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SEKEMs Journal für Wirtschaſt, Gesellschaſt, Kultur und Ökologie in Ägypten Insight Nr. 119 - August 2012 SEKEM Insight | August 2012 | Seite 1 Liebe Leserinnen, liebe Leser, am 1. August 2012 setzte ein Vertreter des Bildungsminis- teriums die letzte noch aus- stehende Unterschrift und die offiziellen Genehmigungsunter- lagen der ägyptischen Regierung für SEKEMs Heliopolis Universi- tät. Damit kommt ein rund zehn- jähriger Zulassungsprozess zum Abschluss. Ursprünglich hätte die damals noch SEKEM Univer- sity genannte gemeinnützige Hochschule der SEKEM Initiative bereits 2004 eröffnet werden sollen. In den vergangenen Monaten sind bereits die ersten Gebäude am Stadtrand von Kairo fertiggestellt worden. Wie SEKEM Insight in dieser Ausgabe berichtet, wurden die Kerngruppen des Projekt- teams in mehreren Workshops umfassend auf ihre Aufgaben vor- bereitet. Das pädagogische Kon- zept wurde mit internationalen Experten entwickelt, überarbeitet und bildet nun die Grundlage der Studienangebote, die im Septem- ber beginnen. SEKEM Insight gratuliert allen Mit- arbeitern des Teams und wünscht ihnen und den Studenten einen gelungenen Start! N ur wenn alle Organe harmo- nisch miteinander arbeiten, kann ein Organismus gut funktionie- ren. Dies gilt auch für den jüngsten „Organismus“ der SEKEM Initiative, der Heliopolis Universität für nach- haltige Entwicklung. In einem inten- sivem Workshop vom 3. bis 5. Juli wurden die Vorbereitungsarbeiten für Hochschulbetrieb und Verwaltung jetzt zusammengeführt, um ein ein- heitliches Ganzes zu bilden. Hauptziel dieses Arbeitstreffens war es, eine gemeinsame Wissensbasis zu schaf- fen, die es den Kernteams des Projekts erlauben würde, die Besonderheiten von Philosophie und Bestimmung der neuen Einrichtung genauer herauszuarbeiten. Auf der Veranstaltung konn- ten die Teilnehmer ein gemein- sames Verständnis ihrer Vision, Editorial Ihr Redaktionsteam Workshop bereitet Kernteam auf Start der Heliopolis Universität vor Seit Monaten arbeiten verschiedene Teams an der Entwicklung der Kurrikula. Sie haben die Inhalte des Kernprogramms ausgearbeitet und die Verwaltungsstrukturen der Universität aufgebaut. Heliopolis Uni Kernteam ist startbereit Ägypten Naguib Mahfouz an der Akademie Besucherbericht Reiseeindrücke aus SEKEM SEKEM finden sie im Internet auch auf: Unterste Reihe v.l.n.r.: Dr. Kadria Abdel Motaal, Dr. Amira Motaal, Prof. Dr. Ibrahim Abouleish. Zweite Reihe, v.l.n.r.: Prof. Dr. Radwan Abdelhamid, Prof. Dr. Abdelhamid Alzoheiry (Präsident der HU), Helmy Abouleish, Dr. Gihan Saadawi. Dritte Reihe, v.l.n.r.: Dr. Omar Ramzy, Dr. Hani Sewilam, Dr. Ibrahim Elghamry. Letzte Reihe: Birgit Birnstingl, Prof. Dr. Wael Kortam, Bianca Fliss, Dr. Albert Lindermann
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SEKEM Insight 08.12 DE

Mar 20, 2016

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SEKEMs monatliches Journal für Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und Ökologie in Ägypten.
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Page 1: SEKEM Insight 08.12 DE

SEKEMs Journal für Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und Ökologie in Ägypten

InsightNr. 119 - August 2012

SEKEM Insight | August 2012 | Seite 1

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

am 1. August 2012 setzte ein Vertreter des Bildungsminis-teriums die letzte noch aus-stehende Unterschrift und die offiziellen Genehmigungsunter-lagen der ägyptischen Regierung für SEKEMs Heliopolis Universi-tät. Damit kommt ein rund zehn-jähriger Zulassungsprozess zum Abschluss. Ursprünglich hätte die damals noch SEKEM Univer-sity genannte gemeinnützige Hochschule der SEKEM Initiative bereits 2004 eröffnet werden sollen.

