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Der folgende Beitrag gibt einen berblick ber das ForschungsprojektKunst ffent-
lichkeit Zrich und stellt es in einen theoretischen Rahmen. Er stellt dasLeitbild und
die Organisation Kunst im ffentlichen Raum Zrich vor, die in Zusammenarbeit mit
der Stadt Zrich entwickelt worden sind. Ebenso wird die methodische Eigenheit
des Projekts dargestellt, nmlich ber die Bestimmung von Faktoren inhaltliche
Bezugsfelder fr ffentliche Kunst zu ffnen und damit ihre gesellschaftliche Rele-
vanz zu strken. Die eine Klammer des Beitrags fhrt zur These, dass die Kunst desffentlichen parallel zu vergleichbaren Phnomenen in den Wissenschaften
Anlass sein kann, das Konzept Kunst grundlegend neu zu denken. Die abschlies-
sende Errterung der knstlerischen Forschung und ihrer Bedeutung fr die Wis-
sensgesellschaft bildet die andere Klammer.
Ein wissenschaftssoziologischer und kunsttheoretischer Aspekt
Die Wissenschaftsforscherin Helga Nowotny stellt die Ausbreitung eines neuen
Modus der Wissensproduktion fest, der die traditionelle, disziplinr gebundene
und lineare Form der Innovation berlagert.1 Diese Vernderung ist mit der schnell
fortschreitenden Vervielfltigung der Wissenserzeugung verknpft, und ihre
Ursachen und Effekte sind mannigfach. Den Hintergrund des neuen Organisati-
onsprinzips bilden einerseits die Globalisierung des Wissenschafts- und For-
schungsbetriebs, andrerseits die Ausweitung des Bildungsniveaus und damit die
zunehmende Verteilung von Wissen innerhalb der Gesellschaft. Zum Hintergrund
gehren aber auch die Steigerung der Komplexitt der fr die Gesellschaft rele-
vanten Probleme, die starke Zunahme des Problemdrucks sowie der Umstand,
dass fr primre Forschung vermehrt konkrete und ganz unterschiedliche Anwen-
dungskontexte und weniger wissenschaftsinterne, verallgemeinerte Situationen
eine Rolle spielen.
Diese Perspektive lsst sich ber den Bereich der Wissenschaften hinaus auch
auf das System der Kunst anwenden. Die rasante Vervielfltigung von Neuem in der
Kunst kann darauf zurckgefhrt werden, dass immer mehr und ganz unterschied-
liche Mittel der Produktion und des Markts innerhalb und ausserhalb des Kunstsys-
tems aktiviert werden. Kunst greift immer selbstverstndlicher und immer hufiger
oder immer wieder anders in andere Wissens-, Kompetenz- und Handlungsfelder
hinein, und ihre Landkarte schliesst nicht mehr nur die westlichen postindustriel-
len Lnder mit ein. Zu dieser Bereichserweiterung in allen ihren Aspekten ge-
sellt sich die Steigerung der Geschwindigkeit, in der sich Neues anzeigt. Helga
Nowotny spricht von einer eigentlichen Wissensexplosion, die von den unzhli-
gen Wissenschaftlern ausgelst wird, die, ber die Welt verstreut, in einem eng
geknpften Netz von Forschungssttten miteinander verbunden sind. In vergleich-
barer Weise entsteht ebenso im Kunstsystem immer schneller Neues. Die Folge
Anmerkungen ab Seite 418
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dieses raschen Voranschreitens ist eine immer krzer werdende Halbwertszeit nicht
nur des Marktwerts von Kunstwerken, sondern auch ihrer knstlerischen Relevanz
und gesellschaftlichen Aktualitt.
Die Flle an Wissen und Innovationen in Kunst und Wissenschaft, ber wel-
che die hchstentwickelten Gesellschaften heute verfgen, vermag der einzelne
Wissenschaftler und Knstler weder zu berblicken noch zu beherrschen. Die diszi-
plinre Spezialisierung und Organisation waren der herkmmliche Versuch, berKlassifikation und Hierarchie Ordnung in die rasch anwachsende Flut des Wissens
und der Innovationen zu bringen und damit berschaubare Bereiche zu bilden. Sie
entsprechen den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Differenzie-
rungs- und Spezialisierungsleistungen der modernen Gesellschaft. Diese funktio-
nale Differenzierung zeigt sich etwa in den institutionellen Spezialisierungen von
Universitten, Kunstakademien und Fachhochschulen, in der Unterscheidung von
Grundlagenforschung, angewandter Forschung und Entwicklung marktfhiger
Produkte sowie, um ein letztes Beispiel anzufhren, in der Unterscheidung von
Wissenschaftlern, Knstlern, Intellektuellen,2 Kennern3 und Laienexperten.4 In-
nerhalb des Kunstsystems zeigt sich die Differenzierung beispielsweise in der
Unterscheidung von Kunst intra muros und Kunst extra muros5 sowie in der
Unterteilung der Kunst nach Material, Technik, Medium, rumlicher und zeitlicher
Ausdehnung, Funktion und Kontext, sie ussert sich aber auch in der sozialen und
kulturellen Hierarchie gemss Bildungskapital, Informationskapital und kono-
mischem Kapital innerhalb der Kunstweltgemeinschaft6 und des Apparats ihrer
Institutionen. Der Knstler heute ist in Bezug auf das ideale Ganze der Gegenwarts-
kunst einerseits gleichsam in der Weise von Mikrologien7 arbeitend auf ein
immer enger werdendes Feld spezialisiert. Andrerseits aber entwickelt er seine Prob-
lemstellungen und Interessenbereiche, innerhalb derer er etwas erfolgreich zu leis-
ten versucht, ber die herkmmlichen Grenzen hinaus und nicht mehr entlang den
traditionellen Klassifikationen nach Medien, Disziplinen und Diskursgenres, nach
Funktionen, Gebrauchsarten und Prinzipien, Sujets oder Stilen.8 In Wissenschaft
und Kunst erodieren im Kleinen wie im Grossen die gewohnten Kategorisierungen
zunehmend, ihre Grenzen werden unklar, weich und durchlssig. Selbst die bisher
feststehenden gesellschaftlichen Kategorien wie Staat, Markt, Kultur und Wissen-
schaft sind unscharfe und verschwommene Kategorien geworden.
Die neue Form der Wissenserzeugung, der Modus 2, wie ihn Helga Nowot-
ny im Unterschied zum herkmmlichen Modus 1 nennt, wird durch Elemente
charakterisiert, die in hohem Grade ebenso Kunstprojekte im Raum der ffentlich-
keit kennzeichnen. Es sind dies die Transdisziplinaritt als privilegierte Form der
Wissensproduktion und, mit ihr zusammenhngend, die ortsspezifische Produk-
tion von Wissen, d.h. die Produktion von Wissen fr einen konkreten Anwendungs-
kontext. Der neue Modus findet sich vornehmlich bei Unternehmungen, die nicht-
hierarchisch organisiert sind und deren personelle Zusammensetzung heterogen
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ist. Die Forschungsgruppen werden hufig nur auf Zeit, aber ber etablierte institu-
tionelle Grenzen hinweg zusammengestellt. Und mit dem vergleichsweise ver-
mehrten Einbezug unterschiedlicher Akteure und Stakeholder steigt auch das
Engagement fr den Dialog mit der Gesellschaft in einem ffentlichen Raum. Eine
der weitreichenden Konsequenzen der neuen Form von Wissensproduktion ist
daher die Erweiterung des bisherigen Spektrums wissenschaftsinterner Kriterien
um zustzliche, kontextsensitive Kriterien, d.h. die Erweiterung des verlss-lichen Wissens zum gesellschaftlich robusten Wissen. Der Prozess der Wissens-
produktion ist offener und reflexiver geworden. Die Ausbreitung dieses neuen
Modus fhrt Helga Nowotny schliesslich zum Postulat, Wissenschaft mit ihren
epistemologischen Grundlagen neu zu denken. Parallel dazu lsst sich die Frage
stellen, ob die Kunst des ffentlichen als eine Kunst extra muros, die in expliziter
Weise mit der ffentlichkeit im Dialog steht, das Feld des Kunstsystems bildet, das
Anlass sein kann, das Konzept Kunst neu zu denken.
Kunstprojekte im Raum der ffentlichkeit finden sich heute als Teil einer us-
serst komplexen Situation. Diese Situation wird nicht nur von rumlichen, architek-
tonischen und sthetischen Elementen, sondern in gleichem Masse von sozialen
und wirtschaftlichen, politischen, kulturellen und historischen Faktoren bestimmt.
Die Verhltnisse sind derart komplex und die Ansprche der Problemstellungen
sind derart hoch, dass ein Knstler allein sie nicht bewltigen kann. Er ist auf die
Mitarbeit von Partnern sehr unterschiedlicher Kompetenzen angewiesen, um ange-
messen agieren zu knnen.9 Und da in unserer pluralistischen, zersplitterten Welt
kein Konsens mehr darber mglich ist, was als allgemeinverbindliches Wissen und
was als grundlegender Wert gelten kann, wird Wissen nach Mass fr den konkreten
Fall produziert, und die knstlerischen Projekte werden entsprechend fr den spe-
zifischen, lokalen Kontext entwickelt. Darber hinaus begreift der Knstler den
Kontext nicht mehr bloss als etwas, was es als Rahmenbedingung zu bercksichti-
gen gilt, vielmehr versteht er ihn heute gleichsam als Medium: Er interveniert in die
Phnomene selber und interagiert direkt mit den Anspruchsgruppen. Kunst im Dia-
log mit der ffentlichkeit hat eine eigene Tradition der Arbeitsform, in welcher
nicht allein knstlerische Richtigkeit zhlt, sondern zustzlich auch die kalkulierte
gesellschaftliche Relevanz. Kontext, Gesellschaft und ffentlichkeit spielen selbst-
redend bei aller Kunst auch bei Kunst intra muros eine Rolle, ob als stark oder
schwach wirkende Bedingung, als mehr oder weniger reflektiertes Hintergrund-
phnomen oder ob als implizites oder explizites Thema. Bei Kunst extra muros hin-
gegen, insbesondere bei Kunstprojekten, die auf Langfristigkeit angelegt und mit
der Lebenspraxis verknpft sind, treten all diese wechselseitigen Beziehungen zu
Kontext, Gesellschaft und ffentlichkeit expliziter, komplexer und konfliktreicher
in Erscheinung. Sie bilden, als Problem exponiert, einen integrierenden Teil ihres
Konzepts. Das Labor der Kunst ist ihr Kontext, ihr Partner ist die ffentlichkeit.10
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Christoph Schenker3
Leitbild und Arbeitsgruppe Kunst im ffentlichen Raum
Im Mai 2004 startete das Institut fr Kunst und Medien der Hochschule fr Gestal-
tung und Kunst Zrich ein ber zwei Jahre dauerndes Forschungsprojekt, das sich
der Kunst in den ffentlichen Sphren der Stadt Zrich widmen sollte.11 Eines der
beiden Hauptziele des Projekts war es, eine Strategie fr Kunst im ffentlichen
Raum und ihr entsprechende Strukturen innerhalb der Stadtverwaltung zu erar-beiten. Das andere Hauptziel bestand darin, einige knstlerische Pilotprojekte
mit spezifischen Funktionen fr die Stadt Zrich zu konzipieren. Gemeinsam mit
den wissenschaftlichen Grundlagen und einem ffentlichen Diskurs sollte damit
versucht werden, die Basis fr eine langfristige Entwicklung ffentlicher Kunst in
Zrich zu legen. Als hauptschliche Praxispartnerin war die Stadt Zrich mit ver-
schiedenen Departementen und mtern am Projekt beteiligt, weitere Partner
waren H. Hssy, die Georg und Bertha Schwyzer-Winiker Stiftung, die Walter
A. Bechtler Stiftung, Swiss Re (Schweizerische Rckversicherungs-Gesellschaft)
sowie Homburger Rechtsanwlte. Als Forschungspartnerin arbeitete die SNF-Fr-
derungsprofessur fr Geschichte der Gegenwartskunst (Prof. Dr. Philip Ursprung)
der Eidgenssischen Technischen Hochschule Zrich mit. Das Projekt wurde
massgeblich von der Frderagentur fr Innovation KTI/CTI des Bundes unter-
sttzt. Zur Projektgruppe zhlten Knstlerinnen und Knstler als auch Fachper-
sonen aus den Bereichen Kunstwissenschaft und -theorie, Architektur und Stdte-
baugeschichte sowie Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Das Forschungsprojekt
wird mit der vorliegenden Publikation und der Realisierung der Pilotprojekte
abgeschlossen.
