1 Einleitung · 1.830 °C bis 1.850 °C stabil. Die Umwandlung von Anatas zu Rutil ist exotherm Die Umwandlung von Anatas zu Rutil ist exotherm und generiert 12,6 kJ/Mol an Wärme.
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Einleitung 9
Jochen Winkler: Titandioxid© Copyright 2013 by Vincentz Network, Hanover, GermanyISBN: 978-3-86630-893-0
1 Einleitung
Titandioxid-Pigmente stellen etwa 60 % der weltweiten Pigmentproduktion dar. Im Jahr 2011 wurden etwa 5,5 Millionen Tonnen Titandioxid-Pigmente herge-stellt. Der jährliche Zuwachs der Pigmentproduktion lag in den letzten Jahren im Durchschnitt zwischen 2 und 5 %. Für die USA und Europa werden Wachstums-raten von ca. 2 % pro Jahr vorhergesagt, während die Nachfrage in Indien und in China zu einem jährlichen Zuwachs von ca. 6,5 % führen wird. Für das Jahr 2015 wird der weltweite Bedarf vermutlich bei etwa 7 Millionen Tonnen liegen.
Während noch vor zwanzig Jahren die Produktion an Schwefelsäure als Wirt-schaftsindikator galt, gebührt heute dem Titandioxid (TiO2) diese Stellung. Der Pro-Kopf-Verbrauch an Titandioxid (TiO2) kann als Indikator für den Lebens-standard in einem Land herangezogen werden. Im Jahr 2011 wurden in den Industrienationen etwa 4 kg TiO2 Person verarbeitet, während in Indien oder in China diese Zahl bei 0,5 kg lag.
Dabei ist das Titandioxid-Pigment ein relativ junges Industrieerzeugnis, das erst nach dem zweiten Weltkrieg zu Bedeutung gekommen ist. Aufgrund seiner hohen Brechzahl hat es Lithopone, ein Fällungsprodukt bestehend aus Zinksulfid und Bariumsulfat, als Standardweißpigment abgelöst.
Diese Entwicklung war dem Titandioxid jedoch nicht in die Wiege gelegt. Außer der für ein Weißpigment wünschenswerten hohen Brechzahl hat es auch eine zunächst einmal unerwünschte Eigenschaft: Titandioxid ist ein Photohalbleiter. Es absorbiert ultraviolettes Sonnenlicht und setzt die absorbierten Photonen in elektrochemische Reaktionen um, die zum Abbau des Einbettungsmediums führen. Die Überwindung dieses Problems führte zur Entwicklung neuer Tech-nologien: zur Dotierung und zur anorganischen Oberflächenbehandlung von Titandioxid. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse und Verfahren werden heute zunehmend auf andere Problemstellungen bei der Pigmentherstellung, aber auch bei der heterogenen Katalyse, angewandt und weiterentwickelt.
„Transparente“ Titandioxide nutzen die Teilchengrößenabhängigkeit der Licht-streuwirkung dieses Stoffs. Titandioxid-Nanoteilchen streuen das sichtbare Licht weit weniger als TiO2-Pigmente, haben aber immer noch die dem TiO2 eigene Eigenschaft der UV-Lichtabsorption. Aus Sonnenschutzmitteln mit hohen Licht-
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schutzfaktoren ist bereits heute Nano-Titandioxid nicht wegzudenken. Demgegen-über steckt die Verwendung von Titandioxid-Nanopartikeln als Photokatalysator zur Verhinderung der Verschmutzung polymerer Werkstoffoberflächen oder deren Belegung durch Bakterien noch in den Kinderschuhen. Es ist sogar denk-bar, dass diese Anwendungen keine ökonomische Signifikanz erreichen werden.
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Physikalische Eigenschaften von Titandioxid 11
Jochen Winkler: Titandioxid© Copyright 2013 by Vincentz Network, Hanover, GermanyISBN: 978-3-86630-893-01
2 Physikalische, chemische und toxikologische Eigenschaften
2.1 Physikalische Eigenschaften von Titandioxid
Titandioxid kommt in drei chemischen Modifikationen mit unterschiedlichen Kristallstrukturen und damit verschiedenen physikalischen Eigenschaften vor. Es sind Rutil, Anatas und Brookit.
StabilitätRutil ist die thermodynamisch stabilste Form, weswegen sich Anatas und Brookit bei höheren Temperaturen, um ca. 750 °C (Brookit) bzw. 915 °C (Anatas), mono-trop zu Rutil umlagern. Diese Modifikation ist bis zu ihrem Schmelzpunkt bei ca. 1.830 °C bis 1.850 °C stabil. Die Umwandlung von Anatas zu Rutil ist exotherm und generiert 12,6 kJ/Mol an Wärme.