In den vergangenen Monaten sind bereits die ersten Gebäude am Stadtrand von Kairo fertiggestellt worden. Wie SEKEM Insight in dieser Ausgabe berichtet, wurden die Kerngruppen des Projekt-teams in mehreren Workshops umfassend auf ihre Aufgaben vor-bereitet. Das pädagogische Kon-zept wurde mit internationalen Experten entwickelt, überarbeitet und bildet nun die Grundlage der Studienangebote, die im Septem-ber beginnen.

SEKEM Insight gratuliert allen Mit-arbeitern des Teams und wünscht ihnen und den Studenten einen gelungenen Start!

N ur wenn alle Organe harmo­nisch miteinander arbeiten,

kann ein Organismus gut funktionie­ren. Dies gilt auch für den jüngsten

„Organismus“ der SEKEM Initiative, der Heliopolis Universität für nach­haltige Entwicklung. In einem inten­sivem Workshop vom 3. bis 5. Juli wurden die Vorbereitungsarbeiten für Hochschulbetrieb und Verwaltung jetzt zusammengeführt, um ein ein­

heitliches Ganzes zu bilden. Hauptziel dieses Arbeitstreffens war es, eine gemeinsame Wissensbasis zu schaf­fen, die es den Kernteams des Projekts erlauben würde, die Besonderheiten von Philosophie und Bestimmung der neuen Einrichtung genauer herauszuarbeiten.

Auf der Veranstaltung konn­ten die Teilnehmer ein gemein­sames Verständnis ihrer Vision,

Editorial

Ihr Redaktionsteam

Workshop bereitet Kernteam auf Start der Heliopolis Universität vor

Seit Monaten arbeiten verschiedene Teams an der Entwicklung der Kurrikula. Sie haben die Inhalte des Kernprogramms ausgearbeitet und die Verwaltungsstrukturen der Universität aufgebaut.

Heliopolis UniKernteam ist startbereit

ÄgyptenNaguib Mahfouz an der Akademie

BesucherberichtReiseeindrücke aus SEKEM

SEKEM finden sie im Internet auch auf:

Unterste Reihe v.l.n.r.: Dr. Kadria Abdel Motaal, Dr. Amira Motaal, Prof. Dr. Ibrahim Abouleish. Zweite Reihe, v.l.n.r.: Prof. Dr. Radwan Abdelhamid, Prof. Dr. Abdelhamid Alzoheiry (Präsident der HU), Helmy Abouleish, Dr. Gihan Saadawi. Dritte Reihe, v.l.n.r.: Dr. Omar Ramzy, Dr. Hani Sewilam, Dr. Ibrahim Elghamry. Letzte Reihe: Birgit Birnstingl, Prof. Dr. Wael Kortam, Bianca Fliss, Dr. Albert Lindermann

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Mission sowie ihrer Ziele entwickeln. Gleichzeitig wurde herausgearbeitet, wie die verschiedenen Komponenten der Universität, die Fakultäten, das Studium Fundamentale und das Zentrum für soziale Innovation im Regelbetrieb einmal zusam­menarbeiten und gemeinsam zur Verwirklichung der Vision beitragen werden. Im Folgenden stellt SEKEM Insight die tragenden Elemente des Einrichtungskonzepts vor.

Nachhaltige Entwicklung als übergeordnetes Ziel

Jeder Aspekt der Lehre und des Studentenlebens an der Universität werden darauf ausgerichtet sein, die Idee nachhaltiger Entwicklung zu ver­mitteln. Prof. Dr. Radwan Abdelhamid, Dekan der inge nieur wissen schaft­lichen Fakultät sagt dazu: “Bei der Bildung für nachhaltige Entwicklung geht es nicht darum, ein theoretisches Konzept nachhaltiger Entwicklung zu vermitteln, sondern darum, die Bedingungen zu schaffen, wie sozi­aler Wandel erfolgreich auf den Weg gebracht werden kann”. Aus diesem Grund bilden interaktives Lernen, interdisziplinäre Forschung sowie soziale Verantwortung den Kern der Heliopolis Universität.