Die Idee einerKunst des ffentlichen ist in der Stadt Zrich wenig entwickelt.
Im internationalen Vergleich mit Stdten hnlicher Bedeutung und Grsse ist die
Situation der Kunst im ffentlichen Raum in Zrich minimal, anachronistisch und
konzeptlos. Das Niveau ihrer Pflege sowie deren Umfang entsprechen nicht der
wirtschaftlichen und kulturellen Rolle der Stadt, insbesondere nicht dem Auf-
schwung, den Zrich seit den 1980er Jahren im Bereich der bildenden Kunst erfah-
ren hat.12 Bis anhin fehlten Strukturen und ein Leitbild, um zeitgerechte Kunstpro-
jekte im ffentlichen Raum zu realisieren, zu initiieren und zu koordinieren, um
Schwerpunkte zu bilden und einen lebendigen Diskurs auch in Bezug auf die
bereits bestehenden Werke zu frdern. In den letzten 15 Jahren hat jedoch die
Architekturdebatte in Zrich ein hohes Niveau erreicht, und ebenso hat die Wert-
schtzung ffentlicher Rume und ffentlichen Lebens stark zugenommen, wie
unter anderem die neuen Platzanlagen in Zrich West und Neu-Oerlikon (Zrich
Nord), aber auch das Beleuchtungskonzept Plan Lumire13 und die Strategie
Stadtrume 201014 bezeugen. Es darf damit gerechnet werden, dass diese Entwick-
lung die Aufmerksamkeit und Sorgfalt auch fr zeitgenssische Kunst im ffent-
lichen Raum befrdert.
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Den Zielsetzungen des Forschungsprojekts entsprachen seine vier hauptschlichen
Arbeitsbereiche. Den ersten Arbeitsbereich bildete zum einen die wissenschaftliche
Aufarbeitung der Grundzge der Geschichte des Stdtebaus, der ffentlichen Ru-
me und der Kunst im ffentlichen Raum der Stadt Zrich, zum andern die Aufarbei-
tung von Aspekten ihrer Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Teile dieser Grundla-
genarbeit, die einer inhaltlichen und qualitativen Situierung der knstlerischen
Pilotprojekte diente und ebenso fr knftige Kunstprojekte einen wichtigen Bezugs-rahmen bilden kann, finden sich im vorliegenden Band in den Beitrgen von Berna-
dette Flscher und Ulrich Vonrufs. Einen weiteren Arbeitsbereich bildete das
Management der Kunst im ffentlichen Raum innerhalb der Stadtverwaltung. In
mehreren Workshops und Arbeitssitzungen wurden in engem Zusammenwirken
mit Verantwortlichen der stdtischen Departemente die bisherige Praxis von
Kunst im ffentlichen Raum analysiert, ein Leitbild entworfen und eine stdtische
Organisation fr Kunst im ffentlichen Raum entwickelt. Ebenso erfolgt die Umset-
zung der einzelnen Kunstwerke in enger Zusammenarbeit mit der Stadt Zrich.
Den dritten Arbeitsbereich bildeten die Erarbeitung und Ausfhrung von knstleri-
schen Pilotprojekten, wozu lokal ansssige wie internationale Knstlerinnen und
Knstler in unterschiedlichen Verfahren und gemss spezifischen Anforderungen
eingeladen wurden. Die knstlerische Forschung betraf nicht nur die Entwick-
lung der eigenen knstlerischen Arbeit, sondern ebenso ihre Kontextualisierung in
den ffentlichen Sphren der Stadt Zrich und schliesslich auch Begriff und Funk-
tion einer ffentlichen Kunst heute. Die Werke und, sofern nicht bereits realisiert,
die Projektentwrfe werden in diesem Band mit Originalbeitrgen der Knstlerin-
nen und Knstler sowie mit Kommentaren vorgestellt. Den letzten Arbeitsbereich
stellte die ffentlichkeitsarbeit dar. Auf der Website www.stadtkunst.chwurden der
Stand des Forschungsprojekts und weiteres themenrelevantes Material verffent-
licht, darber hinaus wurde innerhalb der ersten eineinhalb Jahre zwei Mal per E-
Mail ein Newsletter mit substantiellen Artikeln verschickt. Nach mehreren ffent-
lichen Veranstaltungen mit den beteiligten Knstlerinnen und Knstlern, haupt-
schlich im Zusammenhang mit den Projekten im Hardau-Gebiet, fand schliesslich
im November 2005 eine zweitgige Tagung mit internationalen Referentinnen und
Referenten aus den Feldern Kunst, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik statt. Der
erste Teil der Tagung widmete sich in bernationaler Perspektive der ffentlich-
keit als Konfliktmanagement sowie dem politischen Potential von Gegenwartskunst
in der Demokratie, whrend der zweite Teil die spezifischen und pragmatischen
Bedrfnisse der Stadt Zrich in Bezug auf Kunst im ffentlichen Raum thematisier-
te. Die wichtigsten Beitrge dieser Tagung sind im vorliegenden Band versammelt.
In allen vier Bereichen wurde gleichzeitig gearbeitet. Zu Beginn der Forschungsun-
ternehmung stand allerdings das mehrteilige Projekt im Hardau-Gebiet im Vorder-
grund, das nach speziellen Untersuchungen und ein gesondertes Vorgehen ver-
langte. Einen separaten Aufwand erforderten auch die breit angelegte Knstler-
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recherche und die vorausgehende, mit Einbezug von projektexternen Experten
gefhrte Diskussion von Faktoren, die als Grundlage zur Bestimmung der fr die
Pilotprojekte relevanten Bezugspunkte dienen sollte.
Im Zeitraum zwischen Juli 2004 und Januar 2005 fanden drei teils ganzt-
gige Workshops und im September 2005 eine abschliessende Arbeitssitzung statt,
an welchen neben den sechs Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeitern ber zwan-
zig, vornehmlich leitende Angestellte und Amtsdirektoren aus fnf der neun std-tischen Departemente teilnahmen. Aus dem Prsidialdepartement waren es Vertre-
terinnen und Vertreter der Kulturpflege und der Stadtentwicklung Zrich, darber
hinaus stadtexterne Mitglieder der Kommission fr bildende Kunst, aus dem Hoch-
baudepartement Vertreterinnen und Vertreter des Amts fr Stdtebau, des Amts fr
Hochbauten, der Fachstelle Kunst und Bau sowie der Immobilien-Bewirtschaftung
(Verwaltung Kunstsammlung), aus dem Tiefbau- und Entsorgungsdepartement
Vertreterinnen und Vertreter des Tiefbauamts und von Grn Stadt Zrich, aus dem
Departement der industriellen Betriebe Vertreter des Elektrizittswerks und der
Wasserversorgung und schliesslich Vertreterinnen des Sozialdepartements.15 An
der Diskussion waren mithin eine Kommission, Fachstellen, mter und Departe-
mente beteiligt, die bei der Abwicklung von Kunstprojekten im ffentlichen Raum
bis anhin eine zum Teil zentrale Rolle gespielt hatten oder von welchen erwartet
wurde, dass sie in Zukunft einen bedeutenden Beitrag leisten wrden. In den Work-
shops fanden die verschiedenen Verwaltungsabteilungen hinsichtlich ffentlicher
Kunst erstmals zu einer Kooperation, da es zweckmssig erschien, Kunst im ffent-
lichen Raum knftig als eine mter- und departementebergreifende Angelegen-
heit aufzufassen. Die Arbeitssitzungen, welche Personen aus den strategischen wie
operativen Ebenen versammelten, standen unter der Leitung von Franz Eberhard,
Direktor des Amts fr Stdtebau, Mirjam Schlup Villaverde, Departementssekre-
trin des Tiefbau- und Entsorgungsdepartements, und Christoph Schenker, Leiter
des Forschungsprojekts. Inhaltlich stark mitbestimmend waren insbesondere auch
Christine Brm, Kadermitglied des Amts fr Stdtebau, und Peter Ess, Direktor des
Amts fr Hochbauten.
Der erste Workshop diente hauptschlich dazu, Planung, Realisierung und
Ergebnisse von Kunstprojekten im ffentlichen Raum der letzten 15 Jahre gemss
verschiedenen Kriterien differenziert zu evaluieren, um daraus Bedrfnisse und
Richtlinien fr die Zukunft abzuleiten. Eine Folge dieser kritischen Analyse war die
im dritten Workshop und in separaten Sitzungen erarbeitete Organisation Kunst im
ffentlichen Raum der Stadt Zrich, welche die Zustndigkeiten und Kompetenzen
bei ffentlichen Kunstprojekten regelt, mit dem Vorschlag einer neu zu schaffenden
Arbeitsgruppe Kunst im ffentlichen Raum. Auch wurde das Fehlen eines Modells
fr eine auf qualitative Standards bedachte Ablauforganisation (Prozessgestaltung)
von ffentlichen Kunstprojekten bemngelt, und schliesslich wurde ein Leitbild fr
Kunst im ffentlichen Raum der Stadt Zrich gefordert. Weitere Aspekte, die in die-
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sem ersten Workshop errtert wurden, wie zum Beispiel bergeordnete Zielset-
zungen, der Dialog mit den ffentlichkeiten sowie Public-Private-Partnership, fan-
den im spter entworfenen Leitbild in der fr Leitbilder charakteristischen Krze,
Przision und Allgemeinheit ihren Niederschlag. Darber hinaus wurden Vorstel-
lungen von fr Zrich bedeutsamen Feldern und Bereichen knstlerischer Inter-
ventionen diskutiert, generell die Sinnflligkeit und Relevanz von Kunst im ffent-
lichen Raum, ihre Funktionen und mglichen Gehalte und schliesslich auch dieKriterien, die bei Entscheidungsprozessen im Zusammenhang von Kunst und
ffentlichkeit Gltigkeit haben knnen.
