Anhang zu C. Pflichten und Haftung/ 1.1. - Urbanek … · 2013-10-14 · 1. Einleitung In den letzten ... SE (Europäische Aktiengesellschaft) mit Sitz in Österreich
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Anhang zu C. Pflichten und Haftung/ 1.1.
Einlagenrückgewähr:
Überblick und aktuelle Entwicklungen
WS 2013/2014
Dr. Ulla Reisch
2
• Inhalt
1. Einleitung
2. Grundsätze der Kapitalerhaltung und des Verbots der
Einlagenrückgewähr
3. Kriterien der Zulässigkeit von Leistungsbeziehungen zwischen
Gesellschaft und Gesellschaftern
4. Auswirkungen gegenüber Dritten
5. Kollisionsrechtliche Überlegungen
6. Konkurrenz zu Anfechtung, Eigenkapitalersatz
3
1. Einleitung
Pflicht des Insolvenzverwalters zur Massemehrung (§ 81a IO)
Gesetzliche Grundlagen: §§ 82 f GmbHG, § 52 AktG
Einlagenrückgewährverbot als Grundsatz der Kapitalerhaltung
Verbot fremdunüblicher oder betrieblich nicht gerechtfertigter
Leistungen (nicht nur Zahlungen) einer Kapitalgesellschaft an den
Gesellschafter
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1. Einleitung
In den letzten Jahren verstärkt auch höchstgerichtliche Entscheidungen im Zusammenhang
mit Bank-Finanzierungen im Konzern (Wirkungen gegenüber Dritten)
Zumeist in Zusammenhang mit Insolvenzen (Geltendmachung durch Insolvenzverwalter),
neuem Gesellschafter / Geschäftsführer
Dritte als „begehrte Beklagte“
Länger zurück liegende SV können oft im Vgl. zu Konkurrenzanspruchsgrundlagen wie
Anfechtung, Eigenkapitalersatz geltend gemacht werden
Konsequenzen: Massemehrung (Rückzahlungen, Lastenfreiheit von verwertbarem
Vermögen,…), strafrechtliche Verurteilung nach §§ 153, 156 StGB (Achtung: Anstiftung,
Beitragstäterschaft), allenfalls finanzstrafrechtliche Tatbestandsverwirklichung
Verbot der Einlagenrückgewähr grundsätzlich unabhängig vom Vorliegen einer Krise,
Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft
1. Einleitung
5
Beispiele:
Variante 1:Gesellschafter Ehegatte
GmbH
(insolvent)
Anteile
Leistungs-
beziehung
Leistungs-
beziehung
6
1. Einleitung
Gesell-
schafter
GmbH
(insolvent)
Liegenschaft
Bank
Besicherung: Sicherungszession
Mieten, Hypotheken
Kreditrateneinzüge
Kreditvertrag
* Rückzahlung Kreditraten
Unwirksamkeit Besicherung
Variante 2:
Anteile
Klage *
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1. Einleitung
GmbH
(insolvent)
GmbH
GmbH & Co KG
Liegenschaft
Bank
Besicherung: Sicherungszession
Mieten, Hypotheken
Kreditrateneinzüge
Kreditvertrag
Komplementärin
* Rückzahlung Kreditraten
Unwirksamkeit Besicherung
Variante 3:
Kommanditistin
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2. Grundsätze der Kapitalerhaltung und des Verbots
der Einlagenrückgewähr
(a) Zielrichtung der Kapitalerhaltung – Grundbegriffe
Sphärentrennung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter
Umfassender Vermögensschutz – neben Bilanzgewinn, Liquidationserlös,
Kapitalherabsetzung soll der Gesellschafter keine Leistungen aus „seiner“
Gesellschaft erhalten
Zahlung ist jede vermögensmindernde Leistung auch Sachleistung, Verzicht
oder Unterlassung, wo an sich pflichtgemäß ein Handeln der
Kapitalgesellschaft geboten wäre.
d.h. pflichtgemäß ist im Sinne des Grundsatzes der Kapitalerhaltung zu
verstehen
Nicht nur „Einlagen“ erfasst, sondern sämtliches Vermögen der Gesellschaft
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2. Grundsätze der Kapitalerhaltung und des Verbots
der Einlagenrückgewähr
(a) Zielrichtung der Kapitalerhaltung – Grundbegriff
„Die österreichischen Kapitalerhaltungsvorschriften bezwecken, dass das Stammkapital als dauernder Grundstock der Gesellschaft und als einziges dem Zugriff der Gläubiger freigegebenes Befriedigungsobjekt gegen Schmälerung durch Leistung an die Gesellschafter abgesichert wird. § 82 GmbHG verbietetim Prinzip jede Zuwendung der Gesellschaft an die Gesellschafter, die nicht
Gewinnverwendung ist und schützt somit das gesamte Gesellschaftsvermögen … Jede
unmittelbare oder mittelbare Leistung an einen Gesellschafter, der keine gleichwertige
Gegenleistung gegenübersteht, ist vom Verbot der Einlagenrückgewähr erfasst. … Unter
die Kapitalerhaltungsvorschriften fallen Zuwendungen oder Vergünstigungen aller Art ohne
Rücksicht darauf, ob sie in der Handelsbilanz der Gesellschaft oder des Gesellschafters
einen Niederschlag finden. Dass nicht nur offene Barzahlungen an die Gesellschafter unter
das Verbot fallen, sondern auch im Gewand anderer Rechtsgeschäfte erfolgte verdeckte
Leistungen, ist in der Lehre und Rechtsprechung anerkannt. Unzulässig ist jeder
Vermögenstransfer von der Gesellschaft zum Gesellschafter in Vertragsform oder auf
andere Weise, die den Gesellschafter aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses zu Lasten
des gemeinsamen Sondervermögens bevorteilt. …“ (OGH 1.12.2005, 6 Ob 271/05d)
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2. Grundsätze der Kapitalerhaltung und des Verbots
der Einlagenrückgewähr
(a) Zielrichtung der Kapitalerhaltung – Grundbegriffe
Offene Einlagenrückgewähr: Dem Gesellschafter wird einseitig Gesellschaftsvermögen zugewendet – die
Gesellschaft erhält dafür keine Gegenleistung
Verboten sind grundsätzlich alle Ausschüttungen an den Gesellschafter, es sei denn, es handelt sich um
eine zulässige, den formalen Anforderungen entsprechende Gewinnausschüttung nach Feststellung des
Jahresabschlusses unter Ausweis eines entsprechenden Bilanzgewinns
unzulässig zB: Ausschüttung einer unterjährigen Vorabdividende; Gewinnausschüttung, obwohl bei
Prüfpflicht Jahresabschluss nicht vom Abschlussprüfer geprüft wurde
Das AktG (§ 54a) gestattet unter gewissen Voraussetzungen auch Ausschüttung einer
Halbjahresdividende.
Bei der GmbH geht hA davon aus, dass Zwischenausschüttungen generell verboten sind
Hier besteht nur die Möglichkeit, dem Ges unterjährig (zB über ein Verrechnungskonto) ein
Darlehen auszuzahlen, das mit der nachfolgenden Dividende verrechnet werden kann.
Voraussetzung hierfür ist, dass die Darlehensvergabe dem Grundsatz der Fremdüblichkeit
entspricht
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2. Grundsätze der Kapitalerhaltung und des Verbots
der Einlagenrückgewähr
(a) Zielrichtung der Kapitalerhaltung – Grundbegriffe
Unzulässig ist die Rückzahlung der Einlage an den Gesellschafter, außer im Zuge einer
Kapitalherabsetzung und im Fall der Liquidation im Rahmen der dafür vorgesehenen
Verfahren
unzulässig zB: Gesellschafter einer GmbH lässt sich die von ihm an die GmbH geleistete
Stammeinlage aus Anlass seines Ausscheidens als Gesellschafter von der GmbH
zurückzahlen
Ist der JA nichtig oder wird der Feststellungsbeschluss nachträglich infolge einer
Anfechtungsklage für nichtig erklärt, fehlt auch die Grundlage für die Ausschüttung
Beachte auch § 82 Abs 5 GmbHG: wenn zwischen Schluss des Geschäftsjahres und
Beschluss über Feststellung des JA bekannt wird, dass der Vermögensstand der
Gesellschaft durch Verluste oder Wertminderungen erheblich geschmälert ist, ist ein
entsprechender Betrag des Bilanzgewinns auf Rechnung des laufenden Geschäftsjahres
zu übertragen; im AktG besteht keine entsprechende Regel
Gesetzlich bzw in Judikatur anerkannte Fälle einer Einlagenrückgewähr: zB Erwerb
eigener Aktien (im gesetzlichen Rahmen), Judikatur: Vorrang von Anfechtungsansprüchen
(OGH 26.5.2010, 3 Ob 51/10m) und Prospekthaftungsansprüchen (OGH 30.3.2011, 7 Ob
77/10i)
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2. Grundsätze der Kapitalerhaltung und des Verbots
der Einlagenrückgewähr
(a) Zielrichtung der Kapitalerhaltung – Grundbegriffe
Verdeckte Einlagenrückgewähr: umfasst sonstige Vermögenstransfers an den
Gesellschafter in Form gewöhnlicher (Umsatz)-Geschäfte mit nicht
angemessener Gegenleistung
Verpönt ist jeder Vermögenstransfer aus der Gesellschaft, der über den
Bilanzgewinn hinaus einen Gesellschafter aufgrund seiner
Gesellschafterstellung bevorzugt – Leistung causa societatis, die nicht
fremdvergleichsfähig oder betrieblich gerechtfertigt ist (vgl im Detail Kapitel 3.)
