BIOLOGIE - Stat4U · Biologie 3 2.3 Planung 2.3.1 Definition und Begriffserklärung Die Lunge ist das Atmungsorgan aller Wirbeltiere, die Luft atmen. Sie besteht beim Menschen aus
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Biologie
1
BIOLOGIE
BIOLOGIE
1 Einleitung
Für die Biologie stellt die Statistik eine Hilfswissenschaft dar, deren Bedeutung vor
allem in der Forschung sichtbar wird. Die steigende Bedeutung der Statistik für die
Biologie geht damit einher, dass die Biologie längst nicht mehr bloß als deskriptive
Wissenschaft betrachtet wird, sondern auch die Beziehungen und Vorgänge in den
Systemen der Natur untersucht und darzustellen versucht.
So stellt die Statistik heute ein bedeutendes Werkzeug in vielen Disziplinen, wie etwa
der Evolutionslehre, der Verhaltensforschung, der Ökologie oder der Biotechnologie dar.
Besonders ausgeprägt ist der Einfluss natürlich im Bereich der Biomathematik und
Bioinformatik sowie der Biometrie, bei denen die Statistik eine zentrale Bedeutung
einnimmt.
Für die Schule ist das Zusammenwirken von Biologie und Statistik nicht von so großer
Bedeutung, da die Kernfächer wie Zoologie, Botanik u.ä. eher auf der deskriptiven
Darstellung beruhen und quantitative Aussagen eher selten sind. Trotzdem sind eine
Reihe von interessanten Beispielen zu statistischen Inhalten in der Biologie für die
Schule anwendbar, von denen zwei hier vorgestellt werden sollen.
Biologie
2
2 Lungenvolumen
2.1 Ausgangspunkt
Im Beispiel Lungenvolumen wird nach einer kurzen Einleitung über Aufbau und
Funktionsweise der Lunge die Messung des Lungenvolumens (auch Vitalkapazität
genannt) mit einfachen Hilfsmitteln vorgestellt. Die Ergebnisse werden zunächst in
einigen Diagrammen dargestellt und anschließend mit weiteren Merkmalen verglichen.
Das Beispiel betrifft Inhalte der Fächer Biologie (Aufbau, Funktionsweise und Leistung
der Lunge), Physik (Durchführung der Messung des ausgeatmeten Gasvolumens) sowie
eventuell Sport (Leistungsfähigkeit in Zusammenhang mit Lungenvolumen).
2.2 Ablaufschema
Planung Vorbereitung Definition der Ziele Fragestellungen
Datenerhebung Messen Befragen Beobachten Recherchieren
Darstellung/Analyse Tabellen Diagramme Texte Bearbeiten der Aufgaben
Präsentation Ergebnisse
Messung des Lungenvolumens Evtl. Messung weiterer Merkmale
Darstellung der Ergebnisse in verschiedenen Diagrammen Verdeutlichung von Zusammenhängen durch Streudiagramme und den Vergleich von Kastenschaubildern
Planung von Messung und Darstellung des Lungenvolumens Vorbereiten des Messgeräts Mit welchen anderen Merkmalen könnte das Lungenvolumen zusammenhängen?
Biologie
3
2.3 Planung
2.3.1 Definition und Begriffserklärung
Die Lunge ist das Atmungsorgan aller Wirbeltiere, die Luft atmen.
Sie besteht beim Menschen aus der rechten Lunge und der linken Lunge, wobei die
rechte drei Lappen und die linke zwei Lappen besitzt. Von der Luftröhre führen die
beiden Bronchien in die Lunge, wo sie sich immer mehr verzweigen, bis sie schließlich in
den sehr kleinen Lungenbläschen enden. Die Lungenbläschen sind von Haargefäßen
umgeben, dazwischen findet bei der Atmung der Austausch von Sauerstoff (von der
Lunge ins Blut) und Kohlendioxid (vom Blut in die Lunge) statt.
Abbildung 1
Die Leistungsfähigkeit der Lunge wird mit der sogenannten Spirometrie gemessen. (lat.
Spirare: (be)hauchen)
Im Überblick besteht die Spirometrie aus drei Bestandteilen:
Bestimmung der Vitalkapazität: Darunter versteht man jene Luftmenge, die maximal
ausgeatmet werden kann.
Bestimmung des FEV1: Diese Abkürzung steht für jenes Luftvolumen, das in einer
Sekunde forciert ausgeatmet werden kann.
Biologie
4
Bestimmung der relativen Sekundenkapazität (Tiffeneau-Wert): Für die Bestimmung
dieses Wertes wird FEV1 zur Vitalkapazität in Relation gesetzt.