Der zweite Workshop wurde eingeleitet mit ausfhrlichen Errterungen der
Begriffe ffentlich, ffentlichkeit und ffentlicher Raum sowie anhand von kon-
kreten Beispielen16 eines zeitgemssen Verstndnisses von Kunst im ffentlichen
Raum bzw. einerKunst des ffentlichen. Bezug nehmend auf die im ersten Workshop
begonnene Diskussion von fr Zrich relevanten Feldern und Bereichen knstleri-
scher Interventionen, legte das Projektteam eine Liste von Kategorien von Faktoren
vor, die eine Stadt und eine stdtische Gesellschaft prinzipiell charakterisieren.17 Sie
bildete den Ausgangspunkt fr die Bestimmung derjenigen Faktoren, die die Stadt
Zrich in besonderer Art auszeichnen. Im Anschluss daran wurde verhandelt, wel-
chen Faktoren aus welcher Perspektive und gemss welchen Kriterien zurzeit und
in naher Zukunft fr eine Kunst des ffentlichen Prioritt einzurumen sei. Den Hin-
tergrund dieser Bestimmungen bildet die These, dass die Bezugnahme von knstle-
rischen Projekten im urbanen Raum auf wirtschaftliche, gesellschaftliche, kulturelle
und historische Faktoren sinnvoll ist und zu ihrer Relevanz beitragen kann. Die Dis-
kussion der fr Zrich bedeutsam erscheinenden Faktoren brachte den Teilnehmer-
kreis dazu, den eigenen Standpunkt sowie die Vision in Bezug auf ffentliche Kunst
zu formulieren. Die im Workshop geusserten Ansprche, Leitideen und wesent-
lichen Orientierungen wurden zum Teil in das Leitbild eingearbeitet.
Zu Beginn des dritten Workshops erluterte die Forschungsgruppe die Aus-
wahl der Faktoren, die hinsichtlich der Pilotprojekte im Rahmen des Forschungspro-
jekts eine Rolle spielen. (Kunstprojekte und relevante Faktoren siehe weiter unten.)
Den Hauptteil dieses Arbeitstreffens bildete jedoch die Erarbeitung einer idealen
Ablauforganisation fr Planung und Realisierung von knstlerischen Projekten im
ffentlichen Raum sowie, davon abgeleitet, eines Modells der ihr entsprechenden
Zustndigkeiten. Dazu wurden die in den verschiedenen mtern und Fachstellen
sowie in unterschiedlichen Fllen (wie Quartierplanung, Platz- und Parkgestaltung,
Kunst und Bau, Schenkungen etc.) bisher praktizierten Prozessgestaltungen analy-
siert und zu einer Synthese gebracht. Auch legte das Projektteam als Prmisse und
zur Orientierung eine Anzahl von Grundstzen vor, die spter ins Leitbild aufgenom-
men wurden. Wichtigstes Resultat dieses Workshops war schliesslich ein Entwurf
zur StrukturKunst im ffentlichen Raum der Stadt Zrich. Bei der Ausarbeitung die-
ser Aufbauorganisation diente insbesondere dasMnchner Modell als Referenz.18
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Leitbild fr Kunst im ffentlichen Raum
der Stadt Zrich
StAnDPUnKt
Zrich ist eine bedeutende Wirtschafts- und Kul-turstadt und verfgt ber eine sehr hohe Lebens-qualitt. Im wirtschaftlichen Feld behauptet sie
sich im internationalen Wettbewerb der GlobalCities. In Zrich finden sich Kulturinstitutionenvon weltweitem Renommee, und es hat sich einelebendige Kunst- und Eventszene etabliert. ZurLebensqualitt der Stadt tragen entscheidend dieffentlichen Rume bei. Diese haben sich in denletzten Jahrzehnten unter dem Einfluss wirt-schaftlicher Vernderungen und neuer Kommuni-kationstechnologien stark gewandelt. Stdtische Aussenrume werden zunehmend als Aufent-
halts-, Kommunikations- und Aktionsrume ge-schtzt und gewinnen damit an kultureller Bedeu-tung. Kultur und ffentlicher Raum bilden wich-tige Standortfaktoren fr die Bevlkerung, frUnternehmen und fr die Touristik. Im Zusam-menwirken von sozialpolitischen, stdtebau-lichen, kulturellen und kommerziellen Krftenstellt der ffentliche Raum einen besonders sen-siblen und komplexen Bereich behrdlicher Ver-antwortung dar.Die Stadt Zrich begreift die Frderung von Kul-
tur als Verpflichtung. Sie verfgt ber mannig-fache Instrumente, um das Kunst- und Kultur-schaffen, seine Vielfalt und Qualitt anzuregen,zu untersttzen und zu erhalten. Sie versteht dieKunst im ffentlichen Raum als ein bedeutendesElement des kulturellen Lebens der Stadt. ffent-liche Kunst kann ein Instrument sein zur Ver-gegenstndlichung und Vergegenwrtigung ge-sellschaftlich relevanter Themen. Sie regt eindifferenziertes Wahrnehmen, ein kritisches Nach-
denken und den ffentlichen Diskurs an und trgtdamit entscheidend zum geistigen Klima der Stadtbei. Auch kann sie eine wichtige Funktion wahr-nehmen bei der Schaffung und Differenzierungvon Identitten von Identitten neuer und beste-hender Stadtgebiete sowie von unterschiedlichensozialen Gemeinschaften und ffentlichkeiten.Schliesslich bildet sie ein kulturelles Kapital, undmit ihr gewinnt die Stadt an internationaler Aus-strahlung. Die heutige Situation von Kunst im
ffentlichen Raum in der Stadt Zrich entsprichtin ihrem Niveau jedoch nicht der Rolle, die dieStadt allgemein fr sich in Anspruch nimmt, undsie ist im internationalen Vergleich mit Stdtenhnlicher Bedeutung und Grsse nicht zeitgemss.Die Stadt Zrich will daher mit den folgenden Leit-ideen und Grundstzen Kunst im ffentlichen
Raum langfristig und gezielt frdern.
LeitiDeen
Die Stadt Zrich realisiert, sie initiiert und siekoordiniert aktuelle Kunst im ffentlichen Raum,und sie frdert den aktiven Umgang mit bereitsbestehenden Werken.
Kunst im ffentlichen Raum hat in Zrich eineerfahrbare Prsenz und prgt das kulturelle Profil
der Stadt.
Hohe knstlerische Qualitt, innovative Konzepteund gesellschaftliche Relevanz sind fr die ffent-liche Kunst in Zrich charakteristisch.
Kunst im ffentlichen Raum ist eine Bereicherungfr die Bevlkerung von Stadt und Region. Mitffentlicher Kunst nimmt Zrich darber hinausam globalen Kulturaustausch teil und gewinnt aninternationaler Ausstrahlung.
Die Entwicklung von Kunst im ffentlichen Raumsteht in Wechselbeziehung mit den stdtebau-lichen, sozialen und wirtschaftlichen Vernde-rungen der Stadt Zrich.
GrUnDStZe
Kunst im ffentlichen Raum ist eine departemente-bergreifende Angelegenheit.
In den kommenden zwlf Jahren verfolgt die StadtZrich eine gesamtstdtische Strategie zur Umset-zung von Kunst im ffentlichen Raum. Es werden jeweils fr vier Jahre Schwerpunkte in der Ge-samtausrichtung gesetzt.
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Fr die Entwicklung der Gesamtstrategie, die Be-stimmung von Schwerpunkten, die Ausfhrungbzw. Begleitung des Schwerpunktprogramms unddie Bestimmung und Evaluation von Einzelpro- jekten sind Gremien von Fachpersonen (verwal-tungsinterne und -externe Fachpersonen) beauf-tragt. Im Rahmen dieser Ttigkeiten werden auch
bestehende Kunstwerke und Denkmler auf ihreAktualitt berprft.
Kunst im ffentlichen Raum Zrichs nimmt anden aktuellen Entwicklungen von Gegenwarts-kunst teil. Sie bercksichtigt lokale und internati-onale Positionen ffentlicher Kunst sowie eineVielfalt knstlerischer Taktiken. Sie ist in jedemFall einem hohen Standard von knstlerisch undgesellschaftlich relevanten Konzeptionen ver-
pflichtet.
Die Stadt Zrich untersttzt die Entwicklunginnovativer Kunstprojekte in der ffentlichenSphre. Strategie, Planung, Verfahren und Projek-tierung werden regelmssig einer Qualittspr-fung unterzogen und optimiert.
Wesentliche Bestandteile der Entwicklung vonKunstprojekten im ffentlichen Raum sind dieBezugnahme auf die komplexen, spezifischen
Kontexte sowie deren professionelle, interdiszip-linre Aufarbeitung.
Die Konzeption, die Entwicklung und die Realisie-rung von Kunstprojekten im ffentlichen Raum werden wissenschaftlich, organisatorisch undpolitisch untersttzt.
Eine vielgestaltige ffentlichkeitsarbeit (Dialog,Presse, Veranstaltungen, Publikationen) begleitet
das stdtische Programm ffentlicher Kunst wiedie Einzelprojekte und hlt den ffentlichen Dis-kurs lebendig.
Fr Kunst im ffentlichen Raum pflegt die StadtZrich die Zusammenarbeit mit Hochschulen,Kunstinstitutionen, Stiftungen, Firmen und Pri-vaten.
Das Leitbild wurde am 18. Dezember 2006 von der
Delegation fr stadtrumliche Fragen der Stadt
Zrich genehmigt.
