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Zeigen Und Berühren

Jun 03, 2018

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Caglar Koc
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  • 8/12/2019 Zeigen Und Berhren

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    Bulletin danalyse phnomnologique VIII 6, 2012ISSN 1782-2041 http://popups.ulg.ac.be/bap.htm

    Zeigen und Berhren: Der pragmatische Sinn der Rede

    bei Heidegger im Hinblick auf Aristoteles Auffassung

    der Wahrheit

    DIEGO DANGELOAlbert-Ludwig-Universitt Freiburg i. Br. Universit degli Studi di Milano

    Die Sterblichen sind, das sagt: wohnend durchstehen sieRume auf Grund ihres Aufenthaltes bei Dingen und Orten[]. Wir gehen stets so durch Rume, da wir sie dabeischon ausstehen, indem wir uns stndig bei nahen und

    fernen Orten und Dingen aufhalten.1

    AbstractIn diesem Text wird der Versuch gemacht, Heideggers Errterungdes Begriffs der Rede in einer Auseinandersetzung mit einigen Passagenaus derMetaphysikdes Aristoteles ber Berhren und Wahrheit zu lesen. Indieser Interpretation zeige ich, dass das Phnomen des Berhrens uns dabeihalfen kann, den praktischen oder pragmatischen Charakter der Rede zuverstehen als Umgang mit dem Zuhandenen. Dies wird uns in Stand setzen,Heideggers Kehre von einer Auffassung der Wahrheit alsErschlossenheit(inSein und Zeit) zu einer Wahrheit, die sowohl Lichtung als auch Verbergungist (zum Beispiel in Der Ursprung des Kunstwerkes), nachzuvollziehen. Imletzten Teil meines Textes werde ich diese Interpretation weiterverfolgen,indem einige Passagen aus Heideggers spten Werken in Betracht gezogenwerden. So wird es mglich, einen Zusammenhang zwischen Leib undWahrheit auszumachen, der ber Heideggers eigenen Verstndnis dieserPhnomene hinausreicht..

    1M. Heidegger, Bauen Wohnen Denken, in: Id., Vortrge und Aufstze, Neske,Pfllingen 1954, S. 158.

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    1. Einleitung

    Die Paragraphen ber den Begriff der Rede in Sein und Zeitgehren zu den

    am meisten diskutierten Passagen dieses Werkes und vielleicht der Gesamt-ausgabeberhaupt. Ebenso klar ist dabei aber auch, dass die Vielfltigkeitder Lektren, denen diese Stellen unterworfen worden sind, einerseits dieMglichkeit einer eindeutigen Interpretation aufhebt, andererseits unmittel-

    bar auf die Schwierigkeit des Texts selbst zurckgehen. Ziel der vorlie-genden Untersuchung1ist nicht, eine eindeutige Interpretation zu versuchen

    was sich hchstwahrscheinlich als schlechthin unmglich entpuppenknnte , und umso weniger eine Gesamtdarstellung der bis heute vor-geschlagenen Stellungnahmen zu liefern. Dieser Text wird vielmehr einfachnur eine erneuteInterpretation versuchen, wobei das Ziel erreicht wre, wenndamit einige bisher unbemerkt gebliebenen Zusammenhngen zum Vor-schein kommen wrden.

    Unsere Untersuchung wird sich in den ersten beiden Abschnitten (2.und 3.) damit beschftigen, Heideggers Konzeption der Rede mit einigenPassagen des Aristoteles zu kontrastieren, damit zur Geltung kommen kann,nicht nur inwiefern die Interpretation der Wahrheit im Buch der Meta-

    physik sehr nah an Heideggers eigener Konzeption der Wahrheit liegt,sondern vor allem inwiefern zu einer so verstandenen Wahrheit eine schlicht

    praktische Auffassung der Rede als Handlung gehrt. Das wird verstrktdurch Aristoteles eigene Erluterungen, denen zufolge die Wahrheit sich inReden und Berhren konstituiert.

    Im folgenden Abschnitt (4.) werden wir die Rede abgrenzen gegenbereinem wichtigen Element in Heideggers Sprachauffassung, so wie sie in Sein

    und Zeit prsentiert wird, nmlich der Aussage, dessen Grundzug dasAufzeigenist. Damit wird sich uns erschlieen, in welchem Sinne der Zusam-menhang von Berhren und Zeigen Heideggers Begriff der Rede erhellenkann, sodass wir dann das Verhltnis vom Zeigen (in einem dreifachen Sinne

    problematisiert) mit Berhren und Wahrheit diskutieren knnen, auf dasAristoteles hinweist. In diesem Abschnitt werden wir auch zu zeigen ver-suchen, inwiefern beim spten Heidegger eine ursprnglichere Auffassungder Wahrheit nicht mehr als Erschlossenheit, sondern als Spiel von Lichtungund Verbergung vertreten wird, und inwiefern diese gerade mit demBerhren in Zusammenhang treten kann. Im letzten Abschnitt dann (5.) wirdein Versuch aufgestellt, die gewonnene Interpretation mit einigen Beschrei-

    bungen des Leibes im spten Heidegger kurz auseinanderzusetzten, derart,

    1Tobias Keiling sei fr die sorgfltigen Sprachkorrekturen herzlich gedankt.

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    )oder auf Akt und Potenz (). Aber einedritte Variante gewinnt in der Erluterung des Aristoteles die Oberhand,nmlich die Diskussion von Seiendem und Nicht-Seiendem in Bezug aufWahrheit und Falschheit ( ). Wahrheit nimmt also eine

    besondere Stellung in der Diskussion von Seiendem und Nicht-Seiendem ein,und nachdem Aristoteles kurz die Wahrheit der zusammengesetzten oderabgetrennten Sachen () diskutiert hat, liefert er eine Definitionvon Wahrheit fr die einfachen Dingen ()1:

    , (), [...]

    Aber Wahrheit und Falschheit sind das Folgende: Berhren und Reden sindWahrheit (nmlich sind Aussage und Rede nicht dasselbe) und Nicht-Berhren ist Unwissen [...].2

    Aristoteles gibt in dieser Passage also eine Definition von Wahrheit undFalschheit im Hinblick auf die einfachen Sachen. Whrend Wahrheit alsReden und Berhren bestimmt wird, kommt Falschheit als Gegenbegriff zurWahrheit in der Erluterung eigentlich nicht mehr vor. An deren Stelle trittdas 3, das Unwissen, das einfach als Nicht-Berhren ()

    1Diese sind dasselbe als das, was in ber die Seele, uch , 6, 430 b 14-20 erlutert wird: . Darunter versteht Aristoteles alle einfacheTermini, wie Mensch, Pflanze u.s.w. und daher auch die einfachen Sub-stanzen wie z.B. Gott (vgl. Aristoteles, ber die Seele, hrsg. von H. Seidl, Meiner,

    Hamburg 1995, S. 122-123).2Aristoteles, Metaphysik 1051b 23-25 (Griechischer Text: Aristotle, Metaphysica,hrsg. von W. Jaeger, Oxford Classical Texts, Clarendon Press, Oxford 1957). DiePassage ist von mir bersetzt. Die klassische deutsche bersetzung von H. Bonitzlautet: Vielmehr ist es beim Wahren oder Falschen hier so, dass jenes ein,Berhren und sagen ist denn Sagen ist nicht dasselbe wie Aussagen ber etwas, das Nichtwissen aber ist ,Nicht-Berhren (Aristoteles, Metaphysik, zweiterHalbband: Bcher VII () XIV (), hrsg. von H. Bonitz, Meiner Verlag, Ham-burg 1980, S. 135). D. W. Ross bersetzt ins Englische folgendermaen: but truthand falsity is as follows: contact and assertion are truth (assertion not being the sameas affirmation) and ignorance is non-contact (Aristotle, Metaphysics, Band VII vonThe Works of Aristotle Translated Into English, hrsg. von D. W. Ross, ClarendonPress, Oxford 1954, ohne Seitenzahlangaben).3 Wir haben mit Unwissen bersetzt, aber eine nhre Diskussion derBedeutung dieses Ausdrucks befindet sich spter im Text.

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    aufgefasst wird. Hier wird also Falschheit nicht mehr in Betracht gezogenund daher Wahrheit nicht mehr in Gegensatz zu ihr verstanden; Wahrheit

    beschrnkt sich nicht auf das Aussprechen im Sinne der Aussage, welche

    wahr oder falsch sein kann; Wahrheit bezieht sich vielmehr auf Reden undBerhren, und dessen Gegenbegriff ist . Daraus folgt aber auch, dasses keinen Sinn haben kann, zu sagen, sei das Nicht-reden sondern: als einziger mglicher Gegenbegriff zur Wahrheit innerhalb dieseraristotelischen Definition bleibt nur Nicht-Berhren. Wenn es zwar richtigist, zu sagen, dass Aristoteles Wahrheit als Reden () und Berhren(und ) auffasst, muss man auch darauf hinweisen, dass dieKonfrontation mit dem Problem der Wahrheit ergibt, dass eigentlicheWahrheit als Wissen () nur als Berhren verstanden werden kann.

