrauchsorientiertenHaushaltsrechts(Doppik)habenin
allenFlächenländerndiekommunalrechtlichenBestimmungenerheblicheNeuerungenerfahren.
144 Teil VI: Kommunalverschuldung
In diesem Kontext hat sich ebenfalls die Möglichkeit und Notwendigkeit ergeben, bestehende
Geldschuldenbegrenzungsregelungenanzupassen.DieLandesgesetzgeberhabeninunterschied-
lichemUmfangvonihrerRegelungskompetenzGebrauchgemacht–entsprechendheterogensind
inderFolgediegesetzlichenGeldschuldenbegrenzungsregelungen.Darüberhinaushabenein-
zelneKommunenineigenerKompetenzundauseigenemWillenGeldschuldenbegrenzungsrege-
lungenüberdiegesetzlichenBestimmungenhinausverschärft.
6.1 Gesetzliche Kassenkreditschuldenbremsen
IndenvergangenenfünfJahrensinddiekommunalenKassenkreditbeständeinderSummeder
GemeindenundGemeindeverbändeder13Flächenländerpermanentgewachsen–selbstinden
JahrenmitpositivemKommunalemFinanzierungssaldo.DasWachstumundderKassenkredit-
bestandkonzentrierensichdabeiaufeinigeLänder,insbesonderedasSaarland,Nordrhein-West-
falen, Rheinland-Pfalz und zuletzt auch Hessen. Entsprechend eindeutig fällt die Analyse des
Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zu diesem
Befundaus:„DieKommunalaufsichtenderbetreffendenLänderhabenoffensichtlichimHinblick
aufdenGebrauchderKassenkrediteversagt.DieAnreizederKommunalaufsicht,stärkerdurchzu-
greifen,warenzuschwachausgeprägt,weildiesunpopuläreKürzungenbeidenAusgabenoder
einehöhereFinanzausstattungdieserGemeindenerforderthätte.“133
Dass sich die vom Sachverständigenrat angesprochenen Vorgehensweisen der Kommunalauf-
sichtsbehördenimländerübergreifendenKontextunterscheiden,istsicherrichtig–selbstinner-
halbeinzelnerLänderagierenAufsichtsbehördenheterogen.GleichwohlkönnenAufsichtsbehör-
denimmernurdannproblemangemessenreagieren,wennmindestensdreiBedingungenerfüllt
sind:
1) DiePersonalausstattungderAufsichtsbehördenmussinBezugaufdiefinanziellenHerausfor-
derungenangemessensein.134SoisteseinUnterschied,obsicheineAufsichtsbehördemitein-
zelnen wenigen Problemfällen konfrontiert sieht oder ob im kommunalen Raum flächig
Finanzprobleme vorhanden sind (Massenaufsicht). Die Androhung hierarchischer Eingriffe
durchdieAufsichtsbehördenverliertbeizunehmenderAnzahlvonProblemfällenebenfallsan
Glaubwürdigkeit.135
2) EsmusseinepolitischeSpitzeexistieren–insbesondereaufEbenederMinisterien(vorwie-
genddes Innenministeriums)–, diedenAufsichtsbehördenbei schwierigenFällenund im
FallevonEingriffenpolitischenRückhaltgewährt.136
3) LandesseitigfestzulegendeRechtsregelungenmüssensoausgestaltetsein,dasseinEingreifen
derAufsichtsbehördenoderdieDrohungmiteinemEingreifenimVorfelddurchgesetzliche
133 Sachverständigenrat2012,S.219.134 Vgl.SächsischerRechnungshof2006.135 HoltkampdiagnostizierteinederartigeSituationfürNordrhein-Westfalen.Vgl.Holtkamp2010,S.61f.136 Eine bekannte Widerstandsstrategie der Kommunen gegen Eingriffe der Aufsicht ist die parteipolitische Mobilisierung von
LandtagsabgeordnetenundRegierungsmitgliedern.Vgl.ebd.,S.79f.
145Teil VI: Kommunalverschuldung
Grundlagenunterlegtist.137Esistnotwendig,dassEingriffenötigenfallsgerichtsfestgerecht-
fertigtwerdenkönnenbzw.glaubwürdigvorgetragenwerdenkönnen.
GeradedieRechtsregelungensindimFlächenländervergleichhöchstheterogen.138Dasdürfteeine
wesentlicheUrsachefürdasinderFolgeunterschiedlicheAgierenderAufsichtsbehördensein.
Interessantist,dassderbestehendeKassenkreditschuldenstandderKommunenbeimEhrgeizder
LänderzurEtablierungneuerKommunalschuldenschrankenimZugederEinführungdesneuen
HaushaltsrechtsoffenkundigeinegewisseRollegespielthat:IndenjenigenLändern,beidenen
derKassenkreditschuldenstandeinebeachtlicheHöheerreichthat,wurdentendenziellweniger
restriktiveSchuldengrenzenbeiEtablierungdesneuenHaushaltsrechtseingeführt.139
BeidenRechtsregelungenzurKassenkreditaufnahmegibteseineerstaunlicheHeterogenitätzwi-
schendenLändern.DieUnterschiedebeginnenbereitsbeidenverwendetenBegrifflichkeiten.Im
ZugederEinführungdesneuenkommunalenHaushaltsrechtshabeneinzelneLänderKassenkre-
diteumgetauftinLiquiditätskrediteoderKreditezurSicherungderZahlungsfähigkeit.Fürden
länderübergreifendenAustauschzurStrategieentwicklunginBezugaufdienotwendigeRückfüh-
rung hoher Kassenkreditniveaus sind die heterogenen Termini hinderlich. Insofern wäre eine
sprachlicheBereinigunggeboten–esgibtkeinerleiNotwendigkeit,KassenkreditevonLandzu
Landunterschiedlichzubetiteln.140
Indenvergangenen Jahren sinddiekommunalenKassenkreditbestände lediglich in einzelnen
Ländernstetiggestiegen.Esistvorhersehbar,dassdieseEntwicklungauchvondengesetzlichen
Möglichkeitendeterminiertwird,welchedieSchuldenaufnahmeimDetailregeln:Beistrengeren
RegelnsinktdieWahrscheinlichkeiteinesrapidenKassenkreditwachstums.141Dieüberwiegende
MehrzahlderFlächenländerkenntaufeinererstenStufeeineeinheitlichegesetzlicheBegrenzung
derKassenkreditaufnahme.NachihrdürfenKassenkreditenurbiszudeminderHaushaltssat-
zungfestgelegtenHöchstbetragaufgenommenwerden.Zudemdürfensienurdannbiszudieser
Höheaufgenommenwerden,wennkeineanderenMittel (fürdieKasse)zurVerfügungstehen.
DieseBeschränkungderKassenkrediteistallerdingsnureineschwacheGrenze.DieFestlegung
desHöchstbetrageshängtvondenEntscheidungenderVerantwortlichenindenjeweiligenKom-
munenabundhatdaherallenfallsdenCharaktereinerfreiwilligenSelbstbegrenzung.
DaherhabeninsbesonderedieheutegeringeKassenkreditniveausaufweisendenLänder,nament-
lich Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Thüringen, weitere Schranken im Kontext der
Kassenkreditaufnahmeetabliert.DanebenhabenauchdieLänderNiedersachsenundMecklen-
burg-Vorpommern, beides Länder mit zumindest mancherorts größeren kommunalen Kassen-
kreditniveaus, denMut aufgebracht, ebenfalls restriktiveKassenkreditschuldenbremsenaufzu-
stellen.NachdiesenschärferenRegelnsollendieHöchstbeträgederKassenkreditebestimmtean
Finanz-bzw.ErgebnishaushaltspositionenangelehnteProzentgrenzennichtüberschreiten,wobei
137 Herrmann argumentiert, dass die Aufhebung der Genehmigungsbedürftigkeit von Kassenkrediten in einzelnen LändernvermutlicheineUrsachefürderenWachstuminderjüngerenVergangenheitist.Vgl.Herrmann2011,S.14f.
138 Das kommunale Haushaltsrecht einschließlich der Schuldenbremsen ist Landesrecht. Ein Vergleich kommunaler Schulden-bremsenzwischen1990und2009findetsichbeiGeißler2009.
139 Vgl.Gnädinger/Grieger2009,S.265ff.140 Vgl.ebd.,S.266.141 Vgl.Holler2012.
146 Teil VI: Kommunalverschuldung
indenmeistenFällenbeieinerÜberschreitungeineGenehmigungderAufsichtsbehördenotwen-
digwird.FlankierendwirdineinigenLändernimRechtnocheinmalexplizitaufdenKurzfristcha-
rakter der Kassenkredite hingewiesen.142 Beim Kassenkreditkrisentrio, Nordrhein-Westfalen,
Rheinland-PfalzunddemSaarland,findensichbisdatokeinerestriktivenKassenkreditbremsen.
VordemHintergrundderbestehendengesetzlichenRegelungendürftesichabzeichnen,dasssich
indiesenLänderndasKassenkreditwachstumfortsetzt.
Bemerkenswert istdemgegenüberdieEntwicklung inHessen. IndiesemFlächenlandsinddie
KassenkreditniveausinderjüngerenVergangenheitebenfallsrasantgestiegen–zuletztauchim
Jahr2011.DaraufhinhatderLandtagdieeinstigeGenehmigungspflichtfürKassenkredite(wieder)
eingeführt.InderBegründungzudieserGesetzesinitiative143wirdangeführt,dassdiehessischen
KommunennachdemSaarland,Rheinland-PfalzundNordrhein-WestfalendashöchsteNiveauder
Kassenkrediteaufweisen.DahersolledieFestsetzungdesHöchstbetragesderKassenkredite,mit
denendieKommunedierechtzeitigeLeistungderAuszahlungensicherstellenkönne,wiederder
GenehmigungdurchdieAufsichtsbehördeunterliegen.Damit,sodieBegründungweiter,solledas
InstrumentariumderAufsichtsbehörde,dieKommunedabeizuunterstützen,diefinanzielleLeis-
tungsfähigkeitzuerhaltenbzw.zurückzugewinnen,umeinwirksamesModulerweitertwerden,
wasnachdemAusmaßderkumuliertenFehlbeträgederKommunendringendgebotensei.
6.2 Gesetzliche Investitionskreditschuldenbremsen
Während die kommunalen Kassenkredite selbst in den vergangenen fünf Jahren permanent
gewachsensind,konntendieInvestitionskredite144zumindestindenwirtschaftlichgutenJahren
temporär reduziert werden. Es ist insofern davon auszugehen, dass die Regelungen zu ihrer
Begrenzungzumindestbessergeeignetsind,einstetigesWachstumzubegrenzen,alsdasfürden
BereichderKassenkreditederFallist.TrotzdemstellenInvestitionskrediteheuteimPortfolioder
VerbindlichkeitenderGemeindenundGemeindeverbändedieumfangreichsteKategoriedar.Im
Gegensatz zu Kassenkrediten sind Investitionskredite allerdings durch materiell geschaffene
Wertegedeckt.IhnenstehenzuweilenauchErträgeausdemfinanziertenInvestitionsprojekt,etwa
Gebühreneinnahmen, gegenüber; insofern ist ihre Existenz im Grundsatz weniger kritisch zu
betrachten,alsdasbeidenKassenkreditenderFallist.Trotzdemkönnenauchkreditfinanzierte
InvestitionenFolgenprovozieren,diefürdieKommunalhaushaltelangfristigschädlichsind(Fol-
gekostenproblematik).
Alle Flächenländer kennen Begrenzungsregelungen für die Investitionskreditaufnahme ihrer
Kommunen.SoferndieentsprechendenRegelungenmitdemGenerationengerechtigkeitsprinzip
abgestimmtsind(s.insbesondereTeilVII),dienensiedemSchutzderbetreffendenKommunen
undsindinsofernzumindestgrundsätzlichalskommunalfreundlichzuqualifizieren.Siebewah-
142 Vgl.dazuimDetailGnädinger2011,S.72ff.143 Vgl.HessischerLandtag2011,S.39.144 Der Terminus Investitionskredit wird nicht in allen Ländern verwendet. Zuweilen wird im jeweiligen Haushaltsrecht von
Krediten,KreditenfürInvestitionenundInvestitionsförderungsmaßnahmenodervonKreditenfürInvestitionengesprochen.Eine sachliche Notwendigkeit für die Vielfalt der verwendeten Begriffe gibt es nicht. Im länderübergreifenden Dialog zumnotwendigenSchuldenabbauistdiesprachlicheVielfalteherhinderlich,weshalbeinebegrifflicheHygienevonVorteilwäre.
147Teil VI: Kommunalverschuldung
ren Kommunen vor einer (selbstverursachten) finanziellen Handlungsunfähigkeit – das gilt,
soferndieRegelnseitensderAufsichtsbehördenmitKonsequenzdurchgesetztwerden.
AufeinererstenStufeentsprechensichdieRechtsregelungen.InallenGesetzestextenfindensich
unter der Überschrift „Grundsätze zur Erzielung von Erträgen und Einzahlungen“, teils unter
anderemTitel,BestimmungenfürdiekommunaleKreditaufnahme.NachihnendürfenKommu-
nenKreditenurdannaufnehmen,wenneineandereFinanzierungnichtmöglich istoderwirt-
schaftlichunzweckmäßigwäre–damitkommtderInvestitionskreditaufnahmeeinenachrangige
Bedeutungzu.145
AufeinerzweitenEbenebeschränkenalleFlächenländerdiekommunaleKreditaufnahme,indem
siedenVerwendungszweckeinengen.SodürfenKrediteinderRegelnurfürInvestitionen,Inves-
titionsförderungsmaßnahmenundzurUmschuldungaufgenommenwerden.ÜberdieVerknüp-
fungvonKreditenmitdeminvestivenVerwendungszweckwirddeutlich,anwelchenStellenein
VersagenderKreditgenehmigungspürbarwird.EinNeinkannzueinemRückgangderInvestitio-
nenführen,wennkeinealternativenFinanzierungsmittelhierfürzurVerfügungstehen.Diever-
gleichsweiseniedrigenkommunalenPro-Kopf-BauausgabendesJahres2011(s.TeilII)indenauf
kommunalerEbenehochverschuldetenLändernSaarlandundNordrhein-Westfalendürftensich
zumindestteilweisedamiterklären,dassKreditgenehmigungen(geradeimBereichderfreiwilli-
genAufgabenerledigung)versagtwerdenoderbeientsprechendenAnliegenversagtwürden.Die
Kreditschuldenbremseistdamitgeeignet,einenichtmitderLeistungsfähigkeitinEinklangste-
hendeVerschuldungfürInvestitionenzuverhindern.GleichwohlkanndieRegelungnichtverhin-
dern,dassdiefinanzielleLeistungsfähigkeitdeshalbgefährdetist,weilandereAusgabenzuhoch
sindoderdieKommuneaufdieGenerierungvonEinnahmepotentialenverzichtet.DieUrsacheder
finanziellenLeistungsfähigkeitwirdinsoferndurchdasVersagenderKreditgenehmigungnicht
notwendigerweisebeseitigt.146
AlsweitereSchrankesehennahezualleFlächenländerdasInstitutderGesamtgenehmigungvor.
NachdiesemistderGesamtbetragderKreditefürInvestitionenundInvestitionsförderungsmaß-
nahmenimRahmenderHaushaltssatzungdurchdieAufsichtzugenehmigen.DieGenehmigung
wiederumsoll/kannunterdemGesichtspunkteinergeordnetenHaushaltswirtschafterteiltoder
versagtwerden.SieistinderRegelzuversagen,wenndieKreditverpflichtungenmitderdauern-
denLeistungsfähigkeitderKommunenichtimEinklangstehenbzw.diesegefährden.Weiterhin
kanndieGenehmigungunterBedingungenundAuflagenerteiltwerden.Sohomogenjedochdie
einzelnenRechtsregelungenzurGesamtgenehmigungaufdenerstenBlickklingen:Siesindes
nichtimDetail.Beider„dauerhaftenfinanziellenLeistungsfähigkeit“handeltessichumeinen
unbestimmtenRechtsbegriff,dereinerInterpretationbedarf.AnebendieserStellegibtesUnter-
schiede.EinemitderinterperiodischenGerechtigkeitabgestimmteKreditschuldenbremsemüsste
dieKreditaufnahmeimRegelfallversagen,wenndieausdenKreditenresultierendenZinsaufwen-
145 Vgl.Baus2004,S.22.146 Holtkamp diagnostiziert eine ähnliche Situation für das nordrhein-westfälische Nothaushaltsrecht. Es konzentriert sich
insbesondereaufdieInvestitionen.DasistfürdieKommunenschmerzlich,weilsiekeineneuenImpulsesetzenkönnen.DietradierteKostenstrukturbeiden laufendenKostenkanndieAufsichtallerdingsnichtdirektbeeinflussen.DamitkönnendiebetroffenenKommunenihrPersonalundihrebereitsgeschaffeneInfrastrukturweitgehendkonservieren.Vgl.Holtkamp2010,S.61f.
148 Teil VI: Kommunalverschuldung
dungendazuführen,dassdasordentlicheErgebnisnichtausgeglichenwerdenkann.147Dahinge-
hendeBestimmungenzueinerKonkretisierungderdauerhaftenfinanziellenLeistungsfähigkeit
findensichallerdingsnurvereinzeltindenVerwaltungsvorschriftenderLänder;indenmeisten
Fällen bleibt eine nähere Definition der dauerhaften finanziellen Leistungsfähigkeit aus oder
unkonkret.NebenderGesamtgenehmigungsehennahezualleLänderfürdieKreditaufnahmedas
InstitutderEinzelgenehmigungvor.NachdiesembedürfenselbstbeiErteilungderGesamtgeneh-
migungKrediteinbestimmtenFällenderEinzelgenehmigung.148
6.3 Geldschuldenbremsen aus kommunaler Eigeninitiative
EinzelneKommunenhabenüberdiejeweiligengesetzlichenBestimmungenhinauseigeneKom-
munalschuldenbegrenzungsregelungen etabliert. Sie haben den Charakter einer freiwilligen
Selbstbegrenzung.GrundsätzlichstehtesderkommunalenVertretungskörperschaftimZugeder
jährlichenEtatberatungenfrei,dieeigeneSchuldenpolitikrestriktiverenMaßgabenfolgenzulas-
sen,alsesdieLandesgesetzevorsehen.EinesatzungsmäßigeSelbstbegrenzung,z.B.imRahmen
derHauptsatzungodereinereigenenNachhaltigkeitssatzung,bringtdarüberhinausallerdings
zumAusdruck,dassdieVertretungskörperschaftnichtnurimaktuellenHaushaltsjahr,sondern
auchfürdieFolgejahreeineschuldenbegrenzendePolitikfavorisiert.
InsgesamtdreideutscheGroßstädtehabenaktuellentsprechendeSchuldenbegrenzungsregelungen
inihrerHauptsatzungetabliert.DieRegelungenhabenimWesentlichendasZiel,dieGlaubwürdig-
keitundSelbstbindungderPolitikzuerhöhen.DasZielderSchuldenbegrenzungrücktdaneben
stärker in den Fokus der interessierten Öffentlichkeit. Bekannt sind die schuldenbegrenzenden
HauptsatzungsregelungenderStädteMannheim,JenaundDresden.Sobestimmtdiebaden-würt-
tembergischeGroßstadtMannheimin§2Abs.3ihrerHauptsatzung,149dassderHaushaltsplanund
dieFinanzplanungkeineNettoneuverschuldungenthaltendürfen.EineKreditaufnahmeistmaximal
biszurHöhederordentlichenTilgungzulässig,wennderHaushaltsausgleichnichtaufandereWeise
erreichtwird.HiervonkannbeieinerextremenHaushaltslageabgewichenwerden,diederGemein-
deratfeststellt.EinederartigeHaushaltslageliegtnachderSatzungsdefinitionvor,wenngegenüber
demSchnittderletztenvierHaushaltsjahreperSaldoerhebliche(imSinnevon§82Abs.2Nr.1
GemO),nichtdurchdieStadtMannheimsteuerbareEinnahmerückgängeundAusgabesteigerungen
bestehen,dienichtdurchandereMaßnahmenausgeglichenwerdenkönnen.
DiethüringischeGroßstadtJenahatin§6aihrerHauptsatzung150einNeuverschuldungsverbotfür
denKernhaushaltunddieEigenbetriebefestgeschrieben.Indiesemheißtes,dassdieStadtJena
undihreEigenbetriebekeineweiterenVerbindlichkeitengegenüberKreditinstitutenaufnehmen.
Ausgenommen von diesem Neuverschuldungsverbot sind Kreditaufnahmen im Rahmen von
Umschuldungen, Kreditaufnahmen zur Finanzierung gewerblicher Investitionen sowie Kassen-
kreditezurAufrechterhaltungderLiquidität.
147 Vgl.Gnädinger/Hilgers2010,S.191.148 Vgl.dazuimDetailGnädinger2011,S.75ff.149 Vgl.StadtMannheim2009.150 Vgl.StadtJena2010.
149Teil VI: Kommunalverschuldung
EinepolitischeSelbstbegrenzunghat auchdie sächsischeLandeshauptstadtDresdenmit ihrer
Schuldenbegrenzungsregelunggeschaffen.151Sieistin§7Abs.7derHauptsatzung152festgeschrie-
ben.NachihrhatderStadtratdenHaushaltsplanunddieFinanzplanungohneKreditesowohlim
Verwaltungshaushalt als auch im Vermögenshaushalt auszugleichen. Eine Verschuldung ist
grundsätzlichunzulässig.EineAusnahmeistnurzulässigzurVorfinanzierungvonFördermitteln,
soweiteinerechtsverbindlicheFördermittelzusagevorliegtunddieFinanzierungskostendesKre-
ditesvomFördermittelgeberübernommenwerden.
Die baden-württembergische Mittelstadt Hockenheim hat keine Änderung ihrer Hauptsatzung
zwecksEtablierungeinerSchuldenbegrenzungsregelvorgenommen.SiehatmitderErarbeitung
einerNachhaltigkeitssatzung153einenanderenWegeingeschlagen.DerAntragzudieserSatzung
wurdeseitensmehrererFraktioneneingereicht.154NebeneinerRegelungzuungeplantenMehr-
einnahmen enthält die Nachhaltigkeitssatzung der Stadt als Kerninhalt eine Verschuldungs-
bremse.NachihrsollenderHaushaltsplanunddieFinanzplanungkeineNettoneuverschuldung
enthalten.EineKreditaufnahmeistmaximalbiszurHöhederordentlichenTilgungzulässig,wenn
derHaushaltsausgleichnichtaufandereWeiseerreichtwird.Hiervonkannlediglichbeieinerext-
remenHaushaltslageabgewichenwerden,diederGemeinderatfeststellt;dieseliegtnachderSat-
zungdannvor,wenngegenüberdemSchnittderletztenvierHaushaltsjahreperSaldoerhebliche,
nicht durch die Stadt steuerbare Einnahmerückgänge und Ausgabesteigerungen bestehen, die
nichtdurchandereMaßnahmenausgeglichenwerdenkönnen.
Zum1.Januar2013tratebenfallsindernordrhein-westfälischenMittelstadtDorsteneineNachhal-
tigkeitssatzunginKraft.155InderPräambelderSatzungwirdformuliert,dassdieHaushaltswirt-
schaftdernächstenZeitzumAbbauderLiquiditätskrediteundzurBeseitigungderbilanziellen
ÜberschuldungunabhängigvondenindenHaushaltsplänendesjeweiligenJahresfestgelegten
Bewirtschaftungsregeln nach den in dieser Satzung niedergeschriebenen Grundsätzen geführt
wird,solangedieStadtDorstennochLiquiditätskreditehatoderdieRealsteuerhebesätzeummehr
als25ProzentüberdemLandesdurchschnittliegen.In§7enthältdieNachhaltigkeitssatzungder
StadtDorsteneineRegelfürKreditaufnahmenfürInvestitionen.NachihrsindKreditaufnahmen
zurFinanzierungvonInvestitionenindenAufgabenbereichen,dieüblicherweisedurchkostende-
ckendeGebührengedecktwerden (Gebührenhaushalte), zulässig.Kreditaufnahmen für andere
Investitionensindhingegenunzulässig.SiekönnenallerdingsimRahmenderjährlichzuerlas-
sendenHaushaltssatzungprojektbezogenausnahmsweisezugelassenwerden,wenneinesderfol-
gendenKriterienerfülltist:DieNotwendigkeitzurInvestitionergibtsichausgesetzlichenodervor
ErlassderNachhaltigkeitssatzungentstandenenvertraglichenVerpflichtungenundkannander-
weitignichtfinanziertwerden.IndiesemFallsindzuvordieverfügbarenEigenmitteleinzusetzen,
undEigenmitteldürfenindiesemFalleebenfallsnichtfürInvestitionenverwendetwerden,die
nicht aus gesetzlichen Verpflichtungen herrühren. Zweitens sind Kreditaufnahmen zulässig,
wennmitderInvestitioneineEntlastungerzieltwird,diesichauseinernachbetriebswirtschaft-
151 Diese Schuldengrenze muss im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Verkauf der Wohnungsbaugesellschaft betrachtetwerden.Vgl.Geißler2011,S.189ff.
