DAIMLER TECHNICITY 01-2011 Deutsch
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1 2
011
Eine Publikation der Daimler AG© Stuttgart 2011
TECHNICITYMAGAZIN
FÜR INNOVATION
TECHNOLOGIE MOBILITÄT
AUSGABE
01 2011
EURUSDCHFGBP CNY
6,50 9,00
10,006,00
60,50
TECHNICITY
MAGAZIN
FÜR
INNOVATION
TECHNOLOGIE
MOBILITÄT KONDITIONSMANAGEMENTWie Extremsportler und Truckfahrer ihren Leistungs-abruf durch innovative Technologien unterstützen.
HÖCHSTLEISTUNGSAGGREGATEWie durch maximale Effi zienzsteigerung höchste Performance bei Motoren erzielt wird.
URBANER WETTBEWERBWie sich EU-Metropolen bei Nachhaltigkeits- und Mobilitätskonzepten weiterentwickeln.
CAR-TO-X-KOMMUNIKATIONWeshalb die Fahrzeugkommunikation die Zukunft der Mobilität entscheidend verändern wird.
Die vernetzte Welt erreicht die individuelle Mobilität –und eröffnet unvorstellbare Möglichkeiten.
DAIMLER-TECHNICITY.COM
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T2
TECHNICITY <engl.> die, das; - ies (Abk. T)
1. Eigenname als Zusammensetzung der Begriffe Tech•no•lo’gie
(1) und Ci•ty (2) 2. Magazin, das sich mit der Anwendung von (1)
in urbanem Umfeld und in weltweiten Metropolregionen befasst
3. <engl.> für Tech•ni’zi•tät (3) 4. der technische Charakter einer
In•no•va•ti’on (4)
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INTERNET IM AUTO Display von COMAND Online,
der im Fahrzeug integrierten On-Board-Unit
von Mercedes-Benz.
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VERNETZTES FAHRZEUG In Echtzeit kommuniziert
das Auto online, um wie hier in New York die
Fahrtroute zu optimieren.
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ON Das World Wide Web verändert rasant
die Welt – und eröffnet uns ungeahnte
Möglichkeiten. In dieser Ausgabe von
TECHNICITY beschäftigen wir uns deshalb mit digitalen
Netzwerken und den Anwendungspotenzialen, die sich
damit für Mensch, Technologie und Gesellschaft ergeben.
Das birgt Chancen, aber auch Risiken.
Im Automobil hat seit Jahren die Zahl elektroni-
scher Steuergeräte stetig zugenommen: In einer S- oder
E-Klasse von Mercedes-Benz befinden sich heute 40 bis
50 kleine Hochleistungscomputer. Mit unserer neuen
Telematikgeneration hält nun auch das Internet Einzug
ins Automobil. Wir sind ALWAYS ON (S. 50) – auch im
Bereich der individuellen Mobilität.
Seit 125 Jahren befassen wir uns intensiv mit den
neuesten Entwicklungen und Trends rund um das Thema
Automobil. Und wir werden auch in Zukunft eine führende
Rolle bei der Gestaltung der Mobilität spielen. Die virtuelle
Welt ist dabei ein wesentlicher Bestandteil bei der Fahr-
zeugentwicklung. Jüngstes Beispiel: unser neuer FAHR-SIMULATOR (S. 10). Er kann hochdynamische Fahrma-
növer noch realistischer simulieren und das Verhalten von
Fahrer und Fahrzeug im Straßenverkehr noch intensiver
erforschen – die Ergebnisse fließen zum Wohle unserer
Kunden weltweit direkt in die Serienentwicklung ein.
Die Kondition und Fitness von Fahrern haben unsere
Nutzfahrzeugentwickler bei Daimler Trucks in unserem
Technologieträger TOPFIT-TRUCK (S. 26) genau unter die
Lupe genommen. Modernste Technologien helfen heute
Extremsportlern wie Truckfahrern, ihren vollen Leistungs-
abruf wohlportioniert zu steuern – und „topfit“ ans Ziel
zu kommen.
Kraftvolle HÖCHSTLEISTUNGSAGGREGATE (S. 38)
beweisen ebenfalls höchste Effizienz: Die Ingenieure bei
AMG haben dies jüngst mit dem neuen M-157-Motor,
einem V8-Triebwerk, eindrucksvoll unter Beweis gestellt.
Der Antrieb unterbietet mit seinen Verbrauchswerten
nicht nur sämtliche direkte Wettbewerber, sondern ist
auch verbrauchsgünstiger als weitaus leistungsschwä-
chere Motoren.
Viel Freude bei der Lektüre wünscht Ihnen
Thomas Weber
Vorstandsmitglied der Daimler AG,
verantwortlich für Konzernforschung und Entwicklung
Mercedes-Benz Cars
ON
5DAIMLER-TECHNICITY.COM
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84Urbaner Wettbewerb
26Konditionsmanagement
10Simulation der Extreme
38 Höchstleistungsaggregate
50ALWAYS ONDie vernetzte Welt erreicht die individuelle
Mobilität – mit unvorstellbaren Möglichkeiten für
Mensch, Technologie und Gesellschaft.
TECHNICITY-Autor Steffan HEUER erklärt die
Vernetzungsmuster der Online-Technologien.
1. Body Area Network
Die digitale Vernetzung des menschlichen Körpers.
2. Wide Area Network
Haushalt und Fahrzeug werden zur Schnittstelle.
3. Metropolitan Network
In Städten werden komplexe Onlinedienste genutzt.
4. Global Area Network
Die grenzenlose Vernetzung von Städten und
Regionen.
5. Society Network
Der potenzielle Teufelskreis: Chancen und Gefah-
ren eines Lebens ohne „Ausschalter“.
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INDEX
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TALENT„Der Kampf um Talente entscheidet über den wirtschaftlichen Erfolg“, sagt Richard FLORIDA, US-Ökonom. In den Innovations-regionen defi nieren Kreative die Zukunft.
50ALWAYS ONDigitale NetzwerkeDie vernetzte Welt erreicht die individu-elle Mobilität. Das birgt Chancen – und auch Risiken. Wir sind „always on“: im Haushalt, im Fahrzeug, im weiteren Sinne auf auf lokaler und globaler Ebene. Gelingt es uns noch, den „Ausschalter“ zu betätigen?
62METROPOLVon der Stadt zum Ideenpool: die auf-
regendsten Innovationen aus Shenzhen
(China), Kawasaki (Japan), Vancouver
(Kanada) und Mexiko-Stadt (Mexiko).
66TRANSFER Masdar CityJürgen HÄPP ist für die britischen Star-
architekten Foster + Partners Projektleiter
der Zukunftsstadt Masdar City im Emirat
Abu Dhabi. TECHNICITY sprach mit dem
talentierten Architekten über die einmalige
Chance, urbane Strukturen mit innovativs -
ten Mobilitätslösungen von Grund auf neu
zu konzipieren.
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TOLERANZToleranz, Offenheit und kulturelle Vielfalt sind entscheidend für wirtschaftliches Wachstum in Metropolen – und Ausdruck eines neuen urbanen Lebensstils.
72Car-to-X-KommunikationIn einem groß angelegten Pilotversuch testet
ein Konsortium aus Wirtschaft, Wissenschaft
und Politik in Deutschland die sogenannte
Car-to-X-Kommunikation. Sie wird die Zu-
kunft der Mobiliät entscheidend verändern.
78Concept A-Class Hinter dem Titel „Concept A-Class“ verbirgt
sich ein völlig neues Fahrzeugkonzept von
Mercedes-Benz. TECHNICITY hat den streng
geheimen Aufbauprozess des neuen Show-
cars exklusiv begleitet.
84 Urbaner WettbewerbDie Initiative „European Green Capital
Award“ zeichnet Großstädte mit besonders
nachhaltiger Stadtentwicklung und intelligen-
ten Mobilitätskonzepten aus – ein Blick auf
drei der innovativsten Metropolen: Hamburg
(Deutschland), Nantes (Frankreich) und
Barcelona (Spanien).
96DIGITAL
97IMPRESSUM UND KONTAKT
98PROJEKTOR
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TECHNOLOGIENeue Technologien sind unverzichtbarer Treibstoff für Innovationen und den Fort-schritt im 21. Jahrhundert – spannend, elektrisierend und faszinierend.
10Simulation der ExtremeDer weltweit leistungsfähigste Fahrsimulator
steht im süddeutschen Sindelfingen. Mit
Hightechversuchen werden Sicherheits-
technologien in Fahrzeugen von morgen in
virtuellen Extremsituationen getestet.
20SPEKTRUM Hightechnews aus den internationalen
Innovationsregionen.
26KonditionsmanagementExtremsportler und Truckfahrer sind Ausdau-
erprofi s. Wie der volle Leistungsabruf durch
modernste Technologien unterstützt wird,
zeigen Ironman-Triathlet Lothar Leder und
Daimler-Fuhrparkprofi Armin Weinmann
im „TopFit-Truck-Challenge“.
38HöchstleistungsaggregateDer klassische Verbrennungsmotor hat
seine Leistungsgrenze noch längst nicht
erreicht – was die Ingenieurbestleistung
am M-157-Motor im neuen Mercedes-
AMG eindrucksvoll unter Beweis stellt.
46ANALOGIEUrbane vs. maritime Mobilität: Der smart
escooter trifft das U-Boot Super Falcon.
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Eine
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AG
Sonne an. Sonne aus. Sonne an. Sonne aus. Der neue SLK.
www.mercedes-benz.de/slk
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INNOVATION, TECHNOLOGIE <dt.> die; -en (Abk. T)
„Wenn es ein Erfolgsgeheimnis für INNOVATION (siehe S. 38, „M 157“) gibt,
dann liegt es in der unnachgiebigen Überprüfung der Frage:
‚Was ist das BESTE (siehe S. 10, „Fahrsimulatoren 64“)?‘ Es liegt im Zusammenspiel
von GEGENSÄTZEN (siehe S. 26 „Top Fit“), von Angebot und Nachfrage,
von hell und dunkel, von Nachtigall und Lerche, von Bulle und Bär.“
Hans BLANK (*1933), deutscher Unternehmensberater, vormals Leiter Personalentwicklung Thyssen Niederrhein AG, Oberhausen.
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TEXT
Martin SCHÄFER
FOTOGRAFIE
Stefan HOHLOCH
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PARAMETER
NAME: Fahrsimulatorhalle
GRÜNDUNG: 2010
MITARBEITER: 20
TESTS: ca. 1.000 Testfahrtsimulationen pro Jahr
STANDORT: Werkshalle 64, Mercedes-Benz Werk
Sindelfi ngen, Deutschland
REALITÄT UND SIMULATION
Ein für die nächste Modellreihe neu entwickeltes
Assistenz- oder Sicherheitssystem kann schon vorab
im Fahrsimulator auf Herz und Nieren geprüft werden,
bevor es auf die Straße gelassen wird. Hunderte
von Probefahrten leisten freiwillige Probanden und
professionelle Test- und Entwicklungsfahrer im Jahr.
Die Forscher erhoffen sich dadurch schnellere Ent-
wicklungszeiten und zudem Einblicke in das Nutzer-
verhalten ihrer Kunden. Manchmal ist die Simulation
der Realität überlegen: Einige Fahrsimulationen, etwa
unfallträchtige Situationen, lassen sich mit Freiwilligen
nur im Simulator „fahren“. Am Ende jeder Simulation
steht dennoch der Praxistest auf der realen Straße.
Stuttgart
Frankfurt
Köln
SINDELFINGEN
Berlin
Hamburg
NACHTFAHRT Im leistungsfähigsten
Fahrsimulator der Welt werden Fahrfähigkeiten und
-systeme an ihre Grenzen gebracht.
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DOM IM DUNKELN Beschleunigungen von
bis zu 1g sind mit dem Hexapod der Simulatoren-
kabine erreichbar – annähernd Erdbeschleunigung.
MAKROSKOP
SCHWEBETECHNIK FÜR DIE SIMULATORKABINE
22 Tonnen wiegen Simulatorkabine (Dom) und die
sechsarmige Bewegungsmechanik, der sogenannte
Hexapod – und ruhen doch nur auf einer Luftlage von
der Dicke eines menschlichen Haares. Die Luftlager-
flächen haben kleine Löcher, die den Luftstrom über
feine lasergeschnittene Kanäle verteilen. Da so der
Luftdruck auf einer großen Fläche wirkt, reichen die
neun Bar Druckluft vom Werksgelände vollkommen
aus, um die Tonnage zu stemmen. Magneten ziehen
die Basis des Hexapods über die 12,5 Meter lange
Querschiene. Sie erreichen Beschleunigungen bis zu
1g – der Erdbeschleunigung – und eine Maximal-
geschwindigkeit von 36 km/h.
Die sechs Streckarme des Hexapods treiben elek-
trische Spindelantriebe an. Dadurch erhalten die
Forscher eine höhere Steifigkeit des Gesamtsystems
als mit pneumatischen oder hydraulischen Antrieben.
Auch bei den erzeugbaren Vibrationen betritt der
Fahrsimulator Neuland: Schwingungen bis 10 Hertz
sind darstellbar. So rattert der Simulator-Pkw auch
spürbar über Kopfsteinpflaster.
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KONTROLLSTAND Auf Augenhöhe zur
Kabine überwachen Techniker das Geschehen in
der Fahrsimulatorhalle an rund zwei Dutzend
Bildschirmen.
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PERFEKTE ILLUSION Acht Beamer werfen
ein fotorealistisches 360-Grad-Bild an die Innenwand
der Simulatorkuppel.
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MAXIMAL 36 KM/H Die Bewegungen des
Doms sind auf die Millisekunde genau mit den Bildern
in seinem Inneren abgestimmt.
MAKROSKOP
FAHRSZENARIEN
Mit dem neuen Fahrsimulator können die Forscher
fast alle Fahrszenarien austesten: Notbremsung, Aus-
weichen, Überholen, Spurwechsel und Doppelspur-
wechsel, Stop-and-Go. Nur das Durchbeschleu nigen
eines Mercedes-Benz SLK von 0 auf 100 in
8 Sekunden gelingt noch nicht. Auch engen Haar-
nadelkurven sind Grenzen gesetzt: Die Simulator-
kabine lässt sich über die Hexapods nur um rund
30 Winkelgrad drehen.
Verschiedene Witterungen, Sonnenstand, Regen,
Nebel, Schnee spielen die Forscher über die Bild-
systeme ein. Niederschlag auf der Windschutzscheibe
erzeugen sie aber nicht – ein bisschen Abstraktion
muss der Fahrer doch leisten.
VIRTUELLE LANDSCHAFTEN
Den Straßenplan für die Testfahrt im Simulator
können die Forscher kachelartig wie ein Puzzle
zusammenlegen. Einige Dutzend Standardkacheln
haben die Entwickler im Programm, darunter City-
Layouts, Landstraßen, Autobahnstrecken und Nacht-
szenen. Die Kacheln messen 4,5 km mal 4,5 km.
Sie passen an den Rändern zusammen und zeigen
meist Fan tasielandschaften – diese werden jedoch
realitätsnah mit Schattenverläufen in den Straßen,
bewegten Bäumen oder Fußgängern dargestellt.
Auf den Straßen begegnen dem Probanden vom
Fahrrad bis zum Lkw alle Fahrzeugtypen.
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COMPUTERCLUSTER Kommende Genera-
tionen von Fahrzeugsystemen werden als digitale Pro-
totypen zuerst im Simulator eingespeist und getestet.
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HYPERLINK
Weitere Informationen zu diesem Beitrag:
daimler-technicity.com/fahrsimulator
unter anderem mit folgenden Features:
• FOTOGALERIE Nachtfahrt im Dom: ausführliche Bildergalerie zur Fahrsimulator-
halle im schwäbischen Sindelfi ngen.
• VIDEO Willkommen in virtuellen Welten: der Fahrsimulator von Mercedes-Benz.
• HINTERGRUND
(1) Die IT für den Simulator: PCs für Projektoren, Hexapod und Seitenspiegel.
(2) „Seekrank“ im Simulator: Erfahrungen der Probanden.
• INTERVIEW „Digitale Testfahrten schon in der frühen Entwicklungsphase“:
Eberhard ZEEB, Leiter des Bereichs Fahrsimulatoren bei Daimler, im Gespräch.
Reifen? Wie können Ingenieure das Fahrerlebnis noch komfortabler
gestalten? Existierende Fahrzeugsysteme können durch Probanden-
hilfe verbessert, zukünftige auf ihren wahren Nutzen geprüft werden.
Bald werden schon die ersten 100 Probanden im 25 Millionen
Euro teuren Daimler-Simulator gesessen sein. Lohnen sich Aufwand
und Kosten? „Man kann im Simulator an die fahrphysikalischen Gren-
zen gehen, die man auf der Straße eher nicht austesten möchte“, er-
klärt Zeeb. „Außerdem gehen wir durch die Simulationen mit einem
höheren Reifegrad in die weitere Entwicklung.“ Das spare Geld und
erhöhe die Zuverlässigkeit der Testergebnisse.
Dementsprechend stehen die Entwickler Schlange, um im Dom
testen zu dürfen: Die nächsten Modellgenerationen entstehen zuerst
digital am Computer. Diesen digitalen Prototypen füttert die Mann-
schaft um Zeeb dann in den Simulator ein. Der Testfahrer befi ndet
sich dann zwar im Chassis einer existierenden Baureihe, das gesamte
Fahrzeugverhalten folgt aber schon der nächsten oder übernächsten
Modellgeneration. Diese Abstraktion müssen und können unsere Ent-
wickler schon leisten, sagt Zeeb und lacht: „Wir sind auch schon in
der Mercedes-Benz Actros-Kabine mit der Fahrwerkabstimmung des
Mercedes-Benz Sportwagens SLK gefahren.“
Eine Autofahrt bei Nacht ist ziemlich anstrengend und ermü-
dend: immer dem Vordermann im angepassten Abstand
hinterherfahren, Brems- und Streulichter registrieren und
bewerten. Die Augen müssen sich ständig verändernden
Lichtverhältnissen anpassen, Regen verschleiert den Blick
auf die Landstraße. Vorsicht! Der Fahrer der Mercedes-Benz C-Klasse
steigt heftig in die Bremsen, weicht einem Radfahrer refl exartig aus
und zieht auf die Gegenfahrbahn. Sein Körper drückt sich in den Gurt,
krampfhaft hält er das Lenkrad fest, da kommt schon der nächste
Adrenalinstoß: Gegenverkehr blendet auf und zwingt den Fahrer sofort
auf seine Spur zurückzulenken. Erst jetzt beruhigt sich die Fahrsitua-
tion, nach einigen Sekunden kann der Fahrer langsam wieder „runter-
kommen“. Und plötzlich friert die Szene ein, nichts bewegt sich mehr
und grelles Licht erhellt den Raum: Eine Nachtfahrt im leistungsfähigs-
ten Fahrsimulator der Welt ist beendet.
„Wir können hier fast jede Fahrsituation nahezu perfekt nachstel-
len und simulieren“, erklärt Eberhard Zeeb, Leiter der Forschung mit
Fahrsimulatoren bei Daimler in Sindelfi ngen: den Doppelspurwechsel
– einmal rüber, dann wieder zurück –, die Nacht, den Gegenverkehr,
die Geräuschkulisse. Acht Beamer werfen ein 360-Grad-Bild an die
Innenwand der Simulatorkuppel, dem sogenannten Dom. Darin ist ge-
nügend Platz für die ganze Modellpalette von Daimler: vom smart über
die Mercedes-Benz E-Klasse bis zur Mercedes-Benz Actros-Lkw-Ka-
bine. Nur bei der Witterung müssen die Ingenieure Abstriche machen:
„Verschiedene Sonnenstände, Regen, Nebel oder Schnee können wir
zwar im Bild simulieren“, erklärt Zeeb. „Reale Regentropfen auf der
Windschutzscheibe sind aber nicht drin.“
Die Forscher wollen eben keine Filmregisseure sein, sondern ver-
folgen zwei Kernziele: Zum einen können Testfahrer im Simulator die
Fahrdynamik eines Modells voll ausfahren. Ingenieure montieren dazu
die Karosserie einer Mercedes-Benz C-Klasse oder eines Mercedes-
Benz Actros in den Dom, verkabeln die Steuersysteme – und lassen
die Fahrer aus den Entwicklungsabteilungen „losfahren“. Außerhalb
der Kuppel sieht das dann so aus: Auf sechs Beinen – einem soge-
nannten Hexapod – und einer 12,5 Meter langen Querschiene tanzt
der Dom in einer riesigen Halle. Der Testfahrer probt die Notbrem-
sung: Der Dom geht mit dem Hexapod in die Knie und schwenkt voll
aus. Ein Spurwechsel steht an: Die Simulatorkuppel zieht auf der
Schiene in Sekundenschnelle forsch nach rechts.
Die Feinabstimmung des Bildes der Verkehrssimulation innerhalb
der Kuppel und der Gesamtbewegung ist dabei auf die Millisekunde
genau: Nur so hat der Fahrer den Eindruck eines nahezu realistischen
Fahrerlebnisses. Und nur so können die Forscher die Realität nach-
stellen und die Reaktion der Fahrer in Extremsituationen untersuchen.
Die Untersuchung dient dem zweiten Forschungsziel, nämlich heraus-
zufi nden, wie der Durchschnittsfahrer mit der Fahrzeugtechnik und
den Assistenzsystemen umgeht und wie die Ingenieure aus ihren Ent-
wicklungsideen einen klaren Kundennutzen herausarbeiten können.
Dazu holt Zeeb gewissermaßen den Mann oder die Frau von der Stra-
ße in den Simulator: Wie reagiert der Testfahrer auf einen geplatzten
VIRTUELLE EXTREMBEDINGUNGEN IM
WELTWEIT LEISTUNGSFÄHIGSTEN FAHRSIMULATOR
E
DAIMLER-TECHNICITY.COM 19
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SPEKTRUM
ASIEN HIGHTECHNEWS AUS DER INNOVATIONSREGION
„Ein starkes Indiz für das veränderte Verbraucherverhalten junger
Asiaten bei der Hardware-Nutzung ist, dass bereits 300 Millionen
Chinesen über ihr Mobiltelefon ins Internet gehen.“
NANOBLÄSCHEN REINIGEN WASSER (KYOTO, Japan) Superfeine Bläschen mit ei-
nem Durchmesser von weniger als einem Na-
nometer können Schwebeteilchen im Wasser
zerstören und das Wasser dadurch tiefenrei-
nigen. Die solarbetriebene Maschine zur Her-
stellung dieser winzigen Bläschen, die für das
menschliche Auge unsichtbar bleiben, wurde
gemeinsam vom College of Life Sciences
der Ritsumeikan-Universität im japanischen
Kyoto und der Firma Nishiken Devise entwi-
ckelt. Die Nanobläschen versorgen Mikroor-
ganismen in abgelagertem Schlamm auf dem
Boden von Gewässern mit genügend Sauer-
stoff, um ihre Arbeit zu verrichten und den
Schlamm auf biologischem Wege abzubauen.
kippo.or.jp
TAIPEH, Taiwan
SINGAPUR, Singapur
TOKIO, Japan
KYOTO, JapanSEOUL, Südkorea
ELEKTRONIK Neue Module für Smartphones um ein
Drittel verkleinert.
WINZIGE BAUTEILE FÜR SMARTPHONES (TOKIO, Japan) Die japanische TDK
Corporation hat einen Weg gefunden, um elektronische Bauteile für Smartphones
um ein Drittel zu verkleinern. Die Module werden durch die direkte Verbindung
von Chips mit den Leiterplatten gebaut. TDK benutzt dabei ihre Expertise aus der
Herstellung von winzigen Leseköpfen für Speicherfestplatten bei Computern. In
diesem Bereich ist TDK, die mit ihren Kassetten bekannt wurden, Weltmarktführer.
Ein Prototyp für einen Stromgeber misst nur noch 2,9 × 2,3 Millimeter in der Flä-
che und ist nur noch 0,3 Millimeter dick. Die Massenherstellung soll im Sommer
2011 beginnen. e.nikkei.com
„REINE“ OBERFLÄCHE (SINGAPUR, Singapur) Das „Industrial Consortium on
Nanoimprint“ in Singapur kooperiert mit fünf Firmen aus den USA, Europa und
Japan, um neue Oberfl ächenstoffe zu entwickeln, die sich an Naturlösungen von
Meereslebewesen orientieren. Auf diese Weise will man antimikrobakterielle
Oberfl ächen entwickeln, die sich zum Beispiel für Schiffsrümpfe, medizinische
Geräte und optische Linsen eignen. Das sind Oberfl ächen, die absolut glatt und
rein bleiben müssen, um Energie zu sparen und ihre Funktion optimal zu erfüllen.
a-star.edu.sg
Martin FRITZ, TECHNICITY-Korrespondent, Tokio
20 T20
20_25_110406_T_Spektrum_RZ_D_JS.indd 2020_25_110406_T_Spektrum_RZ_D_JS.indd 20 08.04.11 15:3908.04.11 15:39
WELTKLEINSTER SPEICHERCHIP ENTWI-CKELT (TAIPEH, Taiwan) Das taiwanesische
National-Applied-Research-Laboratorium hat
den weltkleinsten Speicherchip entwickelt.
Der sogenannte „RRAM“ enthält 9 Nanome-
ter dünne Strukturen und kann 20 Mal mehr
Informationen speichern als die Flashmemory-
Karten, die derzeit in Kameras und Handys
eingesetzt werden.
Das „R“ steht für „repetitive“, während die
heutigen Chips „DRAM“, D wie dynamisch,
heißen. Der Chip braucht nur 0,005 Prozent
der Elektrizität der bisherigen Chips. Die neue
Technik soll in fünf bis zehn Jahren marktreif
sein. Ein Chip wird dann 500 GByte Informati-
onen auf 1 Quadratzentimeter enthalten, die
auf bis 1,5 Terabyte erweitert werden können.
taiwantoday.tw
TRANSISTOREN, DIE KEINEN STROM BRAUCHEN (TOKIO, Japan) Ein internati-
onales Forscherteam hat einen Transistorprototypen entwickelt, der keinen elekt-
rischen Stromfl uss braucht, um die üblichen Signale von AN und AUS zu erzeugen.