    Da eben in der Definition nur Unwissen als Nicht-Berhren denGegensatz zur Wahrheit bildet und damit die Bedeutung der Rede in der

    Auffassung der Wahrheit eine abgeschwchte Stellung einnimmt, kann mansofort sehen, dass die Worte und die allerwichtigste Rollespielen; daher gilt es nun, Prziseres darber zu berichten. Die semantischeSphre des Wortes greift einige Grundbedeutungen auf: Erstens

    bedeutet das Wort eben berhren, etwas anrhren, und dies schliet vonvornherein Emotionen ein, wenn auch nicht bestimmte Emotionen. Positivkann es nmlich heien umarmen oder eheliche Gemeinschaft haben mit

    jemandem, aber es kann auch eine feindliche Bedeutung annehmen, als an-greifen, sich vergreifen an, treffen. Den roten Faden des emotionellenBelangs in seiner beiden Facetten folgend, gewinnt das Wort in ber-tragenem Sinne die Bedeutungsnuancen von rhren, die Seele berhrenoder krnken. Darber hinaus hat einen stark praktisch geprgten

    Sinn als sich mit etwas befassen oder sogar etwas in den Mund nehmen,als teilnehmen oder teilhaben an etwas1. In allen diesen Bedeutungengeht es um Phnomene der Nhe, der Begegnung mit etwas.

    1W. Gemoll, Griechisch-Deutsches Schul- und Handwrterbuch, Oldenbourg Ver-lag, Mnchen 91991, S. 376. Auf English verzeichnet The Online Liddell-Scott-JonesGreek-English Lexicon(abrufbar unter http://www.tlg.uci.edu/lsj/) folgende Bedeut-ungen: touch, handle, take hold of something,, have intercourse with, und infeindlichem Sinn to attack; es bedeutet auch, im Bezug auf feelings, to touchsomebody oder to reach to the heart. Daneben hat das Wort (und da geht dasWrterbuch explizit auf Aristoteles Metaphysik zurck) die Bedeutungen touchupon something in speaking or discussion, aber auch of the mind im Sinne vonapprehend, (vgl. Aristoteles,Metaphysik1072 b 21, ).

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    In welchem Sinn nun zu verstehen ist, dass Berhren die erste Be-deutung von Wahrheit ist, erschliet sich ohne weiteres aus dem Zusammen-hang des Kapitels im Buch derMetaphysik. Aristoteles bestreitet nmlich

    durchgngig die Mglichkeit des Irrtums bei der Erkenntnis von einfachenSachen. In diesem Fall kann die Falschheit nmlich nicht nur bloakzidentiell sein ( ): Es ist unmglich, dass man sich inBezug auf sie irrt. Wir knnen es nur dann mit Unwissen zu tun haben, wennetwas nicht berhrt wird: Man kann also diese einfachen Sachen entwederkennen oder nicht kennen, berhren oder nicht berhren, aber sich zu irren istnicht mglich. In der Erkenntnis der einfachen Sachen wird also Berhrenals erster Sinn von Wahrheit genannt, und das bedeutet, wenn wir allenBedeutungen des Wortes Rechnung zu tragen versuchen: Wahrheitist Wahrheit des Berhrens, des emotionalen oder stimmungshaften Zu-Tun-Habens mit , wenn wir berhren und uns rhren zugleich, wo es

    also ein Zusammenspiel von angetasteter Sache und antastender-angetasteterSeele gibt.Aber die Wahrheit ist nicht nur, laut Aristoteles, Wahrheit des Be-

    rhrens, obwohl das sich als primre Bedeutung auszeichnet, sondern es gibtauch eine Wahrheit des Redens. Wohl bemerkt, hier geht es auf keinen Fallum die Wahrheit der , der etwas eine Eigenschaft zusprechendeAussage1(Aussage und Rede sind nmlich nicht dasselbe), sondern um dasReden () schlechthin.

    Das Wort , aus , sagen oder seine Meinung offenbaren,uern, erklren, aussagen, behaupten, wirdhier als reden bersetzt. DasWort geht auf diesem Verb zurck2 und bedeutet eigentlich An-zeige3. kann, wie auch , positive (ja sagen, bejahen) oder

    negative Bedeutung (verneinen, verweigern) annehmen. In der Passagedes Aristoteles wird ferner darauf bestanden, wie und nichtdasselbe sind. ist nmlich laut Gemoll einfach Bejahung: dasReden verliert also seine Unbestimmtheit und daher wird normalerweise als Aussage bersetzt. In seiner englischen, jetzt zu einemStandard gewordenen bersetzung gibt David W. Ross sie als assertion

    1Diese Art der Wahrheit wre nach Aristoteles die Wahrheit, die zusammengesetzteSachen trifft: Wir sagen nmlich die Wahrheit, wenn wie zwei zusammengesetzteSachen als zusammengesetzt denken (vgl. Aristoteles,Metaphysik, Buch , Kapitel10, 1051b).2Vgl. W. Gemollt, Griechisch-Deutsches Schul- und Handwrterbuch, S. 782.3A. a. O., S. 779.

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    respektive affirmation1 wieder, was dem griechischen Sinne am bestenentspricht. Der wichtigste Aspekt von diesen Termini fr unsere Inter-

    pretation ist der direkte semantische Bezug, den das Wort zu 2

    behlt. bedeutet erscheinen lassen, ans Licht bringen, offenbarmachen3. Wenn wir diese etymologische Verwandtschaft festhalten, istzunchst als offenbaren zu verstehen, wobei was offenbar wird istder eigene Blick (die eigene Meinung, knnte man sagen) auf die Dinge, daseigene Seinzuden Dingen, von denen etwas gesagt werden muss.

    Nur aufgrund der Offenbarmachung, die im Reden oder im Berhrenstattfindet, ist es dann mglich, ausdrcklichen Bezug auf die beredeteSache zu nehmen mit einer Aussage, mit einer . enthlt schon, anders als bei , eine positive bzw. negative Stellung-nahme zu den Dingen, wie wir angedeutet haben: Die Dingen werdennmlich in der Rede als einfach angezeigt, da an sich sowohl

    negative als auch positive Bedeutung haben kann. Dasselbe, wie wir gesehenhaben, gilt auch fr , und das bezeugt die Gleichursprnglichkeit

    beider Momente gegenber der Aussage. Beides konstituiert nmlich eineundeterminierte Wahrheit, die einfache Erffnung einer Leerstelle, undd. h. wiederum, die Erschlieung der Mglichkeit jeglicher (positiver odernegativer) Bezugnahme. Flaschheit als Gegenbegriff zur Wahrheit tritt erstmit dieser Bivalenz der Aussage auf. In der Aussage nmlich haben wir keinesolche Bereitschaft fr beide Momente, sondern eines der beiden hat immerschon einen bestimmten Vorrang erhalten. Die hat assertorischenCharakter, sie stellt eine Behauptung auf. Mit anderen Worten: und, Reden und Berhren machen eine positive bzw. negative Bezug-nahme mglich, whrend jede , um berhaupt eine Aussage seinzu knnen, etwas entweder bejahen oder verneinen muss. Bejahung ist dabeidie hufigste Bedeutung des Wortes 4, whrend dieVerneinung darstellt.

    1S. oben, Anmerkung 7.2Rein grammatikalisch gesehen knnte das Wort (aus dem Kontext heraus-genommen) Aorist zu sein. Die nhe Verwandtschaft von beiden Wrten wirdauch von dem Wort bewiesen, dass sowohl Verneinen als auch einfachMeinungsusserung, Rede bedeuten kann, je nachdem, aus welchem Verb esabgeleitet ist: Im ersten Fall kommt es nmlich aus -, im zweiten aus -(vgl. a. a. O., S. 114).3A. a. O., S. 780.4A. a. O., S. 422.

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    Diese doppelte Struktur der Wahrheit zwischen und lsst klar im Aristoteles Text klar zum Vorschein kommen, inwiefern hier dieWahrheit nicht der Gegenbegriff zur Falschheit ist, sondern vielmehr zuUnwissen (). Nicht-Berhren, Nicht-ans-Licht-bringen und Nicht-Vernehmen ist der Wahrheit gegenbergestellt, weil diese Formen desUnwissens verhindern, dass berhaupt auf etwas propositional Bezug ge-nommen werden kann. Gnter Figal erlutert die hier diskutierte Passagefolgendermaen:

    Das Berhren, von dem Aristoteles spricht, meint die schlichte Kenntniseiner einfachen Bestimmung des Seienden, und deshalb gleichen auch dieNamen dem ohne Synthesis und Dihairisis Vernommenen []: wer einfachnur Haus sagt, weist nichts auf, aber dokumentiert doch eine Kenntnis.Ebenso verhlt es sich mit den bestimmten Mglichkeiten des Verhaltens:auch sie mssen als solche zunchst einfach berhrt sein, damit man sich

    berhaupt fragen kann, wie man sich im einzelnen verhalten will und ob manes kann.1

    Dieses Zitat gibt uns Anlass zu verstehen, inwiefern der Diskurs des Aris-toteles auch mit demjenigen Heideggers bereinstimmt. Als Erstes fllt esnmlich nun nicht schwer, die Unterscheidung zwischen Redeund Aussagein Sein und Zeitauf die zwischen und in der Metaphysikzurckzufhren, da beide auf das Phnomen des Aufzeigens zurckgehen.Darber hinaus stellt das Zitat auch einen wichtigen Bezug zu HeideggersBegriff des Sich-Verhaltens her. Das Aufzeigen bildet Heidegger zufolgeeinen der Wesenszge der Aussage: Im Aufzeigen wird etwas gezeigt unddamit zum Vorschein und ans Licht gebracht. Heidegger geht ausdrcklich

    auf die aristotelische Terminologie zurck:

    Aussage bedeutet primr Aufzeigung. Wir halten damit den ursprnglichenSinn von als fest: Seiendes von ihm selbst sehen zulassen. In der Aussage: der Hammer ist zu schwer ist das fr die SichtEntdeckte kein Sinn, sondern ein Seiendes in der Weise seiner Zuhanden-heit2.