In allen drei Kristallmodifikationen sind die Titanatome verzerrt oktaedrisch von Sauerstoffatomen umgeben. Die einzelnen Oktaeder unterscheiden sich jedoch bei Rutil, Anatas und Brookit in ihrer Anordnung zueinander.
Von technischer Bedeutung sind nur Rutil und Anatas, die sich allerdings in eini-gen physikalischen Eigenschaften voneinander unterscheiden.
KristallstrukturEine Möglichkeit zur Beschreibung der Kristallstrukturen [1] besteht darin, von der Verteilung der Sauerstoffatome auszugehen:
Rutil: Hexagonal dichteste Kugelpackung der Sauerstoffatome, bei der die Hälfte der oktaedrischen Lücken von Titanatomen ausgefüllt sind.
Anatas: Kubisch dichteste Kugelpackung der Sauerstoffatome, bei der die Hälfte der tetraedrischen Lücken von Titanatomen ausgefüllt sind.
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Die Abbildungen 2.1, bis Abbildung 2.3 zeigen die Elementarzellen von Rutil, Anatas und Brookit. Die Kris-tallstruktur ergibt sich, indem die Ele-mentarzellen nach vorn, hinten, links und rechts sowie oben und unten anei-nandergesetzt werden. In Abbildung 2.1 ist das für Rutil visualisiert und man kann erkennen, dass beim Rutil die Oktaeder, die zu dem raumzent-rierten (in der Mitte der Elementar-zelle befindlichen) Titanatom gehören, eine über jeweils zwei gemeinsame Kanten verbrückte Oktaederkette bil-den. Die Oktaederketten verlaufen in die c-Richtung der Elementarzelle.
Außerdem zeigt Abbildung 2.4 für Rutil einen Ausschnitt des Kristall-gitters als Aneinanderreihung von Oktaedern. Außen sind die besagten Oktaederketten (jeweils zwei Okta-eder) zu erkennen. Dabei sind vier dieser Oktaeder in der dargestellten Weise durch einen weiteren Oktaeder (in der Mitte des Bildes) verbunden.
Beim Anatas ergibt sich durch das gleiche Vorgehen als Kristallgitteraus-schnitt ein anderer Aufbau, dies zeigt Abbildung 2.5. In diesem Fall verläuft die Blickrichtung entlang der b-Achse der Elementarzelle. Man erkennt, dass die Oktaeder einer Lage jeweils über vier Ecken miteinander verbunden sind. Nach oben und unten ist jeder Oktaeder über jeweils zwei Kanten mit den benachbarten Oktaedern ver-knüpft. Abbildung 2.6 schließlich stellt die Verhältnisse beim Brookit dar.
Tabelle 2.1 enthält eine vergleichende Gegenüberstellung der kristallographi-
Abbildungen 2.1: Elementarzelle des Rutils; schwarze Punkte: Titan-Atome, weiße Kugeln: Sauerstoff-Atome
Abbildungen 2.3: Elementarzelle des Brookits; schwarze Punkte: Titan-Atome, weiße Kugeln: Sauerstoff-Atome
Abbildungen 2.2: Elementarzelle des Anatas; schwarze Punkte: Titan-Atome, weiße Kugeln: Sauerstoff-Atome
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schen Daten von Rutil, Anatas und Broo-kit sowie deren Härten und Dichten.
HärteAnatas hat im Vergleich zu Rutil eine geringere Mohs’sche Härte von 5,5 bis 6 an Stelle von 6,5 bis 7. Deswe-gen werden Anatase vorwiegend dort eingesetzt, wo die geringere Abrasi-vität einen technischen Vorteil bietet. Das ist vor allem in der Textilindus-trie der Fall, wo Anatas-Pigmente zum Mattieren von Synthesefasern dienen. Genauso auch in Kunststoffen, bei denen die Wetterbeständigkeit im Hintergrund steht, wird aufgrund des geringeren Maschinenverschleißes oft Anatas eingesetzt. Ebenso kommt für die Papierindustrie – zur Schonung der Schneidwerkzeuge – meistens nur der weichere Anatas als Weißpigment in Betracht. Ein weiterer Grund dafür liegt in dessen, im Vergleich zum Rutil, kurzwelligerer Absorptionskante für UV-Licht – siehe im weiteren –, denn im Papier werden oft optische Fluores-zenzaufheller benutzt, die UV-Licht in sichtbare, blaue Strahlung umwandeln. Rutile absorbieren das dafür notwen-dige UV-Licht.
BrechzahlenDie hohe Brechzahl von Titandioxid, in Verbindung mit fehlender Absorp-tion im sichtbaren Spektralbereich zwischen 380 nm und 700 nm, ist die Grundlage für seine Verwendung als Weißpigment.