2.3.2 Bestimmung der Vitalkapazität
Im vorliegenden Beispiel soll nur die Vitalkapazität bestimmt werden. Dazu wird eine
geeignete Messeinrichtung zur Verfügung stehen, zwei einfache Vorschläge werden im
folgenden Abschnitt erläutert.
2.4 Datenerhebung
2.4.1 Variante 1
Die einfachste und billigste Methode besteht in der Verwendung eines Luftballons für
jeden Schüler. Ein möglichst durchsichtiger Eimer wird außen mit einer Skala versehen
und mit etwa 4 Liter Wasser befüllt. Jeder Teilnehmer atmet möglichst tief ein und
bläst so viel Luft wie möglich in seinen Ballon. Anschließend wird der Luftballon
verschlossen und ins Wasser getaucht. Der neue Wasserstand wird notiert und die
Differenz zum alten Wasserstand berechnet. Diese Differenz gibt das Atemvolumen in
Litern an.
Diese Methode hat den Vorteil, dass sie sowohl einfach als auch günstig durchzuführen
ist und jeder Teilnehmer einen eigenen Ballon verwenden kann. Dafür muss man eine
Ungenauigkeit bei der Messung in Kauf nehmen, da der Ballon beim Untertauchen etwas
zusammengedrückt wird.
2.4.2 Variante 2
Das zweite Messgerät besteht aus einer Wanne, die mit Wasser gefüllt wird. In diese
Wanne wird ein ebenfalls mit Wasser gefüllter umgedrehter Eimer platziert. Der
Wasserstand im Eimer wird notiert. Nun bläst jeder Teilnehmer über einen Schlauch so
viel Luft wie möglich in den Eimer. Die Luft verdrängt das Wasser, die Veränderung des
Wasserstandes entspricht dem ausgeatmeten Luftvolumen.
Biologie
5
Diese aufwändigere Messvorrichtung liefert etwas genauere Ergebnisse als die erste
Variante. Der Nachteil besteht darin, dass das Mundstück nach jeder Person gewechselt
werden sollte.
Bei beiden Varianten sind mehrere Messvorgänge pro Teilnehmer unbedingt zu
empfehlen. Im Gegensatz zur ansonsten üblichen Berechnung von Mittelwert oder
Median der Messergebnisse als Schätzung für den wahren Wert sollte hier jedoch
ausnahmsweise das Maximum verwendet werden. Bei der Messung der Vitalkapazität
können Abweichungen nach unten sehr leicht vorkommen, solche nach oben sind aber
kaum zu erzielen.
2.5 Darstellung und Analyse
2.5.1 Darstellung der Vitalkapazität
Aufgrund der metrischen Skalierung des Merkmals Vitalkapazität können die Daten mit
einer Reihe von Maßzahlen sinnvoll beschrieben und mit verschiedenen Diagrammen
dargestellt werden. Für eine ausführliche Diskussion der Möglichkeiten sei auf das
Arbeitsheft DATENANALYSE MIT EXCEL verwiesen.
Beispiel: Tabelle 2 zeigt Beispielsdaten für eine Gruppe von 21 Personen.
Name Vitkap. l Größe cm Name Vitkap. l Größe cm Name Vitkap. l Größe cm
Adam 4,3 160 Heinrich 4,6 169 Otto 5,1 166
Bettina 4,4 164 Inge 5,2 172 Paul 4,9 170
Christian 5,4 179 Josef 4,8 171 Richard 5,2 174
Doris 4 158 Karl 5,3 178 Sylvia 5 169
Emil 4,7 162 Lydia 4,3 168 Thomas 5 171
Friedrich 4,9 173 Martina 3,9 152 Ulrike 4,5 161
Gerda 4,5 154 Nina 4,4 157 Victoria 4,6 166
Tabelle 2
Biologie
6
Vitalkapazität
0,00,51,01,52,02,53,03,54,04,55,05,56,0
Chr
istia
n
Karl
Inge
Ric
hard
Otto
Sylv
ia
Thom
as
Frie
dric
h
Paul
Jose
f
Emil
Hei
nric
h
Ger
da
Ulri
ke
Vict
oria
Betti
na
Nin
a
Adam
Lydi
a
Dor
is
Mar
tina
Name
Vita
lkap
azitä
t in
l
Abbildung 2
Die Daten wurden sortiert und in einem Säulendiagramm zusammengefasst (Abbildung 2).
Anschließend wurden zur kompakten Darstellung einige Maßzahlen berechnet sowie ein
Kastenschaubild gezeichnet (Tabelle 3, Abbildung 3).