    Was Heidegger hier sagt, knnen wir folgendermaen umschreiben: DasWort Aussage in seiner primren Bedeutung meint , weil sie

    1G. Figal,Heidegger. Phnomenologie der Freiheit, Beltz Athenum, Frankfurt amMain 1988, S. 168.2M. Heidegger, Sein und Zeit, Niemeyer, Tbingen 111927, S 154.

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    eine Sache () oder, wie Heidegger sagt, ein Seiendes in seinempragmatischen, zuhandenen Sinn sehen lsst auf der Basis von etwas ();dass es diesen geteilten Hintegrund gibt, wird aber von Heidegger in derdritten Bedeutung (neben dem Bestimmen als zweite Bedeutung) vonAussage dargestellt, nmlich als Mitteilung.

    Aussage bedeutet Mitteilung, Heraussage. [] Sie ist Mitsehenlassen der inder Weise des Bestimmtes Aufgezeigten. Das Mitsehenlassen teilt das inseiner Bestimmtheit aufgezeigte Seiende mit dem Anderen. Geteilt wird dasgemeinsame Sein zum Aufgezeigten, welches Sein zu ihm festgehaltenwerden mu als In-der-Welt-Sein, in der Welt nmlich, aus der her dasAufgezeigte begegnet.1

    In seiner Ausgesprochenheit, und d. h. hier notwendigerweise in der sprach-lichen Verlautbarung, wird das Mitsehenlassen mit dem Anderen geteilt, es

    wird kommuniziert. Dieses Sehenlassen ist nichts anderes als die Auf-zeigung: In der kommunikativen Verlautbarung wird das Sein-Zu als Sich-Verhalten-Zu dem Anderen mitgeteilt, indem etwas aufgezeigt wird, etwasalso, worauf im Sein-Zu Bezug genommen wird. Dass das auch der Fall frdie aristotelische Interpretation der Wahrheit ist, bezeugt die Vorsilbe :Als Bezugswort bezeichnen und nmlich eine vorausgesetzteMglichkeit, mit etwas (Entdecktem) in Bezug zu treten. bedeutet umetwas willen, gem, zufolge, nach und eben im Verhltnis zu 2, und hat (unter anderem) rumliche Bedeutung als von etwas her und kausaleBedeutung als Herkunft3.

    Also wiederholen wir noch einmal, der Klarheit halber: Die Auf-zeigung zeigt auf ein vorliegendes Seiende, indem auf ihn im Sein-Zu Bezug(oder) genommen wird, und macht es damit dem Anderen mittel-

    bar in einer sprachlichen Verlautbarung. Bei unserer Erluterung wird einesklar: Heidegger selbst erkennt an, dass die Bedeutung der Rede als Mit-teilung auf die Bedeutung als Aufzeigung aufbaut, da die Mglichkeit derMitteilung eines Bezugs die Bezugnahme voraussetzt, aber das ist fr sichallein unzureichend. Die Aufzeigung zeigt nmlich auf etwas, und darummuss dieses etwas immer schon offen da vor uns liegen; im Moment istaber gar nicht klar, wie diese ffnung stattgefunden hat bzw. wieso etwasschon zur Verfgung fr eine mgliche Bezugnahme steht. Ein erster

    1A. a. O., S. 155.2Vgl. W. Gemoll, Griechisch-Deutsches Schul- und Handwrterbuch, S. 410.3A. a. O., S. 96-97.

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    Hinweis in diese Richtung, der eine Antwort auf diese Frage liefern knnte,kommt von F.-W. Von Herrmanns Darstellung, wenn er behauptet:

    Das zutunhabende Besorgen als Bewendenlassen hat den Charakter einesEntdeckens des Seienden in seinem Sein. Entdecken aber heit: das Seiendevorgngig auf sein Sein, d. h. auf seine Bewandtnis hin freigeben, damit essich als das Seiende, das es ist, im besorgenden Umgang zeigen kann1.

    Von Hermann zufolge ist diese ffnung, die wir suchen, im Besorgen zufinden, da dieses den Charakter eines Entdeckens des Seienden in seinemSein hat: hier kann sich, anders gesagt, das Seienden als das zeigen, was esist, und deswegen kann dann in der Rede aufdieses gezeigt werden. Es istaber vor allem noch einmal im Hinblick auf die erluterte Passage vonAristoteles, dass wir den Bezug von Entdecktheit und Zeigen tief genugergreifen knnen2: Die Entdeckung, die wir suchen, ist nmlich nicht anderes

    als 3, also genau jenes, das Aristoteles in und findet. Das kann uns jetzt dabei helfen, Heidegger besser zu verstehen.nmlich, als ursprngliches Erscheinenlassen und Sich-Zeigen in der Redeverstanden, und gehren ursprnglicher als die zurWahrheit, ursprnglicher in dem Sinne, dass die erste beiden die zweite

    begrnden. Das pathische Berhren und die zeigende Rede (die zugleichetwas ans Licht bringt, erscheinen lsst, und mich selbst in meinem Sein-Zu

    1F.-W. Von Herrmann, Subjekt und Dasein. Grundbegriffe von Sein und Zeit,Klostermann, Frankfurt am Main, 32004, S. 55.2Heidegger selber hat auf den Zusammenhang zwischen Entdecktheit und Aufzeigenkurz aber prgnant hingewiesen: vgl. dazu M. Heidegger, Die Grundbegriffe derantiken Philosophie, GA 22, Klostermann, Frankfurt am Main, 1993, S. 164-168.3 Problematisch ist es, eine texttreue Auffassung der Begriffe Entdeckung undEntdecktheit zu liefern. Einerseits scheinen einige Passage eine Interpretationnahezulegen, nach der die Entdeckung eine Eigenschaft der aufzeigenden Aussageist (M. Heiegger, Sein und Zeit, S. 218), andererseits sind aber die Bezge zwischenErschlossenheit des Daseins, Erschlossenheit des Seins und der Welt (Das Sein desSelbst ist das Erschlossensein, doch so, da das Selbst mit seinem Fr-es-Erschlossensein teilhat an der Erschlossenheit-berhaupt als dem Sein als Solchem:F.-W. Von Herrmann, Subjekt und Dasein, S. 34), Aufgeschlossenheit, Entdecktheitund Wahrheit in Sein und Zeituerst kompliziert. Auer Zweifel scheint uns aberzu sein, dass irgendeine Aufgeschlossenheit (also Entdecktheit nicht im Sinne deraufzeigenden Aussage) vorder mglichen Bezugnahme bestehen muss, dass dieseAusgeschlossenhet-Erschlossenheit in der Wahrheit im Sinne Heideggers wiederge-funden werden kann, und dass diese Wahrheit nah an Aristoteles Begriff der Wahr-heit der einfachen Sachen steht, wie wir nher erlutern werden.

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    ans Licht bringt) sind daher die Wahrheit als Entdecktheit, die wiederum alsVerfgbarkeit fr eine Bezugnahme zu verstehen ist, weil sie vor jeder

    Negativitt und Positivitt, vor jeder Bejahung oder Verneinung ist. Nach

    Aristoteles ist nmlich die Wahrheit von 1jenseits von Wahrheitund Falschheit: Wahrheit ist nicht als Gegenbegriff zum Falschen, zum zu fassen, sondern im und im ermglicht sie erst jedeBejahung und Verneinung, die dann wahr oder falsch sein knnen.