Sowohl Rutil als auch Anatas bilden doppelbrechende Kristalle, bei denen
Abbildung 2.4: Kristallgitterausschnitt von Rutil
Abbildung 2.5: Kristallgitterausschnitt von Anatas
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die Brechzahlen des ordentlichen (no) und des außerordentlichen Strahls (na) wellenlängenabhängig sind. Aus Abbildung 2.7 (Werte aus [2]) ist zu erkennen, dass die Brechzahlen zur Absorptionskante im UV hin anstei-gen, was für Dielektrika1, wie eben auch Titandioxide, ein ganz normales Verhalten ist, („optische Dispersion“). Während beim Rutil der außerordent-liche Strahl den höheren Brechzahl-verlauf aufweist, ist das für Anatas umgekehrt. Rutil ist „positiv einach-sig“ (no < na) und Anatas ist „negativ
Abbildung 2.6: Kristallgitterausschnitt von Brookit
Rutil Anatas Brookit
Chemische Formel TiO2 TiO2 TiO2
Kristall-system tetragonal tetragonal orthorhombisch
Punktgruppe nach Schönflies
D4h D4h D2h
Punktgruppe nach Hermann-Mauguin
4 mmm 4 mmm mmm
a [nm] 0,4594 0,3785 0,9184
b [nm] 0,4594 0,3785 0,5447
c [nm] 0,2958 0,9514 0,5245
Volumen der Elementar-zelle [nm³]
62,07 136,25 257,38
Molvolumen [cm³/mol] 18,693 20,156 19,377
Härte nach Mohs 6,5–7 5,5–6 5,5–6
Dichte [g/cm³] 4,2–4,3 3,8–3,9 3,9–4,1
Schmelzpunkt [ °C] 1830–1850 Umwandlung zu Rutil Umwandlung zu Rutil
Tabelle 2.1: Kristalleigenschaften und physikalische Eigenschaften von Rutil, Anatas und Brookit
1 Dielektrische Stoffe sind Substanzen, die polarisierbar, jedoch nicht elektrisch leitend sind.
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einachsig“ (no > na). Auch unterscheiden sich die Brechzahlen der beiden Strahlen beim Anatas weniger als beim Rutil.
Bei Titandioxid-Pigmenten handelt es sich um submikroskopische Teilchen der mittleren Teilchengröße zwischen 0,2 µm und 0,3 µm. Deshalb macht eine Unter-scheidung zwischen ordentlichem und außerordentlichem Strahl für den prak-tischen Gebrauch keinen Sinn. Man ordnet gewöhnlich jeder Wellenlänge den Mittelwert der beiden Brechzahlen zu. Gemäß der „mittleren Index-Näherung“ ist die mittlere Brechzahl n eines einachsigen, doppelbrechenden, tetragonalen Kristalls durch
Gleichung 2.1 n = 2 · no + na 3
gegeben [3].
Der Mittelwert ist gewichtet, weil die ordentliche Brechzahl für Licht gefunden wird, welches sowohl parallel zur a-Achse, wie auch zur b-Achse der Elementar-zelle polarisiert ist, während die außerordentliche Brechzahl nur für Licht gilt, welches parallel zur c-Achse polarisiert ist.
In der Praxis hat sich eingebürgert, über den gesamten Spektralbereich Rutil eine Brechzahl von 2,75 und Anatas eine Brechzahl von 2,55 zuzuordnen. Dies korre-
Abbildung 2.7: Wellenlängenabhängigkeit der Brechzahlen der ordentlichen (no) und außerordentlichen (na) Strahlen von Rutil und Anatas
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spondiert in etwa mit den mittleren Brechzahlen, die sich mithilfe von Gleichung 2.1 bei einer Wellenlänge von 550 nm berechnen lassen. Das menschliche Auge arbeitet am empfindlichsten in diesem Wellenlängenbereich.
Die hohe Brechzahl beruht auf einer ausgeprägten Polarisierbarkeit der Bin-dungselektronen im Kristallgitter. Diese sind in dem Ionenkristall vornehmlich den Sauerstoffatomen zuzuordnen.
AbsorptionsspektrenIm UV-Vis-Spektrum gibt es charakteristische Unterschiede zwischen Rutil und Anatas (vgl. Abbildung 2.8).
Auffällig in der Abbildung 2.8 ist zunächst der Unterschied in der Absorptions-kante im nahen UV. Durch Differentiation der Absorptionskurven findet man deren Wendepunkte, die der genauen Lage der Absorptionsbanden entsprechen. Sie liegen bei den Wellenlängen λ = 397 nm (Rutil) und 377 nm (Anatas).
Mithilfe der Gleichung
Gleichung 2.2 E = h · c
λ
h = Planck’sches Wirkungsquantum (6,626 · 10-34 Js)
c = Lichtgeschwindigkeit (2,99793 · 108 ms-1)
Abbildung 2.8: UV-Vis-Spektren von Rutil- und Anatas-Pigmentpresslingen
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lassen sich die Energien E dieser Absorptionen kalkulieren. Sie liegen bei 50 · 10-20 Joule (Rutil) bzw. 52,7 · 10-20 Joule (Anatas).