Maßzahl Wert
Mittelwert 4,71
Quartil 0 = Minimum 3,90
Quartil 1 4,40
Quartil 2 = Median 4,70
Quartil 3 5,00
Quartil 4 = Maximum 5,40
Spannweite 1,50
Streuung 0,17
Tabelle 3
Vitalkapazität in l
3 3,5 4 4,5 5 5,5 6
Abbildung 3
Schließlich wurde eine Einteilung in vier Klassen vorgenommen und die Häufigkeit in
den einzelnen Klassen in einem Histogramm dargestellt.
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Histogramm
0,000
0,100
0,200
0,300
0,400
0,500
0,600
0,700
2,5 3,5 4,5 5,5 6,5
Klassen
rela
tive
Häu
figke
it/K
lass
enbr
eite
Abbildung 4
2.5.2 Vergleich: Burschen Mädchen
Wenn genug Mädchen und Burschen an der Untersuchung teilnehmen, kann man die
Frage stellen, ob ein geschlechtsspezifischer Unterschied in der Vitalkapazität besteht.
Eine Möglichkeit, eventuelle Unterschiede darzustellen, besteht in der Gegenüber-
stellung zweier nach Geschlechtern getrennter Kastenschaubilder mit gleicher
Skalierung. Abbildung 5 zeigt die beiden Kastenschaubilder für das
Abbildung 5
Musterbeispiel. Anhand dieser
Darstellung scheint ein recht deut-
licher Zusammenhang zwischen der
Vitalkapazität und dem Geschlecht
zu bestehen.
1) Was könnte der Grund für den
Zusammenhang zwischen dem
Geschlecht und der Vital-
kapazität sein?
(Eine Lösung wird im folgenden
Abschnitt gezeigt!)
Biologie
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2.5.3 Vergleich: Größe Vitalkapazität
Neben der Vitalkapazität wurde im Musterbeispiel auch die Körpergröße erhoben und in
Tabelle 2 aufgelistet. In diesem Abschnitt soll die Annahme überprüft werden, dass
größere Menschen im Durchschnitt auch eine größere Lunge und damit eine höhere
Vitalkapazität haben. Der Vergleich dieser beiden Merkmale erfolgt am
übersichtlichsten in einem Streudiagramm.
Streudiagramm: Körpergröße - Lungenvolumen
3,5
3,7
3,9
4,1
4,3
4,5
4,7
4,9
5,1
5,3
5,5
150 155 160 165 170 175 180
Körpergröße in cm
Lung
envo
lum
en in
l
Abbildung 6
Aus Abbildung 6 kann man gut erkennen, dass zwischen der Körpergröße und dem
Lungenvolumen offenbar ein gewisser Zusammenhang besteht. Die größeren Teilnehmer
haben im Durchschnitt auch ein größeres Lungenvolumen.
Regression
Fortgeschrittene können an dieser Stelle die Regressionsgerade berechnen, da man aus dem
gegebenen Streudiagramm vermuten kann, dass zwischen der Körpergröße und dem
Lungenvolumen ein linearer Zusammenhang besteht.
Die Regressionsgerade lautet: Y = -3,23 + 0,048*X
Dieses Ergebnis bedeutet, dass ein um 10cm größerer Mensch im Durchschnitt knapp einen
halben Liter mehr Lungenvolumen haben wird.
Mit der Gegenüberstellung von Körpergröße und Vitalkapazität ist man auch der Lösung
für die Frage aus dem vorigen Abschnitt näher gekommen. Abbildung 7 zeigt dasselbe
Biologie
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Diagramm wie Abbildung 6 mit der Ausnahme, dass die Datenpunkte der Mädchen nun
hell eingefärbt wurden.
Streudiagramm: Körpergröße - Lungenvolumen
3,5
3,7
3,9
4,1
4,3
4,5
4,7
4,9
5,1
5,3
5,5
150 155 160 165 170 175 180
Körpergröße in cm
Lung
envo
lum
en in
l
BurschenMädchen
Abbildung 7
Es stellt sich also heraus, dass die Mädchen des Musterbeispiels im Durchschnitt
wesentlich kleiner sind als die Burschen. Da das Lungenvolumen offenbar von der
Körpergröße abhängt ist es auch nicht überraschend, dass die im Durchschnitt kleineren
Mädchen auch ein im Durchschnitt kleineres Lungenvolumen haben.