    Die Verbindung der Rede bei Heidegger mit scheint alsonaheliegend zu sein. Wo knnen wir aber bei Heidegger das Berhrenwiederfinden? Das Berhren hat notwendigerweise einen Bezug zum Leib,was wie immer wieder beobachtet worden ist eine vernachlssigteThematik in Heideggers Werk (nicht nur in Sein und Zeit) darstellt2.Dennoch scheint Heidegger in seinem Hauptwerk eine positive Verwendungvon Berhren zu ermglichen. Die folgende, lange und viel zitierte

    Passage wirft ein Licht auf das Problem des Berhrens:

    Das Beisammen zweier Vorhandenen pflegen wir [...] sprachlich zuweilenz.B. so auszudrcken: Der Tisch steht ,bei der Tr, der Stuhl ,berhrt dieWand. Von einem Berhren kann streng genommen nie die Rede sein undzwar nicht deshalb, weil am Ende immer bei genauer Nachprfung sich einZwischenraum zwischen Stuhl und Wand feststellen lt, sondern weil derStuhl grundstzlich nicht, und wre der Zwischenraum gleich Null, die Wandberhren kann. Voraussetzung dafr wre, da die Wand fr den Stuhlbegegnen knnte. Seiendes kann ein innerhalb der Welt vorhandenes Seien-des nur berhren, wenn es von Hause aus die Seinsart des In-Seins hat wenn mit seinem Da-sein schon so etwas wie Welt ihm entdeckt ist, aus derher Seiendes in der Berhrung sich offenbaren kann, um so in seinem Vor-

    handensein zugnglich zu werden. Zwei Seiende, die innerhalb der Welt

    1Gerade der ontologische Vorrag der verleiht weitere Geltung zu unsererThese: Es ist nmlich klar, dass die Wahrheit der zusammengesetzten Sachen beiAristoteles auf die Wahrheit der einfachen Sachen baut, und wir haben dasselbeVerhltnis zwischen Wahrheit der Aussage (dritter Stufe) oder der Rede als Glie-derung einer Bewandtnisganzheit (zweiter Stufe), wobei in beiden Fllen um einewie auch immer geartete Bezugnahme geht, und die einfache Wahrheit derLichtung bzw. der Erschlossenheit.2 Vgl. dazu zum Beispiel. K. A. Aho, Heideggers Neglect of the Body, StateUniversity of New York Press, New York 2010.

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    vorhanden und berdies an ihnen selbst weltlos sind, knnen sich nieberhren, keines kann bei dem andern sein1.

    Wenn wir also das Berhren streng nehmen, knnen wir es gar nicht vonzwei innerweltichen Seienden sagen, weil sie nicht von Hause aus dieSeinsart des In-Seins haben. Berhrung basiert demzufolge auf eine Vor-entdecktheit der Welt. Nicht nur der Begriff des In-Seins, sondern auchder ganz am Ende erwhnte des Sein-bei spielen bei Heidegger einezentrale Rolle. Wenn wir nochmal Heidegger mit Aristoteles in Zusammen-hang bringen, dann knnen wir folgendes sagen: So wie das Sein-Zuin einer Ursprnglichkeit vor jeder positiven und negativen Stellungnahmesagt und daher die Aussagen darauf eine Bejahung aufbauen kann, so

    bezeichnet eine fundamentale Struktur der Wahrheit, die auf Sein-bei oder In-sein basiert, darauf, dass, wie Heidegger sagt, Seiendes be-gegnen kann.

    Aber obwohl das oben angefhrte Zitat die einzige Passage ist, in dersich Heidegger sich in Sein und Zeitausdrcklich mit dem Berhren befasst,knnen wir vielleicht versuchen, eine Brcke zu schlagen in Richtung einesanderen Begriffs, der bei Heideggers Analyse einen systematischen Vorranghat, nmlich der Begriff der Zuhandenheit. Wenn nmlich Seiendes uns

    primr als etwas begegnet, das in unser Besorgen gehrt, dann ist das Be-rhren, das Heidegger meint, ein Zugang zum Seienden, insofern es fr dasBesorgen relevant ist. Eben weil dieses Seienden uns im Berhren angeht,

    1M. Heidegger, Sein und Zeit, S. 56. Die wesentliche Korrelation zwischen Berhren(oder, wie in folgendem Fall, Tasten) und In-der-Welt-Sein ist noch einmal vonHeidegger betont in der Vorlesung Prolegomena zur Geschichte des Zeitbegriffs, woer sagt: Die Schnecke aber ist nicht etwa zuerst nur im Haus und noch nicht in derWelt, einer sogenannten gegenbersehenden Welt, um in ein solches Gegenber erstdurch das Hinauskriechen zu kommen. Sie kriecht nur heraus, sofern sie schon ihremSein nach in einer Welt ist. Sie legt sich durch das Tasten nicht erst eine Welt zu,sondern sie tastet, weil ihr Sein nichts anderes besagt, als in einer Welt sein(M. Heidegger, Prolegomena zur Geschichte des Zeitbegriffs, GA 20, hrsg. vonP. Jaeger, Klostermann, Frankfurt am Main 1979, S. 224). Es wre sicher vonBedeutung, hier dieses Problem im Hinblick auf die Frage zu diskutieren, ob TiereIn-der-Welt-Sein sind (wie diese Passage nahezulegen scheint) oder ob sie welt-arm sind, als Heidegger in GA 29/30 behauptet (vgl. M. Heidegger,Grundbegriffeder Metaphysik. Welt Endlichkeit Einsamkeit, GA 29/30, hrsg. von W.-F. VonHerrmann, Klostermann, Frankfurt am Main 1983, S. 261). Eine solche Unter-suchung wrde uns aber viel zu weit fhren von unserem ursprnglichen Vorhabenund wir mssen es daher an dieser Stelle auer Betracht lassen.

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    kann der Stuhl die Wand nicht berhren. Was uns angeht ist also das Seiendeals Zuhandenes, insoweit nmlich es als das innerwetliche Seiendes be-gegnet beidem wir sind und inderselben Welt, in der wir sind.

    3. Berhren und praktisches Zu-tun-haben-mit

    Wir haben gezeigt, wie im ein Sein-Zu und im ein Sein-Beizum Vorschein kommen. Nun, wir knnen nur dann zu etwas sein und beietwas sein, wenn das innerweltliche Seiende sich selbst als etwas zeigt, wozuund wobei wir sein knnen. Die daseinsmigen Strukturen des Sein-Zu undSein-Bei mssen daher eine parallele Struktur in der Weltlichkeit der Weltwiederfinden. Wie Heidegger selbst im angefhrten Zitat sagt, das Berhrenund das Sein-Bei sind unmglich im Fall zweier vorhandenenDingen. Dasses so ist, leuchtet ohne Weiteres ein: Nur das, waszuunserer Hand ist, kannwiederum von unserer Hand berhrt werden. Das Ding, womit wir zu tunhaben in unserem In-der-Welt-Sein, zeigt sich also als zuhanden in diesemSinn und stellt sich so zur Verfgung fr eine mgliche Handlung, die esseinerseits erschliet, begegnen lsst als diese Zuhandenheit . Ineinem zweiten Schritt knnen wir dann einen direkten Bezug zu dieserZuhandenheit nehmen () und sie in sprachlichen Verlautbarung demAnderen sprachlich mitteilen (). Die phasische Funktion derAussage und die kataphasische sind also radikal verschieden, wie Aristote-les sagt, und die zweite basiert auf der ersten: darin sind Heidegger undAristoteles einig. Das bringt zunchst das Seiende in seiner Zuhan-denheit ans Licht, und nur vor dem Hintergrund () der Entdecktheit

    dieses Zu (in der Offenheit des Seienden zu uns als zu-handen) ist es dannmglich, sichzudiesem Seinenden zu verhalten,zudiesem Seienden zu seinund dies in einer ausdrcklichen mitzuteilen.

    Nehmen wir die Erluterung von Aristoteles wieder auf: Die Wahrheitbefindet sich in der und im und es wre nun sinnwidrig, vonFalschheit im Fall des einfachen Dinges zu sprechen; vielmehr sollte manvon Unwissen reden. Die Mglichkeit der verlautenden Aussage, die eineWahrheit von zusammengesetzten oder abgetrennten Dinge ausdrckt,

    basiert auf die Mglichkeit der Bezugnahme auf , die wiederumin der Entdecktheit des Seienden in der Wahrheit, und d. h. in der erscheinen. Aber Wahrheit ist nicht nur , sondern auch (und sogar

    primr, wie wir gezeigt haben) , Berhren. Daraus ergibt sich: Dieursprngliche Wahrheit, die die Wahrheit des Aussagesatzes begrndet, ist

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    die Wahrheit des Seins-Bei als Berhren und des Seins-Zu als Rede1. Dass esso ist, sollte auch nicht wirklich weiter berraschen, wenn wir unserenVergleich mit Heidegger weiterfhren. Das innerweltliche Seiende begegnet

    uns nmlich zunchst und zumeist im Modus der Zuhandenheit, und dasbedeutet, als etwas, zu dem die Hand reichen kann, die man manipulierenund benutzen kann. Die Mglichkeit der Verlautbarung in der Gemeinschaft

    beruht auf das dieses Zu-tun-Haben-mit den Dingen. Die primreBezugnahme die gar kein einfacher Bezug zwischen zwei blovorhandenen Dingen ist ist das praktische In-der-Welt-Sein: Man machtsich zu schaffen mit den Sachen in der Welt um seiner selbst willen. Was

    bedeutet es aber, dass wir in der Passage als Rede bersetzten und jetztmit Sein-Zu gleichsetzen? Kann Reden diesen Sinn annehmen?