Gemäß den Gepflogenheiten in der Festkörperphysik werden diese Energien oft in Elektronenvolt (eV) angegeben (1 eV = 1,602 · 10-19 J). Somit ergibt sich für Rutil eine „Bandlücke“ von 3,127 eV und für Anatas eine Bandlücke von 3,289 eV1.
Der Begriff „Bandlücke“ stammt vom „Bändermodell“ der chemischen Bindung her [4].
PhotoaktivitätBei der Lichtabsorption werden Elektronen aus dem Valenzband des TiO2 in das Leitungsband angehoben. Das getrennte Elektron/Loch-Paar nennt man „Exciton“.
Die Excitonenbildung ist die Ursache für die Photohalbleiter-Eigenschaft von TiO2. Die Photoaktivität ist bei Titandioxid-Pigmenten in der Regel unerwünscht, denn die Excitonen können auf ihre Umgebung oxidierend wirken (vgl. Kapi-tel 5) und z.B. eine Bindemittelmatrix zerstören. Deswegen unternimmt die Titandioxid-Pigmentindustrie einige Anstrengungen, um die Photoaktivität zu verringern. Andererseits macht man sich bei Titandioxid-Photokatalysatoren (vgl. Kapitel 8.3) diese Eigenschaft gerade zu Nutze.
BlaustichDie eben noch im sichtbaren Spektralbereich (oberhalb von 385 nm) stattfindende Remission der Anatase führt dazu, dass sie für das menschliche Auge blaustichi-ger erscheinen als ein Rutil vergleichbarer Reinheit.
Um den Blaustich weiter zu erhöhen, lassen sich dem Anatas Fremdmetalle mit höherer Oxidationsstufe (zum Beispiel Sb5+, Mo6+, W6+, Ta5+, Nb5+) zur Calcina-tion zusetzen. Sie wirken vermutlich in der Weise, dass sie im Kristallgitter einen Teil des Ti4+ zu Ti3+ reduzieren, welches blau gefärbt ist.
RemissionAus Abbildung 2.8 ist auch ersichtlich, dass Anatas im langwelligen, roten Teil des Spektrums etwas weniger Remission als Rutil aufweist.
Abbildung 2.9 zeigt zusätzlich zum UV-Vis-Bereich die Remission von Rutil und Anatas im nahen Infrarot (NIR von 700 nm bis 2500 nm). Im NIR kommt es beim Anatas bereits im sichtbaren Spektrum und beim Rutil ab ca. 1.300 nm mit
1 Oft wird als Bandlücke für Rutil 3,03 eV und für Anatas 3,15 eV angegeben. Die dazugehörigen Wellenlängen der Absorption sind 415 nm bzw. 385 nm. Auf diese Wellenlängen kommt man, wenn man durch Extrapolation der beiden linearen Teile der Remissionskurven diejenigen Wellenlängen sucht, bei denen Rutil bzw. Anatas beginnen, das UV-Licht zu absorbieren.
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zunehmender Wellenlänge zu einer immer stärker werdenden Absorption, die nur durch wenig charakteristische Banden strukturiert ist.
Der weitere Verlauf der Remission von Rutil und Anatas im Wellenlängenbereich zwischen 2,5 µm und 25 µm geht aus Abbildung 2.10 hervor. Bei 5 µm (oder 2000 cm-1 Wellenzahlen) werden ca. 27 % des Lichtes reflektiert. Bei 10,75 µm (930 cm-1) hat Anatas und bei 11,1 µm (900 cm-1) hat Rutil die nächste starke
Abbildung 2.9: UV-Vis/NIR-Spektren von Rutil- und Anatas-Pigmentpresslingen
Abbildung 2.10: IR-Spektren von Rutil- (Hombitan R320) und Anatas- (Hombitan LW-S) Pigmentpresslingen
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Absorption von angenähert 100 %. Danach haben Rutil und Anatas bis ca. 20 µm (500 cm –1) wieder höhere Remissionswerte.
Sonstige MerkmaleRutil und Anatas unterscheiden sich sehr deutlich in der Röntgendiffraktometrie. Dazu zeigen die Abbildungen 2.11 (Rutil) und 2.12 (Anatas) die Lage der Dif-fraktions-Signale bis zu einem 2-Theta-Wert von 70°. Tabelle 2.2 gibt im Detail die Lage der Signale und ihre relativen Intensitäten bezogen auf den Hauptpeak (= 100 %) an.