152 Vgl.StadtDresden2009.153 Vgl.StadtHockenheim2012.154 Vgl.Gelb2012,S.94.155 Vgl.StadtDorsten2012.
150 Teil VI: Kommunalverschuldung
lichenGrundsätzenerstelltenFolgekostenberechnungergibt.InsgesamtdientdieNachhaltigkeits-
satzungderDurchsetzungeinesHaushaltssanierungsplansmitdemZieldesHaushaltsausgleichs.
Sosindinsbesonderenach§1Abs.4Haushaltssanierungsmaßnahmen,dienichtumsetzbarsind,
zwingendundfrühzeitigdurchandereMaßnahmenzuersetzen,wennansonstenderHaushalts-
ausgleichgefährdetist.
7 Kommunale Schuldenillusion
DasPhänomenderSchuldenillusionbeschreibteinenErklärungsansatzfürdieExistenz(und
dasWachstum)vonöffentlichenGeldschulden.Es resultiert imkommunalenRaumzunächst
daraus,dassEinwohnereinerseitskommunaleLeistungsbündelfordern,andererseitsabernicht
imgleichenMaßebereitsind,AbgabenfürdieBereitstellungdieserLeistungenzuentrichten.
DieWählerunterliegenderIllusion,dasssieeinerseitsvonderschuldenfinanziertenkommuna-
lenAufgabenwahrnehmungprofitierenkönnen,ohneandererseitseinenentsprechendenBei-
tragfürdieFinanzierungleistenzumüssen(Schuldenillusion).HierdurchentstehteineÜber-
nachfragenachkommunalenLeistungen,weilderPreisniedrigerwahrgenommenwird,alser
tatsächlichist,dadieKostenderLeistungüberdieVerschuldungindieZukunftverschobenwer-
den. Da allgemein seitens einzelner Kommunalpolitiker das eigennutzorientierte Interesse
angenommenwerdenkann,beidernächstenWahlwiedergewähltzuwerden,bestehtdieVersu-
chung,AufgabenwünscheinquantitativerundqualitativerHinsichtzubefriedigenundgleich-
zeitigdieAbgabenlastzuverbergen.156DieVerschleierungderAbgabenbelastungerfolgtüber
eineschuldenfinanzierteBereitstellungkommunalerLeistungen.BeianderenKommunalpoliti-
kern wiederum paart sich dieses Vorgehen mit Unwissen über die tatsächlichen Folgen der
Geldverschuldung.
DietatsächlicheSchuldenfinanzierungkannzurAnwendungkommen,daWählerundzuweilen
auchKommunalpolitikerselbst inderRegelunzureichendüberdieVerknüpfungvonheutigen
GeldschuldenmitkünftigenAbgabenerhöhungen(GeldschuldenvonheutesinddieSteuernvon
morgen)bzw.EinschränkungendeskommunalenLeistungsangebotsinformiertsind.DieWähler
undTeilederKommunalpolitikunterliegenfolglicheinerSchuldenillusion,alsoderfehlerhaften
Wahrnehmung,heuteaufgenommeneSchuldenwürdennichtzuspäterenAbgabenerhöhungen
bzw.Leistungskürzungenführen.
ImKontextderdeutschenKommunenkanndieExistenzdesPhänomensderSchuldenillusion
anhanddertatsächlichenZahleneindrucksvollnachvollzogenwerden.157VergleichtmandieEnt-
wicklungderGeldschulden(Kreditmarktschulden,SchuldenbeiöffentlichenHaushaltenundKas-
senverstärkungskredite)derGemeindenundGemeindeverbändeinden13Flächenländernüber
dengesamtenZeitraumseitderWiedervereinigungvon1990biszumJahr2009imSinneeiner
Totalbetrachtung mit den kumulierten Zinszahlungen für den gleichen Zeitraum (Abb. 50), so
zeigtsichFolgendes:DiekumuliertenZinsausgabenimZeitraum1990bis2009erreichennahezu
156 EmpirischeUntersuchungenzeigenauf,dassdieBürgerdieseRationalitätnichtteilen.Vgl.Geißler2013.157 Herrmann argumentiert, dass ebenfalls der Rechnungsstil der Kameralistik der verstärkten Aufnahme kommunaler
KassenkrediteVorschubgeleistethat,weilereineSchuldenillusionbegünstigt.Vgl.Herrmann2011,S.2f.
151Teil VI: Kommunalverschuldung
dasNiveaudergesamtenkommunalenSchulden.LetztereliegenbereitszuBetrachtungsbeginn
imJahr1990bei64.705Mio.Euro.LediglichinvierJahrendesbetrachtetenGesamtzeitraumes
liegendiejährlichenZinsausgabenunterdemNiveauderNeuverschuldung;inallenanderenJah-
rensinddiejährlichenZahlungenfürZinsenhöheralsdieNeuverschuldungdesentsprechenden
Jahres–unddas,obwohldieZinssätzeinderjüngstenVergangenheitsehrniedrigeNiveausaus-
wiesen.Dasbedeutet,dassdiekommunaleEbeneohneZinszahlungeninderMehrzahlderJahre
vollständigaufeineNeuverschuldunghätteverzichtenkönnen.Einzigaufgrundderexistenten
VerschuldungmüssenneueGeldschuldenaufgenommenwerden,diewiederumzuweiterenZin-
senführen.EineSchuldenspiraleistinGanggesetzt,diesichaussichselbstherausernährt.
Abbildung 50: Gegenüberstellung von Kommunalschulden und Zinsausgaben158 der Kernhaushalte der Kommunen der Flächenländerin Mio. Euro
Zinsausgaben Zinsausgaben kumuliert Schuldenstand* Neuverschuldung kumuliert
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012k: Schulden der öffentlichen Haushalte 2011; die Angaben zu den Zinsen (Gruppierung 800 bis 808) entstammen einem separaten Datenabruf beim Statistischen Bundesamt auf Basis der Rechnungsstatistik kommunaler Haushalte
120.000
100.000
80.000
60.000
40.000
20.000
0
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
* Der Schuldenstand und die damit korrespondierende Neuverschuldung werden an dieser Stelle gebildet, indem die Kreditmarktschulden im weiteren Sinne, die Schulden bei öffentlichen Haushalten und die Kassenverstärkungskredite des betreffenden Jahres addiert werden.
158 FürdasJahr1990könnenlediglichdieZinsausgabenderKommunenindenaltenFlächenländernnachgewiesenwerden.Ab1991werdendieZinsausgabenallerKommunender13Flächenländerangezeigt(Tab.24desAnhangs).
152 Teil VI: Kommunalverschuldung
DieVerschuldung/NeuverschuldungdientfaktischnichtmehrzurFinanzierungöffentlicherAuf-
gaben, sondern ausschließlich zurFinanzierungderZinsen.Dasbedeutet inderKonsequenz
eineöffentlicheSubventionierungdesKapitalmarktesdurchdieKommunen.Fürdaskommunale
LeistungsvermögenhatdiePolitikdernahezupermanentenNeuverschuldungnichtsgebracht.
DenBürgernsindkeineVorteiledarauserwachsen:DieNeuverschuldungspolitikinderbetrach-
tetenPeriodehatkeineswegsinHöhederaufgenommenenKrediteundKassenkreditezuneuen
kommunalen Leistungen geführt. Hierzu müssten die jährlichen Netto-Krediteinnahmen über
denjeweiligenZinszahlungenliegen.DasistallerdingsnurinwenigenJahrenderFall.Von1990
bis2008habendieGemeindenundGemeindeverbändeinihrenKernhaushaltenneueKredite
undKassenkredite(Neuverschuldung)inHöhevon50.717Mio.EurozurFinanzierungdesHaus-
haltesaufgenommen.IndergleichenZeithabendieKommunenallerdingsfürebendieseneuen
Geldschuldenundfürdiebereitsvor1990bestehendenSchulden103.880Mio.EurofürZinsen
ausgegeben.Dasheißt,dassvondenGeldschuldeneinnahmennachAbzugderfürsieundfürdie
SchuldeninVorperiodenzuerbringendenZinsausgabenfürdieFinanzierungkommunalerLeis-
tungennichtsübriggebliebenist.ImGegenteil:DiekumuliertenZinszahlungensindmehrals
doppeltsohochwiediedurchneueGeldschuldenimZeitraum1990bis2009generiertenMit-
tel.159
Unbeachtetbleibtdabei,dasseineSubventionierungdesKapitalmarktesdurchdieKommunen
unddamitletztlichdurchdieSteuerzahlerkeineöffentlicheAufgabepersedarstellt.DieProble-
matikliegtabernichtnurimFehleneineröffentlichenAufgabenwahrnehmung,sondernauchim
MangelmateriellerEntscheidungsmöglichkeitenderamtierendendemokratischlegitimiertenEnt-
scheidungsträgervorOrt:DennüberdiefürdieGeldschuldenzuzahlendenZinsenkanninder
kommunalen Vertretungskörperschaft im Entstehungsprozess des Haushaltsplans nicht mehr
entschiedenwerden.DieZinszahlungen sindalternativlos– sie stellen eine zu akzeptierende,
externvomKapitalmarktvorgegebeneGrößedar.160
InsgesamtbegründetsichausdemgegenwärtigexistierendenPhänomenderSchuldenillusiondie
NotwendigkeitzurÜberarbeitungdervorhandenenGeldschuldenbremsen.161Gegenwärtigscheint
von den etablierten Regeln kein ausreichender Anreiz auszugehen, um das fast permanente
WachstumderKommunalschuldenzuverhindern.DieEinwohnerundTeilederKommunalpolitik
unterliegeneinerSchuldenillusion– eine erneuerteRegelungmussdieAnreize soverändern,
dassnichtseitensder(inTeileneigennutzorientierten)Kommunalpolitikkurzfristigeschulden-
finanzierteLeistungsverbesserungenhöherbewertetwerdenalsdamitverbundeneBelastungen
inderZukunft.
159 EineähnlicheBetrachtungnimmtdasInstitutfürdenöffentlichenSektorfürdenGesamtstaatundbeiBetrachtungderPeriode1950bis2008vor.DieBerechnungen führenzudemSchluss,dassderStaat fast ohneNeuverschuldungunddiedafür zuzahlendenZinsendieLeistungenhättefinanzierenkönnen,dieer tatsächlicherbrachthat.Vgl. Institut fürdenöffentlichenSektore.V.2011,S.10f.
160 ZueinemanalogenBefundkommtBudäusfürdieMehrzahlderBundesländer.Vgl.Budäus2012.161 DarüberhinausmussauchdieAufgaben-undFinanzverteilungimBundesstaat,alsozwischenBund,LändernundKommunen
berücksichtigtwerden.
153Teil VI: Kommunalverschuldung
8 Demokratiefeindlichkeit kommunaler Verschuldungsregime
FürdieEbenevoneinzelnenStaatenwirdseitensderForschung162regelmäßignachgewiesen,
dasspolitischeErblasteneinenbeträchtlichenTeilderstaatlichenSteuereinnahmenverschlin-
gen;ausdiesemZusammenhangentstehtfürParlamenteundRegierungeneinProblem„fiskali-
scherDemokratie“.FürdiekommunaleEbene(alsTeilundhierarchischunterstesGlieddesStaa-
tes) sollte dieser Zusammenhang ebenfalls gelten. Die besondere Dramatik derartiger
Entwicklungen ist, dass gerade im kommunalen Raum, mithin vor Ort in den Städten und
Gemeinden, Demokratie für die Einwohner am unmittelbarsten erlebbar ist. Kommunen sind
eineKeimzellederDemokratie.DieräumlicheNähezwischenBürgernundkommunalenEnt-
scheidungsträgernforciertdieErwartung,dassBürgerstärker inpolitischeEntscheidungspro-
zesseeinbezogenwerden.OhneHandlungs-undHaushaltsspielräumemachtdieseMitbestim-
mung allerdings keinen Sinn.163 Fehlentwicklungen auf kommunaler Ebene dürften darüber
hinauseinestarkeSogwirkungaufdenGesamtstaatbewirken.Politik,mithinauchdieKommu-
nalpolitik,istohneausreichendefinanzielleRessourcennichtmöglich–zumindestdann,wenn
siesichfernabvondersymbolischenInszenierungvonNichtigkeitenaufderOberflächeunan-
tastbarerSachzwängebewegt.InderjüngerenVergangenheitwurdeinhochverschuldetenKom-
munenundRegionen jedochzunehmendvorgetragen,dasskommunaleSelbstverwaltungauf-
grundmangelnderRessourcenschwierigerwerde.164DasistmitnegativenBegleiterscheinungen
fürdiekommunaleDemokratieverbunden.
DasgegenwärtigeFinanzsystemzeichnet sichdurcheinenhohenGradderFremdbestimmung
kommunalerFinanzenaus.Dasgiltsowohl fürdieErtrags-alsauch fürdieAufwandsseite.So
bestimmtdieStaatsebeneüberwesentlicheSteuerertragspositionen,etwaimBereichderEinkom-
mensteuer-undUmsatzsteuergesetzgebungoderüberdieFinanzausgleichsysteme.DasGleiche
gilt fürdieAufgaben,beispielsweise imSozialbereich.ZahlreicheAufgabensindpflichtigoder
habennur inTeilen einengestaltbarenKern; sie sind zumeist durch staatlicheGesetze vorbe-
stimmt.DieÜbernahmeechterfreiwilligerAufgabenisthingegeninquantitativerHinsichtfürdie
MehrzahlderKommunalhaushaltenichtprägend.LediglicheinTeilderkommunalenAufgaben
bzw.derErtrags-undAufwandspositionenisttatsächlichdisponibel.
Einehohe,zunehmendeVerschuldungführtceterisparibusundindemFalle,dassdiedurchsie
finanzierteInvestition/AufgabenichtinbetriebswirtschaftlichemSinnezueinerVerbesserungder
Haushaltssituationführt,zueinerZunahmedesAnteilsnichtdisponiblerAufwendungenanden
allgemeinenDeckungsmitteln.DassetzteineSpiraleinGang,dielangfristigzueinerAushöhlung
derörtlichenDemokratieführt(Abb.51).BeizunehmenderVerschuldungmüssenimmermehr
MittelfürdenSchuldendienst(ZinsundTilgung)aufgewendetwerden–auchwenndaskurzfris-
tigaufgrundsinkenderZinsniveausandersseinkann.DieZins-undTilgungszahlungenberuhen
aufeinemrechtlichenAnspruchderGläubiger,dernichteinseitigaufgehobenwerdenkann.All-
gemeineDeckungsmittelsindgebundenundstehennichtfürneugewählteZwecke(diskretionäre
162 Vgl.exemplarischStreeck/Mertens2010a,S.3ff.,undStreeck/Mertens2010b.163 Vgl.Holtkamp2010,S.9f.164 Vgl.exemplarischHäusler/Häusler2012,S.21ff.,undWieland2010,S.29f.
154 Teil VI: Kommunalverschuldung
Aufgaben) bereit. Haushaltsdefizite und die regelmäßig notwendige neue Schuldenaufnahme
erhöhendielaufendenAufwendungen,alsofüreineKategorievongebundenenAuszahlungenan
dieGläubigerderKommunen.IhreBedienunghatVorrangvorallenanderenpolitischenVerpflich-
tungen.VerschlingenschuldeninduziertekommunalpolitischeErblasteneinenbeträchtlichenund
weiterzunehmendenTeilderkommunalenDeckungsmittel,entstehtfürdieVertretungskörper-
schaften insofern auf langeSicht einLegitimationsproblem.DerkommunalpolitischeEntschei-
dungsspielraumreduziertsich.
Quelle: Eigene Darstellung
Abbildung 51: Folgen kommunaler Verschuldung
ZunehmendeVerschuldung
Vertrauen derWähler in
Gestaltungs-kraft der Politik
sinkt
Höherer Anteilnicht disponibler
Aufwendungen anallg. Deckungs-
mitteln
Reduzierungdes kommunal-
politischenGestaltungs-spielraumes
Abwendungder Einwohner
von derKommunalpolitik
Bereitschaftzur Entrichtungvon Abgaben
(Steuern) sinkt
InderSummeschränkendiedurchdieVerschuldungverursachten,rigiderwerdendenöffent-
lichenFinanzendiefinanziellenunddamitpolitischenMöglichkeitenderKommunenimmer
weiterein.WodasderFall ist,gerätdiedemokratischeLegitimitätderKommunenbzw.der
gewähltenVertreterunterDruck.DerÜbergangzueinemderartigenfiskalischenRegimeund
dermitihmeinhergehendeRückgangderpolitischenHandlungsfähigkeitderKommunenvoll-
ziehensichimRegelfallschleichend–alslangfristigerTrend.Neue,gesellschaftlichalswich-
tig erachtete Aufgaben können unter solchen Bedingungen kaum mehr angepackt werden.
KommunalpolitikreduziertsichaufdiemehroderwenigereffizienteBedienungoderAbwick-
lungererbterAnsprücheauseinervergangenenEpocheeinesaktiven,gestaltendenInterventi-
onismus.
155Teil VI: Kommunalverschuldung
Damitgehteinher,dassdieAbgabenbelastungderEinwohnerstetigmitdenBelastungenausder
zunehmenden Verschuldung steigt. Gleichzeitig sinken aber ggf. die angebotenen Leistungen,
oder sieverharrenaufkonstantemNiveau.ZusätzlicheSteuererträgekönnennichtmehrohne
WeiteresmitverbessertenLeistungenvergoltenwerden,sondernwerdenzurbloßenErhaltung
desbestehendenLeistungsniveausodergarnurnochzurAbzahlungvonSchuldengebraucht,also
zurBezahlungvonLeistungen,dielängstkonsumiertwordensind.DieserZusammenhangführt
imRegelfalldazu,dassauchdieBereitschaftderEinwohnerzurEntrichtungvonAbgaben(Steu-
ern)sinkt–siemüssenmehrAbgabenbeisinkendem/konstantemLeistungsniveauentrichten.
BeieinerderartigenSpiraleisteswahrscheinlich,dasssichdieBürgerzunehmendvonderKom-
munalpolitikabwenden,weilihreErwartungenanderengestalterischeMöglichkeitenabnehmen.
DasAusbrechenauseinerderartigenSpirale istenormschwierig. InanderenWorten:Hatsich
eineSchuldenspiraleersteinmaletabliert,dannsinddieAussichtengut,dasssiesich laufend
selbststabilisiert.DefiziteverlangenimmerneueSparmaßnahmen,die,auchwennsiesichtat-
sächlichdurchsetzenlassen,kaumausreichen,dieLückezwischenordentlichenAufwendungen
und Erträgen (inklusive Finanzerträgen und -aufwendungen) zu schließen. Steuererhöhungen,
z.B.beidenRealsteuern,alsAlternativesindumsounpopulärer,jemehrsiedazugebrauchtwer-
den,zunächsthistorischgewachsenealteVerbindlichkeitenzubegleichen.
KommunalpolitikmussineinersolchenSituationmitderSchwierigkeitumgehen,inderGegen-
wartvorgenommeneLeistungskürzungenundSteueranpassungenetc. alsVoraussetzungeiner
künftigenRückkehrzueinerGestaltungspolitikerklärenzumüssen.ImErgebnisgehtdieFähig-
keitderPolitik,gestaltendaufgesellschaftlicheProblemlageneinzuwirken,immermehrzurück,
waswiederumdieohnehinabnehmendeBereitschaftderOrtsgemeinschaftverringert,derKom-
mune finanzielle Mittel zuzugestehen. Die Folge ist ein Teufelskreis, in dem die schwindende
HandlungsfähigkeitderKommunedasVertrauenderGesellschaftindieKommunalpolitikunter-
gräbt.WerausdieserSpiraleausbrechenwill,mussgroßeTeilederWählerschaftdafürgewinnen,
sichhöherbesteuernzulassenundgleichzeitigggf.dasLeistungsbündelzukürzen.165Vielerorts
wirddieKommunalpolitikinhochverschuldetenKommunenebendiesenotwendigeKraftnicht
vonselbstaufbringenkönnen.InsofernerscheintdieEtablierungvonSchuldenbegrenzungsrege-
lungenangezeigt,diediesenZustandnötigenfallserzwingen,bevoreszueinertatsächlichentech-
nischenVergeblichkeitsfallekommt,ausdersichdieKommuneselbstunterMobilisierungaller
möglichenAnstrengungennichtmehrbefreienkann.
165 DasVerständnisderBürgerfürdieFolgeproblemekommunalerVerschuldungistdurchausvorhanden.DasBewusstseinfürdieNotwendigkeiteigenerBeiträgeisthingegengeringer.Vgl.BertelsmannStiftung2013.
156 Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
TeilVII:DoppischeKommunalschuldenbremse
Zusammenfassung
• SteigendeöffentlicheSchuldenständeinDeutschlandverdeutlichendieNotwendigkeit,gesetz-
licheSchuldenbremsenzuetablieren.ZwaristeinenachhaltigeHaushaltspolitikauchohne
Schuldenbremsenmöglich;sieistdannjedochvonder–nichtimmervorhandenen–Einsicht
derPolitikabhängig.
• Bund und LänderhabeninzwischeneineerneuerteSchuldenbremseimGrundgesetzverankert.
Ein Grundproblem der staatlichen Schuldenbremse besteht indes aufgrund ihrer kameralen
Konzeption in der fehlenden Ausrichtung am Grundsatz der Generationengerechtigkeit, der
AusblendungwichtigerSchuldenarten(insbesonderederRückstellungen)undderKommunen.
• ZentralerMaßstabzurBeurteilungderGenerationengerechtigkeitistdieFrage,obderRessour-
cenverbraucheinerPeriodedemRessourcenaufkommendieserPeriodeentspricht.Durchihre
Einnahmen-Ausgaben-Sicht vermag die Kameralistik das nicht abzubilden – dies wird erst
durchEinführungderDoppikmöglich.InderDoppikgilthierbeidassogenannteordentliche
ErgebnisalsSaldoderordentlichenErträge(Ressourcenaufkommen)undordentlichenAuf-
wendungen(Ressourcenverbrauch)alsIndikatorzurBeurteilungderGenerationengerechtig-
keitderHaushaltswirtschaft.IstdasordentlicheErgebnisregelmäßignegativ,wirdperDefini-
tionaufKostenkünftigerGenerationengewirtschaftet.
• DerGroßteil der Kommunenhatbereitsbzw.wirdkurz-bismittelfristigdasHaushalts-und
Rechnungswesenvon der Kameralistik auf die Doppikumstellen.DieserUmstandermöglichtes,
aufkommunalerEbeneeineneuedoppischeSchuldenbremseeinzuführen,dieamGrundsatz
derGenerationengerechtigkeitausgerichtetist.
• DieSchuldenbremsebasiertimKernaufdrei Komponenten:erstensderNutzungderDoppik
zur vollständigen Abbildung der finanziellen Verhältnisse einer Kommune, zweitens einer
VerpflichtungzumAusgleich des ordentlichen Ergebnisses,drittensderEinführungeinesauto-
matischen Sanktionsmechanismus (sogenannter Generationenbeitrag) auf Basis der Grund-
steuerBbzw.derGemeindeverbandsumlage.DerGenerationenbeitragstelltalsUltimaRatio
denstetenAusgleichdesordentlichenErgebnissesunddamitdieGenerationengerechtigkeit
derHaushaltspolitiksicher.ZentraleRahmenbedingungfüreinederartigeSchuldenbremseist
dieExistenzfunktionierenderKonnexitätsregeln.
• Dieschuldenbegrenzende WirkungdesModellserwächstausderVerpflichtungzumAusgleich
desordentlichenErgebnisses.DasowohlGeldschulden inFormvonZinsaufwendungenals
auchRückstellungen inFormvonAufwendungenzurRückstellungsbildungEingang indie
KenngrößefindenunddurchErträgegedecktwerdenmüssen,könnenSchulden(Geldschul-
denbzw.Rückstellungen)nurindemMaßeaufgenommenwerden,wiedasordentlicheErgeb-
nisausgeglichenbleibt,d.h.solangedieVerschuldungnichtdazuführt,dassaufKostenkünf-
tigerGenerationengewirtschaftetwird.
157Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
• DieHauptwirkungderdoppischenSchuldenbremsebestehtinderUmkehrung der politischen
RationalitätindenVertretungskörperschaften.DerbisdatobestehendeAnreiz,schuldenfinan-
ziertAusgabenzusteigernbzw.Einnahmenzusenken,wirdumgedreht.DurchdieDrohku-
lissedesGenerationenbeitragsbesteht fortanvielmehr einAnreiz, denHaushaltsausgleich
dauerhaftauseigenerKraftzuerreichen.EinWirtschaftenaufKostenkünftigerGenerationen
wirdpolitischunattraktiv.
Vorbemerkungen
DerFinanzanalyseteilzeigt,dassindenvonderFinanz-undWirtschaftskrisegeprägtenJahren
2009/2010enormeDefiziteimkommunalenRaumentstandensind.ZudemhabenesdieKommu-
nenineinzelnenLändernbereitsvorderFinanzkrisenichtvermocht,Überschüssezurealisieren
–zumindestnichtindemAusmaß,dassdamitderGeldschuldenstandmaßgeblichzurückgeführt
werdenkonnte.166ObgleichsichdieSituationimJahr2011starkverbesserthat,sindinderkom-
munalenFamiliederMehrzahlderLändererneutDefiziteentstanden.FürdienaheZukunftwer-
denzwarwiederkommunaleÜberschüsseprognostiziert,ihrtatsächlichesZustandekommenist
allerdingszumindestmitUnsicherheitenbehaftet.Ebenfallsbleibtoffen,obdieEntspannungin
derFlächestattfindet.