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Christoph Schenker0
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Kunst als dichtes Wissen 1
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Christoph Schenker2
Das Projektteam hatte die Aufbauorganisation in Rcksprache mit leitenden std-
tischen Angestellten weiter konkretisiert, sodass sie schliesslich, gemeinsam mit
dem vom Projektteam verfassten Leitbild, im vierten Workshop dem Plenum vorge-
stellt werden konnte. (SieheLeitbild und Entwurf zur Organisation Kunst im ffent-
lichen Raum der Stadt Zrich.) Zuvor waren die beiden Papiere ebenso mit der std-
tischen Kommission fr bildende Kunst eingehend diskutiert worden. Leitbild und
Struktur waren mit schriftlichen Kommentaren und Empfehlungen der Forschungs-gruppe versehen. Wichtigstes Element der Organisationsstruktur ist die neu zu
schaffende, stndigeArbeitsgruppe Kunst im ffentlichen Raum, die je zur Hlfte
mit verwaltungsinternen Fachpersonen verschiedener mter sowie mit externen
Kunstexpertinnen und -experten zu besetzen ist. Das Gremium wird von einem ver-
waltungsexternen Mitglied geleitet (Vorsitz), und es sollte gemss der Empfeh-
lung des Forschungsteams bei der Kulturpflege (Prsidialdepartement) angesie-
delt sein.19 Die Arbeitsgruppe nimmt in erster Linie strategische Aufgaben wahr
und verfolgt hinsichtlich ffentlicher Kunst im Stadtraum Zrich eine aktive Poli-
tik.20 Im April 2006 hat der Stadtrat den Beschluss gefasst, die Arbeitsgruppe fr
Kunst im ffentlichen Raum einzusetzen.21 Er hat damit den Weg geffnet, um die
Entwicklung von zeitgenssischer Kunst im Stadtraum, als bedeutendem Element
eines aktiven ffentlichen Lebens, entscheidend und proaktiv frdern zu knnen.
Damit ist ein wichtiges Ziel des Projekts erreicht.
Kunstprojekte und relevante Faktoren
Die Ausarbeitung detaillierter Konzepte fr knstlerische Projekte und ihre Reali-
sierung bilden einen andern, wichtigen Teil des Forschungsprojekts. Da diese
gleichsam als Pilotprojekte dienen, wurden mehrere Ansprche gleichzeitig an sie
gestellt. Zum einen sollten sie fr eine knftige Entwicklung ffentlicher Kunst in
Zrich einen zeitgerechten Standard setzen und also als Modell gelten drfen. Dar-
ber hinaus sollten sie auch in der internationalen Debatte ffentlicher Kunst einen
innovativen Beitrag leisten. Schliesslich sollten sie, als Forschungsvorhaben, auch
im Werkzusammenhang der beteiligten Knstlerinnen und Knstler neue Perspek-
tiven ffnen. Zwei Aspekte gelten dabei gleichsam als Prmissen: Es gehrt zur Tak-
tik von Kunst im stdtischen Raum, dass sie den Dialog mit der ffentlichkeit und
damit eine spezifische Arbeitsform pflegt. Zum andern erfordert die Komplexitt
der Situation von Kunst im ffentlichen Raum, dass der Knstler mit Spezialisten
anderer Disziplinen zusammenarbeitet. Die Kunst des ffentlichen ist ein in wel-
cher Form auch immer dialogisches sowie interdisziplinres Unternehmen. Die
Interessen der Stadt, die der Projektgruppe sowie der beteiligten Knstlerinnen
und Knstler, die in den genannten Ansprchen zum Ausdruck kommen, lassen
sich in der Bezugnahme auf Faktoren sinnvoll miteinander verweben.
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Kunst als dichtes Wissen 3
Das ProjektKunst ffentlichkeit Zrich unterscheidet sich alsForschungsprojektvon
der Praxis blicher Kunstprogramme im ffentlichen Raum in grundlegenden Ent-
scheidungen zum Vorgehen. In einem ersten Schritt, bevor Knstlerinnen und
Knstler zur Ausarbeitung einzelner Kunstprojekte eingeladen wurden, hat sich
das Forschungsteam gefragt, welche Faktoren fr die Stadt Zrich besonders
bedeutsam sind und welche Faktoren ebenso fr ffentliche Kunst von Relevanz
sein knnen. Es gibt Faktoren, die eine Stadt, einen Stadtkreis oder ein Quartierauszeichnen, weil sie eine ausserordentliche Ausstrahlung haben oder weil sie
besonders problematisch erscheinen, und sie sind prgend, wenn sie entsprechend
Macht entfalten. Es kann sich dabei um wirtschaftliche, kologische, gesellschaft-
liche, kulturelle oder auch historische Faktoren handeln. In der Stadt Zrich bil-
deten in den spten 1980er Jahren etwa die Drogenproblematik, in der zweiten
Hlfte der 1990er Jahre die Debatte um die nachrichtenlosen Vermgen solche Fak-
toren.22 In den 1990er Jahren, um ein weiteres Beispiel zu nennen, etablierte sich
die Kunstszene als ein kulturell, gesellschaftlich sowie wirtschaftlich bedeutender
Faktor Zrichs. Andere Faktoren sind scheinbar von geringerer Bedeutung, aber es
mag Bemhungen geben, ihnen mehr Aufmerksamkeit zu schenken oder sie lang-
fristig zu optimieren: so etwa die Vorbeugung gesellschaftlicher Konflikte durch
soziokulturelle und stdtebauliche Massnahmen sowie die Strkung von Kultur als
Standortfaktor, wie es von anderen Metropolen her bekannt ist, oder die differen-
zierte Pflege kontroverser ffentlicher Diskurse, wie sie fr das intellektuelle Klima
einer Universittsstadt einer offenen Gesellschaft unabdingbar ist. Fr Kunstwerke
in den ffentlichen Sphren knnen derartige, objektiv vorhandene und bestim-
mende Faktoren, aber auch die verborgenen und zu frdernden Faktoren von ent-
scheidender Bedeutung sein. Damit verbindet sich jedoch nicht die Forderung, dass
ein Kunstwerk oder ein Projekt diese explizit zu thematisieren habe. Ebenso wenig
heisst es, dass die relevanten Faktoren zugleich auch die Bereiche bilden, in wel-
chen die knstlerischen Interventionen stattfinden sollen. Von der Kunst her
gedacht, sind nicht alle Faktoren im selben Masse als Referenzrahmen, Interven-
tionsfelder oder Themen interessant. Dennoch aber bilden Faktoren fr die knst-
lerische Arbeit in der ffentlichen Sphre wichtige Bezugspunkte und sind als
Kontext in einem Projekt mit Gewinn zu reflektieren.
Das Forschungsprojekt Kunst ffentlichkeit Zrich setzte keine Faktoren als
bereits gegeben voraus. So ist auch der gebaute ffentliche Stadtraum nicht, wie bei
Projekten im ffentlichen Raum zumeist der Fall, der selbstverstndliche Bezugs-
rahmen. Mit der Frage nach den relevanten Faktoren zieht das Projekt Grundlagen
in die Forschung mit ein, die in der heutigen knstlerischen und kuratorischen Pra-
xis ffentlicher Kunst bernational im Allgemeinen ein kaum wahrgenommenes,
daher unbestimmtes und verborgenes Hintergrundphnomen bilden. Die verschie-
denen Facetten des Kontexts werden kaum je detailliert aufgearbeitet und aus-
drcklich thematisiert. Im Forschungsprojekt stellten sich mithin ganz grundstz-
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Christoph Schenker
liche Fragen wie: Soll die Kunst des ffentlichen als Element des Stadtmarketings
die Konkurrenzfhigkeit der Stadt im internationalen Stdtewettbewerb steigern?
Soll sie helfen, benachteiligte Stadtteile kulturell aufzuwerten oder in Entwick-
lungsgebieten eine Identitt zu stiften? Soll sie kritische kulturelle und politische
Diskurse in der Stadt anregen? Welche Funktionen nimmt Kunst heute im urbanen
Umfeld fr sich in Anspruch? Wie kann sie Unsichtbares sichtbar machen, dem
Sprachlosen eine Stimme verleihen?Zur Bestimmung der fr die Stadt als auch fr die Pilotprojekte relevanten
Faktoren hat das Forschungsteam breit recherchiert. Neben der Bezugnahme auf
Resultate der Workshops und auf die innerhalb des Forschungsprojekts im Entste-
hen begriffenen Studien zur Stdtebau- sowie Wirtschafts- und Sozialgeschichte
Zrichs wurden auch Schriften von Architekten, Kulturwissenschaftlern, ko-
nomen, Philosophen, Politologen, Publizisten, Schriftstellern, Soziologen, Stdte-
bau- und Planungshistorikern und Zukunftsforschern konsultiert. Des Weiteren
fhrten die Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter mit Knstlern, Kuratoren, Kri-
tikern und weiteren Experten aus den verschiedensten Bereichen des Kunst-, Kultur-
und Hochschulbetriebs offizielle und informelle Gesprche. Bei der Analyse im Har-
dau-Gebiet haben sich schliesslich Faktoren als wichtig herausgestellt, die sich
nicht berraschend den Kategorien Sozialer Raum, Stadtraum/Architektur und
Atmosphre23 zurechnen lassen.24 Fr die Stadt Zrich als Ganze erschienen fol-
gende Faktoren bedeutsam und als Bezugsrahmen fr knstlerische Projekte inter-
essant und sinnvoll: Global City, weitrumiger Kontext sozialer Rume, Medien und
ffentlichkeit, Politik und direkte Demokratie sowie die Zrcher Mentalitt. Bei der
Bestimmung dieser Faktoren war ausserdem von Gewicht, welche Faktorenbezge
im Rahmen eines Forschungsprojekts besonders ergiebig zu sein versprachen, wel-
che Bezugspunkte zu Beginn einer neuen Politik ffentlicher Kunst in Zrich einen
Sinn machen wrden und schliesslich welche Bezugnahmen als Experiment im
Rahmen eines Forschungsprojekts unverzichtbar sind, da sie im Rahmen eines std-
tischen Schwerpunktprogramms kaum eine Chance htten, gefrdert zu werden.25
Darber hinaus schien es sinnvoll, die fnf Faktoren in thematischen Clus-
tern zu verdichten und sie damit als mgliche Bezugsfelder fr knstlerische
Interventionen zu przisieren, aber auch zu ffnen. Am Faktor Global City interes-
siert insbesondere die Interferenz von Wirtschaft und sozialem Raum, dies im
Zusammenhang mit dem Verkehrsnetz und ffentlichen Verkehr. Die globale Ver-
knpfung sozialer Rume (Globalisierung, Nord-Sd-Geflle etc.) interessiert
hauptschlich im Kontext von Ethik und Migration, dies unter Bercksichtigung
von Geschichte sowie der Erinnerungs- und Mahnmalkultur. Der Faktor Medien
und ffentlichkeit interessiert in Zrich speziell im Zusammenhang mit Eventkul-
tur und ffentlichen Anlssen, Politik und direkte Demokratie hauptschlich in
Beziehung mit stdtebaulicher Planung und Entwicklungsgebieten, und die Zr-
cher Mentalitt (Religion, Arbeitsethos) schliesslich besonders im Zusammenhang
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Kunst als dichtes Wissen
mit ffentlichen Rumen und Medien. Das Gewichtungsverfahren mittels Clus-
tern und Schnittmengen war hilfreich, um Zusammenhnge zwischen den Fak-
toren beweglich denken zu knnen und thematische Querbezge zu ermglichen.