    In der Wahrheit des Berhrens, des aktiven Zu-tun-habens mit, zeigtsich ein erster Modus der Bezugnahme, und gerade jene innerweltlichen

    Bezge, die auf diese Art und Weise konstituiert werden, ermglichen, dasswir von der Welt selbst als einer Bewandtnisganzheit sprechen. Andersausgedrckt: Derjenige erste Bezug, den wir durch Berhren und Reden (alsErscheinen-lassen) herstellen, und auf der dann wiederum Bezug ()durch die Verlautbarung einer Aussage thematisiert werden kann, artikuliertdie Welt als ein Netz von Dingen, und zwar der Dinge in ihrer praktischenmglichen Anwendung (). Das so zum Erscheinen gekommeneWozu der Dinglichkeit konstituiert jenen primren Modus, wie die Dingesich uns als etwas zeigen. Dies besttigt eine Passage Heideggers aus derVorlesung des Wintersemesters 1925/1926, Logik. Die Frage nach derWahrheit, die der Verffentlichung von Sein und Zeit fast unmittelbarvorgingt: Erst von diesem her Als-Was und Wozu das Betreffende ist, erst

    von diesem Wozu her, bei dem ich immer schon bin, komme ich auf dasBegegnende zurck2. Aus diesem Zitat geht klar hervor, dass die Strukturdes Um-zu eigentlich ursprnglicher ist als das konkrete Nutzen dessen,was mir begegnet; und dass dieses Um-zu eigentlich als Wozuverstanden werden sollten, bei demich schon immer bin. Die Nutzbarkeit desSeienden rhrt vom Sein-bei her, das wir wiederum als Berhren im SinneAristoteles (aber auch Heideggers, zumindest teilweise) umschreiben.

    1Dass dieser Gedankengang plausibel ist scheint auch John Sallis zu unterstreichen,wenn er sagt: Was also vorausgesetzt ist, wenn man eine Aussage trifft, ist derKontakt mit der den Sprecher umgebenden Welt in Heideggers Idiom: In-der-Welt-Sein (J. Sallis, Heidegger und der Sinn von Wahrheit, bersetzt vonT. Keiling, Klostermann, Frankfurt am Main 2012, S. 10). Meine Hervorhebung.2M. Heidegger.Logik. Die Frage nach der Wahrheit, GA 21, S 148.

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    der Hand manipulieren, und dieses ttige, sich-verhaltende Da-bei-seinzeichnet sich als Berhren im weiten Sinne aus auch angesichts derTatsache, dass nach Heidegger das Berhren eine eigene Mglichkeit des

    Daseins im Da-bei-sein ist, eine Mglichkeit, die dem Stuhl nicht von sichaus gehrt. Aber was ist diese ursprngliche Artikulation der Welt, was istdiese praktische Gliederung die, durch ein Tun mit den Dingen, die Strukturdes Worumwillens zum Vorschein bringt und im Endeffekt die Weltverstndlichals Bewandtnis- und dann als Bedeutungsganzheit macht bzw.aufschliet1? Heidegger hat einen Namen dafr, und zwar die Rede. Dasexistential-ontologische Fundament der Sprache ist die Rede2, wie wir aufeinem anderen Weg als dem Heideggers gezeigt haben, und sie ist mit

    Befindlichkeit und Verstehenexistenzial gleichursprnglich3: Rede ist dieArtikulation des Verstehens4.

    Dass die Aussage eine abgeleitete Vollzugsform5 oder einen ab-

    knftigen Modus

    6

    der Auslegung darstellt, besagt auf dem Niveau derAuslegung im Prinzip nichts anderes, als das, was wir eben im Bezug auf dieRede gesagt haben: Die Aussage hat notwendig wie Auslegung berhauptdie existenzialen Fundamente in Vorhabe, Vorsichtund Vorgriff7, welcheeine bedeutungsmige Artikulation des Aufgezeigten8ermglichen, weilin ihr das Seiende als Zeug zuhanden ist und es mit diesem eine Bewandtnishat. Und, wie gezeigt, diese Artikulation ist die Rede. Wie diese Artikulationzu verstehen sei und inwiefern sie praktisch aufzufassen ist, zeigt Heideggeran dem berhmten Beispiel des Hammers:

    Unbesehen ist als Sinn des Satzes [der Hammer ist schwer] schon [vonder Logik] vorausgesetzt: das Hammerding hat die Eigenschaft der Schwere.In der besorgenden Umsicht gibt es dergleichen Aussagen zunchst nicht[...]. Der ursprngliche Vollzug der Auslegung liegt nicht in einem theore-tischen Aussagesatz, sondern im umsichtig-besorgenden Weglegen bzw.

    1Zur Gliederung als Aufschlieen s. auch F.-W. Von Herrmann, Subjekt und Dasein,S. 110.2A. a. O., S. 160. Heideggers Hervorhebung.3A. a. O., S. 161. Heideggers Hervorhebung.4Ebd.5A. a. O., S. 154.6A. a. O., S. 153.7 A. a. O., S. 157. Unsere Hervorhebung: Alle diese Bestimmungen weisen einebestimmteNaheundBerhrungzu den Dingen auf.8Ebd.

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    Wechseln des ungeeigneten Werkzeuges, ohne dabei ein Wort zu verlie-ren.1

    Dieses umsichtig-besorgende Tun, das weglegt und wechselt, ist undHeidegger lsst das unerwhnt eines mit den Hnden und mit dem Leib,das im Berhren geschieht. Die ihm eigentmliche Struktur findet dasredende Tun im existenzial-hermeneutischenAls. Die Struktur des etwas alsetwas ist dann laut Sein und Zeit diejenige Struktur, die erlaubt, dass der als und von Aristoteles bestimmt werden kann2.Die Als-Struktur ist die Struktur jedes mglichen als Struktur vonund nach dem, was Heidegger in seinem Hauptwerk undverschiedenen Vorlesungen aus diesen Jahren mehrmals ausfhrt. DieWahrheit des (die natrlich kein bloer Aussagesatz, keine bloe ist) besteht also darin, dass die Mglichkeit jeder und

    auf die Als-Struktur als Artikulation der Auslegung zurckgeht.Und dass und Rede von Heidegger auf derselben Ebene verstandenwerden, bezeugt auch seine Auslegung des : Ursprnglich,d. h. ontologisch verstanden, meint dieser Satz gerade nicht, dass der Menschdasjenige Lebewesen ist, das die Mglichkeit der sprachlichen Verlautbarung

    besitzt, sondern vielmehr, dass er der Rede fhig ist3. Und das besagt, dassder Mensch dasjenige Seiende ist, das in der Weise des Entdeckens der Weltund des Daseins selbst ist4.

    Nach Heideggers Erluterung des Begriffs der Rede im 34zeigt sichein Zweifaches. Erstens, die primre Bedeutung der Rede muss nicht nur all-gemein und unbestimmt vorprdikativ sein dass die Rede die Mglichkeitder Aussage fundiert, ist selbstverstndlich nach dem Ausgefhrten

    sondern auch ganz praktisch verstanden werden, im Sinne des praktischenZu-tun-Haben-mit Zuhandenem: nur in diesem Sinne kann die Rede nmlichdie Artikulation, die Gliederung des Verstehens sein. Der redet, wennman so mchte, praktisch. So erschliet sich auch erst der Bezug, den dieRede zur Wahrheit im Sinne Heideggers hat: Die Rede erffnet nmlichzweitens die Mglichkeit des Zeigens berhaupt. Die Rede als inseiner Als-Struktur artikuliert, anders gesagt, die Verstndlichkeit, weil siedas Sich-Zeigen der Phnomene und unser (Auf)Zeigen auf sie ermglicht.

    1A. a. O., S. 157.2 A. a. O., S. 159. Vgl. Dazu auch M. Heidegger, Logik. Die Frage nach derWahrheit, GA 21, S. 136-137.3A. a. O., S. 165.4Ebd.

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    Das Zeigen, angesiedelt auf jener Ebene logischer Primordialitt, auf derauch das Berhren bei Aristoteles und das Reden bei Heidegger liegen,macht noch einmal und auf andere Weise klar, wie sich der Sinn der Welt

    artikuliert lange bevor wir eine Aussage machen oder etwas bejahen.

    4. Der dreifache Sinn von Zeigen und die Wahrheit

    Rede, knnte man also fortfahren, bezeichnet eine existentiale Struktur derArtikulation des Verstehens und der Auslegung, gerade weil sie im Berhrenund Zeigen, die wiederum das praktische Zu-tun-haben mit dem Zuhandenenkonstituieren, das bedeutungsmige Gerst des Seienden ist und dieses auchund vor allem in seinem Worumwillen und dadurch in seiner Zuhandnheiterschliet. Das besagt aber dann nichts anderes, als dass die Rede Sinnverleiht. Lesen wir eine Erluterung von Sinn, die Heidegger gibt, wenn erseine eigene Auffassung der Aussage in Abgrenzung von jeder Theorie derGeltung diskutiert:

    Den Begriff des Sinns restringieren wir nicht zuvor auf die Bedeutung vonUrteilsgehalt, sondern verstehen ihn als das gekennzeichnete, existenzialePhnomen, darin das formale Gerst des im VerstehenErschliebaren und inder Auslegung Artikulierbaren berhaupt sichtbar wird1.