In der breiten Öffentlichkeit werden, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der im europäischen
Umfeld stattfindenden Entwicklungen, anwachsende öffentliche Schuldenbestände zunehmend
mitBesorgniswahrgenommen–geradedeshalbdürfteesauchaufStaatsebenegelungensein,
eineneueSchuldenbremsefürBundundLänderzuetablieren.
Als Schuldenbremsen bezeichnet man allgemein Vorschriften im Haushaltsrecht, die auf eine
BegrenzungderVerschuldunghinwirken.AuchdaskommunaleHaushaltsrechtbeinhaltet seit
jeherSchuldenbegrenzungsregelungen.DiesehabenvielerortsjedochnichtdieerhoffteWirkung
entfaltet.ZwargibteseinigeKommunen,dievonsichausdauerhaftdenHaushaltausgleichen
undohnebzw.mitgeringenSchuldenständenauskommen.Gleichwohlzeigtsichandernortseine
sich stetigverschlechterndeHaushalts-undVerschuldungslage.Esbedarf folglicheinesneuen
Ansatzes.
DieSchuldenbremsevonBundundLändernbasiertaufderKameralistik,daderBundsowiedie
MehrzahlderLändernochimmernichtaufdasneuedoppischeHaushalts-undRechnungswesen
umgestellthaben.ImGegensatzhierzuistdieEinführungdesneuenHaushaltsrechtsaufkommu-
nalerEbeneweitvorangeschritten.DieVerfügbarkeitderverbesserten(doppischen)Datenbasis167
ermöglichtes,fürdiekommunaleEbeneeineneueSchuldenbremsezuentwerfen,dieinsbeson-
deredemAnspruchderGenerationengerechtigkeitgenügt.
166 Vgl.Junkernheinrich/Micosatt2008.167 SowirdinderDoppikz.B.erstmalsderkompletteRessourcenverbrauch(d.h.insbesondereauchdernichtzahlungswirksame
Ressourcenverbrauch)erfasst.EbensowirdbeispielsweisedasSchuldenbilddurchdiezusätzlicheErfassungderRückstellungenkomplettiert.
158 Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
Sowohl die schlichte Notwendigkeit zur Rückführung von Schulden vor dem Hintergrund der
zurückliegendenJahre,diesichabzeichnendefinanzielleVerbesserung,dieTatsache,dasseine
neue Schuldenbremse selbst auf Staatsebene mehrheitsfähig geworden ist, die zunehmende
AblehnungöffentlicherSchuldendurcheinenGroßteilderBevölkerungalsauchdieEtablierung
desneuenHaushaltsrechtssindeinguterNährbodenfüreinebreiteDebatteumdieEinführung
einerneuendoppischenKommunalschuldenbremse.DieserTeilderArbeitentwirftimFolgenden
einModelleinersolchendoppischenKommunalschuldenbremseunderläutertderenWirkungs-
weise.
1 Etablierung des neuen Haushaltsrechts
ImNovember2003hatdieInnenministerkonferenz(IMK)denWegzurErneuerungdeskommu-
nalenHaushalts-undRechnungswesensaufBasisderDoppikgeebnet;denLandesgesetzgebern
wurdedieMöglichkeitgegeben,dasinihrerZuständigkeitbefindlicheGemeindehaushaltsrecht
grundlegendfortzuentwickeln.DiesehabendieGelegenheitmehrheitlichgenutzt,umdiekommu-
naleHaushaltswirtschaftaufeinneuesFundament,imWesentlichendieDoppik,zustellen.Die
KommunenkönnendiesbezüglichalsVorreiterimföderalenSystembezeichnetwerden,weilder
BundunddieMehrzahlderLänderbisdatonochkameralrechnen,alsomitEinnahmenundAus-
gaben. Allerdings haben (noch) nicht alle Länder den Einstieg in ein doppisches kommunales
Haushalts-undRechnungswesenvollzogen.Sogibtesz.B.inSchleswig-HolsteineinOptionsrecht
zwischenDoppikunderweiterterKameralistik,undinBayernwieauchinThüringenhabendie
Landesgesetzgeber,entgegendenEmpfehlungenderIMK,sogareinOptionsrechtzwischenDop-
pikundtraditionellerVerwaltungskameralistiketabliert(Tab.19).
DieUmstellungsfristenaufdasneueRechtunterscheidensichzwischendenLändern–dasgilt
nebendemKernhaushaltauchfürdieAufstellungvonGesamtabschlüssen.BiszumJahr2009
solltenz.B.dienordrhein-westfälischenKommunenihrenKernhaushaltaufdieDoppikumge-
stellthaben.InBaden-Württemberg,demLand,dasmitderPilotgemeindeWieslocheinstSchritt-
macherbeiderEtablierungdesneuenRechtswar,werdendieKommunenerstbiszumJahr2016
aufdieEinführungderDoppikverpflichtet.ImFallederUmsetzungeinesam10.Juli2012gefass-
tenKabinettsbeschlusseskannsichdieseFristfernerumweiterevierJahreverlängern.168Obund
ggf.abwanninBayern,Schleswig-HolsteinundThüringendieVerpflichtungzumEinsatzder
Doppikverbindlichwird,istfraglich–bisdatokönnendiedortigenKommunenoptionalundzeit-
lich unbegrenzt ihr kamerales System weiterführen. In der Summe führen die heterogenen
Rechtsregelungen inBezugaufdasanzuwendendeHaushaltsrecht indennächsten Jahrenzu
einerZersplitterungdesöffentlichenHaushalts-undRechnungswesens. Immerhinhabenalle
Landesgesetzgeber ihrenKommunenzumindestdieChanceeröffnet,aufdasneueHaushalts-
rechtaufBasisderDoppikumzustellen–selbstwenndieEinführungnichtallerortsverpflich-
tendist.DieUmstellungaufdiesenRechnungsstilistfüreineeinzelneKommuneinsofernallen-
fallseineFragedesWollens.
168 Vgl.Bündnis90/DieGrünenimLandtagvonBaden-Württemberg2012.
159Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
Tabelle 19: Haushaltsreformen auf kommunaler Ebene in Deutschland Bundesland Bezeichnung des
ReformprojektsReformmodell Doppischer Haus-
haltsplan/Jahres- abschluss für Kernverwaltung verpflichtend …
Gesamt-/Konzernabschluss für „Konzern Kommune“ verpflichtend …
Baden- Württemberg
Neues Kommunales Haus-halts- und Rechnungswesen
Doppik ab 2016 ab 2018
Bayern Neues Kommunales Finanzwesen
Option: Doppik oder Kameralistik
- ab dem fünften doppisch geführten Haushaltsjahr; frühestens ab 2012 (falls Umstellung auf Doppik)
Brandenburg Kommunale Doppik Doppik ab 2011 ab 2013
Hessen* Neues Kommuna-les Rechnungs- und Steuerungssystem
Doppik ab 2009/2015 ab 2015/2021
Mecklenburg- Vorpommern
Neues Kommunales Haus-halts- und Rechnungswesen
Doppik ab 2012 ab dem dritten doppisch geführten Haushaltsjahr
Niedersachsen Neues Kommunales Rechnungswesen
Doppik ab 2012 ab 2012
Nordrhein- Westfalen
Neues Kommunales Finanzmanagement
Doppik ab 2009 ab 2010
Rheinland-Pfalz
Kommunale Doppik Doppik ab 2009 ab 2013
Saarland Neues Kommunales Rechnungswesen
Doppik ab 2010 ab 2014
Sachsen Neues Kommunales Haus-halts- und Rechnungswesen
Doppik ab 2013 ab 2016
Sachsen-Anhalt
Neues Kommunales Haus-halts- und Rechnungswesen
Doppik ab 2013 ab 2016
Schleswig- Holstein
Neues Kommunales Rechnungswesen
Option: Doppik oder erwei-terte Kameralistik
- ab dem sechsten doppisch geführten Haushaltsjahr (falls Umstellung auf Doppik)
Thüringen Neues Kommunales Finanzwesen
Option: Doppik oder Kameralistik
- ab dem dritten doppisch geführten Haushaltsjahr (falls Umstellung auf Doppik)
* Die hessischen Kommunen konnten bis 2009 ein Wahlrecht zwischen Doppik und erweiterter Kameralistik ausüben. Sofern die Doppik gewählt wurde, ist für das Jahr des ersten doppischen Haushaltsplans nach Ablauf des Haushaltsjahrs der erste doppische Jahresabschluss aufzustellen. Spätestens für das Jahr 2015 ist der erste Gesamtabschluss vorzulegen. Das Optionsrecht ist mittlerweile durch eine Doppik-Pflicht ersetzt worden. Mit Einführung der Doppik-Pflicht haben diejenigen Kommunen, die sich aufgrund des ursprünglichen Wahlrechts gegen die Doppik entschieden haben, ab dem Haushalts-jahr 2015 doppische Haushaltspläne und Jahresabschlüsse aufzustellen. Der erste Gesamtabschluss ist spätestens zum Jahr 2021 aufzustellen.
Quelle: Eigene Darstellung
DanebenscheintsichdasdoppischeSysteminderPraxiszunehmenddurchzusetzen.Dasbeweistins-
besonderedie Situation in denjenigen Kommunen, denen ein Optionsrecht eingeräumt wurde. So
habenbeibestehendemOptionsrechtvonden448hessischenGemeindenundGemeindeverbänden
insgesamt446aufdieDoppikumgestelltundlediglichzweiaufdieerweiterteKameralistik–eindeut-
lichesVotum,welchesSystemalsdasgeeignetereerscheint.Korrespondierendzudiesemeindeutigen
Bild legtederHessischeRechnungshofnahe,dieAbschaffungdesOptionsrechtszuerwägen: „Da
alleinzweiKommunenihreHaushaltswirtschaftnichtaufdieDoppikumstellten,solltedarübernach-
gedachtwerden,obdieHessischeGemeindeordnungderkommunalenPraxisfolgtunddieVorschrif-
tenderVerwaltungsbuchführungmitihrenentsprechendenVerwaltungsvorschriftenaufgibt.“169Fol-
169 DerPräsidentdesHessischenRechnungshofs2010,S.5.
160 Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
gerichtigentschiedsichdasLandHessendazu,dieDoppikkünftighinalsverpflichtendeskommunales
Finanzsystemvorzugeben.170
2 Verknüpfung von Schulden und Generationengerechtigkeit
InderöffentlichenDiskussionwerdendieBegriffe„niedrige/keineGeldschulden“und„Generati-
onengerechtigkeit“zumeistsynonymverwendet.Kredit-oderKassenkreditschuldenfreiheitund
derWunschnacheinergenerationengerechtenkommunalenHaushaltspolitiksindjedochnicht
notwendigerweisezweiSeitenderselbenMedaille.
Investitions-undKassenkreditefindensichz.B.imdoppischenErgebnis–dasBasisfürdieGene-
rationengerechtigkeitsprämisseist–nurindirektüberdenZinsaufwandunddieAufwendungen
fürdasSchuldenmanagementwieder.Investitions-undKassenkreditewerdeninderFinanz-und
Vermögensrechnung abgebildet. Selbst bei einem Geldschuldenstand von null Euro kann das
ordentlicheErgebnisdefizitärsein,weilhierauchandereAufwandskomponenteneineRollespie-
len,z.B.derAbschreibungsaufwand.DieKommunewürdeindiesemFalltrotzGeldschuldenfrei-
heitkeinegenerationengerechteHaushaltspolitikbetreiben,d.h.aufKostenkünftigerGeneratio-
nenwirtschaften.
GleichzeitigkannsicheineKommunemithohenGeldschulden–diedannselbstverständlichauch
Zinsaufwandverursachen–gemäßderGenerationengerechtigkeitsmaximeverhalten,sofernsie
dasordentlicheErgebnisausgleicht.FürdieFragenachderGenerationengerechtigkeitistfolglich
einzigderSaldoausordentlichenErträgenundAufwendungen(inklusivederFinanzerträgeund
aufwendungen),d.h.dasordentlicheErgebnisrelevant.DerausdenGeldschuldenresultierende
AufwandisthiernureineAufwandskomponenteuntervielenanderen.
EskönnenFälleauftreten,indenendurcheinschuldenfinanziertesProjektWertegeschaffenwer-
den,derenFolgeerträgehöhersindalsdiedarausresultierendenFolgeaufwendungen(inklusive
Zinsaufwendungen).DieserZusammenhangwirdebenfallsvomSachverständigenratzurBegut-
achtungdergesamtwirtschaftlichenEntwicklunghervorgehoben;inseinemaktuellenJahresgut-
achtenkommtdieserzudemSchluss,dasseinekommunaleKreditfinanzierungvonInvestitionen
durchaussinnvollseinkann.171Trotzdemistundbleibtesrichtig,dassdieKredit-oderLiquiditäts-
schuldenfreiheitdieWahrscheinlichkeiterhöht,dassauchdasordentlicheErgebnisausgeglichen
werdenkann,weilindieserSituationkeinZinsaufwandetc.anfällt–imGegenteil:Sindsämtliche
GeldschuldengetilgtundkanndarüberhinausunterUmständensogarFinanzvermögenaufge-
baut werden, folgen hieraus dann – je nach Anlage – sogar Zinserträge, die den ordentlichen
Ergebnisausgleicherleichtern.Dennochbleibtfestzuhalten,dassGeldschuldenfreiheitundGene-
rationengerechtigkeitnichtnotwendigerweiseSynonymesind.
170 Vgl.HessischerLandtag2011.171 Vgl.Sachverständigenrat2012,S.215.
161Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
ImKontextderGenerationengerechtigkeitsdebattewerdenInvestitions-undKassenkrediteimmer
dannheikel,wenndieaus ihnen resultierendenZinsaufwendungen (nebstanteiligerPersonal-
und Sachaufwendungen für das Schuldenmanagement) dazu führen, dass der Ausgleich des
ordentlichenErgebnissesinErgebnishaushaltbzw.-rechnungnichtmehrgelingt.IndiesemFall
istdieökonomischeSchutzfunktion,172nachderunteranderemkommendeGenerationenvorAus-
beutungdurchdieaktuelleGenerationbewahrtwerdensollen,verletzt(Abb.52).
Eine volumenseitig ebenfalls besonders relevante Schuldenart sind neben den Geldschulden die
Rückstellungen–insbesonderefürPensionen.KommunaleBeamteerwerbenwährendihreraktiven
DienstzeitPensionsansprüche.IndemJahr,indemeinBeamtertätigist,entstehendamitnebenden
laufendenGehaltszahlungenAnwartschaftenaufPensionszahlungen,dieernachdemAusscheiden
ausdemaktivenDiensterhält.DieseAnwartschaftenwerdendurchdieErfassungvonPensionsrück-
stellungen in der Doppik berücksichtigt. Den Ergebnisausgleich belasten die Pensionsansprüche
hierbeiwährendderaktivenBeschäftigungderBeamteninFormvonordentlichenAufwendungen
fürRückstellungen.ZahlungswirksamwerdensiedemgegenübererstspätermitBeginnderPensio-
nierung.IndiePosition„Pensionsrückstellungen“sindregelmäßigebenfallsdieAnsprücheaufBei-
hilfen nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst einzubeziehen. Aufgrund der steigenden
LebenserwartungundderdamiteinhergehendensteigendenKostendermedizinischenVersorgung
istdaseinewesentlichePosition,dereinebesondereAufmerksamkeitzukommenmuss.
Quelle: Eigene Darstellung
Abbildung 52: Zusammenhang zwischen Schulden und Haushaltsausgleich (ordentliche Erträge entsprechen den ordentlichen Aufwendungen)
Ordentliche Erträge
OrdentlicheAufwendungen
SteuererträgeZinsaufwand,
Rückstellungsbildung
Zuwendungen Personalaufwand,Abschreibungen
Weitere Erträge WeitereAufwendungen
172 Vgl.Budäus2009,S.16.
162 Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
FürdieFragedergenerationengerechtenHaushaltspolitikspielensowohlGeldschuldenalsauch
Rückstellungeninsoferneine(zuweilenbedeutende)Teilrolle;siebeeinflussenüberihreAuswir-
kungenaufErgebnishaushaltund-rechnungdasordentlicheErgebnis.Siesindallerdingsstetsim
KontextmitweiterenErtrags-undAufwandskomponentenzubetrachten.FürdieFragedergene-
rationengerechtenHaushalts-undFinanzpolitikstehtletztlichalleindieGrößedesordentlichen
ErgebnissesimMittelpunkt:FernabvometwaigenkommunalpolitischenWunschnachSchulden-
freiheit ist sie vor dem Hintergrund des Leitbildes der Generationengerechtigkeit die zentrale
BestimmungsgrößebeiderFrage,obundggf.inwelchemUmfangineinerKommuneeinKonsoli-
dierungsbedarf besteht. Wird das ordentliche Ergebnis nicht ausgeglichen oder droht dieser
ZustandaufabsehbareZeit(z.B.imZeitraumdermittelfristigenFinanzplanung),soistnachdie-
semLeitbildinjedemFalleinKonsolidierungsbedarfvorOrtvorhanden–zumindestgiltdasdann,
wennessichnichtumeinetemporäreSituation(beispielsweisealsFolgeeinerWirtschaftskrise)
handelt,aufdieabsehbarwiederÜberschüsseimordentlichenErgebnisfolgen.
InTeilIwurdeaufgezeigt,dassdieBevölkerungszahlineinemGroßteilderKommunenrückläu-
figist.VordiesemHintergrundistdieFragezustellen,inwiefernggf.einBevölkerungsrückgang
unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit als Rechtfertigungsgrund für einen
Eigenkapitalabbau,d.h.mithinDefiziteim(ordentlichen)Ergebnisherhaltenkann.Sowirdbei-
spielsweisebeisinkenderEinwohnerzahlwenigerInfrastruktur(z.B.wenigerSchulen)benötigt.
Wie von Mühlenkamp/Magin gezeigt, berührt der Rückbau von Infrastruktur jedoch nicht das
Eigenkapital.FernerbesitzenBürgerkeineAnteileamEigenkapitaleinerKommune:So istbei
Geburt/ZuzugkeineKapitaleinlagezuleisten,undbeiWegzugerfolgtkeineentsprechendeAus-
zahlung.DieHöhedesEigenkapitalsunddieEinwohnerzahlsindwederbuchungstechnischnoch
sachlogisch inVerbindungzubringen.DemzufolgerechtfertigteineBevölkerungsschrumpfung
auchkeineDefiziteinderErgebnisrechnung,d.h.keinenEigenkapitalabbau.173
Ebenfallsistdaraufhinzuweisen,dassgegenwärtigwissenschaftlichdebattiertwird,obeindauer-
haftausgeglichenesordentlichesErgebnisvordemHintergrundderGenerationengerechtigkeits-
maximeausreichendistoderobggf.sogareinÜberschussnotwendigist,umeinegenerationen-
gerechteHaushaltspolitikzubetreiben.SoargumentierenBudäus/Hilgers,dassbeidauerhaftem
ErreichendesErgebnisausgleichsdasEigenkapitalzwarnominellkonstantbleibt,esjedochreal
aufgrundderInflationaufgezehrtwird.174AufbauendaufdiesenÜberlegungenwäreggf.einregel-
mäßigerÜberschussimordentlichenErgebnisanzustreben,derdeninflationsbedingtenWertver-
lustdesEigenkapitalskompensiert.
3 Doppischer Haushaltsausgleich
AufGrundlagederIMK-EmpfehlungenausdemJahr2003habenalleLandesgesetzgebernichtnur
denkommunalenRechnungsstilnovelliert,sonderndamitzusammenhängendauchneueRegeln
fürdenHaushaltsausgleicheingeführt.DiesedieneninihremGrundsatzdemAnspruch,einauf
173 Vgl.Mühlenkamp/Magin2010a.174 Vgl.Budäus/Hilgers2010.
163Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
demPrinzipderintergenerativenGerechtigkeitfußendes,ressourcenverbrauchsorientiertesHaus-
halts-undRechnungswesenzuetablieren.NebendemWunschnachmehrTransparenzundeiner
AufwertungderSteuerungsmöglichkeitenistdaseinesderHauptziele,diemitderEinführungdes
neuenHaushaltsrechtserreichtwerdensollen.
VonderNeuregelungdesHaushaltsausgleichsgehthierbei indirekteineschuldenbegrenzende
Wirkungaus.GeldschuldenundRückstellungenwerdenbegrenzt,wennderAusgleicherreicht
wird.
3.1 Haushaltsausgleich als Konkretisierung des Generationengerechtigkeitsgrundsatzes
Mit der Erneuerung des Haushaltsrechts geht systemimmanent eine Überarbeitung der Haus-
haltsausgleichsregelungeneinher.DieNeuregelungenzumHaushaltsausgleichempfindeneinige
KommunenalsBürde,unteranderemweilausihrerPerspektivederHaushaltsausgleichschwie-
riger zu erreichen ist als zu Zeiten des alten Rechts. Einzelnen ist heute nicht bewusst oder
bekannt, dass der neue Haushaltsausgleich auf einer Überlegung beruht, die als maßgebliche
BegründungzurEinführungsnotwendigkeitdesneuenRechtsgilt:demPrinzipderGenerationen-
gerechtigkeitundimSpeziellendemPrinzipderinterperiodischenGerechtigkeit.175UmdieHaus-
halts-undFinanzpolitikaufdiesesZielauszurichten,istdieneueHaushaltsausgleichsregelung
notwendig.InsofernhabendieetwaigenErschwernissebeimHaushaltsausgleichnichtsmiteiner
GängelungaufgrundderneuenHaushaltssystematikzutun,sondernsindalleindemLeitbildder
Generationengerechtigkeitgeschuldet.
DasPrinzipderintergenerativenGerechtigkeiterscheintzunächstalsabstrakteMoralvorstellung,
dieeinerinhaltlichenKonkretisierungbedarf.HierzuwirddasLeitbildaufdieeinzelneHaushalts-
periode(Haushaltsjahr)transformiertundzurinterperiodischenGerechtigkeitweiterentwickelt.
DerGrundsatzlautet:JedeGenerationsollselbstfürdievonihrimHaushaltsjahrverbrauchten
Ressourcenvollständigaufkommen.AufbauendaufdieserÜberlegungbeziehtdieKonferenzder
Innenministerund-senatorenderLänderdenneuenHaushaltsausgleichaufdieGrößendesErgeb-
nishaushaltes, d. h. dieErträge (Ressourcenaufkommen imHaushaltsjahr)undAufwendungen
(RessourcenverbrauchimHaushaltsjahr).
ImneuenHaushaltsrechtwirdderHaushaltsausgleichzumDreh-undAngelpunktdesLeitbildes
derintergenerativenGerechtigkeit.Nach§24HaushaltsausgleichdesIMK-LeittextesistderAus-
gleicherreicht,wennderErgebnishaushaltunterBerücksichtigungvonFehlbeträgenausVorjah-
renausgeglichenist.DarüberhinausbeschränktdieIMKdenAusgleichsgrundsatzaufdasordent-
liche Jahresergebnis;erstwenndieserAusgleichunterBerücksichtigungvonFehlbeträgenaus
Vorjahrennichtmöglichist,tritteinStufenkonzeptinKraft.FürdieFokussierungaufdasordent-
licheErgebnisgibtesinsbesonderezweiGründe:
175 Vgl.Glöckner/Gnädinger/Grieger2008.
164 Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
• DasaußerordentlicheErgebnis istdurcheinmalige,außergewöhnlichauftretendeundnicht
planbareErträgeundAufwendungenbestimmt.DamitwäreeinAusgleichvomZufallbestimmt.
• DurchVeräußerungvonVermögensgegenständenüberBuchwert(RealisierungstillerReser-
ven)könntederAnspruchder intergenerativenGerechtigkeitausgehöhltwerden.Daher ist
derseparateAusweisaußerordentlicherErträgeverbindlichvorzusehen,wobeidiesePositio-
nennichtfürdenordentlichenHaushaltsausgleichherangezogenwerdendürfen.
Tabelle 20: Geltende Haushaltsausgleichsregelungen für doppisch rechnende Kommunen der FlächenländerFlächenland Ausgleich ordentli-
ches ErgebnisAusgleich außeror-dentliches Ergebnis
Ausgleich Gesamtsaldo*
Ausgleich Finanzhaushalt
Baden-Württemberg vorgesehen - - -
Bayern - - vorgesehen vorgesehen
Brandenburg vorgesehen vorgesehen - -
Hessen vorgesehen - - vorgesehen
Mecklenburg-Vorpommern - - vorgesehen vorgesehen
Niedersachsen vorgesehen vorgesehen - vorgesehen
Nordrhein-Westfalen - - vorgesehen vorgesehen
Rheinland-Pfalz - - vorgesehen vorgesehen
Saarland - - vorgesehen vorgesehen
Sachsen vorgesehen - - -
Sachsen-Anhalt vorgesehen vorgesehen - -
Schleswig-Holstein - - vorgesehen -
Thüringen - - vorgesehen vorgesehen
* Keine Unterscheidung in ordentliches und außerordentliches Ergebnis.