Abbildungen 2.11: Röntgendiffraktogramm von Rutil
Abbildungen 2.12: Röntgendiffraktometrie von Anatas
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Titandioxid ist im Grunde ein elektrischer Isolator. Die Dielektrizitätskonstanten der Titandioxide sind mit Werten um 100 verhältnismäßig hoch. Deswegen werden sie zur Herstellung von elektrisch isolierender Keramik verwendet. Aus Titandioxid (bzw. Titanoxidhydrat) sehr hoher Reinheit wird Bariumtitanat zur Herstellung von Kondensatoren gemacht. Aufgrund der Schwierigkeiten bei der Präparation geeigne-ter Pulverpresslinge sind Messungen dielektrischer Eigenschaften von Titandioxid-Pulvern vermutlich weniger relevant und mit Vorsicht zu interpretieren.
Die Wärmekapazität von TiO2 liegt bei 0,69 Jg-1K-1. Titandioxide sind überdies schwach paramagnetisch. Dies ermöglicht die Abtrennung von Rutil von ferro-magnetischen Erzen bei Aufbereitungsprozessen.
Titandioxid ist thermisch relativ stabil, obwohl es leicht geringe Mengen an Sauerstoff abgibt. Bei ca. 100 °C führt dies bereits – aufgrund der Bildung von Ti3+ an der Oberfläche – zu einer leichten Graufärbung, die jedoch reversibel ist. Bei etwa 400 °C erscheint Titandioxid gelb, was auf eine ebenfalls reversible Aufweitung des Kristallgitters zurückzuführen ist. Der Schmelzpunkt liegt, wie vorab beschrieben, zwischen 1830 °C und 1850 °C.
Anatas Rutil
2-Theta [Grad] rel. Intensität [%] 2-Theta [Grad] Rel. Intensität [%]
25,289 100 27,436 100
36,949 10 36,087 50
37,791 20 39,183 8
38,566 10 41,226 25
48,052 35 44,048 10
53,902 20 54,313 60
55,065 20 56,651 20
62,109 4 62,739 10
62,688 14 64,03 10
68,77 6 65,485 2
70,317 6 69,005 20
74,024 2 69,791 12
72,413 2
74,403 1
Tabelle 2.2: Lage und relative Intensität der 2-Theta-Peaks bei der Röntgendiffraktome-trie von Rutil und Anatas
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Chemische Eigenschaften von Titandioxid 21
2.2 Chemische Eigenschaften von TitandioxidTitan selbst ist ein relativ unedles Metall, welches – ähnlich wie Aluminium – nur wegen einer oxidischen Passivierungsschicht an der Atmosphäre beständig ist. Es hat eine ausgeprägte Tendenz zur Bildung von Oxiden, die sehr stabil sind. Die bei weitem bevorzugte Oxidationsstufe des Titans ist Ti4+. Entsprechend reakti-onsträge ist Titandioxid aus chemischer Sicht.
LöslichkeitTitandioxid ist unlöslich in Wasser. Geglühtes Titandioxid, speziell in der Rutil-Modi-fikation, ist selbst in heißen, konzentrierten Säuren nicht oder nur schwer löslich. In sauren und basischen Schmelzen wird hingegen auch Rutil aufgeschlossen. Deswegen lassen sich mithilfe von Titandioxid Gläser mit hoher Brechzahl herstellen.
ReduktionsreaktionenGeringe Sauerstoffmengen werden von TiO2 relativ leicht abgegeben. Dabei ent-steht Ti3+, das aufgrund violetter Färbung zum Vergrauen des Pigments führt. Diese oberflächliche Reduktion ist jedoch reversibel. Bereits mit Luftsauerstoff bildet sich unbuntes Ti4+ zurück.
Beim Bestrahlen von TiO2 mit UV-Licht in Gegenwart von Reduktionsmitteln, wie Mandelsäure, Glyzerin oder SnCl2 und unter Ausschluss von Luftsauerstoff verfärbt sich TiO2 ebenfalls blau-grau. Dabei auftretende Unterschiede in der Ver-grauungsneigung dienen als Indikator für die Photobeständigkeit verschiedener Titandioxid-Proben. Mit Glyzerin geht die Reduktion bis zur Bildung von Ti2O3.
Auch ohne das Vorhandensein eines Reduktionsmittels zeigen vor allem Anatas-Pigmente geringerer Reinheit bei intensiver Lichtbestrahlung eine leichte Ver-grauung. Dieses reversible Verhalten wird als „Phototropie“ bezeichnet.
Selbst unter stark reduzierenden Bedingungen wird TiO2 jedoch nicht zum metallischen Titan reduziert. In Gegenwart von Stickstoff, Kohlenstoff, Halo-genen oder Schwefel bilden sich Titannitride, Titancarbide, Titanhalogenide und Titansulfide. Beim Hochofenprozess hilft die Zugabe von natürlichen und synthetischen Titanträgern, die Nutzungsdauer der Hochöfen zu verlängern. Die gebildeten Titancarbide und Titannitride lagern sich innen an die Ausmauerungen der Hochöfen an und regenerieren sie auf diese Weise [5, 6].