Spezialisierte Kurse und Fakultäten

Der Beitrag, den die Fakultäten zur Vision der Heliopolis Universität leisten, spiegelt sich in den ange­botenen Kursen wieder. Diese ori­entieren sich unmittelbar an den Herausforderungen, denen Ägypten jetzt und in naher Zukunft gegen­übersteht. Studiengänge wie nach hal tiges Wirt schaften, Wasser­ver sor gungs technik oder Pharmazie mit Schwerpunkt Phytopharmazie bereiten die Studenten auf die Zukunft vor. “Fachleute, die ausge­bildet werden, zukünftige Krisen mit globaler Bedrohung zu verhin­dern, werden in Zukunft besonders nachgefragt werden. Menschen, die sich für nachhaltige Entwicklung engagieren, stehen oftmals unter Verdacht, in einem Elfenbeinturm zu

sitzen. Dabei sind sie es, die am bes­ten auf die kommenden weltweiten Herausforderungen vorbereitet sind”, kommentiert Prof. Dr. Wael Kortam, Dekan der wirtschaftswissenschaftli­chen Fakultät.

Dr. Amira Motaal, Juniorprofessorin für Pharmakognosie erläutert die Besonderheiten des Lehrprogramms:

„Die Kurrikula sind einzigartig, da sie die Studenten über mehrere Disziplinen hinweg integrativ und graduell langfristig begleiten. Dies beginnt mit einer Einführung in die Naturwissenschaften im ers­ten Jahr und führt zu einer weiteren Spezialisierung im zweiten und drit­ten Jahr. Im letzten Jahr wählen die Studenten dann ein Schwer punkt­gebiet, in dem sie sich gezielt auf die Anforderungen des Arbeitsmarktes vorbereiten. Zusätzlich müssen sie ein mehrwöchiges Praktikum absolvieren, ein Element der Hochschulausbildung, das in Ägypten einmalig ist“.

Kernprogramm

Neben den Fach ver an stal tungen werden alle Studenten ein huma­nistisches Kernprogramm absol­vieren, das etwa 15 Prozent ihrer Stu dien leis tung en ausmachen wird. Dies Programm ist vollständig in die Fachstudiengänge integriert. Während die Fachveranstaltungen eine spezialisierte Perspektive bieten, zum Beispiel Ingenieurwesen oder Pharmazie, bietet das Kernprogramm eine komplementäre, humanistisch orientierte Ausbildung. Die Studenten aller Fakultäten, belegen in diesem Programm Kurse aus den Bereichen Natur und Gemein schafts wesen, Kunst, Kultur und Entwicklung, Wissenschaft und Innovation, sowie Sprache, Kommu ni kation und Unternehmertum. Dr. Alexander Schieffer, der das Kern­programm wesentlich mitgestal­tet hat, betont : „Fächer wie Kunst sind mit im Kurrikulum verankert, da Kunst das Bewusstsein wecken kann. Insgesamt ist das Kernprogramm jedoch generalistisch angelegt um die ganze Persönlichkeit zu entwi­ckeln. Daher beschränkt sich das

Programm nicht allein auf die künst­lerische Betätigung.” In diesem Zusammenhang betonte auch Dr. Ibrahim Abouleish, dass Intuition und Kreativität diejenigen Faktoren seien, die einen Menschen erfolgreich mach­ten. Sie würden in dem Moment wir­ken, indem Kunst und Wissenschaft sich vereinten.

Social Innovation Center

Nachhaltige Entwicklung kann nur dann wirklich nachhaltig sein, wenn alle ihre Dimensionen ­ Wirtschaftsleben, soziales Leben und Kultur ­ gleichbe­rechtigt betrachtet werden. Aus die­sem Grunde betont Dr. Ronnie Lessem, Co­Autor des Kern pro gramms, dass dieses und die Fachveranstaltungen nicht nebeneinander stehen sol­len. Sie werden ineinander verwoben sein. Dementsprechend wird es inner­halb der Universität eine Institution geben, die danach strebt, nachhaltige Entwicklung in jedem Aspekt der Lehre, des Lernens und des Uni ver sitäts­lebens zu berücksichtigen: das Social Innovation Center. Es stellt sicher, dass alle Universitätsaktivitäten den Prinzipien nachhaltiger Entwicklung entsprechen und wird Wegweiser für Forschung und Lehre sein.