Quelle: Eigene Darstellung; in Anlehnung an: Glöckner/Gnädinger/Grieger 2008: Einführung und Weiterentwicklung des neuen kommunalen Haus-halts- und Rechnungswesens unter besonderer Berücksichtigung des ethischen Leitbildes der intergenerativen Gerechtigkeit, S. 6
IneinigenFlächenländernsinddiegesetzlichenBedingungenfüreinengenerationengerechten
ZuschnittdesHaushaltsrechtsbisdatoallerdingsnurteilweiseerfüllt.DerAusgleichdesordent-
lichenErgebnisseswirdnichtallerortseingefordert(Tab.20).DieinmanchenLändernnebendem
ErgebnisausgleichergänzendvorgeseheneRegelungzumAusgleichdesFinanzhaushaltesistvor
demHintergrunddesZielsintergenerativerGerechtigkeitunmittelbarwenigerbedeutend–zur
Sicherstellung von Liquidität (z.B. Steuerung der Kassenkredite und Gewährleistung der Zah-
lungsfähigkeit)kannsieallerdingshilfreichsein.176
Selbstwennheute(noch)dieRechtsregelungenineinzelnenLänderndenAusgleichdesordentli-
chenErgebnissesfürGemeindenundGemeindeverbändenichtzwingendvorschreiben,kanneine
Kommune ihr Verhalten trotzdem an dieser Maxime ausrichten. Eine generationengerechte
LösungmussdenAusgleichimordentlichenErgebnissuchen.DamitentsprichtdasLeitbildder
intergenerativen Gerechtigkeit auch der Anforderung nach Aufrechterhaltung der dauerhaften
finanziellen Leistungsfähigkeit einer Kommune: Permanent negative ordentliche Ergebnisse
176 Vgl.Rose2010,S.193ff.
165Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
schränkendieLeistungsfähigkeiteinundführen,jenachAusgangslageundHöhedesFehlbetra-
gesmitunterschiedlichemzeitlichemHorizont, zueinemnegativenEigenkapital („nichtdurch
EigenkapitalgedeckterFehlbetrag“aufderAktivseitederBilanzbzw.Vermögensrechnung).
3.2 Haushaltsausgleich als flexible Schuldenbremse
Wiebereitszuvorangesprochen,spieltdieAufnahmevonInvestitions-undKassenkreditenfür
denaufderErgebnisebeneangestrebtenHaushaltsausgleichnuraufdenerstenBlickkeineRolle.
ZwarwerdenbeideSchuldenarteninVermögensrechnungsowieFinanzhaushaltund-rechnung
erfasst,indirektspielensieüberdenZinsaufwandaberauchindieErgebnisebenehinein.Eine
RegelzumAusgleichdesordentlichenErgebnisseswirktdahergrundsätzlichwieeine flexible
Schuldenbremse,diemitdemGenerationengerechtigkeitsprinzipinEinklangsteht.
SokönnenunterderVorgabedesErgebnisausgleichsInvestitions-undKassenkrediteprinzipiell
nursolangeaufgenommenwerden,bisderdarausresultierendeZinsaufwandnichtdazuführt,
dassderAusgleichimordentlichenErgebnisnichtmehrgelingt.IndiesemKontextkannvoneiner
flexiblendoppischenSchuldenbremseunterBerücksichtigungdesethischenLeitbildesderPerio-
dengerechtigkeitgesprochenwerden.177EinschränkendistandieserStelleallerdingsaufdiehete-
rogenenGliederungsregelungenderErgebnishaushalteund-rechnungenzwischendenLändern
sowiedieBewertungsfragen(insbesonderebeiderEröffnungsbilanzierungunddenhiergegebe-
nenWahlrechten,dieu.a.dieAbschreibungenunddamitdieHöhederZinsaufwendungenbeein-
flussen,unterdenenderHaushaltsausgleichnochgelingt)hinzuweisen.178Weiterhinistentschei-
dend,wieAusgleichsregelungengestaltetsind.
RückstellungenwerdenzumZeitpunkt ihrerBildungebenfalls inFormvon(ordentlichen)Auf-
wendungenfürdenErgebnishaushaltrelevant.IneinemEnde2007veröffentlichtenThesenpapier
(sogenannteHamburgerThesen)kritisierendieVerfassereinemitderaltenKameralistikeinher-
gehendeunzureichende InformationsbasisvonPolitikundVerwaltung,geradeauchweilunter
anderemRückstellungen (z.B. fürPensionen)dortunberücksichtigtbleiben.179Mitdemneuen
HaushaltsrechtaufBasisderDoppikwerdenRückstellungenfortantransparent.DasWissenum
denStatusquoderRückstellungensowieihrelückenloseAbbildunginderVermögensrechnung
istfürdiepolitisch-strategischeSteuerungderKommunedurchdieKommunalpolitikvongroßer
Relevanz:JebesserdieDurchsichtigkeit,destostärkeristderpositiveEffektaufdieSteuerungsun-
terstützungunddasöffentlicheBewusstseinfürdieExistenzdieserSchulden.AusSichtderLokal-
politikverbessertdieDoppikdieTransparenzderHaushalteundstütztdieGenerationengerech-
tigkeit.180GleichwohlführtTransparenzalleinnochnichtzueinerEindämmungdieserSchulden.
ImneuenHaushaltsrechtaufBasisderDoppikwerdenRückstellungenaberebenfallsrelevantfür
denHaushaltsausgleichaufderErgebnisebene.SiewerdenzumZeitpunktihrerBildungalsAuf-
177 Vgl.Gnädinger/Hilgers2010,S.190.178 Um eine bundesländerübergreifende Vergleichbarkeit von doppischen Haushalts- und Rechnungsdaten sicherzustellen, ist
eineHarmonisierungdesneuenHaushaltsrechtsanzustreben.Sohatz.B.dievondeneinzelnenBundesländernuneinheitlichgehandhabteVermögensbewertungüberdieAbschreibungeneinenindirektenEinflussaufdenErgebnisausgleich.
179 Vgl.Berensetal.2007.180 Vgl.Burth/Hilgers2013.
166 Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
wandverbuchtundmüssendurchErträgegedecktwerden,umdasErreichendesHaushaltsaus-
gleichssicherzustellen.
MitdemGebotzumHaushaltsausgleichwerdeninsofernsowohlGeldschulden(Investitions-und
Liquiditätskredite)alsauchRückstellungenalsSchuldenkategorienberücksichtigtundbegrenzt.
Dasbedeutet,dassmitdemGebotzumordentlichenErgebnisausgleich imGrundsatzeinealle
kommunalenSchuldenartenberücksichtigendeSchuldenbremsegeschaffenist.181
4 Modell einer doppischen Kommunalschuldenbremse
DieDiskussionumdieEinführungeiner(neuen)SchuldenbremsewirdinDeutschlandgegenwär-
tigvorrangigimHinblickaufdieneueStaatsschuldenbremsegeführt.NeuegesetzlicheRegelun-
genaufStaatsebenewerdenaberauchnichtfolgenlosfürdieKommunalfinanzsituationbleiben
(s.TeilVI).
MitderEtablierungdesneuenHaushaltsrechtsfürdieGemeindenundGemeindeverbändehaben
dieLandesgesetzgeber in jüngsterVergangenheitzwangsläufigebenfallserneuerteRegelungen
fürdieMöglichkeitenderKommunalschuldenaufnahmegeschaffen.Das ist einentscheidender
UnterschiedzudenneuenRechtsregelungenaufStaatsebene.DieNeuregelungenfürBundund
LänderfußtenaufderpolitischenEinschätzung,dassdasRegelwerkzumZweckeinerpräziseren
Schuldeneindämmungüberarbeitetwerdenmusste.BeidenKommunenwarderAuslöserfürdie
EtablierungneuerSchuldenbremsenhingegendieEinführungdesneuenHaushaltsrechts.182Poli-
tischesPrimärzielwarnichtdieEindämmungderKommunalverschuldung.
GleichwohlhatdiekommunaleEbeneheutemitdemweitvorangeschrittenenAusbaudesneuen
HaushaltsrechtseinenentscheidendenVorteilgegenüberderStaatsebene:DaInformationenzu
Ressourcenverbrauchund-aufkommensowiezudenkomplettenSchulden(insbesondereauch
zuRückstellungen)vorliegen,kanneineSchuldenbremsekonstruiertwerden,dieallenAnsprü-
cheneinergenerationengerechtenHaushaltspolitikgenügt.AufderEbenevonBundundLän-
dernistdasschonalleinaufgrunddesveralteten(kameralen)Haushaltsrechtsheute(noch)nicht
möglich.
„DasimFolgendenbeschriebeneModelleinerdoppischenKommunalschuldenbremse–inklu-
siveseinerverschiedenenAusgestaltungsmöglichkeiten–sollteidealerweisebundeseinheitlich
imKommunalhaushaltsrechtverankertwerden.AndernfallsbestehtdieGefahr,dieHeterogeni-
tät desKommunalhaushaltsrechtsweiter zu verstärken. ImGrundsatz besteht indes auchdie
Möglichkeit,dasseinzelneKommunendiesedoppischeKommunalschuldenbremseauchohne
rechtlichenZwangeinführen.DenkbarsindhierbeidieIntegrationdesModellsindieHauptsat-
zungoderauchdieVerabschiedungeinerseparatenSchuldenbremsensatzung.“
181 Allerdings ist nach dem Gebot zum Haushaltsausgleich ausschließlich dafür gesorgt, dass den durch Rückstellungenverursachten Aufwendungen Erträge gegenüberstehen. Das bedeutet indes nicht notwendigerweise, dass den aus derRückstellungresultierendenZahlungsverpflichtungeninderZukunftzumFälligkeitszeitpunktnachgekommenwerdenkann.HierzumussrealisierbaresVermögen(insbesondereFinanzvermögen)vorhandensein.
182 Vgl.Gnädinger/Hilgers2010,S.181.
167Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
4.1 Funktionslogik einer doppischen Schuldenbremse
DasGrundmodelleineranderMaximederGenerationengerechtigkeitausgerichtetendoppischen
SchuldenbremsesetztsichausdreiHauptkomponentenzusammen:
• erstensdemdoppischenHaushalts-undRechnungswesenalsDatengrundlage,
• zweitenseinerPflichtzumHaushaltsausgleich(inErgebnishaushaltund-rechnung)und
• drittensderEinführungeinessogenanntenGenerationenbeitragsalsAutomatismusimFalle
desVerfehlensderHaushaltsausgleichsvorgabe.
BeimGenerationenbeitraghandeltessichumeineSonderabgabeinFormeinereigenständigen
AbgabeodereinesAufschlagsauf einebestehendeAbgabe,die in jedem JahrgenaudieHöhe
annimmt,diebenötigtwird,umdenHaushaltimjeweiligenJahrvollständigauszugleichen(im
SinneeinerHaushaltsausgleichsabgabe).DerBeitragsollinjederPeriodedieMaximedergenera-
tionengerechtenHaushaltspolitiksichern–daherwirderalsGenerationenbeitragundnichtals
Einwohner-oderBürgerbeitragbezeichnet.DieAbgabewirdhierbei jedochnurdann imSinne
einer Ultima Ratio erhoben, wenn der Haushaltsausgleich von der jeweiligen Kommune nicht
selbstständigerreichtwird.
Quelle: Burth 2012b: Modell einer ressourcenverbrauchsorientierten Kommunalschuldenbremse, S. 27
Abbildung 53: Funktionslogik der doppischen Kommunalschuldenbremse einschließlich Generationenbeitrag
Ordentliche
Aufwen-
dungen
Ordentliche
Erträge
DEFIZIT
Ausgangssituation ohne doppische Kommunalschuldenbremse:- Leben auf Kosten künftiger Generationen in Höhe des Defizits
Nach Einführung einer doppischenKommunalschuldenbremse:Kein Leben auf Kosten künftiger Generationen mehr möglich
Fall 1: Kommune unternimmt ausreichende eigeneKonsolidierungsanstrengungen -> Kein Generationenbeitrag nötig
Fall 2: Keine ausreichenden Konsolidierungsanstrengungen-> Zwangsweise Erhebung des Generationenbeitrags in Höhe des Defizits
OrdentlicheAufwen-dungen
OrdentlicheErträge
OrdentlicheAufwen-dungen
OrdentlicheErträge
Generatio-nenbeitrag
168 Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
Quelle: Burth 2012b: Modell einer ressourcenverbrauchsorientierten Kommunalschuldenbremse, S. 28
Abbildung 54: Einordnung der doppischen Schuldenbremse in den Haushaltskreislauf
Haushalts-defizit?
Erhebung Generatio-nenbeitrag i.H.v. Defizit
Haushaltsplanungsphase Haushaltsvollzugsphase Rechnungslegungsphase Zeit
Ausführung des Haushaltsplans
Ist realisiertes
Defizit größer als geplantes
Defizit?Kein Genera-tionenbeitrag
ja
nein
ja
nein
Quelle: Burth 2012b: Modell einer ressourcenverbrauchsorientierten Kommunalschuldenbremse, S. 28
aus a tsdefizit?
i.H.v. Defizit
Haushaltsplanungsphase Haushaltsvollzugsphase Rechnungslegungsphase Zeit
Haushaltsplans größer als geplantes
Defizit?Kein Genera-tionenbeitrag
nein nein
Erhebung Generatio-nenbeitrag
i.H.v. Differenz
Kein Genera-tionenbeitrag
ZentraleKenngröße fürdieBestimmungdesdurchdenGenerationenbeitragauszugleichenden
etwaigenHaushaltsdefizitsistderHaushaltssaldo(Planungsgröße)bzw.dasJahresergebnis(Rech-
nungsabschlussgröße).
Als Haushaltssaldo sollte aus Perspektive der intergenerativen Gerechtigkeit das ordentliche
Ergebnis(inErgebnishaushalt/-rechnung),d.h.derSaldovonordentlichenErträgenundAufwen-
dungen(inklusiveFinanzerträgeund-aufwendungen)verwendetwerden.DasordentlicheErgeb-
nisnachdoppischerLogikstelltsicher,dassRessourcenverbrauch(Aufwendungen)undRessour-
cenaufkommen(Erträge)erfasstundberücksichtigtwerden,wasnachgängigerwissenschaftlicher
Definition die finanzwirtschaftliche Konkretisierung des Grundsatzes der intergenerativen
Gerechtigkeitdarstellt.183Ferneristgewährleistet,dassdurchaußerordentlicheGeschäftsvorfälle
(z.B.ErtragausVermögensveräußerungbeiVerkaufüberBuchwert)dieKenngrößenichtbeein-
flusstwerdenkann.
DieNutzungdoppischerSaldogrößenhatfernerdenEffekt,dassdieAufnahmevonGeldschulden/
Verbindlichkeitennichtgänzlichverbotenwird.Sokannz.B.dieAufnahmeneuer(rentierlicher)
Verbindlichkeitenwirtschaftlichsinnvollsein;sieistbeiVerwendungdoppischerSaldengrund-
sätzlichweiterhinmöglich.DaVerbindlichkeitenüberdieZinsaufwendungenjedochdasordentli-
cheErgebnisbelasten,sindVerbindlichkeitenimKonzeptdesGenerationenbeitragsnurindem
Maße generierbar, wie sie tatsächlich durch ordentliche Erträge gedeckt werden können. Das
Geldschuldenwachstum wird damit gebremst (Schuldenbremse). Neben den Verbindlichkeiten
wird auch die Schuldenart „Rückstellungen“ berücksichtigt, da die Rückstellungsbildung als
ordentlicherAufwanddurchentsprechendeordentlicheErträgezudeckenist.
DaErträgenimkommunalenRauminderRegelEinzahlungeningleicherHöhegegenüberstehen,
wirddurchdiezunächstreinbuchungstechnischeBildungvonRückstellungeninVerbindungmit
einerPflicht zumHaushaltsausgleichFinanzvermögenaufgebaut.DiesesFinanzvermögenkann
183 Ein Nachteil der Verwendung des ordentlichen Ergebnisses der Kernverwaltung besteht gegenwärtig in der fehlendenkonsolidierten Berücksichtigung von Auslagerungen (sofern diese nicht zumindest indirekt über eine verpflichtende,vollständige und unmittelbare Gewinnabführung bzw. Verlustabdeckung mit der Kernverwaltung verwoben sind). DieseSchwächewirdperspektivischüberdieErstellungvonGesamt-/Konzernabschlüssenbehobenwerdenkönnen,imRahmendererdieJahresabschlüssevonKernverwaltungundAuslagerungenzusammengefasstundkonsolidiertwerden.AufgrundteilweisesehrlangerÜbergangsfristeninDeutschlandzurAufstellungeinesGesamt-/KonzernabschlusseswirddieseKenngrößejedocherstmittel-bislangfristigzurVerfügungstehen.
169Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
seitensderKommunalpolitikjedocherfolgsneutralinFormeinesAktivtauschsinnichtrealisierba-
resVermögen(z.B.Straße,Brücke)umgewandeltwerden.WerdenderartigeAktivtauschesystema-
tischdurchgeführt,stehtdasVermögenwegenseinerNicht-Realisierbarkeitspäternichtmehrfür
PensionszahlungenzurVerfügung.DasimRahmenderRückstellungsbildungaufgebauteFinanz-
vermögenmussdahervordemZugriffderKommunalpolitikbewahrtwerden.Esbedarfdemzufolge
einerzusätzlichenRechtsregelung,diebestimmt,dassmiteinerRückstellungsbildungeinevoll-
ständigeoderzumindestanteiligeFinanzvermögensdeckungeinherzugehenhat.Daskumulierte
FinanzvermögendarferstdannzuAuszahlungszweckenverwendetwerden,wenndieRückstellun-
gen,zuderenDeckungesangesammeltwordenist,zahlungswirksamaufgelöstwerden.
4.2 Generationenbeitrag als Ultima Ratio
GrundsätzlichdenkbarsindverschiedeneAusgestaltungendesGenerationenbeitragsalsUltima
Ratio(Sanktionsmechanismus).DerGenerationenbeitragkannentwederalseigenständige,gebiets-
körperschaftsindividuelleAbgabe (z.B. als einePro-Kopf-Abgabe) oder alsgebietskörperschafts-
spezifischerAufschlagaufeinebestehendekommunaleAbgabe/Ertragsquelleerhobenwerden.
FürdieStädteundGemeindeneignetsichinsbesonderedievergleichsweiseaufkommensstarke
GrundsteuerBalsAufschlaggrundlage.DieGrundsteuerBistimVergleichzudenanderenkom-
munalenSteuernausmehrerleiGründeninteressant:
• ImGegensatzzurGewerbesteuerbesitztdieGrundsteuerBdenVorteil,dasssiewenigerkon-
junktursensibelist,wasinwirtschaftlichenKrisenzeitenvonWertist.Aufgrunddergeringen
Konjunkturanfälligkeit istdasSteueraufkommenzuverlässigprognostizierbar.Dasgibtden
GemeindenPlanungssicherheit.
• ImVergleichzurGewerbesteueristdieBemessungsgrundlageinBezugaufdieMobilitätvon
Relevanz.EineAbstimmungmitdenFüßendurchFort-undZuzugistbeiderGewerbesteuer
eherzuerwarten:HoheGewerbesteuerhebesätzebedingenabeinemgewissenGradWande-
rungsbewegungenderUnternehmen.EinmassenweiserWegzugvonEinwohnernaufgrund
vonErhöhungenderGrundsteuerB,welcherdannz.B.wiederumdieSchlüsselzuweisungen
negativbeeinflusst,istwenigerwahrscheinlich.
• DieGrundsteuerbeeinträchtigtdasWirtschaftswachstumnichtbzw.nurunwesentlich.Sieist
vermutlich neutral gegenüber dem Wachstumsziel, da der besteuerte Produktionsfaktor in
BezugaufdieGesamtwirtschaftanBedeutungverlorenhat.184
• Die Grundsteuer B ist eine vergleichsweise sozialverträgliche Steuerart, weil Personen mit
hohemEinkommeninderRegelauchbesser(höhererWohnflächenverbrauch)wohnen.Inso-
fernkorreliertihreHöhemitdemEinkommenderPrivathaushalte.UnternehmenmitGewer-
beflächenverbrauchgehörenebenfallszudenSteuerpflichtigen.
184 Vgl.Zimmermann2011,S.196.
170 Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
• DieGrundsteuerB trifftdirekt (Eigentümer)oder indirekt (Einrechnung inMietpreise)alle
BürgersowieauchUnternehmeneinerGemeinde.IhreGenerierungundggf.auchihreErhö-
hungsinddaherbesondersgeeignet,denZusammenhangzwischenkommunalenLeistungen
undihrenKostenindasBewusstseinderBürgerzurücken.DasbeflügeltDiskussionenüber
das notwendige Leistungsangebot innerhalb einer Gemeinde und erzeugt Konsolidierungs-
druckausderGesamtbevölkerung.
Kommunikation einer Grundsteueranpassung am Beispiel der Stadt Hannover
EinBeispiel,dasanschaulichmacht,wieeinekonsolidierungsbedingteGrundsteuererhö-
hungseitenseinerKommunekommuniziertunddiezusätzlicheBelastungfürdenBürger
verständlichgemachtwerdenkann,istdasHaushaltssicherungskonzept2012dernieder-
sächsischenLandeshauptstadtHannover. ImRahmendesHaushaltssicherungskonzepts
(HSK)zeigtHannoverauf,wiesichdiegeplanteHebesatzerhöhungum60Prozentpunkte
von530auf590ProzentaufDurchschnittshaushalteauswirktundwelcheMehreinnah-
mendurchdieMaßnahmegeneriertwerdenkönnen(Tab.21).
Tabelle 21: Visualisierung der Effekte einer GrundsteueranpassungHebesatz(in Prozent)
Geschätzte Mehrein-nahmen im Haushalt der LHH
Wohnung 75 m² Haus 125 m² Wohnung/Haus
JährlicheBelastung
MonatlicheMehr- belastung
JährlicheBelastung
MonatlicheMehr- belastung
Prozentuale Erhöhung für die Steuer-pflichtigen
530 (Status quo Hannover)
– 239 E – 583 E – –
auf 540(Hamburg)
2,5 Mio. E 244 E 0,4 E 594 E 0,9 E 2 %
auf 580(Bremen)
12,5 Mio. E 263 E 2,0 E 637 E 4,5 E 9 %
auf 590(Essen)
15,0 Mio. E 268 E 2,4 E 648 E 5,4 E 11 %
auf 635(Dresden)
26,0 Mio. E 289 E 4,2 E 698 E 9,5 E 20 %
auf 650(Leipzig)
30,0 Mio. E 297 E 4,8 E 713 E 10,8 E 23 %
auf 810(Berlin)
70,0 Mio. E 371 E 11,0 E 883 E 25,0 E 53 %
Quelle: Landeshauptstadt Hannover 2011: Haushaltssicherungskonzept 2012 bis 2014 (HSK VIII), S. 6
Eine60-prozentigeHebesatzanpassungwürdederStadtdemnachMehrerträgevon15Mio.
EuroproJahrgenerieren.Ein(privater)DurchschnittshaushaltwäreindiesemFallzusätz-
lichmitmonatlich2,40(Wohnungmit75m2)bis5,40Euro(Hausmit125m2)belastet.
DaGemeindeverbändeinDeutschland(imGegensatzzudenStädtenundGemeinden)inderRegel
keineeigenen,aufkommensstarkenSteuereinnahmequellenhabenundsichnebendenZuweisun-
genvorallemüberdieGemeindeverbandsumlagefinanzieren,kannhierkeineSteueralsAufschlag-
grundlagefungieren.VielmehrwürdesichdieGemeindeverbandsumlageanbieten,dasie–analog
171Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
zurGrundsteuerderStädteundGemeinden–alleBürgerdesKreises/dessonstigenGemeindever-
bandesbelastetundebenfallskeinewesentlichenWanderungsbewegungenprovoziert.185
DerzentraleWirkungsmechanismusdesGenerationenbeitragsbestehtjedochnichtdarin,dasser
tatsächlicherhobenwird–imGegenteil:Zielistes,dassdieKommuneaufgrundderDrohkulisse
des Generationenbeitrags (Anreizfunktion) Konsolidierungsmaßnahmen in anderen Bereichen
vornimmtundkommunaleAusgabenaufdenPrüfstandgestelltwerden.WogenauAufwandssen-
kungenbzw.Ertragssteigerungenrealisiertwerden,bleibtderpolitischenWillensbildungvorOrt
vorbehalten (kommunale Selbstverwaltung und -verantwortung). Der Generationenbeitrag ist
lediglicheinletztesMittel(UltimaRatio),dasinletzterInstanzsicherstellt,dassnursovieleRes-
sourcenverbrauchtwerden,wieauchtatsächlicherwirtschaftetwerden.DerGenerationenbeitrag
stelltdesWeiterensicher,dassnichtzwangsläufigeinRückbauöffentlicherLeistungenvorgenom-
menwerdenmuss.WollendieBürgerbeispielsweiseaufliebgewonnene(freiwillige)Leistungen
(z.B.Theater,Schwimmbad)nichtverzichten,könnendieseerhaltenbleiben.Allerdingsmüssen
dieBürgerdannauchinFormhöhererAbgaben(z.B.höhereGebühren,höhereSteuern,höhere
Eintrittspreise) die Kosten für die bereitgestellten öffentlichen Leistungen tragen. Empirischen
UntersuchungenzufolgeistdieMehrheitderBürgereherbereit,höhereAbgabenzutragen,denn
aufbestehendeLeistungenzuverzichten.186
DieErhebungeinesGenerationenbeitrags impliziert,dass jedeneueErtragssenkungbzw.Auf-
wandserhöhunganeinenhöherenGenerationenbeitraggeknüpftist,sofernderHaushaltunaus-
geglichen istundnichtanderweitigKonsolidierungsmaßnahmenvorgenommenwerden. Inder
PraxiswirdhäufigaufErträgeverzichtet,odereswerdenAufwendungengetätigt,dienurkleinen
TeilenderBevölkerungeinenNutzenstiften.DurchEinführungdesGenerationenbeitragswerden
vielesolcherbislangquasiunantastbarenPositionenaufdenPrüfstandgestellt,daihrBeibehalten
nureinekleineKlientelbefriedigt,währendihreAbschaffungdurchVermeidungdesGeneratio-
nenbeitragsdenUnmutderGesamtbevölkerungverhindert.Klientelpolitikwirddamiterschwert.