auf subjektive Absicht (Umgehungs- oder Begünstigungsabsicht etwa) kommt
es nicht an
auch bei Alleingesellschafter; aber keine Untreue bei Alleingesellschafter oder
Zustimmung sämtlicher Gesellschafter, weil kein „anderer“ geschädigt wurde,
sondern Alleingesellschafter oder sämtliche Gesellschafter wirtschaftlich
betrachtet mit Gesellschaft ident sind (Rüffler, Strafrechtliche Untreue und
Gesellschaftsrecht, FS Jud)
2. Grundsätze der Kapitalerhaltung und des Verbots
der Einlagenrückgewähr
(a) Zielrichtung der Kapitalerhaltung – Grundbegriffe
Beispiele einer verdeckten Einlagenrückgewähr:
Überhöhtes Geschäftsführergehalt bzw. Pensionszusage
Überhöhter Verkaufspreis oder Vermietungsentgelt bei Verkauf/Vermietung
an die Gesellschaft
Zu billiger Ankauf/Anmietung durch den Gesellschafter
Zinsenloses oder zu niedrig verzinstes Darlehen an den Gesellschafter;
Darlehen an den Gesellschafter ohne ausreichende Bonität oder ohne
genügende Absicherung
Verrechnung überhöhter Lizenzgebühren durch den Gesellschafter oder im
Konzern
Unangemessene „Konzernverrechnungspreise“
Unangemessene (nicht durch konkrete Leistungen gerechtfertigte)
Konzernumlage; bloße shareholder activities (Anteilsverwaltung und
Wahrnehmung von Gesellschafterrechten) dürfen nicht verrechnet werden
Schwarzgeschäfte; Entziehung von Geschäftschancen (strittig)
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2. Grundsätze der Kapitalerhaltung und des Verbots
der Einlagenrückgewähr
(a) Zielrichtung der Kapitalerhaltung – Grundbegriffe
Überlassung einer Marke oder anderer Unternehmenskennzeichen der
KapGes an ihren Gesellschafter ohne adäquate Gegenleistung
die Einbringung von Werkleistungen durch die KapGes an ihren
Gesellschafter zu einem Vorzugspreis
die Einräumung einer unentgeltlichen Kaufoption von der KapGes an ihren
Gesellschafter zur Übertragung des Geschäftsanteils der KapGes an einer
Tochtergesellschaft an ihren Gesellschafter zu einem Kaufpreis der niedriger
als der Verkehrswert des Geschäftsanteils ist
die Übertragung von Vermögenswerten der KapGes an einen Treuhänder
mit dem Auftrag, diese an die Gesellschafter der KapGes ohne
Gegenleistung auszufolgen
die Tragung von Privatausgaben der Gesellschafter durch die KapGes
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2. Grundsätze der Kapitalerhaltung und des Verbots
der Einlagenrückgewähr
(a) Zielrichtung der Kapitalerhaltung – Grundbegriffe
die Bezahlung von Verbindlichkeiten eines Gesellschafters oder
einer Gesellschaft, an der der Gesellschafter beteiligt ist, durch die
KapGes ohne ausreichenden Rechtsgrund
Gesellschafter nimmt einen Kredit auf; die GmbH räumt der Bank
eine Sicherheit ein
Die GmbH übernimmt eine persönliche Haftung für
Gesellschaft/Schwestergesellschaft (Bürgschaft, Schuldbeitritt,
Garantie)
Die GmbH übernimmt die Stellung als Mitkreditnehmer in Bezug auf
eine für die Gesellschaft materiell fremde Verbindlichkeit (erhält
keine Kreditmittel)
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2. Grundsätze der Kapitalerhaltung und des Verbots
der Einlagenrückgewähr
(a) Zielrichtung der Kapitalerhaltung – Grundbegriffe
Verdeckte Gewinnausschüttung: Steuerlicher Begriff – Zuwendung von
Vermögensvorteilen an Gesellschafter, die ihrer äußeren Form nach nicht
unmittelbar als Gewinnverteilung erkennbar sind, ihre Wurzel aber in den
gesellschaftsrechtlichen Beziehungen haben
Wie offene Ausschüttung zu behandeln
• Bei überhöhten Aufwendungen der Gesellschaft für den Gesellschafter –
keine Anerkennung als Betriebsausgabe
Beispiel: Überhöhter Geschäftsführerbezug
• Bei Gesellschaft: KESt
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2. Grundsätze der Kapitalerhaltung und des Verbots
der Einlagenrückgewähr
(b) Erfasste Gesellschaftsformen
GmbH - § 82 GmbHG
AG - § 52 AktG
SE (Europäische Aktiengesellschaft) mit Sitz in Österreich
GmbH & Co KG (im Hinblick auf Kommanditisten), wenn keine natürliche
Person Vollhafter ist – Judikatur erstreckt Kapitalerhaltungsgrundsatz auf diese
„verdeckten“ Kapitalgesellschaften! Nicht unumstritten!
Nach Judikatur grds offenbar nicht denkunmöglich, dass in
Sonderkonstellationen auch ausländische Gesellschaften dem
Kapitalerhaltungsregime zu unterstellen sind!
(c) Erfasster Personenkreis
Grundsatz: Nur Gesellschafter – und zwar unabhängig vom Beteiligungsgrad!
A
B
CX Y
Z
D
…
Aber: Umgehungspotential!
1 %
3 %
17 %
2 %
7 %
10 %
40 %
Einlagenrückgewähr betrifft alle Gesellschafter!
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GmbH
2. Grundsätze der Kapitalerhaltung und des
Verbots der Einlagenrückgewähr
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2. Grundsätze der Kapitalerhaltung und des Verbots
der Einlagenrückgewähr
(c) Erfasster Personenkreis
o Erstreckung 1: Ehemalige und zukünftige Gesellschafter, wenn die Leistung in einem Zusammenhang
gerade mit der früheren oder künftigen Gesellschafterstellung steht
- zB Abfindungen ausscheidender Gesellschafter oder
- Besicherung des Erwerbspreises für einen Geschäftsanteil aus dem Gesellschaftsvermögen
o Erstreckung 2: Erfassung von Leistungen an Nichtgesellschafter, wenn eine Zurechnung dieser Leistung
an den Gesellschafter erfolgen kann
Zurechnung kann erfolgen,
- wenn dem Gesellschafter ein wirtschaftlicher Vorteil zufließt, dh der Gesellschafter mittelbar
begünstigt wird, zB
• Gesellschafter wird durch die Leistung von einer Verbindlichkeit befreit
• Begünstigung einer Gesellschaft, an der der Gesellschafter mit einer höheren Quote als
an der leistenden Gesellschaft beteiligt ist
o Erstreckung 3: Treugeber (aber keine Befreiung des Treuhänders) und Fruchtnießer
o Erstreckung 4: atypisch stille Gesellschafter, atypischer Pfandgläubiger, Substanz-Genussberechtigte,
Begünstigte/Stifter bei Stiftung als Gesellschafter ?
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2. Grundsätze der Kapitalerhaltung und des Verbots
der Einlagenrückgewähr
(c) Erfasster Personenkreis
o Erstreckung 5: „Nahestehende Personen“
Familienangehörige:
(bloß minderjährige?) Kinder, Ehegatten
„Nahe Angehörige“ gem. § 32 IO?