Der Durchbruch könnte zu elektronischen Geräten führen, die sehr wenig Strom
verbrauchen. Der Prototyp benutzt nicht den Fluss von elektrischen Ladungen,
sondern die Änderung durch Spin-Drehrichtung der Elektronen als Information,
die weitergegeben wird. Die Forscher stammen vom Hitachi-Cambridge-Labor, der
Akademie der Wissenschaften in Tschechien und den Universitäten Cambridge,
Nottingham und Texas. imre.a-star.edu.sg/nil
TRAGBARE BRENNSTOFFZELLE (KYOTO, Japan) Das Start-up-Unternehmen Aquafairy
in Kyoto hat mit der Vermarktung einer klei-
nen und superleichten Brennstoffzelle begon-
nen, die nur unter Zusatz von Wasser mehr
als 2,5 Watt erzeugen und eine iPhone-Batte-
rie 90 Minuten lang aufl aden kann. Das hand-
tellergroße Gerät wiegt nur 128 Gramm und
benutzt Kalziumhydrat als Wasserstoffquelle.
Bei Raumtemperatur ist der Stoff fest, unter
Zugabe von Wasser entwickelt sich Wasser-
stoff, der mit Sauerstoff in der Zelle Strom
erzeugt. asiacleantechgateway.com
SMARTE WELT Zu den größten Revolutio-
nen des neuen Jahrzehnts gehört der Bedeu-
tungsverlust des PCs. Schon 2013 wird es
Marktforschern zufolge auf der Erde mehr
Smartphones als Desktop-PCs geben.
Da sind die dann erwarteten 150 Millionen
Tablet-Computer noch nicht mitgezählt. Der
PC wird sicher nicht sterben. Aber ein Groß-
teil der Menschheit erledigt vielleicht schon
Mitte dieses Jahrzehnts die meisten Com-
puteraufgaben an einem mobilen Gerät.
Ein starkes Indiz für das veränderte Ver-
braucherverhalten ist, dass bereits 300 Milli-
onen Chinesen über ihr Mobiltelefon ins
Internet gehen. Wichtigster Grund für den
Siegeszug des Smartphones ist der dramati-
sche Zuwachs an Rechenleistung, grafi scher
Darstellungskraft und Touchscreen-Reakti-
onszeit. Das erste iPhone von Apple bestand
noch aus Standardelektronik, die jeder
herstellen konnte. Beim iPhone 4 stammen
30 Prozent dieser Komponenten aus Japan,
weil seine Firmen das größte Know-how für
winzig kleine Kondensatoren, Spulen und
Schaltungen haben.
Die extreme Miniaturisierung hat Smart-
phones in Alleskönner verwandelt. In guter
Qualität lässt sich damit telefonieren, mailen,
im Internet browsen, fi lmen, fotografi eren,
Musik hören und fernsehen. Dank GPS-
Empfänger ersetzen sie das Navigationsge-
rät. Nicht vergessen darf man die Kreativi-
tätsexplosion bei Software, die uns zahllose
kleine Alltagshelfer in Gestalt der Applets
beschert hat. Daher wandern nun die Daten
und Programme, die früher dem PC vorbe-
halten waren, auf einen virtuellen Schreib-
tisch in einer Rechenwolke, die sich von
über all her ansteuern lässt. Das alles kommt
unseren Bedürfnissen weit entgegen: Wir
wollen mobil sein, aber mit Arbeit, Freunden
und Familie in Kontakt bleiben. Nichts sättigt
diesen Hunger mehr als das Smartphone in
unserer Tasche, das seinen Namen wirklich
verdient.
PERSPEKTIVEMartin FRITZ
Asien-Korrespondent
und Buchautor, seit 2001
für den Norddeutschen
Rundfunk (NDR Info)
in Tokio
HANDTELLERGRÖSSE Brennstoffzelle für die
Hosentasche benötigt nichts als Wasser.
SUPERTRANSISTOREN Elektronen ändern die Spin-Richtung und kommen ohne Strom aus.
DAIMLER-TECHNICITY.COM 21
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UMWELTFREUNDLICHES KLEBEBAND (CORVALLIS,
USA) Wer heute Etiketten für Verpackungen, Merkzet -
tel, Klebestreifen oder selbsthaftende Briefmarken her-
stellt, muss sich auf Klebstoffe verlassen, die aus Erdöl-
derivaten gewonnen werden. Eine grüne Alternative hat
der Holzwissenschaftler Kaichang Li an der Oregon State
University per Zufall entdeckt, als er an Bindemitteln für
Holz laminate forschte.
Sein neuer Klebstoff lässt sich aus einer ganzen Rei-
he pfl anzlicher Öle wie Soja, Mais oder Raps herstellen
und eignet sich für alle Anwendungen, bei denen druck-
empfi ndlicher Kleber verwendet wird. Der neue Klebstoff
ist nicht nur umweltfreundlicher, sondern außerdem halb
so teuer wie herkömmliche Materialien, so die Hochschu-
le. Li kennt sich in Haftungsfragen aus: Er hatte bereits
2007 den Green-Chemistry-Preis des US-Präsidenten für
die Entdeckung eines weiteren umweltfreundlichen Kleb-
stoffs gewonnen, den er der Natur abschaute: Dank dieser
chemischen Verbindung klammern sich Muscheln auch in
der tosenden Brandung sicher an Gestein. cof.orst.edu
ERBGUT ZUM SONDERPREIS (CAMBRIDGE, USA) Als das humane Genompro-
jekt auf Hochdruck lief, kostete die Sequenzierung der menschlichen Erbanlagen
rund drei Milliarden US-Dollar und dauerte ein Jahrzehnt. Seitdem schaffen neue
Anlagen diese Aufgabe für nur noch 20.000 US-Dollar in ein paar Tagen. Das ist
zwar für Labors und Krankenhäuser erschwinglich, aber für einzelne Patienten und
interessierte Laien immer noch zu teuer.
Ein Spin-off der Universität Harvard namens GnuBio will Genomik nun zum Mas-
senmarkt machen und Erbanlagen in wenigen Stunden für nur 30 US-Dollar ent-
schlüsseln. Das Geheimnis der preiswerten Analyse ist eine offene Datenbank, in
die alle Nutzer ihre anonymen DNA-Schnipsel automatisch einspeisen und so ein
immer weiter wachsendes Archiv schaffen. Das soll die Suche nach Krankheits-
markern und vor allem möglichen neuen Therapien erleichtern und beschleunigen.
gnubio.com
CORVALLIS, USA
CAMBRIDGE, USA
WASHINGTON, USA
NORDAMERIKA HIGHTECHNEWS AUS DER INNOVATIONSREGION
„Die Wirklichkeit verschmilzt mit dem Internet zu einem endlosen
Spielplatz. Die videobasierte, intelligente Kartografierung des Alltags
hilft Verbrauchern und Unternehmen in ganz Amerika.“
Steffan HEUER, TECHNICITY-Korrespondent, San Francisco
VANCOUVER, Kanada
DNA-ARCHIV Nutzer können in Zukunft ihre DNA-Einspeisung
selbst steuern.
SPEKTRUM
22 T22
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VORMARSCH DER MASCHINEN Pessi-
misten sehen es so: Nachdem der Riesen-
rechner Watson aus dem Hause IBM seine
menschlichen Konkurrenten in der Quiz-
sendung „Jeopardy“ geschlagen hat, ist die
Machtübernahme der Maschinen einen
Schritt näher gerückt. Optimisten entgeg-
nen, dass künstliche Intelligenz endlich den
Anspruch erfüllt, dem Menschen effektiv zu
helfen. In Wirklichkeit haben beide Seiten
recht. Dank Watsons Sieg wird 2011 in die
Technikgeschichte eingehen. Aber von
einem autonomen, intelligenten Wesen sind
wir nach wie vor weit entfernt. Damit der
Rechner gewinnen konnte, mussten zwei
dutzend IBM-Experten den Kasten vier Jah-
re lang trainieren. Spannend wird es erst,
wenn man sich die praktischen Anwendun-
gen ansieht, die aus diesem unhandlichen
Hardware-Monster entstehen werden: blitz-
schnelle Sprach- und Bilderkennung, die
dank Cloud Computing jedes Smartphone
und jedes Auto in einen Mini-Watson ver-
wandeln – und zwar zum Nulltarif.
Schon in ein paar Jahren wird das
menschliche Hirn durch den Zugriff auf end-
lose Rechenleistung zum völlig neuen Werk-
zeug, um die Welt zu verstehen. Menschen
und Bots reichen sich die Synapsen, aber
von einem Verdrängungswettbewerb kann
noch lange nicht die Rede sein. Die Frage
nach dem Wesen der Intelligenz stellt sich
erst, wenn man Apps und Sensoren direkt in
den Körper einbauen und upgraden kann.
Ob das gut oder schlecht ist, sei dahin-
gestellt. Aber der Tag wird kommen, also
sollten wir uns rechtzeitig vorher Gedanken
darüber machen. Ein guter Einstieg sind
die Visionen des Computerwissenschaftlers
Ray Kurzweil über die Verschmelzung von
Mensch und Maschine. Über seinen „trans-
zendentalen Menschen“ ist termingerecht
ein Film gleichen Namens erschienen. Kurz-
weil hat sogar ein Datum berechnet, an dem
eine menschliche Jury einen Rechner als
denkendes Wesen akzeptieren wird: 2029.
Bis dahin werden Millionen von Ingenieuren
und Wissenschaftlern (noch) nicht um ihren
Arbeitsplatz fürchten müssen.
Steff an HEUER
USA-Korrespondent
für brand eins und die
deutsche Ausgabe von
Technology Review,
Fachgebiete: Hightech
und Ökonomie
PERSPEKTIVE
GPS-SKIBRILLE FÜR VERNETZTE BOAR-DER (VANCOUVER, Kanada) Wer auch auf
der Piste keine Daten missen will, sollte
sich an die neue GPS-Skibrille von Recon
Instruments aus Vancouver halten. Modell
„Transcend“ misst Geschwindigkeit, Route,
Temperatur und blendet eine Stoppuhr, zu-
rückgelegte Distanz und Höhenmeter auf
einem kleinen LCD-Schirm am rechten Rand
der polarisierten Linse ein. Die Netzbrille ist
nicht billig, sie kostet umgerechnet 310 Euro.
reconinstruments.com
KOLLEGE ROBOTER HILFT IM ALL (WASHINGTON, USA) Die NASA schickt zum
ersten Mal einen Robonauten in die Umlaufbahn. Robonaut 2 heißt das wie ein
Mensch aussehende Aluminium-Wesen mit einem goldenen Kopf, das an Bord des
Spaceshuttles Discovery im Februar zur ersten Mission startete. Er besitzt genü-
gend Fingerfertigkeit, um einen Stift anzufassen und einfache Wörter zu schreiben.
An Bord der Internationalen Raumstation (ISS) soll Robonaut 2 unter anderem
die Innenwände der ISS von bakteriellem Belag reinigen. Im Gehäuse des Robo-
nauten verbergen sich mehr als 250 Sensoren und 38 Intel-Prozessoren. Er twee-
tet sogar unter @AstroRobonaut. robonaut.jsc.nasa.gov
ASTROROBONAUT Auf der Raumstation ISS wird die Besatzung
seit Februar von einem Roboter unterstützt.
MIT GPS AUF DIE PISTE Geschwindigkeit, Höhenmeter und weitere Daten werden auf
dem kleinen LCD-Bildschirm der Hightechbrille immer gut sichtbar eingeblendet.
DAIMLER-TECHNICITY.COM 23
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Jochen WITTMANN
Seit 1993 freier Auslands-
korrespondent für das
Newsforum Eurotopics
und zahlreiche deutsch-
sprachige Tageszeitungen
mit Sitz in London
PERSPEKTIVE
SMART GRIDS In Europa wird die Zukunft
geprobt, und sie scheint zu funktionieren.
In der österreichischen Region Salzburg
wurden 20.000 „Smart Meter“ in privaten
Haushalten installiert. Die intelligenten,
mit dem Internet verbundenen Stromzähler
messen den individuellen Verbrauch und
geben die Daten an den Energieversorger
Salzburg AG weiter. In Deutschland werden
in sechs Modellregionen, von Cuxhaven
bis Baden-Württemberg, Pilotprojekte für
ein „Smart Grid“, für ein intelligentes Strom-
netz, durchgeführt. Und in Finnland sollen
80 Prozent der Haushalte bis Ende 2013
mit Smart Metering ausgestattet werden.
Kein Zweifel: Smart Grids sind europaweit
auf dem Vormarsch.
Die Vision ist so einfach wie bestechend:
ein intelligentes Stromnetz zu schaffen,
das die Erzeugung, Speicherung und Weiter-
leitung von Elektrizität integriert und opti-
miert, das Verbrauchsspitzen abfangen kann
und dezentrale Einspeisungen erleichtert.
Gelingt es, winken Effi zienzsteigerungen
und Kosteneinsparungen. Die Wirtschaft hat
entschieden: Das ist ein Wachstumsmarkt.
Der Umsatz von Siemens im Smart-Grid-
Sektor ist im letzten Jahr um zehn Prozent
gestiegen. Die IT-Sparte der Deutschen
Telekom drängt ebenfalls auf den lukrativen
Markt. Auf der CeBIT fand in diesem Jahr
erstmals ein Smart Grid Summit statt.
Man blickt nach China: Dort soll sich das
Volumen des Smart-Grid-Markts bis 2015
auf über 60 Milliarden US-Dollar nahezu
ver dreifachen.
Der größte Nutznießer könnte allerdings
die Umwelt sein. Greenpeace legte kürzlich
eine Studie vor, nach der mithilfe eines
intelligenten Stromnetzes in der EU die
Einspeisung von regenerativen Energien im
Jahr 2030 schon 68 Prozent des Gesamt-
volumens ausmachen könnte. Aber dafür
braucht es einen europaweit liberalisierten
und offenen Energiemarkt.
SMARTKEM ENTWICKELT ORGANISCHE HALBLEITER (ST. ASAPH, Großbritannien)
Das junge britische Newcomer-Unternehmen
SmartKem hat die „Best of British Innovation
2010“ gewonnen. Die in Wales angesiedelte
Firma entwickelt die nächste Generation von
Halbleitern, die mittels organischen Materia-
lien direkt auf Folien gedruckt werden kön-
nen und in Zukunft Silikon-Chips ersetzen
sollen. Von der walisischen Regionalregie-
rung großzügig mit Subventionen gefördert,
peilt die Firma den ostasiatischen Markt für
Mikroelektronik an. Die Vorteile der neuen
Technologie: Organische Halbleiter sind
wesentlich preiswerter zu produzieren als
Silikon. Und sie können auf ultradünne und
hochfl exible Polymerschichten gedruckt wer-
den. Anwendungsgebiete umfassen unter an-
derem intelligente Verpackungen, ultraleichte
Solarpanels oder elektronische Bildschirme.
smartkem.com
WO IST MEIN AUTO? (SCHAFFHAUSEN, Schweiz) Panik in der Tief-
garage: Wo habe ich geparkt, wie fi nde ich mein Auto wieder? Ein
neues Gadget des Herstellers Garmin schafft Abhilfe. Das gerade
feuerzeuggroße Gerät GTU 10 ermittelt mithilfe von GPS-Technik den
genauen Standort, überträgt ihn in Echtzeit an den Garmin-Tracker,
von dem aus die Positionsdaten über Browser oder Smartphone-App
abgefragt werden können.
Nicht nur bei der Autosuche kann das Gadget helfen. Der Herstel-
ler sieht zum Beispiel Einsatzmöglichkeiten bei der Überwachung von
mobilem Eigentum oder beim Management einer unternehmenseige-
nen Fahrzeugfl otte. buy.garmin.com
DIE GANZE WELT IM RECHNER (ZÜRICH,
Schweiz) Ein Team von Wissenschaftlern an
der ETH Zürich will einen Living-Earth-Simu-
lator bauen. Der Supercomputer ist Teil des
FuturICT-Projektes, um das Geschehen auf
dem Planeten zu simulieren, von der Aus-
breitung ansteckender Krankheiten und Ver-
kehrschaos auf den Straßen über globales
Wetter bis zu internationalen Kapitalströmen.
Dazu wollen die Forscher Millionen Daten-
punkte aus privaten und öffentlichen Quellen
sowie Social-Media-Daten aus dem Web ver-
arbeiten, um am Ende ein Abbild der Realität
im Rechner zu modellieren, mit dem sich ver-
lässliche Prognosen abgeben lassen – etwa
um die Warnsignale der nächsten Finanzkrise
oder Grippewelle frühzeitig zu erkennen.
futurict.ethz.ch
PARIS, Frankreich
BONN, Deutschland
ST. ASAPH, Großbritannien
SCHAFFENHAUSEN, Schweiz
ZÜRICH, Schweiz
SPEKTRUM
24 T24
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20
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Afrika
Asien-Pazifi k-Region
Osteuropa
Lateinamerika
Mittlerer Osten
Nordamerika
Westeuropa
1.000.000
1.000.000
1.000.000
EUROPA HIGHTECHNEWS AUS DER INNOVATIONSREGION
„Die Vision vom Smart Grid ist so einfach wie bestechend:
Ein intelligentes Stromnetz, das die Erzeugung, Speicherung
und Weiterleitung von Elektrizität integriert und optimiert.“
Jochen WITTMANN, TECHNICITY-Korrespondent, London
4G IN DEUTSCHLAND (BONN, Deutschland) Telefónica
O2 und Deutsche Telekom nehmen erste LTE-Pilotnetze
und -Standorte in Betrieb. 4G, die vierte Generation der
Mobilfunknetze, ist vor dem Sprung auf den deutschen
Schlüsselmarkt.
Im Frühsommer 2010 hatten die Unternehmen die
Lizenzen für LTE ersteigert. Vorausbedingung war, dass
zuerst die unterversorgten ländlichen Gebiete mit Breit-
bandverbindungen versorgt werden müssen – bis 2016,
so die Vorgabe, sollen 90 Prozent der „weißen Flecke“ ge-
tilgt sein, bevor die Vermarktung in den Städten erfolgen
kann. Jetzt verkündet Telekom eine „4G-Offensive“ und ist
sich sicher, dieses Ziel schon früher erreichen zu können.
Dann wird der Internetzugang superschnell: Bandbreiten
von bis zu 100 Mbit pro Sekunde sind möglich, ein Video
mit einer Größe von 7,5 MB könnte in weniger als einer
Sekunde heruntergeladen werden. telekom.com
LIGHTRADIO SOLL MOBILFUNK RETTEN (PARIS,
Frankreich) Experten warnen vor dem Crash. Spätestens
in zwei Jahren soll das Mobilfunknetz total überlastet sein,
weil es immer mehr Smartphones gibt und der Datenhun-
ger immer größer wird. Jetzt hat der französisch-ameri-
kanische Konzern Alcatel-Lucent eine Lösung vorgestellt:
lightRadio, eine Minifunkstation in der Größe eines Wür-
fels von sechs Zentimetern Kantenlänge.
Der Miniquader soll die konventionellen Mobilfunk-
masten ersetzen. Gerade weil er so klein ist, könnte er
schneller und problemloser installiert werden als die
Basisstationen, gegen die sich regelmäßig örtlicher Pro-
test regt. Zugleich verspricht der „Cube“ eine grüne Divi-
dende: Er soll nur halb so viel Energie verbrauchen.
alcatel-lucent.com QUADER-FUNK Kleine, portable Sender unterstützen das Mobilfunknetz.
Breitbandnutzer (WiMAX) nach Region, im jeweils ersten Quartal 2008–2010.
QUELLE: TeleGeography
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TEXT
Peter THOMAS
FOTOGRAFIE
Berthold STEINHILBER
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START
Der mehrfache Ironman-Sieger Lothar
Leder und Testfahrer Armin Weinmann
von Daimler starten gut ausgeruht
zum gemeinsamen Training über die
Marathondistanz.
MENSCH UND TECHNIK Um den vollen Leistungsabruf von Fernfahrern
oder Sportlern gewährleisten zu können, arbeiten Wissenschaftler und Ingenieure
eng zusammen. Ziel: die Kondition der Leistungsträger dauerhaft zu sichern.
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eder Kilometer ist ein Stück He-
rausforderung, jeder Kilometer
führt ein bisschen näher an das
weit entfernte Ziel. Stark bleiben, immer kon-
zentriert bleiben, das ist dabei die ständige
Anforderung für die Spezialisten der Lang-
strecke. Fernfahrer wissen genauso wie Tri-
athlonprofi s, dass dies nur gelingt, wenn un-
terwegs der Rhythmus zwischen Etappen mit
voller Leistung und Momenten der Erholung
stimmt.
Grundvoraussetzung für den vollen Leis-
tungsabruf ist Fitness. Der Schlüssel zu guter
Kondition liegt für Trucker und Triathlet in ei-
nem Trainingsplan. Beim Sportler geht es da-
bei besonders um die gezielte Vorbereitung
auf einen Wettkampf: Sechs bis acht Wo-
chen lang bereitet sich beispielsweise Lothar
Leder, einer der besten deutschen Triathle-
ten, intensiv auf einen Wettkampf vor. Der
Fernfahrer hat dagegen die dauerhafte Stei-
gerung und Verbesserung der Fitness sowie
deren Erhalt im Blick.
Entsprechend unterschiedlich zeigt sich
auch die Belastung auf der Langstrecke: Der
Sportler gibt am Tag des Wettkampfs seine
absolute Bestleistung, bis er mit der letzten
Kraftreserve ins Ziel kommt. Für den Trucker
dagegen zählt Kontinuität, bewältigt er doch
tagtäglich lange Distanzen, auf denen hohe
Konzentration gefordert ist. „Der Trend in
Europa geht zu langen Distanzen. Für den
Fahrer bedeutet das, bis zu 14 Tage lang
in der Kabine seines Trucks zu leben“, sagt
Siegfried Rothe. Der Ingenieur ist Manager
Condition Enhancement bei Daimler, er ent-
wickelt mit seinem Projektteam Entspan-
nungs-, Erholungs-, Fitness- und Gesund-
heitskonzepte für Viel- und Berufskraftfahrer.
Mehrere Hundert Kilometer am Tag legt
ein Trucker zurück. Und wer im grenzüber-
schreitenden Fernverkehr fährt, der ist oft ein
oder zwei Wochen am Stück unterwegs. Das
ergibt mehrere Tausend Kilometer Strecke bis
zur Rückkehr nach Hause, und die Kabine ist
in diesen Tagen der Arbeits- und Lebensraum.
Ob nun Obst aus Spanien und Italien nach
Berlin importiert wird oder Maschinenteile
aus Schwaben in Richtung Osten rollen: Jede
Fahrt trägt ihren Teil zum Fluss der modernen
Warenströme bei, in Deutschland, Europa, in
der ganzen Welt. Und in diesen Wirtschafts-
kreisläufen ist Zeit nichts anderes als Geld –
der Druck immens.
Auch den Triathleten setzt präzises Timing
unter Stress: An der Uhr wird das Ergebnis
im Wettbewerb mit anderen Sportlern ge-
messen, die körperliche Höchstleistung muss
zum richtigen Moment gebracht werden. In
der Königsdiszipin „Ironman“ folgen aufeinan-
der 3,86 Kilometer Schwimmen, 180 Kilome-
ter Radfahren und 42,195 Kilometer Laufen
– das sind drei Marathondistanzen in drei
verschiedenen Sportarten, zu absolvieren in
einer Zeit, die für die meisten Sportler einen
8-Stunden-Tag im Büro überschreitet.
Lothar Leder hat die magische 8-Stunden-
Marke 1996 als erster Triathlet in der legen-
dären Ironman-Distanz geknackt. Moderne
Technik ist für den Darmstädter Profi sportler
ebenso wichtig, um diese Herausforderung
zu bewältigen, wie Training und die richtige
Zeiteinteilung im Wettkampf. „Der Triathlon
hat viele technische Entwicklungen für den
gesamten Sport nach vorn gebracht“, sagt
Leder: Das reicht vom Fahrradhelm bis zum
Leichtbaurahmen aus Carbon. Und die Ent-
wicklung geht weiter: „Die Innovationsrate
explodiert geradezu“, sagt der Profi sportler.
Hochkomplex, wenn auch auf eine ganz
andere Art und Weise als beim Triathlon, sind
die belastenden Faktoren, denen der Fern-
fahrer besonders auf sehr langen Strecken
ausgesetzt ist: Rahmenbedingungen wie hohe
Verkehrsdichten, eng getaktete Lieferketten
und chronischer Parkplatzmangel machen die
Fernlogistik mit dem Lastwagen zur Heraus-
forderung. Von der seelischen Anspannung
ist es da nicht weit bis zur körperlichen Ver-
spannung und Erschöpfung.
Nur ein fi tter Fahrer kann sein Fahrwissen und seine öko-
nomische und ökologische Fahrpraxis optimal umsetzen.
Professor Dr. Jürgen ZULLEY
Leiter Schlafmedizinisches Zentrum der Universität Regensburg
J
TRIATHLON Technische Weiterentwicklungen, vom Zeitfahrhelm bis zum Carbonrahmen des Fahrrads, ermöglichen immer neue Bestleistungen.
Unter acht Stunden benötigt ein Welt-
klasse-Triathlet für die volle Ironman-
Distanz, so lang wie der Arbeitstag
eines Fernfahrers. Von Anfang an
heißt die Devise: Kräfte gut einteilen.
ENERGIE-HAUSHALT
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Daimler Trucks hat in dem Projekt „TopFit-
Truck“ ein Forschungsfahrzeug entwickelt,
das den Marathonmännern unter den Kraft-
fahrern mit moderner Technik Lösungen für
diese Probleme bietet. „Wir haben vor allem
die Funktionalität der Kabine hinsichtlich
des Komforts durch eine ganze Reihe von
Innovationen erheblich aufgewertet“, erklärt
Siegfried Rothe und bittet zum Einstieg in die
gelb lackierte Sattelzugmaschine.