Die Eindrücke der Teilnehmer des Workshops waren durchweg posi­tiv. Prof. Dr. Abdelhamid Al Zoheiry über das Ergebnis: “Es ist ein beson­derer Geist, der uns auf ein gemeinsa­mes Ziel hin orientiert. Die Heliopolis Universität soll eine Hochschule mit tieferer Bedeutung sein. Um dies auch zu leben, muss das Universitätsteam eine wirkliche Gemeinschaft bilden. Ich glaube, der Workshop hat uns dem ein ganzes Stück näher gebracht. Wir stehen nun enger beieinander und freuen uns darauf, im September die­sen Jahres die ersten Studenten begrü­ßen zu können.”

Bianca Fliss

Bianca Fliss ist Mitarbeiterin der SEKEM Stiftung für Entwicklung und betreut das Projekt

Heliopolis Universität.

Wirtschaft

Mehr Informationen:http://www.hu.edu.eg!

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SEKEM Insight | August 2012 | Seite 3

D as Stück entstammt der Feder Mohamed Mamdouhs, einem

Eurythmielehrer der SEKEM Schule. Es wurde als Projekt der Gruppe

„Literatur und Schauspielkunst im Geschäftsalltag“ unter der Leitung von Dorothea Walter (Stuttgart und Kairo) einstudiert. Das Projekt ist Teil der Initiative „Kommunikation, Kreativität & Bewusstsein“. Das Kommu ni ka tionstraining innerhalb eines halben Jahres Mitarbeitern der Ver kaufs teams der SEKEM Firmen ISIS und ATOS angeboten (siehe SEKEM Insight 07.12). Ergänzt wurde die schauspielerische Darstellung durch den Sprechchor der LehrerInnen der SEKEM Schule und durch arabische Musiker.

Kein gewöhnliches Theater

Bei dem Stück handelt sich nicht um ein Theaterstück im herkömmlichen

Sinne. Es ist ein eigenwilliges und ori­ginelles Genre; man könnte es eine Collage nennen.

Ausgewählte Figuren aus Naguib Mahfouz’ Werken treffen sich und tre­ten in ein Gespräch ein. Diese Figuren spiegeln nicht nur die ägyptische Gesellschaft wider, die Mahfouz mit größter Meisterschaft literarisch dar­zustellen verstand. Die auftretenden Personen verkörpern auch Aspekte von Mahfouz’ Persönlichkeit, so die Idee des Autors Mohamed Mamdouh, die am Beginn des Stückes steht.

Naguib Mahfouz (1911­2006) gehört zu den bedeutendsten Autoren der Gegenwart. Sein Lebenswerk umfasst mehr als vierzig Romane, Kurzgeschichten und Novellen. 1988

erhielt er als bisher einziger arabischer Autor den Nobelpreis für Literatur. Er gilt außerdem als „Vater des ägypti­schen Romans“ und war einer der füh­renden Intellektuellen der arabischen Welt.

Der studierte Philosoph arbeitete seit den 30er Jahren als Beamter im Bildungsministerium. Neben seiner Arbeit verfasste er Kurzgeschichten und veröffentlichte 1939 den ers­ten von drei Romanen über die Pharaonenzeit. Angesichts des halb­kolonialen Status‘ Ägyptens zur Zeit König Faruqs, stellten diese histori­schen Romane den Versuch dar, mit ihrer Rückbesinnung auf eine große Vergangenheit das Identitätsgefühl der Ägypter zu stärken. Mitte der Vierziger Jahre wandte sich Mahfouz dann realistischen Romanen und zeit­genössischen Themen zu. Nach „Die Midaq­Gasse“ wurde ihm mit sei­ner Kairoer Trilogie („Zwischen den Palästen“, „Palast der Sehnsucht“ und „Zuckergässchen“) die uneinge­schränkte Anerkennung als führen­der Schriftsteller zuteil. In diesen drei Werken, die ihn weltweit berühmt machten, erzählt er die Geschichte einer Kairoer Kaufmannsfamilie über drei Generationen hinweg. Sie spü­ren den Wandlungsprozessen nach, welche die Gesellschaft während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aufgrund der Modernisierung und des Kontakts mit dem Westen durchläuft. Für die Trilogie erhielt Mahfouz eben­falls den ägyptischen Staatspreis für Literatur.