Das Reaktionsverhalten gegenüber Chlor wird beim Chloridverfahren der Titan-dioxid-Herstellung genutzt, wobei es zum Aufschluss der Erze zu TiCl4 kommt.
Auch mit Wasserstoff gelingt die Reduktion selbst unter drastischen Bedingungen (130 atm, 2.000 °C) nur bis zum (zweiwertigen) TiO.
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Erst beim Erhitzen von TiO2 mit elementarem Silicium, Calcium oder Magnesium bildet sich Titan-Metall neben den entsprechenden Oxiden des Siliciums bzw. Calciums oder Magnesiums.
Die Reaktion mit Magnesium wird technisch zur Titanmetall-Erzeugung genutzt, wobei allerdings von Titantetrachlorid ausgegangen wird [7]. Unter Schutzgasat-mosphäre entsteht bei der Reaktion ein Metallschwamm aus Titan und MgCl2, das mit Salzsäure ausgewaschen wird. Der Titanschwamm wird anschließend im elektrischen Lichtbogenofen zum kompakten Metall zusammengeschmolzen.
Titan-Metall wird für sich, und als Legierungsbestandteil, dank seiner geringen Dichte (4,51 g/cm³) und seiner guten mechanischen Eigenschaften wie Festigkeit, Biegsamkeit und Hitzefestigkeit geschätzt. Aufgrund seines hohen Preises setzt man es jedoch mit Bedacht ein, beispielsweise im Schiffs- und Flugzeugbau, in der Reaktortechnik, hier beispielsweise für chemisch resistente Wärmetauscher, und zur Herstellung von Brillenfassungen und -bügeln. Weiterhin wird Titan wegen seiner zusätzlich guten Biokompatibilität in der Medizin- und Dental-technik als Material für Implantate verwendet. Neuerdings nimmt man es auch zunehmend zur Herstellung von Schmuck, namentlich aufgrund seines gräuli-chen, matten Glanzes.
Reaktion mit PeroxidenMit Hydroperoxiden bildet sich sehr leicht schon bei Raumtemperatur die gelb gefärbte Struktureinheit –TiOOH. Bei Pigmenten erscheint eine derartige Mischung, aufgrund der relativ geringen spezifischen Oberfläche, nur leicht gelb. Nicht anorganisch oberflächenbehandelte Pigmente haben ca. 5,5 (Rutil) bis 8 (Anatas) OH-Gruppen pro nm² [8, 9]. Mit fester Metatitansäure (TiO(OH)2) beispielsweise bildet sich jedoch – wegen der höheren spezifischen Oberfläche von mehr als 150 m2/g – ein stark gelb gefärbtes Produkt.
Die Reaktion mit Hydroperoxid ist, abgesehen von der Photooxidation, bei der das Titandioxid selber jedoch nicht verändert wird, die einzige Reaktion, die in der Praxis bei Anwendungen von TiO2-Pigmenten auftritt. Die Gelbfärbung ist gewöhnlich nicht erwünscht.
2.3 Toxikologische Eigenschaften von Titandioxid
Tabelle 2.3 ist eine Zusammenstellung der wichtigsten Kennzeichnungen, Zulas-sungsnummern und Zulassungsanforderungen von Titandioxid-Pigmenten und UV-Absorbern.
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Tabelle 2.3: Kennzeichnungen, Zulassungsnummern und Zulassungsanforderungen von Titandioxid-Pigmenten
Quelle: Überarbeitete Tabelle 2.3 aus der 1. Auflage von P. Wetzig durch D. Marschke (Sachtleben, Duisburg)
Bezeichnungen
IUPAC-Bezeichnung Titanium-(IV)-dioxide
Chemical Abstracts-Bezeichnung Titanium dioxide
Chemische Formel TiO2
Molekulargewicht [g/mol] 79,9
Zulassungsnummern
Chemical Abstracts Services Register-Nummern
Titandioxid 13463-67-7
Anatas-Titandioxid 1317-70-0
Rutil-Titandioxid 1317-80-2
Color Index-Bezeichung CI 77891; Pigment White 6
Regulation (EC) No. 1907/2006 „REACH“Titandioxid musste aufgrund der Produktionsmenge ge-mäß Art. 6, Paragraph 1 bereits 2010 registriert werden
01-2119489379-17-XXXX
Regulation (EC) No. 1272/2008 „CLP (GHS)“(Regulation on Classification, Labelling and Packaging of Substances)
Nicht als „gefährlich“ einge- stuft
EINECS (European Inventory of Existing Chemical Substances
236-675-5
Dye Code E 171
National Cancer Institute (USA)-Nummer NCI-15204
Internationale Zulassungen
TSCA (Toxic Substances Control Act; EPA Inventory) 13463-67-7
AICS (Australian Inventory of Chemical Substances) 13463-67-7
DSL (Canadian Domestic Substances List) 13463-67-7
KECI (Existing and New Chemical Substances; Kashin Act of Korea)
KE 30900
PICCS (Philippinian Inventory of Commercial Chemical Substances)
522.5600
BAGT (Giftliste des Bundesamts für Abfall und Gesund-heitswesen der Schweiz)
G 2950 gkf
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ENCS/MITI (Ministry of International Trade and Industry – Japan)
5-5225/1-558
China (IECSC) gelistet
Nationale Zulassungsanforderungen
Deutschland Empfehlung IX des BfR (Bundesinstitut für Risikobewertung, früher BgVV)
Die Reinheitsanforderungen für Färbemittel werden erfüllt
Europäische Zulassungsanforderungen
EN 71-3 (1994) Sicherheit im Spielzeug (Migration einzelner Elemente)
Der erlaubte Gehalt an regulierten Schwermetallen wird gewöhnlich nicht über-schritten
AP 89/1; AP 96 (5) (EU-Resolution für Beschichtungen, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen)
Gelistet unter Ref.-Nr. 93440
TabakVO (Tabakverordnung) Zugelassen in E-171-Form
Directive 2008/128/EC Reinheitsanforderungen an Färbemitteln zum Gebrauch in Lebensmitteln (Ersatz für 95/45/EC).