Über den Tellerrand der Automobiltechnik
zu blicken gehört für den Mechatronik-Inge-
nieur Rothe zum Selbstverständnis seines
Berufes. Entsprechend breit aufgestellt sind
auch die Partnerschaften, die er für die Ent-
wicklung des TopFit-Trucks geschlossen hat:
Unter anderem haben Musik- und Sportwis-
senschaftler, Schlafforscher, Humanbiologen,
Psychologen, Verkehrswissenschaftler und
Zellphysiologen an der Entwicklung des For-
schungsfahrzeugs mitgearbeitet.
Das Ziel der Arbeitsgemeinschaft war es,
Lösungen für bessere Ergonomie und Kom-
fort im Truck der Zukunft zu fi nden. Denn
das Fahrzeug ist für Langstreckenfahrer
Arbeitsplatz und Lebensraum auf Zeit zu-
gleich. Diese Vision unterstreicht auch Georg
Weiberg, der bei Daimler Trucks für den Be-
reich Truck Product Engineering verantwort-
lich ist: „Alle diese Maßnahmen haben das
Ziel, die Arbeitsbedingungen im Fernver-
kehrslastwagen – und damit die Lebensqua-
lität der Fahrer – zu verbessern.“
Das beginnt mit der Möglichkeit, den Kör-
per zu trainieren, um langfristig leistungsfähig
und gesund zu bleiben. „Die Basis einer guten
Ausdauer darf nicht fehlen“, betont Lothar
Leder. Grundlage dafür sei ein kontinuier-
liches Training, das auch Pausen akzeptiert
und auf die Signale des Körpers achtet. Ein
regelmäßiges Fitnesstraining kann auch der
Trucker täglich in seiner Kabine absolvieren.
Möglich wird das durch ein fein abgestimm-
tes Übungsprogramm, das die Experten von
Daimler gemeinsam mit Prof. Dr. Gerhard
Hehl und seinem Team am Paracelsus-
Krankenhaus Ostfi ldern entwickelt haben.
Trainiert wird mit Expander-Zügen, die an
verschiedenen Stellen der Kabine eingehakt
werden können.
Das Cockpit des TopFit-Trucks bietet ge-
genüber der Serie eine ganze Reihe neuer und
ungewohnter Bedienelemente. Außerdem ist
das klappbare Bett breiter als gewöhnlich und
der Fahrer nimmt in einem Massagesitz Platz.
Dieses ist die wahrnehmbare Oberfl äche, in
der sich das Umdenken hinsichtlich von Er-
gonomie und Komfort im Fernlastwagen bei
Daimler widerspiegelt. Die Zugmaschine ist
ein konsequent auf diesen Zweck zugeschnit-
tenes Einzelstück – so wie das maßgeschnei-
derte Rennrad des Spitzensportlers.
Und in beiden Fahrzeugen spiegelt sich
das anhaltende Streben nach der Verbesse-
rung bestehender Technik: „Der Lastwagen
ist in den vergangenen Jahren zu einer High-
techmaschine geworden“, sagt Siegfried
Rothe, „das ist nur noch nicht in der allge-
meinen Außenwahrnehmung des Berufsbil-
des Kraftfahrer angekommen.“
Ein zentraler Aspekt der Grundlagenfor-
schung war die Balance zwischen Schlaf und
Fahrverhalten der Trucker. Schließlich fi nden
die immens wichtigen Erholungsphasen der
Fernfahrer zum großen Teil in der Kabine des
Lastwagens statt – dann wird das Fahrerhaus
zum Wohn- und Schlafraum auf Zeit. Und gu-
ter Schlaf sollte eigentlich allen Beteiligten
ein wichtiges Anliegen sein, sagt Professor
Dr. Jürgen Zulley vom Schlafmedizinischen
Zentrum der Universität Regensburg: „Denn
nur ein ausgeruhter und fi tter Fahrer ist in
der Lage, sein Fahrwissen und seine ökono-
mische und ökologische Fahrpraxis optimal
umzusetzen“, sagt der Experte: In Versuchen
hat sich gezeigt, dass ein Fahrer, der schlecht
oder zu kurz geschlafen hat, weniger auf-
merksam fährt und deshalb mehr Treibstoff
verbraucht.
(weiter auf Seite 36)
Wir haben die Funktionalität der Kabine hinsichtlich des
Komforts durch eine Reihe von Innovationen aufgewertet.
Siegfried ROTHE
Leiter Condition Enhancement, Group Research bei Daimler
TOPFIT-TRUCK Die Kabine des Mercedes-Benz Actros wurde in der TopFit-Truck-Ausführung unter Komfortgesichtspunkten erheblich aufgewertet.
FRISCHLUFTMANAGEMENT
Das Wohlbefi nden des Fahrers
hängt in großem Ausmaß von der
Qualität der Luft in der Kabine
ab. Ein Ionisator im TopFit-Truck
reinigt die Luft und gewährleistet
somit eine konstante Frischluft-
versorgung.
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üdigkeit ist kein Parameter, den man anhand einer ein-zigen Messung bestimmen kann, sagt Dr. Roland Popp. Der Schlafmediziner leitete das Forschungsprojekt,
in dem die Universität Regensburg gemeinsam mit Daimler den Einfl uss von Schlafqualität auf die Fahrweise von Truckern unter-suchte. Um Müdigkeit – beziehungsweise fehlende Vigilanz – zu messen, werden objektive physische Daten des Menschen erfasst.
AKTIVIERENDE MASSNAHMEN
Stimulierende Massagefunktion im
Sitz (verschiedene Sitzhaltungen)
Anregende Mentholbeduftung
Aktivierendes Musikprogramm
Dazu kommt dessen eigene Einschätzung zu seiner Aufmerksam-keit. Schließlich wird der Unterschied in der Leistung bei reduzier-tem Schlaf ermittelt. Objektive Daten liefern Messverfahren wie Elektroenzephalogramm und Pupillometrie, aber auch Tests von Motorik und Daueraufmerksamkeit. Zur Ermittlung der individuell gespürten Müdigkeit gibt es etablierte Befragungsmethoden, welche eine Einteilung des Müdigkeitswertes auf Skalen erlauben.
Reduzierung der Müdigkeitsphasen und Konditionserhaltung
M
Der Triathlet ist zu diesem Zeitpunkt
für gewöhnlich bereits vom Schwim-
men auf sein Hightechrad umgestie-
gen. Die Weltbestzeit für 3,86 Kilo-
meter Schwimmen liegt bei gerade
einmal 41 Minuten und 26 Sekunden.
DREIDISZIPLINEN
30
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ruckfahrer wie Triathlet sind darauf angewiesen, mit ihren Kräften schonend umzugehen und ihre Ressour-cen – physisch, konditionell, mental und materiell –
bestmöglich zu erhalten. Dabei werden beide von einer ganzen Reihe technischer Maßnahmen und Innovationen sowie speziellen Trainingsprogrammen unterstützt.
EQUIPMENT
Einsatz von speziellen Radschuhen,
deren Aufl age an den Pedalen
weiter hinten zum Knöchel liegt.
Dadurch wird beim Radfahren der
Unterschenkel stärker geschont.
Der Triathlet bereitet sich mit einem individuellen Trainings-programm vor, das Hochleistungs- und Regenerationsphasen vorsieht. Direkt vor Wettkämpfen wird weniger intensiv trainiert, um Energie zu sammeln und zu sparen. Regelmäßige Dehn-übungen, Massagen und eine ausgewogene Ernährung sind für den Sportler bei Training und Wettkampf unerlässlich.
Ökonomischer und strategischer Einsatz der physischen Ressourcen
T
Ein Viertel des Fernfahrer-Arbeits-
tages ist vergangen. Erste Müdigkeits-
erscheinungen, verursacht etwa
durch Monotonie, können durch Dehn-
übungen oder Mentholbeduftung noch
gut überwunden werden.
AKTIV FIT
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eben der physischen Kondition tragen zahlreiche Hightechinnovationen zur Erhaltung der Kondition und zum Abruf der Maximalleistung des Athleten bei.
Entscheidend bleibt am Schluss die Konzentrationsfähigkeit. „90 % des Wettkampfs entscheidet sich im Kopf“, weiß Triathlet Lothar Leder.
KRÄFTESCHONENDE ARMHALTUNG
Rennlenker für verschiedene
Griffpositionen, plus aero-
dynamische Lenkeraufsätze und
an Schulterbreite angepasster
Lenkerbügel
Hightechequipment für Athleten
N
HALBZEIT
Die Hälfte der Marathondistanz
ist geschafft. Für den Fernfahrer wird
es jetzt Zeit für die gesetzlich vor-
geschriebene Fahrtunterbrechung:
für Armin Weinmann der ideale Zeit-
punkt für einen Power-Nap.
32
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ie Forschung zum TopFit-Truck hat gezeigt, dass Trucker nach zu wenig oder zu schlechtem Nachtschlaf unregel-
mäßiger fahren und deshalb rund einen Liter Diesel je 100 Kilometer mehr verbrauchen als voll ausgeruhte Trucker. Bei einer Kilometerleistung von 27,6 Milliarden Kilometer im Jahr nur auf deutschen Autobahnen im Jahr 2008 kommt allein durch die Verbesserung der Schlafqualität ein gewaltiges Einsparpotenzial
ERHOLUNGSMASSNAHMEN
Power-Nap-Bedieneinheit
Power-Nap mit Duft, Musik und
Massage
Zugluftfreie Standklimaanlage
(276 Millionen Liter Diesel im Jahr) zusammen. Zur optimalen Nutzung der Erholungsphasen hat Daimler das Wohlfühlklima beim TopFit-Truck unter anderem mit folgenden Parametern verbessert: Lärmdämmung in Fahrerkabine Verbreitertes Bett (80 statt 60 cm) Frischluftmanagement bei geschlossenen Fenstern
( Standklimaanlage und -heizung )
Kostenreduzierung durch nachhaltige Optimierung der Fahrleistung
D
KRÄFTE SPAREN
Die rund 180 km lange Radstrecke
ist gemeistert. Beim Laufen müssen
Triathleten jetzt Phasen geringerer An-
strengung einplanen, um gegen Ende
der Strecke noch einmal alle Kräfte
mobilisieren zu können.
33
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Komplexe Messtechnologie zur Leistungsdiagnostik
MESSTECHNIK
Pulsmessgerät
LEISTUNGSDIAGNOSTIK
Geschwindigkeits- und
Distanzmesser
D ie Leistungsdiagnostik liefert wesentliche Vorausset-zungen für eine optimale Trainingssteuerung und ist ein hervorragendes Instrument, um die Effektivität der ein-
gesetzten Trainingsmaßnahmen zu kontrollieren. Generell fi ndet in der Ausdauerleistungsdiagnostik ein Stufentest auf dem Fahrrad-oder Laufbandergometer statt. Die Belastungsintensität steigt mit zunehmender Dauer des Tests, nach festgelegten standardisierten
Parametern, an. Als Standard gilt die Pulsfrequenz- und Laktat-messung. Laktat ist ein Stoffwechselendprodukt, das immer dann entsteht, wenn die Energie für die Muskelkontraktion aus dem Kohlenhydratspeicher (anaerob) zur Verfügung gestellt wird. Durch den Belastungsanstieg im Verlauf des Wettkampfs steigt sowohl die Pulsfrequenz als auch das Laktat an. Die Pulsfrequenz dient dabei als Parameter für die Belastungsintensität.
LETZTE METER
Die magische Grenze von acht Stun-
den unterbot Lothar Leder als welweit
erster Ironman-Teilnehmer mit einer
Bestzeit von 7:57:02 Stunden beim
Ironman Europe.
34
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ezieltes Training stärkt Muskeln und beugt Gelenk-schäden vor. Im Rahmen des TopFit-Truck-Projekts hat Daimler Trucks gemeinsam mit Prof. Dr. Gerhard
Hehl und seinem Team am Paracelsus-Krankenhaus Ostfi ldern ein Konzept entwickelt, das diese Übungen aus dem Fitnessstudio in die Lkw-Kabine holt. Mit Zugbändern, die an verschiedenen
TRAININGSMASSNAHMEN
Kurze Expanderzüge
Latissimusübung zur Stärkung
des Rückens
Bizepstraining
Positionen in der Kabine eingehakt werden, lassen sich Übungen für verschiedene Muskelgruppen umsetzen. Insbesondere die von Langstreckenfahrten besonders beanspruchten Muskelpartien werden dabei trainiert. Sachkundige Anleitungen dazu gibt es als Übungskatalog und als Trainingsvideo, das im Rahmen der Kooperation entstanden ist.
Nachhaltiges Trainingsprogramm zur Effi zienzsteigerung für Fahrer
G
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HYPERLINK
Weitere Informationen zu diesem Beitrag :
daimler-technicity.com/topfi ttruck
unter anderem mit folgenden Features:
• INTERVIEW mit Georg WEIBERG, Leiter Truck Product Engineering
bei Daimler.
• HINTERGRUND Hellwach am Steuer: Studien zum Schlafverhalten
von Berufskraftfahrern.
• FOTOGALERIE Das Making-of vom Fotoshooting zum Artikel.
„Nur wenn wir Ruhephasen akzeptie-
ren, werden wir besser“, lautet eine Maxime
für das Training von Langstreckenprofi Lothar
Leder. Denn die Pause ist ein kritischer
Faktor, um anschließend Höchstleistungen
bringen zu können. Deshalb achten Sportler
insbesondere vor Wettkämpfen auf die Ba-
lance zwischen regelmäßigem Schlaf, ausge-
wogener Ernährung und Training. Und auf der
Strecke gehört es zur persönlichen Strategie,
Passagen mit geringerer Anstrengung einzu-
bauen, um insgesamt die bestmögliche Leis-
tung zu bringen, sagt Leder.
Der TopFit-Truck nimmt sich der Atmo-
sphäre an Bord aber nicht nur passiv an, son-
dern beeinfl usst sie auch aktiv, indem die Ka-
bine mit verschiedenen Stoffen beduftet wird.
Dieses innovative Verfahren zur Stimulation
hat Daimler zusammen mit dem Zellphysiolo-
gen Professor Dr. Hanns Hatt von der Ruhr-
Universität Bochum untersucht. Die Abgabe
der Duftstoffe wird vom Bordcomputer je
nach Situation und Vorlieben des Fahrers ge-
steuert. Professor Hatt unterscheidet dabei
zwischen der „auf der olfaktorischen Wahr-
nehmung basierenden Wirksamkeit von Düf-
ten“, die als angenehm empfunden werden,
und „Düften, die als reine Wachmacher akut
über unsere ‚Warnnerven‘ bei jedem Men-
schen gleich wirken sollen – beispielsweise
Menthol“. In der Zukunft wäre auch der Ein-
satz von „Antidüften“ möglich, sagt Profes-
sor Hatt: Das sind Stoffe, die gezielt gegen
Moleküle wirken, von denen ein für den Men-
schen unangenehmer Geruch transportiert
wird. „Diese Anwendung hat nicht nur für den
Lkw, sondern auch für Personenwagen ein
zukunftsträchtiges Potenzial“, sagt der Zell-
physiologe voraus.
Zur Elektronik an Bord gehört auch eine
ganz besondere digitale Musikdatenbank.
Denn Musik ist mehr als Kunst oder Unterhal-
tung, sagt Professor Dr. Günther Rötter vom
Institut für Musik und Musikwissenschaft der
Universität Dortmund: Musik kann bis zu 50
verschiedene Parameter des menschlichen
Organismus beeinfl ussen, vom Puls über die
Durchblutung des Gehirns bis zur Ausschüt-
tung bestimmter Hormone. Das nutzt der
TopFit-Truck, indem er die Tonkunst aktiv ein-
setzt. Eine Software bestimmt dabei, welches
Lied aus der Datenbank mit individueller Mu-
sik des Truckers gespielt wird – passend zu
der jeweiligen Fahrsituation. So wird die Auf-
merksamkeit in monotonen, ruhigen Fahrpha-
sen mit schneller und lauter Musik aktiviert.
Oder es wird eine beruhigende, leisere Mu-
sik in Phasen mit stressigen Fahrsituationen
eingespielt. „Im Stadtverkehr und ähnlichen
Momenten mit besonders hohen Anforderun-
gen an die Koordination und Konzentration
des Fahrers schaltet der Truck die Musik ganz
aus, erläutert Siegfried Rothe das System.
Auch für den sogenannten Power-Nap,
den kurzen Erholungsschlaf in Fahrpausen,
wird zur Gestaltung der Atmosphäre im Fahr-
zeug auf diese individuelle Musikbibliothek
zurückgegriffen: Zum Power-Nap fährt der
Massagesitz des TopFit-Trucks in eine beson-
ders hohe Stellung, die Beine legt der Fahrer
auf einem runden Polster ab, das über das
Lenkrad gestülpt wird. Der Triathlet kann im
Wettbewerb zwar nicht zum Power-Nap stop-
pen, aber nach einer Passage mit geringerer
Anstrengung, beispielsweise bergab mit dem
Rad oder bei starkem Rückenwind auf der
Laufstrecke, fühlt er ebenfalls, wie sich der
Energiespeicher wieder füllt.
Den Trucker begleitet ruhige, entspan-
nende Musik in die Ruhephase, bis zuneh-
mend aktivierende Lieder aus den Boxen
erklingen. Dieses Wecksignal mit positiven
Emotionen ist der Startschuss zur nächsten
Etappe auf der Marathondistanz.
Wenn wir Ruhephasen akzeptieren, werden wir besser.
Lothar LEDER
Triathtlet und mehrfacher Ironman-Sieger
36
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ZIEL
Die Experten auf der Marathondistanz
haben die konditionszehrende Lang-
strecke dank körperlicher Fitness
und mithilfe moderner Technologie
gemeistert.
DAIMLER-TECHNICITY.COM 37
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2011 Ein High-Performance-Automobil der Extraklasse
TYP | TYPE
JAHR | YEAR BEWERTUNG | RATING
KOMMENTAR | COMMENT
THEMA | TOPIC
Mercedes-AMG Antrieb
Ein neuer Antriebsstrang mit High-End-Performance – der Mercedes-Benz CL 63 AMG beweist,
wie viel Potenzial auch in Zukunft noch im klassischen Verbrennungsmotor steckt.
TEXT
Rüdiger ABELE
T38
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TECHNOLOGIE | TECHNOLOGY
AUTOMOBILE SKULPTUR | AUTOMOBILE SCULPTURE
Der serienmäßige Einsatz von Direktlenkung, Torque Vectoring Brake und
Seitenwindstabilisierung führt zu einem weiteren Vorsprung bei Agilität und
aktiver Fahrsicherheit.
Der Antriebsstrang wurde völlig neu entwickelt. Für eine erhebliche Ver ringerung
von Verbrauch und Emissionen bei gleichzeitigem Zuwachs an Höchstleistung
und Performance sorgt der AMG 5,5-Liter-V8-Biturbo-Motor in Kombination mit
dem AMG Speedshift MCT 7-Gang-Sportgetriebe.
Zylinderanordnung: V8
Zylinderwinkel: 90°
Ventile pro Zylinder: 4
Hubraum: 5.461 cm3
Bohrung × Hub: 98,0 × 90,5 mm
Zylinderabstand: 106 mm
Verdichtungsverhältnis: 10,0 : 1
Leistung: 420 kW (571 PS) bei 5.500/min
Max. Drehmoment: 900 Nm bei 2.250–3.750/min
Maximaldrehzahl: 6.500/min
Kraftstoff verbrauch nach NEFZ gesamt: 10,5 l/100 km
CO2-Emission: 244 g/km
Beschleunigung 0–100 km/h: 4,4 s
Höchstgeschwindigkeit: 300 km/h*
*elektronisch begrenzt
CL 63 AMG MIT PERFORMANCE PACKAGE
VERBRAUCH UND CO2 | CONSUMPTION AND CO2
Kraftstoffverbrauch innerorts/außerorts/kombiniert:
14,4 / 8,2 / 10,5 l / 100 km;
CO2-Emission kombiniert: 244 g/km
Die Angaben beziehen sich nicht auf ein einzelnes Fahrzeug und
sind nicht Bestandteil des Angebots, sondern dienen allein Vergleichs-
zwecken zwischen verschiedenen Fahrzeugtypen.
DAIMLER-TECHNICITY.COM 39
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MOTORENTECHNIK I ENGINE TECHNOLOGY
2011 Ein neuer Maßstab der Motorentechnik
TYP | TYPE
JAHR | YEAR BEWERTUNG | RATING
KOMMENTAR | COMMENT
THEMA | TOPIC
AMG V8-Biturbo Motor
Der effi zienteste V8-Motor der Welt – mit einer Leistung von 420 kW – verbraucht durchschnittlich nur
10,5 Liter Benzin pro 100 Kilometer: Spitzenwerte, die vor wenigen Jahren noch unerreichbar waren.
PRÄZISION | PRECISION
Hochleistungsinjektor mit Piezo-Aktoren
Die neu entwickelten Piezo-Hochdruckinjektoren sind
in der Lage, bis zu fünf hochpräzise Einspritzungen je
Verbrennungszyklus abzusetzen. Alle Parameter werden
permanent elektronisch geregelt.
Motorblock Aufwendige Leichtbaukonstruktion aus druck-
gegossenem Vollaluminium.
Einlassventil Besonders groß dimensioniert für eine perfekte
Füllung der Brennräume.
Ventilfeder Ein wichtiger Teil des insgesamt hochdynamischen
Ventiltriebs.
Auslassventil Hohlgebohrt und natriumgekühlt – Technologie
aus dem Rennsport.
Hochleistungsnockenwelle Zur hochpräzisen Steuerung der
Ventile, last- und drehzahlabhängig.
T40
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AUFLADUNG | PRESSURE CHARGING
Die beiden Abgasturbolader des AMG V8-Biturbo-Motors, an jeder Zylinder-
bank einer, erzeugen Kraft aus Luft: Sie stellen dem Motor verdichtete
Frischluft zur Verfügung. Das steigert die Verbrennungsleistung und damit
die Motorleistung.
Und damit der Motor auch bei Volllast die notwendige Luftmenge erhält, wurde
ein extrem groß dimensionierter Ladeluftkühler installiert. Er kühlt die
verdichtete Ansaugluft vor dem Eintritt in die Brennräume herunter und optimiert
die Leistungs- und Drehmomentausbeute.
Vier Ventile und stufenlose Nockenwellenverstellung
PERFEKTION | PERFECTION
Der Motor arbeitet hochpräzise. Den vier Nockenwellen
kommt eine Schlüsselrolle zu, sie steuern die 32 Ein- und
Auslassventile – mit stufenloser und variabler Verstellung,
um stets optimale Leistung und Drehmoment zu haben.
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2011 Komfort und Sportlichkeit auf höchstem Niveau
TYP | TYPE
JAHR | YEAR BEWERTUNG | RATING
KOMMENTAR | COMMENT
THEMA | TOPIC
AMG Speedshift MCT Getriebe
Mit sieben Gängen, drei Fahrprogrammen und einer Zwischengasfunktion lassen sich Fahrdynamik
und -verhalten mit dem AMG Speedshift MCT Sportgetriebe fl exibel und individuell anpassen.
GETRIEBETECHNIK | GEAR TECHNOLOGY
Leichtmetall-Getriebegehäuse Magnesium trägt zum geringen
Gesamtgewicht von 80 Kilogramm bei.
Planetenzahnradsätze Die Kernstücke eines Automatikgetriebes,
für ein Schalten ohne Kraftfl ussunterbrechung.
Kupplung und Bremsen Teile des Automatikgetriebes im
hochkomplexen Zusammenspiel.
Feder des Torsionsdämpfers Für eine wirkungsvolle Entkopplung
von Schwingungen.
Aufbau der nassen Anfahrkupplung Sechs Kupplungslamellen
sorgen für optimale Kraftübertragung.
T42
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KRAFTÜBERTRAGUNG | TRANSMISSION
Kraft, Dynamik und Effizienz eines Fahrzeugs hängen nicht nur vom Motor
ab, sondern auch von einer intelligenten Kraftübertragung. Das innovative
AMG Speedshift MCT 7-Gang-Sportgetriebe reagiert agil und sehr spontan
und ist vergleichsweise leicht. Zudem minimiert es Reibungsverluste, vermittelt
ein komfortables Fahrgefühl und „denkt“ verbrauchsfreundlich.
Im Fahrprogramm Controlled Efficiency ist außerdem erstmals bei Mercedes-
AMG eine Stopp-Start-Funktion permanent aktiv. Dadurch entsteht ein
Gesamtsystem, das in erheblichem Maße Kraftstoff spart und gleichzeitig
Komfort und Fahrspaß weiter erhöht.
KOMBINATION | COMBINATION
Es ist die Kombination aus Sportmotor und Sportgetriebe, die das Fahrerlebnis
im CL 63 AMG prägt.
Nasse Anfahrkupplung
KRAFTÜBERTRAGUNG | TRANSMISSION
Das Getriebe verwendet eine nasse Anfahrkupplung.
Sie kombiniert die direkte Rückmeldung eines manuellen
Getriebes mit dem höchsten Komfort einer Automatik
und sorgt für verlustfreiere Schaltvorgänge.