„An die Türe der Bedeutung klopfen“

„Wissenschaft führt die Menschen mit dem Licht der Ideen und Kunst führt die Gefühle der Menschen zusammen. Wissenschaft und Kunst sind dazu

Naguib Mahfouz und seine CharaktereAnlässlich des 100. Geburtstags des ägyptischen Literaturnobelpreisträgers Naguib Mahfouz, wurde in der Heliopolis Akademie im vergangenen Juni das Theaterstück „Naguib Mahfouz und seine Charaktere“ aufgeführt. Die Besucher zeigten sich begeistert.

Kultur

SEKEM können sie auch besuchen: www.SEKEM-reisen.de www.aventerra.de

Naguib Mahfouz, kurz vor seinem Tod im Jahre 2006.

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SEKEM Insight | August 2012 | Seite 4

Kultur

da, den Menschen zu helfen, sich zu einer besseren Zukunft zu entwickeln“, heißt es in Mahfouz‘ „Trilogie“. Und:

„Kunst transzendiert sich selbst und die Schönheit der Himmel ist verbunden mit dem Gewissen einer Individualität. Die menschliche Gemeinschaft enthält die Tiefen der Erde und alle Schichten des Himmels“, so schreibt Mahfouz in einem Artikel. In eindrücklicher Weise erklangen dieses und weitere aus dem Gesamtwerk ausgewählte Zitate im Verlauf des Theaterstückes, rezi­tiert durch den Sprechchor aus dem Hintergrund der Bühne. Sie demonst­rierten die erstaunliche wortschöpferi­sche Gabe Naguib Mahfouz.

Durch die Unsichtbarkeit der SprecherInnen des Chores wurde ein Hörraum geschaffen, der die ganze Konzentration auf das gesprochene Wort lenkte. Visuellen Einblendungen mit Photos aus dem Leben Naguib Mahfouz‘ wurden zu einem lebendi­gen Szenarium, in dessen Mitte sich das Geschehen des Stückes entfal­tete. Durch diesen künstlerischen Griff der Choreographie Dorothea Walters wurden die verschiedenen Zeiträume von Vergangenheit und Gegenwart in einem ständigen Wechselspiel inein­ander verwoben. Dadurch kam letzt die Bedeutung des Werkes Naguib Mahfouz‘ für die Zukunft in herausra­gender Weise zur Darstellung. Es liegt an uns, diese Bedeutung zu erkennen und an die Tür zu klopfen, von der es wörtlich bei Mahfouz in „Die Reise des Ibn Fatuma“ heißt: „Die Bedeutung will nicht hervortreten, bevor du nicht an ihre Türe klopfst.“

Das Stück stellte auch eine Auf for­de rung dar, eine Reise ins eigene Ich anzutreten und sich mit den einzelnen Charakteren aus Mahfouz‘ Werk selb­ständig auseinander zu setzen, viel­leicht zu identifizieren. So konnten am Ende des Stückes alle BesucherInnen den Satz mitsprechen: „Am Ende haben wir sein Leben gelebt und er lebte unser Leben.“

Martina Dinkel, Dorothea Walter

V om 29. April bis 6. Mai 2012 haben wir eine wunderbare, vielseitige

und inspirierende Zeit in Ägypten ver­bracht. Wir, das sind die Großhändler für biologische Lebensmittel Bodan und Handelskontor Willmann. Seit Jahren arbeiten wir mit SEKEM, indem wie die Produkte der Initiative handeln. Daher wollten wir insbesondere unse­ren Kunden die Möglichkeit geben, sich vor Ort ein Bild über Hintergründe und Herstellung zu machen. Dieses Angebot wurde von 21 von ihnen, die mit uns nach Ägypten reisten, gerne wahrgenommen.