Nun könnte man natürlich noch immer fragen, ob Mädchen und Burschen grundsätzlich
ein gleich großes Lungenvolumen haben oder nicht. Um diese Frage zu beantworten,
müsste man entweder mehrere Personen beiderlei Geschlechts zur Untersuchung
heranziehen, die etwa dieselbe Körpergröße aufweisen oder fortgeschrittenere
statistische Analysemethoden anwenden, die gleichzeitig die Faktoren Körpergröße und
Geschlecht vergleichen können.
2.5.4 Vergleich: Sport Vitalkapazität
In Zusammenarbeit mit dem Turnunterricht könnte überprüft werden, ob ein
Zusammenhang zwischen der Vitalkapazität und der Leistungsfähigkeit in einer
Ausdauersportart besteht. Dafür wird das Lungenvolumen z.B. der gelaufenen Zeit über
1.000m gegenübergestellt. Auch für diese Analyse eignet sich ein Streudiagramm sehr
gut, Fortgeschrittene können gegebenenfalls wieder eine Regressionsanalyse
durchführen.
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2.6 Quellen und Links
• Felix Bärlocher: Biostatistik; Georg Thieme Verlag, 1. Aufl; 1999; Stuttgart; ISBN 3-
13-116271-6
• W.Timischl: Biostatistik; Springer Verlag; 2. Aufl; 2000; Wien; ISBN 3-211-83317-X
• www.xipolis.net - Umfangreiche Bibliothek
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3 Rauchen
3.1 Ausgangspunkt
Das Thema Rauchen ist für viele Jugendliche eine sehr interessante Materie, von der sie
persönlich oder zumindest im Freundeskreis betroffen sind. Die Gesellschaft steht dem
Thema Rauchen ja sehr ambivalent gegenüber, einerseits ist es ein wichtiger
Wirtschaftsfaktor und gesellschaftlich mehr oder weniger anerkannt, andererseits sind
verschiedenste Krankheiten oftmals Folgeerscheinungen des Rauchens. Die Meinungs-
bildung fällt gerade Jugendlichen in diesem Zusammenhang nicht leicht. Eine Vielzahl
von Kampagnen hat aber gezeigt, dass Information und Aufklärung noch die besten
Wege zu einer „sinnvollen“ Einstellung gegenüber dem Rauchen darstellen. Das Beispiel
soll eine weitere Gelegenheit bieten, sich im Rahmen des Unterrichts mit dem Thema
auseinander zu setzen und eigene Ergebnisse zu erarbeiten.
3.2 Ablaufschema
Planung Vorbereitung Definition der Ziele Fragestellungen
Datenerhebung Messen Befragen Beobachten Recherchieren
Darstellung/Analyse Tabellen Diagramme Texte Bearbeiten der Aufgaben
Präsentation Ergebnisse
Durchführen von Umfragen (als Teil eines Projektes zum Thema Rauchen)
Recherche von Aspekten zum Thema Rauchen? Wo und auf welche Art könnte man Antworten finden (mittels Recherche, Umfragen, etc.)? Wie kann eine Umfrage angelegt werden?
Auswertung und geeignete Darstellung der Ergebnisse der Recherchen und der Umfragen. Beantwortung der zu Beginn formulierten Fragen.
Präsentation der Ergebnisse in der Klasse.
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3.3 Planung
Um einen Fragebogen gestalten zu können, muss man zunächst geeignete
Fragestellungen formulieren. Meistens erfolgt die Gestaltung eines Fragebogens im
Rahmen eines größeren Projekts, sodass sich die Fragestellungen ohnehin aus den
allgemeineren Projektzielen ergeben. Die Notwendigkeit, sich mit dem betreffenden
Thema auseinander zu setzen, ist dann nicht allein zur Formulierung der Fragen,
sondern aus dem Projekt selbst gegeben.
Im Zusammenhang mit dem Thema Rauchen sind eine Reihe unterschiedlicher Ansätze
denkbar. Einige wichtige Aspekte werden im folgenden aufgelistet.
• Geschichte des Rauchens
o Ursprünge des Rauchens in Amerika
o Entwicklung in Europa
o Tabak als Heilpflanze
o Rauchen: Verbot Statussymbol
• Die Tabakpflanze
o Botanische Einordnung
o Anbau
o Produktion von Zigaretten
• Rauchen als Wirtschaftsfaktor
o Import/Export der Tabakpflanze
o Zigarettenverkauf – wer verdient?