Konzerngesellschaften:
up-stream: (Ur)Großmütter
side-stream: Schwestern, Tanten, Nichten
(c) Erfasster Personenkreis
Beispiel 1 – Nahestehende Personen (Familienverbund)
X y
Liegenschaft
GmbH vermietet ihre Liegenschaft zu einem Spottpreis an die Gattin des Alleingesellschafters
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GmbH
2. Grundsätze der Kapitalerhaltung und des
Verbots der Einlagenrückgewähr
(c) Erfasster Personenkreis
Beispiel 2 – Nahestehende Personen (Konzerngesellschaften)
Hypothek
Z-AG
Y-GmbH
X-GmbH
S-KG
T-AG
B-GmbH
A-GmbH
100 %100 %
25 %*100 %
100 %
75 %
Liegenschaft
Bank
Kredit
* ausreichend hohe Beteiligung? (strittig)
AG-“Cousine“ gibt Hypothek für Kredit der GmbH-“Cousine“
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2. Grundsätze der Kapitalerhaltung und des
Verbots der Einlagenrückgewähr
(c) Erfasster Personenkreis
o Erstreckung 6: Leistungen an Dritte ohne Nahebezug
Beispiel 1 – Leistung an Dritte ohne Nahebezug:
Gesellschaft zahlt für ihren Gesellschafter Verbindlichkeit bei einem Dritten
GmbH
X
Architekt
Zahlung
Planungsauftrag
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2. Grundsätze der Kapitalerhaltung und des
Verbots der Einlagenrückgewähr
(c) Erfasster Personenkreis
o Erstreckung 7: Kreditinstitute – „bösgläubige“ Dritte
Beispiel:
100%
100%
100%
A-GmbH
B-GmbH
B1-GmbH
B2-GmbH
Bank
Kredit für Anteilserwerb an B-GmbH bzw. „B-Gruppe“
Bankgarantie zur Besicherung des Kredits
Bank befriedigt sich zugunsten der Konzernmutter aus einer von der Enkel-GmbH
beauftragten Bankgarantie
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2. Grundsätze der Kapitalerhaltung und des
Verbots der Einlagenrückgewähr
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2. Grundsätze der Kapitalerhaltung und des Verbots
der Einlagenrückgewähr
(c) Erfasster Personenkreis
o Erstreckung 7: Kreditinstitute – „bösgläubige“ Dritte
Grundsatz: Leistungen an Dritte fallen grundsätzlich nicht unter das
Einlagenrückgewährverbot – Geschäfte ohne adäquate Gegenleistung können
Haftungsfolgen haben
aber: bei Bösgläubigkeit wird Verstoß auch dem Dritten entgegengehalten
fraglich: Wie weit geht die Prüfpflicht des Dritten?
siehe dazu im Detail Kapitel 4.
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2. Grundsätze der Kapitalerhaltung und des Verbots
der Einlagenrückgewähr
(d) Rechtsfolgen einer verbotenen Einlagenrückgewähr
Rückgewähranspruch der Gesellschaft gegen Gesellschafter
(absolute) Nichtigkeit bei Rechtsgeschäften – unklar: Reichweite der
Nichtigkeit, i.e. Teil- oder Gesamtnichtigkeit
Rsp: Richtet sich nach dem hypothetischen Parteiwillen (jüngst OGH
1.9.2010, 6 Ob 132/10w; OGH 13.09.2012, 6 Ob 110/12p)
umstritten: bisher nach Rsp ist für Fragen der Teil- oder Gesamtnichtigkeit
des Geschäfts auf Gesellschafts- und Gläubigerschutz gerichteter
Normzweck (Verbotszweck) maßgeblich (vgl etwa OGH 3.6.2009, 7 Ob
248/08h)
Diskutiert wird weiters Wahlrecht der Gesellschaft
Im Zweifel Gesamtnichtigkeit?
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2. Grundsätze der Kapitalerhaltung und des Verbots
der Einlagenrückgewähr
(d) Rechtsfolgen einer verbotenen Einlagenrückgewähr
Amtswegige Berücksichtigung
Art des Anspruchs gegen Gesellschafter: gesellschaftsrechtlicher
Rückforderungsanspruch nach § 83 GmbHG / § 56 AktG konkurriert
mit Rückforderung von verbotswidrigen Leistungen nach allgemeinem
Bereicherungsrecht
Verjährung: neben 5 Jahre nach § 83 Abs 5 GmbHG / § 56 Abs 4
AktG bereicherungsrechtliche 30-jährige Verjährungsfrist (OGH
13.09.2012/ 6 Ob 110/12p)
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2. Grundsätze der Kapitalerhaltung und des Verbots
der Einlagenrückgewähr(d) Rechtsfolgen einer verbotenen Einlagenrückgewähr
Schadenersatzhaftung der Organe (auch AR); Solidarhaftung des leistungsempfangenden
Gesellschafters und der Geschäftsführer
Bei GmbH: keine Außenhaftung des leistungsempfangenden Gesellschafters (dh nur Haftung gegenüber
der Gesellschaft); Ausfallshaftung der Mitgesellschafter, wenn Erstattung von Empfänger und
Geschäftsführern nicht zu erlangen ist.
Bei AG: Außenhaftung der Aktionäre möglich (vgl § 56 Abs 1 AktG)!
Entfall der Rückerstattungspflicht für gutgläubig bezogene Gewinnanteile
Gutgläubigkeit muss sich auf Rechtmäßigkeit des Gewinnausweises und die Auszahlung der Gewinne
erstrecken
Praktisch bedeutsam, wenn JA nichtig ist oder durch Anfechtung nachträglich beseitigt wird
Strafrechtliche (§§ 153, 156 StGB) und finanzstrafrechtliche Konsequenzen!
Steuerliche Konsequenzen (KESt trifft Gesellschaft)
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3. Kriterien der Zulässigkeit von Leistungsbeziehungen
zwischen Gesellschaft und Gesellschafter
(a) Fremdvergleichsfähigkeit oder betriebliche Rechtfertigung
Grundgedanke: Bei Umsatzgeschäften: „angemessene Konditionen“ (nicht nur
Hauptleistung!), sonst verdeckte Einlagenrückgewähr (siehe schon oben)
Fremdvergleich („arm‘s length principle“): Wäre die Leistung so auch mit einem
außenstehenden Dritten vereinbart worden?
Objektive Inäquivalenz schadet – lässt auf verbotswidriges Handeln schließen
(Vermutung der Leistung causa societatis)
Auf subjektive Kriterien kommt es nicht an
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3. Kriterien der Zulässigkeit von Leistungsbeziehungen
zwischen Gesellschaft und Gesellschafter
(a) Fremdvergleichsfähigkeit oder betriebliche Rechtfertigung
OGH 4 Ob 2078/96h – „Fehringer-Entscheidung“ – Grundsatz: angemessenes Entgelt und
ausreichende Bonität - bei Hypothekenbestellung: „… Bestellung einer Hypothek für die
Schuld eines Dritten [ist] eine so schwerwiegende Maßnahme, dass sie in der Regel nur
durch ein ganz ungewöhnliches Entgelt zu einem Akt ordnungsgemäßer Geschäftsführung
werden konnte.“
für persönliche Sicherheiten weniger strenger Maßstab (bankübliche Konditionen)?
Wonach richtet sich Fremdvergleich? Bewertungsgutachten, Fremdvergleich anhand von
Marktpreisen od vergleichbaren Transaktionen Dritter, Selbstkalkulation, Anlehnung an
steuerliche Methoden (Wiederverkaufspreismethode, Kostenaufschlagmethode, OECD-
Transfer Pricing Principles, …) – zumindest Wertbestätigung innerhalb einer
angemessenen Bandbreite
Jedenfalls gilt Maßstab eines ordentlichen Geschäftsführers!
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3. Kriterien der Zulässigkeit von Leistungsbeziehungen
zwischen Gesellschaft und Gesellschafter
(a) Fremdvergleichsfähigkeit oder betriebliche Rechtfertigung
Mögliche Rechtfertigung auch durch betriebliche Rechtfertigung (OGH 1.12.2005, 6 Ob
271/05d):
„Ob eine Zuwendung als verbotene Einlagenrückgewähr zu qualifizieren ist, hängt nicht
allein vom objektiven Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ab. Ein solches
lässt nur auf verbotswidriges Handeln schließen. Die auf die Inäquivalenz von Leistung
und Gegenleistung gestützte Vermutung des Gesellschaftergeschäfts kann im Wege des
sogenannten Drittvergleichs widerlegt werden. Zu prüfen ist, ob das Geschäft von der
Gesellschaft auch dann geschlossen worden wäre, wenn der Gesellschaft nicht der
Gesellschafter, sondern ein außenstehender Dritter gegenüber gestanden wäre, wenn also
bei diesem Geschäft kein Gesellschafter daraus einen Vorteil zöge. … Eine verdeckte
Einlagenrückgewähr kann auch damit gerechtfertigt werden, dass besondere betriebliche
Gründe im Interesse der Gesellschaft vorliegen, wenn dies nach der Formel des
Fremdvergleichs dahin gedeckt ist, dass das Geschäft, das mangels objektiver
Wertäquivalenz ein Vermögensopfer der Gesellschaft bedeutet, auch mit einem
Außenstehenden geschlossen worden wäre. … „
Beispiel: T1 und T2 sind Schwestergesellschaften. T1 produziert die Waren, T2 vertreibt
diese. Hier kann es im betrieblichen Interesse von T1 liegen, dass T2
fortbestehen bzw den Vertrieb optimieren kann (oder auch umgekehrt), und dies
kann eine Finanzierungshilfe von T1 an T2 rechtfertigen
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3. Kriterien der Zulässigkeit von Leistungsbeziehungen
zwischen Gesellschaft und Gesellschafter
(a) Fremdvergleichsfähigkeit oder betriebliche Rechtfertigung
Grundsätzlich rechtfertigt entweder fremdvergleichsfähige Ausgestaltung oder
betriebliches Interesse
Aber: Einlagenrückgewähr trotz objektiv äquivalenter Leistung bei fehlender
betrieblicher Rechtfertigung?
von Lehre wird als zusätzliches Kriterium bei Sicherheitenbestellung und bei
up-stream-Darlehen ohne überschüssiger Liquidität betriebliche Rechtfertigung
verlangt - noch nicht eindeutig höchstgerichtlich geklärt
Nie: existenzgefährdende Risiken!