    In diesem Zitat sind alle Elemente versammelt, die wir bis jetzt diskutierthaben. Wir knnen also Heideggers Worte folgendermaen umschreiben:Sinn ist ein Phnomen, und damit nach 7 etwas, das sich an sich selbstzeigt2, innerhalb dessen die Rede sich als Aufschlieen im Verstehen und als

    Artikulation in der Auslegung zeigt. Aber da kommt eine ungeheure Span-nung zu Tage: Der Sinn zeigt sich an sich selbst und in diesem Sich-Zeigen

    bereitet die Mglichkeit vor, dass die Rede (die wir als Sein-Bei und Sein-Zuverstanden hatten) die Artikulation des Sinnes selbst zeigt; aber die Rede istwiederum das, was es erst ermglicht, dass etwas in einer Aussage aufgezeigtwerden kann. Diese dreifache Struktur des Zeigens (Sich-Zeigen, Zeigenschlechthin und Aufzeigen) gilt es jetzt zu problematisieren und zu erhellen.

    Halten wir also zunchst fest: Der Sinn als Phnomen zeigt sichundermglicht so, dass die Rede die Artikulation des Verstehens sein kann,indem sie sich zeigt; die Rede ermglicht ihrerseits, dass etwas in einer

    1A. a. O., S. 156.2A. a. O., S. 28: Als Bedeutung des Ausdrucks Phnomen ist daherfestzuhalten:das Sich-an-ihm-selbst-zeigende, das Offenbare.

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    Aussage alsetwas aufgezeigt werden kann. Die Gelichtetheit des Da1, andersgesagt, stellt sich hier als jene Wahrheit dar, die diese dreifache Struktur desSich-Zeigens in sich birgt. Dass das Ergebnis unserer Diskussion plausibel

    ist, nmlich die Rede als Artikulation des Da des Daseins mit dem Problemder Wahrheit zu verbinden, besttigt Heidegger selbst, wenn er im 43 sagt:Was frher hinsichtlich der existentialen Konstitution des Da und bezglichdes alltglichen Seins des Da aufgezeigt wurde, betraf nichts anderes als dasursprnglichste Phnomen der Wahrheit2, und dabei verweist Heideggerselbst auf die 29-38, wo es um Verstehen, Befindlichkeit und Rede (unddie Aussage) geht3. Die drei Existentialien, in ihrem Zusammenhang alsErschlossenheit und Wahrheit des Daseins verstanden, sind die Wahrheitselbst: Sofern das Dasein seine Erschlossenheit ist, als erschlosseneserschliet und entdeckt, ist es wesenhaft wahr. Dasein ist in der Wahrheit 4.Wahrheit ist also primr dieses In-Sein des Daseins: Erschlossenheit

    berhaupt

    5

    ist nicht nur In-der-Welt-sein, sondern Sein-Bei inner-weltlichem Seienden. In Sein und Zeitist also Wahrheit primr als Wahrheitder Erschlossenheit zu fassen; dass Erschlossenheit aber nicht als eineEigenschaft des Menschen verstanden werden darf, leuchtet sofort ein:Wahrheit ist nmlich vielmehr das Da des Daseins, das wiederum alsBefindlichkeit, Verstehen und Rede verstanden werden muss. Im Da, dasdurch die Rede gegliedert ist, befinden sich fr das DaseinMglichkeitenfrein Verhalten, fr ein In-Berhrung-treten mit den Dingen. Mit Aristotelesknnen wir also sagen, dass diese Wahrheit als Erschlossenheit ist, da

    Nicht-Wahrheit als definiert wird. Eine solche Interpretation findeteine Besttigung auch in Figals Auffassung der Erschlossenheit:

    [...] so ist klar, da die Erschlossenheit zwar als ein , als ein Ver-nehmen, aber nicht als reine Wirklichkeit zu begreifen ist, in der alles wirk-

    1A. a. O., S. 408.2A. a. O., S. 221.3Befindlichkeit, Verstehen und Rede sind nicht drei einfach nebeneinander stehendePhnomene; sondern: Im Da des Daseins gibt es nicht auer der befindlich-geworfenen und entwerfend-verstehenden Erschlossenheit auch noch das redendeGliedern, sondern das Da des Daseins ist, sofern es berhaupt in Befindlichkeit undVerstehen das Da, die Lichtung des In-der-Welt-Seins ist, vom Wesen der Sprachebestimmt (F.-W. Von Herrmann, Subjekt und Dasein, S. 114, 203-204).4A. a. O., S. 221.5A. a. O., S. 223.

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    lich sein kann. Erschlossenheit ist vielmehr reine Mglichkeit, die auch aufbestimmte Mglichkeiten hin angelegt ist1.

    In den oben ausgefhrten Auseinandersetzung mit der Metaphysik desAristoteles ist aber andererseits zum Vorschein gekommen, dass dieses Daeine dreifache Struktur des Zeigens haben muss. Etwas zeigt sich, zeigt sichals etwas und wird aufgezeigt. Dass dieser Begriff der Wahrheit, so wieHeidegger ihn in Sein und Zeit einfhrt, mit der zweiten Bestimmung desZeigens als Sein-Bei und Sein-Zu der Rede (allgemeiner gesagt: als In-Sein)bereinstimmt, und die Tatsache, dass der herkmmlichen Begriff derWahrheit sich mit der dritten Funktion des Zeigens, nmlich dem Aufzeigendes Aussagesatzes deckt, ist klar. Inwiefern aber das Sich-Zeigen des Sinnsin seiner Reziprozitt mit der Erschlossenheit auch Wahrheit ist, bleibt inHeideggers Hauptwerk deutlich auer Betracht. Es ist nmlich erst nach demScheitern von Sein und Zeit, dass Heidegger sich explizit dieser Fragewidmet, mit der Schrift Vom Wesen der Wahrheit2.

    Daraus folgt eine schwerwiegende Konsequenz: Betrachtet man Hei-degger aus der Perspektive des Aristoteles, dann lsst sich sagen, dass derursprngliche Sinn der Wahrheit (Wahrheit als Lichtung), der nach 1927 dasZentrum von Heideggers Reflexion bilden wird, bleibt in Sein und Zeitdeshalb auer Frage, weil Heidegger Wahrheit nur als Rede bestimmt habenwill und das Berhren als primres (Sich-)Zeigen vergisst3. Wenn nmlich,wie oben ausgefhrt, Wahrheit im Hauptwerk sich mit der zweitenBestimmung des Zeigens als In-Sein deckt, vergisst Heidegger das, was unsins Stande setzt, berhaupt in der Rede einen Bezug auf das Seiende zunehmen, nmlich die Begegnung, das Berhren. Es ist nmlich gerade das

    Berhren dasjenige, das Aristoteles zufolge die Wahrheit in ihrer Ursprng-lichkeit bestimmt, sodass wir nur auf der Basis des Berhrens den Gegen-begriff (nmlich ) zu Wahrheit haben knnen. Bei Aristoteles bleibtauer Zweifel, dass in der Definition das Berhren die Oberhand gewinnt, danur auf deren Basis der Gegenbegriff zu Wahrheit determiniert und Wahrheitals Wissen expliziert werden kann, whrend Heidegger in Sein und Zeitbei

    1G. Figal,Heidegger. Phnomenologie der Freiheit, S. 159.2 M. Heidegger, Vom Wesen der Wahrheit, in Id., Wegmarken, GA 9, Kloster-mann, Frankfurt am Main 1976, S. 177-202.3Nur der Klarheit halber wiederholen wir noch einmal: Zu sagen, dass in Sein und

    Zeit die Wahrheit als Wahrheit der Rede verstanden wird, heit natrlich nicht, dieWahrheit wre Wahrheit der Sprache als Aussage; ganz im Gegenteil haben wirgezeigt, inwiefern Wahrheit der Rede als Gliederung Wahrheit des Zeigens, derErschlossenheit und des Da bedeuten muss.

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    der Rede als ursprngliche Wahrheit bleibt, ohne ihre tiefere Dimension zuerblicken.

    Unser Gedankengang scheint hier problematisch zu werden. Inwiefern

    nmlich Heideggers Begriff der Wahrheit als Erschlossenheit und AristotelesBestimmung der Wahrheit als Reden () dasselbe besagen, haben wirgezeigt. Aber ob nun Wahrheit als Erschlossenheit tatschlich auf einemursprnglichen Phnomen der Wahrheit basiert, das den Gegenbegriff zuUnwissen und zu Nicht-Berhren sein sollte, scheint uerst fragwrdigzu sein. Heidegger strebt nmlich in Sein und Zeit gerade nach einerAuffassung der Wahrheit, die nichts mehr mit Wahrnehmung und Erkenntniszu tun hat.