• Rauchen als Sucht
o Beginn des Rauchens
o Rauchgewohnheiten von Jugendlichen
o Einflussfaktoren des Rauchens
o Raucherentwöhnung
o Suchtprävention
• Medizinische Auswirkungen des Rauchens
o Schadstoffe im Zigarettenrauch
o Begünstigte und verursachte Krankheiten
o Schädigung durch Passivrauchen
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Im folgenden Beispiel wird von einem Zeitungsartikel ausgehend der mögliche Aufbau
einer Umfrage diskutiert.
Bei der Diskussion von Aufbau und Inhalten wird nach dem im Arbeitsheft zu Stichproben
und Umfragen vorgestellten Schema vorgegangen. Anhand von Beispielen zum Thema
werden die allgemeinen Inhalte verdeutlicht.
Raucher werden immer jünger!
Bedrückende Ergebnisse liefert eine aktuelle Studie des Instituts für Suchtbehandlung!
Immer mehr Jugendliche greifen auch in Österreich immer früher zur Zigarette! Waren
es 1995 noch 8% der Zwölfjährigen, die angaben, zumindest „gelegentlich“ zu rauchen,
antworteten 1999 bereits 27% der Zweitklassler, „es schon einmal probiert zu haben“.
[...]
Dieser mit einigen Schwächen ausgestattete und zum Glück nur hypothetische
Zeitungsartikel könnte Ausgangspunkt für eine Diskussion und eine anschließende
Umfragegestaltung sein.
Diskussion
In der Diskussion wird zunächst der Zeitungsartikel bewertet. Welche Aussagen werden
hier gemacht? Welche Schwächen in der Argumentation sind vorhanden? Was hätte man
besser machen können?
3.4 Datenerhebung
Gestaltung eines Fragebogens
Definition des Untersuchungszieles
Das grundlegende Untersuchungsziel liegt in unserem Beispiel im Nachvollziehen der
Studie. Es sollen die Rauchgewohnheiten der 12jährigen von 1995 mit den
Rauchgewohnheiten der 12jährigen von 1999 verglichen werden. Da die Aussagen des
Zeitungsartikels keine besonders klaren Aussagen getroffen haben und es keine
Zugriffsmöglichkeiten auf die Originalstudie gibt, sollen eigene Daten gesammelt
werden.
Biologie
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Insbesondere sollte sich die Definition des Untersuchungszieles mit folgenden Fragen
beschäftigen:
• Inhalt der Fragen (siehe Auswahl der zu erhebenden Merkmale)
• Art der Fragen (siehe Messmethoden)
• Wer soll befragt werden? (siehe Definition der Grundgesamtheit)
• Wie soll befragt werden? (siehe Messmethoden)
Definition der Grundgesamtheit
In praktischen Fragestellungen ist es zumeist schwierig, die Grundgesamtheit sauber
abzugrenzen.
Die Eigenschaft „Raucher“ ist dafür ein gutes Beispiel. Es ist nicht eindeutig, wo die
Grenze zwischen „Raucher“ und „Nichtraucher“ gezogen werden soll. Gehört zum
Beispiel jemand, der alle paar Monate eine Zigarette raucht, wirklich zu den
„Rauchern“? Oder gehört jemand, der bis vor drei Tagen Kettenraucher war, jetzt aber
„ganz sicher nie mehr rauchen will“, tatsächlich zu den „Nichtrauchern“?
Zum Glück kann man die Grundgesamtheit in unserem Beispiel zunächst recht einfach
abgrenzen: sie besteht aus allen Österreichern, die 1995 bzw. 1999 zwölf Jahre alt
waren. Auch wenn die Grundgesamtheit hier relativ klar abgegrenzt werden kann, wird
eine sinnvolle Untersuchung unter allen Österreichern kaum mit den zur Verfügung
stehenden Mitteln möglich sein. Aus diesem Grund muss man die Grundgesamtheit wohl
stark einschränken. Diese könnte etwa aus allen Schülern bestehen, die in den Jahren
1995 bzw. 1999 die zweiten Klassen einer bestimmten Schule besucht haben.
Auswahl der zu erhebenden Merkmale
Der Inhalt der Fragen muss mehreren Anforderungen gerecht werden. Einerseits soll das
Ergebnis auf das Untersuchungsziel ausgerichtet sein, also möglichst konkrete, genaue
und aufschlussreiche Antworten bieten. Andererseits müssen die Fragen leicht zu
beantworten sein. Wenn der Befragte das Gefühl hat, den Sinn der Umfrage oder die
Fragen nicht zu verstehen bzw. den Inhalt der Fragen ablehnt, wird seine Bereitschaft
zur Teilnahme an der Umfrage nicht gegeben sein. Wenn man „offizielle“ Befragungen
oder Erhebungen betrachtet, wird man erkennen, wie einfach und klar die Fragen
zumeist gestellt sind. Trotzdem haben viele Menschen selbst dabei große
Schwierigkeiten, die Fragen zu verstehen und richtig zu beantworten. Der Gestalter
eines Fragebogens sollte immer der „Versuchung“ widerstehen, möglichst viele und
komplexe Informationen erhalten zu wollen, da deren Qualität unweigerlich leiden
wird.