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2011 Scheinbar gegenläufi ge Ziele mit Bravour erreicht
TYP | TYPE
JAHR | YEAR BEWERTUNG | RATING
KOMMENTAR | COMMENT
THEMA | TOPIC
Ingenieurkunst Effi zienz
Mehr Leistung bei weniger Verbrauch: Die Effi zienz des CL 63 AMG verdankt der neue
Sportwagen seiner einzigartigen Kombination von Motor und Getriebe.
er Motor ist das Herz eines Automobils. Das Kraftwerk
unter der Haube sorgt für die Antriebskraft, es prägt
den Charakter des Fahrzeugs und ist der primäre Part-
ner in der Interaktionskette mit der Person am Lenkrad:
Sie bestimmt per Gaspedal über das Vorankommen,
und der Motor reagiert, stellt die entsprechende Leistung zur Verfü-
gung. Die Faszination dafür ist ungebrochen. Denn mag das Auto der
Zukunft auch einen anderen Antrieb haben, der sich vielleicht aus Bat-
terien oder der Brennstoffzelle als Kraftquelle speist: Das Jahr ist noch
fern, in dem große Stückzahlen von Elektroautos über die Straßen
fl itzen. Bis es so weit ist, wird der Verbrennungsmotor das Automobil
auf seinem Weg in die Zukunft begleiten. Und er wird noch immense
Fortschritte machen, insbesondere auf den Gebieten Leistungsentfal-
tung und Treibstoffverbrauch.
Auftritt des Mercedes-Benz CL 63 AMG. Alle Coupés der CL-Reihe
sind strahlende Sterne am Auto-Firmament – dieses strahlt noch ein-
mal mehr auf besondere Weise: Es hat den derzeit effi zientesten V8-
Motor der Welt. Er stellt eine Leistung von bis zu 420 kW (571 PS)
zur Verfügung und ein Drehmoment von bis zu 900 Newtonmeter,
verbraucht dabei aber nur 10,5 Liter Benzin auf 100 Kilometer (NEFZ-
Messmethode, Neuer Europäischer Fahr-Zyklus) und stößt somit
244 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer aus. Noch vor wenigen Jah-
ren wären diese Eckdaten unerreichbar gewesen. Modernste Technik
macht die neue Bestmarke möglich. Zugleich ist der neue Motor Vor-
reiter in Sachen Effi zienz und setzt branchenweit Maßstäbe. Denn Ziel
ist es, den Treibstoffverbrauch und damit den Kohlendioxidausstoß im-
mer weiter zu senken, damit die Umwelt bestmöglich geschont wird.
Die Ingenieure griffen für den CL 63 AMG zu feinster Technik, um
die rigiden Vorgaben zu erfüllen. Basis für den unternehmensintern
M 157 genannten Motor ist ein Block, dessen acht Zylinder in V-Form
angeordnet sind, mit einem Gesamthubraum von 5,5 Litern – das
allein ist schon für hohe Leistung gut. Doch um daraus für die Marke
Mercedes-AMG einen Hochleistungssportmotor zu machen, waren
diverse fl ankierende Maßnahmen notwendig. Die wichtigsten: zwei
Abgasturbolader mit Ladeluftkühlung, Benzin-Direkteinspritzung mit
Piezo-Injektoren und eine variable Nockenwellenverstellung. Hinzu
kommt das Speedshift MCT 7-Gang-Sportgetriebe, das für sich
allein schon herausragend ist. Jede Komponente trägt ihren Teil zur
Gesamteffi zienz bei.
Mehr Leistung bei weniger Kraftstoffverbrauch: Um diese schein-
bar gegenläufi gen Ziele bestmöglich zu erreichen, kombinierten die
Motorenspezialisten von Mercedes-AMG einen im Vergleich zum
Vorgängeraggregat kleineren Hubraum erstmals mit einer Biturbo-
Aufl adung mit strahlgeführter Verbrennung. Der Turbolader ist ein
bewährtes Rezept zur Leistungssteigerung, er versorgt den Motor mit
verdichteter Frischluft, was die Verbrennungsleistung und damit die
Motorleistung steigert. Der M 157 hat zwei Turbolader – für jede Zy-
linderbank einen. Der Ladedruck beträgt 1 Bar, oder, wenn der Kunde
das optional erhältliche Performance Package wählt, 1,3 Bar. Mit Per-
formance Package erzielt das Aggregat die erwähnten Spitzenwerte,
ohne sind es immer noch beeindruckende 400 kW (544 PS) sowie
ein Drehmoment von 800 Newtonmeter. Und damit der Motor auch
bei Volllast die notwendige Luftmenge erhält, wurde ein extrem groß
dimensionierter Ladeluftkühler installiert. Er kühlt die verdichtete
Ansaugluft vor dem Eintritt in die Brennräume herunter und optimiert
die Leistungs- und Drehmomentausbeute.
Ein Verbrennungsmotor arbeitet mit der Kraft des gebändigten Feuers:
In seinen Brennräumen wird vernebelter Treibstoff entzündet, und die
Kraft der Explosion bewegt einen Kolben, dessen Schiebebewegung
wiederum in eine Drehbewegung umgesetzt wird, die letztlich an die
Räder gegeben wird – das Auto fährt. Wenn es um maximale Effi zienz
geht, dann heißt das, dass aus jedem Tropfen Treibstoff die maximale
Leistung herausgeholt werden muss. Der Schlüssel dazu ist eine ho-
mogene Gemischwolke im Zylinder, damit eine optimale und möglichst
saubere Verbrennung entsteht. Der V8-Biturbo-Motor arbeitet dazu
LEISTUNGS- UND DREHMOMENTVERLAUF DES CL 63 AMG OHNE UND
MIT (ROTE LINIE) PERFORMANCE PACKAGE.
Leistung (kW)
1.000
900
800
700
600
500
450
400
350
300
250
200
150
100
Drehmoment (Nm)
Drehzahl (1.000/min)
1 3 52 4 6 7
D
T44
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TRADITION | TRADITION
Leistungsstarke V8-Motoren mit beeindruckendem Drehmoment haben bei
Mercedes-AMG eine lange und erfolgreiche Tradition. Das 1967 gegründete
Unternehmen begann mit der Entwicklung kraftvoller Rennmotoren. Die Er-
fahrungen aus dem Motorsport nutzte man für die Entwicklung optimierter
Aggregate, welche die Luxuslimousinen mit dem Stern zu straßentauglichen
Sportwagen machten. Zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem bei den
hoch angesehenen „Engine of the Year Awards“, unterstreichen den hohen
Anspruch der Performance-Sparte von Mercedes-Benz.
SORGFALT | ACCURACY
In der hochmodernen AMG-Motorenmanufaktur am Standort Affalterbach
werden alle Aggregate von besonders qualifizierten Spezialisten von Hand
gefertigt. Jeder Techniker baut einen kompletten Motor von der ersten
bis zur letzten Schraube – und dokumentiert dies durch seine Unterschrift
auf der Motorenplakette als Zeichen größtmöglicher Sorgfalt. Nach der
Montage wird jeder Motor auf Herz und Nieren geprüft. Ziel ist ein hohes
Fahrvergnügen, ungetrübt über eine hohe Lauf- und damit Kilometerleistung.
mit neu entwickelten Piezo-Hochdruckinjektoren fürs exakte Dosieren
der Kraftstoffmenge je nach Fahrsituation. Mit Hightechanspruch: Die
Injektoren arbeiten millisekundengenau und sind sogar in der Lage, je
Verbrennungszyklus bis zu fünf hochpräzise Einspritzungen abzuset-
zen. Eine elektronische Steuerung sorgt für die stets optimale Menge,
den optimalen Zeitpunkt und den optimalen Einspritzdruck. So ent-
faltet der Motor immer sein maximales Drehmoment, bei gleichzeitig
reduziertem Verbrauch und reduzierten Emissionen.
Der Motor erreicht eine Höchstdrehzahl von 6.500/min und ein Maxi-
maldrehmoment von 800 oder 900 Newtonmeter. Um beides abrufen
zu können, wird ein Ventiltrieb benötigt, der hochdynamisch ist sowie
den enormen Kräften und auch extremen Hitzebelastungen bei Ab-
gastemperaturen bis zu 1.000 Grad Celsius standhält. Das gibt der
Nockenwelle eine Schlüsselrolle im Motorenkonzept, sie steuert das
Öffnen und Schließen der Ventile: Auf der Einlassseite hat jeder Zylin-
der des V8-Biturbo-Motors zwei vergleichsweise groß dimensionierte
Ventile, um den Brennraum zügig mit Treibstoffnebel zu füllen. Nach
der Verbrennung wird das Abgas über zwei Auslassventile entfernt.
Für die Steuerung der insgesamt 32 Ventile hat der Motor vier oben-
liegende Nockenwellen. Diese sind stufenlos und variabel verstellbar,
und zwar last- und drehzahlabhängig.
Alle Eigenschaften zeigen eindrucksvoll, mit welcher Präzision
moderne Verbrennungsmotoren arbeiten, und das bei einer vorzüg-
lichen Haltbarkeit. Auch der AMG-Motor wurde wie jeder Motor von
Mercedes-AMG auf absolute Zuverlässigkeit und sehr hohe Laufl eis-
tungen ausgelegt – selbst, wenn der Besitzer eines CL 63 AMG das
Fahrzeug unter Extrembedingungen bewegt. „Genau dafür ist er ja
auch gebaut“, sagt Anton Kerckhoff, Projektleiter Motorenentwick-
lung bei Mercedes-AMG. Jeder Motor wird komplett von einer Person
montiert, die für alle dabei verwendete Sorgfalt zum Schluss mit
Wertvollem bürgt: mit dem eigenen Namen auf einer Plakette, die am
Motor befestigt ist.
Heraus kommt ein Motor, der wunderbar am Gas hängt und sehr
spontan auf die Gaspedalbewegungen reagiert – so, wie es die AMG-
Kundschaft schätzt. Das riesige Drehmoment von 800 Newtonmeter
steht bereits von 2.000/min an zur Verfügung, 900 Newtonmeter mit
Performance Package von 2.250/min an, was in beiden Fällen in der
Praxis bedeutet, dass sich selbst massige Fahrzeuge mühelos inner-
halb kürzester Zeit auf hohes Tempo bringen lassen – der Wert von
4,5 Sekunden für den Spurt von 0 auf 100 km/h drückt es in Zahlen
aus, mit Performance Package sind es sogar 4,4 Sekunden. Die Höchst-
geschwindigkeit ist bei 250 km/h abgeriegelt, beim Performance
Package bei 300 km/h.
Der CL 63 AMG wäre kein Produkt der Hochleistungsschmiede
in Affalterbach, wenn er nicht aufgrund seiner Gesamteigenschaf-
ten ein Sportfahrzeug ist. So setzt das Fahrwerk neue Maßstäbe, es
bietet in jeder Situation besten Straßenkontakt und stets auch das
höchstmögliche Maß an Komfort. Die Bremsen sind auf stärkste Bean-
spruchung ausgelegt und verzögern das Coupé selbst aus höchstem
Tempo schnell und sicher. Das Speedshift MCT 7-Gang-Sportgetriebe
trägt seinen Teil zu den Fähigkeiten des Fahrzeugs bei und ist zudem
ein wichtiger Effi zienzpartner. Es ist keine Wandlerautomatik, sondern
enthält eine sogenannte nasse Anfahrkupplung, die für verlustfreie
und kraftstoffsparende Schaltvorgänge sorgt. Mit insgesamt sieben
Gängen, drei Fahrprogrammen und einer Zwischengasfunktion lassen
sich Fahrdynamik und Fahrverhalten variabel und individuell abstim-
men. Im Fahrprogramm „Controlled Effi ciency“ ist zudem erstmals bei
Mercedes-AMG eine Stopp-Start-Funktion auf Knopfdruck aktiv.
Der Lohn der Mühe ist groß: „Der Verbrauch des neuen V8-Motors
unterbietet alle direkten Wettbewerber“, sagt Kerckhoff, „und er bleibt
auch um mehr als 25 Prozent unter den Verbrauchswerten der Vor-
gängermodelle mit V8-Saugmotor.“ Das unterstreicht, welche hohen
Maßstäbe das Aggregat setzt – und dass das Potenzial des Verbren-
nungsmotors noch lange nicht ausgeschöpft ist.
HYPERLINK
Weitere Informationen zu diesem Beitrag:
daimler-technicity.com/cl63amg
unter anderem mit folgenden Features:
• INTERVIEW Anton KERCKHOFF, Projektleiter Motorenentwicklung bei Mercedes-AMG, erklärt
im Gespräch, warum der CL 63 AMG Sinnbild für innovative Automobilentwicklung ist.
• VIDEO Der CL 63 AMG steckt nicht nur voller Hightech, sondern steht auch für stilvolle Eleganz
– was dieses Video beweist.
• FOTOGALERIE Fast wie zum Anfassen: der Mercedes-Benz CL 63 AMG.
„Der neue Mercedes-AMG ist für absolute Zuverlässigkeit auch unter Extrembedingungen ausgelegt.“Anton KERCKHOFF
Projektleiter Motorenentwicklung bei Mercedes-AMG
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ANALOGIE
MARITIME MOBILITÄT
DEEP FLIGHT SUPER FALCONVision: Die freie, unkomplizierte und umweltneutrale Entdeckung der Tiefsee
Typ: Vierte Generation wendiger kleiner Flügel-Tauchboote
Spitzname: „Learjet der Meere“
Debüt: 2008, vor der Küste Kaliforniens
Reichweite: 45 km
Rahmen: Kunstharz, Glas
Weitere Informationen: deepfl ight.com
Besatzung:
max. 2 Personen
Sichtfeld: 360 Grad Einklappbare
Flügel
Elektromotor
Lithium-Phospat-Batterie:
Ladezeit 4–6 Stunden
Maximale Tauchtiefe:
300 m
Max. Geschwindigkeit:
6 Knoten (11 km/h)
Airbag
Redundante
Sauerstoffversorgung
Digitale Instrumente mit
Heads-up-Display
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Vision: Die intelligente, komfortable und lokal emissionsfreie Erkundung der Großstadt
Typ: Wendiger Elektroroller mit smart Genen
Spitzname: „Elektro-smart auf zwei Rädern“
Debüt der Studie: 2010, Autosalon Paris
Reichweite: bis zu 100 km
Rahmen: Aluminium, Stahl
Weitere Informationen: smart.com
URBANE MOBILITÄT
SMART ESCOOTER-STUDIE
Maximale Geschwindigkeit:
45 km/h
Digitale Instrumente mit
Vernetzung über Smartphone
Besetzung: bis zu 2 Personen
(ausklappbarer Beifahrersitz)
Maximale Reichweite:
bis zu 100 km
Radnaben-Elektromotor
mit 4 kW Leistung
Lithium-Ionen-Batteriepaket
(Ladezeit 3–5 Stunden)
Totwinkel-Assistent
Ladedose
ABS
Airbag
Solarzellen
47
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FÄHIGKEIT, TALENT <dt.> die, das; -en, -e (Abk. F, T)
„Scheue keine Mühe dich mit dem einen oder anderen wissenschaft-
lichen TALENT (siehe S. 62, „Metropol“) bemerkbar zu machen, doch widme dich
nicht nur einem bestimmten Fachgebiet. Bemühe dich, eine klare
VORSTELLUNG (siehe S. 66, „Transfer“) von allem zu bekommen. Gebe keinen
Wissenschaftsbereich vollkommen auf, denn die WISSENSCHAFT(siehe S. 50, „Always On“) ist eins.“
Lucius Annaeus SENECA (*1, † 65 n. Chr.), römischer Philosoph, Naturforscher und Staatsmann.
DAIMLER-TECHNICITY.COM 49
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ALWAY
S ON
TEXT
Steffan HEUER
Kreis 01
Pillen, die den Arzt anfunken; Handys, die das EKG ersetzen;
Stethoskope, die Fachleute am anderen Ende der Welt mit-
hören lassen – all das gibt es bereits. „In ein paar Jahren“,
glaubt Don Jones vom kalifornischen Chipsatz-Hersteller
Qualcomm, „wird jeder Mensch und sogar jedes Organ quasi
eine eigene Internet- oder IP-Adresse besitzen.“ Der Körper
kann so mit Sensoren und medizintechnischen Geräten in
einer Art Gesundsheitstelematik kommunizieren. Experten nen-
nen diese Vision E-Health, bei der Messgeräte am und sogar
im Körper ständig und unauffällig Vitaldaten sammeln und über
Schnittstellen, wie ein Handy, ein Router im eigenen Haus oder
im Auto, an Rechenzentren übermitteln.
Den Anfang macht Verbraucherelektronik für den Fitness-
und Wellnessbereich. Geräte wie fi tbit oder Nike Plus werfen
beim Joggen und sogar im Schlaf ein Auge auf ihre Nutzer. Dazu
gesellen sich bereits vernetzte Geräte wie Waagen, Pulsmesser
oder Blutzucker-Messgeräte, die Daten nicht nur sammeln und
hochladen, sondern auch automatisch den Kontakt zum Arzt
herstellen, wenn bestimmte Grenzwerte überschritten sind.
So machen Vorsorge und Fürsorge den Sprung ins Netz,
bei dem immer mehr Sensoren und angegliederte Software
dem Menschen die Arbeit abnehmen oder erleichtern – im
Idealfall, bevor jemand den Gang in die Praxis oder ins Kran-
kenhaus antritt. „Das vernetzte Gesundheitswesen verbes-
sert die Lebensqualität und die Therapie von Patienten,
spart der Gesellschaft Kosten und erschließt Anbietern
vom Netzbetreiber bis zum Pharmaunternehmen neue
Geschäftsmodelle“, sagt Qualcomm-Manager Jones, der
über seine Rolle in mehreren Dachverbänden dieses
„Body Area Network“ aufbauen hilft.
Ermöglicht wird dieses Netz am und im Körper
durch mehr als fünf Milliarden Mobiltelefone, von
denen Ende 2010 bereits jedes siebte, oder rund
700 Millionen, an den bislang schnellsten Daten-
netzen namens UMTS/3G oder LTE/4G hingen,
sowie eine ständig wachsende Zahl drahtlos
vernetzter Sensoren, die am Körper getragen
werden. Bis 2014, so die Marktforscher von
ABI Research, werden jährlich mehr als
400 Millionen solcher Miniatursender
verkauft werden.
BODY AREA NETWORK
Rechenleistung, Netzzugang und immer kleinere Sensoren sind allgegenwärtig, so-
dass jeder Mensch, jedes Fahrzeug und bald die gesamte Gesellschaft und Volkswirtschaft
zu einem weltweiten Nervensystem verbunden werden: eine Reise durch das Leben ohne Aus-
Schalter.
T50
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unterhaltende Online-Anwendungen.
medizinische, inform
ative und
Das Body Area Network umfasst
SMARTPHONE
3-D-BEWEGUNGSSENSOR
SENSOR-ARMBAND
HERZFREQUENZ-BRUSTGURT
BLUTZUCKER- UND
CHOLESTERINMESSGERÄT
AUGMENTED-REALITY-BRILLE IMPLANTIERTER HERZSENSOR H
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ANWENDUNGSBEREICHE
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FUNKTIONEN
Defibrillator-Funktion
Diagnostik
Speicherung von Verlaufsdaten
Automatische Notruf-Funktion
mit audiovisuellem Feedback
Überwachung der Herzfrequenz
Spiele
Personalisierte Werbung
Gemeinsame Arbeit a
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Aktuelle Verkehrsinform
ationen und –schilder
Hilfe
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HOME AREA NETWORK
BROWSEN UND BRAUSEN – COMAND Online
Kreis 02
Das eigene Fahrzeug und die eigenen vier
Wände sind die vielleicht wichtigsten Schnitt-
stellen, um den Datenstrom zwischen Indivi-
duum und seiner nahen wie fernen Umgebung
zu makeln. Schon heute besitzt eine Mercedes-
Benz E- oder S-Klasse 40 bis 50 kleine Computer,
die nicht nur Daten von Motor und Getriebe sam-
meln und auswerten, sondern mittels Sensoren die
Umgebung nach Hindernissen oder Bodenuneben-
heiten abtasten. Sie tauschen sich zunehmend über
eine schnelle Netzanbindung mit Webdiensten aus,
um Sicherheit und Komfort zu erhöhen.
„Eigentlich sind wir inzwischen überall vernetzt
– der letzte weiße Fleck ist das Auto“, sagt Bharat
Balasubramanian, bei Daimler Leiter Produktinnova-
tionen und Prozesstechnologien in Konzernforschung
und Vorentwicklung. Zum Jahresbeginn 2011 hingen
weltweit rund zwei Milliarden Menschen am Internet.
„Immer mehr Menschen wollen, dass die Dinge, die
sie vom Smartphone und vom Laptop kennen, nicht
einen plötzlichen Tod sterben, wenn sie sich ins Auto
setzen.“ Deswegen, ergänzt er, werden Haushalte und
Fahrzeuge von morgen mindestens einen eigenen Rou-
ter besitzen, während drahtlose Netze mit ausreichen-
der Abdeckung und hoher Geschwindigkeit ausgebaut
werden.
Das Auto wird damit zu einem Supercomputer auf
Rädern. So ermöglicht das neue Infotainmentsystem
im Mercedes-Benz SLK und in der Mercedes-Benz
C-Klasse nicht nur die Google-Suche im Browser,
sondern erlaubt den Zugriff auf beliebte Webdienste
wie Wettervorhersagen. Sie werden über einen
speziellen Backend-Dienst im Rechenzentrum von
Daimler auf die Bedürfnisse des Fahrers optimiert.
Dazu werden sich bald Spracherkennung für Text-
wiedergabe und Texterfassung für Off-Board-
Dienste gesellen, damit etwa Geschäftskunden
auch unterwegs nie den Anschluss verlieren.
„Über ihre Smartphones sind unsere Kunden
bereits ständig mit dem Internet verbunden,
der entscheidende Punkt ist, wie man diese
perfekt ins Fahrzeug integriert – nämlich
ohne jemanden abzulenken“, erklärt
Johann Jungwirth, Leiter von Mercedes-
Benz Research & Development North
America im kalifornischen Palo Alto.
„Die einfache und intuitive Bedie-
nung all jener Dienste und Appli-
kationen, die einem wichtig sind,
wird immer zentraler. Gleich-
zeitig ist die ästhetische, mit Liebe zum De-
tail entworfene und anspruchsvolle grafi sche
Darstellung für die Wertanmutung von hoher
Bedeutung.“
Während die permanente Konnektivität in
einem Fahrzeug mit 130 Stundenkilometern
noch einige technische Herausforderungen
vor allem an die Infrastruktur der Mobilfunk-
netze stellt, hat sie Haushalte und Büros be-
reits zu ungeahntem neuem Leben erweckt.
Intelligente Stromzähler in einem Smart Grid
melden Verbrauchswerte an die Stadtwerke,
und Haushaltsgeräte schicken ihren Eigentü-
mern aktuelle Vergleichsdaten aufs iPhone,
um beim Stromsparen und der Wartung zu
helfen.
Ganze Bürotürme werden über fl exible
Konzepte wie Hotdesking oder Hotelling so
frei konfi gurierbar wie eine Software. Sobald
ein Arbeitnehmer seine Chipkarte oder sei-
nen maschinenlesbaren Ausweis schwenkt,
stellen sich Licht, Heizung und ein gerade
verfügbarer Computer auf seine Vorlieben
ein, die im Netz abgelegt sind. Die Infrastruk-
tur für solche intelligenten Gebäude liefern
IT-Firmen wie der Networking-Experte Cisco
Systems. Erste Prototypen stehen in Städ-
ten wie New Songdo in Südkorea – jenem
Land, das mit einem durchschnittlichen Da-
tendurchsatz von 17 Megabit pro Sekunde
(Mbps) und Spitzenwerten bis zu 44 Mbps
weltweit führt. Zum Vergleich: Schnelle Mo-
bilnetze bringen es heute auf Werte zwischen
300 Kilobit und 2 Megabit pro Sekunde, je
nach Standort und Geschwindigkeit.
„Die Verbindung des vernetzten Fahrzeu-
ges mit seiner Umgebung eröffnet ungeahnte
neue Möglichkeiten gerade im Bereich künfti-
ger Antriebstechnologien“, sagt Ralf Lamberti,
der bei Daimler für die Innovation in den
Bereichen Infotainment und Telematik ver-
antwortlich ist. Wenn ein Elektrofahrzeug
weiß, wo die Reise hingeht, kann es das La-
demanagement übernehmen und dem Fah-
rer helfen, die Effi zienz und Lebensdauer der
teuren Batterien zu erhöhen. „Konnektivität
kann das aktiv steuern, etwa über die Kom-
munikation mit der Ladesäule. Somit senkt
Konnektivität die Gesamtbetriebskosten“,
sagt Lamberti.
Internetbasiertes Infotainmentsystem
von Mercedes-Benz
Features:
➔ Navigation
➔ Internetradio
➔ Telefonie
➔ Webdienste
➔ Flexible Aktualisierung der
Off-Board-Applikationen
Seit März 2011 hat der neue SLK und die
modellgepfl egte Mercedes-Benz C-Klasse eine
Internetanbindung, zu der ein Browser und
verschiedene Dienste wie das weltweite Wetter
inklusive Schneehöhe in Skigebieten gehören.
Zu den neuen Diensten im Wagen gehören
Google Lokale Suche nach Points of Interests
und das Herunterladen von Zielen und indivi-
duellen Routen von Google Maps.
T52
50_61_110330_T_ALWAYS_ON_RZ_D_JS.indd 5250_61_110330_T_ALWAYS_ON_RZ_D_JS.indd 52 08.04.11 15:4508.04.11 15:45
Im Wide Area Network vernetzen
intelligente Haushaltssteuerung.
sich Geräte und Dienste für eine
INTELLIGENTER STROMZÄHLER
INTELLIGENTE SPÜLMASCHINE
INTELLIGENTE WASCHMASCHINE
DIGITALFERNSEHER
STEREOANLAGE
INTELLIGENTES LICHT
+ LICHTSENSORIK
BORDCOMPUTER IM FAHRZEUG
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FUNKTIONEN
Musik
Wetter
Ride-Sharing
Stauwarnung
Parkplatzsuche
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Tank- und Lademanagement
Navigation
Terminplaner
Videotelefonie
Routenplaner
Internetbrowser
Anbindung an Social Networks
Anbindung an mobile Geräte wie Smartp
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DAIMLER-TECHNICITY.COM 53
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Kreis 03METROPOLITAN AREA NETWORKDehnt man diese Form der Ad-hoc-Zusammen-
arbeit von Mensch und Maschine auf eine Re-
gion aus, erlangen ganze Städte Bewusstsein.