(b) Kriterienkatalog, insb bei Konzernfinanzierungen
Ausgangssachverhalte
Y-GmbH
X-GmbH
Bank
100 %
Kredit
Up-streamDarlehen
Y-GmbH
X-GmbH
100 % Bank
Kredit
Sicherheit(zB HBH)
Variante (a): Kredit für neues Konzernrechenzentrum
Variante (b): Kredit zum Anteilserwerb der Y-GmbH an der X-GmbH (typische MBO/LBO-
Konstruktion)
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3. Kriterien der Zulässigkeit von Leistungsbeziehungen
zwischen Gesellschaft und Gesellschafter
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3. Kriterien der Zulässigkeit von Leistungsbeziehungen
zwischen Gesellschaft und Gesellschafter
(b) Kriterienkatalog, insb bei Konzernfinanzierungen
Beispiele weiterer problematischer Konstellationen:
Kreditaufnahme durch die Mutter (M), Besicherung durch die
Tochter (T)
Kreditaufnahme durch eine Schwester (S), Besicherung durch eine
andere Schwester (S1)
Mitkreditnehmerschaft mehrerer Konzerngesellschaften (jede
Gesellschaft haftet auch für die Ausnutzungen durch die anderen
Gesellschaften)
Kontoaufrechnungserklärungen
Eigene Finanzierungsgesellschaft, die Finanzmittel aufnimmt und im
Konzern weiterreicht
Cash Pooling
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3. Kriterien der Zulässigkeit von Leistungsbeziehungen
zwischen Gesellschaft und Gesellschafter
(b) Kriterienkatalog, insb bei Konzernfinanzierungen
Typische MBO/LBO-Finanzierungen (dh Anteilserwerbsfinanzierung mit
Besicherung durch Vermögenswerte der Zielgesellschaft) unterliegen
besonders strenger Prüfung und werden – aufgrund der Risikoverlagerung auf
die Tochtergesellschaft – zT für vollständig unzulässig gehalten
Grundsätzliche Unzulässigkeit der genannten Szenarien, in bestimmten
Konstellationen Rechtfertigung denkbar
Nachstehende Kriterien sind grds kumulativ zu erfüllen:
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3. Kriterien der Zulässigkeit von Leistungsbeziehungen
zwischen Gesellschaft und Gesellschafter
(b) Kriterienkatalog, insb bei Konzernfinanzierungen
• Ausreichende Bonität des Darlehensnehmers (= des Gesellschafters) –
voraussichtliche Vollwertigkeit des Rückgriffsanspruchs gegenüber dem
Gesellschafter, wenn die Tochter-GmbH vom Kreditgeber in Anspruch
genommen wird und sich diese beim Gesellschafter regressiert;
u.a. Prüfung, ob Ziel-Gesellschaft Kreditrückzahlungen „verdienen“ und über
Gewinne an Gesellschafter ausschütten kann (sodass dieser die Kreditraten
rückführen kann); detaillierte Prognoserechnungen erforderlich (unter
Einbeziehung aller möglichen, auch externen Faktoren, Errechnung
verschiedener Szenarien); Bonität ist auch laufend, entsprechend der Sorgfalt
eines ordentlichen Geschäftsführers, zu überwachen.
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3. Kriterien der Zulässigkeit von Leistungsbeziehungen
zwischen Gesellschaft und Gesellschafter
(b) Kriterienkatalog, insb bei Konzernfinanzierungen
• Angemessene Begrenzung des Risikos zugunsten der Tochter-GmbH – etwa
durch eine Sicherheitenbestellung durch den Gesellschafter zugunsten der
Tochter-GmbH; Sicherheiten müssen werthaltig sein;
unbesicherte Darlehen idR nur in geringer Höhe und mit kurzfristiger Laufzeit
denkbar;
Gerade dies wird bei typischen MBO/LBO-Finanzierungen problematisch sein,
da der kreditnehmende Gesellschafter zumeist über keine ausreichenden
Sicherheiten verfügt.
• Ausreichende liquide Mittel: Tochter-GmbH verfügt derzeit bzw auch zum
Zeitpunkt der Fälligkeit des Kredits selbst über ausreichende liquide Mittel.
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3. Kriterien der Zulässigkeit von Leistungsbeziehungen
zwischen Gesellschaft und Gesellschafter
(b) Kriterienkatalog, insb bei Konzernfinanzierungen
• Betriebliche Rechtfertigung, welche die Haftungsübernahme aus Sicht der Tochter-GmbH
rechtfertigt;
- zB bei konzernübergreifenden Finanzierungsmaßnahmen, etwa zur Schaffung eines
konzerneinheitlichen Vertriebssystems oder Rechenzentrums oder zur Anschaffung neuer
Anlagen, die eben auch der Tochter-GmbH Vorteile bringen.
- Als Rechtfertigungsgrund denkbar sind auch Synergieeffekte oder sonstige Vorteile;
so könnte etwa im Einzelfall die Besicherung eines Kredits durch die Tochter-GmbH zum
Ankauf eines Mitbewerbers durch die Muttergesellschaft dadurch gerechtfertigt werden, dass
die Stellung der sicherungsgebenden Gesellschaft am Markt gestärkt wird;
oder wenn Sicherheitenbestellung gleichzeitig „Überleben“ der Sicherheitenbestellerin
absichert.
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3. Kriterien der Zulässigkeit von Leistungsbeziehungen
zwischen Gesellschaft und Gesellschafter
(b) Kriterienkatalog, insb bei Konzernfinanzierungen
• Fortsetzung Kriterium der betrieblichen Rechtfertigung:
- Eine betriebliche Rechtfertigung könnte in Fällen der
Anteilserwerbsfinanzierung (typische MBO/LBO-Finanzierungen) schwierig
darstellbar sein, zu denken ist aber an Synergieeffekte oder einen
Wissenstransfer.
- Rechtfertigung bei up-stream-Darlehen uU auch dann, wenn Gesellschaft über
überschüssige liquide Mittel verfügt und es um eine gewinnbringende, sichere
Veranlagung geht
- Rechtfertigung kann auch dann vorliegen, wenn die Kreditmittel (dauerhaft) in
die Tochter-GmbH weitergeleitet werden
- Ein allgemeiner Vorteil aufgrund der Einbindung in den Konzern ist aber nicht
ausreichend, es muss sich um konkrete Vorteile handeln.
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3. Kriterien der Zulässigkeit von Leistungsbeziehungen
zwischen Gesellschaft und Gesellschafter
(b) Kriterienkatalog, insb bei Konzernfinanzierungen
• Fortsetzung Kriterium der betrieblichen Rechtfertigung:
- Bei der Beurteilung einer betrieblichen Rechtfertigung ist der Maßstab eines
gewissenhaften, nach kaufmännischen Grundsätzen handelnden
Geschäftsführers anzuwenden.
(siehe schon oben)
- Wird als zusätzliches Kriterium bei Sicherheitenbestellung und bei up-stream-
Darlehen ohne überschüssiger Liquidität verlangt (auch bei angemessenem
Entgelt),– noch nicht eindeutig geklärt
– im Detail ist vieles strittig
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3. Kriterien der Zulässigkeit von Leistungsbeziehungen
zwischen Gesellschaft und Gesellschafter
(b) Kriterienkatalog, insb bei Konzernfinanzierungen
• Angemessene Avalprovision – muss grundsätzlich über dem Marktniveau liegen,
da auch das „Klumpenrisiko“ abgegolten werden muss.
Der OGH fordert (für Hypothek) ein „ganz ungewöhnliches Entgelt“ (!) –
Ausnahme/Milderung bei betrieblicher Rechtfertigung denkbar. Im einzelnen ist
strittig, wie hoch das Entgelt sein muss, dies richtet sich insbesondere auch nach
der Ausfallswahrscheinlichkeit.
Für Fälle typischer LBO/MBO-Finanzierungen wird überwiegend vertreten, dass
auch ein noch so hohes Entgelt die Sicherheiteneinräumung nicht rechtfertigen
kann. Die Avalprovision muss im Vorhinein bezahlt werden; uE wären auch
entsprechende (zusätzliche) Zahlungen über die Laufzeit des Vertrags zu fordern
(jedenfalls im Einzelfall zu prüfen).