DerGrundsatzderGenerationengerechtigkeit(d.h.derAusgleichdesordentlichenErgebnisses)
wirdindieWährungderPolitikübersetzt:DurchdieGefahrdesVerlustsvonWählerstimmenim
FallederErhebungeinesGenerationenbeitragskommteszueinerUmkehrderArgumentations-
ketteinVolksvertretungenwieauchinderöffentlichenWahrnehmung:Sowirdbeijederkünfti-
genBelastungdesHaushaltsdieFrageaufgeworfen,obdieseBelastungwirklichbenötigtwird
undgesellschaftlicherwünschtistoderob(inAnbetrachtdesdrohendenGenerationenbeitrags)
doch eher darauf verzichtet werden sollte. Der Zusammenhang zwischen Abgabenniveau und
LeistungsniveauwirdfürdenBürger(wieder)spürbar.
VomGenerationenbeitraggehtdemnacheinAnreizaus,denHaushaltmittelsalternativerKonso-
lidierungsmaßnahmen auszugleichen. Durch Erreichung des Haushaltsausgleichs (nach doppi-
scherLogik)wärezugleichsichergestellt,dassaktuelleGenerationennichtaufKostenkünftiger
Generationenleben.DasPrinzip„Werbestellt,bezahlt“hatinsofernnichtnurinderBeziehung
zwischenGebietskörperschaftsebenenzugelten,sondernauchimzeitlichenKontext:WennBür-
185 Vgl.Hilgers/Burth2011,S.249f.186 Vgl.BertelsmannStiftung2013,S.33f.
172 Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
gerheutebestimmteLeistungen(=Ressourcenverbrauch)vonderGebietskörperschaftverlangen,
müssen sie auch heute ausreichende Erträge (= Ressourcenaufkommen) generieren, um diese
Leistungenzufinanzieren.InanderenWorten:FürdasöffentlicheLeistungsniveau,dasdieheu-
tigeGenerationbestellt,musssieauchselbstinFormvonAbgabenbezahlen.DerGenerationen-
beitragdefiniertinsofernklardieGrenzenderkommunalenSelbstverwaltung:Siebeginnendort,
woderHaushaltsausgleichnichterreichtunddamiteinLebenaufKostenkünftigerGenerationen
praktiziertwird.DarüberhinausmachtesderGenerationenbeitragderKommunalaufsichtver-
gleichsweiseleicht,denHaushaltsausgleichzugewährleisten(d.h.einÜberschreitenderGrenzen
zuverhindern),sofernderGenerationenbeitragalsMuss-undnichtalsSoll-VorschriftimHaus-
haltsrechtverankertwird.
4.3 Funktionierende Konnexitätsregeln als Voraussetzung
EineUrsachefürdiesteigendeKommunalschuldenlastliegtinderLandes-undBundesgesetzge-
bung.187SoistesinderVergangenheitmehrfachvorgekommen,dassbeinicht(vollständig)funk-
tionsfähigenKonnexitätsregelnAufgabenvoneinemLandoderdemBundaufdieKommunen
übertragen wurden, ohne in gleichem Maße ertragsseitig für einen Ausgleich zu sorgen. Das
führt seitens der betroffenen Kommunen dazu, dass die entstehenden Deckungslücken unter
demZieldesHaushaltsausgleichsanderweitigaufgefangenwerdenmüssten.DerartigeVorgänge
inVerbindungmitzuweilenschwerfüreinenBürgereinsehbarenSachzusammenhängenführen
bereitsheutedazu,dassderBürger/Wählernichtzweifelsfreierkennenkann,welcheEbenesich
füreinzelneEntscheidungenverantwortlichzeigt.DamitwirdfürihndieBewertungdespoliti-
schenHandelnserschwert.
Unter dem Regime einer mit einem Generationenbeitrag verknüpften Kommunalschuldenbremse
würdenkonnexitätsrelevanteFragestellungenautomatischstärkerindenFokusdesInteressesrücken,
Quelle: Eigene Darstellung
Abbildung 55: Komponenten der doppischen Kommunalschuldenbremse
Sanktion und automatischer Stabilisator: Generationenbeitrag
Ziel: Ordentlicher Ausgleich desErgebnishaushaltes
Grundlage: Doppisches Haushalts- und Rechnungswesen
Kommunale Selbstverwaltung
Konnexität
187 Vgl.BertelsmannStiftung2012,S.23f.
173Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
wasbestenfallszueinerVersachlichungderDebatten führenwürde– imZweifelsfallmüsstendie
KommunenübertrageneAufgabenohneausreichendegleichzeitigeAnpassungderFinanzmittelüber
denGenerationenbeitragdecken.Ebendasmussausgeschlossenwerden.Eswäre,überspitztformu-
liert,nichtzuverantworten,wenneineEbeneWohltatenbeschließtunddieimStaatsaufbauhierar-
chischnachgelagerteEbenehierfürdieBürgermiteinemGenerationenbeitrag/einerSteuerbelegt.
DeroriginäreZweckeinesGenerationenbeitrags, auchwenneraneinebestehendeRealsteuer
anknüpft,liegtnichtimAbfedernnichtfunktionsfähigerKonnexitätssysteme.Trefflichformuliert
in diesem Zusammenhang der Deutsche Städtetag: „Hebesätze bei Grund- und Gewerbesteuer
sinddazuda,dieEinnahmenandasvorOrtgewünschteAngebotöffentlicherLeistungenanzupas-
sen.Siesindnichtdazugedacht,FehlsteuerungenvonBundundLändernaufzufangen.“188
InsofernistandieserStellezubetonen,dassfunktionierendeKonnexitätsregelnerforderlichsind,
umdiekommunalenHaushaltenichtzusätzlichzubelasten.DasgiltgeradevordemHintergrund
derneuenStaatsschuldenbremseundwürdedurchdieEtablierungeinerneuenKommunalschul-
denbremseunterstrichen.LetztereerforderteinfunktionsfähigesSystemvonKonnexitätsregeln,
umsicherzustellen,dassdenBürgernetwaigezusätzlichvonBundundLändernübertrageneAuf-
gaben nicht über den Generationenbeitrag (oder anderweitige Konsolidierungsmaßnahmen) in
„kommunaleRechnung“gestelltwerden.
4.4 Übergangslösung
GrundsätzlichmüssenfiskalischeRegelungennichtzwangsläufiggesetzlichausgestaltetwerden.
DasModelleinerdoppischenKommunalschuldenbremsekannbereitsjetztinkommunalerEigen-
initiative umgesetzt werden: Es bestehen keine rechtlichen Regelungen, die eine Etablierung
explizit verhindern. Selbstauferlegte (weiche oder moralische) Normen können mancherorts
durchausgeeignetsein.EinegesellschaftlicheÄchtungeinerkommunalenHaushaltspolitikauf
KostenkommenderGenerationen,diepermanenteDefiziteimordentlichenErgebnisalsmoralisch
verwerflichbrandmarkt, ist theoretischgenausogeeignetwie einegesetzlicheRegelung–das
wärezumindestdannderFall,wenndiehandelndenKommunalpolitikerdurchdienichtgesetzli-
che(informelle)Regelfaktischgebundensind.189UnabhängigvondemModelleinerdoppischen
KommunalschuldenbremsezeigtsichderunbedingteWillezumHaushaltsausgleichauchtatsäch-
lich invielenKommunen.190Gleichwohl istnichtdamit zu rechnen,dass einenichtgesetzlich
begründetedoppischeKommunalschuldenbremseallerorts(dauerhaft)umgesetztwürde.Insofern
erscheintbeimWunscheinerflächendeckendgenerationengerechtenkommunalenHaushaltspo-
litikeinegesetzlicheManifestationunumgänglich.
WürdeeinedoppischeKommunalschuldenbremsevonheuteaufmorgen in ihrervollständigen
Formeingeführtwerden,ergäbensichinsbesonderebeihochdefizitärenKommunenschlagartig
188 DeutscherStädtetag2012,S.8.189 DiegleicheArgumentationführtSchulemannfürrestriktivereFiskalregelnaufStaatsebenean.Gleichwohlkonstatierter,dass
Regelnumsowirksamersind,jewenigereinfachsieaußerKraftgesetztwerdenkönnen(insbesondereVerfassungsregeln).Vgl.Schulemann2012,S.32.
190 Vgl.exemplarischGnädinger2012,S.339ff.,undStaehler2009.
174 Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
massiveProbleme.HierwürdederGenerationenbeitraggleichimerstenJahreinensehrhohen
Betrag annehmen, da kurzfristige Einsparungen in Höhe des Defizits an anderen Stellen nur
schwer realisierbar sind. So sind beispielsweise die kommunalen Personalaufwendungen als
regelmäßiggroßeAufwandkategorieimöffentlichenDienstkurzfristigkaummerklichzureduzie-
ren.GleichwohlsinddiePersonalaufwendungenvielerortsmittel-bislangfristig–insbesondere
aufgrundderanstehendenPensionierungs-bzw.Verrentungswelle–durchausdurchnatürliche
Fluktuation abbaubar; insofern bestehen an dieser Stelle regelmäßig Potentiale. Diese können
abernichtsofortrealisiertwerden.
Diese Problematik spricht dafür, bei Einführung einer doppischen Kommunalschuldenbremse
eineÜbergangslösungzuetablieren,dieesKommunenmiteinemsehrhohenDefizitermöglicht,
diesesschrittweise(linear)abzubauen.191WerdendieKonsolidierungszieledesDefizitabbaupfads
verfehlt, wird wiederum der Generationenbeitrag herangezogen, um den Differenzbetrag zu
decken.EineVerfehlungderKonsolidierungszieleistdamitnichtmehrmöglich.Abb.56zeigtbei-
spielhaftdreimöglicheVarianten.VarianteNr.1spiegeltdenFallohneÜbergangslösungwider.
HierwirdnotfallsderGenerationenbeitragherangezogen,umbereitsimJahrderEinführungder
Kommunalschuldenbremse(hier:2013)dasDefizitkomplettabzubauen.VarianteNr.2undVari-
anteNr.3beinhaltendemgegenübereinemittlere3-jährigebzw.lange7-jährigeÜbergangsfrist
zumDefizitabbau.BeideVariantenseheninsofernineinerÜbergangsphaseeinenweiterenEigen-
Variante 1: unmittelbares Wirksamwerden der Schuldenbremse; 2013: sehr starke Konsolidierung bzw. hoher Generationenbeitrag
Quelle: Eigene Darstellung
Überschuss
Ziel-Haushaltssaldo
Ausgleich
Status quo(hohes Defizit)
Zeit
Defizit
2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020
Variante 2: 3-jährige Übergangslösung mit linearem Defizitabbau;starke bis mittlere jährliche Konsolidierung
Variante 3: 7-jährige Übergangslösung mit linearem Defizitabbau;mittlere bis leichte jährliche Konsolidierung
Abbildung 56: Defizitabbaupfade im Rahmen einer Übergangslösung
191 Vgl.Hilgers/Burth2011,S.244ff.
175Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
kapitalabbauvor,bisderHaushaltsausgleichwiedererstmalsjahresbezogenerreichtwird.Gleich-
wohlhandeltessichumeinenkontrolliertenEigenkapitalabbau,weilAbweichungenvomDefizit-
abbaupfadnötigenfallsmitdemGenerationenbeitragsanktioniertwerden.
InjedemFallistunabhängigvonderWahlderModellvariantesichergestellt,dassdieKommunen
ausderheuteweitverbreitetenpsychologischenVergeblichkeitsfalleherausgeführtwerden.Esist
sichergestellt,dassderHaushaltsausgleicherreichtwird–dasgibtPerspektiveundmobilisiert
Kräfte.HeutehatdieadministrativekommunaleFührunginihrerKommunikationkaumeinInte-
resse, Haushaltsdefizite auf eigene Versäumnisse (endogene Ursachen) zurückzuführen, denn
dies würde ihr selbst politisch schaden. Entsprechend sind Haushaltssicherungskonzepte und
Vorberichte zu Haushalten regelmäßig mit einer langen Liste von Ursachen für Fehlbedarfe/
-beträgeversehen,dieaußerhalbdereigenenBeeinflussungsmöglichkeitenliegen.Verantwortung
wirdaufdieseWeiseaufandereabgewälzt,unddieEigenverantwortunggerätindenHintergrund.
Beiden(häufigehrenamtlich)agierendenKommunalpolitikern/derVertretungskörperschaftmit
begrenztemZeitbudgetmüssendieseregelmäßigvorgetragenenThesenzwangsläufigdazufüh-
ren,dasssiesichundihreKommuneineinerVergeblichkeitsfallewähnen,obgleichinderReali-
täteineKonsolidierungauseigenerKraftmöglichwäre.VoreinemderartigenHintergrundwird
dann zuweilen jedwede Konsolidierungsanstrengung eingestellt, weil das Ziel unerreichbar
erscheint;esentstehteine(fraktionsübergreifende)Haltung/SolidarisierunggegenüberEingriffen
derstaatlichenAufsichtsbehörden.MiteinerdoppischenSchuldenbremseistderHaushaltsaus-
gleichhingegeninjedemFallsichergestellt–folglichwerdensichkommunalpolitischeDebatten
höchstwahrscheinlichineineRichtungbewegen,inderdieDiskussionumMaßnahmenzurErrei-
chungdieserVorgabeunterVermeidungdesGenerationenbeitragskreist.
Grundsätzlichistanzumerken,dassesfüreineKommunemithohemDefizitvorteilhaftist,wenn
siebereitszuBeginndesDefizitabbauzeitraumsmöglichststarkkonsolidiert.Dasgewährleistet,
dassDefiziteüberdievonihnenprovoziertenFolgennichtzumMotorihrereigenenEntwicklung
avancieren.Somachen rascheundentschlosseneKonsolidierungsmaßnahmenzuBeginnnoch
merklichereMaßnahmeninderZukunftentbehrlich,danichtauchnochdiezusätzlichenFolgen
höhererDefizite (z.B.höhereVerschuldungunddamithöhererZinsaufwand)getragenwerden
müssen(Abb.57).
AlsweitereUnterstützungzumZeitpunktderEinführungderKommunalschuldenbremsekann
z.B. auch seitens der Länder angedacht werden, Entschuldungsprogramme für hoch defizitäre
Kommunenaufzulegen,mitderenHilfedieZinsaufwendungenderKrisenkommunenverringert
werden. Dies erleichtert die Erreichung der Konsolidierungsziele. Derartige Entschuldungspro-
grammeexistierenbereitsinsiebenBundesländern.192WelcheKommunenzuderangesprochenen
GruppederhochdefizitärenKommunenzuzählensind,kannlandesspezifischanhandkonkreter
Kennzahlen (z.B. ordentliches Ergebnis, Kassenkreditbestand) mit Schwellenwerten in Euro je
EinwohnerimMehrjahresschnittbestimmtwerden.
192 Hessen,NRW,Niedersachsen,Sachsen-Anhalt,Mecklenburg-Vorpommern,Rheinland-Pfalz,Schleswig-Holstein
176 Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
Quelle: Eigene Darstellung
Abbildung 57: Entscheidungsparameter bei der Festlegung des Defizitabbaupfades (kontrolliert ausgestalteter Eigenkapitalabbau/Defizitreduzierung bis zur Wiedererreichung des jahresbezogenen Haushaltsausgleichs)
Ein hoher Abbaubetrag erfordert starkeKonsolidierungsanstrengungen bereits in denAnfangsjahren; einzelne Konsolidierungsmaß-nahmen erfordern Zeit, bis sie ihre volle Wirkung entfalten können
Ein niedriger Abbaubetrag bedingt, dass übereinen Mehrjahreszeitraum weitere Defiziteentstehen, deren Folgen den Haushaltsausgleichin Folgeperioden erschweren
4.5 Antizyklischer Ausgleich
In der bislang beschriebenen Ausgestaltung wirkt die doppische Kommunalschuldenbremse
zyklisch,dasheißt,inPhasenschlechterKonjunkturmüsstenvorOrtzusätzlichErträgeerhöht
bzw.Aufwendungengesenktwerden,umdenHaushaltsausgleichzuerreichen.Nachallgemeiner
Auffassung fälltdemStaat indeseineantizyklischekonjunkturpolitischeVerantwortungzu: In
Krisenzeiten soll der Staat die Nachfrage (defizitfinanziert) stimulieren, in Zeiten eines stark
wachsendenBruttoinlandsproduktssollerdurchVerringerungstaatlicherNachfragedieKonjunk-
turvoreinemÜberhitzenbewahrenundÜberschüsseerwirtschaften(sogenannteantizyklische
Fiskalpolitik).HauptträgerderkonjunkturpolitischenVerantwortungsinddiestaatlichenGebiets-
körperschaften,d.h.dieBundesländersowievorallemderBund.193Umstrittenistindes,obauch
dieKommuneneinesolcheantizyklischeHaushalts-undFinanzpolitikbetreibensollenbzw.kön-
nen–eineeinzelneKommune istdazuaufgrundderbeschränkten finanziellenMöglichkeiten
gewissnichtbzw.höchstensörtlichbegrenztinderLage.AnderssiehtdieSituationallerdingsin
BezugaufdieGesamtheitderKommunenaus.
SosindesgeradedieKommunen,dieüberihreInvestitionstätigkeitinSachanlagevermögenüber
einenvoluminösenHebelzurUmsetzungeinerantizyklischenPolitikverfügen(vgl.dazuTeilII,
Kap.4.3).AuchbirgtdieUmsetzungeinerzyklischenFinanzpolitikaufkommunalerEbenedie
Gefahr,derantizyklischenFiskalpolitikaufstaatlicherEbeneentgegenzuwirkenbzw.sieaufzuhe-
ben. IndiesemFall könntederGesamtstaat seinerkonjunkturpolitischenVerantwortungnicht
193 Vgl.Zimmermann2006,S.394.
177Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
gerecht werden. Vor diesem Hintergrund kann grundsätzlich auch den Gemeinden und Gemein-
deverbänden die Aufgabe zugesprochen werden, die Konjunktur in Krisenzeiten anzukurbeln
bzw. in Boomzeiten zu dämpfen.
Das bisher erläuterte Konzept der Kommunalschuldenbremse schreibt für jedes Jahr das Errei-
chen des Haushaltsausgleichs vor. Eine antizyklische Finanzpolitik ist damit nicht möglich. Das
Gebot zum Ausgleich des ordentlichen Ergebnisses ist jedoch nicht statisch, sondern dynamisch
zu verstehen. In konjunkturellen Schwächephasen – die sich durch Einbrüche bei den Steuererträ-
gen und ggf. in Kombination mit Aufwandserhöhungen z. B. bei den Sozialaufwendungen aus-
zeichnen – kann es legitim sein, das Eigenkapital zeitlich begrenzt zu reduzieren. In diesen Fäl-
len wird das Eigenkapital quasi als Puffer genutzt. Das heißt aber auch, dass in Zeiten des
wirtschaftlichen Aufschwungs Überschüsse im ordentlichen Ergebnis erzielt werden müssen. Auf
die Reduzierung des Eigenkapitals in Schwächephasen müssen in guten Phasen Überschüsse im
ordentlichen Ergebnis folgen. Nur so ist gewährleistet, dass das Eigenkapital langfristig nähe-
rungsweise konstant bleibt.
Um ein solches antizyklisches Verhalten zu ermöglichen, muss die beschriebene Pflicht des jähr-
lichen Haushaltsausgleichs durch eine Pflicht zum Haushaltsausgleich im Mehrjahreszeitraum
ersetzt werden, wobei die Einhaltung des Haushaltsausgleichs im Mehrjahreszeitraum durch den
Generationenbeitrag sichergestellt wird. Der Haushaltsausgleich muss demnach beispielsweise in
jedem 5-Jahres-Zeitraum (also z. B. sowohl 2010–2014 als auch 2011–2015 und 2012–2016 etc.)
erreicht werden. Die konkrete Länge des Zeitraums sollte einheitlich im Haushaltsrecht verankert
werden.
Durch die Pflicht zum Haushaltsausgleich im Mehrjahreszeitraum wird gewährleistet, dass nicht
nur in Krisenzeiten Defizite eingegangen werden (wie dies auch heute schon vielerorts der Fall
ist), sondern dass vor allem auch in guten Zeiten Überschüsse erzielt werden, die die in Krisenjah-
ren angehäuften Defizite kompensieren. Es wird ebenso sichergestellt, dass im Falle einer vor Ort
langanhaltenden Wirtschaftskrise (z. B. Abwanderung eines wichtigen Gewerbesteuerzahlers)
nicht dauerhaft Defizite eingegangen werden. Stattdessen wird die Kommune rechtzeitig dazu ver-
anlasst, zeitnah ihr Leistungsangebot und Abgabenniveau auf die dauerhaft niedrigere Wirt-
schaftsleistung anzupassen.
Im doppischen System kann das Konzept des Haushaltsausgleichs im Mehrjahresschnitt alterna-
tiv auch durch eine Pflicht zur jährlichen Bildung von sogenannten Krisenrückstellungen ersetzt
werden (Passivseite der Bilanz), wobei in gleicher Höhe Finanzvermögen aufzubauen ist (Aktiv-
seite der Bilanz). Das Finanzvermögen darf hierbei nur in Krisenjahren verwendet werden – bei
gleichzeitiger ertragswirksamer Auflösung der Krisenrückstellungen.194 Die Bildung der Rückstel-
lungen hat hierbei den Charakter von ordentlichen Aufwendungen und erfordert somit die
Deckung durch entsprechende ordentliche Erträge. Der Haushaltsausgleich wäre im Konzept der
Krisenrückstellungen jährlich über die Auflösung der angesammelten Krisenrückstellungen zu
erreichen. Die Höhe der jährlich zu bildenden Krisenrückstellungen ist im Haushaltsrecht einheit-
194 Vgl. Gnädinger/Hilgers 2010; Burth 2012a.
178 Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
lich festzulegen. Denkbar ist z. B., die Höhe der Krisenrückstellungen prozentual an die Höhe der
ordentlichen Erträge zu koppeln.
Welche der beiden zuvor genannten Alternativen – Haushaltsausgleich im Mehrjahreszeitraum
versus jährlicher Haushaltsausgleich in Verbindung mit Krisenrückstellungen – gewählt wird,
bleibt dem Gesetzgeber vorbehalten. Eine der beiden Alternativen sollte jedoch verpflichtend fest-
gelegt werden.
5 Wirkungen und Anreize einer doppischen Kommunalschuldenbremse
Kommunale Haushaltsdefizite sind das Resultat des Zusammenwirkens endogener (z. B. lokale
Politik) und exogener Faktoren (z. B. Konjunktur).195 In welchem Maße diese in den Gemeinden
und Gemeindeverbänden jeweils gewichtet sind, kann allgemein nicht beantwortet werden. In
Bezug auf die exogenen Faktoren ist vor allem die Problematik übertragener sozialer Aufgaben
zu nennen, die unvollständig gegenfinanziert wurden. In diesem Feld sind in den vergangenen
Jahren wesentliche Fortschritte erreicht worden.196 Dies ist ein entscheidender Schritt zur Verbes-
serung der kommunalen Finanzsituation, was sich auch in der positiven mittelfristigen Prognose
ausdrückt.197 Die Rahmenbedingungen für die kommunalen Haushalte in Gänze sind so gut, wie
seit vielen Jahren nicht mehr. Die kommenden Jahre müssen durch die Verantwortlichen vor Ort
dazu genutzt werden, Haushaltsdefizite und Kassenkredite abzubauen. Die doppische Kommu-
nalschuldenbremse unterstützt diesen Prozess, indem sie die endogenen Faktoren adressiert.
Insbesondere die politökonomische Theorie unterstellt der Politik – auch der Kommunalpolitik –
häufig ein gewisses eigennütziges Interesse. Dies bedeutet die Abkehr von dem in der Ökonomie
gezeichneten Bild eines „wohlwollenden, gemeinwohlorientierten Herrschers“ hin zum Interesse
der Sicherstellung der eigenen Wiederwahl oder sonstiger mit dem politischen Amt verknüpfter
Eigennutzinteressen. Um diese Wiederwahl/die Eigennutzinteressen sicherzustellen, bedienen
sich einige Politiker gerne des Instruments der Verschuldung.198 Die relativ unproblematische Ver-
fügbarkeit dieser Finanzierungsform gepaart mit Unwissenheit und/oder Ignoranz gegenüber den
daraus resultierenden zukünftigen Verpflichtungen (Zins und Tilgung) verführt Politiker dazu,
Schulden einzugehen, ermöglicht es doch das Instrument der Schulden, Wahlgeschenke in Form
von Abgabensenkungen oder Ausgabesteigerungen zu verteilen, um Wähler in Bezug auf die
eigene Person positiv zu stimmen. Da sowohl die Politik als auch die Bürger/Wähler vielfach nicht
wissen bzw. ausblenden, welche negativen Folgen Schulden langfristig nach sich ziehen (z. B.