Faktoren umfassen in vielen ihrer Facetten abstrakte Sachverhalte, wohingegen
die knstlerische Arbeit ihr entscheidendes kritisches Potential durch sinnliche
Positionierungen in die ffentlichkeit trgt. Daher stehen die physisch greifbaren
Schnittmengen der Faktoren im Zentrum der Untersuchungen und knstlerischenUmsetzungen. Auch schien es nutzbringend, mit den zustzlichen Verknpfungen
und Verortungen der Faktoren ein Spannungsfeld zu benennen, welches fr knst-
lerische Interventionen implizit ein Problem formuliert, konkret ist und dennoch
einen Spielraum offen hlt.
In der Folge hat das Team des Forschungsprojekts international Knstlerinnen
und Knstler ermittelt, die in vergleichbaren Gebieten bereits spannend, auf hohem
Niveau und aktuell gearbeitet hatten oder von welchen diese Leistung erwartet wer-
den konnte. Auf Anfrage haben Monica Bonvicini, Matthew Buckingham, Harun
Farocki und die Knstlergruppe Knowbotic Research an der Zusammenarbeit Inte-
resse gezeigt. Lawrence Weiner wurde unabhngig vom Hintergrund der Faktoren
eingeladen, ein Projekt zu entwickeln.26 Nach der Einfhrung der Knstlerinnen
und Knstler in die lokale Problematik wurden die Faktoren nach den zustzlichen,
eigenen Recherchen und Analysen der Knstlerinnen und Knstler und gemss
ihren przisierten Forschungsinteressen neu geordnet und gewichtet. Fr den Pro-
jektentwurfFassade von Monica Bonvicini ist der Bezug auf Faktoren in den Katego-
rienPolitik und Demokratie sowie Architektur von Belang, whrend es fr das Pro-
jektFilm To Be Projected Every Year von Matthew Buckingham die Faktoren Geschich-
te,Politik und ffentlicher Raum sind. Die ArbeitDenkmal von Harun Farocki ist im
Feld des Faktorenclusters Mahnmaldiskurs, Medien und Globaler Kontext anzusie-
deln. Knowbotic Research entwickelte ihren Projektentwurf BlackBenz Race vor
dem Hintergrund von Faktoren der KategorienMedien und ffentlichkeit sowieMig-
ration bzw. weitrumige Verknpfung sozialer Rume. Das WerkKugellager oder run-
de Steine von Lawrence Weiner schliesslich kann auf die Faktoren Nutzung ffent-
licher Rume, Sozialer Raum undIdentitt bezogen werden.27
Der Aspekt der Forschung & Entwicklung
Die Beitrge zu den Pilotprojekten im vorliegenden Band umreissen in unter-
schiedlicher Form die Interessengebiete der Knstlerinnen und Knstler, verwei-
sen darin implizit auch auf den aktuellen Stand der diesbezglich relevanten
Kunst, und sie skizzieren ihre zentralen Problemstellungen, die spezifischen For-
schungsgegenstnde, ihre Leistungen und deren Relevanz. Die abschliessende
Darlegung einiger Aspekte knstlerischer Forschung erfolgt daher knapp und in
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Christoph Schenker
grundstzlicher Art. Sie betrifft die Typen der Forschung im Feld der Kunst, den
Gegenstandsbereich der knstlerischen Forschung und die der Kunst eigene
Erkenntniserfahrung.28
Im Feld der Gegenwartskunst werden vier Kategorien der Forschung unter-
schieden: Forschung fr die Kunst, Forschung in der Kunst, Forschung durch die
Kunst und Forschung ber Kunst.29Forschung fr die Kunst bezeichnet, allgemein
gesprochen, Studien und Entwicklungen, die im Dienste der Kunstpraxis bzw. derknstlerischen Forschung stehen. Forschung in der Kunst meint Forschung als
Kunstpraxis zu Problemstellungen, die man ob den Forschungsgegenstand, die
Methode oder die Erkenntnishaltung betreffend der Disziplin Kunst zurechnet.
Diese Kategorie gilt als eigentlich knstlerische Forschung.30 Forschung durch die
Kunst meint Forschung mit Techniken der Kunst bzw. mittels der Disziplin Kunst,
um Resultate in Bereichen zu erzielen, die nicht primr von knstlerischer Bedeu-
tung sind. Kunst wird hier als Mittel eingesetzt. Forschung ber Kunst schliesslich
meint Forschung anderer Disziplinen (wie der Kunstwissenschaft), die die Kunst zu
ihrem Gegenstand hat. Im Rahmen des Forschungsprojekts Kunst ffentlichkeit
Zrich kamen in unterschiedlichem Grade alle vier Forschungskategorien zum
tragen, wobei die knstlerische Forschung im Zentrum stand.
Nicht zur Forschung im engeren Sinn, aber zur Entwicklung darf die Zusam-
menarbeit mit der Verwaltung und der Regierung der Stadt Zrich gezhlt werden,
die zu einem Leitbild und zu neuen Strukturen fr Kunst im ffentlichen Raum
gefhrt hat. Zur Kategorie der Forschung fr die Kunst werden die wissenschaft-
lichen Studien des Projekts obwohl eigenstndige Forschungsarbeiten gerech-
net; im Dienste der knstlerischen Projekte stehen aber auch die Beitrge des Sym-
posiums, desgleichen die speziellen Recherchen und Analysen des Projektteams,
von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stdtischer mter und die der zustzlich bei-
gezogenen Fachpersonen. Schliesslich hatte auch die ffentlichkeitsarbeit, als Teil
der dialogischen Taktik ffentlicher Kunst, fr diese eine tragende und erschlies-
sende Funktion. Ein zentrales Element dieser Kategorie waren die Entwicklung und
das Erproben der Methode, mittels der Evaluation von Faktoren wichtige Bereiche
von Problemstellungen zu bestimmen. Daraus konnten nicht nur kuratorische Kon-
zepte abgeleitet werden, sondern es konnte auch die Basis geschaffen werden, um
ber die knstlerische Richtigkeit hinaus die gesellschaftliche Funktion und
Relevanz der Kunstprojekte zu befrdern. Um die Kategorie derForschung durch die
Kunst handelt es sich in unserem Zusammenhang, wenn die Kunstprojekte und
Interventionen dazu beitragen, Einsichten in die Identittsverschiebung der Bevl-
kerung zu gewinnen, aber auch lebenspraktische Kompetenzen zu entwickeln oder
gesellschaftliche Sachverhalte zu verndern. Dazu werden mit den Mitteln und
Methoden der Kunst die verschiedenen Facetten des ffentlichen Raums moduliert:
Der Raum des ffentlichen wird vermittelst der Disziplin Kunst erforscht, proble-
matisiert und neu verhandelt. Die Effekte mgen als relevant gelten in den Berei-
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Kunst als dichtes Wissen 7
chen etwa der Soziokultur, der Stadtplanung oder der Migrationspolitik, sie knnen
aber auch fr die Demografie, die Humangeografie oder fr die Medienwissen-
schaft und Soziologie von Interesse sein. ZurForschung ber Kunst sind im Kontext
des Forschungsprojekts insbesondere die in diesem Band versammelten Beitrge zu
den einzelnen Kunstprojekten sowie einzelne Referate des Symposiums zu rech-
nen. Explizit reflektierende, explorierende und explizierende Texte von Knstlern
und ihren Komplizen sind fr die knstlerische Forschungsarbeit konstitutiv. Siebilden den ersten Schritt zu einem System der Knstlertheorie als einem Zwischen-
glied von knstlerischer und kunstwissenschaftlicher Forschung.31 Die Forschung
in der Kunst schliesslich bildet den Kern des Gesamtprojekts sowie eines jeden ein-
zelnen Kunstprojekts. Forschung als Kunstpraxis ist eine mikrologische Arbeit, in
welchem Spezialbereich auch immer diese angesiedelt ist.
Was den Gegenstandsbereich anbelangt, befasst sich die knstlerische For-
schung im ProjektKunst ffentlichkeit Zrich mit Problemstellungen in mindestens
drei Feldern. Zum einen sind es die Themen und Sachverhalte, die ber die im Kon-
text der Stadt Zrich relevanten Faktoren umrissen werden, die den Forschungsge-
genstand bilden. Zum andern sind es, als Beitrag allgemein zum aktuellen Diskurs
einer Kunst des ffentlichen, beispielsweise das Erkunden und Entwickeln von
neuen Funktionen (Formen der Intervention) der Kunst und das Experimentieren
mit ihnen, was im Mittelpunkt der Forschung steht.32 In Hinsicht schliesslich auf
die eigene knstlerische Arbeitsbiografie und Werkentwicklung lassen sich die
Gegenstandbereiche, die die Eigenart der Forschung bestimmen, grundstzlich in
drei Typen zusammenfassen: Zum ersten Typus zhlen die Forschungsgegenstn-
de, die konkreter, materialer, sthetischer Natur sind und sich direkt am physischen
Werk festmachen lassen. Die Forschungsgegenstnde des zweiten Typus sind weni-
ger dinghafter Natur, es handelt sich um den Bereich des Gehalts knstlerischer
Arbeiten: Das Problematisieren von Wert und Sinn der Existenz, ihrer Teile und als
Totalitt, gilt als ein Gebiet genuin knstlerischer Arbeit. Die Forschung des dritten
Typus ist reflexiv und hat das eigene knstlerische Tun in Rcksicht auf das Kunst-
system, das System des Wissens und das der Gesellschaft zum Gegenstand. Die drei
Typen sind zumeist eng verknpft und spielen in der knstlerischen Arbeit oft zu-
gleich und gemeinsam eine tragende Rolle.33
Was schliesslich Ziel und Leistung knstlerischer Forschung betrifft, erscheint
es problematisch und irrefhrend, die im Kontext der Wissenschaften gebruch-
lichen Begriffe der Erkenntnis und Wissensproduktion ohne Kritik und Distinktion
auf die Kunst zu bertragen. Wir wollen hier ein paar Anhaltspunkte geben: Robert
Musil schreibt von der bestimmten Erkenntnishaltung und Erkenntniserfahrung
des Dichters, die sich auf die dieser entsprechenden Objektwelt bezieht.34 Diese
ist, im Gegensatz zur systematisierbaren Objektwelt der Naturwissenschaften, das
nicht-ratiode Gebiet der imponderablen Tatsachen, das Gebiet der Werte und
Bewertungen, das der ethischen und sthetischen Beziehungen, das Gebiet der
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Christoph Schenker8
Idee. Der Knstler verwendet keine andere Art und Fhigkeit des Erkennens als
der Wissenschaftler, aber seine Aufgabe ist poietisch: den inneren Menschen erfin-
den. Dieser produktive, performative und auf die Praxis bezogene Aspekt der
Erkenntnisleistung spielt ebenso bei John Dewey hier hinsichtlich der Forschungs-
leistung eine zentrale Rolle. Dewey unterscheidet Forschungen, die wissenschaft-
liche Erkenntnis zum Ziel haben, von Forschungen des gesunden Menschenver-
standes, die um der Lsung willen eines Problems in Situationen von Gebrauchund Genuss geschehen.35 Letztere befassen sich, mit Bezug auf die praktische
Klugheit, mit der gewhnlichen Lebenspraxis im weitesten Sinn von Leben in
einer Umwelt, in die die Menschen direkt verwickelt sind. In vergleichbarer Weise
stellt Jean-Franois Lyotard dem wissenschaftlichen Wissen das Wissen als Bil-
dung und Kultur entgegen.36 Das Wissen ist mit der Wissenschaft nicht identisch,
und es reduziert sich nicht auf die Erkenntnis. Wissen als Bildung ist ein Wissen,
das durch ein dichtes Geflecht von verschiedenartigen Kompetenzen charakteri-
siert ist. Diese Kompetenzen meinen ein Sprechen (Schreiben, Malen etc.) und ein
Handeln, die nicht nur gemss dem Kriterium der Wahrheit, sondern auch gemss
den Kriterien der Gerechtigkeit und des Glcks, der Richtigkeit (Schnheit, Interes-
santheit) und der Effizienz sich ausweisen. Diese Erkenntnisweise, diese Kompe-
tenzen sind nicht ans Buch gebunden.37 Forschung in der Kunst, als ein Forschen
grundlegend in den Gebieten der sthetik und Ethik, ist in diesem Geflecht der ver-
schiedenartigen Kompetenzen angesiedelt. Kunst kann als eine Form dieses dich-
ten Wissens38 verstanden werden. Der Materialitt, dem Instrumentarium, der
Form, dem Sprachspiel, dem Gehalt und der Taktik nach grundstzlich verschieden
von den Geistes- und Sozialwissenschaften, doch dem Sachgebiet nach ihnen nahe,
bildet die Kunst einen Teil des sozialen Wissens, das, gemss Helga Nowotny, als
Komplement zum Wissen der Natur- und Technikwissenschaften, die Bedingung
fr ein gesellschaftlich robustes Wissen39 ist.