Zugelassen in E-171-Form
Directive 2009/35/ECAnforderungen an Farbstoffe zum Gebrauch in phar-mazeutischen Erzeugnissen (Ersatz für Directive 78/25/EEC)
Zugelassen in E-171-Form
Commission Decision 2002/739/EC Überarbeitete Kriterien zur Erteilung des Umweltzei-chens der Europäischen Union (eco label) für Bauten-Innenfarben, überarbeitet in 2010
Zugelassen
Commission Decision 1999/178/ECKriterien zum Erhalt des Umweltzeichens der Europäi-schen Union (eco label) für Textilien
Zugelassen
Directive 76/768/EECDirektive für kosmetische Erzeugnisse, zuletzt ersetzt durch Directive 2008/88/EEC undDirective 2002/34/EG (26. Anpassung der Kosmetik-Richtlinie)
Zugelassen in E-171-Form
Obergrenze für Titandioxid als UV-Filter: 25 Gew.-%
Fortsetzung Tabelle 2.3
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Toxikologische Eigenschaften von Titandioxid 25
Regulation (EU) No. 10/2011 “PIM”Zubereitungen aus Kunststoff, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen sowie Überarbeitungen (Gültig ab dem 1. Mai 2011 als Ersatz für Directive 2002/72/EC und dessen Revisionen)
Titandioxid ist als Additiv oder als Produktionshilfsmit-tel in der Polymerherstellung zugelassen und ist als FCM-No. 610 gelistet.Als anorganisches Pigment ist es migrationsstabil und erfüllt* die üblichen Rein-heitsanforderungen und Färbemittel.(* In Abhängigkeit von der Oberflächenbehandlung. Es liegt in der Verantwortung des Anwenders, die Migrationsbestän-digkeit in dem fertigen Erzeugnis unter den Bedingungen des normalen Gebrauchs zu gewährleisten.)
Directive 2011/65/EC – „RoHS-Directive“ Restriction of hazardous substances; Einschränkungen für gefährliche Stoffe
Der Gehalt an relevanten Substanzen liegt gewöhnlich weit unter den Grenzwerten
Directive 2000/53/EC – „ELV-Directive“End of Life vehicles; Fahrzeug-Recycling
Keine Kennzeichnungspflicht für Titandioxid
Directive 94/62/EC – „Packaging Directive“Verpackungsdirektive
Der Gehalt an relevanten Substanzen liegt gewöhnlich weit unter den Grenzwerten
Liste von Substanzen mit östrogenen Eigenschaften (Substanzliste mit CAS-Nummern)
Nicht gelistet
Zulassungsanforderungen USA
FDA (Food and Drugs Administration):
21 CFR § 73.575 „Listing of color additives exempt from certification – Subpart A – Foods – Titanium dioxide“
Zugelassen in E-171-Form
21 CFR § 73.1575 575 „Listing of color additives exempt from certification – Subpart B – Drugs – Titanium dioxide“
21 CFR § 73.2575 575 „Listing of color additives exempt from certification – Subpart C – Cosmetics – Titanium dioxide“
21 CFR § 178.3297 „Colorants for Polymers“
Gelistet21 CFR § § 176.170 „Components of paper and paper-board in contact with aqueous and fatty foods“
Fortsetzung Tabelle 2.3
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Physikalische, chemische und toxikologische Eigenschaften26
2.3.1 Orale AufnahmeLangzeitfütterungen von Ratten und Mäusen mit bis zu 5 Gew.-% Titandioxid im Futter ergab keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen [10].