Da die Mehrheit der Menschen in städtischen
Zentren lebt und sich der Trend zur Urbani-
sierung weiter beschleunigt, studieren Aka-
demiker wie Carlo Ratti am Massachusetts
Institute of Technology (MIT), wie sich
Bewohner und Fahrzeuge vom Fahrrad
bis zum Bus mit Straßen oder Gebäu-
den austauschen können, um besser,
schneller, sicherer und nachhaltiger zu
handeln.
Wer etwa erlaubt, dass Daten-
punkte aus dem Home Area Network
oder seinem Fahrzeug in das urbane
Netz eingespeist werden, der schafft
tagein, tagaus lokale „Mashups“, also
Verknüpfungen aktueller und relevan-
ter Informationen, die Mensch und
Maschine dabei helfen, den Pulsschlag
der modernen Gesellschaft zu messen.
Damit lassen sich Staugefahren aufzei-
gen, bevor der Verkehr zum Stillstand
kommt, und wertvolle Einsichten für
die Stadtplanung gewinnen. Mit dieser
neuen Methode verbessern Telematikan-
bieter wie TomTom oder die Nokia-Tochter
NavTeq bereits ihre Routenplanung, da sie
die Echtzeitdaten von Millionen von Navi-
gationsgeräten und Handys verwenden.
Die Daimler-Mobilitätskonzepte car2go und
car2gether verwenden bereits solch hyper-
lokales Networking, um die Teilzeitnutzung
von Fahrzeugen und Ridesharing in Echtzeit zu
ermöglichen.
Koppelt man diese Fülle kleinteiliger Infor-
mationen aus dem Stadtleben mit Werten wie
Luftqualität und Geräuschpegel, die beispielsweise
preiswerte Sensoren im Rahmen von Hunderten von
Bikesharing-Rädern messen, entsteht eine neue Diszi-
plin der „Bürger-Wissenschaft“, bei der jedermann wich-
tige Daten quasi im Vorbeigehen direkt an der Quelle er-
hebt. Forscher erkennen in all diesen Mess- und Kontrollsta-
tionen die Konturen eines „Internets der Dinge“, bei dem das
allgegenwärtige Handy zum universalen Türöffner wird, wie es
Burkhard Järisch von der Daimler Society and Technology Research
Group in Berlin formuliert.
Die Forscher unter der Leitung von Bharat Bala-
subramanian, verantwortlich für Produktinno-
vationen und Prozesstechnologien in Konzernfor-
schung und Vorentwicklung bei Daimler, arbeiten
kontinuierlich am Ziel des unfallfreien Fahrens
und entlastenden Komforts. Im Vordergrund ste-
hen dabei On-Board-Systeme, die auf Dutzenden
von vernetzten Steuergeräten und Sen soren wie
Kameras beruhen, aber zunehmend auch auf Da-
ten aus dem Netz zugreifen, um die Vorwarnzeit
zu erhöhen und sich mit anderen Fahrzeugen
oder sogar der Umgebung auszutauschen. Dabei
hat Daimler viele Meilensteine auf dem Weg zum
intelligenten Fahrzeug erreicht.
Daneben haben Daimler-Forscher folgende Technologien erfolgreich demonstriert:
➔ Eine Ausweich-Assistenz, bei der die Kamera
einen Fußgänger identifi ziert, der die Straße
überqueren will, und automatisch ein Ausweich-
manöver oder eine Vollbremsung einleitet.
➔ Staufolgefahren im Konzeptfahrzeug
F 800 Style, wobei eine neuartige Stereo-
kamera die Spur und den Vordermann verfolgt
und der Wagen im Stau bis zu 40 Stunden-
kilometern sowohl die Längs- als auch die
Querführung bis zum aktiven Lenkeingriff
übernimmt.
➔ Magic Body Control, die dreidimensionale
Erkennung von Straßenunebenheiten. Dabei
tastet eine Stereokamera die Straße ab und
erstellt über mehrfache Abtastungen das
Unebenheitsprofi l. Dieses wird automatisch
ins aktive Fahrwerk eingespeist, das die
Unebenheiten kompensiert.
VERNETZTE ON-BOARD-SYSTEME
T54
50_61_110330_T_ALWAYS_ON_RZ_D_JS.indd 5450_61_110330_T_ALWAYS_ON_RZ_D_JS.indd 54 08.04.11 15:4608.04.11 15:46
im urbanen Raum
ab.
bildet interaktive Onlineanwendungen
Das Metropolitan Area Network
GPS-SENSOR IM FAHRZEUG
BORDCOMPUTER IN FAHRZEUGEN
PARKPLATZSENSOR
GPS-SENSOR IN KONSUMGÜTERN
GPS-SENSOR IN SMARTPHONE
SENSOREN IN GEBÄUDEN
EMISSIONSSENSOR
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DAIMLER-TECHNICITY.COM 55
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00:00:3500:02:3600:10:2506:04:3534:43:20
CONTENT/CONNECTION SPEED
GOOGLE HOME PAGE (160 KB)
MUSIC TRACK (5 MB)
VIDEO CLIP (5 MB)
CD/LOW QUAL. MOVIE (700 MB)
DVD/HIGH QUAL. MOVIE (4 GB)
Kreis 04
Die Masse der Sensoren und
vernetzten Geräte macht die
Qualität aus: Sobald Milliarden
von digitalen Augen und Ohren
sehen, lauschen und andere re-
levante Werte messen, entsteht
eine neue Dimension der Informati-
onsgesellschaft, die bessere Logis-
tik und besseres Krisenmanagement
erlaubt. Über kurz oder lang hängt so
die gesamte Erde am Echtzeitnetz – eine
Vision, die das Technologieunterneh-
men Hewlett-Packard als CeNSE, kurz für
„zentrales Nervensystem des Planeten“,
bezeichnet. Den Anfang machte der per-
manente Zugriff auf Textdateien, ihm folgt
die Navigation durch Bilder und Fotos wie
bei Google Earth oder Street View.
Der Computerwissenschaftler Ste-
phen Wolfram, Vater der legendären Such-
maschine WolframAlpha, träumt bereits
von einer Welt, in der Software mitein-
ander kommuniziert und Sensoren ohne
Eingreifen des Menschen eigenmäch-
tig handeln. Der Bordcomputer etwa
liest Diagnostikdaten automatisch aus,
schickt sie an die Werkstatt, und deren Sys-
tem bestellt nötige Ersatzteile und bucht ei-
nen Termin, bevor der Fahrer jemals beim
Kundendienst angerufen hat.
Als nächsten Quantensprung er-
warten Technologen, dass sich immer
weitere Teile des Planeten mit Video-
feeds zuschalten. So bringen nicht nur
Daimler-Forscher den Fahrzeugen von
morgen das Sehen mit Stereokame-
ras bei. Entwickler für die Microsoft-
Suchmaschine Bing arbeiten daran,
aus einem Mosaik von Millionen Fo-
tos eine virtuell begehbare Welt zu
bauen. „In den nächsten Jahren werden Live-
Kameras zunehmend in Karten eingebettet
werden. Die ganze Welt schaltet sich zu, und
Menschen und Software schauen zu“, sagt
Microsoft-Manager Chris Pendelton. Exper-
ten erwarten, dass Videostreams bis 2014
zwei Drittel allen Mobilfunkverkehrs ausma-
chen werden. Pro Sekunde werden so viele
Filme durch das weltweite IP-Netz fl ießen,
dass ein Mensch zwei Jahre damit zubringen
müsste, sie alle anzusehen.
Die Bilderfl ut eröffnet ungeahnte Möglich-
keiten für Smartphones – etwa die automati-
sche Erkennung von Gebäuden und Personen
im Sucher oder einem Kamerafeed oder die
Unterlegung von aktuellen Hinweisen oder
Warnungen als Augmented Reality. Dieses
gemischte Display aus Realität und Netzwelt
wird auch bald seinen Weg in Fahrzeuge fi n-
den, sagt Daimler-Forscher Lamberti: „Bald
werden wir im Auto vor mehreren großen,
hochaufl ösenden Bildschirmen sitzen. Das
ist wie Kino mit Netzanschluss! Technisch
ist alles möglich, aber was zeige ich darauf
an? Und fördert es die Sicherheit und den
Komfort?“
256 kbps
DOWNLOADZEITEN BEI UNTERSCHIEDLICHEN DOWNLOADGESCHWINDIGKEITEN
00:00:0100:00:2000:01:2000:46:4004:26:40
00:00:0000:00:0400:00:1600:09:2000:53:20
00:00:0000:00:0000:00:0200:00:5600:05:20
2 Mbps 10 Mbps 100 Mbps
„Bald werden wir im Auto
vor mehreren großen,
hochaufl ösenden Bild-
schirmen sitzen.“
Ralf LAMBERTI
Leiter des Bereichs Infotainment, Telematik und
Innenraum-Elektrik/Elektronik in der Forschung und
Vorentwicklung bei Daimler
WORLDWIDE NETWORK
PREDICTIVE CRUISE CONTROL – DER VORAUSSCHAUENDE TEMPOMAT
Anders als bei einem herkömmlichen Tempo-
maten stellt Predictive Cruise Control die
Motorleistung beim Freightliner (eine Marke
von Daimler) auf kommende Steigungen und
Gefälle ein.
GPS-basierter Tempomat
Dazu wird auf satellitengesteuerte GPS-Tech-
nologie und digitalisiertes 3-D-Kartenmaterial
zurückgegriffen. Mithilfe der entsprechenden
Daten errechnet der Bordcomputer dann die
treibstoffsparendste Geschwindigkeit. Die
Kraftstoffeinsparung wird durch Adaption der
gesetzten Tempomat-Geschwindigkeit ohne
Verringerung der Durchschnittsgeschwindigkeit
erreicht – was der Lkw an Steigungen an Ge-
schwindigkeit verliert, wird durch den Schwung
an Senken wieder ausgeglichen. Entwickelt
wurde das Assistenzsystem von Ingenieuren
der Daimler-Forschungsabteilungen in Stuttgart
und Portland. Momentan sind im System mehr
als 200.000 Meilen (ca. 350.000 km) der
am häufi gsten von Lkw benutzten Straßen in
48 US-Bundesstaaten hinterlegt.
T56
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Internetinfrastruktur dargestellt.
Datenströme und die dahinterliegende
Im Worldwide Network werden globale
SOCIA
L MEDIA
250 Millionen neue M
itglieder gewann Facebook im Jahr 2010 hinzu
600 Millionen M
enschen
hatten Ende 2010 eine Mitgliedschaft bei Facebook
2,5 Milliarden Textnachrichten
wurden auf Twitter veröffentlicht
152 Millionen Blogs
gab es insgesamt im Internet
VIDEO – FILM – E-MAIL im Ja
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INTERNETNUTZER WELTWEIT
21,3 Millionen
Internetnutzer in Ozeanien und Australien
63,2 Millionen
Internetnutzer im N
ahen Osten
110,9 Millionen
Internetnutzer in Afrika 204,7 M
illionen Internetnutzer in Südam
erika
266,2 Millionen
Internetnutzer in Nordam
erika
475,1 Millionen
Internetnutzer in Europa
825,1 Millionen
Internetnutzer in Asien
1,97 Milliarden
Internetnutzer weltw
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Die lokale Onlineauslastung
in den Weltregionen ist anhand der Farb-
intensität (rot) abgebildet.
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DAIMLER-TECHNICITY.COM 57
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HYPERLINK
Weitere Informationen zu diesem Beitrag.
daimler-technicity.com/alwayson
unter anderem mit folgenden Features:
• INTERVIEW „Die Gesellschaft ist vernetzt“: Ralf LAMBERTI,
Leiter des Bereichs Infotainment und Telematik bei Daimler,
über Webdienste und Apps am Steuer.
• HINTERGRUND
(1) Wie viel ist zu viel? Will der Kunde tweeten und blinken?
(2) Karten von morgen: virtuelle Navigation.
• VIDEO Augmented Reality: Wirklichkeit 2.0.
Kreis 05
Die permanente Vernetzung
wirft nicht nur ungelöste Fragen
nach der Ablenkung das Fahrers
oder nach der Verlässlichkeit von
externen Daten auf, die auf ihn
einströmen. Sie hat vor allem er-
hebliche, noch unausgelotete Folgen
für das Arbeits- und Privatleben, das
plötzlich weltweit erfasst, analysiert
und gespeichert werden kann. Tech-
nologien, die in den Alltag eingebettet
sind, halten ihre Nutzer ständig auf Trab,
schaffen neuen Stress durch Multitas-
king und verändern möglicherweise die
Konzentrationsfähigkeit. Vordenker wie
der Informatiker Viktor Mayer-Schönberger
von der Universität Oxford oder Jonathan
Zittrain von der Universität Harvard fordern
deshalb ein Verfallsdatum für den nie ver-
siegenden Datenstrom bis hin zur Möglich-
keit, einen persönlichen Datenkonkurs zu
erklären, um digitale Altlasten zu entsorgen.
„Es ist ein potenzieller Teufelskreis: Wer
nichts vergisst, kann nichts dazulernen und
sich als Mensch und Gesellschaft nicht wei-
terentwickeln“, warnt Mayer-Schönberger.
Wer sich zum Untertan seiner Geräte
und Onlinedienste macht, die alle bestän-
dige Aufmerksamkeit, Updates und vor
allem Zeit einfordern, wird im Extremfall
selbst zum „Gadget“, zum technischen Ge-
rät, warnt der kalifornische Digitalvisionär
Jaron Lanier in einem gleichnamigen Buch.
Die Technologie des neuen Jahrhunderts
entwickelt dann ein Eigenleben, dem
sich der Mensch anpasst. Die Evolution
stünde Kopf, wenn das Netz diktiert,
wie der Mensch kommuniziert und
handelt. Für den Netztheoretiker und
Gründer des Kultmagazins Wired,
Kevin Kelly, ist das sogenannte
Technium – also die Gesamtheit
aller uns umgebenden Technolo-
gien – bereits zum Leben er-
wacht. Ingenieure, die die
dienstbaren Geister schufen,
ebenso wie alle Verbrau-
cher und Wissensarbeiter
stehen nach seiner Über-
zeugung im Bann ihrer
Schöpfungen, für die es keinen Ausschalter mehr gibt.
Noch ist es allerdings nicht so weit, denn viele der
hier beschriebenen Technologien sind im Entste-
hen begriffen und bilden noch längst kein ein-
heitliches Nervensystem. Der Planet schaltet
sich erst schrittweise zu – Smartphone für
Smartphone, Sensor für Sensor, Webdienst
für Webdienst und App für App. Und es
gibt durchaus die Möglichkeit abzuschal-
ten, glaubt Heinrich Arnold, Leiter der
Innovationsentwicklung in den Deutsche
Telekom Laboratories in Berlin. „Viele
technische Systeme in unserer Um-
gebung werden zukünftig immer an-
geschaltet sein, aber sie werden sich
dezent im Hintergrund halten und
uns als Dienstleister zur Verfügung
stehen, wenn wir sie rufen. Und sie
werden uns die Freiheit lassen, auch
einmal ganz ohne sie auszukommen,
wenn wir das möchten.“
Bis es so weit ist, haben Pro-
grammierer, Unternehmer, Politiker
und Bürger die Gelegenheit, die Rah-
menbedingungen für die neue Online-
welt abzustecken und Klick für Klick
gemeinsam festzulegen, wie viel intel-
ligente Konnektivität sie wollen, um ihre
Arbeit, ihre Mobilität und ihr Privatleben
zu verbessern. Die Gratwanderung hat
begonnen.
DER POTENZIELLE TEUFELSKREIS
HINTER DEN KULISSEN: DAIMLER VEHICLE BACKEND
Dass Suchergebnisse von Google oder Wetter-
berichte auf dem Display erscheinen, ohne den
Fahrer abzulenken, ist nicht selbstverständlich –
dafür sorgt das Daimler Vehicle Backend. Sobald
der Fahrer eine Abfrage startet, nimmt der
Bordcomputer über das Mobilnetz Verbindung
zum Rechenzentrum auf.
Datenabfrage in Sekunden:
➔ 0,15–0,5 Sekunden:
Bordcomputer nimmt Verbindung zum
Daimler-Rechenzentrum auf.
➔ 0,05 Sekunden: Die Server des Rechen-
zentrums fordern die gewünschten Daten
bei Webdiensten wie Google an.
➔ Max. 0,5 Sekunden:
Die Antwort vom Webdienst liegt vor.
➔ 0,2 Sekunden:
Die Antwort wird für die Head Unit im
Fahrzeug komprimiert und umformatiert.
➔ Max. 1 Sekunde:
Die angeforderten Daten erscheinen im
Fahrzeug auf dem Display.
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App Smartphone
Procrastination
Virtual World
Cloud Computing
Multitasking
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Überwachung
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Citizen Sciences
Datenflu
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Networking
Künstliche Intelligenz
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Augmented Reality
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Multitasking
Echtzeit-Informationen
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Kontrolle
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Reizüberflutung
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FOTOGRAFIE
Sascha PFLAEGING
Bharat BALASUBRAMANIAN, Leiter Produktinnovationen und Prozesstechnologien
in der Konzernforschung und Vorentwicklung bei Daimler, über Chancen und Risiken
des permanent vernetzten Fahrzeugs.
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50_61_110330_T_ALWAYS_ON_RZ_D_JS.indd 6050_61_110330_T_ALWAYS_ON_RZ_D_JS.indd 60 08.04.11 15:4608.04.11 15:46
LEITFIGUREN Herr Balasubramanian, wie viel Netz braucht und wie viel Netz will man in einem Fahrzeug haben?Wir haben in den vergangenen Jahren einen
exponentiellen Zuwachs bei elektronischen
Steuergeräten im Auto beobachten können.
Wenn man sich eine gut ausgestattete
Mercedes-Benz S- oder E-Klasse ansieht,
stecken da 40 bis 50 kleine Computer drin,
vom klassischen Motor- oder Getriebesteuer-
gerät bis zur Monokamera. Die Zahl nimmt
zu, weil wir immer mehr Komfort- und Unter-
stützungssysteme einbauen. Da ist kein Ende
in Sicht, denn wir wollen Leitfi guren sein auf
dem Weg zum unfall- und emissionsfreien
Fahren. Mehr als 90 Prozent aller Innovatio-
nen erfordern in irgendeiner Form Steuerge-
räte, Hardware und Embedded Software.
DIGITAL NATIVES Erwarten Kunden bereits, dass ihnen das Web hinters Steuer folgt?Eigentlich sind wir inzwischen überall ver-
netzt – der letzte weiße Fleck ist das Auto.
Umfragen unter jungen Leuten zeigen aller-
dings, dass sie ihr vernetztes Leben auch
hinterm Steuer leben wollen, also muss man
die Digital Natives gut und intelligent bedie-
nen. Was sie heute praktizieren, wird früher
oder später zum Standard. Wir werden das
Auto zum integrierten Bestandteil der Cloud
machen. Das bedeutet, dass man in Zukunft
Onlinedienste jederzeit und überall – also
auch im Fahrzeug – nutzen kann.
INNOVATIONSZYKLUS Wie schnell lassen sich neue Dienste aus dem Web ins Fahrzeug bringen?Im Unterschied zu früher haben wir durch
die Konnektivität der Fahrzeuge mit unserem
Daimler Vehicle Backend Server die Chance,
jederzeit Funktionen nachzuschieben und
neue Funktionen aus dem Internet ins Auto
zu bringen. Damit entkoppeln wir den jahre-
langen Innovationszyklus im Fahrzeug von
diesem unglaublich schnellen Zyklus im Inter-
net und bei der Verbraucherelektronik. Das
ist nur der Anfang, denn beim Übertragungs-
standard wird sich viel tun. Momentan sind
wir bei 3G oder UMTS, aber die ersten
Regionen schalten bereits auf die nächste
Generation – also 4G oder LTE – um.
BANDBREITE Wieso ist der jeweilige Mobilfunkstandard so wichtig?Ein 4G-Netz erlaubt eine bessere Abdeckung
und eine höhere Bandbreite. Beide Elemente
sind sehr wichtig, denn die permanente Ver-
netzung funktioniert im Auto nur, wenn ich
eine schnelle Verbindung habe, die auch bei
hoher Geschwindigkeit nicht abreißt. Zwei-
tens brauche ich eine lückenlose Abdeckung,
sobald ich bestimmte Funktionen nur noch
off-board berechne und das Ergebnis ans
Auto sende. Bis es so weit ist, wird es noch
Jahre dauern, deswegen will die Mischung
aus On-Board- und Off-Board-Komponenten
sehr gut bedacht sein. Als Premiumhersteller
muss man die Euphorie, das Auto einfach
ans Netz zu hängen, kritisch betrachten.
SICHERHEIT Was kann Always On beim Thema Sicherheit leisten?Wir sind derzeit dabei, die Stereokamera
zu perfektionieren. Kameratechnologien im
Auto müssen sehen lernen wie ein Kind:
Was ist ein Auto, was ist ein Fußgänger, wie
sehen Gebäude und Straßen aus? Daran
arbeitet unsere Forschungsgruppe in Ulm
seit Jahren, und wir sind weltweit führend.
KOMMUNIKATION Bringt der Netzanschluss einen entscheidenden Durchbruch auf dem Weg zum unfall-freien Fahren?Er ist ein Frühwarnsystem, da die Kommuni-
kation zwischen Fahrzeugen und zwischen
Fahrzeug und Infrastruktur den Horizont
erweitert. Eine Radaranlage im Auto kann
heute maximal 300 Meter weit sehen. Mit
einem vernetzen Fahrzeug kann man viel
früher reagieren, etwa andere Autos auf
eine Gefahr hinweisen. Zweitens kann die
Infrastruktur Hinweise geben, beispielsweise
eine rote Ampel, die mein Fahrzeug warnt,
falls ich zu schnell bin. Man sollte sich
allerdings immer durch ein zweites System
im Fahrzeug absichern, bevor man aufgrund
externer Warnungen eine Handlung einleitet.
Das große Netz wird das Netz im einzelnen
Fahrzeug nicht überstimmen. Daher liegt
unser Hauptaugenmerk heute auf den fahr-
zeuginternen Systemen.
GRENZEN Es gibt also Grenzen der Vernetzung. Will man Onlinedienste ins Auto leiten, nur weil es technisch möglich ist?Ich habe heute gelegentlich Zweifel, wie
viel Multitasking unser Gehirn verkraftet,
etwa wenn man am Steuer ein schwieriges
Telefonat führt. Wenn man jetzt noch visuelle
Angebote ins Auto bringt, wird es noch kom-
plizierter. Technisch kann ich beliebig viele
Dienste hineinpacken. Aber wie antworte ich
am besten auf eine neue Nachricht, wenn
ich gerade fahre? Das kann durch Sprach-
steuerung geschehen (Text-to-Speech und
Speech-to-Text), solange sie gut durchdacht
ist. Daimler wird ein solches Angebot
komplett und auf höchstem Niveau unter-
breiten. Alle Dienste werden deswegen über
unsere Backend-Services aufbereitet, damit
der Fahrer Informationen möglichst ohne
Ablenkung aufnehmen kann.
KUNDENERFAHRUNG Visualisierung über Displays ist trotz der Ablenkungs-gefahr nicht mehr wegzudenken. Wie wird der Fahrer mit all diesen Systemen und Diensten kommunizieren?Neben der Sprachsteuerung werden wir
sicher immer mehr Bildschirmfl äche im Auto
bekommen, bis wir irgendwann nur noch ein
paar große Monitore um uns herum haben.
Die Entwicklung von grafi schen Nutzer-
schnittstellen ist ein wichtiges Thema für
uns, denn darüber wird sich in Zukunft ein
großer Teil der Kundenerfahrung defi nieren.
Aber selbst in einem autonomen Fahrzeug
wird es aus Sicherheitsgründen in den
nächsten 20 bis 30 Jahren keine Videoshow
für den Fahrer geben.
UMWELT Kann ein vernetztes Fahrzeug auch für mehr umweltbewuss-tes Fahren sorgen?Wir haben bereits ein Intelligent Predictive
Cruise Control System entwickelt, das
entsprechend dem Höhenprofi l der Strecke
Gas geben und automatisch schalten kann.
Darüber hinaus kann ich bald das Verkehrs-
aufkommen in Echtzeit einspeisen. Sobald
der Wagen auf Sensordaten von der Straße
zugreift oder Daten von Verkehrskameras
auswerten kann, sind solche Dienste wirklich
wertvoll. Das gilt insbesondere für künftige
Fahrzeuge mit Elektroantrieb, bei denen
ich Dinge wie das Lademanagement, die
Lebensdauer der Batterie und die aktuelle
Reichweite viel besser im Blick habe.
CURRICULUM VITAE
+++ geboren 1951 in Chennai, Indien +++ Studium
am Indian Institute of Technology in Mumbai (Bombay)
mit Abschluss Bachelor of Technology, Gesamtnote
„First Class Honours“ +++ Hauptdiplom und
Promotion zum Dr.-Ing. an der Universität Karlsruhe
(TH), Gesamtnote „mit Auszeichnung“ +++ mehr
als 30 Jahre bei Daimler im Bereich Innovation +++
von der Computeranalyse und computergestütztem
Design (CAD) über Total-Quality-Management zum
Vice President in Daimlers Group Research &
Advanced Engineering +++ seit April 2009 Leiter
der Direktion Produktinnovationen und Prozess-
technologien in der Konzernforschung und Vor -
entwicklung +++ Ehrenprofessor der TU Berlin +++
DAIMLER-TECHNICITY.COM 61
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METROPOL
MOBILITÄT Als eine der am schnellsten wachsenden Städte der Welt und in direkter Nachbar-
schaft zu Hongkong gelegen, steht Shenzhen vor großen Herausforderungen in Bezug auf die
wachsenden Mobilitätsbedürfnisse von Einwohnern und Pendlern aus dem Umland. Wie ande-
re chinesische Metropolen setzt man daher verstärkt auf lokal emissionsfreie Elektromobilität.