Abgabenerhöhungen, Leistungskürzungen), messen sie steigender Verschuldung ein verhältnis-
mäßig geringes Gewicht zu. Hinzu kommt, dass durch das Agieren im Milliardenbereich die Höhe
der Verschuldung für den Einzelnen kaum noch verständlich ist. Während die in der Zukunft zu
195 Ausführlich vgl. Boettcher 2013.196 So übernimmt der Bund einen höheren Anteil an den Kosten der Unterkunft, der Kita-Investitionen und des laufenden Betriebs
sowie die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Für die Eingliederungshilfen sind Verhandlungen angekündigt.197 Die kommunalen Verbände prognostizieren für die Jahre 2013 zu 2016 jährliche Überschüsse von rund vier Mrd. Euro.
Parallel wächst die Heterogenität zwischen armen und wohlhabenden Städten. Vgl. Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände 2013.
198 Vgl. ausführlich Geißler 2011, S. 36 ff.
179Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
höherenAbgabenundEinschränkungenimLeistungsniveauführendenSchuldennurgeringfügig
negativwahrgenommenwerden,werdendieschuldenfinanziertenAbgabenkürzungenundLeis-
tungssteigerungenvondenWählerndemgegenüberstärkerpositivhonoriert,dasiedieseunmit-
telbarerspüren(z.B.100EuroproJahrmehrimGeldbeuteldurchschuldenfinanzierteSteuersen-
kung). Den bestehenden haushaltsrechtlichen Regelungen wohnt damit ein Anreiz inne,
schuldenfinanziertAusgabenzutätigenbzw.aufEinnahmenzuverzichten,dahierdurchWähler
positivgestimmtwerdenkönnen.
DiedoppischeKommunalschuldenbremsemitihrenHauptkomponenten„PflichtzumHaushalts-
ausgleichimordentlichenErgebnis“und„GenerationenbeitragalsUltimaRatio“drehtdieoben
genanntenpolitischenFehlanreizeum.DajedezusätzlicheErtragssenkungbzw.Aufwandserhö-
hungimFalleeinesunausgeglichenenHaushaltsstetsmitderDrohkulissedesGenerationenbei-
tragsverbundenist,wirdsichdieArgumentationsketteumkehren.StattderFrage„Kannichdurch
die Ertragssenkung/Aufwandssteigerung eine bestimmte Klientel befriedigen und Wählerstim-
mengewinnen?“stehtimVordergrundnundieFrage„IstesmirdieErtragssenkung/Aufwands-
steigerungwert,aufgrunddesimDefizitfallzuerhebendenGenerationenbeitragsWählerstimmen
indennichtbegünstigtenBevölkerungsgruppenzuverlieren?“.DieErreichungdesHaushaltsaus-
gleichs,d.h.mithindieSicherstellungeinergenerationengerechtenHaushaltspolitik,wirddamit
ineinewichtigeWährungderPolitikübersetzt:Wählerstimmen.Folgeist,dassbestehende,lange
ZeitauspolitischenGründenunantastbareAufwands-undErtragspositionennungenausokritisch
aufdenPrüfstandgestelltwerdenwiejedeneueertragssenkendebzw.aufwandserhöhendeMaß-
nahme.ImVordergrundderHaushaltspolitikwirddieVermeidungderErhebungdesGeneratio-
nenbeitragsstehen,dadieser,sofernernichtdurchentsprechendeLeistungsbündelbegründet
wird,einemEingeständniseiner ineffizientenHaushaltspolitikgleichkommt.Esbestehtdamitein
Anreiz,denHaushaltauseigenerKraftdurchgeeigneteKonsolidierungsmaßnahmenauszugleichen.
FernerlöstdiedoppischeKommunalschuldenbremseeinweiteresProblem:DieSicherstellungder
Generationengerechtigkeit ist nicht mehr vom Konsolidierungswillen vor Ort abhängig, da mit
demGenerationenbeitrageinautomatischerSanktionsmechanismusetabliertwird.Dieserstellt
sicher,dass,selbstwenndiePolitikkeinernsthaftesInteresseamHaushaltsausgleichhatundlie-
ber auf Kosten künftiger Generationen wirtschaften möchte, der Haushaltsausgleich trotzdem
erzwungenwird,danotfallsderGenerationenbeitraginentsprechenderHöhefürdieSchließung
derLückesorgt.AusdemSanktionsmechanismuserwächstdamitderbereitsbeschriebeneAnreiz,
denHaushaltauseigenerKraftzukonsolidierensowiesicherzustellen,dassHaushaltekünftig
nichtmehrkonsolidierungsbedürftigwerden.
DerAutomatismushatgleichzeitigdenpositivenNebeneffekt,dassdieStellungderaktuell
z.T.politischgeprägtenKommunalaufsichtgestärktwird;derautomatischeSanktionsmecha-
nismusGenerationenbeitragversetztdieKommunalaufsicht indieLage,denGrundsatzder
Generationengerechtigkeit der Haushaltswirtschaft vergleichsweise einfach durchzusetzen.
AktuellgelingtdiesbeiKommunenmitHaushaltssicherungskonzeptvielfachnicht,dakeine
automatische Sanktionierung vorgesehen ist bzw. politische Entscheidungsträger teilweise
DruckaufdieKommunalaufsichtausübenkönnen.DanebenkönnendieaktuellenRechtsvor-
gaben zur Kredit- und Kassenkreditbegrenzung zwar – je nach Ausgestaltung besser oder
180 Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
schlechter–Geldschuldenbegrenzen; sie sind allerdings nicht imstande, einendefizitären
Haushalt in den Ausgleich des ordentlichen Ergebnisses zu führen. Sie können ggf. sogar
nachteilige Effekte haben, wenn z.B. die Nichtgenehmigung von Krediten Investitionen in
zukunftssensitiven Bereichen und damit jedwede Entwicklungsmöglichkeit verhindert. Mit
einerneuendoppischenSchuldenbremseinKombinationmitdemGenerationenbeitraggera-
tendieAufsichtsbehördenineineneueRolle–ihrWissen/ihreBeratungskompetenzinKon-
solidierungsfragenwirdgefragter,denneskanndenKommunenhelfen,dieinihremInteresse
liegendeErhebungdesGenerationenbeitragszuverhindernbzw.zubegrenzen.Kommunalpo-
litikverliertdasInteresse,derAufsichtSachvorgängezuverschweigen,umsichdamiteine
Kreditgenehmigungzuerschleichen,dennderHaushaltwärezwingendnachGesetzeswegen
undnötigenfallsüberdenGenerationenbeitragauszugleichen.EinVerhandlungsspielraumin
BezugaufdieErreichungdesHaushaltsausgleichsunddamiteinHandlungsermessenderAuf-
sichtsbehörden,derwieimjetzigenModellgegenüberderAufsichthierbeigeltendgemacht
werdenkönnte,bestehtnicht.BeiVerfehlendesHaushaltsausgleichswäredieAufsichtnöti-
genfallsindergesetzlichenHandlungspflicht,denGenerationenbeitragimWegederErsatz-
vornahmedurchzusetzen.
Hinzukommt,dassdiedoppischeKommunalschuldenbremseerstmalsfürjedenBürger/Wähler
spürbarmacht, inwelcherHöheAbgabenniveauundLeistungsniveaunichtübereinstimmen–
denndieDifferenzzwischenbeidenGrößenwirdnotfallsüberdenGenerationenbeitraggedeckt.
FürdenBürgerwirddieHöhedesHaushaltsdefizitsdamit(erstmals)fühlbargemacht,daerauf-
grundderSonderabgabeGenerationenbeitragimeigenenGeldbeutelsieht,wiehochdasDefizit
ist.DasEntstehendersogenanntenSchuldenillusionwirdimKeimerstickt.Gleichzeitigwirddas
Thema der kommunalen Defizite bzw. der Kommunalverschuldung medientauglicher: Eine tat-
sächlichdrohende,unmittelbareBelastungderBürger (Generationenbeitrag) ist indenMedien
deutlich einfacher kommunizierbar, als dies bisher der Fall ist (z.B. Neuverschuldung von
10.000.000Euro,dieirgendwanninderZukunftAbgabenerhöhungenbzw.Leistungskürzungen
nachsichziehenwird).
EineweiterepositiveWirkungderdoppischenKommunalschuldenbremsebesteht in ihrerver-
gleichsweise geringen Manipulierbarkeit. So kann z.B. die zentrale Kenngröße „ordentliches
Ergebnis“nichtdurchVermögensverkäufeunter/überBuchwertbeeinflusstwerden,dadieseim
ordentlichenErgebnisnichterfasstwerden.Auchistesnichtmöglich,denSanktionsmechanismus
durcheineoptimistischeHaushaltsplanungzuumgehen,daernichtnurinderPlanungs-,son-
dernauchinderRechnungslegungsphasegreift.Diesführtdazu,dasskeinAnreizzuroptimisti-
schenPlanungbesteht–vielmehrwirdrealistischbisvorsichtiggeplantwerden(müssen),um
denGenerationenbeitraginderRechnungslegungzuvermeiden.DurcheinevorsichtigePlanung
vonErträgenundAufwendungenwirdwiederumdieWahrscheinlichkeiterhöht,dassderHaus-
haltsausgleicherreichtbzw.einÜberschusserwirtschaftetwird.Diesbegünstigtgleichzeitigden
AbbaubestehenderSchuldenunderleichtertdurchdamitreduzierteZinsaufwendungendasErrei-
chendesHaushaltsausgleichsinderZukunft.
Richtig ist, dass die doppische Kommunalschuldenbremse einen Einfluss auf die kommunale
Selbstverwaltunghat.EshandeltsichhierbeijedochnichtumeinenEingriff,derdiekommunale
181Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
Selbstverwaltungschwächt,sondernumeinenEingriff,dersie langfristigstärkt, indembereits
bestehende Grenzen der kommunalen Selbstverwaltung klar gezogen werden: Diese Grenze
bestehtkonkretineinemVerbot,aufKostenkünftigerGenerationenzuwirtschaften.Kommunale
SelbstverwaltungistinsgesamtohnekommunaleSelbstverantwortungnichtdenkbar.DieKommu-
nalschuldenbremseüberlässtesinsoferndenkommunalenEntscheidungs-undVerantwortungs-
trägernvorOrt,durchwelcheMaßnahmenderHaushaltsausgleichsichergestelltwerdensoll.Die
Kommunekannselbstentscheiden,aufwelchemWegsiesichkonsolidiert,genauer:aufwelche
Aufwendungensieverzichtetbzw.durchwelcheErtragsartensieggf.verbleibendeLückenschlie-
ßenwill.LediglichimFallderFälle,d.h.demVerfehlenderGenerationengerechtigkeitsmaxime,
greiftderGenerationenbeitragundstelltdasNicht-ÜbertretenderGrenzenderSelbstverwaltung
sicher.DieEntscheidungsfreiheit,obundinwelchemUmfangkommunaleLeistungenzurückge-
fahrenwerden,istdamitweiterhinvollständigderKommunevorbehalten.SomussdasLeistungs-
angebotauchnichtnotwendigerweisereduziertwerden,soferndieBevölkerungdiesnichtwill/
entsprechende Präferenzen hat. Allerdings wird sichergestellt, dass das hohe Leistungsniveau
auchdurchdieaktuelleGeneration invollerHöhe inFormentsprechenderAbgabenfinanziert
wirdunddieFinanzierungnichtaufkünftigeGenerationenabgewälztwird.Langfristigkommtes
somitzueinerStärkungderkommunalenSelbstverwaltung,dadurchdauerhafteSicherstellung
desHaushaltsausgleichskünftigenGenerationenneuefinanzielleHandlungsspielräumeeröffnet
werden,diedieseimFalledauerhaftschuldenfinanzierterDefizitenichthätten.
EineweiterepositiveWirkungderKommunalschuldenbremsebestehtdarin,dassbereitsheute
nachhaltigwirtschaftendeKommunendurchsienichtbenachteiligtwerdenundauchkeinerlei
Sanktionierungzubefürchtenhaben,sofernsieihresolideHaushaltspolitikfortsetzen.EineKom-
mune,diedauerhaftdasordentlicheErgebnisausgleicht,wird ihresHandlungsfreiraumsnicht
beraubt.GleichzeitigwirddiesenKommunen/derkommunalenFührungjedocheinzusätzliches
InstrumentandieHandgegeben.DerGenerationenbeitrag isteinscharfesSchwertgegenüber
konsolidierungsunwilligenKommunalpolitikern.EristeinInstrument,mitdessenHilfedenjeni-
gen Teilen der Vertretungskörperschaft, die die hart ersparten Früchte der Vergangenheit als
WahlgeschenkeverteilenundeinenWegunverantwortlicherHaushaltspolitikgehenwollen,ein
wirkungsvoller Riegel vorgeschoben werden kann. Die doppische Kommunalschuldenbremse
stelltdamitsicher,dassdasLebenswerkdiszipliniert-sparsamerKommunalpolitikernichtdurch
einespätere,verschwenderischePolitikergenerationzerstörtwerdenkann.
EinzentralesProblembestehenderSchuldenbremsen-Regelungenbestehtdarin,dasssiesichauf
Geldschulden(d.h.insbesondereInvestitionskrediteundKassenkredite)fokussieren.Eineinihrem
VolumenjedochnichtminderbedeutsameSchuldenartwirddamitausgelassen:dieRückstellungen.
Die vorgestellte doppische Kommunalschuldenbremse löst dieses Problem, indem sie über die
PflichtzumHaushaltsausgleichbeideSchuldenkategorienberücksichtigt.SoführenGeldschulden
imErgebnishaushaltzuZinsaufwendungen,diedurchordentlicheErträgezudeckensind.DasGlei-
chegiltfürdieaufwandswirksameRückstellungsbildung.DieSchuldenbremsebremstdamitindi-
rektdasSchuldenwachstum(vonGeldschulden/VerbindlichkeitenundRückstellungen).
DiedoppischeKommunalschuldenbremseverbietetindeskeineSchulden–d.h.eshandeltsich
nichtumeinKommunalschuldenverbot.GeradeimHinblickaufdiequasinichtverbietbareRück-
182 Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
stellungsbildungwäreeinsolchesVerbotauchunsinnig.VielmehrknüpftdiedoppischeKommu-
nalschuldenbremsedieHöhetragbarerVerschuldungandieFrage,obderSchuldenbestanddazu
führt,dassaufKostenkünftigerGenerationengewirtschaftetwirdodernicht.SolangederAus-
gleich des ordentlichen Ergebnisses gelingt, d. h. eine generationengerechte Haushaltspolitik
betriebenwird,istdieAufnahmevonSchuldenweiterhinmöglich.Insbesonderewerdenschulden-
finanzierteInvestitionsprojekte,ausderenInvestitionsobjekthöhereErträgeerwirtschaftetwer-
den,alsAufwendungen(inklusiveZinsaufwendungen)fälligwerden,nichtverboten.DieseForm
derrentierlichenVerschuldungbegünstigtvielmehrdenHaushaltsausgleich.
EngverknüpftmitderzusätzlichenErfassungvonRückstellungeninderdoppischenKommunal-
schuldenbremse ist das Problem, dass selbst im Falle des dauerhaften Erreichens des Haus-
haltsausgleichs die die Rückstellungsbildung deckenden Erträge und Einzahlungen nicht im
realisierbarenVermögen(z.B.Finanzvermögen)belassenwerdenmüssen,sonderndurchnicht
ergebniswirksameAktivtauscheinnichtrealisierbaresVermögen(z.B.Straßen,Brücken)trans-
formiertwerdenkönnen.EsbestehtdamitdieGefahr,dasszudemZeitpunkt,zudemdieange-
sammelten Rückstellungen zahlungswirksam werden, keine entsprechenden Finanzmittel vor-
handen sind und die Rückstellungen daher schuldenfinanziert aufgelöst werden müssen (z.B.
kassenkreditfinanziertePensionszahlungen).UmdiesesProblemzu lösen,siehtdasdoppische
Schuldenbremsenkonzeptvor,dassneugebildeteRückstellungeninentsprechenderHöhedurch
zumZahlungszeitpunktrealisierbaresVermögengedecktseinmüssen.SchuldenfinanziertePen-
sionszahlungenetc.sinddamitnichtmehrnötig.Hinzukommt,dassz.B.durchimrealisierbaren
VermögenbelassenesFinanzvermögenZinserträgeerwirtschaftetwerdenkönnen,diedenHaus-
haltsausgleicherleichternundderKommunedamitneueHandlungsspielräumeeröffnen.
EintraditionellesLippenbekenntniseinzelnerPolitikerbestehtzuweilendarin,dieinKrisenzeiten
angehäuftenDefizite(inklusivederdamitverbundenenNeuverschuldung)inkonjunkturellguten
ZeitenwiederdurchÜberschüssezunivellieren.ZwargibtesinderTateinigeKommunen,die
dies so handhaben; für die Summe der Kommunen fällt indes auf, dass zwar in Krisenjahren
Schuldenaufgebautwerden,diesejedochinZeitenguterKonjunkturnichtodernurunwesentlich
zurückgeführtwerden.Dieshat inderVergangenheitzueinerstetigsteigendenKommunalver-
schuldung geführt. Eine antizyklische Haushalts- und Finanzpolitik kann hierin nicht erkannt
werden.DiesesProblemwirddurchdiedoppischeKommunalschuldenbremsegelöst. Sie stellt
überdiePflichtzumHaushaltsausgleichimMehrjahreszeitraumbzw.alternativdurchdasKonst-
ruktderKrisenrückstellungeninVerbindungmitdemGenerationenbeitragsicher,dassnichtnur
inschlechtenZeitenDefiziteeingegangen,sonderninsbesondereauchingutenZeitenentspre-
chendeÜberschüsseerwirtschaftetwerden.
DasGleichegiltfüreineetwaigeÜbergangsregelung.SobestehtimbestehendenRechtsrahmen
vielerLänderzwarbereitseineVerpflichtung,mittelsderimHaushaltssicherungskonzeptgeplan-
tenMaßnahmendenHaushaltsausgleichmittelfristigwiederzuerreichen.TatsächlichsindHaus-
haltssicherungskonzepteineinigenKommunenjedochzueinerDauereinrichtunggeworden,in
derdieDefizitez.T.sogarehersteigenalsfallen.DieDefizitabbaupfadewerdenfolglichnichtein-
gehalten.InderÜbergangsregelungdesModellseinerdoppischenKommunalschuldenbremseist
einNicht-EinhaltendesDefizitabbaupfadsnichtmehrmöglich–dervereinbarteAbbaupfadwird
183Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
notfallsüberdenGenerationenbeitragsichergestellt.Esistdamitgewährleistet,dassdiebetroffe-
nen,hochdefizitärenKommunenamEndedergeplantenDefizitabbauperiodetatsächlichvollstän-
digkonsolidiertsind.
Zusammenfassendkanndamitfestgehaltenwerden,dassdurchdasimGrunderelativeinfache
Konzept einer doppischen Kommunalschuldenbremse ein Anreiz- und Sanktionsmechanismus
geschaffenwerdenkann,dereinengroßenTeilderProblemebestehenderSchuldenbegrenzungs-
regelungenlöstundebensoeinenTeilderUrsachensteigenderKommunalverschuldungbeseitigt.
LöstinsbesonderederBundseineZusageein,dieKommunenvonsozialenAusgabenzuentlasten,
kanndiedoppischeKommunalschuldenbremsedauerhaftstabileFinanzensichern.EinLebenauf
KostenkünftigerGenerationenwürdederVergangenheitangehören.
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196 Glossar
Glossar
Abschreibungen|AbschreibungenbezeichnendenWerteverzehrvonabnutzbarenVermögensge-
genständen.Siedienendazu,dieAnschaffungs-undHerstellungskostenperiodengerechtaufdie
Nutzungsdauerzuverteilen.AbschreibungenwerdeninderDoppikalsAufwanderfasst.
AllgemeineDeckungsmittel|UnterallgemeinenDeckungsmittelnwerdenfreiundohneZweck-
bindungverfügbareFinanzenverstanden.EshandeltsichumErträge,diekeinerZweckbindung
unterliegen.VolumenseitiggewichtigsinddabeiinsbesonderediekommunalenSteuernunddie
Schlüsselzuweisungen.ErträgeausderAuflösungvonSonderposten (fürempfangene Investiti-
onszuweisungen)sindhingegeneintypischesBeispielfürErträge,dienichtzudenallgemeinen
Deckungsmittelnzählen.IhrVerwendungszweckisteingeschränkt.
Altenquotient|DerAltenquotientwirdinderStatistiküberdieFortschreibungdesBevölkerungs-
standesalsdieAnzahlderPersoneninder„Generation60+“je100Personenmit20bisunter
60Jahrenangegeben.DieKennzahlverdeutlichtsomitineinerNäherungdasVerhältnisvonjun-
gen Alten und Hochbetagten zu den potentiellen Erwerbspersonen. Der Altenquotient ist eine
KennzahlzurDarstellungderVersorgungsaufgabendermittlerenGeneration.Aufkommunaler
Ebene istalsVersorgungsaufgabe insbesonderedienahräumlicheUnterstützungzwischenden
Generationenzubetrachten.
Anteilsrechte|InderFinanzvermögensstatistikwerdenAnteilsrechtealsFinanzaktivaerfasst.Bei
ihnenhandeltessichumForderungen,durchdieEigentumsrechteanUnternehmenundEinrichtun-
genverbrieftsind.MitdiesenfinanziellenAktivaistinderRegeleinAnspruchaufeinenAnteilam
GewinnundandenEigenmittelnimFallederLiquidationverbunden.ZudenAnteilsrechtengehören
börsennotierteundnichtbörsennotierteAktien,sonstigeAnteilsrechteundInvestmentzertifikate.
Aufwand|UnterAufwendungenwird inderDoppikderbewerteteRessourcenverbraucheiner
Rechnungsperiodebezeichnet.AufwendungenwerdenimErgebnishaushaltgeplant.Dierealisier-
ten Aufwendungen werden in der Ergebnisrechnung ausgewiesen. Aufwendungen vermindern
dasEigenkapital.Aufwendungensindz.B.Personalaufwendungen,Zinsaufwendungen,Abschrei-
bungen,AufwendungenfürRückstellungsbildung.
Ausgaben/Einnahmen der Kapitalrechnung | Bei den Ausgaben/Einnahmen der Kapitalrech-
nunghandeltessichjeweilsumSummenverschiedener,spezifischerAusgabe-oderEinnahme-
positionen:dieSummeallerAusgabenundEinnahmen,dieeineVermögensveränderungherbei-
führenoderderFinanzierungvon InvestitionenandererTrägerdienenundkeinebesonderen
Finanzierungsvorgänge darstellen (Baumaßnahmen, Erwerb und Veräußerung von Vermögen,
ZuweisungenundZuschüssefürInvestitionen,sonstigeVermögensübertragungen,Darlehensge-
währungen und -rückflüsse, Tilgungsausgaben und Schuldenaufnahmen beim öffentlichen
Bereich),bereinigtumZahlungenvongleicherEbene.DieAusgabenderKapitalrechnungbilden
zusammenmitdenAusgabenderlaufendenRechnungdiebereinigtenAusgaben;dieEinnahmen
derKapitalrechnungbildenzusammenmitdenEinnahmenderlaufendenRechnungdieberei-
nigtenEinnahmen.
197Glossar
Ausgaben/Einnahmender laufendenRechnung|BeidenAusgaben/Einnahmender laufenden
RechnunghandeltessichjeweilsumSummenverschiedener,spezifischerAusgabe-oderEinnah-
mepositionen:dieSummeallerAusgabenundEinnahmen,dieimRahmendesVerwaltungsvoll-
zugssowiedesBetriebsvonEinrichtungenundAnstaltenmeistensregelmäßiganfallenundnicht
vermögenswirksamsind(Personalausgaben,laufenderSachaufwand,Zinsausgabenund-einnah-
men,ZuweisungenundZuschüssefürlaufendeZwecke,Steuern,Einnahmenauswirtschaftlicher
Tätigkeit,Gebühreneinnahmen),bereinigtumZahlungenvongleicherEbene.DieAusgabender
laufendenRechnungbildenzusammenmitdenAusgabenderKapitalrechnungdiebereinigten
Ausgaben;dieEinnahmender laufendenRechnungbildenzusammenmitdenEinnahmender
KapitalrechnungdiebereinigtenEinnahmen.
Ausländer|InderStatistiküberdieFortschreibungdesBevölkerungsstandesgeltenPersonen,
dienichtDeutscheimSinnedesArt.116Abs.1GGsind,alsAusländer.StaatenloseundPersonen
mitungeklärterStaatsangehörigkeitzählenebenfallsdazu.Deutsche,diezugleicheine fremde
Staatsangehörigkeitbesitzen,werdennichtalsAusländergezählt.Asylbewerberzählenzurnicht
deutschenBevölkerung.