Biologie
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Für unser Beispiel bedeutet das die Beschränkung auf die zentralen Fragen:
Geburtsjahr: ___
Mit welchem Alter hast Du Deine erste Zigarette geraucht? ___
Welche Angaben treffen auf Deinen Zigarettenkonsum im Alter von 12 Jahren zu?
o habe damals (noch) nicht geraucht o habe es damals zwar bereits probiert, aber (noch) nicht geraucht o gelegentlich, aber seltener als 1x/Woche o gelegentlich, mehrmals/Woche o täglich
Wie viele Zigaretten hast Du im Alter von 12 Jahren im Durchschnitt pro Woche
geraucht? ____
Messmethoden
Bezüglich der Art der Fragen unterscheidet man zwischen geschlossenen und offenen
Fragen.
Während bei geschlossenen Fragen die Antwortmöglichkeiten vorgegeben sind, kann der
Befragte bei offenen Fragen die Antworten frei formulieren. Nach Möglichkeit sollten
die Fragen immer geschlossen formuliert werden, da die Auswertung in diesem Fall viel
leichter und eindeutiger erfolgen kann.
Unsere oben formulierten Fragen sind ausschließlich geschlossen. Sie erfordern eine
eindeutige Antwort und lassen keinen Formulierungsspielraum zu.
Im allgemeinen kann man feststellen, dass die meisten offenen Fragen im Hinblick auf
das Untersuchungsziel auch geschlossen formuliert werden können. Der Befragte sieht,
welche Kategorien für den Gestalter des Fragebogens von Interesse sind und kann sich
so selbst einordnen. Bei offenen Fragen muss im Rahmen der Auswertung zumeist vom
Auswertenden eine Kategorisierung vorgenommen werden, die möglicherweise nicht im
Sinne des Befragten ist.
Beispiel: Im Zuge der Umfrage soll herausgefunden werden, warum jemand zu Rauchen
begonnen hat. Insbesondere will man wissen, ob das Interesse vorwiegend durch
Gruppenzwang im Freundeskreis, Vorbild von Zuhause oder den Geschmack geweckt
wurde.
Die offene Frage würde lauten: Warum hast Du zu rauchen begonnen?
Die Antwortmöglichkeiten hier sind unbegrenzt und im Nachhinein sicherlich schwer
einzuordnen. „Weil es mir Spaß macht.“ oder „Weil es alle machen.“ kann auf mehrere
Kategorien zutreffen, eine Einordnung im Nachhinein wäre willkürlich.
Wenn man hingegen die Frage geschlossen und im Hinblick auf das Untersuchungsziel
stellt, werden falsche Zuordnungen weitgehend vermieden.
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Aus welchen der folgenden Gründe hast Du zu rauchen begonnen?
o weil viele (alle) meiner Freunde rauchen
o weil zu Hause geraucht wird
o weil es mir schmeckt
o aus keinem der angeführten Gründe
Wie soll befragt werden?
Hier treffen alle Vor- und Nachteile der verschiedenen Befragungstypen zu, die im
Arbeitsheft STICHPROBEN angeführt sind. Grundsätzlich sind aber aufgrund der geringen
Anzahl und der Einfachheit der Fragen alle drei Befragungstypen vorstellbar.
Besonders hingewiesen werden soll hier nochmals auf die Problematik der
Suggestivfragen, die bei allen drei Typen vorkommen kann.
Die Formulierung einer Frage kann bereits einen deutlichen Effekt auf die Antwort
haben.
Beispiel: Die Einstellung der Befragten zur Einführung eines allgemeinen Rauchverbots
in Restaurants soll ermittelt werden.
