18851 FL08 072 073 Unfall - fliegermagazin.de · You can download this startup file for Distiller versions 4.0.5 and 5.0.x for free from ... Automatic Selection of Compression ...
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Unfa l lak te
ten. Die Besatzung eines Poli-zeihelis hatte sich die Flugweg-aufzeichnungen noch mal vor-genommen und die Gegend, inder die Yak verschwunden seinmusste, eng eingegrenzt.
Als auch die Ermittler derBundesstelle für Flugunfalluntersuchung einen Blick aufdie Radardaten werfen, stelltsich heraus, dass mit der Yak ei-nige Kilometer nördlich der
Unfallstelle Kunstflugübungendurchgeführt wurden.
Augenzeugen untermauerndas Ergebnis der Radaraus-wertung, sie beobachteten denTiefdecker im Kunstflug. Da-mit bewegte sich der verant-wortliche Pilot auf sehr dün-nem Eis: Zwar ließ er sich zumKunstflieger ausbilden, die ab-schließende Berechtigung be-saß er allerdings nicht. Und sei-ne Erfahrung? Nicht sonder-lich groß: Zweieinhalb Jahrevor dem Unfall hatte er denPPL erworben, seine Flugstun-den summierten sich auf 156,davon 17 auf dem Unfallmus-ter. Zuletzt war er vor demCrash im Dezember mit derYak unterwegs gewesen.
Immerhin hatte sein Mitflie-ger die Kunstflugberechtigungin der Tasche. Nicht nur das:Zusätzlich war der Berufspilotmit einer Instrumentenflug-und Lehrberechtigung ausge-stattet, von seinen insgesamt6000 Flugstunden entfielen 200
K räfte zerren am Flugzeug,die g-Belastung ist dem Pi-loten deutlich ins Gesicht
geschrieben – gut, wenn er sichin einer kunstflugtauglichenMaschine weiß. Wie beispiels-weise der Yak-52. Die symboli-siert für viele in Flugzeugformgegossene Solidität. StabileRussentechnik eben, ein Trai-ner für die rauhe Anfänger-Grundschulung mit dem Kons-truktionsbonus der Kunstflug-tauglichkeit. Das Flugzeug istbeliebt, denn seine Auslegungals Tandemsitzer mit Neunzy-linder-Sternmotor verleiht ihmden Nimbus eines Warbirds –was die Einmot nie war.Unterm Strich also ein Flug-zeug, in dem man als Pilot so gutwie nichts befürchten muss?
Am 14. Januar machen sichzwei Männer in einer Yak-52 zueinem Rundflug auf. Um kurzvor zwölf starten sie vom Flug-platz Koblenz-Winningen; diebeiden wollen bald zurück sein.Deswegen versucht die Koblen-zer Flugleitung auch nach einerStunde, mit der Crew Funk-kontakt aufzunehmen. Vergeb-lich, niemand antwortet, dieMaschine bleibt verschwunden.
Sie wird es weitere siebenTage bleiben. Zwar macht sichnoch am selben Abend ein Po-lizeihubschrauber auf die Su-che. Eine erste Auswertung derRadaraufzeichnungen soll hel-fen, das Gebiet eines eventuel-len Unglücks zu lokalisieren –ohne Erfolg.
Je länger man die Yak ver-misst, desto mehr erregt derVorfall Aufsehen in der Presse.Inzwischen kommt eine großan-gelegte Suchaktion in Gang, ander sich auch zahlreiche Privat-personen beteiligen. Eine Wo-che nach dem Verschwinden fin-det man in einem abgelegenenWaldstück bei Stephanshausenschließlich das Wrack der Ma-schine, an Bord die toten Pilo-
Eine Woche lang bleibt eine Yak-52 spurlos verschwunden. Neben Polizei-hubschraubern beteiligt sich auch die Öffentlichkeit an der Suche.Als man das Wrack endlich findet und untersucht, stellt sich heraus, dass einelängst bekannte Schwachstelle der Crew zum Verhängnis wurde
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Eine Woche unentdeckt:Erst die Auswertung von
Radarspuren führt einen Polizeihubschrauber
zum Wrack der Yak-52
Die Metallkugel dient als Verschlussknopf der hinteren
Haube. Das Teil löste sich im Kunstflug und kullerte
ins Rumpfheck
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auf die Yak-52. Die Unfallma-schine gehörte dem Fluggastvon 1997 bis 2002.
Unter den vielen Vorberei-tungen, die man für Kunstflugzu treffen hat, lautet eine:Schlüsselbund, Münzen, Handy– der Inhalt von Hosentaschen,das alles muss sicher verstautsein, Reißverschlüsse an Jackenmüssen geschlossen werden,da-mit einem kein Kleinkram beiManövern wie zum Beispiel
Rückenflug um die Ohren fliegtund wichtige Steuerorgane imFlugzeug blockiert. Im Fall derYak-Crew kam die Gefahr auseiner völlig unerwarteten Eckein Form einer kleinen, nur etwa25 Millimeter großen Metallku-
gel: Als man die Beplankungder Unfallmaschine abnahm,wurde im hinteren Rumpfbe-reich besagtes Teil gefunden,das normalerweise an der rück-wärtigen Schiebehaube alsVerschlussknopf angebracht ist.