    Um unsere Position plausibler zu machen, sind nun folgende Schritteerforderlich. (A.) Anhand von Heideggers Bestimmung des Berhrens alsdaseinsmiger Struktur soll sich zeigen, dass das Berhren und die Wahr-

    nehmung im Sinne der herkmmlichen Erkenntnistheorie nicht deckungs-gleich sind, und (B.) dass Berhren als unbestimmte Mglichkeit nicht nureine notwendige Voraussetzung fr jede Bezugnahme bildet, sondern dass esauch (C.) unerlsslich ist, damit es berhaupt das Dasein erschlossen seinkann, damit berhaupt das Da-Sein sein Da sein kann. Berhren wird dabeials ursprngliches, gleichzeitiges Zeigen-und-sich-zeigen im Da derLichtung verstanden, Berhren also als Bedingung jedes Verstehens, aufderen Basis Heidegger nach Sein und Zeiteine neue, fundamentale Stellungan die Lichtung verleihen kann.

    A. Die erste, gewaltige Unterscheidung zwischen Wahrnehmung undBerhren muss getroffen werden im Hinblick auf die emotionaleGrundierung. Whrend nmlich die Wahrnehmung bei Heidegger nie ein

    schlichtes Sehen1

    sondern immer schon eine Deutungs- und Verstehens-leistung2und deshalb immer schon mit der Als-Struktur verwickelt ist, dieihm eine bestimmte Stimmung (in dem Sinne, dass etwas, als etwasverstanden, immer dem Dasein angeht) verleiht, zeichnet sich das inseinem griechischen Bedeutungsspektrum gerade als Schwanken zwischen

    positiv und negativ beladenen Bedeutungen aus: Im Berhren haben wir esnoch nicht mit einem Verstehen von etwas als etwas, sondern nur mit derMglichkeit eines solchen Verstehens zu tun. Das Dasein kann dann sichaber nicht irgenwie entscheiden, nicht zu verstehen; sobald er in Berhrungtritt, versteht er auf diese oder jene Art und Weise. Aber damit es berhaupt

    1A. a. O., S. 149.2C. Demmerling, Hermeneutik der Alltglichkeit, in: T. Rentsch (Hrsg.), Martin

    Heideggers Sein und Zeit, Akademie Verlag, Berlin 2007, S. 108.

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    Verstehen geben kann, braucht das Dasein, in Berhrung mit den Dingen zutreten, braucht das Dasein, dass die Dinge in die Lichtung aufgehen. Dasheit wohl bemerkt nicht, dass neutral in irgendeinem Sinne des

    Wortes wre, sondern ganz im Gegenteil: ist die nicht vorbestimmteMglichkeit eines stimmungshaften Besorgens berhaupt; sie ist immer miteiner Stimmung beladen, nur dass diese Stimmung nicht determiniert ist: dasVerstehen von etwas als etwas ist noch nicht eingetreten, es gibt nur dieMglichkeit seines Eintritts. Die Sache bleibt unverndert in HeideggersAuffassung: Wenn das Berhren die Erschlossenheit ermglicht, und zurErschlossenheit immer Befindlichkeit in einer Stimmung gehrt, ist dieseStimmung auch gerade eine leere Stelle fr das Eintreten eines bestimmtenVerhalten1.

    B. Daraus ergibt sich aber Folgendes: Der Umgang des Daseins mitden Dingen kann nur deshalb in einer Stimmung nuanciert sein, weil die

    Struktur des die Stimmung tragenkann, so wie sie auch die Rede unddas Verstehen als deren Artikulation trgt. In der Spannung zwischen Positi-vitt und Negativitt kommt die Mglichkeit der gestimmten Bezugnahmezur Geltung2. Und das ist eben nicht Wahrnehmung (so wie Heidegger sieintendiert), sondern ein ursprnglicheres Phnomen, das die Gestimmtheitder Wahrnehmung (seine vorprdikative Als-Struktur) charakterisiert. ist die Mglichkeit davon, dass das Ding berhaupt in einen Bezug mitseinem als eintritt. Das Jenseits von Positivitt und Negativitt spiegeltsich in dem viel diskutierten Satze Heideggers, dem zufolge Dasein []gleichrsprunglich in der Wahrheit und Unwahrheit3ist.

    C. In Heideggers Beschreibung des ursprnglichen Phnomens derWahrheit, so wie sie in seinem Hauptwerk verstanden ist, wird die Wahrheit

    als Wahrheit der Erschlossenheit des Daseins bestimmt, aber sie bleibtnicht auf dem Pol des Daseins beschrnkt, da wie Heidegger immerwieder betont zu dieser Erschlossenheit die Entdecktheit des

    1Vgl. dazu G. Figal, Phnomenologie der Freiheit, S. 160-161.2Das ist nach Figals Auffassung die Freiheit der Dinge: Die Dinge mssen freifrunser Verhalten sein, und das behauptet Figal gleichzeitig mit der Unterstreichungdes offenenCharakters der Stimmung: Wenn man gleichmtig oder hochgestimmtist, fllt es zwar sicherlich leichter, sich in bekannten Weisen zu verhalten; aber zumeinen wre auch das nicht mglich, wenn das Seiende nicht als ,frei fr ein solchesverhalten vernommen wrde, zum anderen zeichnen auch diese Stimmungen dasVerhalten selbst nicht vor (A. a. O., S. 162).3M. Heidegger, Sein und Zeit, S. 223.

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    innerweltlichen Seienden gehrt1. Was dann eigentlich die Entdecktheit desSeienden erst ermglich macht, beschreibt Heidegger in aller Klarheit: DasSein bei innerwetlichem Seienden, das Besorgen, ist entdeckend2. Obwohl

    Erschlossenheit und Entdecktheit nicht geradezu voneinander abgetrenntwerden knnen, weil sie zum Phnomen der Wahrheit in seiner Einheitgehren, beschreiben sie dennoch verschiedene Seiten dieses Phnomens.Beide grnden im Seinsverstehen, aber es muss eine ursprnglichereDimension geben, die ein solches Verstehen berhaupt ermglicht; um dieDinge zu verstehen, anders gesagt, mssen wir zuerst in Berhrung mit ihnentreten, sie mssen uns begegnen. In Sein und Zeit ist aber der letzte Bodender Wahrheit die Erschlossenheit des Daseins, was eine bestimmteZentrierung auf das Dasein mit sich bringt, die nur nach der Kehre nachmanchen Kommentatoren nicht mehr zu finden ist. Dass es so ist, beweistunter Anderem Heideggers Formulierung, dass alle Wahrheit [] gem

    deren wesenhaften daseinsmssigen Seinsart relativ auf das Sein desDaseins3ist.Nach Sein und Zeit, wie vor allem John Sallis 4 in aller Klarheit

    bemerkt hat, vollzieht sich eine noch ursprnglichere Frage nach dem Wesender Wahrheit, die dann in Lichtung und Verbergung ihren ausgezeichnetenStandort finden wird. Im Kunstwerkaufsatz schlgt Heidegger genau dieseRichtung ein, wenn er sagt: Zum Wesen der Wahrheit als der Unverborgen-heit gehrt das Verweigern in der Weise des zwiefachen Verbergens5. DasSeiende, anders gesagt, ist gelichtet (unverborgen) und verborgen zugleich,und das hngt von dem jeweiligen Sein als Verstndnishorizont ab, innerhalbdessen die Wahrheit fr das Dasein sich ereignet. Dasein ist also hier nichtmehr ursprnglich sowohl in der Wahrheit als auch in der Unwahrheit;

    Dasein ist immer in der Wahrheit, deren Grundzge aber Unverborgenheitund Verweigern als Verbergen sind.Wahrheit ist damit, wenn wir Heideggers Verstndnis mit Aristoteles

    kontrastieren, gerade dem Berhren gleichgesetzt: Dasein ist nmlich nichtursprnglich inder Wahrheit (positives Berhren) oder in Unwahrheit (nega-tives Berhren) gesetzt, sondern vielmehr: Gerade weilDasein dem Berhrenberhaupt, d. h. als Mglichkeit, ausgesetzt ist, und d. h. weil er der

    1A. a. O., S. 223.2A. a. O., S. 223.3A. a. O., S. 227.4J. Sallis,Heidegger und der Sinn von Wahrheit, S. 7-13.5M. Heidegger, Der Ursprung des Kunstwerkes, in: Id., Holzwege, GA 5, hrsg.Von F.-W. Von Herrmann, Klostermann, Frankfurt am Main 1977, S. 41.