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3. Kriterien der Zulässigkeit von Leistungsbeziehungen
zwischen Gesellschaft und Gesellschafter
(b) Kriterienkatalog, insb bei Konzernfinanzierungen
• Angemessene Konditionen (zB betreffend Laufzeit, außerordentliche
Kündigungsmöglichkeiten, Informationsrechte etc).
• (Voraussichtlich) keine Existenzgefährdung bei Tochter-GmbH, insb bei Zugriff
auf die Sicherheit bzw. Uneinbringlichkeit oder Verzögerung der
Einbringlichmachung des Regressanspruches beim Gesellschafter –
Existenzgefährdung darf nie hingenommen werden! Unklar, ob alleine Höhe
ausschlaggebend ist (od auch Wahrscheinlichkeit Inanspruchnahme bzw
Nichtdurchsetzbarkeit Regressanspruch)
Bei typischen LBO/MBO-Finanzierungen wird regelmäßig von einer unzulässigen
Risikoverlagerung auf die Tochtergesellschaft ausgegangen, da bei
Schlagendwerden der Sicherheit regelmäßig deren einziges Vermögen an den
Kreditgeber fällt und der Rückgriff gegenüber dem Gesellschafter nicht mehr
durchsetzbar ist, sodass diese Finanzierungsformen unzulässig sind.
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3. Kriterien der Zulässigkeit von Leistungsbeziehungen
zwischen Gesellschaft und Gesellschafter
(b) Kriterienkatalog, insb bei Konzernfinanzierungen
• Eigenmittelausstattung: Je geringer die Eigenmittelausstattung der Tochter-
GmbH ist, desto weniger ist die Gewährung von Haftungskredit an den
Gesellschafter zulässig.
Sonderfall Cash Pooling:
Effektives Cash Pooling: Positive Banksalden der Konzerngesellschaften werden über
ein zentrales Konto („Master Account“) abgeschöpft, von dem auch die negativen
Salden abgedeckt werden. Das Master Account ist bei einer zentralen Gesellschaft
(Master Company) angesiedelt, die insofern die Funktion einer konzerninternen Bank
übernimmt.
Fiktives Cash Pooling: Hier erfolgt keine tatsächliche Abdeckung der Banksalden
durch die Master Company, die daher auch keine Finanzierungsfunktion übernimmt; es
wird lediglich von der Bank für die Zwecke der Zinsberechnung eine fiktive
Gesamtsaldierung vorgenommen.
Beim fiktiven Cash Pooling ergeben sich in Hinblick auf das Verbot der
Einlagenrückgewähr weniger Ansatzpunkte; zu achten ist lediglich darauf, dass
Zinsvorteile und Zinsbelastungen korrekt auf die einzelnen Gesellschaften verteilt
werden.
44
3. Kriterien der Zulässigkeit von Leistungsbeziehungen
zwischen Gesellschaft und Gesellschafter
effektives Cash Pooling und Einlagenrückgewähr:
- Mittel dürfen nicht verschenkt werden; Weitergabe nur in Form von
Darlehen (mit entsprechenden Rückzahlungsanspruch) zulässig
- Bonitätsprüfung in Bezug auf Master Company bzw übrige
Gesellschaften; zur laufenden Beurteilung der Bonität müssen
entsprechende Mitsprache- und Einsichtsrechte in der Cash Pooling
Vereinbarung vorgesehen werden
- Ausstiegsmöglichkeit bei Bonitätsverschlechterung
- Korrekte Verrechnung von Soll- und Habenzinsen
- Konkurrenz Ausschüttungsverbot – Eigenkapitalersatz:
• Bei konzerninternen Darlehen kann es vorkommen, dass dieses
Darlehen gleichzeitig gegen das Ausschüttungsverbot verstößt
(aus Sicht der darlehensgebenden Gesellschaft) und dem
Eigenkapitalersatz unterliegt (aus Sicht der darlehensnehmenden
Gesellschaft). Das Verhältnis beider Rechtsfiguren zueinander
(unterschiedliche Rechtsfolgen!) ist ungeklärt und umstritten
45
3. Kriterien der Zulässigkeit von Leistungsbeziehungen
zwischen Gesellschaft und Gesellschafter
(b) Kriterienkatalog, insb bei Konzernfinanzierungen
Zentrale Kontrollfrage: Würde ein gewissenhaft, nach kaufmännischen Grundsätzen handelnder Geschäftsführer unter den gleichen Umständen zu gleichen Konditionen auch zugunsten eines gesellschaftsfremden Dritten ein derartiges Geschäft abschließen?
46
4. Auswirkungen gegenüber Dritten
(a) Wann muss sich Dritter ELRG entgegenhalten lassen?
Grundsatz: Dritte nicht vom Verbotstatbestand erfasst (vgl schon oben)
Aber: Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine verbotene
Einlagenrückgewähr auch einem Dritten, wie der finanzierenden Bank,
entgegen gehalten werden
Beurteilung folgt Grundsätzen über Missbrauch der Vertretungsmacht -
maßgeblich ist Zeitpunkt Abschluss des Rechtsgeschäfts
Erhebliche Konsequenzen für Bank! ZB Rückforderungsanspruch
gegenüber Bank, wenn Kreditraten durch die betroffene Gesellschaft
beglichen wurden; oder Leistungsverweigerungsrecht gegenüber Bank,
wenn die betroffene Gesellschaft als Realschuldnerin auf Leistung in
Anspruch genommen wird; oder Löschung von Hypotheken.
(a) Wann muss sich Kreditgeber ELRG entgegenhalten lassen?
Voraussetzungen:
Dritter wirkt kollusiv (dh in Schädigungsabsicht) mit der Gesellschaft
zusammen
oder
Dritter hat Kenntnis vom Einlagenrückgewährverstoß oder es ist ihm
grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen
dh es kommt darauf an, dass der Dritte gewusst hat, dass der
Gesellschafter bewusst zum Nachteil der Gesellschaft gehandelt hat,
oder es musste sich dem Dritten der Verdacht einer unzulässigen
Einlagenrückgewähr „so weit aufdrängen, dass er nahezu einer
Gewissheit gleichkommt“
grds nicht, wenn es bei Geschäftsabschluss noch keine Judikatur gibt,
dh kein Vorwurf gemacht werden kann (OGH 9 Ob 25/08d, 5.8.2009,
bestätigt jüngst in OGH 6 Ob 29/11z, 14.9.2011)
47
4. Auswirkungen gegenüber Dritten
(a) Wann muss sich Kreditgeber ELRG entgegenhalten lassen?
Dritten trifft Erkundigungspflicht, insbesondere dahingehend, ob ein
angemessenes Entgelt geleistet wurde, aber auch hinsichtlich der übrigen –
oben genannten – Parameter
Differenzierung: „Hoch verdächtige“ und „sonstige Fälle“
• Hoch verdächtige Fälle (MBO u wenn kein Ansatzpunkt einer betriebl
Rechtfertigung, vgl Bsp unten):
Erkundigungspflicht ja (Entgelt und sonstige Kriterien)
Nachforschungspflicht grds nein – keine Verpflichtung zur
Durchführung einer Angemessenheitsprüfung, grds möglich, sich auf
nicht offenkundig unrichtige Auskünfte zu verlassen
Plausibilitätsprüfung uE ja
48
4. Auswirkungen gegenüber Dritten
(a) Wann muss sich Kreditgeber ELRG entgegenhalten lassen?
• Sonstige Fälle:
Judikatur: Fremdvergleich (zu) komplex! Lockerung
Anforderungen!
Nachfrage nur dort, wo sich Verdacht einer unzulässigen ELRG
schon so weit aufdrängt, dass der Verdacht nahezu einer
Gewissheit gleichkommt
Dh bei Sachverhalten, bei welchen schon beim ersten Anschein
eine betriebliche Rechtfertigung plausibel erscheint und keine
„Verdachtsmomente“ gegeben sind, die den Dritten am Vorliegen
einer betrieblichen Rechtfertigung zweifeln lassen müssen, besteht
grds kein weiterer Überprüfungsbedarf
49
4. Auswirkungen gegenüber Dritten
(a) Wann muss sich Kreditgeber ELRG entgegenhalten lassen?
• uE immer:
Prüfung, ob Existenzgefährdung droht!
uE auch, wenn prima facie eine betriebliche
Rechtfertigung besteht – existenzgefährdende
Risiken dürfen nie eingegangen werden!