Ausleihungen (vergebeneKredite)|Ausleihungenwerden inderFinanzvermögensstatistikals
Finanzaktiva erfasst. Ausleihungen entstehen, wenn Gläubiger Mittel an Schuldner entweder
direktoderunterZwischenschaltungeinesVermittlersgewährenunddieseentwederineinem
nichtbegebbarenTitelodergarnichtverbrieftsind.
Bargeld und Einlagen | In der Finanzvermögensstatistik werden Bargeld und Einlagen als
Finanzaktivaabgebildet.ZumBargeldzählendieimUmlaufbefindlichenNotenundMünzen
(auchinFremdwährung),dieüblicherweisealsZahlungsmittelverwendetwerden.DieEinla-
genunterteilensichinSichteinlagenundsonstigeEinlagen.UnterdieSichteinlagenfallenEin-
lagen bei Banken, deren sofortige Umwandlung in Bargeld verlangt werden kann oder die
durchScheck,Überweisung,LastschriftoderähnlicheVerfügungenübertragbarsind,diesohne
nennenswerteBeschränkungoderGebühren.BeisonstigeEinlagenhandeltessichnichtum
übertragbareSichteinlagen.SonstigeEinlagenkönnennichtjederzeitalsZahlungsmittelver-
wendetwerden,undes istnichtohnenennenswerteBeschränkungoderGebührenmöglich,
ihreUmwandlunginBargeldzuverlangenodersieaufDrittezuübertragen.
Beamte | Beamte sind eine Form öffentlicher Beschäftigung. Sie stehen in einem besonderen
öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zu ihrem Dienstherrn, woraus besondere Rechte und
Pflichtenresultieren.IhrBeschäftigungsverhältnisbestimmtsichimGegensatzzudenAngestell-
tennichtnacheinemTarifvertrag,sondernnachdemBeamtengesetz.
Beihilfen|BeamtesindnichtMitglieddergesetzlichenSozialversicherung.Beihilfebezeichnet
diefinanzielleUnterstützungderDienstherrenfürBeamteinderKrankenversicherung.
Bevölkerungsfortschreibung|DieBevölkerungsfortschreibungwirdinderStatistiküberdieFort-
schreibungdesBevölkerungsstandespubliziert.BeiFortschreibungenhandeltessichgenerellum
statistischeVerfahren,beidenenZu-undAbgängeverrechnetwerden.MitderBevölkerungsfort-
198 Glossar
schreibungwirdeineregelmäßigeAdditionderGeburtenundZuzügesowieSubtraktionderSter-
befälleundWegzügeaufeinembestimmtenGebietvorgenommen.
Bruttoinlandsprodukt | Das Bruttoinlandsprodukt bezeichnet den Wert der innerhalb eines
bestimmtenZeitraumsproduziertenWarenundDienstleistungenineinemWirtschaftsgebiet.Es
isteinMaßfürdiewirtschaftlicheLeistungsfähigkeit.
Demographischer Wandel | Unter dem Begriff demographischer Wandel werden verschiedene
VeränderungenderBevölkerunginZahlundStrukturzusammengefasst.Hierunterfallenz.B.der
RückgangderEinwohner,dieAlterung,MigrationoderHaushaltsgrößen.
Doppik, kommunale | Der Begriff der kommunalen Doppik bezeichnet das neue kommunale
Haushalts-undRechnungswesen,welchesaufdenPrinzipienderdoppeltenBuchführungbasiert.
BeiderkommunalenDoppikhandeltessichumeinRechnungssystem,dasv.a.dieHaushaltspla-
nung,dieHaushaltssteuerung,dieBuchführungunddasRechnungswesenderKommunenmoder-
nisierensoll.DieDoppikistu.a.dadurchgekennzeichnet,dasssiedenRessourcenverbrauchperi-
odengerechtinErgebnishaushaltundErgebnisrechnungabbildetsowieVermögenundSchulden
vollständig in der Vermögensrechnung/Bilanz gegenüberstellt. Ferner werden die Jahresab-
schlüssevonKernverwaltungundAuslagerungenkonsolidiertimRahmendesKonzern-/Gesamt-
abschlusseszusammengefasst.DerGroßteilderKommuneninDeutschlandstelltderzeitvonder
traditionellenKameralistikaufdieDoppikumbzw.hatdenUmstellungsprozessbereitsvollendet.
DiehaushaltsrechtlichenNormender13Flächenländersindnichteinheitlich(z.B.unterschiedli-
cheBegrifflichkeitenfürdenselbenSachverhalt,verschiedeneGliederungs-undBewertungsvor-
schriften).
Durchschnittshebesatz,gewogener|ZumZweckederVergleichbarkeitwerdenfürGruppenvon
Gemeinden, z.B. eines Flächenlandes oder einer Einwohnergrößenklasse, seitens der Statistik
gewogeneDurchschnittshebesätzeberechnet.DiesewerdennachderFormel(SIstaufkommenx
100)/SGrundbeträgegebildet.FürjedeRealsteuerart(GrundsteuernundGewerbesteuer)undfür
jedeGemeindewirdderGrundbetragnachderFormel(IstaufkommenS100)/Hebesatzberechnet.
Einkommensteueranteil,kommunaler|DerGesamtheitderGemeindeneinesLandesstehen15
ProzentderimLandaufgekommenenLohn-undveranlagtenEinkommensteuersowiezwölfPro-
zentderaufgekommenenAbgeltungsteuerzu,beiLohnsteuerundAbgeltungsteuerunterBerück-
sichtigungderZerlegung(§1desGesetzeszurNeuordnungderGemeindefinanzen–Gemeinde-
finanzreformgesetz).DerAnteiljedereinzelnenGemeindebestimmtsichnachihremAnteilander
SummederdurchdieBundesstatistikenüberdieLohn-undEinkommensteuerermitteltenEin-
kommensteuerbeträge.DabeiwerdennurEinkommensteuerbeträgeberücksichtigt,dieab2006
bundeseinheitlichaufzuversteuerndeEinkommenbiszu30.000Euro(35.000Euroab2012),bei
Zusammenveranlagungbiszu60.000Euro(70.000Euroab2012)entfallen.
Einrichtungen in öffentlich-rechtlicher Rechtsform | In der Personalstandstatistik werden
unterdenkommunalenEinrichtungeninöffentlich-rechtlicherRechtsformdierechtlichselbst-
ständigenKörperschaften,Anstaltenundöffentlich-rechtlichenStiftungen,dieunterderAuf-
199Glossar
sichtderGemeinden/GVstehen,zusammengefasst.EbenfallssinddieZweckverbändeeinge-
schlossen.
EinrichtungeninprivaterRechtsform|InderPersonalstandstatistikumfassendieEinrichtungen
inprivaterRechtsformdierechtlichselbstständigenprivatrechtlichenFonds,Einrichtungenund
Unternehmen,andenendieöffentlicheHandmitmehrals50Prozentunmittelbarodermittelbar
beteiligtist(insbesondereAGs,GmbHs).
EmpfängervonWaisengeld|EmpfängervonWaisengeld imSinnederVersorgungsempfänger-
standstatistik sind hinterbliebene Kinder von verstorbenen Ruhegehaltsempfängern und von
Bediensteten, die zum Zeitpunkt ihres Todes Anspruch auf Ruhegehalt oder Ruhelohn hatten,
soweitsieWaisengeldinHöhevonzwölfProzent(Halbwaisen),20Prozent(Vollwaisen)oder30
Prozent(Unfallwaisen)desRuhegehalts/Ruhelohnserhalten.
EmpfängervonWitwen-/Witwergeld|AlsEmpfängervonWitwen-/Witwergeldwerdendurchdie
Versorgungsempfängerstandstatistik hinterbliebene Ehegatten von verstorbenen Ruhegehalts-
empfängernundvonBediensteten,diezumZeitpunktihresTodesAnspruchaufRuhegehaltoder
Ruhelohnhatten,berücksichtigt.
Ergebnis, ordentliches|DasordentlicheErgebnis ergibt sich imdoppischenErgebnishaushalt
bzw.inderdoppischenErgebnisrechnungausderDifferenzzwischendenordentlichenErträgen
unddenordentlichenAufwendungen.EsstelltdenErfolgdergewöhnlichenGeschäfts-bzw.Ver-
waltungstätigkeitimbetrachtetenHaushalts-bzw.Rechnungsjahrdar.
Ertrag | Erträge bezeichnen in der Doppik das bewertete Ressourcenaufkommen einer Rech-
nungsperiode.DiePlanungderErträgeerfolgtimErgebnishaushalt.DierealisiertenErträgewer-
deninderErgebnisrechnungausgewiesen.ErträgemehrendasEigenkapital.BeispielefürErträge:
Steuererträge,Gebührenerträge,Zinserträge.
Extrahaushalte | Zu den Extrahaushalten zählen alle öffentlichen Fonds, Einrichtungen und
Unternehmen (FEUs), die nach den Kriterien des Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher
Gesamtrechnungen(ESVG)demSektorStaatzuzurechnensind(FEUsdesStaatssektors;synonym
FEUsdesNicht-Marktsektors).
FürdieZuordnungzumSektorStaat,mithinzudenExtrahaushalten,müssennachfolgendeKrite-
rienerfülltsein:
• EsmusssichumeineinstitutionelleEinheithandeln.
• DieseinstitutionelleEinheitmussvomStaatkontrolliertwerden(öffentlicheKontrolle).
• DieseinstitutionelleundöffentlichkontrollierteEinheitmussüberwiegendvomStaatfinan-
ziertwerden(öffentlicheFinanzierung).
Nach dem Schalenkonzept der Finanzstatistik bilden die Extrahaushalte zusammen mit den
KernhaushaltendensogenanntenöffentlichenGesamthaushalt.NichtzudenExtrahaushalten
200 Glossar
zählendieFEUsdesMarktsektors(sonstigeFEUs).ImRahmendervierteljährlichenKassensta-
tistikwerdenZweckverbände,dieansonstenebenfallsdenExtrahaushaltenzugeordnetwerden,
nichterfasst.
Fehlbedarf|EinFehlbedarfentstehtineinemdoppischenHaushaltsplan,wenndieSummeder
insgesamtimErgebnishaushaltveranschlagtenErträgegeringeristalsderGesamtbetragderdort
veranschlagtenAufwendungen.ImUnterschieddazuentstehteinFehlbetragerstimVollzugdes
Haushaltes.
Finanzausgleich|DerFinanzausgleichdientderFinanzausstattungderöffentlichenGebiets-
körperschaften. Er ist verfassungsgemäß vorgeschrieben, um ein finanzielles Gleichgewicht
zwischenfinanzstarkenundfinanzschwachenGebietskörperschaften(Bund,LänderundKom-
munen) zuerreichen.Eswird imAllgemeinenunterschiedenzwischendemvertikalenund
demhorizontalenFinanzausgleich.DervertikaleFinanzausgleichbezeichnetdenFinanzaus-
gleich zwischen den Ebenen Bund, Länder und Kommunen. Demgegenüber beschreibt der
BegriffdeshorizontalenFinanzausgleichsdenFinanzausgleichzwischenGebietskörperschaf-
tenderselbenEbene.InallenFlächenländernexistierteinkommunalerFinanzausgleichnach
Landesrecht.
Finanzderivate(netto)|InderFinanzvermögensstatistikwerdenFinanzderivatealsFinanzaktiva
erfasst.FinanzderivatewieZinsswapsundForwardRateAgreementssindFinanzinstrumente,die
ausanderenFinanzproduktenabgeleitetsind,soweitsieeinenMarktwertbesitzen.Finanzderi-
vatewerdenauchalssekundäreFinanzinstrumenteoderalsAbsicherungsinstrumentebezeich-
net,dasiehäufigderRisikominderungdienen.DieBewertungerfolgtnettonachSaldierungder
positivenmitnegativenFinanzderivaten.NichtzudenFinanzderivatenzähltdasdemGeschäft
zugrundeliegendeFinanzprodukt.
Finanzierungsleasing|DasFinanzierungsleasingwirdinderSchuldenstatistikdesStatistischen
BundesamtesdenkreditähnlichenRechtsgeschäftenzugeordnetundnichtindenSchuldenstand
einbezogen(lediglichnachrichtlicheDarstellung).BeimFinanzierungsleasingwirdeinFinanzie-
rungsvertragübereinenbestimmtenZeitraumverbindlichabgeschlossen.WährendderGrund-
mietzeitkannderVertragnichtgekündigtwerden,unddieinderGrundmietzeitzuentrichtenden
Raten decken mindestens die Anschaffungs- oder Herstellkosten sowie alle Nebenkosten ein-
schließlich der Finanzierungskosten. Maßnahmen zur Werterhaltung (z.B. Wartung, Versiche-
rung)trägtderLeasingnehmer.EswirdinderStatistikdieinsgesamteingegangeneVerpflichtung
(Leistungssumme) aus Leasingverträgen abzüglich der bis zum Ende des Berichtszeitraumes
geleistetenTilgungennachgewiesen.
Finanzierungssaldo|DerFinanzierungssaldoisteineRechengröße.Mathematischhandeltes
sichumdenSaldoderbereinigtenAusgabenundEinnahmenzuzüglichbzw.abzüglichdesSal-
doshaushaltstechnischerVerrechnungen.DieGrößedesFinanzierungssaldoskannfüreinzelne
Ebenen (Gebietskörperschaften) oder als Aggregat mehrerer Ebenen berechnet werden (z.B.
Länder inklusive ihrer Gemeinden und Gemeindeverbände). Es handelt sich beim Finanzie-
rungssaldoeinesbestimmtenJahres(dieGrößekannauchalsDurchschnittfürmehrereJahre
201Glossar
gebildetwerden)umeinederwichtigstenGrößenzurBeurteilungder(aktuellen)Haushaltssi-
tuation.
Finanzvermögen|DasFinanzvermögenumfasst imbilanziellenSinneu.a.Beteiligungen,ver-
bundene Unternehmen, Sondervermögen, Wertpapiere, Forderungen und liquide Mittel. Das
FinanzvermögenwirdinderBilanzaufderAktivseiteausgewiesen.
Geldschulden | Geldschulden bezeichnen die Summe aus (Investitions-)Krediten, Wertpapier-
schulden und Kassenkrediten. Geldschulden werden finanzstatistisch in der Schuldenstatistik
berichtet.InderBilanzwerdensieaufderPassivseiteausgewiesenundstelleneinenTeilderVer-
bindlichkeitendar.
Gemeindeverbände|GemeindeverbändesindZusammenschlüssevonGemeinden,diebestimmte
kommunale Aufgaben für die gemeindeverbandsangehörigen Gemeinden erbringen. Zu den
GemeindeverbändenwerdenimRahmenderFinanzstatistikz.B.nachfolgendeEinheitengezählt:
Landkreise,Landschaftsverbände,BezirksverbändeinBayern,LandeswohlfahrtsverbandHessen,
KommunalerSozialverbandSachsen,RegionalverbandRuhrgebiet,VerbandsgemeindeninRhein-
land-Pfalz,SamtgemeindeninNiedersachsen,ÄmterinSchleswig-Holstein.
Gemeinschaftsteuern|GemeinschaftsteuernsinddiejenigenSteuerarten,dieinihremAufkom-
mennichteinerEbenealleinzustehen,sondernaufBund,Länderundggf.Gemeindenverteilt
werden.DiewichtigstenSteuerartensindEinkommen-,Körperschaft-undUmsatzsteuer.
Gesamtkreise,statistische|UnterstatistischenGesamtkreisenverstehtmandieZusammenfas-
sungeinesLandkreisesmitdessenkreisangehörigenGemeinden.SofernesweitereGemeindever-
bändeunterhalbderKreisebenegibt,sowerdenderenDatenebenfallseinbezogen.Gesamtkreise
werdeninsbesonderegebildet,umKennzahlenvergleichedurchzuführen.SoermöglichtdieBil-
dungvonGesamtkreisenz.B.VergleichemitkreisfreienStädten.
Gewerbesteuer | Die Gewerbesteuer ist eine Gemeindesteuer, deren Besteuerungsobjekte im
InlandbetriebeneGewerbebetriebedarstellen.SiewirdauchalsReal-bzw.Objektsteuerbezeich-
net,dasiealleinandasBesteuerungsobjektanknüpft.SteuergegenstandistderGewerbebetrieb
und dessen objektive Ertragskraft. Freiberufler sowie land- und forstwirtschaftliche Betriebe
unterliegennichtderGewerbesteuer.DieGewerbesteueristeinederwichtigstenoriginärenEin-
nahmequellenderGemeindeninDeutschland.
Gewerbesteuerumlage|DieGewerbesteuerumlagewirdfürjedeStadtundGemeindenachderFor-
mel(IstaufkommenderGewerbesteuerxVervielfältiger)/HebesatzfürdasKalenderjahrermittelt.
DerVervielfältigeristdieSummeeinesBundes-undLandesvervielfältigersfürdasjeweiligeLand,
ab2010jeweils14,5ProzentfürdenBundes-undfürdenLandesvervielfältigerderNormalumlage.
HinzukommensechsProzentalsErhöhunginfolgederGewerbekapitalsteuer-Abschaffungsowie
fürdieGemeindenindenaltenLändernErhöhungenfürdenFonds„DeutscheEinheit“vonsechs
ProzentunddurchdenSolidarpaktvon29Prozent,dieausschließlichdenLändernzustehen.Die
GesamtumlageindenaltenLändernbeträgtsomit70Prozent,indenneuenLändern35Prozent.
202 Glossar
Großstädte | Die Bezeichnung Großstädte ist eine typische statistische Abgrenzung bei der
BetrachtungvonGemeindegrößenklassen.UnterGroßstädtenwerdenGemeindenzusammenge-
fasst,diemehrals100.000Einwohnerausweisen.
Grundsteuer|DieGrundsteueristeinekommunaleRealsteuer,dieaufdasEigentumanGrundstü-
cken(bzw.derenBebauung)alsBesteuerungsobjektabstellt.Manunterscheidetzwischenzwei
ArtenderGrundsteuer:GrundsteuerAundGrundsteuerB.DieGrundsteuerAwirdaufBetriebe
derLand-undForstwirtschafterhoben.DieGrundsteuerBwirdaufdasEigentumanallenande-
renbebautenundbebaubarenGrundstückeninklusiveGebäudeundWohnungenerhoben.
Hebesatz|AlsHebesätzederRealsteuernbezeichnetmandievonderjeweiligenKommunefest-
gelegten Steuersätze für die Grund- und die Gewerbesteuer. Die Hebesätze werden vom Rat
bestimmtundimRahmenderVerabschiedungderHaushaltssatzungodereinerspeziellenHebe-
satzsatzungfestgelegt.
Hinterbliebene|AlsHinterbliebenewerdenimRahmenderVersorgungsempfängerstandstatistik
dieEmpfängervonWitwen-/WitwergeldunddieEmpfängervonWaisengeldbezeichnet.
Hypotheken-,Grund-undRentenschulden|Hypotheken-,Grund-undRentenschuldenwerdenin
derSchuldenstatistikdesStatistischenBundesamtesdenkreditähnlichenRechtsgeschäftenzuge-
ordnet.SiewerdennichtindenSchuldenstandeinbezogenundlediglichnachrichtlichdargestellt.
UnterderPositionwerdennurdieVerbindlichkeitenaufgeführt,diebeimErwerbbereitsbelaste-
terGrundstückeübernommenwerden.DarlehensaufnahmengegenhypothekarischeSicherung
undnichtgesicherteSchuldenaufnahmenwerdendagegennurbeiderentsprechendenSchuldart
(z.B.beiKreditinstituten)nachgewiesen.
Jugendquotient|DerJugendquotientwirdinderStatistiküberdieFortschreibungdesBevölke-
rungsstandesalsdieAnzahlderunter20-Jährigenje100Personenmit20bisunter60Jahren
angegeben.DieKennzahlverdeutlichtsomitineinerNäherungdasVerhältnisvonKindernund
JugendlichenzudenpotentiellenErwerbspersonen.DerJugendquotientisteineKennzahlzurDar-
stellungderVersorgungsaufgabendermittlerenGeneration.
Kameralistik|DieKameralistikistdastraditionelleRechnungssystemimöffentlichenSektor.Es
basiertimKernaufderGegenüberstellungvonEinnahmenundAusgaben.Aufgrundverschiede-
nerProblemederKameralistik(z.B.keineRessourcenverbrauchsorientierung,keinevollständige
ErfassungvonVermögenundSchulden,keineKonsolidierungderFinanzinformationenderAusla-
gerungenmitdenenderKernverwaltung)wirddasSystemindenmeistenKommunenimRahmen
kommunalerHaushaltsreformendurchdieDoppikersetzt.
Kameralistik,erweiterte|DieerweiterteKameralistikbezeichnetein imKernkameralesRech-
nungssystem,dasumverschiedenezusätzlicheInstrumente(z.B.Kosten-undLeistungsrechnung,
Produkthaushalt, Budgetierung) ergänzt wird. Die erweiterte Kameralistik soll verschiedene
SchwächendertraditionellenKameralistikbeheben.
203Glossar
Kapitalrechnung|DieKapitalrechnungerfasstalleZahlungsbewegungen,diesichaufdenStand
desVermögensauswirken.Dazuzählenz.B.Baumaßnahmen,Investitionen,Zuweisungen,Darle-
hen.
Kassenkredit |Kassenkredite sindkommunaleSchulden, die zur Deckung eineskurzfristigen
Liquiditätsbedarfsaufgenommenwerden.AufEbenederKommunendienenKassenkrediteteil-
weisenichtmehrihremeigentlichenZweck(derSicherungderZahlungsfähigkeit),sondernsind
zueinerDauereinrichtungaufhohemNiveauavanciert.ProblematischanhohenKassenkreditbe-
ständenist,dassdiesefürlaufendeAusgabenverwendetwerdenunddahernichtdurchmaterielle
Vermögenswertegedecktsind.FernerunterliegenKassenkrediteaufgrundihrerkurzenLaufzeit
einemhohenZinsänderungsrisiko.
Kassenstatistik|DieKassenstatistikerfasstineinerTotalerhebungquartalsweisedieEinnahmen
undAusgabenderöffentlichenHaushalte.DieDatenwerdenvierteljährlichveröffentlichtundlie-
gensomitzeitnahvor.SiebasierenjedochteilweiseaufPrognosenundPlanungenundkönnen
sichdaherimVergleichzurjährlicherscheinendenRechnungsstatistiknochändern.
Kernverwaltung|AlsKernverwaltungbezeichnetmanalleOrganisationseinheiteneinerStadtver-
waltung,dienichtineigenenRechtsformenwieEigenbetrieboderGmbHverselbstständigtoder
ausgegliedertsind.DieKernverwaltungfindetihrebudgetäreEntsprechungimKernhaushalt.
Kleinstädte | Die Bezeichnung Kleinstädte ist eine typische statistische Abgrenzung bei der
BetrachtungvonGemeindegrößenklassen.UnterKleinstädtenwerdenGemeindenzusammenge-
fasst,diezwischen5.000und20.000Einwohnerausweisen.
Kommunalaufsicht|DieKommunalaufsichtüberwachtimengerenSinnedieRechtmäßigkeitder
Kommunalverwaltung,z.B.imHinblickaufdieEinhaltungdesHaushaltsrechts.DieKommunal-
aufsichtistdasSpiegelbildderkommunalenSelbstverwaltungundwirddurchBehördenderLan-
desverwaltungenwahrgenommen.
Kommunalisierungsgrad|AlsKommunalisierungsgradwirdderAnteilandenGesamtausgaben
vonLandundKommunenbezeichnet,deraufdiekommunaleFamilieentfällt.DerKommunali-
sierungsgradwirdalsmathematischesSubstituteingesetzt,umdiefürdieBeurteilungländer-
übergreifender Finanzkennzahlenvergleiche relevanten Aufgabenverteilungsunterschiede zwi-
schen einzelnen Ländern und ihren Kommunen näherungsweise abzubilden. Der
KommunalisierungsgradstelltdieseAufgabenverteilungaufGrundlagederFinanzstatistikdar.
DiedarausberechneteAusgabenverteilungoffenbartnäherungsweisedieAufgabenverteilung
zwischen Land und Kommunen. Die Errechnung des Kommunalisierungsgrades erfolgt dabei
nachderLogikfolgenderGleichung:Kommunalisierungsgrad=(AusgabenderKommunenx100)
/GesamteAusgabenvonLandundKommunen.DabeistoßendieseBetrachtungenallerdingsan
methodische Grenzen, die bei der Interpretation der Werte berücksichtigt werden müssen. Im
RegelfallwirdderKommunalisierungsgradfürdenGesamthaushaltanhanddergesamtenunmit-
telbaren Ausgaben auf Grundlage der Rechnungsstatistik für den öffentlichen Gesamthaushalt
berechnet.
204 Glossar
Kostenremanenz|KostenremanenzwirdvorallemimZugedemographischerSchrumpfungrele-
vant.Kosten,welchedersinkendenNachfragenachöffentlichenLeistungennichtautomatischfol-
gen,werdenalsremanenteKostenbezeichnet.EintypischesBeispielistInfrastruktur,dienicht
kurzfristigzurückgebautwerdenkann.DieseKostenbelastensomitöffentlicheHaushalte,obgleich
derBedarfnichtmehrgegebenist.