Feinteiliges Titandioxid der Primärteilchengröße von 30 nm wurde zu einer Dosis von 10.000 mg/kg Körpergewicht an Ratten verabreicht. Diese Menge löste keine Reaktionen aus [11]. Der LD50-Wert (Ratte) für die orale Aufnahme von Titandi-oxid liegt oberhalb des als unkritisch angesehenen Grenzwerts von über 10 g/kg.
Titandioxid-Pigmente werden in Tabletten, Zahnpasten und auch in Lebensmitteln verwendet. Bei Untersuchungen von entzündetem Gewebe im Abschlussbereich des menschlichen Dickdarms (Morbus Crohn), wurden u.a. darin Titandioxid-Par-tikel festgestellt [12]. Ob die Partikel die Erkrankung auslösen können oder nicht, wird jedoch unterschiedlich beurteilt. Einerseits finden sich solche Granulome lediglich in 35 bis 60 % der Fälle [13], andererseits existiert offenbar kein Zusam-menhang zwischen der Exposition und einer Erkrankungswahrscheinlichkeit [14].
CONEG (Coalition of the North-Eastern Governers)
Der Gehalt an relevan-ten Schwermetallen liegt gewöhnlich weit unter den Grenzwerten
Clean Air Act Amendments 1990 (Controlled Ozone Depleting Substances (US)
Nicht schädlich für Ozon
HAPS (Hazardous Air Pollutants (USA)) Nicht luftverschmutzend
Weitere Anforderungen
Kennzeichnung
Gemäß der deutschen Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)
Titandioxid (Rutil und Anatas) ist kein gefährlicher Stoff gemäß der GefStoffV
Ökologie
Deutsche Wassergefährdungsklasse (WGK); Selbstein-schätzung
Nicht wassergefährdend
Entsorgung
EWC (European Waste Catalogue) EWC 06 04 01, Metalloxid
Fortsetzung Tabelle 2.3
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Toxikologische Eigenschaften von Titandioxid 27
2.3.2 Parenterale VerabreichungDie Verabreichung einer Substanz direkt in ein Gewebe unter Umgehung der Aufnahme durch den Magen-und-Darm-Trakt wird „parenteral“ genannt. Intra-peritoneale (ins Bauchfell gehende) Injektionen von Titandioxid-Suspensionen wurden bei Meerschweinchen zwar längere Zeit retendiert, jedoch traten auf-grund dessen keine Gewebeveränderungen auf [15]. Auch bei Mäusen ergaben sich nach intraperitonealen Injektionen von bis zu 25 mg TiO2 keine Hinweise auf Tumorbildungen, weder im Bereich der Einstichstelle, noch an anderen Stellen [16].
Wöchentliche intratracheale (in die Luftröhre erfolgende) Administrationen von bis zu 3 mg TiO2, verabreicht an Hamstern über einen Zeitraum von 15 Wochen, hinter-ließen ebenfalls keine Tumore. Zwei Trachealpapillome (Papillom = meistens gutar-tiges Geschwulst) traten in dieser Untersuchung bei der Vergleichspopulation auf [17].
2.3.3 Perkutane Verabreichung„Perkutan“ bedeutet: „durch die Haut“. Titandioxide mit Teilchengrößen um 0,3 µm sind schon seit langem Bestandteil von kosmetischen Zubereitungen, die auf die Haut aufgetragen werden. Seit etwa 1990 werden auch sehr feinteilige Titandioxide als UV-Absorber in Sonnenschutzmitteln eingesetzt (s. Kapitel 7.3).
Titandioxid löste weder entzündliche Hautveränderungen oder Sensibilisierungs-reaktionen aus, noch wurde eine Aufnahme durch die Haut festgestellt [18]. Speziell für transparente Titandioxide für den Sonnenschutz ergaben Untersu-chungen des Permeationsverhaltens an menschlicher Kadaverhaut, an abgezo-gener menschlicher Kadaverhaut und an Maushaut, jeweils unabhängig vom pH-Wert der Titandioxid-Suspension, nur eine vernachlässigbare Permeation [19].
Der dermale LD50-Wert (Kaninchen) liegt bei Werten über 10 g/kg.
2.3.4 Subkutane Injektion„Subkutan“ bedeutet: „unter die Haut“. Vierzig Ratten erhielten eine einmalige Injektion von 30 mg Titandioxid unterschiedlicher Reinheit. Nach dem natürli-chen Tod war bei keinem der Tiere eine Tumorbildung an den Injektionsstellen zu beobachten [20].
2.3.5 InhalationDie Reaktionen auf die Aufnahme von TiO2-Staub in die Lunge hängen im Tier-versuch ursächlich damit zusammen, wie gut der Organismus die Teilchen auf natürlichem Wege wieder ausscheiden kann. Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass kleinere Partikel in Schwebstäuben generell gesundheitsschädlicher sind, als gröbere [21]. Dies scheint auch für TiO2 zu gelten, wobei aber Titandioxid nicht
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