Viele von uns wollten Land und Leute kennen lernen und auch die Kultur Ägyptens erleben. Einige hatten zuvor das Buch von Ibrahim Abouleish gelesen oder auf anderem Wege von SEKEM gehört und waren besonders an der Umsetzung der SEKEM­Vision interessiert. Wieder andere inter­essierte vor allem, wie aus trocke­nem Wüstenboden eine fruchtbare Landschaft entstehen kann.

Lebendige, lebenswerte, menschen- und naturgerechte Lebensweise

Wir waren herrlich untergebracht in hellen, freundlichen und gepfleg­ten Räumen. Ein besonders zuvor­kommende Betreuung wurde uns die gesamte Zeit unseren Besuches über zuteil. Es war hochinteres­sant, die Gegensätze eines Lands im Umbruch zu erleben, einen kur­zen Eindruck von dessen historischer Entwicklung zu bekommen und akute aktuelle Probleme kennenzulernen. Was sich jedoch tief in unsere Seelen gesenkt hat, war die Wahrnehmung der Menschen und die tatsächli­che Verwirklichung der Vision, auf Wüstenerde eine lebendige, lebens­werte, menschen­ und naturgerechte Lebensweise zu entwickeln. Ein greif­bares, lebendiges Beispiel für zünfti­ges Leben und Wirtschaften.

Beeindruckend war, zu sehen, dass hier nicht ein Konzept realisiert wurde, sondern im Miteinander, auf die natür­lichen Gegebenheiten reagierend und mit ihnen arbeitend ein lebendiger Organismus geschaffen worden ist. Dieser orientiert sich einerseits an den landschaftlichen und gesellschaftli­chen Rahmenbedingungen Ägyptens und bietet andererseits eine Oase, die sich als lebendig gewordene Idee von der Einförmigkeit der Wüstengegend abhebt. Sie bietet Ruhe, Licht und, man darf sagen, „gelebte Liebe“.

Bildung für Jedermann möglich machen

Jeder von uns war von dem Respekt vor der Leistung, dem Durchhaltevermögen und der Mensch­lichkeit der Verant wor tungs träger in SEKEM erfüllt. Je nach Individualität, lag einmal das Interesse und die Begeisterung mehr im medizini­schen Bereich, in der Tierhaltung, der Bodenbearbeitung oder im Kultur­ und Schulwesen, das Bildung für jeder­mann möglich machen will.

Wir fanden eine sehr überzeu­gende Umsetzung bio­dynamischen Landbaus vor. Die Produkte, die dabei entstehen, haben uns von Ihrer Qualität sofort überzeugt. Wir haben leckere Säfte getrunken und haben Gemüse, Getreide und Kräuter gese­hen, die eine ursprüngliche Kraft ausstrahlten. Mit diesen wurden wir bestens versorgt und konnten auch die Wirksamkeit der pflanzlichen Präparate und Tees testen. Dass ein Großteil der Produkte im Land ver­bleibt und dort neue Absatzmärkte erschließt, ist nur sinnvoll.

Jeder von uns würde gerne wieder kommen und trägt das Bedürfnis in sich, in neuer Weise dazu beizutragen, dass das Begonnene möglichst weit in die Welt getragen werden kann.

Pia Müller

Großhändler und Kunden besuchen SEKEM

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Wirtschaft

Die Geschäftsentwicklung der SEKEM-Firmengruppe im Jahr 2012

Absatzanteile (Inland vs. Ausland)

69%

76%

31%

24%

2011

2012

Lokal Export

Umsatz (konsolidiert)

100 Mio. EGP

113 Mio. EGP

2011

2012

Anteile am Umsatz

12% 12% 15% 62%

Landwirtschaft Pharma Textiles FMCG

Der konsolidierte Umsatz verzeichnete im zweiten

Quartal 2012 einen starken Anstieg um rund 13 Prozent.

Der Anstieg entstammt einem ausgesprochen robus­

ten lokalen Markt. Im Vorjahreszeitraum hatte sich die­

ser direkt nach den politischen und wirtschaftlichen

Turbulenzen im Land noch schwach gezeigt. Auch signi­

fikant verbesserte Marketing­Aktivitäten (insbesondere

Online­Marketing) konnten im Vergleich zum Vorjahr

positiv auf das Gesamtergebnis einwirken.