Daimler und BYD, der Automobil- und Batterieproduzent mit Sitz in der „Stadt der Ambitio-
nen“, kooperieren auf dem Gebiet der E-Fahrzeuge mit einer gemeinsamen Forschungs- und
Entwicklungseinrichtung. Die Lizenz zur Produktion eines gemeinsamen Elektroautos für den
chinesischen Markt ist bereits erteilt worden. Die Shenzhen BYD Daimler New Technology
Company kombiniert das Know-how von Daimler bei Fahrzeugarchitekturen und Sicherheit
mit den Kompetenzen von BYD bei Batterietechnologien und elektrischen Fahrzeugsystemen.
ARCHITEKTUR Auch in Sachen Architektur spielt Shenzhen im wahrsten Sinne des Wortes
ganz oben mit. Einige Beispiele:
• Shenzhens bis dahin höchster Wolkenkratzer, die Kingkey Finance Towers mit einer Höhe
von 439 Metern, wird 2012 fertiggestellt.
• Bis 2015 soll die Stadt mit dem Pingan International Finance Center das zweithöchste
Gebäude der Welt bekommen. Im Gespräch ist eine Höhe von 648 Metern.
• Kontrapunkt ist seit 2009 ein waagerechter Wolkenkratzer auf acht Stelzen. Das riesige
Gebäude inklusive öffentlichen Parks ist so lang, wie das Empire State Building hoch ist.
WIRTSCHAFT Im Küstendistrikt Qianhai soll bis 2020 für 40 Milliarden Yuan (knapp 6 Milliar-
den US-Dollar) eine neue Zone für die Dienstleistungsindustrie entstehen. Das Gebiet soll dann
mit einer Wirtschaftsleistung von 150 Milliarden Yuan als Motor für die lokale Wirtschaftskon-
junktur dienen. Hintergrund ist die drohende Abwanderung der Fabriken von Shenzhen ins
Hinterland. Die Serviceindustrie soll eine neue Quelle des Wohlstands für Shenzhen werden.
SHENZHEN
Superlative in China: Die Städte des Perlfluss-Deltas – von
Guangzhou bis Shenzhen – können bald als größte Metro-
polregion der Welt bezeichnet werden.
PARAMETER
SHENZHEN *
STATUS: Hightechzentrum, erste Sonderwirtschaftszone Chinas
GRÜNDUNGSJAHR: 15. Jahrhundert
FLÄCHE: 396 km²
EINWOHNERZAHL (Stadt): 4 Millionen
EINWOHNERZAHL (Metropolregion): 9 Millionen
BEVÖLKERUNGSDICHTE (Stadt): 10.106 Einwohner/km²
INTERNETPRÄSENZ: english.sz.gov.cn
* QUELLE: Shenzhen Municipal Statistic Bureau
CHINA
TAIWAN
SÜDKOREA
NORDKOREA
SHENZHEN
JAPAN
MONGOLEI
Peking
Shanghai
PHILIPPINEN
Bangkok
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PARAMETER
LEBENSQUALITÄT Lange war Kawasaki als industrielles Zentrum der Metallverarbeitung und
Elektrobranche in Japan bekannt. Seit einigen Jahren wird jedoch ein radikaler Kurswechsel
der lokalen Wirtschaft vollzogen. Über 200 Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen sind
inzwischen in Kawasaki aktiv, weitere, wie das Forschungslabor von Nideq, Japans größtem
Unternehmen für kleine Elektromotoren, werden folgen. Die Neuausrichtung hin zum „Advan-
ced Technology Capital of the World“, mit besonderem Fokus auf Umwelt- und Biotechnolo-
gien, hat nicht nur das Image der Stadt am Ufer des Tama kräftig aufgewertet, sondern auch
die Lebensqualität verbessert: Der berühmte Berg Fuji kann von Kawasaki aus heute wieder
gesehen werden. Einst war das Panorama von Industrieemissionen völlig vernebelt.
FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG Ein herausragendes Beispiel für rege Forschungs- und
Entwicklungstätigkeit in Kawasaki ist das 2008 eingeweihte Global Hybrid Center bei der
Mitsubishi Fuso Truck and Bus Corporation (MFTBC), der zentrale Standort zur Entwicklung
von Hybridantrieben von Daimler Trucks. Mittlerweile wurden mehr als 1.100 Hybrid-Lkw vom
Typ Mitsubishi Fuso Canter Eco Hybrid abgesetzt – das Gros davon in Japan. Einzelne Fahrzeu-
ge wurden inzwischen auch exportiert. Das Global Hybrid Center ist integraler Bestandteil der
Daimler-Nutzfahrzeuginitiative „Shaping Future Transportation“, die sich zum Ziel gesetzt hat,
• durch effiziente Antriebssysteme Ressourcen zu schonen,
• Emissionen aller Art zu reduzieren
• und durch neue Assistenz- und Sicherheitssysteme die Unfallgefahren im Güterverkehr
zu minimieren.
KAWASAKI
Die einst für ihre Schwerindustrie bekannte Millionenstadt
in Japan vollzieht eine radikale Transformation: Forschung
und grüne Technologien ersetzen Stahl- und Chemiewerke.KAWASAKI *
STATUS: Geografi sches Bindeglied zwischen Tokio und Yokohama
GRÜNDUNGSJAHR: 1924 (Stadtgründung)
FLÄCHE: 144,35 km²
EINWOHNERZAHL (Stadt): 1,3 Millionen
EINWOHNERZAHL (Metropolregion): 34 Millionen
BEVÖLKERUNGSDICHTE (Stadt): 9.622 Einwohner/km²
INTERNETPRÄSENZ: city.kawasaki.jp
* QUELLE: Statistics Bureau of Japan, Financial Affairs Department of Kawasaki
VON DER STADT ZUM IDEENPOOL:
INNOVATIONEN AUS VIER GROSSSTÄDTEN.
CHINA
JAPAN
SÜDKOREA
NORDKOREA
KAWASAKI
Tokio
Sapporo
FukuokaYokohama
Seoul
Changchun
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METROPOL
VANCOUVER *
STATUS: Metropolregion und Handelszentrum von Westkanada
GRÜNDUNGSJAHR: 1867 bis 1886 (als Vancouver)
FLÄCHE: 2.878 km²
EINWOHNERZAHL (Stadt): 570.000
EINWOHNERZAHL (Metropolregion): 2 Millionen
BEVÖLKERUNGSDICHTE (Stadt): 5.040 Einwohner/km²
INTERNETPRÄSENZ: vancouver.ca
* QUELLE: Statistics Canada 2006 Census
STADTENTWICKLUNG Vancouver will bis zum Jahr 2020 die umweltfreundlichste Stadt der
Welt werden. Projekte wie eine intelligente und adaptive LED-Straßenbeleuchtung, eine inte-
grierte Energieversorgung und vereinfachte Zugänge zu lokalen Grünflächen sind bereits auf
den Weg gebracht. Zu den Topprioritäten gehören auch der Auf- und Ausbau emissionsfrei-
er Elektromobilität im Individualverkehr und im öffentlichen Personennahverkehr. Notwendi-
ges technologisches Know-how ist bereits vor Ort: Bei der Automotive Fuel Cell Corporation
(AFCC) in Vancouver, einem Joint Venture von Daimler, Ford und Ballard Power Systems, wer-
den die Stacks für Elektrofahrzeuge mit Brennstoffzelle entwickelt.
MOBILITÄT Vancouver könnte bald die erste kanadische Stadt werden, in der car2go einge-
führt wird, das innovative Mobilitätskonzept von Daimler. Ein erster Testlauf in Kooperation mit
öffentlichen Einrichtungen wie der Vancouver Film School und der Vancouver Public Library
ist bereits im Herbst 2010 abgeschlossen worden. Registrierte Nutzer können im Rahmen von
car2go im gesamten Stadtgebiet Fahrzeuge der Marke smart fortwo flexibel und minutenge-
nau anmieten.
FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG Vancouver will zum landesweiten Exzellenzzentrum für
drahtlose Innovation werden. Im Verbund mit 26 kanadischen Hochschulen hat die Stadt den
„Wavehub“ ins Leben gerufen – eines von fünf Forschungs- und Entwicklungszentren für zu-
kunftsträchtige Technologiefelder, darunter Mikroelektronik, regenerative Medizin, medizini-
sche Bildgebung und Technologie zur Klimaüberwachung. Das Startkapital für den Mobilfunk-
Cluster am Pazifik stellt die kanadische Regierung. Bereits heute ist Vancouver das globale
Entwicklungszentrum im Bereich der Brennstoffzellentechnologie.
VANCOUVER
Die kanadische Handelsmetropole gehört weltweit zu den
Städten mit der höchsten Lebensqualität. Jetzt will man
auch beim Umweltschutz zur Nummer eins werden.
PARAMETER
USA
VANCOUVER
Chicago
KANADA
Seattle
MEXIKO
San Francisco
Los Angeles
CalgaryWinnipeg
Edmonton
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MOBILITÄT Drei BRT-Linien (Bus Rapid Transit) sind in Mexiko-Stadt seit 2005 in Betrieb. Die
dritte Phase wurde zu Beginn des Jahres 2011 offiziell in Betrieb genommen und eine vierte
Strecke kommt Mitte 2011 hinzu, die das bestehende Netz mit ca. 50 km Länge um weitere
16 km ausbaut. Eine Einsparung von rund 80.000 Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr vermeldet
die Stadtverwaltung durch die auf den Namen Metrobús getauften Linien. Auf den Routen sind
auch Stadtbusse der Marke Mercedes-Benz im täglichen Einsatz. Die BRT-Experten von
Daimler Buses haben unter anderem auch im französischen Nantes und im türkischen Istanbul
die Einführung flexibler BRT-Systeme unterstützt, die eine hohe Taktfrequenz der Busse und
kurze Transitzeiten gewährleisten.
ARCHITEKTUR Eine der meist beachteten jungen Designfirmen der Stadt – at103 – hat den
Wettbewerb um das Redesign des Palacio de Lecumberri gewonnen. Der grandiose Name
täuscht darüber hinweg, dass das Gebäude aus dem Ende des 19. Jahrhunderts bis 1976 als
berüchtigtes Gefängnis diente, in dem unter anderem der Nationalheld Pancho Villa inhaftiert
war. Seit 1982 beherbergt der verwinkelte Backsteinbau das Museum des Nationalarchivs.
Jetzt soll die alte Architektur des Panopticons aufgebrochen und zum vernetzten Kultur- und
Forschungsstandort umgebaut werden.
BIKESHARING Auch wenn Mexico-Stadt in der Vergangenheit oft für seinen dichten Smog
und Fahrverbote in den Schlagzeilen war, ist die Stadt heute Heimat des größten Bikesharing-
Programms in Nordamerika. Ecobici umfasst in seiner ersten Phase mehr als 1.100 Räder und
82 Stationen, an denen sie mit einer Chipkarte abgeholt und wieder eingecheckt werden kön-
nen. Nach seinem Start in zunächst vier Stadtteilen will der Betreiber, die US-Firma Clear
Channel, das SmartBike-Programm auf den Rest der Metropole und eine Flotte von 6.000
Drahteseln ausweiten.
MEXIKO-STADT
Hohes Verkehrsaufkommen und Luftverschmutzung haben
Mexiko-Stadt lange geplagt. Jetzt wird auf neue Mobilitäts-
lösungen gesetzt – vom BRT-System bis zum Bikesharing.
PARAMETER
MEXIKO-STADT *
STATUS: Hauptstadt Mexikos, drittgrößte Metropolregion der Welt
GRÜNDUNGSJAHR: 1521 (als Mexiko-Stadt)
FLÄCHE: 1.485 km²
EINWOHNERZAHL (Stadt): 8,8 Millionen
EINWOHNERZAHL (Metropolregion): 20 Millionen
BEVÖLKERUNGSDICHTE (Stadt): 5.957 Einwohner/km²
INTERNETPRÄSENZ: df.gob.mx
* QUELLE: Consejo Nacional de Problación, Bundeszentrale für politische Bildung
MEXIKO-STADT
USALos Angeles
MEXIKO
Miami
Houston
GuadalajaraCancún
La Paz
KUBA
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ZUKUNFTSKONZEPT Jürgen HÄPP und
Journalistin Nathalie GILLET im Gespräch
über das Potenzial von Masdar City.
TRANSFER
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CURRICULUM VITAE
+++ 33 Jahre alt +++ seit 2008 vor Ort in Masdar
(Abu Dhabi) tätig +++ kam 2007 zu Foster + Partners
+++ seit 2001 in verschiedenen Architekturbüros
tätig +++ Master of Science (M.Sc.) am University
College of London +++ 2004 Abschluss an der Fach-
hochschule Würzburg, Fachbereich Architektur +++
1992 Ausbildung als Bauzeichner bei BaurConsult,
Haßfurt/Main +++
OFFENER RAUM Herr Häpp, was steht hinter der sozialen Utopie von Masdar City?Masdar City ist keine unerreichbare Utopie,
sondern eine Rückbesinnung auf die nach-
haltigsten Prinzipien jahrhundertealter,
organisch gewachsener Städte: hohe
städtebauliche Dichte und kurze fußläufige
Entfernungen. Die Stadt versucht, histori-
sches Wissen mit den neuesten Technologi-
en zu verbinden – eine eher bodenständige
als utopische Entwicklung. Masdar City ist
ein reales Projekt für reale Menschen. In
diesem Sinne versucht Masdar City, für alle
gesellschaftlichen Schichten eine lebens-
werte Stadt zu schaffen. Weitere Ziele sind
die Integration in das Entwicklungsumfeld
und die Metropolregion Abu Dhabi. Daher
legen wir Erholungsflächen so an, dass sie
von Masdar City aus genauso gut erreichbar
sind wie von Abu Dhabi aus, vor allem aus
den benachbarten Bezirken.
PROZESS Werden in Masdar City Bautechnologien entwickelt, die bereits woanders umgesetzt werden können?Wir sollten uns natürlich nicht nur auf
Technologien konzentrieren, sondern auch
auf passive Maßnahmen zur Senkung des
Energieverbrauchs und zur Ressourcenscho-
nung. Daher ist eine integrierte Entwicklung
der Gebäude erforderlich, die das lokale
Klima und die Gegebenheiten vor Ort
berücksichtigt. Durch die richtige Ausrich-
tung, Materialmenge und Dämmung können
wir den Energiebedarf gegenüber „standard-
mäßigen“ Gebäuden in der Region drastisch
reduzieren. Eine weitere Senkung des
Energiebedarfs oder eine höhere Energie-
effizienz erreichen wir dann über Techno-
logien wie Wärmerückgewinnung, effiziente
Kühlsysteme und Gebäudetechnik. Diese
Technologien, die wir in unseren ersten
Häusern oder in unserem Pilotprojekt –
„Intelligente Stromnetze mit intelligenten
Geräten“ – genutzt haben, sind auch für
andere Städte interessant.
NACHHALTIGKEIT Warum ist die Planung von Masdar City etwas Besonderes?Wir können bei Masdar City mit einem neuen
Ansatz an die Stadtplanung oder die städte-
bauliche Gestaltung herangehen. Durch
dieses Umdenken ist Masdar City etwas
Besonderes. Im 20. Jahrhundert ging es bei
der Stadtplanung in erster Linie um Kon-
struktion und Technik und weniger um die
Schaffung eines lebenswerten Umfelds für
alle Bürger. Für eine leichtere Planung waren
die Straßen und die gesamte Infrastruktur bei
diesem Ansatz oft weit auseinandergezogen,
denn so mussten sich die Planer nicht
untereinander abstimmen. In Masdar City
TEXT
Nathalie GILLET
FOTOGRAFIE
Martin VON DEN DRIESCH
„Masdar City erfordert ein
Umdenken bei der Stadtplanung.“
Masdar City ist ein außergewöhnliches Stadtentwicklungsprojekt in den Vereinigten
Arabischen Emiraten. Das Grundkonzept für die CO2-arme Stadt, die bei Abu Dhabi
entsteht, stammt von den britischen Stararchitekten Foster + Partners. Auf der Fahrt
zur Baustelle beantwortete Projektmanager Jürgen HÄPP einige Fragen.
DAIMLER-TECHNICITY.COM 67
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07:00 Uhr
START am Büro von Foster + Partners in Abu Dhabi.
07:45 Uhr
ZWISCHENSTOPP beim Al Bateen Airport.
07:20 Uhr
JÜRGEN HÄPP erklärt den Stadtplan von Masdar City.
07:35 Uhr
STAU auf der Fahrt aus der Stadt.
07:50 Uhr
KAFFEEPAUSE an der Sheikh-Zayed-Moschee.
MIKROSKOP
MASDAR CITY
Masdar City ist ein Stadtentwick-
lungsprojekt in Abu Dhabi (VAE).
Die Retortenstadt wird von Masdar
gebaut, einem Staatsunternehmen
aus Abu Dhabi.
Das britische Architekturbüro
Foster + Partners setzte bei der Stadt-
planung ausschließlich auf erneuer-
bare Energien.
Die Stadt entsteht 17 Kilometer
südöstlich von Abu Dhabi, in der Nähe
des Abu Dhabi International Airport.
Die Internationale Agentur für Erneuer-
bare Energien (IRENA) wird ihren Sitz
in Masdar City haben. masdar.ae
hatten wir die Aufgabe, mit einem neuen
städteplanerischen Ansatz für mehr
Nachhaltigkeit zu sorgen. Wichtig sind dabei
die Integration und die Verbindung zwischen
all den verschiedenen Bestandteilen einer
Stadt. Infrastruktur, Verkehr, Gebäude und
öffentlicher Raum: Alles wird als eine Einheit
geplant. Im Grunde geht es darum, die
Entwicklung der städtischen Außenbezirke
seit Ende der 1930 er-Jahre zu verstehen,
als zur Gewährleistung der individuellen
Mobilität eine großzügig angelegte und
daher energieintensive Straßen- und Ver-
kehrsinfrastruktur geplant wurde. Im
Gegensatz dazu ist Masdar City kompakt.
Die hohe städtebauliche Dichte verkürzt
die Entfernungen zwischen den Gebäuden,
Sehenswürdigkeiten etc. Mit den engen
Straßen schaffen wir ein Mikroklima, in
dem die Leute trotz der extremen Tempera-
turen in Abu Dhabi gerne zu Fuß oder mit
dem Rad unterwegs sind. Außerdem möchten wir den
öffentlichen Nahverkehr oder emissionsfreien Individual-
verkehr fördern.
MOBILITÄT Für den öffentlichen Nahverkehr gibt es in Masdar City einige neue Ansätze. Welche Idee steht zum Beispiel hinter der Stadtbahn?Das Verkehrsministerium von Abu Dhabi entwickelt
gerade das „Light Rail Transit”-System (LRT). Dieses
Stadtbahnsystem hat Ähnlichkeiten mit einer Straßen-
bahn. Die nächste Ebene ist die U-Bahn, die Masdar City
mit der Innenstadt von Abu Dhabi verbindet. Für eine
bessere Erreichbarkeit befindet sich die U-Bahn-Station
in zentraler Lage. Die U-Bahn und die Stadtbahn spielen
eine entscheidende Rolle innerhalb des nachhaltigen
Mobilitätskonzepts, das sowohl bei den Bürgern von
Masdar City als auch bei den Pendlern auf eine Redu-
zierung der Abhängigkeit von privaten Pkw abzielt.
INDIVIDUALITÄT Ein weiteres Verkehrsmittel in Masdar City ist der Personal Rapid Transit (PRT). Wie funktioniert das? PRT ist ein vollautomatisches, führerloses, spurgeführtes
Personentransportsystem. Die Fahrzeuge folgen kleinen,
in den Boden eingelassenen Magneten und werden
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08:05 Uhr
STAU durch einen Unfall.
08:07 Uhr
LETZTE TEILSTRECKE im PRT zum Masdar Institute.
08:10 Uhr
ZIEL ERREICHT Jürgen HÄPP heißt Nathalie GILLET in Masdar City willkommen.
HYPERLINK
Weitere Informationen zu diesem Beitrag:
daimler-technicity.com/juergen-haepp
mit folgenden Features:
• HINTERGRUND
(1) Masdar City: emissionsarme Stadtplanung in der arabischen Wüste.
(2) Masdar & Co: weitere aktuelle Projekte der britischen Star architekten
Foster + Partners.
• VIDEO Willkommen in Masdar City: ein virtueller Stadtrundfl ug.
• BILDERGALERIE Architekturfotos von Masdar City.
zentral gesteuert. Außerdem ist jedes Fahr-
zeug vorn und hinten mit Sensoren aus-
gestattet, die Hindernisse auf der Fahrspur
erkennen und es gegebenenfalls automatisch
stoppen können. Die Technik ist sehr sicher
und funktioniert wie ein waagerecht fahren-
der Aufzug. Der Fahrgast wählt das Ziel, und
das Fahrzeug findet die beste und schnellste
Route. Ein zentrales Steuerungssystem
ist dafür viel effizienter als die Steuerung
über Fahrer.
ELEKTROMOBILITÄT Worum geht es bei einem anderen Pilotprojekt mit normalen Elektroautos? Wir prüfen, wie wir diese Elektroautos in
der Stadt einführen können und welche Art
von Service wir anbieten können: Autoclubs,
Carsharing-Konzepte oder Elektrotaxis.
Wir beschäftigen uns auch mit der Lade-
technologie und mit der Reichweite einer
Batterie ladung. Bei extremen klimatischen
Bedingungen ist das besonders wichtig,
vor allem im Sommer, denn dann ist die
Reichweite durch den hohen Energiever-
brauch der Klima anlage geringer.
ERNEUERBARE ENERGIE Glauben Sie, dass eine moderne Stadt im Individual-verkehr ohne fossile Kraftstoffe aus-kommen kann?
Auf jeden Fall. Es ist heute schon klar, dass
Elektromobilität ein ganz großes Zukunfts-
thema ist. Wir kommen diesem Ziel immer
näher. Doch das hängt auch davon ab,
wie viel Individualverkehr aufrechterhalten
werden kann und ob die Stadt- und Infrastrukturplanung den Leuten
alltagstaugliche Alternativangebote für den öffentlichen Nahverkehr
machen kann. Damit die Gesamtnachfrage nach erneuerbarer
Energie sinkt, brauchen wir nicht nur energie effiziente Gebäude,
sondern auch energieeffiziente Verkehrskonzepte. Wie Sie sehen,
müssen wir das System als Ganzes betrachten, denn Elektroautos,
die mit konventionellem Strom geladen werden, sind noch nicht
nachhaltiger.
VERKNÜPFUNG Lassen sich Prinzipien aus Masdar City auf bereits existierende Städte übertragen?Ja, das Kernprinzip der effizienten Energie- und Ressourcennutzung
muss in allen Städten umgesetzt werden. Der große Unterschied
ist jedoch der Zeitfaktor. In einer neuen Stadt wie Masdar City
kann man die Infrastruktur und Gebäude direkt mit der modernsten
Technologie so nachhaltig wie möglich planen. In bestehenden
Städten wird es etwas länger dauern, Gebäude und Infrastruktur
mit dem modernsten Standard nachzurüsten. Dort ist es wichtig,
zunächst zu analysieren, wo der meiste Energiebedarf besteht und
wie man die Energieeffizienz in den energieintensivsten Bereichen
erhöhen kann. Dabei könnten die Städte herausfinden, dass eine
energie effizientere Infrastruktur durch langfristig sinkende Betriebs-
kosten auch wirtschaftlich sinnvoll ist.
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Mobilität liegt in unserer Natur. Und die Natur ist unser Antrieb.Wir haben ein klares Ziel: Emissionen heute schon spürbar zu reduzieren und sie morgen zu vermeiden. Deshalb entwickelt Daimler effiziente Verbrennungsmotoren und Hybridantriebe sowie lokal emissionsfreie Elektrofahrzeuge mit Batterie- und Brennstoffzellenantrieb. Für die individuelle Mobilität genauso wie für öffentlichen Nahverkehr und Gütertransporte. Schließlich haben wir das Automobil erfunden – jetzt gestalten wir seine Zukunft. Der Weg zur emissionsfreien Mobilität. Informieren Sie sich unter www.daimler.com
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OFFENHEIT, TOLERANZ <dt.> die (Abk. O, T)
„TOLERANZ (siehe S. 72 „The Safety Connection“) verlangt nicht danach Unstimmig-
keiten zu verschleiern. Sie fordert die Unmöglichkeit eines
UMFASSENDEN DENKENS (siehe S. 84 „Green Capital“) anzuerkennen und
darum fremde und gegensätzliche ANSICHTEN (siehe S. 78, „Von der Idee zum Auto“)
zur Kenntnis zu nehmen.“
Lew Sinowjewitsch KOPELEW (*1912, † 1997), russischer Germanist und Schriftsteller.
DAIMLER-TECHNICITY.COM 71
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Man versteht sich: Fahrzeuge, die zufällig zur gleichen Zeit am gleichen Ort sind,
kommunizieren selbstständig miteinander und geben gezielt Informationen weiter,
die den Alltag auf der Straße sicherer und lebenswerter machen. Was sich wie
die Beschreibung einer Utopie anhört, wird zurzeit in einem Großversuch als
sogenannte Car-to-X-Kommunikation getestet.
TEXT
Andreas KUNKEL
ILLUSTRATION
Michael MAYER, Sebastian JUD
ECHTZEITKOMMUNIKATION „Guten
Morgen! Auf dem Ring de Bruxelles,
elf Kilometer vor Ihnen, ist es eben
zu einem Auffahrunfall gekommen. Drei
Fahrzeuge sind beteiligt. Wegen des hohen
Verkehrsaufkommens wird sich innerhalb
der nächsten zwei Minuten ein Stau bilden.