50
4. Auswirkungen gegenüber Dritten
(b) Bisherige Judikatur
Fall 1: Ausgangsentscheidung – 4 Ob 2078/96 h („Fehringer“)
Bank klagt MV der J-GmbH auf Zahlung des Kreditbetrags bei sonstiger Exekution in die
Liegenschaft – Leistungsverweigerungsrecht des Pfandschuldners
Down-stream-
merger II
Down-stream-
merger I
Anteilsverkauf
Hypothek
KaufpreisFamilie D
J-AG
J-GmbH(insolvent, Beklagte)
B-GmbHBank(Klägerin)
Liegenschaft
51
Darlehen
4. Auswirkungen gegenüber Dritten
(b) Bisherige Judikatur
Fortsetzung Fall 1 (4 Ob 2078/96 h)
ELRG kann auch Dritten entgegengehalten werden – entweder bei Kollusion
(Vertreter und Dritter wirken absichtlich zusammen, um Vertretenen zu schädigen)
oder bei grob fahrlässiger Unkenntnis
War der klagenden Bank bekannt, ob ein angemessenes („ganz ungewöhnliches “)
Entgelt vereinbart war? Wenn nein, diesbezügliche Erkundigungspflicht
Aber keine besondere Nachforschungen oder Angemessenheitsprüfungen, Bank kann
sich auf nicht offenkundig unrichtige Auskünfte der beteiligten Gesellschaften
verlassen.
Wenn angemessene Gegenleistung vereinbart war: weiters zu prüfen, ob Organe der
Zielgesellschaft bei gewissenhafter Prüfung annehmen konnten, dass die
Zielgesellschaft die für die Kreditrückzahlung notwendigen Mittel erwirtschaften
werden könne – auch diesbezüglich Erkundigungspflicht der Bank
Wenn Kollusion oder grob fahrlässige Unkenntnis: Leistungsverweigerungsrecht
gegenüber Bank!
52
4. Auswirkungen gegenüber Dritten
(b) Bisherige Judikatur
Fortsetzung Fall 1 (4 Ob 2078/96 h)
Y-GmbH
X-GmbH
Bank
Kredit
Kredit (zum Anteilserwerb)
53
4. Auswirkungen gegenüber Dritten
(b) Bisherige Judikatur
Fall 2: Einschränkung Prüfpflicht – 6 Ob 271/05d („Strickwarenentscheidung“)
X Y
GmbH(Insolvent-
MV als Kläger)
Strickwarenerzeugung –
maschinelle Arbeitsschritte
EU – manuelle
Fertigung
2 %
98 %
Verrechnung nach
Stundensatz
Bank(Beklagte)
Verpfändungsvereinbarung
Kontoguthaben zugunsten EU
Rahmenkredit mit
Solidarhaftung und
„Kontoübertragungs- und
Kontoauf-
rechnungserklärung“
Masseverwalter begehrt Rückzahlung iHv rund EUR 115.000 von Bank, nachdem die Bank diesen Betrag vom
Gesellschaftskonto auf das Gesellschafterkonto zur Abdeckung eines Debetsaldos umgebucht hat
54
4. Auswirkungen gegenüber Dritten
(b) Bisherige Judikatur
Fortsetzung Fall 2 (6 Ob 271/05d)
keine Verletzung einer Erkundigungspflicht, wenn keine verbotene ELRG
Erkundigungspflicht gem „Fehringer“-E gilt nicht für alle Fälle einer denkmöglichen ELRG –
dort: Bestellung von Sicherheiten am Gesellschaftsvermögen für Verbindlichkeiten der
Gesellschafter (MBO) – Verstoß gegen § 82 GmbHG drängt sich geradezu auf -
Erkundigungspflicht der Bank
solcher „ins Auge springender“ Verdacht liegt gegenständlich aber nicht vor
allgemeine Erkundigungs- und Prüfpflicht der Bank wird wegen der Komplexität des
Themas des Fremdvergleichs abgelehnt und eine Nachfrage nur dort gefordert, wo
sich der Verdacht einer unzulässigen Einlagenrückgewähr schon so weit aufdrängt,
dass der Verdacht nahezu einer Gewissheit gleichkommt
OGH nimmt auch Bezug auf Literaturmeinungen, wo zB beim Überweisungsverkehr
zwischen Konzerngesellschaften eine allgemeine Prüfpflicht abgelehnt wird, weil der Bank
die Überprüfung von Rechtsgrund oder Angemessenheit der Transaktion nicht zumutbar ist –
aber: dazu keine finale Stellungnahme des OGH! Vgl aber OGH 2 Ob 225/07p (zu
Überweisungen auf Giro-/Einmalbarkreditkonto, dazu noch später)!
55
4. Auswirkungen gegenüber Dritten
(b) Bisherige Judikatur
Fall 3: GmbH & Co KG – 2 Ob 225/07p
P GmbH & Co KG(insolvent, MV Kläger)
Privatstiftung
B GmbH(insolvent)
DA GmbH
BE GmbH BE GmbH & Co KG
KomplementärinKommanditistin
Kommanditistin
Komplementärin
Bank(Beklagte)
Kredit zur Finanzierung des Anteilserwerbs
Betriebsliegenschaft
Gerald S.(auch GF der
Gesellschaften)
Kredit zumAnkauf der Liegenschaft
Hypothek
Kreditrückzahlungauf Bankkonten
Forderung ~ € 9 Mio
MV klagt Bank auf Rückzahlung der Kreditraten, die von P GmbH & Co KG auf Girokonto und Kreditkonto (Einmalbarkredit) der
BE GmbH & Co KG bei der beklagten Bank geleistet wurden
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4. Auswirkungen gegenüber Dritten
(b) Bisherige Judikatur
Fortsetzung Fall 3 (2 Ob 225/07p)
bei KG ohne natürliche Person als Vollhafter (Komplementär) gilt Verbot der ELRG zwischen
KG und Kommanditist analog – Rückersatzanspruch steht KG zu
Zurechnung Dritter: Entsprechend Grundsätzen der Fehringer-E (4 Ob 2078/96h).
Berufungsgericht (Ausführungen von OGH gebilligt): Rückzahlungspflicht der Bank zu
bejahen, wenn sich ihr das Wissen einer verbotenen ELRG geradezu aufdränge – diesfalls
greift Erkundigungspflicht (bemerkenswert: hier Zurechnung, obwohl noch keine Judikatur –
mglw Korrektur durch OGH 9 Ob 25/08d u 6 Ob 29/11z)
Bei Finanzierung des Anteilserwerbs aus den Erträgnissen der Zielgesellschaft regelmäßig
erhöhtes Risiko für die Gläubiger der Zielgesellschaft – die zur Rückführung des zur
Finanzierung des Anteilserwerbs aufgenommenen Kredits erforderlichen Mittel schmälern
den Befriedigungsfonds der Gläubiger.
57
4. Auswirkungen gegenüber Dritten
(b) Bisherige Judikatur
Fortsetzung Fall 3 (2 Ob 225/07p)
Fortsetzung Ausführungen Berufungsgericht:
„ Solange sich jedoch der Verdacht nicht aufdrängte, dass die Erstgemeinschuldnerin [= P
GmbH & Co KG] trotz ausgezeichneter Ertragslage durch ungerechtfertigte Entnahmen
finanziell soweit ausgehöhlt werde, dass eine Gewinnausschüttung an die Kommanditistin
BE***** GmbH & Co KEG, die eine Rückführung des von dieser bei der Beklagten
aufgenommenen Kredits ermöglicht habe, nicht mehr möglich wäre, könne von grober
Fahrlässigkeit der Beklagten noch nicht ausgegangen werden. Ein erster Verdacht in diese
Richtung habe sich ergeben müssen, als es im Herbst 2002 auf den Kreditkonten zu den
ersten Rückständen gekommen sei. Dieser Verdacht habe sich erhärten müssen, als
der Beklagten am 4. 11. 2002 die Bilanz der Erstgemeinschuldnerin zum 31. 12. 2001
übermittelt worden sei, die ein überaus positives Jahresergebnis, gleichzeitig aber eine
unerklärliche Forderung gegen Gerald S***** in der beträchtlichen Höhe von
9,359.711,74 ATS ausgewiesen habe, für die vom Unternehmen keine schlüssige Erklärung
gegeben worden sei. …
[ Bank muss Bilanz prüfen und auf „Bilanzunregelmäßigkeiten reagieren!]
58
4. Auswirkungen gegenüber Dritten
(b) Bisherige Judikatur
Fortsetzung Fall 3 (2 Ob 225/07p)
… Die ersten drei angefochtenen Zahlungen der Erstgemeinschuldnerin auf Konten der BE*****
GmbH & Co KEG seien am 4. 9. 2002, 3. 10. 2002 und 11. 11. 2002 jeweils auf das Konto Nr. 180-
007210 erfolgt, von dem die monatlichen Kreditraten eingezogen werden sollten. Die weiteren drei
angefochtenen Zahlungen seien am 31. 1. 2003, 4. 2. 2003 und 5. 5. 2003 auf das Konto Nr. 180-
007199 erfolgt, auf dem der Einmalbarkredit verbucht worden sei. Den direkt auf dieses Kreditkonto
erfolgten Zahlungen komme hinsichtlich der Frage der unzulässigen Einlagenrückgewähr ein
höherer Auffälligkeitswert zu als den Zahlungen auf das erstgenannte Konto, bei dem es sich
offensichtlich um ein Girokonto gehandelt habe, weil ein Kreditkonto betreffend einen
Einmalbarkredit regelmäßig nicht dem Zahlungsverkehr diene. Der Beklagten sei zur
Prüfung der ihr am 4. 11. 2002 übermittelten Vorjahres-Bilanz der Erstgemeinschuldnerin eine
angemessene Frist einzuräumen. Hinsichtlich der drei auf das Kreditkonto der BE***** GmbH &
Co KEG am 31. 1. 2003, 4. 2. 2003 und 5. 5. 2003 geleisteten Zahlungen von zusammen
22.608,34 EUR sei der Beklagten vorzuwerfen, dass sie grob fahrlässig nicht erkannt habe, dass
es sich dabei um eine unzulässige Einlagenrückgewähr handle.“
[ Zahlungen auf Kreditkonten „verfänglich“, Girokonto hat weniger „Auffälligkeitswert!]