Der starke Anstieg des konsolidierten Umsatzes spie­

gelt sich auch in der Zunahme des lokalen Marktanteils am

Gesamtumsatz der SEKEM­Unternehmen. Dieser Anteil

erhöhte sich deutlich von 69 Prozent auf 76 Prozent. Dies

zeigt, dass sich der lokale Markt im Vergleich zu 2011

vielseitiger und robuster entwickelt hat. Die Marketing­

Aktivitäten wurden auch in erster Linie auf den lokalen

Markt konzentriert, da die SEKEM­Marketing­Experten

hier das größte Potenzial sahen.

Der Sektor der Fast Moving Consumer Goods (vor

allem die Nahrungsmittel­ und Getränkeindustrie), in

dem die SEKEM­Firma ISIS aktiv ist, ist immer noch

die Lokomotive des SEKEM­Absatzes. 62 Prozent des

Umsatz­Mix kann diesem Sektor zugeordnet werden. Die

Sektoren Landwirtschaft und Pharma haben mit je 11,5

Prozent Anteil am Mix. Vor allem vom Pharma­Sektor

mit dem SEKEM­Unternehmen ATOS wird erwartet, dass

der Umsatz in Zukunft aufgrund von Veränderungen in

den Verwaltungsstrukturen weiter erhöht werden kann.

Der Textilsektor (Naturetex) verfügt über einen soliden

Umsatzanteil von 15 Prozent.

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Impressionen aus SEKEM

G erade kommt Angela Hofmann, in SEKEM zuständig für den Demeter­Anbau, zurück von der SEKEM­Farm in der Oase Baharya. Hier wurde kürzlich die Heuernte mit Maschinen eingeführt: „Wir, das sind Simon Ritzkowsky, unser neuer Landwirt, Simon Merckens und ich. Wie Ihr auf den Bildern

seht, war es herrlich ­ man muss sich nur noch den intensiven Heuduft dazu vorstellen! Wir kamen uns vor wie im Voralpenland. Allerdings waren die Temperaturen extremer: bis 42°, dafür aber trocken bei nur 20% Luftfeuchtigkeit. Da während unseres Aufenthalts der Fastenmonat Ramadan begann, war die Arbeitszeit auf 4­11 Uhr morgens begrenzt worden. Bewässert wurde die ganze Nacht hindurch. Dann wurden alle Generatoren abgestellt und alles legte sich zur Siesta bis abends um 19 Uhr zum Fastenbrechen. Die Farmbelegschaft war stolz auf das Ernteergebnis und glücklich über diese erste, mechanisierte Heuproduktion. Wir haben auch gleich eine Fuhre Heu mitgebracht für die Kühe auf der SEKEM­Mutterfarm!“

Impressionen

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SEKEM Insight | August 2012 | Seite 7

Zum 40. Welt­Umwelttag der UNO am 5. Juni hat der World Future Council (WFC), in dem auch SEKEM sich enga­giert, einen Aktionsplan mit 24 konkre­ten politischen Maßnahmen vorgelegt, die global umgesetzt werden müssen, um das Leben auf der Erde zu erhalten. Das Dokument trägt den Titel „Unsere gemeinsame Zukunft schützen – Beste Politiken zur Regenerierung unse­rer Erde“. Es ist das Ergebnis eines fünfjährigen Konsultationsprozesses mit Parlamentariern, nationalen und internationalen Gesetzgebern, Wissenschaftlern und zivilgesell­schaftlichen Organisationen.

Der Aktionsplan kann unter der unten angegebenen Adresse direkt von der Website des World Future Council heruntergeladen werden.

Quelle: World Future Council

World Future Council legt Aktionsplan vor

Alanus-Tagung will Wirtschaft neu denken

Kurznachrichten

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Herausgeber v.i.S.d.P.: SEKEM, Egypt. Die Redaktion von SEKEM Insight dankt allen Korrespondenten, die an dieser Ausgabe mitgewirkt haben.

Redakteur: Bijan Kafi

Kontakt:SEKEM­Insightc/o SEKEM HoldingP.O.Box 2834, El Horreya, Heliopolis, Cairo, Egypt [email protected]

Bildnachweis: Seite 1: SEKEM; 3: Unbekannte Quelle; 6: Angela Hofmann.