Darf ich eine alternative Route vorschlagen,
auf der sich derzeit weniger Fahrzeuge befi n-
den?“ Der angesprochene Autofahrer erhält
diese Meldung über die Verkehrssituation auf
der R0 bei Brüssel „live“. Sie kommt unmittel-
bar von den Fahrzeugen, die am Auffahrunfall
beteiligt waren. Und diese informieren nicht
nur den weiter entfernten Verkehr über die
Staugefahr. Fahrzeuge in der näheren Umge-
bung und mit selber Fahrtrichtung erhalten
zusätzliche Informationen, um ihre Fahrer mit
Hinweisen im Display und je nach Gefahren-
situation auch akustisch vor einer drohenden
Auffahrgefahr zu warnen, während sie die
empfangenen Unfalldaten auch an Einsatz-
fahrzeuge weiterleiten. Auch die Verkehrsleit-
zentralen profi tieren von dieser neuen Form
der Kommunikation: Statt der 20 Minuten, die
früher notwendig waren, um die Situation auf
der belgischen Stadtautobahn zu erfassen,
zu verarbeiten und an die Autofahrer weiter-
zuleiten, verfügen sie nun über zeitnahe und
wesentlich detailliertere Informationen.
So wie in Brüssel, das noch vor Städten
wie Paris, London und Warschau den un-
rühmlichen Titel „Stau-Stadt“ Europas trägt,
dürfte sich in den kommenden 15 Jahren die
Anzahl der Auffahrunfälle und Staus deutlich
reduzieren. Denn die Fahrzeuge der Zukunft
werden entfernte Hindernisse und Gefah-
rensituationen auf beliebigen Straßen sofort
erkennen und für den Fahrer die entscheiden-
den Hinweise bereithalten. Dafür „sprechen“
sie miteinander – mithilfe modernster Funk-
technologien. „Car-to-X“ nennen die Ingeni-
eure diese Form technischer Kommunikation.
Sie ermöglicht es einem Fahrzeug, mit einem
anderen beziehungsweise mit stationären
Einheiten am Straßenrand Informationen aus-
zutauschen. Über „Multi-Hop“, das mit dem
Weiterreichen eines Staffelstabs vergleichbar
ist, können Informationen sogar über weite
Strecken weitergegeben werden.
„Car-to-X wird zahlreiche Möglichkeiten
bieten, unsere momentanen Sensoren im
Fahrzeug zu ergänzen, um neue Funktio-
nen in Fahrkomfort und Sicherheit zu er-
schließen“, betont Ralf Guido Herrtwich,
Leiter der Fahrerassistenz- und Fahrwerks-
systeme bei der Daimler-Forschung. Für ihn
ist sicher, dass sich die Technik an dieser
Stelle entscheidend weiterentwickeln wird.
Das Fahrzeug, das durch zahlreiche Senso-
ren über „Sinnesorgane“ verfügt und mithilfe
der Bordelektronik immer „intelligenter“ wird,
könnte künftig in der Lage sein, vorausschau-
end zu denken. Es wird sich auf Verkehrssituati-
onen einstellen, die noch in einigen Kilometern
Entfernung liegen. Und durch die genaue Kennt-
nis von Verkehrssituationsentwicklungen wird
es sogar möglich werden, dass die „Mobilitäts-
intelligenz“ des Fahrzeugs in die Zukunft blickt,
um sich auf entstehende Risiken einzustellen oder
einen Stau zu umfahren, der sich erst später ent-
wickeln wird. Damit wären die Ingenieure in der
Theorie auch der Vision eines auf Wunsch einsetz-
baren „Autopiloten“ einen entscheidenden Schritt
näher. Das Fahrzeug könnte von den Erkenntnissen
vorausfahrender Fahrzeuge zur aktuellen Verkehrs-
situation profi tieren und sich an ihrem Fahrverhalten
orientieren.
E
CONNECTIOnTHE SAFETY
T72
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FRANKFURT A. M.
Bad Vilbel
Bad Homburgvor der Höhe
Bad Nauheim
Eschborn
Offenbach a. M.
Main
WARNSIGNALE Ein Rettungsfahrzeug in einer dicht
befahrenen Straße signalisiert über Funk automatisch seinen Ein-
satz an andere Verkehrsteilnehmer, die eine zügige Durchfahrt
gewährleisten können.
PARAMETER
TESTFELD IM HERZEN DEUTSCHLANDS
Um die Car-to-X-Kommunikation unter realistischen Bedingungen zu
testen, wurde vom Betreiberkonsortium ein Areal rund um Frankfurt
am Main ausgewählt.
• Autobahn Violett markiert: die Autobahnstrecke mit verdichteter
Verkehrserfassung und „ITS Roadside Station“-Ausstattung.
Hellviolett markiert: Autobahnnetzmaschen mit „ITS Roadside
Station“-Ausstattung.
• Landstraße Orange markiert: die Bundesstraßen B3 und B455
inklusive der Verbindungen zu den Anschlussstellen an die
Autobahn A5.
• Stadtstraße Gelb markiert: innerstädtische Straßen mit verdich-
teter Verkehrserfassung und „ITS Roadside Station“-Ausstattung.
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Um die Fahrzeuge mit dieser „kommunikati-
ven Intelligenz“ auszustatten, haben sich der
Großteil der deutschen Fahrzeughersteller,
Entwickler von Zubehör, Kommunikations-
unternehmen sowie Forschungsinstitutionen
und Hochschulen zusammengeschlossen,
um unter der Koordination von Daimler die
Zukunftsfähigkeit und Machbarkeit dieser
Idee zu belegen. Der „Melting Pot“ der au-
tomobilen Innovationsschmieden ist das ak-
tuell laufende Projekt „Sichere Intelligente
Mobilität – Testfeld Deutschland“, kurz simTD.
Neben Daimler wollen auch Audi, BMW, Ford,
Opel, Volkswagen, Bosch, Continental, die
Deutsche Telekom, die Fraunhofer-Gesell-
schaft zur Förderung der angewandten For-
schung, das Deutsche Forschungszentrum
für Künstliche Intelligenz, die TUs Berlin und
München, die Hochschule für Technik und
Wirtschaft des Saarlandes sowie die Uni-
versität Würzburg ihre Visionen künftiger
Fahrzeuge umsetzen. Diese Arbeit wurde
im Rahmen des Projektes simTD durch die
Bundesministerien für Wirtschaft und Tech-
nologie (BMWi) und Bildung und Forschung
(BMBF) gefördert und durch das Bundesmi-
nisterium für Verkehr, Bau und Stadtentwick-
lung (BMVBS) unterstützt. Das Land Hessen
bietet die Heimat für das Versuchsgebiet des
simTD-Projekts und ist mit der Stadt Frankfurt
am Main und mit dem Hessischen Landes-
amt für Straßen- und Verkehrswesen auch
Konsortiumspartner. Das Projekt orientiert
sich dabei eng an den Konzepten des Car-
to-Car Communication Consortium, in dem
sich die europäische Automobilindustrie zu-
sammengefunden hat, um die Car-to-X-Kom-
munikation voranzutreiben.
Ab Mitte 2011 wird verkehrstechnisches
Neuland betreten und die grundsätzliche
Funktionsfähigkeit der Car-to-X-Technologie auf
einem großen Testfeld unter Beweis gestellt. Auf
einem Areal rund um die Finanzmetropole Frank-
furt am Main, das mit rund 300 Quadratkilometern
etwa der Größe der Republik Malta entspricht,
wird eine Testfl otte aus rund 400 Fahrzeugen die
Zukunft automobiler Kommunikation auf Autobah-
nen, Land- und Stadtstraßen prüfen. Dabei soll
unter anderem der Austausch von Informationen
etwa zu aktuellen Gefahrenpunkten wie beispiels-
weise einem liegen gebliebenen Fahrzeug getes-
tet werden. „Selbst, wenn Funktionen wie diese
in einigen Jahren Marktreife erlangt haben, sind
die Möglichkeiten dieser Kommunikationstech-
nik längst nicht ausgeschöpft“, ist Ralf Guido
Herrtwich überzeugt. Im Gegenteil: „Ich erwarte
von simTD, dass nicht nur die Umsetzbarkeit der
geplanten Funktionen überprüft und nachgewie-
sen wird, sondern wir im Rahmen unserer lau-
fenden Arbeit weitere Ideen entwickeln werden.“
simTD werde damit das Leitprojekt für weitere
Versuchsreihen rund um den Globus.
Dazu gehört vor allem eine weitere Verbes-
serung der Sicherheit: Die Daimler-Ingenieure
orientieren sich dabei an der Vier-Säulen-Philo-
sophie der integralen Sicherheit des Konzerns,
bei dem mit Innovationen zu den Aspekten
„Vorbeugen“ und „Reagieren“ ein Maximum
an aktiver Sicherheit und mit Innovationen zu
den Aspekten „Schützen“ und „Retten“ ein
Maximum an passiver Sicherheit gewährleis-
tet werden soll. „Unser Ziel ist das Erreichen
der ‚Vision Zero‘, so, wie sie von der Europäi-
schen Kommission formuliert wurde“, erklärt
Herrtwich. simTD solle wesentlich dazu bei-
tragen, die Zahl der Unfallopfer auf nahezu
null zu reduzieren.
Ein einfaches Beispiel für den Vorsprung
an Sicherheit, den ein selbstständig kommu-
nizierendes Fahrzeug haben wird, ist seine
// Für die Akzeptanz des Systems ist es von entscheidender Bedeutung; dass die Privatsphäre der Fahrer geschützt bleibt. //Christian WEISS
Group Research und Advanced Engineering bei Daimler
74
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DIALOG
Welche Bedeutung hat das Projekt simTD für die weitere Entwicklung von Fahrzeugen? Mit simTD gehen wir einen dritten entscheidenden Schritt,
um die „Sinne“ des Fahrzeugs effektiv zu erweitern.
Zunächst hatten wir anhand von Fahrzeugstatus und
Fahrerreaktion dem Fahrzeug das Fühlen beigebracht
(PRE-SAFE®). Als Nächstes hat das Fahrzeug mithilfe von
Radarsensoren und Kameras gelernt zu „sehen“. Damit
wurde es möglich Notbremssysteme wie PRE-SAFE®
Brake zu entwickeln. Und nun stehen wir an der Schwel-
le, dem Auto das Kommunizieren beizubringen. Fahrzeu-
ge werden dadurch in die Lage versetzt, in Sekunden-
bruchteilen aktuelle „Beobachtungen“ auszutauschen.
simTD ist für uns der logische nächste Schritt in der
Weiterentwicklung unserer Sicherheitssysteme. Es geht
nicht darum, bestehende Sensoren des Fahrzeugs durch
Kommunikation zu ersetzen, sondern heutige Funktions-
lücken zu schließen.
Car-to-X-Kommunikation wird in Zukunft welt-weit zum Standard gehören. Warum beschränkt sich das Konsortium auf die Region bei Frankfurt?Frankfurt ist ein Kulminationspunkt, an dem eine Vielzahl
europäischer Forschungsprojekte zusammengeführt und
in der Praxis getestet werden. Die Ergebnisse werden
eine Vielzahl geplanter Folgeprojekte in Europa, den USA
und in Asien beeinfl ussen, an denen Daimler direkt oder
indirekt beteiligt sein wird.
Ein Teil der Funktionen, die sich aus Car-to-X er-geben, wird sich zunächst an einer weiteren Verbes-serung der Sicherheit von Fahrzeugen orientieren. Daimler hat im Bereich von Sicherheitsinnovationen
bereits in der Vergangenheit eine Vorreiterrolle über-
nommen. simTD ist für uns auch deshalb so wichtig, weil
es eine entscheidende Grundlage dafür bietet, diese
Tradition weiterhin erfolgreich fortzusetzen.
// Die Möglichkeiten dieser Kommunikationstechnik sind selbst bei Erlangen der Marktreife längst nicht ausgeschöpft. //Ralf Guido HERRTWICH
Leiter der Fahrerassistenz- und Fahrwerkssysteme bei
der Daimler-Forschung
Ralf Guido HERRTWICH
Leiter der Fahrerassistenz- und
Fahrwerkssysteme bei der Daimler-
Forschung
Möglichkeit, „um die Kurve sehen“ zu können: Denn in der
Zukunft soll es sich auch an den Informationen voraus-
fahrender Verkehrsteilnehmer orientieren, von denen die
Stelle hinter der Kurve bereits passiert wurde. Wird bei-
spielsweise ein auf der Straße liegen gebliebenes Fahr-
zeug registriert, erscheint bereits mehrere 100 Meter,
bevor ein nachfolgender Wagen diese Stelle passieren
wird, in dessen Display zunächst der Hinweis „Warnung!
Pannenfahrzeug“. Reagiert der Fahrer nicht, wird der
Hinweis durch Blinken und später zusätzlich durch
akustische Signale verstärkt, während die Information
parallel dazu auch an nachfolgende Fahrzeuge weiter-
gegeben wird. Der Daimler-Philosophie folgend würde
das System allerdings nur eingreifen, wenn das Fahr-
zeug zugleich mit anderen Sensoren erkennt, dass ein
Unfall unvermeidbar ist und der Fahrer in dieser Situa-
tion überfordert wäre. Diese Art der Plausibilisierung
ist in der Automobilindustrie für Sicherheitsanwen-
dungen üblich.
Damit Funktionen wie diese sicher und zuver-
lässig arbeiten, müssen die Ingenieure von simTD
bereits vor Beginn des Großversuchs eine Fülle
technischer Fragen beantworten. Dazu gehört bei-
spielsweise das Problem der Integration der Funk-
technologie in die Steuergeräte der Fahrzeuge und
der bestmöglichen Platzierung der Funkantennen.
Vor allem aber die schnelle Übertragung der Da-
ten zwischen den Fahrzeugen sowie der Ver-
kehrszentrale muss gewährleistet sein. Und: Ein
„temporarily not available“ wegen Überlastung
der Netze darf es nicht geben. Sicherstellen
soll dies unter anderem ein Verfahren, das bei-
spielsweise im Falle eines Staus einen „Broad-
cast-Sturm“ verhindert, in dem alle Fahrzeuge
dieselbe Information weitergeben. „Es reicht
in der Regel völlig aus, wenn nur ein Bruch-
teil der Fahrzeuge Informationen zuverlässig
weiterreicht“, betont simTD-Projektleiter Chris-
tian Weiß vom Bereich Group Research und
Advanced Engineering bei Daimler. Zudem
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müsse die Sicherheit der Daten gesichert sein. Daher wird
mit simTD der Ansatz einer integrierten Sicherheitsarchitek-
tur für die Car-to-X-Kommunikation verfolgt. Ziel es ist, die
Sicherheit sowie die Vertraulichkeit der übertragenen Daten
zu gewährleisten. „Für die Akzeptanz des Systems ist es
von entscheidender Bedeutung, dass die Privatsphäre der
Fahrer geschützt bleibt“, erklärt Weiß. Um dies zu errei-
chen, wechselt das Fahrzeug unter anderem regelmäßig
sein Pseudonym.
Im Projekt simTD arbeiten die Ingenieure derzeit an
einer Liste mit über 20 Funktionen, die repräsentativ
für ein künftiges Car-to-X-System sind, neben der „lo-
kalen Gefahrenwarnung“ mit Hindernis-, Stauende-,
Wetter- oder Einsatzfahrzeugwarnung beispielsweise
auch am generellen „Erfassen der Verkehrslage“, einer
optimierten „Verkehrsfl usssteuerung“ oder neuartigen
Assistenzsystemen, etwa um nicht nur Ampelphasen,
sondern auch die „Botschaften“ digitaler Verkehrs-
schilder frühzeitig zu erkennen oder vor Querverkehr
zu warnen. Um beispielsweise den Verkehrsfl uss auf
Land- und Stadtstraßen weiter zu optimieren, wer-
den die Fahrzeuge auch mit Ampeln einen „guten
Kontakt pfl egen“. So weiß das Fahrzeug, wann die
nächste Ampel von Rot auf Grün (oder umgekehrt)
umstellt. Rechtzeitig vor dem Erreichen der Signal-
anlage erscheint deshalb im Display ein kleines
Ampelsymbol. Anhand der übermittelten Daten
zur Phasenumstellung, der aktuellen Geschwin-
digkeit und der über Car-to-Car-Kommunikation
erfassten Verkehrssituation errechnet der Bord-
computer, welche Signalfarbe bei Ankunft zu er-
warten ist, und stellt auch das Symbol auf Rot,
Gelb oder Grün. Selbstverständlich kann man
daraus auch Hinweise für den Fahrer generie-
ren, mit welcher Geschwindigkeit er ein opti-
males Vorankommen erreicht, zum Beispiel in
Form einer grünen Welle.
HYPERLINK
Weitere Informationen zu diesem Beitrag :
daimler-technicity.com/simtd
unter anderem mit folgenden Features:
• INTERVIEW Ilja RADUSCH, Leiter des Bereichs „Automotive
Services and Communication Technologies“ am Fraunhofer-
Institut in Berlin, über intelligente Car-to-X-Kommunikation.
• VIDEO So werden die simTD-Situationen am Rechner
simuliert.
• HINTERGRUND Die Etablierung eines einheitliches Funk-
standards war eine der größten technischen Heraus-
forderungen bei simTD.
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simTD-VERSUCHSZENTRALE
ITS Vehicle
Station
Car-to-Car-
Kommunikation
ITS Vehicle
Station
Car-to-Infrastructure-
Kommunikation
ITS Roadside
Station
Verkehrszentrale Hessen (VZH) Integrierte Gesamtverkehrsleitzentrale Stadt Frankfurt am Main (IGLZ)
Landesmeldestelle Polizei Serviceprovider
simTD-Versuchszentrale
Obser-
vations-
daten
Umfeld-
daten
Verkehrs-
daten
Lichtsignal-
anlage (LSA)
Wechselverkehrs-
zeichen (WVZ)
Traffi c Message
Channel (TMC)
GEFAHRENWARNUNG Ein Fahrzeug, das
eine Gefahrenstelle auf der Fahrbahn „erkannt“ hat,
gibt die Information an zahlreiche Verkehrsteilnehmer
im Umfeld weiter – auch um die Straßenecke.
Parallel zu den Arbeiten am Testge-
lände wird als Datenverarbeitungs-,
Steuerungs- und Datenspeiche-
rungssystem die simTD-Versuchs-
zentrale eingerichtet.
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FOTOGRAFIE
Joel Micah MILLER
Von der Idee zum AutoDAS NEUE A-KLASSE-KONZEPT, Was unter dem Namen „Concept A-Class“
von Daimler entwickelt wurde, ist der Beginn einer neuen Ära der Automobil-
architektur, in der Charakteristika von A- und B-Klasse vereint sind.
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Jahre Innovation
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SEIT 125 JAHREN werden aus Ideen automobile Anwendungen. Und diese Ideen kommen von Menschen, die ihre Leidenschaft und
ihr Know-how jeden Tag aufs Neue in zuverlässige, komfortable und sichere Produkte übersetzen: Produkte wie das neue Mercedes-Benz
Concept A-Class, das im Frühjahr 2011 auf der Auto-Shanghai-Messe erstmals der Weltöffenlichkeit vorgestellt wurde.
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DAS AUFBAUTEAM (von links nach rechts): Udo PREUSS, Engineering Interieur • Alexander BORGHAMMER, Aufbauverantwortlicher Concept
A-Class • Andreas FRANK, Entwurf • Peter LEHMANN, Abteilungsleiter Engineering und Realisierung Gesamtfahrzeuge • Jens VELTE,
Bedienkonzept (Schalter) • Volker MEYER, Teamleiter Messefahrzeuge • Dieter MAIER, Aufbauverantwortlicher Werkstatt und Elektriker.
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DAS CONCEPT A-CLASS bietet eine Hightechschnittstelle mit dem Internet und folgenden Online-Features im Fahrzeug: 7-Zoll-Farbdisplay,
Bedienung über COMAND Controller • Funktionen aus dem iPhone sind in die Headunit integriert • über Softwareapplikationen (Apps) auf
dem Display visualisiert und über den COMAND Controller bedienbar • das iPhone kann in ein Einschubfach in der Mittelkonsole eingesteckt
werden und synchronisiert sich automatisch mit der Headunit.
TECHNISCHE HIGHLIGHTS 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe • radargestützte Kollisionswarnung mit adaptivem Bremsassistenten
• LED-High-Performance-Scheinwerfer • Intelligent Light System.
Länge: 4.280 mm • Breite: 1.780 mm • Höhe: 1.430 mm • Kofferraumvolumen: 350 Liter • Radstand: 2.700 mm
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ARMATUREN Instrumententafel und Mittelkonsole:
komplexe Struktur aus gebürstetem Aluminium.
MATERIAL Einsatz von metallisiertem Leder
(Semianilin mit metallischen Pigmenten).
FARBIGKEIT Titan- und Silbertöne im Innenraum,
mit Beige plus Akzentfarbe Rot kombiniert.
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„Von den Besten lernen“ lautet
das Motto der Initiative „European
Green Capital“: Die Städte Europas,
die attraktives urbanes Leben mit
Nachhaltigkeit und grüner Mobilität
vereinbaren, sollen zu Vorbildern
werden. Seit 2010 zeichnet die
EU-Kommission deshalb im Rhythmus
von zwei Jahren jeweils zwei euro-
päische Städte als „Green Capital“
aus – jede Siegerstadt trägt den
renommierten Titel für ein Jahr.
TEXT
Susanne SCHÄFER
FOTOGRAFIE
Roderick AICHINGER
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Stockholm 2010
Hamburg 2011
Nantes 2013
Vitoria-Gasteiz 2012
Freiburg
Nürnberg
Münster
Barcelona
Malmö
Kopenhagen
Bristol
Reykjavík
Amsterdam
Oslo
EUROPAS UMWELTHAUPTSTÄDTE
Unter den zahlreichen Bewerbungen beim
European Green Capital Award haben
14 Städte von Reykjavík im Norden bis
Barcelona im Süden den Zuschlag der
Jury erhalten.
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Green Capitals – eine globale Aufgabe „Wir versuchen, die Wirtschaft auf ein kluges, nach-haltiges und integrierendes Wachstum zu bauen
und die begrenzten Ressourcen des Planeten effi zienter einzusetzen“, sagt Janez Poto nik, EU-Kommissar für Umwelt. Dabei sei es entscheidend, die Probleme zu lösen, die durch Urbanisierungsprozesse entstehen, undzugleich die Chancen und Potenziale dieser Entwick-lung zu verwirklichen. Einige Städte in Europa haben diese enormen Herausforderungen nach Ansicht der EU gemeistert: Die Finalisten für den Green Capital Award in den Jahren 2010 und 2011 waren Amsterdam, Bristol, Kopenhagen, Freiburg, Hamburg, Münster, Oslo und Stockholm. Insgesamt hatten sich 35 Städte aus ganz Europa um den Titel beworben. Schwedens Hauptstadt Stockholm gewann im Jahr 2010, Hamburg trägt derzeit den schillernden Titel der „Umwelthauptstadt Europas“.
Auch die Gewinner der darauffolgenden Jahre stehen schon fest: 2012 wird die spanische Stadt Vitoria-Gasteiz den Titel tragen, im Jahr 2013 das französische Nantes. In die engere Auswahl schafften es außerdem Barcelona, Malmö, Nürnberg und Reykjavík. „All diese Städte haben etwas gemeinsam – ein gutes Gleichgewicht zwischen Transportsystemen, Landnutzung und der geplanten Nutzung offener Fläch -en“, sagt Poto nik. Alle Finalisten zeichnen sich da-durch aus, dass sie „in Bezug auf umweltfreundliches urbanes Leben wegweisend sind und andere Städte im Bereich nachhaltiger städtischer Entwicklung in-spirieren können“. Insbesondere in Bezug auf grüne Mobilität überzeu-gen die Städte Nantes, Barcelona und Hamburg. Ihnen allen gelingt es, immer mehr Einwohner für öffentliche Verkehrsmittel zu begeistern. Die Vergabe der Green Capital Awards in Europa reiht sich in einen globalen Trend ein, große und kleine Städte für herausragende Aktivitäten in den Bereichen Nachhaltigkeit und Umweltschutz zu belohnen. Vom Sustainable Cities Award der Financial Times über die Australian Sustainable Cities Awards bis zu den Globe Awards, die weltweite Stadtentwicklungen im Blick be-halten, setzen die Jurys auf ein umfassendes Spektrum nachhaltigkeitsrelevanter Faktoren.