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Anmerkungen18
MAriUS BABiAS
Die KUnSt DeS FFentLiCHen
in Der ArenA Der POLitiK
1 Noam Chomsky: Profit Over People. Neo-liberalismu s und globale Weltordnung.Europa Verlag, Hamburg und Wien 2000.
2
Andr Gorz: Arbeit zwischen Misere undUtopie. Suhrkamp, Frankfurt a.M. 2000.
3 Immanuel Kant: Kritik der Urteilskraft(1790). Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1996.
4 Theodor W. Adorno: Meinungsforschungund ffentlichkeit. Soziologische Schrif-ten II. Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1970;Jrgen Habermas: Strukturwandel derffentlichkeit. Untersuchungen zu einerKategorie der brgerlichen Gesellschaft.Luchterhand, Neuwied 1962. Siehe auchPeter Uwe Hohendahl (Hg.): ffent-
lichkeit. Geschichte eines kritischen Be-griffs. J.B. Metzler, Stuttgart und Weimar2000.
5 Dirk Baecker: Oszillierende ffentlich-keit. In: Rudolf Maresch (Hg.): Medienund ffentlichkeit. Positionierungen,Symptome, Simulationsbrche. Boer,Mnchen 1996.
6 Oskar Negt und Alexander Kluge: f-fentlichkeit und Erfahrung. Zur Orga-nisationsanalyse von brgerlicher und
proletarischer ffentlichkeit. Suhrkamp,Frankfurt a.M. 1972.
7 Marius Babias und Achim Knneke(Hg.): Die Kunst des f fentlichen. Projek-te/Ideen/Stadtplanungsprozesse im po-litischen/sozialen/ffentlichen Raum.
Verlag der Kunst, Amsterdam und Dre s-den 1998. Siehe auch Suzan ne Lacy (Hg.):Mapping The Terrain. New Genre Public
Art. Bay Press, Seatt le-Washington 1995;Oliver Marchart: Hegemonie und knst-lerische Praxis. Vorbemerkungen zu einer
sthetik des ffentlichen. In: Ralph Lind-ner, Christiane Mennicke, Silke Wagler(Hg.): Kunst im Stadtraum. Hegemonieund ffentlichkeit. Kunsthaus Dresden inKooperation mit b_books, Dresden undBerlin 2004; Erika Suderburg (Hg.):Space Site Intervention. University ofMinnesota Press, Minneapolis 2000.
8 Brian ODoherty: In der weien Zelle Inside the White Cube. Merve, Berlin1996.
PHiLiP UrSPrUnG
ZriCHS VerSPtUnG
1 Harald Naegeli: Mein Revoltieren, meinSprayen. Dokumentation von Fotos, Zeich-nungen und Texten. Ausgewhlt und zu-sammengestellt vom Zrcher Sprayer.Benteli , Bern 1979. o.S.
2 Naegeli 1979 (wie Anm. 1). o.S.
3 Naegeli 1979 (wie Anm. 1). o.S.
4 Naegeli 1979 (wie Anm. 1). o.S.
5 Naegeli 1979 (wie Anm. 1). o.S.
6 Die folgenden Angaben sind gesttztauf Michael Mller: Der Sprayer von Z-rich. Solidaritt mit Harald Naegeli. Ro-
wohlt, Reinbek 1984.
7 Mller 1984 (wie Anm. 6). S. 97.
8 Bills Skulpturen wirken wegen ihres in-hrenten Naturalismus, wegen der The-matik der gebndigten und kontrolliertenNaturkrfte vor der Folie einer Parkland-schaft ungleich strker als im urbanenRahmen. Der Standort der Pavillon-Skulp-tur hat verhindert, dass das Werk seinPotenzial entfalten konnte. So wie umge-kehrt die Skulptur Heureka von JeanTinguely, welche die Walter A. BechtlerStiftung von der Expo 64 in Lausanne er-
warb und Zrich schenkte, ihrerseits amfalschen Ort steht. Am besten wre es,
wenn die beiden Skulpturen ihre Pltzetauschen knnten.
9 Rainer Rochlitz: Subversion et subven-tion. Art contemporain et argumentationesthetique. Gallimard, Par is 1994.
10 Jacques Herzog und Marcel Meili: Ge-sprch. In: Roger Diener, Jacques Herzog,Marcel Meili, Pierre de Meuron, ChristianSchmid: Die Schweiz, ein stdtebaulichesPortrt. Birkhuser, Basel 2005. Bd. Ein-fhrung, S. 136160, hier S. 160.
11 Herzog und Meili 2005 (wie Anm. 10).
12 Naegeli 1979 (wie Anm. 1). o.S.
CHriStOPH SCHenKer
KUnSt ALS DiCHteS WiSSen
1 Helga Nowotny: Transdisziplinre Wis-
sensproduktion eine Antwort auf die
Wissensexplosion? In: Friedrich Stadler(Hg.): Wissenschaft als Kultur. ster-reichs Beitrag zur Moderne. Springer,Wien 1997. S. 177195; Helga Nowotny:Grenzen und Grenzenlosigkeit: Kreativi-tt und Wissensdistribution. In: Jrg Hu-ber und Martin Heller (Hg.): Konturendes Unentschiedenen. Stroemfeld, Basel
1997. S. 151172; Helga Nowotny u.a.:Wissenschaft neu denken. Wissen undGesellschaft in einem Zeitalter der Unge-
wissheit. Velbrck Wissenschaft, Weilers-wist 2004; Helga Nowotny: Wissenschaftneu denken. Vom verlsslichen Wissenzum gesellschaftlich robusten Wissen. In:Heinrich-Bll-Stiftung (Hg.): Die Ver-fasstheit der Wissensgesellschaft. West-flisches Dampfboot, Mnster 2006. S.2442.
2 Zum Begriff des Intellektuellen sieheJean-Franois Lyotard: Grabmal des In-
tellektuellen (franz. 1983). In: ders.:Grabmal des Intellektuellen. Edition Pas-sagen, Wien 1985. S. 919.
3 Zu Kennerschaft und Kenner siehe Lud- wig Wittgenstein: Vorlesungen ber s-thetik (1938). In: ders.: Vorlesungen undGesprche ber sthetik, Psychoanalyseund Religion. Vandenhoek & Ruprecht,Gttingen 1968. S. 1966.
4 Zum Verhltnis von Wissenschaft undffentlichkeit siehe Priska Gisler, Michael
Guggenheim u.a.: Imaginierte Laien. DieMacht der Vorstellung in wissenschaftli-chen Expertisen. Velbrck Wissenschaft,Weilerswist 2004.
5 Daniel Buren: Kann die Kunst die Stras-se erobern? In: Klaus Bussmann u.a.(Hg.): Skulptur. Projekte in Mnster 1997.Gerd Hatje, Ostfildern-Ruit, 1997. S.482507.
6 Ulf Wuggenig: Soziale und kulturelleDifferenz. Die Segmentierung des Publi-kums der Kunst. In: Heinz Schtz (Hg.):Stadt Kunst. Lindinger + Schmid, Regens-burg 2001. S. 3359.
7 Jean-Franois Lyotard: Das Erhabeneund die Avantgarde (1984). In: ders.: DasInhumane. Plaudereien ber die Zeit. Edi-tion Passagen, Wien 1989. S. 181f.
8 Vgl. Rosalind Krauss: Skulptur im er-weiterten Feld (engl. 1979). In: dies.: DieOriginalitt der Avantgarde und andereMythen der Moderne. Verlag der Kunst,
Amsterdam 2000. S. 331346. Die Auto-
rin entwickelt hier neue Begriffe fr post-
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Anmerkungen 19
moderne Kunstformen, die mit dem Be-griff Skulptur nicht mehr zu fassen sind.
9 Buren 1997 (wie Anm. 5).
10 Max Frisch: ffentlichkeit als Partner(1958). In: ders.: ffentlichkeit als Part-ner. Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1967. S.
5667.
11 Als Ergnzung zu diesem und den fol-genden Kapiteln dieses Beitrags sieheChristoph Schenker und Roberta Weiss-Mariani: Welche Funktionen nimmt Kunstheute im urbanen Umfeld fr sich in
Anspruch? URL: http://www.stadtkunst.ch/0/5/22/43/. Das Interview ist unterdem Titel Ein Masterplan fr die ffent-liche Kunst in leicht vernderter Form er-schienen in: Schweizer Kunst/Art Suisse/
Arte Svizzera/Swiss Art, Zeitschrift desBerufsverbands Visuelle Kunst (Hg.), Z-
rich, Heft 2, 2004. S. 6367.