Keine Vervielfältigung ohne schriftliche Einwilligung des Herausgebers. Markenzeichen sind Eigentum der jeweiligen Markeninhaber.

Zum Ende des Sommersemesters 2012 überreichte Marcelo da Veiga, Rektor der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft in Alfter bei Bonn, die Ernennungsurkunden an drei neue Professoren des Instituts für Waldorfpädagogik, Inklusion und Interkulturalität in Mannheim.

Martin Basfeld wurde für den Bereich Wissenschaftstheorie und philosophi­sche Anthropologie berufen, Matthias Bunge für die Bildungsphilosophie und Albert Schmelzer ist fortan Professor für Allgemeine Pädagogik mit dem Schwerpunkt Waldorfpädagogik und Interkulturalität.

Martin Basfeld studierte Physik in Göttingen und war wissenschaft­licher Mitarbeiter am Friedrich von Hardenberg Institut für Kul­tur wis senschaften in Heidelberg. Seit 2011 ist er Dozent am Institut für Waldorfpädagogik, Inklusion und Interkulturalität. Matthias Bunge stu­dierte Kunstgeschichte, klassische Archäologie und Philosophie. Von 1983 bis 2004 war er an der Universität Eichstätt­Ingolstadt in Forschung und Lehre tätig. Seit 2010 ist er an der Freien Hochschule Mannheim und seit 2011 am Institut für Waldorfpädagogik als Dozent für philosophische und ästhetische Grundlagen der Waldorfpädagogik beschäftigt. Albert Schmelzer studierte in Münster, Angers und Tübingen Romanistik, Theologie und Soziologie. Nach Staatsexamen und Magisterabschluss promovierte 1990 an der Universität Bochum. Seit dieser Zeit war Schmelzer an der Freien Hochschule Mannheim in der Lehrerbildung tätig und seit 2011 am Institut für Waldorfpädagogik, Inklusion und Interkulturalität.

Quelle: Institut für Waldorfpädagogik

Im Rahmen einer öffentlichen Tagung des Instituts für Sozialorganik am 19. September 2012 will die Alanus Hochschule Alfter, Partnerinstitution der Heliopolis Universität, Wirtschaft neu denken.

In Vorbereitung auf die Tagung wurden die TeilnehmerInnen der letzten Jahrestagung und andere UnternehmerInnen nach den derzeit dringlichsten Fragestellungen bei der Gestaltung von „Unternehmen der Zukunft“ befragt. Die hier aufgeworfe­nen Themen werden in den Beiträgen der Referenten Prof. Dr. Helge Löbler, Prof. Dr. Götz E. Rehn und Prof. Götz W.

Werner aufgegrif­fen. Am Nachmittag werden in Arbeits­gruppen unter­schiedliche Aspekte vertieft. Gemeinsam sollen so diese Themen bearbei­tet und auf das

Wesentliche fokussiert werden: Die Verwirklichung des freien Menschen. Nur eine Wirtschaft, die diesem Ziel dient, ist sinnvoll, zukunftsfä­hig und nachhaltig, heißt es von den Organisatoren der Veranstaltung. Alle Interessierten sollen auf der Tagung dazu Inspirationen und Anregungen erhalten sowie auf enga­gierte Mitmenschen treffen, mit denen gemeinsam die Herausforderungen der Zeit angegangen werden können.

Die Tagung richtet sich an alle, die sich in einer unternehmeri­schen Aufgabe sehen oder sich für eine Neugestaltung der Wirtschaft interessieren.

Das ausführliche Programm ist auf den Internetseiten der Alanus Hochschule erhältlich.

Quelle: Alanus Hochschule

Neue Alanus-Professoren jetzt in Mannheim tätig

Mehr Informationen:http://www.alanus.edu/726.html?&tx_ttnews%5Btt_news%5D=620&cHash=c5cf5736b5fe849b41d51eb38b95022b

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Mehr Informationen:http://www.worldfuturecouncil.org/fileadmin/user_upload/PDF/WFC_Globaler_Politik­Aktionsplan.pdf

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