Neutrale Formulierung:
Was ist Deine Meinung zu einem allgemeinem Rauchverbot in Restaurants?
o finde ich ok
o ist zu streng
Pro-Raucher:
Die Rechte der Raucher werden immer mehr eingeschränkt! Nachdem Sie bereits auf
allen öffentlichen Plätzen und in allen öffentlichen Gebäuden durchaus zu Recht auf
den Glimmstängel verzichten müssen, sollen nun auch alle Restaurantbesitzer dazu
verdammt werden, ihren Gästen das Rauchen verbieten zu müssen. Die Gastwirte sind
verärgert: „Das wird doch wohl jeder für sich entscheiden können.“ meint Günter G.
kopfschüttelnd, „90% meiner Kundschaft sind Raucher, wenn ich ein Rauchverbot
verhängen muss, kommen viele wahrscheinlich gar nicht mehr!“
Sind Sie auch der Meinung, dass man einem Restaurantbesitzer vorschreiben soll, ob
seine Gäste rauchen dürfen oder nicht?
o So ein Blödsinn!!!
o ja
Biologie
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Contra-Raucher:
Auch wenn es einige militante Raucher noch immer nicht wahrhaben wollen: Rauchen
ist extrem gesundheitsschädlich! Nicht einmal auf der Baustelle würde das
Arbeitsinspektorat eine derartige Schadstoffkonzentration zulassen wie in so manchen
„gepflegten Gaststätten“ vorherrscht. Das Essen ist selbst für einen Raucher kein
Genuss mehr, wenn vom Nebentisch dicke Rauchschwaden herüberziehen.
Nichtraucherzonen sind oft nur Utopie oder im selben verqualmten Raum und somit
völlig wirkungslos.
Sind auch Sie dafür, dass endlich Schluss sein muss mit völlig verqualmten Lokalen?
o Ja
o Nein
Probeerhebung
Ein Test des Fragebogens an einer kleinen Gruppe ist auf jeden Fall empfehlenswert.
Undeutlich formulierte Fragen können in diesem Stadium noch verbessert werden.
Auswahl der Stichprobenart
Die Stichprobenart ist hier durch die Fragestellung vorgegeben. In der Stichprobe
müssen sich genügend Personen aus beiden interessierenden Gruppen befinden. Aus
diesem Grund wird eine geschichtete Zufallsstichprobe gewählt werden.
Organisation der Erhebung
Wenn die eher theoretischen Grundlagen geklärt sind, kommt die praktische Arbeit an
die Reihe. Die Kandidaten der Befragung müssen bestimmt, die Fragebögen gedruckt
und verteilt bzw. Interviewer eingeteilt, Termine vereinbart und Interviews
durchgeführt werden.
Am Ende der Erhebung steht hoffentlich eine große Zahl an vollständig beantworteten
Fragebögen, die ausgewertet werden können.
3.5 Darstellung und Analyse
Häufigkeiten
Zunächst werden die einzelnen Fragen nach den Häufigkeiten der verschiedenen
Antworten untersucht. Dazu eignen sich Tabellen oder Strichlisten am besten. Beachte,
dass diese Zusammenfassung bei offenen Fragen schwierig sein kann, da möglicherweise
keine zwei Antworten wirklich gleich sind.
Biologie
18
Geburtsjahr
Geburtsjahr Anzahl
1982 5
1983 56
1986 12
1987 47
Tabelle 4
Mit welchem Alter hast Du Deine erste Zigarette geraucht?
Alter Anzahl
11 2
12 16
13 11
14 26
15 15
16 4
k.A. 46
Tabelle 5
Welche Angaben treffen auf Deinen Zigarettenkonsum im Alter von 12 Jahren zu?
Aussage Anzahl
Habe damals (noch) nicht geraucht 102
Habe es damals zwar bereits probiert, aber (noch) nicht geraucht
12
Gelegentlich, aber seltener als 1x/Woche 3
Gelegentlich, mehrmals/Woche 2
Täglich 1
Tabelle 6
Wie viele Zigaretten hast Du im Alter von 12 Jahren im Durchschnitt pro Woche
geraucht?
Zigaretten Anzahl
1 6
3 2
5 1
14 1
20 1
70 1
Tabelle 7
Biologie
19
Plausibilitätsprüfung
Im Zuge der Auswertung besteht die Möglichkeit, die Antworten auf Plausibilität zu
überprüfen. Das bedeutet, dass man kontrolliert, ob die Antworten möglich sind,
„zusammenpassen“ bzw. ihre Anzahl theoretisch stimmen kann.
Beispiel: Eine Frage lautet „Mit welchem Alter hast Du Deine erste Zigarette
geraucht?“. Da man nur einmal seine erste Zigarette geraucht haben kann, darf die
Gesamtsumme der Antworten nicht die Anzahl der Befragten übersteigen. Wenn etwa
120 Antworten vorliegen, aber nur 110 Personen befragt wurden, sollte man nochmals
nachzählen bzw. überprüfen, ob jemand zwei Angaben gemacht hat.