GREEN CAPITAL – BEWERTUNGSKRITERIEN
Die Gewinner- und Finalistenstädte des European Green Capital
Award haben Vorbildcharakter in einem oder mehreren der
folgenden zehn Bereiche:
• Maßnahmen gegen den globalen Klimawandel • Lokale Mobilität
und Personennahverkehr • Lokale öffentliche Plätze • Luftqualität
• Lärmbelastung • Abfallproduktion und Abfallmanagement •
Wasserverbrauch • Abwassermanagement • Umweltmanagement
durch die Stadtverwaltung • Nachhaltige Landnutzung
Unterwegs in Hamburg – Umwelthauptstadt 2011 HafenCity, am Elbufer, 06:30 Uhr morgens. Ein Stadtteil erwacht. Viele der ersten Hamburger, die schon in der HafenCity wohnen, bewegen sich zu Fuß in Richtung Innenstadt. Nach ein paar Schrit-ten hören sie eine Mischung aus dem Gesang eines Tenors, einem Violinkonzert und den metallischen Klängen eines Experimental-Orchesters. Die Musik dringt aus Hörmuscheln, die rund um ei-nen Container angebracht sind – der Pavillon gibt Passanten einen Vorgeschmack darauf, was sie in der Elbphilharmonie, dem neuen Konzerthaus der HafenCity, erleben werden. Von hier aus haben die HafenCity-Bewohner einen Panoramablick auf den Sandtorhafen mit den Segeljachten und Barkassen, die dort liegen. Zahlreiche Brücken führen über Wasserarme hinweg ins Stadtzentrum. Die innovativ gestaltete HafenCity in Hamburg zeigt schon heute, wie die Metropolen der Zukunft aussehen werden: Gebäude, Lebensräume, Straßen, Rad- und Fußwege ergänzen einander, urba-nes Leben und umweltbewusste Fortbewegung sind der Pulsschlag des neuen Stadtteils. Fußgängern stehen hier zweieinhalb mal mehr Wegkilometer zur Verfügung als dem motorisierten Verkehr. Mobi-lität konzentriert sich auf den öffentlichen Nahverkehr mit Bussen und der U-Bahn, deren Netz nach wie vor ausgebaut und erweitert wird. Im Lauf des Jahres werden zudem in der HafenCity erste hoch-moderne Brennstoffzellenbusse eingesetzt. Zugleich entsteht dort die größte Wasserstofftankstelle Europas. Ab Mitte 2011 tanken dort die Mercedes-Benz Citaro Brennstoffzellenbusse und bis 2013 soll die volle Kapazität der Station – mit der Versorgung von 20 Linien -bussen täglich – erreicht sein. Die Tankstelle ist Teil der Clean Energy Partnership (CEP), einer Initiative, an der auch Daimler und die Hamburger Hochbahn AG beteiligt sind und die das Ziel verfolgt, eine fl ächendeckende Wasserstoffi nfrastruktur zwischen Hamburg und Berlin zu errichten. Die HafenCity ist längst nicht das einzige Projekt, mit dem Hamburg nachhaltiger werden soll. Auch für andere Stadtviertel hat die Stadt einen ehrgeizigen „Masterplan“ entwickelt: Bis zum Jahr 2020 soll der CO2-Ausstoß der Elbmetropole um 40 Prozent gegen-über dem Wert von 1990 (rund 20 Millionen Tonnen) gesenkt wer-den, bis 2050 sogar um 80 Prozent. Um dieses Ziel zu erreichen, sol-len unter anderem Altbauten saniert und der öffentliche Nahverkehr ausgebaut werden, insbesondere die Stadtbahn. Zum Hintergrund: 2008 entfi elen circa 46 Prozent der CO2-Emissionen in Hamburg auf Haushalte und kleine Gewerbe, 30 Prozent auf die Industrie und 24 Prozent auf den Verkehr. Darüber hinaus ist eine Erweiterung des Angebots an öffent-lichen Leihrädern geplant, außerdem will die Stadt die Velorouten erweitern, um Anreize fürs Radfahren zu schaffen. In der Diskus-sion sind außerdem eine Citymaut für Autofahrer in der Innenstadt, wie sie bereits in London eingeführt wurde, und eine Umweltzone. Zugang hätten die Fahrer nur mit Umweltplaketten, wie bereits in Berlin oder London üblich. Schon jetzt ist die Stadt Hamburg auf einem guten Weg: Von 1990 bis 2008 sind die CO2-Emissionen um 16,4 Prozent auf 17,3 Millionen Tonnen gesunken, wie die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt im November 2010 bekannt gab.Für die Vorreiterrolle in den Bereichen grüne Mobilität, Energiever-sorgung und Stadtplanung hat Hamburg nun von der Europäischen Kommission den Titel Green Capital 2011 verliehen bekommen. „Europäische Städte stehen vor ähnlichen Herausforderungen und
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HYPERLINK
Weitere Informationen zu diesem Beitrag:
daimler-technicity.com/greencapital
unter anderem mit folgenden Features:
• INTERVIEW
(1) Günter ELSTE, Vorstandsvorsitzender Hamburger Hochbahn AG.
(2) Eric CHEVALIER, Leiter Verkehr und Transportwesen, Nantes.
(3) Dídac PESTAÑA RODRÍGUEZ, Vizepräsident TMB Barcelona.
• VIDEO Die Finalisten des European Green Capital Award.
• HINTERGRUND Grüne Vorbilder: der European Green Capital Award.
können voneinander lernen. Hamburg wird als Umwelthauptstadt Europas 2011 den Austausch zwischen den europäischen Städten fördern“, sagt Hamburgs ehemalige Umweltsenatorin Anja Hajduk. „Hamburg steht als wichtiger Industriestandort und drittgrößter Hafen in Europa vor besonderen Herausforderungen im Umwelt-schutz. Wir haben die Chance und die Pfl icht, Ökologie und Ökono-mie konsequent miteinander zu verzahnen.“ Um die weitreichenden Ziele in den Bereichen Stadtplanung und vor allem Mobilität zu erreichen, braucht Hamburg Konzepte. Diese gehen nicht nur von der Stadtverwaltung selbst aus, sondern auch von Bürgern und privaten Stadtplanern.
Ottensen, Hamburger Westen, 11:00 Uhr. Auch an einem Diens-tag ist in Ottensen, einem Stadtteil westlich der HafenCity, um diese Zeit viel los. Freiberufl er und Studenten sitzen mit Note-books in Cafés, lassen sich bei einem der vielen Friseure die Haare
schneiden oder kaufen beim türkischen Gemüsehändler ein. Mone Böcker ist aus berufl ichem Interesse in Ottensen, sie steht an der Bahrenfelder Straße und sagt: „Die Gehwege sind viel zu schmal, Autos parken alles zu, und Radfahrer kommen auch kaum durch. Straßen wie diese werden ihrer Aufenthaltsfunktion nicht gerecht.“ Die Volkswirtin ist geschäftsführende Gesellschafterin bei “raum + prozess – kooperative planung und stadtentwicklung“ und setzt sich für eine Straßenraumgestaltung nach dem Shared-Space-Prinzip ein. Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger sollen einander auf Gemeinschaftsstraßen gleichberechtigt begegnen. Der Stadt-raum wird vielseitiger nutzbar und attraktiver gestaltet.
U-Bahnhof Wandsbek Markt im Osten Hamburgs, 14:00 Uhr. Fahrgäste der Linie 9 steigen in den Bus ein. Anwohner und Fußgän-ger bekommen vom kurzen Stopp akustisch kaum etwas mit, denn die Elektromotoren beschleunigen den Bus fast lautlos. Die Ham-burger Hochbahn hat zwei Mercedes-Benz Citaro G BlueTec Hybrid angeschafft und setzt sie derzeit probeweise im normalen Linienver-kehr ein. Bei dem Fahrzeug handelt es sich um den bislang einzigen Hybridbus, der streckenweise rein elektrisch ohne Dieselmotor fahren kann. Der Strom wird beim Bremsen gewonnen und kann bei Bedarf auch über einen Generator erzeugt werden, der durch den Dieselmotor angetrieben wird. Die Diesel-Hybridbusse machen eine weitere Strategie der Stadt Hamburg sichtbar: Elektromobilität zu stärken. Auch auf die-sem Weg will sie CO2-Emissionen reduzieren. Zusätzlich startet die Hamburger Hochbahn AG im Lauf des Jahres 2011 eine Probephase mit neuen Mercedes-Benz Citaro FuelCELL-Hybrid-Bussen. Von 2003 bis 2010 waren schon Brennstoffzellenbusse von Daimler er-folgreich im Einsatz – weitaus länger, als ursprünglich geplant. Nun nimmt die nächste Generation den Betrieb auf: Der neue Brennstoffzellen-Hybridbus ist absolut umweltverträglich. Er fährt ohne Schadstoffemissionen und nahezu geräuschlos. So eignet sich der Mercedes-Benz Citaro FuelCELL-Hybrid optimal für belas-tete Metropolen. Von etwa 30 Fahrzeugen, die Daimler Buses für europäische Verkehrsbetriebe aufbauen wird, gehen zehn an die
Hamburger Hochbahn AG. Zusätzlich erhält die Verkehrsgesell-schaft ab diesem Jahr 20 Mercedes-Benz B-Klasse F-CELL, die ebenfalls mit Brennstoffzellenantrieb ausgerüstet sind. All diese Ansätze bringen Hamburg dem Ziel, Emissionen zu reduzieren, die Stadt nachhaltiger zu gestalten und die Lebensqualität noch weiter zu erhöhen, ein großes Stück näher. Ihrem Titel als Green Capital 2011 wird die Stadt also durchaus gerecht – zumal eine weitere Revolution des Stadtverkehrs bevorsteht: Seit Frühjahr 2011 kön-nen Hamburger immer und überall einfach ins Auto steigen, losfah-ren und kostenlos parken: car2go startete in Zusammenarbeit mit dem Mietfahrzeugunternehmen Europcar. Das Mobilitätskonzept von Daimler hat in der Hansestadt mit zunächst 300 smart fortwo den Betrieb aufgenommen. Eingesetzt werden die mit Solardach ausgestatteten Zweisitzer der smart car2go edition. Das innovative Konzept von Daimler hat sich in zwei Städten schon bewährt: seit Oktober 2008 in Ulm und seit November 2009 in der texanischen
Hauptstadt Austin. „Mit car2go in Hamburg erweitern wir unser An-gebot um ein zukunftsweisendes Element“, sagt Philippe Guillemot, CEO von Europcar International Group. „Wir bieten seit Jahrzehnten individuelle Mobilitätslösungen und haben Veränderungen im Mo-bilitätsverhalten immer früh vorausgeahnt. Zusammen mit Daimler schaffen wir jetzt Lösungen für zukünftige Verkehrsbedürfnisse in Städten und erschließen damit neue Zielgruppen.“
Schanzenviertel, nördlich der HafenCity, 20:00 Uhr. Eine junge Architektin, die selbst keinen eigenen Pkw besitzt, beschließt nach dem Arbeitsessen spontan, mit dem Auto nach Hause zu fahren – car2go macht es möglich. Die Frau kann nun per Handy, Smart-phone oder Internet Fahrzeuge in der Nähe fi nden und zu günstigen Minutenpreisen buchen, ohne Vertragsbindung, ohne Grundgebühr und ohne Mindestmietdauer. Die Gebühr wird über eine Telematik-Einheit im Fahrzeug abgebucht. Am Ziel stellt sie das Auto einfach ab und muss sich um nichts weiter kümmern – kein Tanken, keine Inspektion, keine Verpfl ichtungen. Mit car2go, neuen Velorouten und Fußgängerzonen, der umweltfreundlichen Fahrzeugfl otte von Daimler und einem intelligenten ÖPNV-Netz bewegt sich Hamburg in eine grüne Zukunft – auch wenn der Green Capital Award der EU dann längst in eine andere europäische Stadt gewandert ist.
„Ein gutes Gleichgewicht zwischen Transportsystemen, Landnutzung und der geplanten Nutzung öffentlicher Flächen“ Janez POTO NIK, EU-Kommissar für Umwelt
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Herr Elste, was ist Ihre langfristige Vision für grüne Mobilität in Hamburg?
„Im Jahr 2030 wollen wir im öffentlichen Nahverkehr ganz
auf den Einsatz fossiler Kraftstoffe verzichten.“
Günter ELSTE, Vorstandsvorsitzender der Hamburger Hochbahn AG
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Einwohner: 1,8 Millonen Bevölkerungsdichte: 2.362 Einwohner/km2 Verkehrsmittelwahl: Öffentlich 19 %, Pkw 41 %, Fahrrad/Fußgänger 40 %
BRT-System: Metrobus, seit 2001, 22 Linien Bikesharing-System: StadtRAD, 72 Stationen, ca. 1.100 Räder Parkhäuser: 26 in der Innenstadt
Öffentliche Parkplätze: 10.000 U-Bahn: 189 Millionen Fahrgäste p. a.
Ambitionierte Umweltstrategie: Jedes Jahr kommen in Hamburg 10 Millionen Fahrten in
Bussen und U-Bahnen hinzu. 2015 sollen es 500 Millionen Personenfahrten pro Jahr sein.
Der CO2-Ausstoß soll im selben Zeitraum um 40 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden.
EuropeanGreen Capital
Gewinner2011
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P
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H
H
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UU U
PPP
StadtRAD Hamburg
Das Fahrrad-Leihsystem StadtRAD in Hamburg rüstet seit
Februar 2011 alle 72 Leihstationen mit einer modernen
Funktechnik aus.
• Das Leihsystem wurde 2009 gegründet.
• 75.000 Nutzerinnen und Nutzer nehmen inzwischen teil.
• Im November 2010 wurde die millionste Fahrt gemeldet.
Richtung Flughafen
Am Flughafen Hamburg waren von
2008 bis 2010 zwei Brennstoffzellen-
schlepper im Einsatz. Das Pilotprojekt
wurde 2010 erfolgreich abgeschlossen.
Deckel A7
Die Bauarbeiten für Deutschlands
größten Autobahndeckel beginnen 2011.
Die A7 wird zwischen Othmarschen
und Schnelsen auf rund 3.500 Meter
überdeckelt.
Wasserstoff tankstelle
In der Hamburger HafenCity wird Europas größte Wasser-
stofftankstelle errichtet. Ab Mitte 2011 werden unter
anderem die Mercedes-Benz Citaro FuelCELL-Hybrid der
Hamburger Hochbahn AG hier betankt.
• Zunächst sollen täglich 520 kg Wasserstoff bereitgestellt
werden.
• Eine Bus-Tankfüllung hat eine Reichweite von ca. 450 km.
• Bis 2013 sollen täglich 780 kg Wasserstoff erhältlich sein.
HafenCity
Elbphilharmonie
Science Center
HafenCity Universität
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e e
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Elektrotankstelle
Parkhaus Radfahrstreifen/Schutzstreifen
Gehweg – Radfahrer frei/
gemeinsamer Geh- und Radweg
Elbradweg
Selbstständiger Geh- und Radweg
Straßenbegleitender Radweg
Radfahrmöglichkeit über Plätze mit
Rampen sowie Promenaden
Mischverkehr auf der FahrbahnU-Bahn-Haltestelle
Bushaltestelle
car2go-Standort
StadtRAD-Standort
hySOLUTIONS
Die hySOLUTIONS GmbH wurde 2005 gegründet und för dert
die Anwendung von Brennstoffzellen und Wasserstoff in
Hamburg. Bis 2011 wurden konkrete Projekte umgesetzt:
• Das europaweite Projekt HyFLEET:CUTE mit sechs
Mercedes-Benz Citaro Brennstoffzellenbussen in
Hamburg.
• Zemships: Das Brennstoffzellenschiff auf der Alster.
• Brennstoffzellenschlepper am Flughafen Hamburg.
Hamburger Hochbahn AG
Die Hamburger Hochbahn AG ist das
zweitgrößte Nahverkehrsunternehmen in
Deutschland:
• 401 Millionen Fahrgäste im Jahr.
• Über eine Million Fahrgäste am Tag .
• 3 U-Bahn-Linien, 114 Bus-Linien.
• Seit 2006 sind Mercedes-Benz Citaro
mit Brennstoffzellenantrieb im Einsatz.
car2go
Im April 2011 startete car2go, das innovative Mobilitäts-
konzept von Daimler, auch in Hamburg. Nach Ulm
ist Hamburg die zweite deutsche Stadt, in der car2go
eingeführt wurde.
• Zunächst stehen 300 Autos zur Verfügung.
• In sechs Europcar-Stationen können sich car2go-
Nutzer registrieren.
• Alle Leih-smarts sind mit Solardach ausgestattet.
raum + prozess
In Zusammenarbeit mit der öffentlichen
Hand plant raum + prozess Strategien
und Projekte für eine nachhaltige Stadt-
entwicklung in Hamburg.
Nachhaltige Mobilität an der Elbe
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Herr Pestaña Rodríguez, wie können Städte wie Barcelona die Attraktivität ihres öff entlichen Nahverkehrs noch weiter erhöhen?
„Für den öffentlichen Nahverkehr sind Komfort, Sicherheit
und Sauberkeit genauso wichtig wie die Geschwindigkeit.“
Dídac PESTAÑA RODRÍGUEZ, Vizepräsident Transportes Metropolitanos de Barcelona (TMB)
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Einwohner: 1,6 Millonen (+3,6 %, 2000–2008) Bevölkerungsdichte: 15.970 Einwohner/km2 Verkehrsmittelwahl: Öffentlich 32 %, Pkw 15 %,
Fahrrad/Fußgänger 52 % BRT-System: Retbus, seit 2011, 3 Linien Bikesharing-System: Bicing, 401 Stationen, ca. 6.000 Räder Parkhäuser: 50
Öffentliche Parkplätze: ca. 54.000 U-Bahn: 405 Millionen Fahrgäste p. a.
Attraktiver Nahverkehr: Barcelona hat die Kapazitäten des städtischen Busverkehrs in den
letzten fünf Jahren um rund 45 Prozent erhöht, die der U-Bahn um 36 Prozent. Ein Drittel der
Einwohner entscheidet sich jeden Tag für öffentliche Verkehrsmittel.
EuropeanGreen Capital
Finalist2012 /2013
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Herr Chevalier, vor welchen Herausforderungen und Chancen stehen mittelgroße Städte wie Nantes heute im Bereich urbaner Mobilität?
„Wir müssen den Bürgern ermöglichen, aus einer Reihe
von Mobilitätslösungen die jeweils beste zu wählen.“
Eric CHEVALIER, Leiter der Abteilung für Verkehr und Transportwesen, Metropolregion Nantes
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Einwohner: 283.000 Bevölkerungsdichte: 4.342 Einwohner/km2 Verkehrsmittelwahl (Metropolregion): Öffentlich 15 %, Pkw 57 %
(-4,6 %, 2002–2008), Fahrrad/Fußgänger 28 % BRT-System: BusWay, seit 2006, eine Linie mit 15 Haltestellen Bikesharing-System: Bicloo,
89 Stationen, ca. 800 Räder Parkhäuser: 13 Öffentliche Parkplätze: ca. 6.000 Fahrten in öffentlichen Bussen: ca. 30 Millionen p. a.
Innovative Verkehrslösungen: Durch die Entwicklung eines nachhaltigen öffentlichen
Transportsystems – darunter ein neues „Bus Rapid Transit“-System – ist es Nantes gelungen,
den innerstädtischen Autoverkehr um rund die Hälfte zu reduzieren.
EuropeanGreen Capital
Gewinner2013
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FEATURES Hintergrundinformationen, Videos, Bildstrecken und vieles mehr
zu den Themen dieser Ausgabe fi nden Sie auf:
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DIGITALE NETZWERKE
ALWAYS ON Wie die vernetzte Welt bislang ungeahnte Möglichkeiten für Mensch, Technologie und Gesellschaft
eröffnet und welche Herausforderungen damit verbunden sind. daimler-technicity.com/alwayson
DIGITAL
STADTENTWICKLUNG
GREEN CAPITAL Wie Städte zu Vorbildern
nachhaltiger Stadtentwicklung und grüner
Mobilität werden.
daimler-technicity.com/greencapital
HIGHTECHKOMMUNIKATION SICHERHEITSSTRATEGIE
TOP FIT Wie der volle Leistungsabruf von Ausdauerprofi s mit dem
Einsatz innovativer Technologien unterstützt werden kann.
daimler-technicity.com/topfi ttruck
FAHRSIMULATOR Wie Testfahrer im Simulator
neue Fahrzeugtechnologien in virtuelle Extrem-
situationen bringen.
daimler-technicity.com/fahrsimulator
THE SAFETY CONNECTION Wie kommunizie-
rende Fahrzeuge die Sicherheit aller Verkehrs-
teilnehmer verbessern.
daimler-technicity.com/simtd
KONDITIONSFORSCHUNG
CHALLENGE
VON DER IDEE ZUM AUTO Wie ein revolutionäres Fahrzeugkonzept zum Leben
erweckt wird. daimler-technicity.com/concepta
AUTO VON MORGEN
CONCEPT CAR96 T
96_97_110406_T_Digital_RZ_D_JS.indd 9696_97_110406_T_Digital_RZ_D_JS.indd 96 08.04.11 15:3908.04.11 15:39
IMPRESSUM UND KONTAKT
HERAUSGEBERDaimler AG, Communications, Stuttgart, Deutschland
Verantwortlich für den Herausgeber: Mirjam Bendak
Objektleitung DAIMLER TECHNICITY: Matthias Steybe
Onlinepräsenz DAIMLER-TECHNICITY.COM: Maximilian Schmitz
Marketing und Leserdialog: Sandra Wagner
Internationaler Vertrieb: Uwe Haspel
REDAKTION UND GESTALTUNGKreativ-Direktion: Wolfram Schäffer
Projektmanagement: Susanne Wacker
Redaktionsleitung: Matthias Straub
Onlineredaktion: Kai-Holger Eisele
Redaktion: Miriam Bauer, Anna Gallecker, Evghenia Hamminger, Stefan Häusler,
Anastassia Kudina, Franziska von Stieglitz
Autoren: Rüdiger Abele, Martin Fritz, Nathalie Gillet, Steffan Heuer, Andreas Kunkel,
Martin Schäfer, Susanne Schäfer, Peter Thomas
Lektorat: Joachim P. Straßburger
Art-Direktion: Helmut Kirsten
Gestaltung: Pia Bardesono, Diana Müller, Ioannis Karanasios, Isabel Winter
Fotografen: Roderick Aichinger, Gert Albrecht (Illustration), Martin von den Driesch,
Stefan Hohloch, Sebastian Jud (Illustration), Frank Kaiser, Michael Meyer (Illustration),
Joel Micah Miller, Berthold Steinhilber
HERSTELLUNG UND VERTRIEBRedaktion und Gestaltung: design hoch drei GmbH & Co. KG, Stuttgart, Deutschland
Repro: Dr. Cantz’sche Druckerei GmbH & Co. KG, Ostfildern, Deutschland
Druck: Stark Druck GmbH & Co. KG, Pforzheim, Deutschland
Vertrieb: Zenit Pressevertrieb GmbH, Stuttgart, Deutschland
KONTAKT UND LESERSERVICEZenit Pressevertrieb GmbH, Postfach 81 05 80,
70522 Stuttgart, Deutschland
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Daimler AG, Communications, 70546 Stuttgart, Deutschland
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Fax: +49 711 55037755
E-Mail: marzena.schneider@design-hoch-drei.de
Online: www.design-hoch-drei.de
Mediadaten: www.daimler-technicity.com/mediadaten
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Karl Fjellstrom/transportphoto.net, S. 65 © Nik Wheeler/CORBIS, S. 68 Masdar, S. 68/69 Google
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Hamburger Hochbahn AG
RECHTENachdruck und Verwendung, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher und schriftlicher Geneh-
migung der Daimler AG. Für unverlangt eingesandte Texte und Fotos wird keine Gewähr übernom-
men. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht der Meinung des Herausgebers oder der
Redaktion entsprechen. Informationen über Ausstattungen und Zubehör ohne Gewähr. Verbindliche
Angaben und Preise enthalten die jeweils gültigen offiziellen Verkaufsunterlagen der Daimler AG.
Auch alle anderen Informationen in diesem Heft nach bestem Wissen, aber ohne Gewähr.
TECHNICITY erscheint halbjährlich in den Sprachversionen Deutsch und Englisch.
Nummer 1, 2. Jahrgang 2011
ISSN: 2190-0515
© Daimler AG 2011
DAIMLER-TECHNICITY.COM
Eine Publikation der Daimler AG
Innovationsnews onlineInternationale Trendscouts und Wissenschafts-
journalisten berichten über die neuesten
Entwicklungen in den Bereichen Mobilität,
Technologie und Innovation.
NEWS CHANNEL
ONLINESPECIALS Diese und andere Beiträge fi nden Sie nicht im gedruckten
Magazin, sondern als regelmäßige digitale Updates auf:
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VIDEOTAGEBUCH
F-CELL WORLD DRIVE Wie drei Mercedes-Benz B-Klasse F-CELL die Welt umrun-
den und dabei die Alltagstauglichkeit der Brennstoffzellentechnologie beweisen.
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WEEKLY WEB CHECK
Linktipp der WocheSpannende Bildergalerien, innovative Microsites
und aktuelle Webseiten aus den Bereichen
Wissenschaft, Wirtschaft, Technik und Design.
VIDEOMAGAZIN
ECO-TREK Das wöchentliche Video-
magazin rund um grüne und zukunfts-
orientierte Trends aus aller Welt.
DESIGNSTUDIE
DESIGN-HYBRID 2035 Die Zukunft des Automobils: eine Designstudie von
Mercedes-Benz. daimler-technicity.com/designhybrid
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110429 _T_Projektor_D
PROJEKTOR
Neulich auf der Datenautobahn
Nahezu jede Dienstleistung kann man
schon bald mithilfe eines Onlinedienstes in
Anspruch nehmen. Die gesamte Alltags-
organisation und das soziale Leben lässt
sich mittlerweile über Internetanwendun-
gen wireless steuern und überwachen:
Beruf, Privatleben, Gesundheit, Freizeit,
Mobilität. Selbst Autos lassen sich mittler-
weile per App auf dem Smartphone über
die Straßen lenken.
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T2
TECHNICITY <engl.> die, das; - ies (Abk. T)
1. Eigenname als Zusammensetzung der Begriffe Tech•no•lo’gie
(1) und Ci•ty (2) 2. Magazin, das sich mit der Anwendung von (1)
in urbanem Umfeld und in weltweiten Metropolregionen befasst
3. <engl.> für Tech•ni’zi•tät (3) 4. der technische Charakter einer
In•no•va•ti’on (4)
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IS
SN
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AU
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1 2
011
Eine Publikation der Daimler AG© Stuttgart 2011
TECHNICITYMAGAZIN
FÜR INNOVATION
TECHNOLOGIE MOBILITÄT
AUSGABE
01 2011
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TECHNICITY
MAGAZIN
FÜR
INNOVATION
TECHNOLOGIE
MOBILITÄT KONDITIONSMANAGEMENTWie Extremsportler und Truckfahrer ihren Leistungs-abruf durch innovative Technologien unterstützen.
HÖCHSTLEISTUNGSAGGREGATEWie durch maximale Effi zienzsteigerung höchste Performance bei Motoren erzielt wird.
URBANER WETTBEWERBWie sich EU-Metropolen bei Nachhaltigkeits- und Mobilitätskonzepten weiterentwickeln.
CAR-TO-X-KOMMUNIKATIONWeshalb die Fahrzeugkommunikation die Zukunft der Mobilität entscheidend verändern wird.
Die vernetzte Welt erreicht die individuelle Mobilität –und eröffnet unvorstellbare Möglichkeiten.
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