Landgemeinden|DieBezeichnungLandgemeindeisteinetypischestatistischeAbgrenzungbei
derBetrachtungvonGemeindegrößenklassen.UnterLandgemeinden(auchLandstädten)werden
Gemeindenzusammengefasst,diewenigerals5.000Einwohnerausweisen.Beiallendeutschen
LandgemeindenhandeltessichumkreisangehörigeGemeinden.
Mittelstädte | Die Bezeichnung Mittelstädte ist eine typische statistische Abgrenzung bei der
BetrachtungvonGemeindegrößenklassen.UnterMittelstädtenwerdenGemeindenzusammenge-
fasst,diezwischen20.000und100.000Einwohnerausweisen.
ÖffentlicheFonds,EinrichtungenundUnternehmen (FEUs)|ÖffentlicheFonds,Einrichtungen
undUnternehmensinddadurchgekennzeichnet,dassdieKernhaushaltederGebietskörperschaf-
tenmitmehrals50ProzentderKapital-oderStimmrechte(unmittelbarodermittelbar)beteiligt
sind.SiewerdenmiteigenemRechnungswesenaußerhalbderöffentlichenKernhaushaltegeführt.
FEUskönneninöffentlich-rechtlicher(z.B.EigenbetriebeundAnstaltendesöffentlichenRechts)
oderprivatrechtlicherForm(z.B.GmbHs)geführtwerden.
ImRahmendesSchalenkonzeptsderFinanzstatistikwirdzwischenverschiedenenFEUsdifferen-
ziert:DieFEUsdesStaatssektorswerdenalsExtrahaushaltebezeichnet.Siebildenzusammenmit
denKernhaushalten (Schale1)denöffentlichenGesamthaushalt (Schale2).Unterzusätzlicher
IntegrationdersonstigenFEUs(FEUsdesMarktsektors)wirdimRahmendesSchalenkonzeptes
vomöffentlichenBereichgesprochen(Schale3).
ÖffentlicherDienst|InderPersonalstandstatistikumfasstderöffentlicheDienstdieBeschäftig-
tenderKernhaushalte, derSonderrechnungenundderEinrichtungen in öffentlich-rechtlicher
Rechtsform.DasPersonalderEinrichtungeninprivaterRechtsformzähltnichtzumöffentlichen
Dienst.
(Pensions-)Rückstellungen|IndoppischenKommunalhaushaltenwerdenRückstellungeninsbe-
sonderefürungewisseVerbindlichkeitengebildet.SiewerdenaufderPassivseitederBilanzaus-
gewiesenundstelleneinenTeilderkommunalenSchuldendar.Rückstellungenkönnenungewiss
hinsichtlichihresBestehens,ihrerHöhebzw.ihresFälligkeitszeitpunktessein.ZweckderRück-
stellungsbildungistdieErfassungvonZahlungsverpflichtungen,dieentwederbereitssicheroder
zumindestrelativwahrscheinlichsind.ImSinnederVorsorgesindentlangdesGenerationenge-
rechtigkeitsleitbildesgebildeteRückstellungenalsAufwandinErgebnishaushaltund-rechnung
zuverbuchenundstetsdurchErträgezudecken.
PensionsrückstellungensindeineSpezialformderRückstellungen,dieeineKommunenachdop-
pischemHaushaltsrechtfürPensionsansprücheaufgrundderAlters-bzw.Hinterbliebenenversor-
205Glossar
gung zu bilden hat. Pensionsrückstellungen machen regelmäßig einen bedeutenden Teil der
gesamtenRückstellungeneineröffentlichenVerwaltungaus.
Rating,(kommunales)|UnterdemBegriffRatingwirdeinedurcheineBankodereineRating-
agentur durchgeführte Beurteilung/Benotung der Kreditwürdigkeit (Bonität) eines Schuldners
(Kommune)verstanden.EinesinkendeBonitätalsAusflusseinerschlechterenRatingeinstufung
führtinderRegelzuhöherenZinssätzen.MitdemRatingwirddieWahrscheinlichkeitbeurteilt,
mit der die bewertete Institution/Kommune aufgenommene Geldschulden zurückzahlen kann.
NichtzuletztaufgrundderangenommenenEinstandspflichtdesStaates(Bund,Länder)erhalten
KommunenheuteimRegelfallgünstigeZinskonditionen.
Realsteuern | Unter Realsteuern versteht man Steuern, die auf das Eigentum an bestimmten
Besteuerungsobjekten/Vermögensgegenständen erhoben werden. Sie werden auch als Objekt-
oderSachsteuernbezeichnet.SiewerdenbeidenjenigenAkteurenerhoben,denendieVermögens-
gegenständezuzurechnensind,wobeidieLeistungsfähigkeitdieserPersonen,andersalsz.B.bei
derEinkommensteuer,unbeachtetbleibt.UnterdieRealsteuernfallendieGrundsteuerA/Bund
dieGewerbesteuer.
Restkaufgelder|RestkaufgelderwerdeninderSchuldenstatistikdesStatistischenBundesamtes
denkreditähnlichenRechtsgeschäftenzugeordnet.SiewerdennichtindenSchuldenstandeinbe-
zogenundlediglichnachrichtlichdargestellt.AlsRestkaufgeldistdernochnichtgezahlte(Teil-)
Betrag einer Kaufsumme zu verstehen – er kann auch hypothekarisch durch Eintragung ins
Grundbuchgesichertwerden (Restkaufgeldhypothek).Hierzu zählen auchVerpflichtungenaus
Forfaitierungsverträgen,wenneinEinredeverzichtbeiderBankgeleistetwurde,alsokeinRecht
aufKürzungbeiMinderleistungbesteht.VerpflichtungenausForfaitierungsverträgenohneEinre-
deverzichtzählenzudenübrigenVerbindlichkeiten.
Ruhegehaltsempfänger|BeiRuhegehaltsempfängernhandeltessichbeiderVersorgungsempfän-
gerstandstatistikumBeamte,Richter,BerufssoldatensowieReichsarbeitsdienstführer imRuhe-
stand,ehemaligeAngestellte,ArbeitermitbeamtenrechtlicherHauptversorgung.
Schalenkonzept|IndenJahren2010/2011habenverschiedeneFinanzstatistiken(Schuldensta-
tistik,Kassenstatistik),auchaufgrundderzunehmendenAufgabenauslagerungimkommuna-
lenRaum,eineÜberarbeitungerfahren.DabeiwerdenDatennacheinemSchalenkonzeptprä-
sentiert. Schale Nr. 1 stellen die Kernhaushalte dar, bei Schale Nr. 2 wird der öffentliche
Gesamthaushaltabgebildet.LetztererbestehtausdenKernhaushaltenunddenExtrahaushal-
ten.BeiSchaleNr.2wirdsynonymvoneinerAbgrenzungnachdemStaatssektorgesprochen.
Unter zusätzlicher Integration der sonstigen FEUs wird Schale Nr. 3 (öffentlicher Bereich)
gebildet.
DiePersonalstandstatistikhatebenfallsunterOrientierungandenNeuerungenderFinanzstatisti-
keneineÜberarbeitungerfahren.DieBeschäftigtendatenkönnenteilweisenachderSystematik
desSchalenkonzeptesderFinanzstatistikabgerufenwerden.Gleichwohlwerdenadditiveinzelne
wichtige Daten nach der Abgrenzung des sogenannten öffentlichen Dienstes abgebildet. Diese
206 Glossar
AbgrenzungintegriertdieSchaleNr.1desSchalenkonzeptesderFinanzstatistikvollständig,bei
SchaleNr.2gibtesindesUnterschiede(s.Abb.58).
Quelle: Eigene Darstellung; in Anlehnung an Statistisches Bundesamt 2012g: Personal des öffentlichen Dienstes 2011, S. 7
Abbildung 58: Schalenkonzept der Finanz- und Personalstandstatistik
Extrahaushalte
+
=
=
Kernhaushalte (Schale Nr. 1 Finanz- und originäre Personalstandstatistik)
Öffentlicher Bereich | Öffentliche Arbeitgeber(Schale Nr. 3 Finanz- und originäre Personalstandstatistik)
Sonstige öffentliche FEUs
+
Öffentlicher Gesamthaushalt(Schale Nr. 2 Finanzstatistik)
Sonderrechnungen und Einrichtungenin öffentlich-rechtlicher Rechtsform
+
=
=
Einrichtungen in privater Rechtsform
+
Öffentlicher Dienst(Schale Nr. 2 originärePersonalstandstatistik)
WährendnachdemSchalenkonzeptderFinanzstatistikbeiSchaleNr.2dieExtrahaushalteein-
bezogenwerden,sindesbeimSchalenkonzeptderoriginärenPersonalstandstatistikdieSonder-
rechnungen und Einrichtungen in öffentlich-rechtlicherRechtsform. Bei Addition Letzterer zu
denKernhaushaltenwirdinderPersonalstandstatistikvonderAbgrenzungnachdemöffentli-
chenDienstgesprochen.UnterzusätzlicherIntegrationderEinrichtungeninprivaterRechtsform
wirdvoneinerAbgrenzungnachdenöffentlichenArbeitgeberngesprochen.Dasentsprichtwie-
derumderAbgrenzungvonSchaleNr.3desSchalenkonzeptesderFinanzstatistik(öffentlicher
Bereich).
SchuldenbeiöffentlichenHaushalten|Gebietskörperschaften(auchKommunen)nehmenunter-
einanderSchuldenauf.Diesewerdenstatistisch(inderSchuldenstatistik)alssogenannteSchul-
denbeiöffentlichenHaushaltenerfasst.Diesgiltauchdann,wenndieSchuldenübereinKreditin-
stitutausgezahltwerden.EbenfallserfasstsinddieSchuldenzwischeneinerGebietskörperschaft
undeinemExtrahaushaltderGebietskörperschaft.DerBegriffderSchuldenbeiöffentlichenHaus-
haltenwirdvomStatistischenBundesamtbiszurSchuldenstatistik2009verwendet.AbderSchul-
denstatistik2010wirdderBegriff(genausowiederBegriffderKreditmarktschulden)aufgrund
einerneuenGläubigerzuordnungnichtmehrgenutzt.GleichwohlwerdendieWertezudenSchul-
207Glossar
denbeiöffentlichenHaushaltenfürdieJahrevorUmstellungderSchuldenstatistikauchinder
neuenSchuldenstatistiknachrichtlichaufgeführt.
SchuldenbeimöffentlichenBereich|UnterdenSchuldenbeimöffentlichenBereichwerdeninder
SchuldenstatistikKassenkrediteundKreditebeimBund,beiLändern,beiGemeinden/Gemeinde-
verbänden, bei Zweckverbänden und dergleichen, bei der gesetzlichen Sozialversicherung, bei
verbundenenUnternehmen,beiBeteiligungenundSondervermögensowiebeisonstigenöffentli-
chenSonderrechnungenverstanden.DieSchuldenbeimöffentlichenBereichumfassenebenfalls
Schulden zwischen den Körperschaften und den Extrahaushalten der Körperschaften. Da auf-
grundfehlenderErfassungsmöglichkeiteninderSchuldenstatistikNetto-Schuldner-bzw.Gläubi-
gerpositionennichterrechnetwerdenkönnen,erfolgteineunbereinigteZusammenfassungder
VerschuldungsdatenallerBerichtsstellen;dieshatzurFolge,dassz.B.SchuldenderKommunen
beiihremLandbzw.SchuldenderExtrahaushaltebeiihremKernhaushaltinnichtkonsolidierter
Formnachgewiesenwerden.
Sonderrechnungen | Der Begriff wird in der Personalstandstatistik als Synonym für rechtlich
unselbstständigeEinheiten in öffentlich-rechtlicherRechtsformverwendet. Zu denSonderrech-
nungenzählenaufkommunalerEbeneEigenbetriebeundSondervermögen.
SonstigeForderungen(Ansprüche)|InderFinanzvermögensstatistikwerdensonstigeForderun-
genalsFinanzaktivaerfasst.SonstigeForderungenentstehendurchZahlungen fürGüter-oder
Verteilungstransaktionen.EswerdennurdiezumStichtagoffenenForderungen(nichtdieGesamt-
forderungen)erfasst.Stundungenwerdeneinbezogen,niedergeschlageneForderungenodernicht
einbringbare Forderungen werden nicht nachgewiesen. Zu den sonstigen Forderungen zählen
öffentlich-rechtlicheundprivatrechtlicheForderungen.Öffentlich-rechtlicheForderungenresultie-
renausderFestsetzungvonGebühren(Verwaltungs-undBenutzungsgebühren),Beiträgen,Steu-
ernundsteuerähnlichenAbgaben.EineprivatrechtlicheForderungistdasRecht,voneinemande-
renaufgrundeinesSchuldverhältnisseseineZahlungzufordern.DasSchuldverhältnisergibtsich
auseinemVertragoderdurchdieErfüllungderTatbestandsvoraussetzungeneinerGesetzesvor-
schrift.
SonstigeöffentlicheFonds,EinrichtungenundUnternehmen(FEUsdesMarktsektors)|Unterneh-
menwerdendanndensonstigenöffentlichenFonds,EinrichtungenundUnternehmen(undnicht
denExtrahaushaltenunddamitdemöffentlichenGesamthaushalt)zugerechnet,wennsieMarkt-
produzentensind.MarktproduzentisteinöffentlichesUnternehmeninderRegeldann,wennsein
Eigenfinanzierungsgradgrößerals50Prozentist.DieseUnternehmenwerdenallerdingsdenExt-
rahaushaltendennochzugeordnet,wennderüberwiegendeAnteildesUmsatzes(mehrals80Pro-
zent)aufderGeschäftstätigkeitmitdenKernhaushaltenbasiert.Zudensonstigenöffentlichen
Fonds,EinrichtungenundUnternehmenzählenzumBeispielVersorgungs-undEntsorgungsun-
ternehmen,Verkehrsunternehmen,KrankenhäusersowieZweckverbände,dienichtzumSektor
Staatgehören(Marktproduzenten).
Steuerverbund|ÜberdeninArtikel106Abs.7GGmanifestiertenSteuerverbundwerdendie
KommunenanverschiedenenSteuernbeteiligt.VondemLänderanteil amGesamtaufkommen
208 Glossar
derGemeinschaftsteuernfließtdenGemeindenundGemeindeverbändeninsgesamteinvonder
LandesgesetzgebungzubestimmenderHundertsatzzu(obligatorischerSteuerverbund).Diedem
BundunddenLändernzustehendenAufkommenausderEinkommensteuer,derKörperschaft-
steuerundderUmsatzsteuerwerdenalsGemeinschaftsteuernbezeichnet,soweitdasAufkom-
menderEinkommensteuerunddasAufkommenderUmsatzsteuernichtdenGemeindenzuge-
wiesen werden. Darüber hinaus bestimmt der Landesgesetzgeber, ob und inwieweit das
AufkommenderLandessteuerndenKommunenzufließt(fakultativerSteuerverbund).DieMittel
ausdemSteuerverbundwerdendenKommunenimRahmendeskommunalenFinanzausgleichs
zugewiesen.HierdurchwerdendieSteuereinnahmenderKommunenergänzt(fiskalischeFunk-
tion).
Umsatzsteueranteil,kommunaler|DerGesamtheitderStädteundGemeindeneinesLandesste-
henzweiProzentderSteuernvomUmsatz(2,2ProzentnachAbzugdesVorabanteilsdesBundes
zurFinanzierungeineszusätzlichenBundeszuschussesandieRentenversicherungbzw.zusätz-
lichab2007alsZuschussfürdieBundesagenturfürArbeitzurSenkungdesBeitragszurArbeits-
losenversicherung)zu.DieVerteilungdesGemeindeanteilsanderUmsatzsteueraufdieeinzelnen
Gemeindenerfolgtseitdem1.Januar2009nacheinemfortschreibungsfähigenundbundesein-
heitlichenSchlüssel(GesetzzurNeuordnungderGemeindefinanzeni.d.FassungderBekanntma-
chungvom10.März2009[BGBl.IS.502]).
UnmittelbareAusgaben|BeidenunmittelbarenAusgabenhandeltessichumdieimZugeder
AufgabenerfüllunggetätigtenAusgabenohneZahlungenandenöffentlichenBereich(Ausgaben
fürPersonal,laufendenSachaufwand,Zinsen,Sachinvestitionensowielaufendeundvermögens-
wirksameZahlungenanandereBereiche).
Vermögensrechnung/Bilanz|DieVermögensrechnung/BilanzisteineinderDoppikzumBilanz-
stichtagaufzustellende,kurzgefassteGegenüberstellungvonVermögen(Aktiva,beispielsweise
Anlage-undUmlaufvermögen)undSchulden(Passiva,beispielsweiseEigenkapital,Sonderposten,
Rückstellungen, Verbindlichkeiten). Die Vermögensrechnung/Bilanz ist im kommunalen Haus-
haltsrechtder13Flächenländernichteinheitlichuntergliedert.
Versorgungsempfänger,kommunale|ZudenkommunalenVersorgungsempfängernwerdenim
ZugederVersorgungsempfängerstandstatistikdieEmpfängervonRuhegehaltsowiederenHinter-
bliebenegezählt.HierbeiwerdendieVersorgungsempfängerderGemeinden,derGemeindever-
bändeundderZweckverbändeberücksichtigt.
Versorgungsempfängerquote, kommunale | Die kommunale Versorgungsempfängerquote wird
berechnet,indemdieFallzahlderVersorgungsempfängerfüreinbestimmtesJahrje100.000Ein-
wohner des beobachteten Gebietes (z.B. eines Flächenlandes oder einer Gruppe von Ländern)
angegebenwird.
Vollzeitäquivalente | Im Rahmen der Personalstandstatistik werden zu Vergleichszwecken
Vollzeitäquivalente(VZÄ)angegeben.BeiihrerBerechnungwerdenTeilzeitbeschäftigteetc.mit
ihremAnteilanderArbeitszeiteinesVollzeitbeschäftigtenberücksichtigt.
209Glossar
Wertpapiere|InderFinanzvermögensstatistikwerdenWertpapierealsFinanzaktivaabgebildet.
ZuihnenzählenGeldmarkt-undKapitalmarktpapiere.GeldmarktpapieresindkurzfristigeWert-
papiere,derenursprünglicheLaufzeitinderRegelbiszueinemJahrbeträgt.Kapitalmarktpapiere
sindlangfristigeWertpapiereohneAnteilsrechte,derenursprünglicheLaufzeitinderRegelmehr
alseinJahrbeträgt.
Zinsspread|DerZinsspreadistdieDifferenz,diesichbeimVergleichzweierZinssätze,beispiels-
weisezwischenKommunen,ergibt.
Zuweisungen|ZuweisungensindFinanztransfers,dievoneinerEinheitdesöffentlichenSektors
aneineandereEinheitdesöffentlichenSektorsgeleistetwerden(z.B.voneinemBundeslandan
eineKommune).ZuunterscheidensindungebundeneZuweisungenundzweckgebundeneZuwei-
sungen.
Zweckverbände,kommunale|KommunaleZweckverbändesindfreiwilligeodergesetzlichvorge-
schriebene Zusammenschlüsse von Gemeinden bzw. Gemeindeverbänden zur gemeinsamen
ErfüllungeinerbestimmtenöffentlichenAufgabe(etwazurErrichtungeinesVersorgungsbetriebs
zurAbfall- oderAbwasserbeseitigung).DerZweckverbandgilt als eineForm interkommunaler
Kooperation.NebenGemeindenbzw.GemeindeverbändenkönnenauchsonstigejuristischePerso-
nendesöffentlichenRechtssowienatürlicheundjuristischePersonendesPrivatrechtsMitglieder
einesZweckverbandssein.
210 Anhang
Anhang
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
Flächenländer
Sonstige Aufgabenbereiche Allgemeine Verwaltung Schulen und vorschulische Bildung
Sportstätten Straßen Abwasser- und Abfallbeseitigung
Baden-Württemberg
Rheinland-Pfalz
Hessen
Saarland
Schleswig-Holstein
Nordrhein-Westfalen
Niedersachsen
Bayern
Thüringen
Brandenburg
Mecklenburg-Vorpommern
Sachsen-Anhalt
Sachsen
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012c: Kassenstatistik 2011; Einwohner zum 30.6.2011
Abbildung 59: Anteil einzelner Politikbereiche an den Bauausgaben der Gemeinden und Gemeindeverbände (inklusive Extrahaushalte) im Jahr 2011 in Prozent
42 7 20 4 22 6
40 5 21 7 21 7
42 3 22 3 21 9
30 10 31 4 18 6
31 11 23 5 25 5
45 13 10 4 22
52 2 17 4 24
7
52 8 19 2 19 1
44 4 22 3 26 1
60 1 14 4 20 1
31 15 17 3 23 10
50 2 18 3 25 2
46 1 14 3 34 1
44 8 18 4 25
211Anhang
Tabelle 22: Veränderung der durchschnittlichen Realsteuerhebesätze derKommunen (inklusive Stadtstaaten) in den Jahren 1999 bis 2011 (in Prozent)
Jahr Grundsteuer A Grundsteuer B Gewerbesteuer
1999 276 367 389
2000 278 367 389
2001 280 368 385
2002 282 373 386
2003 286 381 387
2004 289 385 388
2005 292 392 389
2006 294 394 391
2007 295 400 389
2008 296 400 388
2009 297 401 387
2010 301 410 390
2011 306 418 392
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012e: Realsteuervergleich 2011
Tabelle 23: Kommunalbeschäftigte einschließlich mittelbarer und gemischter Beteiligungen am 30.6.2011 nach Aufgabenbereich und Ort der Aufgabenerledigung (in 1.000 Beschäftigte)Aufgabenbereich Kern-
haushalteSonderrech-nungen
Einrichtungen in öffentlich rechtlicher Rechtsform*
Einrich-tungen in privater Rechtsform
Gesamt
Innere Verwaltung 244,0 11,6 11,7 5,6 272,9
Sicherheit und Ordnung 124,4 1,0 0,6 1,8 127,8
Schulträgeraufgaben 102,5 1,5 5,5 1,0 110,5
Kultur und Wissenschaft 50,0 13,5 5,6 21,3 90,5
Soziales und Jugend 283,9 28,6 4,5 42,0 359,1
Gesundheit und Sport 36,0 67,9 46,7 307,9 458,4
Räumliche Planung und Entwicklung, Bauen und Wohnen
70,7 2,3 0,8 17,4 91,3
Ver- und Entsorgung 64,6 12,9 3,9 108,1 189,5
Verkehrsflächen und -anlagen, ÖPNV 14,2 37,7 33,8 150,4 236,1
Natur- und Landschaftspflege 32,0 4,6 1,5 83,6 121,7
Sonstiges 39,2 6,4 3,1 3,3 52,0
Insgesamt 1.061,4 188,0 117,7 742,5 2.109,6
* Einschließlich Zweckverbände.
Quelle: Eigene Darstellung; Daten entnommen aus: Statistisches Bundesamt 2012h: Personal des öffentlichen Dienstes 2011
212 Anhang
Tabelle 24: Zinsausgaben der Kernhaushalte der Gemeinden und Gemeindeverbände der Flächenländer seit der Wiedervereinigung bis zum Jahr 2009 (in Mio. Euro)
Jahr
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1990 4.069 508 594 - 504 - 543 1.473 242 91 - - 114 -
1991 4.612 552 667 16 553 12 592 1.607 263 98 84 17 130 21
1992 5.164 596 770 43 618 39 643 1.716 288 101 94 55 146 56
1993 5.634 636 772 71 663 64 656 1.833 307 101 159 108 157 106
1994 5.726 615 759 84 678 74 653 1.827 304 97 203 138 155 138
1995 5.827 586 756 91 667 89 625 1.852 309 95 275 163 155 164
1996 5.897 569 772 100 656 105 630 1.846 300 90 317 177 155 181
1997 5.719 531 753 102 621 111 622 1.764 294 87 324 175 156 179
1998 5.655 504 771 101 597 118 597 1.745 287 85 328 174 162 185
1999 5.347 460 743 101 550 118 558 1.644 270 80 317 180 158 169
2000 5.304 442 744 101 536 121 552 1.619 285 83 315 177 156 175
2001 5.345 440 748 101 515 122 547 1.161 304 86 311 182 156 173
2002 5.176 434 757 98 501 120 531 1.559 298 87 295 178 153 166
2003 4.999 417 761 93 475 122 515 1.485 291 85 277 177 149 153
2004 4.816 381 761 94 450 118 488 1.442 287 77 254 169 149 146
2005 4.739 366 737 91 457 115 476 1.433 290 75 242 174 145 138
2006 4.881 363 712 92 475 109 518 1.529 316 80 238 174 147 129
2007 5.177 344 713 102 577 114 503 1.726 366 93 188 177 147 127
2008 5.297 323 700 105 545 115 563 1.815 404 104 179 176 147 122
2009 4.494 301 607 75 522 93 446 1.467 366 87 151 138 130 111
Quelle: Eigene Darstellung; die Angaben zu den Zinsen (Gruppierung 800 bis 808) entstammen einem Datenabruf beim Statistischen Bundesamt auf Basis der Rechnungsstatistik kommunaler Haushalte
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