Beispiel: Vergleich der Antworten zu den Fragen „Mit welchem Alter hast Du Deine
erste Zigarette geraucht?“ und „Welche Angaben treffen auf Deinen Zigarettenkonsum
im Alter von 12 Jahren zu?“.
Insgesamt geben 18 Personen an, mit 12 Jahren oder jünger ihre erste Zigarette
geraucht zu haben. In der nächsten Frage geben allerdings 18 Personen an, es mit 12
Jahren zumindest schon einmal probiert gehabt zu haben. In diesem Fall passen die
Antworten zusammen. Hätten bei der zweiten Frage plötzlich 20 Personen angegeben,
es schon einmal probiert zu haben, sollte man die Fragebögen nochmals durchsehen
und überprüfen, wer hier unklare Angaben gemacht hat. Eventuell kann die
Unstimmigkeit in einer Rückfrage geklärt werden. Falsch ausgefüllte Fragebögen
können nicht in die Untersuchung miteinbezogen werden.
Zur Vermeidung solcher Unstimmigkeiten sollten die Fragen möglichst einfach gehalten
werden.
Diagramme
Je nach Art und Skalierung des erhobenen Merkmals sind verschiedene
Darstellungsmöglichkeiten denkbar. Über die im folgenden vorgestellten Beispiele
hinausgehend bieten das Arbeitsheft DATENANALYSE MIT EXCEL und der Folder
Statistische Grafiken eine Reihe von Anregungen für grafische Darstellungen.
Biologie
20
Anzahl der Befragten nach Geburtsjahr
6159
0
10
20
30
40
50
60
70
1982/83 1986/87
Geburtsjahr
Anz
ahl
Abbildung 8
Für die Darstellung der Anzahl der Befragten nach Geburtsjahr wurden die zwei
interessierenden Gruppen zusammengefasst und ein einfaches Balkendiagramm gewählt.
"Die erste Zigarette"
1 5 611 15
4
19
1
9 5
17
27
05
101520253035404550
11 12 13 14 15 16 k.A.
Alter
Anz
ahl
Abbildung 9
Für die Darstellung der Antwort zur Frage „Mit welchem Alter hast Du Deine erste
Zigarette geraucht?“ wurde ein gestapeltes Balkendiagramm gewählt. Die Antworten der
Gruppe mit Geburtsjahren 1982/83 sind blau, die Antworten der Gruppe 1986/87 rot.
Biologie
21
Beachte, dass es natürlich keine 14-jährigen geben kann, die erst mit 15 zu rauchen
begonnen haben! Beachte, dass man aus dem Diagramm nicht ohne weiteres feststellen
kann, mit welchem Alter die meisten Personen zu rauchen begonnen haben. Unter den
Geburtsjahrgängen 1982/83 haben die meisten mit 15 zu rauchen begonnen.
Rauchen mit 12?
nein84%
probiert, abernicht geraucht
10%
gelegentlich, < 1x/Wo
3%täglich
1%
gelegentlich, > 1x/Wo
2%
Abbildung 10
In einem Tortendiagramm wurde die Beantwortung der Frage „Welche Angaben treffen
auf Deinen Zigarettenkonsum im Alter von 12 Jahren zu?“ dargestellt. Hier steht die
Darstellung der Anteile (im Unterschied zu den absoluten Häufigkeiten in einem
Balkendiagramm) im Vordergrund.
N=120
Biologie
22
Rauchen mit 12
0
1
2
3
4
5
6
7
0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75
Anzahl Zigaretten/Woche
Anz
ahl P
erso
nen
Abbildung 11
Die Anzahl der gerauchten Zigaretten/Woche wurde in einem Punktdiagramm
dargestellt. Wichtig ist hier, dass im Gegensatz zum Balkendiagramm die Abstände auf
der x-Achse korrekt dargestellt werden.
3.6 Quellen und Links
• Landeszentrale für Gesundheit in Bayern e.V.
http://www.lzg-bayern.de/zis/online/rauchen/index.htm
Umfangreiche und informative Quelle zu beinahe allen oben genannten Aspekten des
Themas Rauchen. Kontaktadressen, Literaturangaben und Links machen diese Seite zu
einem empfehlenswerten Ausgangspunkt für eine Recherche. Einziges Manko liegt darin,
dass sich alle Zahlen auf Deutschland beziehen.
• Institut für Suchtprävention
http://www.praevention.at/
Bietet einige Gratis-Materialien zum Thema Sucht im allgemeinen. Besonders
interessant für alle, die das Rauchen im Zusammenhang mit anderen Suchtmitteln
betrachten wollen.
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