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4. Auswirkungen gegenüber Dritten
(b) Bisherige Judikatur
Fall 4: Besicherung von Krediten von dem Hauptgesellschafter nahestehenden Dritten
- 7 Ob 35/10p
Haftung als Bürge und Zahler
Ing. S. Ing. S.
X
X
X
Y(Beklagte)
99,8 %Mehrheitsgesell-
schafter
Bank(Klägerin)
4 Kredite
Bank nimmt Y aus den übernommenen Bürgschaften in Anspruch
GF: Ing. S.
60
4. Auswirkungen gegenüber Dritten
(b) Bisherige Judikatur
Fortsetzung Fall 4 (7 Ob 35/10p)
Ad Fremdvergleich / betriebl Rechtfertigung: Bei der Prüfung ist umfassend auf alle Vorteile
abzustellen, die der Gesellschaft zukommen; diese können in einer monetären
Gegenleistung, aber auch in sonstigen Vorteilen liegen, die sich aus der wirtschaftlichen
Zusammenarbeit mit dem Gesellschafter ergeben
Gegenständlich kein Entgelt – daher betriebl Rechtfertigung erforderlich – Prüfung zum
Zeitpunkt des Eingehens der Bürgschaft (Wertverschiebung zulasten der Gesellschaft trifft
bereits zum Zeitpunkt der Rechtsverbindlichkeit der Besicherung ein!)
Keine Geschäftsbeziehung zw Beklagten und kreditnehmenden Gesellschaften, Verbindung
nur über die Beteiligungen in der Person von Ing. S. –rechtfertigendes Eigeninteresse oder
irgendein Vorteil für Risikoübernahme ist nicht zu erkennen; Beurteilungsmaßstab: sorgfältig
handelnder GF!
Daran ändert weder hervorragende Bonität des Ing. S. (vollwertiger Rückgriffsanspruch)
noch fehlende Existenzgefährdung noch marktübliche Kreditkonditionen etwas (anders
offenbar Berufungsgericht!)– allenfalls dadurch Reduzierung Risiko, schafft aber keine
betriebl Rechtfertigung
61
4. Auswirkungen gegenüber Dritten
(b) Bisherige Judikatur
Fortsetzung Fall 4 (7 Ob 35/10p)
Prüf- und Erkundigungspflicht Bank: Bestätigung Grundsätze Strickwaren-E (6
Ob 271/05d)
Beurteilung muss für den Zeitpunkt des Abschlusses des Rechtsgeschäfts
vorgenommen werden
Maßgeblich ist Kenntnisstand der Bank – Bank hat in Berufungsbeantwortung
ausdrücklich zugestanden, ihr seien die Gesellschaftsverhältnisse der
kreditnehmenden Gesellschaft bekannt gewesen, ebenso deren finanzielle
Verhältnisse und jene der Beklagten; die Besicherung habe der
Kreditfinanzierung der Gesellschaften des Ing. S. gedient
Ing. S. agiert als „Dominus der Geschäfte“ – Bank war dies bekannt
62
4. Auswirkungen gegenüber Dritten
(b) Bisherige Judikatur
Fortsetzung Fall 4 (7 Ob 35/10p)
„ Ausgehend von dieser Kenntnis musste sich der Klägerin als kreditgebende Bank der
Verdacht einer unzulässigen Einlagenrückgewähr mit an Gewissheit grenzender
Deutlichkeit aufdrängen. Sie hatte von einer Besicherung von Krediten auszugehen, die
dem Hauptgesellschafter der Beklagten nahestehenden Dritten gewährt wurden, obwohl
diese Dritten zur Beklagten keine Geschäftsbeziehungen unterhielten. Sie musste
erkennen, dass die Beklagte ausschließlich im vorrangigen Interesse ihres
Hauptgesellschafters handelte. Daher hätte die Klägerin in dieser hoch verdächtigen
Konstellation das Vorliegen einer betrieblichen Rechtfertigung der
Bürgschaftsübernahmen durch die Beklagte zu hinterfragen gehabt (sofern sie nicht
ohnehin Kenntnis vom Fehlen jeder Gegenleistung hatte). Das Unterlassen dieser
naheliegenden und höchst gebotenen Nachforschungen in diese Richtung, die der
Klägerin das Fehlen jeder betrieblichen Rechtfertigung der Bürgenhaftung der Beklagten
und damit den Missbrauch der Vertretungsmacht durch Ing. S***** als Geschäftsführer
der Beklagten zur Kenntnis gebracht hätten, verlangt es, der Beklagten ein
Leistungsverweigerungsrecht gegenüber der Klägerin im Sinn der herrschenden Ansicht
zuzugestehen.“
[ auch Nicht-Bestehen von Geschäftsbeziehungen ist im Konzern hoch-verdächtig!]
63
4. Auswirkungen gegenüber Dritten
(b) Bisherige Judikatur
Fall 5: Zurechnung Strohmann – „hoch verdächtige Konstellation“- 6 Ob 29/11z
Klägerin klagt Bank auf Lastenfreistellung (Eigentumsfreiheitsklage)
A
SO-GmbHW-GmbH(Verkäuferin)
LiegenschaftBank
(Beklagte)
Klägerin
Kaufvertrag(20./27.1.2005)
Hypothek 3./18.2006für Kredit an K
(Einverleibung 2008)
S-GmbH
93%
100%
7%
45%
Kredit für Aufbau/EntwicklungSO GmbH -tatsächlich wendet sich A Kredit für andere Zwecke zu
GF: A
64
A
K(Stroh-mann)
4. Auswirkungen gegenüber Dritten
(b) Bisherige Judikatur
Fortsetzung Fall 5 (6 Ob 29/11z )
Bestätigung bisheriger E, insb 7 Ob 35/10p als hoch verdächtiger Fall
Gegenständlich wusste Bank nichts von der Strohmanneigenschaft und dass A von Anfang
an die Kreditvaluta für sich zu verwenden beabsichtigte; Bank wusste auch nicht, dass A
(un)mittelbarer Gesellschafter der K bzw der SO GmbH war.
Dennoch treten hier besondere Umstände hinzu, die den Fall „hoch verdächtig“ machen:
„Der Beklagten war bekannt, dass die Verkäuferin „im Einflussbereich“ des Geschäftsführers
[=A] war. Die Beklagte akzeptierte ein Liegenschaftspfand einer im Einflussbereich des
Geschäftsführers befindlichen Gesellschaft für einen Kredit, den ein anderer „für den Aufbau
und die Entwicklung“ einer Gesellschaft, an der zwar eine unmittelbare oder mittelbare
Beteiligung des Geschäftsführers nicht feststeht, bekam. Dass eine Gesellschaft, die mit
dem Kreditnehmer in keinem ersichtlichen Zusammenhang steht, für diesen eine Sicherheit
bestellt, wäre schon ungewöhnlich und auffällig. …
[ auch Pfandbestellung einer fremden Gesellschaft hat Auffälligkeitswert!]
65
4. Auswirkungen gegenüber Dritten
(b) Bisherige Judikatur
Fortsetzung Fall 5 (6 Ob 29/11z )
… Im vorliegenden Fall kommt aber noch dazu, dass der Beklagten aus dem präsentierten
Unternehmenskonzept bekannt war, dass eine „S*****-Firma“, möglicherweise die S*****
GmbH, und der Kreditnehmer nach einer Kapitalaufstockung Mehrheitsgesellschafter dieser
GmbH werden sollten. Da nach den Feststellungen die Beklagte im Rahmen der seit
2004/2005 bestehenden ständigen Geschäftsbeziehung mit dem Geschäftsführer bei der
Bonitätsprüfung ua auch die „Firmendaten“ der S***** GmbH überprüfte, war ihr bekannt,
dass auch diese Gesellschaft im Einflussbereich des Geschäftsführers war und er somit an
dieser unmittelbar oder mittelbar oder beides beteiligt war. Dass es sich bei Unternehmen
der „S*****-Gruppe“ um solche des Geschäftsführers handelte und die Beklagte dies wusste,
hat diese übrigens in der Klagebeantwortung implizit zugestanden. … “
[ Bank muss präsentierte Daten auswerten und entsprechende „Schlüsse“ ziehen! auch
künftige Beteiligung und dazu offenbarte Informationen (Unternehmenskonzept) sind hier für die
Begründung einer Erkundigungspflicht ausreichend!]