12 Seit Mitte der 1980er Jahre Grndun-gen und Neudefinitionen von Ausstel-lungsinstitutionen, Kunstzeitschriften undKunstverlagen sowie Entwicklung derKunstgewerbeschule zur Zrcher Hoch-schule der Knste, 1985 Einfhrung derKnstlerausbildung an der damaligenSchule fr Gestaltung, in den 1990erJahren Etablierung des Kunstmarkts undeiner Kunstszene mit international re-nommierten Galerien und Knstlern;
Christoph Schenker: Der Studiengang Bil-dende Kunst. Seine Entwicklung und Leit-ideen. In: Kunsthalle Zrich u.a. (Hg.):Bekanntmachungen. 20 Jahre Studien-gang Bildende Kunst. JRP|Ringier, Zrich2006. S. 1215; Christoph Weckerle undMichael Sndermann: KreativwirtschaftZrich. Studie I: Der privatwirtschaftlicheTeil des kulturellen Sektors im KantonZrich. Hochschule fr Gestaltung undKunst Zrich, Zrich 2005; Tom Held u.a.:Kreativwirtschaft Zrich. Synthesebe-richt. Hochschule fr Gestaltung undKunst Zrich, Zrich 2005; URL: http://
www.kulturwirtschaft.ch
13 Stadt Zrich: Plan Lumire Zrich. Ge-samtkonzept. Zrich 2004; URL: http://
www.plan-lumire.ch
14 Stadt Zrich: Stadtrume 2010. Strate-gie fr die Gestaltung von Zrichs ffent-lichem Raum. Zrich 2006; URL: http://
www.stadt-zuerich.ch/internet/stadt-raeume/home.html
15 Es fehlten Vertreterinnen und Vertre-
ter der Verkehrsbetriebe und der Wirt-
schaftsfrderung (Standortmarketing). Na-men und Funktionen von Dienstabteilungenund Personen geben hier und im Folgen-den den Stand von 2004/2005 wieder.
16 Als Beispiele dienten hier: FranziskaKoch: Trinkwasser, 2003 (Brunnenskulp-tur), Rue de Romont, Fribourg; Bruce
Nauman: Model for Outdoor Piece: De-pression, 1976 (Erfahrungsarchitektur),geplanter Standort: Naturwissenschaftli-ches Zentrum, Universitt Mnster; SanKeller: San Keller schlft an ihrem Ar-beitsort, ab 2000 (Performances), Auf-trag Nr. 3, in der Nachrichtensendung 10
vor 10, Schweizer Fernsehen SF DRS, 14.Juli 2000, 14.00 bis 22.30 Uhr. In ande-ren Zusammenhngen dienten als Bei-spiele ebenso: Ken Lum: Il Museum BuolfMus-chin, 2003, La Punt Chamues-ch,Engadin; Sofie Thorsen: Village f ig.4/ Ei-nige ffentlich zugngliche Informatio-
nen und 20 Ereignisse, die sich um dasJahr 2002 in der Plaiv zugetragen habenknnten, 2002, Madulain, Engadin; Wo-chenklausur: Intervention zur Drogen-problematik, 1994, Zrich; Pipilotti Rist:Open My Glade, 2000 (Video Screen),Times Squares, New York City.
17 Die Kategorien fr Faktoren (Parame-ter) sind: a) Topografie, Stadtraum/Ar-chitektur, Verkehr, Nutzungen, ffentli-cher Raum; b) sozialer Raum, Staat/Ver-
waltung, Religion, Ethik, Politik, ffent-
lichkeit, Geschichte, Sprache, Freizeit; c)Medien, Kommunikation, relevante The-men; d) Kultur, Knste, Kunstszene, Kunstim ffentlichen Raum; e) Wirtschaft, Bil-dung und Forschung / kulturelles Kapital;f) Atmosphre, Zeit, Natur.
18 Baureferat der Landeshauptstadt Mn-chen (Hg.): Kunst f r Mnchen. Mnchen2000; Lisa Gritzmann: Im Auftrag derStadt Mnchen. Kommissionen, Richt-linien, Wettbewerbe. In: Heinz Schtz(Hg.): Stadt Kunst. Lindinger + Schmid,Regensburg 2001. S. 283294; HeinzSchtz: QUIVID im ffentlichen Auftrag.In: Baureferat der Landeshauptstadt Mn-chen (Hg.): QUIVID. Verlag fr moderneKunst, Nrnberg 2003. S. 1023; MonikaPemler: Die Kommission fr Kunst amBau und im ffentlichen Raum: Richtlini-en. In: Baureferat der LandeshauptstadtMnchen (Hg.): QUIVID. Verlag fr mo-derne Kunst, Nrnberg 2003. S. 2427;URL: http://www.quivid.com; http://www.ortstermine-muenchen.de
19 Der Stadtrat hat das Gremium im Hoch-
baudepartement, bei der StelleKunst und
Bau / ffentlicher Raum, angesiedelt. Vgl.Anm. 21.
20 Dies im Unterschied zur Ttigkeit derbisherigen Arbeitsgruppe Kunst und f-
fentlicher Raum als Untergruppe der std-tischen Kommission fr bildende Kunst,die mit Empfehlungen und Gutachten
zu Schenkungen, Antrgen und Initia-tiven von privater Seite immer nur rea-gieren konnte.
21 StRB Nr. 387 vom 5. April 2006.
22 Der Zrcher Drogenproblematik wid-mete sich 1994 das Projekt der Knstler-gruppe Wochenklausur. Shedhalle undWochenklausur (Hg.): Knstler & Knst-lerinnen zur Drogenproblematik. Einekonkrete Intervention. Benteli Werd, Z-rich 1994.
23 Der Begriff Atmosphre findet hier Verwendung im Sinne von Olaf Nicolai:Die Kunst, der ffentliche Raum, das Ge-niessen und die Kritik. In: Florian Matz-ner (Hg.): Public Art. Kunst im ffentli-chen Raum. Hatje Cantz, Ostfildern-Ruit2001. S. 263267.
24 Siehe Beitrag in diesem Band von TimZulauf: Ererbte Widersprche berle-gungen zu den Kunstprojekten in der Har-dau.
25 In praktischer Hinsicht kam jedoch er-schwerend hinzu, dass fr Konzeptionund Realisierung der knstlerischenPilotprojekte nur je 140 000 bis 170 000Schweizer Franken zur Verfgung stan-den, also rund drei bis sieben Mal wenigeran Mitteln, als fr knstlerische Projekteim Aussenraum im Minimum gerechnet
werden muss.
26 Zum Auswahlverfahren, zu den Knst-lerinnen und Knstlern sowie zu denProjekten im Hardau-Gebiet siehe fol-gende Beitrge in diesem Band: SanKeller: Freinac ht in der Hardau und Bestof Hardau; Claudia und Julia Mller:Glocke*Hardau*BimBam*2006; MichaelHiltbrunner: Plakate als Bilder.
27 Die Projekte sind in folgenden Beitr-gen dieses Bandes vorgestellt: MonicaBonvicini: Fassade; Matthew Bucking-ham: Film To Be Projected Every Year;Harun Farocki: Denkmal; Knowbotic Re-search: BlackBenz Race; Lawrence Wei-ner: Kugellager oder runde Steine.
28 Als Grundlage zu diesem Kapitel siehe
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Anmerkungen20
Christoph Schenker: Knstlerische For-schung. In: Hans-Peter Schwarz (Hg.): Zei-chen nach vorn. 125 Jahre Hochschule frGestaltung und Kunst Zrich. Zrich 2003.S. 176181. Ebenso erschienen in: Prsi-dium der Hochschule der bildenden Kn-ste Hamburg (Hg.): querdurch. Kunst +Wissenschaft. Hamburg 2006. S. 147156.
29 Henk Borgdorff: The Debate on Re-search in the Arts. Bergen National Aca-demy of the Arts, Bergen 2006.
30 Schenker 2003 und 2006 (wie Anm.28); Borgdorff 2006 (wie Anm. 29); MikaHannula u.a.: Artistic Research. Theo-ries, Methods and Practices. Academy ofFine Arts, Helsinki 2005; Florian Dom-bois: Kunst als Forschung. In: Hochschuleder Knste Bern HKB (Hg.): 2006. Bern2006. S. 2129.
31 Zur Knstlertheorie siehe MichaelLingner: Reflexionen ber / als Knstler-theorien. In: Kunsthalle Zrich u.a. (Hg.):Bekanntmachungen. 20 Jahre Studien-gang Bildende Kunst. JRP|Ringier, Zrich2006. S. 7186.
32 Forschung im Feld der Kunst stellt, alsRealexperiment, immer auch die Fragenach der Funktion der Kunst und defi-niert diese neu. Die Frage, welchen Bei-trag Kunst heute im Kontext der Wissens-produktion an einem spezifischen Ort
leistet, welche Einsichten und Kompeten-zen sie befrdert, ist eng an die Frage ih-rer Funktion geknpft. Knstler ische For-schung bezieht Medium und Taktik je-
weils auf Gehalt und Funktion einesWerks. Zentral in der Konzeption ist dieberprf ung und Vernderung der Funk-tionszusammenhnge von Kunst. Knst-lerische Arbeit ist nicht nur eine Arbeit anProdukten, sondern zugleich eine Arbeitan den Mitteln, Taktiken und Kontextender Produktion. Es ist eine Arbeit an derGrundlage von Kultur und Kunst, mithineine Arbeit an unserer Lebensform.
33 Siehe ausfhrlicher in: Schenker 2003und 2006 (wie Anm. 28).
34 Robert Musil: Skizze der Erkenntnisdes Dichters (1918). In: Gesammelte Wer-ke. Bd. 2. Prosa und Stcke, Kleine Prosa,
Aphorismen, Autobiographisches, Essaysund Reden, Kritik. Rowohlt, Reinbek beiHamburg, 1978. S. 10251030.
35 John Dewey: Logik. Die Theorie derForschung. Suhrkamp, Frankfurt a.M.
2002 (engl. 1938). S. 80ff.
36 Jean-Franois Lyotard: Das postmo-derne Wissen. Ein Bericht. Edition Passa-gen, Wien 1986 (franz. 1979). S. 63ff.
37 Jean-Franois Lyotard: Kunst heute?(franz. 1984) In: ders.: Immaterialittund Postmoderne. Merve, Berlin 1985.S. 5574.
38 Lyotard 1986 (wie Anm. 36).
39 Nowotny 2006 (wie Anm. 1).
MOniCA BOnViCini
FASSADe
1 Diedrich Diedrichsen: Konkret heisstauf Englisch Beton. In: Monica Bonvicini:Scream & Shake. Ausst.-Kat. Le Magasin
Grenoble, Kunst-Werke Berlin, P.S.1 Con-temporary Art Center/MoMA New York.Grenoble 2001. S. 23.
2 Monica Bonvicini im Gesprch mitAndrea Bowers. In: Bonvicini 2001 (wieAnm. 1). S. 38.
3 Lisa Le Feuvre. In: James Attlee undLisa Le Feuvre: Gordon Matta-Clark. TheSpace Between. Nazraeli Press, Tucson2003. S. 94. bersetzung Tim Zulauf.
4 Gordon Matta-Clark. Ausst.-Kat. IVAMCentre Julio Gonzles Valencia, MuseeCantini Marseille, Serpentine GalleryLondon. Valencia 1999. S. 363.
5 Peter Fend: Neue Architektur von Matta-Clark. In: Sabine Breitwieser (Hg.): Re-organizing structure by drawing throughit. Zeichnung bei Gordon Matta-Clark.Werkverzeichnis. Ausst.-Kat. GeneraliFoundation Wien. Knig, Kln 1997. S. 37.