Ein Teil des Rumpfhecks wur-de herausgesägt und untersucht:An der schmalen Durchführungdes Höhenruder-Antriebshe-bels sowie an diesem selbst fan-den sie Berührungs- und Farb-spuren. Die Metallkugel ließsich von der Innenseite desRumpfes her an die drei Ein-druckspuren am Ende derDurchlassöffnung für das Hö-henruder-Antriebssegmentformschlüssig anpassen (sieheAbbildung links).
Für die Unfalldetektive er-gab sich somit folgendes Sze-
nario: Während der Kunstflug-manöver muss sich die Kugelgelöst und ins Flugzeugheck ge-kullert sein. Das Höhenruder-Antriebssegment drückte denKnopf anschließend gegen denRandbereich der Durchlassöff-nung. Das Höhenruder wurdedamit unbrauchbar. Tatenlosmussten die beiden Männermitansehen, wie ihr Flugzeugauf den Wald zuschoss …
Es kam übrigens schon öfterzu ähnlichen Unfällen mit derYak-52 (siehe fliegermagazin5/04), häufig mit gleichartigwiederkehrendem Szenario:Nach Aerobatic-Übungen ließsich die Maschine nur nochsehr schwer um die Querachsesteuern. Wie bei Darius Isga-naitis, Mitglied der litauischenKunstf lug-Nationalmann-schaft. Er schaffte es dank ge-nügend Höhe, die Yak auf denRücken zu drehen, bewohntesGebiet zu verlassen und aus-zusteigen. Gelang Piloten dieLandung, fand man bei Kon-trollen Fremdkörper im Flug-zeugheck. Nicht wenige Flügeendeten aber auch im Crash.
mw
Oben: Durchlass-öffnung für denHöhenruder-Antriebshebel (herausgesägt, inder rechten Hand).Links die Lage der blockierendenMetallkugel in der Öffnung
Nordeifel, geschlossene Wolkende-cke, darüber zieht eine Cessna 172P in 3300 bis 4200 Fuß MSL ihre
Bahn. In besten VMC. An Bord Lehrerund Schüler. Gestartet war die Einmotum 14.28 Uhr in Bonn-Hangelar. Dort,wie auch im gesamten Rheintalgebiet,herrschen an diesem Dezembertag beiein bis zwei Achtel Bewölkung einwand-freie Sichtflugbedingungen. Auf westli-chem Kurs übersteigt die Cessna weni-ge Minuten nach dem Start die geringeBewölkung mit Untergrenzen von zirka1500 Fuß GND.
Der Kurs führt Richtung Nordeifel;die Wolken machen dicht – keine Erd-sicht mehr, dafür über der Stratusdeckedauerhaft VMC. Etwa vier Meilen süd-westlich der Dahlemer Binz kurvt derHochdecker nach links, auf Kurs Nord-ost sinkt die Maschine mit etwa 250 Fußpro Minute …
Am frühen Morgen des nächsten Ta-ges finden Suchtrupps das Wrack in ei-ner Waldlichtung der Eifel, beide In-sassen sind tot. Der Transponder wurdeim Mode C betrieben, so ließ sich derFlugweg samt Höhenangaben lückenloszurückverfolgen. Ob sich der verant-wortliche Pilot Wetterinfos einholte, ließsich nicht klären. Nach der Gebietsvor-hersage für die Allgemeine Luftfahrt(GAFOR) lag das Unfallgebiet amnördlichen Rand der GAFOR-Region37 (Eifel). Es war für den relevantenZeitraum mit X-Ray eingestuft: hori-
zontale Sichten am Boden weniger alseineinhalb Kilometer, Hauptwolken-untergrenze bei einer Bezugshöhe von2000 Fuß tiefer als 500 Fuß.
Vermutlich sahen beide Männer, be-vor sie die Inversionshöhe durchsanken,deutlich den Rand des Wolkenfeldes sowie das sich anschließende wolken-freie Gebiet in Richtung Heimatplatz.Darauf steuerten sie zu. In den letzteneineinhalb Minuten der Aufzeichnungänderte die Crew in einer gleichbleiben-den Höhe von 1600 Fuß MSL ihrenNordostkurs auf etwa 250 Grad, vermut-lich um letzten Wolkenfetzen auszuwei-chen, nachdem wohl wieder Erdsicht bestand. Untersucher halten es für aus-geschlossen, dass in dieser Phase überdem bergigen Gelände eine exaktePositionsbestimmung möglich war.
Zu spät realisierten die Piloten, dassdas Gelände anstieg … mw
Strahlender Sonnenschein über einergeschlossenen Wolkendecke. In der
Ferne, wo der Heimatplatz liegt,hätte die Cessna-Crew wieder
Erdsicht – nur ein paar Wolkenfetzenstehen noch im Weg …
18851_FL08_072_073_Unfall.QXD 06.07.2005 12:49 Uhr Seite 73
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