66
4. Auswirkungen gegenüber Dritten
(b) Bisherige Judikatur
Fortsetzung Fall 5 (6 Ob 29/11z )
„Der erkennende Senat kommt daher zum Ergebnis, dass auch nach der im Zeitpunkt des
Abschlusses des Pfandbestellungsvertrags (vgl RIS-Justiz RS0105537 [T5]) zum Verbot der
Einlagenrückgewähr bekannten Rechtsprechung der der beklagten Bank erkennbare
Verdacht auf eine verbotene Einlagenrückgewähr sich in einer der Gewissheit
nahekommenden Weise aufdrängen musste und die Beklagte daher zu den unterlassenen
Erkundigungen (Befragung des Geschäftsführers, warum die Verkäuferin ein Pfand für eine
fremde Schuld bestellte, ob sie etwa dafür ein Entgelt bekam oder sonst aus dem Geschäft
irgendeinen Vorteil zog) verpflichtet gewesen wäre. Nach der dargestellten Rechtslage ist
der Pfandbestellungsvertrag daher absolut nichtig.“
[ Sobald Rechtsprechung existent, wird diese als bekannt vorausgesetzt!
Erkundigungspflicht, warum ein Fremder Pfand bestellt – hoch verdächtige Konstellation!
daran anschließend: Frage nach Entgelt und betriebl Rechtfertigung (- und uE auch
Existenzgefährdung, vgl Fehringer-E)!]
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4. Auswirkungen gegenüber Dritten
(b) Bisherige Judikatur
Fortsetzung Fall 5 (6 Ob 29/11z)
Besonderheit dieser Entscheidung: Klägerin als Käuferin der (mit Hypothek belasteten)
Liegenschaft hat keinen Rückgewähranspruch gem § 83 GmbHG, da diese nicht
„entreicherte Gesellschaft“ ist (wäre hier W-GmbH als Verkäuferin)
Aber aufgrund der Nichtigkeit der Pfandbestellung kann diese auch im Wege der
Eigentumsfreiheitsklage geltend gemacht werden – auch der Eintrag eines (absolut)
nichtigen Pfandrechts ist ein unberechtigter Eingriff in das Eigentumsrecht - Eigentümer
kann daher unabhängig von der Reihenfolge der Grundbuchseintragungen des
Eigentumsrechts und des Pfandrechts aus der Eigentumsfreiheitsklage die Löschung eines
absolut nichtigen Pfandrechts bejahen.
„nichtige und somit wertlose Hypothek“ soll aus dem Grundbuch entfernt werden können!
68
4. Auswirkungen gegenüber Dritten
69
(b) Bisherige Judikatur
Fall 6: „unangemessen hoher Mietzins“ – lange Verjährungsfrist – 6 Ob
110/12p
Drittvergleich: nicht nur konkrete Konditionen zu beurteilen,
sondern auch Frage, ob ein derartiges Geschäft überhaupt mit
gesellschaftsfremdem Dritten abgeschlossen worden wäre
Rechtsfolge Teil- oder Gesamtnichtigkeit: richtet sich nach
hypothetischem Parteiwillen (Vertrag fällt zur Gänze weg oder
Mietvertrag bleibt wirksam, aber Entgelt zu reduzieren)
Verjährung: Rückforderungsanspruch nach § 83 GmbHG
konkurriert mit Rückforderung von verbotswidrigen Leistungen
nach allgemeinem Bereicherungsrecht
dh neben 5 jähriger Verjährungsfrist nach § 83 Abs 5 GmbHG
auch allgemeine bereicherungsrechtliche Verjährungsfrist
4. Auswirkungen gegenüber Dritten
70
5. Kollisionsrechtliche Überlegungen Anwendbarkeit gesellschaftsrechtlicher Vorschriften (z.B. auch betreffend
Verbot der Einlagenrückgewähr) unterliegt dem „Gründungsstatut“, dh
dem Recht des Staates, in welchem die Gesellschaft gegründet wurde
und ihren satzungsmäßigen Sitz hat (EuGH 9.3.1999, Rs C-212/97);
öst. Regelungen über Einlagenrückgewähr gelten daher nur für öst.
Gesellschaften
ABER: bei Scheinauslandsgesellschaften mit Sitz im Ausland, aber COMI
in Österreich, Anwendbarkeit des öst. Insolvenzrechtes; daher Möglichkeit
der Unwirksamkeitserklärung gläubigerschädigender Rechtshandlungen
von Scheinauslandsgesellschaften gemäß §§ 27 ff IO (von Bedeutung, da
ausländische Rechtsordnung oft keine vergleichbaren
gesellschaftsrechtlichen Gläubigerschutzbestimmungen kennen)
Anwendbarkeit hängt allein von der Qualifikation der von der Ausschüttung
betroffenen Gesellschaft als öst. Gesellschaft ab; auf die Person des
Gesellschafters kommt es nicht an
-> auch ausländischer Gesellschafter einer öst. Gesellschaft ist an das
Ausschüttungsverbot nach öst. Recht gebunden
Gesellschaftsstatut ist zwingend; durch Rechtswahl kann dem Verbot der
Einlagenrückgewähr nicht ausgewichen werden
71
5. Kollisionsrechtliche Überlegungen
Grenzüberschreitende Konzerne:
Anwendbarkeit unterschiedlicher Rechtsvorschriften je nach
Nationalität der einzelnen Gesellschaften
-> konzernweit durchgeführte Maßnahme (zB Konzernumlage)
kann daher bei Tochterges in einzelnen Staaten unzulässig, in
anderen erlaubt sein
Für grenzüberschreitend tätige Konzerne ist daher eine genaue
und verlässliche Information über die jeweiligen nationalen
gesellschaftsrechtlichen Anforderungen unabdingbar!!!
72
6. Konkurrenz zu Anfechtung, Eigenkapitalersatz
Einlagenrückgewähr – Anfechtung
• Anfechtung erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, Verbot der
Einlagenrückgewähr grundsätzlich unabhängig vom Vorliegen einer
Krise oder Insolvenz
• Adressat des Rückforderungsanspruches:
Anfechtungsrecht: jede Person, die einen (unmittelbaren)
Vermögensvorteil erlangt oder an der anfechtbaren
Rechtshandlung mitgewirkt hat
Einlagenrückgewähr: leistungsempfangender Gesellschafter und
Geschäftsführer solidarisch, Ausfallshaftung der
Mitgesellschafter, Dritte nur unter bestimmten Voraussetzungen
• Einlagenrückgewähr: Entfall der Rückerstattungspflicht für gutgläubig
bezogene Gewinnanteile; sonst keine subjektiven
Tatbestandsmerkmale
Anfechtung: subjektive Tatbestandsmerkmale gemäß §§ 27 ff IO
73
6. Konkurrenz zu Anfechtung, Eigenkapitalersatz
• Einlagenrückgewähr: bereicherungsrechtlicher Verjährungsanspruch 30
Jahre
Anfechtung: länger als 1 Jahr vor Insolvenzeröffnung zurückliegende
Tatbestandsmerkmale teilweise schwer nachweisbar
• Vergleich der Rechtsfolgen (vgl. Trenker, Insolvenzanfechtung
gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen (2012)):
Primäre Rechtsfolge nach § 83 GmbHG und § 39 IO
Rückforderungsanspruch gegenüber leistungsempfangenden
Gesellschafter; Rechtsnatur unterschiedlich, im Einzelnen strittig:
Rückersatzanspruch gemäß § 39 IO hat keine dingliche Wirkung,
daher in der Insolvenz des leistungsempfangenden Gesellschafters
nur Insolvenzforderung;
Verstöße gegen Verbot der Einlagenrückgewähr sind absolut nichtig,
daher dinglicher Rückersatzanspruch und Aussonderungsanspruch
in der Insolvenz des leistungsempfangenden Gesellschafters - strittig;
bei originärem Eigentumserwerb, zB kraft Vermischung, nur
quotenmäßige Befriedigung
74
6. Konkurrenz zu Anfechtung, Eigenkapitalersatz
• Anwendungsbereich von Anfechtung gemäß § 28 IO und
Verbot der Einlagenrückgewähr weitgehend ident
(Einlagenrückgewähr – keine subjektiven
Tatbestandsmerkmale)
• OGH: Vorrang der Regeln der Anfechtung gegenüber
Verbot der Einlagenrückgewähr (OGH 26.5.2010, 3 Ob
51/10m)
Einlagenrückgewähr – Eigenkapitalersatz
• z.B. Verrechnungskonten zwischen
Schwestergesellschaften in der Insolvenz:
• vieles strittig
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