6 Fend 1997 (wie An m. 5). S. 43.
7 Matta-Clark selber sprach immer wie-der davon, dass er sich gegen die selbst-gerechte, funktionalistische Architekten-
Attitde richten wrde, die es verpasse,die krperlichen Bedrfnisse neu zu be-fragen. Siehe: Marianne Brower: LayingBare. In: Matta- Clark 1999 (wie Anm. 4).S. 363.
8 Juliane Rebentisch: Monica BonvicinisFetischkunst. In: Parkett. 20. Jg., H. 72,2004. S. 23.
9 Rebentisch 2004 (wie Anm. 8). S. 23.
10 Siehe etwa Martin Heideggers Aus-spruch, man msse sich nun unter Hitlerlossagen von der Vergtzung eines boden-und machtlosen Denkens. Hans Haacke:Gondola! Gondola! In: Pierre Bourdieu undHans Haacke: Freier Austausch. S. Fischer,Frankfurt a. M. 1995. S. 135.
11
Siehe Walter Grasskamp: Der Brger-krieg als Dienstleistung. In: Olaf Metzel:13.4.1981. Silke Schreiber, Mnchen 2005.S. 16.
12 Robert Rauschenberg: Ich versuchte,Kunst zu machen, und deswegen mussteich Kunst ausradieren. Zitiert nach: DarioGamboni: Zerstrte Kunst. Dumont, Kln1998. S. 278.
13 Bonvicini 2001 (wie Anm. 2). S. 36.
MAttHeW BUCKinGHAM
FiLM tO Be PrOJeCteD
eVerY YeAr
1 Miwon Kwon, Public Art as Publicity,in:In the Place of the Public Sphere, SimonSheikh (ed.), Berlin: b_books, 2005, 2233.
2 Chantal Mouffe, Some Reflections onan Agonistic Approach to the Public, in:
Making Things Public: Atmospheres of De-mocracy, Bruno Latour and Peter Weibel(eds.), Boston: MIT, 2005, 804810.
3 Rosalyn Deutsche, Excerpts from Art and Public Space: Questions ofDemocracy, in: Art in Public Places: AVancouver Casebook, Judith Mastai(ed.), Vancouver: Vancouver Art Gallery,1993, 2735.
4 Isabel Morf, The Cultural Role of Wo-men in Switzerland, Zurich: Pro Helvetia,2002.
5 Ibid.
6 Ibid.
7 Matthew Buckingham: A Man of theCrowd. Zur Ausstellung im Museum Mo-derner Kunst Stiftung Ludwig Wien 2003.Museum Moderner Kunst Stiftung Lud-
wig Wien, Wien 2003.
8 Matthew Buckingham: Subcutaneous.Shark Books, New York 2001.
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Kunst und
ffentlichkeit
Kritische
Praxis der Kunst
im Stadtraum
Zrich
Herausgegeben von Christoph Schenker und Michael Hiltbrunner
Band 2 der Schriftenreihe des Instituts fr Kunst und Medien,
Hochschule fr Gestaltung und Kunst Zrich
JRP|Ringier
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Inhaltsverzeichnis
Grusswort von Stadtrat Martin Waser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Marius Babias
Die Kunst des ffentlichen in der Arena der Politik . . . . . . . . . . . . . . . 9
Philip Ursprung
Zrichs Versptung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Christoph Schenker
Kunst als dichtes Wissen
Das ForschungsprojektKunst ffentlichkeit Zrich . . . . . . . . . . . . . . . . 29
Angelus Eisinger
Quartierleben in der Partystadt Interview . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
KNSTLERISCHE PROJEKTENTW RFE
Monica Bonvicini
Fassade. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Matthew Buckingham
Film To Be Projected Every Year . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
Harun Farocki
Denkmal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
Knowbotic Research
BlackBenz Race . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Lawrence Weiner
Kugellager oder runde Steine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
Bernadette Flscher
Stadtraum und Kunst: Stadtentwicklung, ffentliche Rume und
Kunst im ffentlichen Raum der Stadt Zrich seit dem 19. Jahrhundert . . . . 11
Chonja Lee und Maya Burtscher
Sechs Beispiele in Zrich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
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7
Pipilotti Rist
Die grsste Videoinstallation der Welt Interview . . . . . . . . . . . . . . . . 21
Peter Spillmann
Das sind eure Rituale, unsere sind vielleicht andere Interview . . . . . . . 22
Oliver MarchartThere is a crack in everything... Public Art als politische Praxis . . . . . . . 23
Stefan Rmer
Intermedialitt im Ambient . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
Hito Steyerl
Look out, its real! Dokumentarismus, Erfahrung, Politik . . . . . . . . . . 21
Ursula Biemann
Video eine globale Geografie der Wissensverbreitung . . . . . . . . . . . . . 273
Ulrich Vonrufs
Blicke auf Zrich: Geschichte und Gegenwart
Wirtschaft, Immigration, Armut, Politik und Massenmedien . . . . . . . . . . 279
Tim Zulauf
Ererbte Widersprche
berlegungen zu den Kunstprojekten in der Hardau . . . . . . . . . . . . . . . 327
KNSTLERISCHE PROJEKTE
San Keller
Freinacht in der Hardau und Best of Hardau. . . . . . . . . . . . . . . . . 33
Claudia und Julia Mller
Glocke*Hardau*BimBam*2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
Michael Hiltbrunner
Plakate als Bilder: Kunstplakate von Ana Axpe, Christoph Hnsli,
David Renggli, Shirana Shahbazi und Till Velten in der Hardau . . . . . . . . 37
Biografien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
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KUnSt UnD FFentLiCHKeit
KritiSCHe PrAxiS Der KUnSt
iM StADtrAUM ZriCH
HerauseberChristoph Schenker undMichael Hiltbrunner
Autorinnen und AutorenMarius Babias, Ursula Biemann,Maya Burtscher, Bernadette Flscher,Michael Hiltbrunner, Chonja Lee,Oliver Marchart , Stefan Rmer,Christoph Schenker, Felix Stalder,Hito Steyerl, Philip Ursprung,Ulrich Vonrufs, Marti n Waser undTim Zulauf
Knstlerische BeitreAna Axpe, Monica Bonvicini,Matthew Buckingham, Harun Farocki,Christoph Hnsli, San Keller,
Knowbotic Research, Claudia undJulia Mller, David Renggli,Shirana Shahbazi, Til l Velten undLawrence Weiner
InterviewsAngelus Eisinger, Pipilotti Rist undPeter Spillmann
Produktion und LektoratMichael Hiltbrunner undChristoph Schenker
KorrektoratBirte Theiler, JRP|Ringier
gestaltun und SatzMarkus Bucher, Zrich undFabienne Burri, Luzern
Lithorafe und DruckDruckerei Odermatt AG, Dallenwil
BuchbindereiSchuhmacher, Schmitten
VerlaJRP|RingierLetzigraben 134, CH-8047 ZrichT +41 (0) 43 311 27 50F +41 (0) 43 311 27 51
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Copyright bei den Text- und Bild-autorinnen und -autoren, Knstlerinnenund Knstlern
2007,Kunst ffentlichkeit Zrich
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S. 111: Abb. 7; S. 115: Abb. 13, 14; S. 116;S. 181: Abb. 34; S. 185: Abb. 38; S. 191:Abb. 43; S. 193; S. 203; S. 249257;S. 269; S. 277; S. 355; S. 358: Abb. 12, 13;S. 361365; S. 367; S. 371: Abb. 13
2006, ProLitteris, Zrich: S. 21; S. 64:Abb. 5; S. 67; S. 69; S. 133; S. 135; S. 184;S. 185: Abb. 37, 39; S. 191: Abb. 42
Stadt Zrich, BaugeschichtlichesArchiv: S. 147; S. 151; S. 153; S. 159;S. 167; S. 175; S. 181: Abb. 35; S. 187:
Abb. 40
Gebr. Gysi AG, Baar: S. 125
Luftbild Schweiz: S. 158
Georg Aerni: S. 187: Abb. 41
Stadt Zrich, StadtentwicklungZrich: S. 335
2007,Kunst ffentlichkeit Zrich:Alle anderen Abbildungen
Mit freundlicher Genehmigung vonSony BMG Music Entertainment(Switzerland) GmbH: S. 358: Abb. 11
CourtesyGalleria Emi Fontana, Milano: S. 64:
Abb. 5; S. 67: Abb. 8Daniel Knorr: S. 69: Abb. 15Mai 36 Galerie, Zrich: S. 124Galerie Winter, Wien: S. 135: Abb. 7Datasound, Zrich: S. 181: Abb. 34Walter A. Bechtler Stiftung: S. 184Caratsch de Pur y & Luxembourg,Zrich: S. 185: Abb. 39Kunsthaus Zrich: S. 191: Abb. 42Galerie Hauser & Wirth, Zrich: S. 203Chris Burden: S. 371: Abb. 13
KUnSt FFentLiCHKeit ZriCH
inStitUt Fr KUnSt UnD MeDien
Die vorliegende PublikationKunst undffentlichkeit Kritische Praxis der Kunstim Stadtraum Zrich ist Teil desForschungsprojektsKunst ffentlichkeit
Zrich des Instituts fr Kunst und
Medien der Hochschule fr Gestaltungund Kunst Zrich.
Schriftenreihe des Instituts fr Kunstund Medien, HGK Zrich: Band 2
Das Forschungsprojekt wurde mass-geblich von der Frderagentur frInnovation KTI/CTI, Bern, untersttzt.
Projektpartnerinnen vonKunst entlichkeit ZrichStadt Zrich; Walter A. Bechtler Stiftung,Ksnacht; H. Hssy; Georg und Bertha
Schwyzer-Winiker Stiftung, Zrich;Swiss Re, Zrich; Mai 36 Galerie, Zrich
ForschunspartnerProf. Dr. Philip Ursprung, SNF-Frderungsprofessur fr Geschichte derGegenwartskunst, ETH Zrich
Forschunsruppe Bettina Burkhardt, Bernadette Flscher,Michael Hiltbrunner, Ulrich Vonrufs,Susann Wintsch und Tim Zulauf.Mitarbeit bei der Realisierung der Kunst-
werke: Manuela Schlumpf.Projektleitung: Christoph Schenker
Untersttzun der PublikationPrsidialdepartement der Stadt Zrich,Migros-Kulturprozent und Stiftung derSchweizerischen Landesausstellung1939, ZrichSponsoring der Websitestadtkunst.ch:Homburger Rechtsanwlte, Zrich
http://www.stadtkunst.ch
Das Institut fr Kunst und Medien istein Forschungsinstitut der Hochschulefr Gestaltung und Kunst Zrich.Leitung: Christoph Schenker
Institut fr Kunst und MedienHochschule fr Gestaltu ng und KunstHafnerstrasse 39 / PostfachCH-8031 ZrichSwitzerland / Suiza
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