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    Wahrheit berhaupt ausgesetzt ist, kann das Seiende fr ihn gelichtet oderverborgen sein. Die Wahrheit hat, gerade so wie bei Aristoteles, nicht mehrUnwahrheit als Gegenbegriff, und vor allem auf keinen Fall Verborgen-

    heit; Wahrheit hat als Gegenbegriff, wenn man immer noch so von Be-griff sprechen darf, vielmehr ein Weder-in-der-Lichtung-noch-in-der-Verborgenheit-sein und d. h. wiederum: Der Gegenbegriff zu Wahrheit istes, gar keinen Bezug zum Seienden und zum Sein des Seienden zu haben, garnicht in die Gegenberstellung von Lichtung und Verbergung zu treten gar nicht in der Welt zu sein1. Unwahrheit bedeutet daher: nicht mit demSeienden in Berhrung treten, nicht bei Seiendem verweilen, und das istselbstverstndlich unmglich fr jegliches Seiende, das die Seinsart des Da-Seins als In-Sein und In-der-Welt-sein hat, das, in Heideggers Terminologie,

    begegnet.Zu sagen also, dass Dasein immer schon in der Wahrheit ist, bedeutet

    nicht anderes als zu sagen, dass Dasein immer schon in Berhrung mit demSeienden, und d. h. in der Welt ist. Selbstverstndlich ist hier Berhren imSinne Heideggers zu verstehen: Dasein berhrt das Seiende, whrend derStuhl die Wand nicht berhren kann. Der bloe Kontakt ist kein Berhren,und beides haben nichts miteinander zu tun: Nicht jedes Berhren ist einKontakt und nicht jeder Kontakt ist ein Berhren. Dass wir nun mit derKehre Heideggers dem Begriff der Berhrung in seiner vollen WeiteRechnung tragen knnen, hngt direkt mit der vernderten Stellung zusam-men, die das Dasein in Heideggers Beschreibung einnimmt. Die Zentrierungist, wie gesagt, nicht mehr auf das Dasein, sondern Heideggers Perspektiveist sozusagen dezentriert: In der Idee des Berhrens sammelt sich gerade einedoppelte Struktur zwischen dem Zeigen des Daseins, das in dem Verstehen

    in Berhrung mit den Dingen kommt und damit sie ans Licht bringt, und demSich-Zeigen der Dinge selbst (ihrfreiseinfr), die sich immer schon in derBewegung (als Auf- und Untergehen) von Verborgenheit und Lichtung

    1 Als Heidegger in spteren Texten den Begriff der Lichtung revidiert, sodass ernicht mehr Verbergung als Gegenbegriff hat, sondern in sich die Mglichkeit jedesAuf- und Untergehens der Dinge einschliet, gewinnt unsere Beschreibung nochmehr an Plausibilitt. Heidegger stellt den Bezug zum Berhren selbst her, als er inden Brief ber den Humanismus (wo dieser umfassendere Begriff der Lichtungschon am Werk ist) schreibt: Die Lichtung selber aber ist das Sein. Sie gewhrtinnerhalb des Seinsgeschickes der Metaphysik erst Anblick, aus welchem herAnwesendes den zu ihm an-wesenden Mensch be-rhrt, so dass der Mensch selbererst im Vernehmen () an das Sein rhren kann (, Aristoteles, Met. 10).M. Heidegger, Brief ber den Humanismus, in: Wegmarken, GA 9, S. 313-164 ,hier S. 332.

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    befinden. Die Dinge berhren uns und wir berhren die Dinge, und das findetnur im Moment dieses reziproken und responsiven Entgegentretens vonDingen und Menschen statt1.

    5. Das Leiben. Anknpfung zu dem spten Heidegger

    Die Problematisierung des Begriffs der Wahrheit, der wir anhand derdoppelten Struktur des Zeigens und Sich-Zeigens im Berhren kurz skizzierthaben, muss hier notwendigerweise als unausgefhrter Entwurf stehen blei-

    ben. Es scheint nmlich naheliegend zu sein, dass obwohl das Berhrensicher nicht zu Heideggers Wortschatz gehrt eine stndige Konfrontationmit diesem Begriff ausschlaggebend sein kann fr eine Erweiterung oderProblematisierung von den Beschreibungen Heideggers, vor allem wennBezug auf den spteren Schriften genommen wird.

    Mit der Eingliederung des Berhrens in der Mitte von Lichtung,Wahrheit und Dasein scheint es nmlich mglich, eine neue Stellungnahmezum Problem des Leibes zu erffnen, die sich nicht nur nicht gegenHeidegger wenden sollten, sondern die gerade mit Heidegger etwas in dieseRichtung anfangen kann2. Die Frage, inwiefern das mglich wre, muss hieroffen bleiben. An dieser Stelle sei nur darauf hingewiesen, dass der Begriffdes Leibens, von Heidegger in so voneinander entfernten Momente wiedem Ende der dreiiger Jahren (Nietzsche-Vorlesungen) und den frhensiebziger Jahren (Zollikoner Seminare) verwendet, in diese Richtung deutet3.

    1 Diese Rede von Entgegentreten und Berhren soll nicht zu einer substantialis-tischen Gegenberstellung von Subjekt und Objekt verfhren. Das Entgegentretenmuss vielmehr als Ereignis verstanden werden, wo mit dem spten Heideggergesagt im Geviert Menschen, Himmel, Erde und Gttlichen in fortwhrendenBezug sind und sich gegenseitig bestimmen.2Wenn, wie oben angefhrt, die Mehrheit der Kommentatoren sich mit dem Fehleneiner hinreichenden Behandlung des Themas des Leibes bei Heidegger beschftigthaben, sind in den letzten Jahren mehr positive Beitrge darber erschienen. Vgl.dazu unter Anderem D. Espinet, Martin Heidegger. Der leibliche Sinn von Sein,in: E. Alloa, T. Bedorf, C. Grny, T. N. Klass, Leiblichkeit. Geschichte und Aktuali-tt eines Konzepts, Mohr Siebeck, Tbingen 2012, S. 52-67 und D. F. Krell, Daimon

    Life. Heidegger and Life Philosophy, Indiana University Press, Bloomington 1992.3Zum Thema des Leibes erlaube ich mir, auf D. DAngelo,Die Schwelle des Lebe-Wesens. berlegungen zur Leibinterpretation Heideggers in der Nietzsche-Abhand-lung, in: Studia Phaenomenologica Band XII, 2012, S. 59-82 zu verweisen.

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    Leiben gehrt nmlich ursprnglich zum In-der-Welt-Sein1, und zwar ebenweil Dasein in Berhrung mit den Dingen treten muss. Als Leiben willHeidegger einen immer so und so gestimmten Leib2 verstanden wissen

    (immer irgendwie gestimmt, und das Wie bleibt gerade unbestimmt) und indiesem Leiben fgen sich Erkenntnis und Besinnung zusammen. DasBerhren als Leiben ist also keine rohe Erkenntnis der Welt, als ob Weltein Gegenstand wre, mit dem wir in Kontakt treten, sondern vielmehr einimmer schon mit Besinnung und Stimmung (oder besser gesagt: mit der

    Mglichkeit des Verstehens und der Stimmung) geladenes Entgegentretenvon Dingen und Menschen. Der Mensch leibt immer dort, wo er inBerhrung mit etwas in der Welt kommt was nicht einen bloenkrperlichen Kontakt beschreibt, sondern vielmehr ein andere phnomenaleTatsache:

    Wenn ich zum Ausgang des Saales gehe, bin ich schon dort und knnte garnicht hingehen, wenn ich nicht so wre, da ich dort bin. Ich bin niemals nurhier als dieser abgekapselte Leib, sondern ich bin dort, d. h. den Raum schondurchstehend, und nur so kann ich ihn durchgehen3.

    Ich bin also immer schon in Berhrung mit dem Ausgang des Saales, ich binschon immer dort (dort bei dem Ausgang), und gerade nur dank dieserBerhrung kann ich mich dann hinbewegen. Ich leibe, anders gesagt, bisdorthin, wo ich berhre:

    An dem jeweiligen Hier-sein ist der Leib immer beteiligt. Aber wie? Ist dasHier-sein durch das Volumen meines Krpers bestimmt? Fallen die Grenzenmeines Krpers und des Leibes zusammen? [] Der Krper hrt auf an der

    Haut. Wenn wir hier sind, sind wir immer in Beziehung zu etwas. Alsoknnte man sagen, wie seien immer ber den Krper hinaus [].

    Beim Zeigen ist der Finger auf das Fensterkreuz dort drben, ich hre nichtbei dem Fingerspitzen auf []. Grenze des Leibens (der Leib ist nur insoferner leibt: Leib) ist der Seinshorizont, in dem ich mich aufhalte 4.

    Und das wiederum heit: ich leibe bis dahin, wo ich mit den Dingen inBerhrungtrete, bis dahin, wo ich in der Wahrheit(im Wesen verbal

    1M. Heidegger, Zollikoner Seminare. Protokolle, Zwiegesprche, Briefe, hrsg. vonM. Boss, Klostermann, Frankfurt am Main 1987, S. 196.2M. Heidegger,Nietzsche, Neske, Pfullinger 1961, Band I, S. 119.3M. Heidegger, Bauen Wohnen Denken, S. 158.4M. Heidegger,Zollikoner Seminare. Protokolle, Zwiegesprche, Briefe, S. 112-113.

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    der Wahrheit) der Dinge bin, wo die Dinge dann auf- und vergehen knnen wo die Dinge sich zeigenund ich auf sie zeigenkann.

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