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MAG 21 Klaus Florian Vogt singt Lohengrin
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MAG Nr. 21: Lohengrin

Apr 03, 2016

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Schwerpunktthemen: Saisoneröffnung 2014/15 mit Eröffnungsfest und der Neuproduktion von «Lohengrin»
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Page 1: MAG Nr. 21: Lohengrin

MAG21

Klaus Florian Vogt singtLohengrin

Page 2: MAG Nr. 21: Lohengrin

Teo Gheorghiu Klavier

So, 5. Oktober 2014, 19.30 UhrTonhalle Zürich

Mozart: Klaviersonate Nr. 18 D-dur, op. 47

Chopin: Ballade Nr. 3 As-dur, op. 47

Schubert/Liszt: Soirées de Vienne Nr. 6

Schubert: Impromptus D 899, op.90

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Page 3: MAG Nr. 21: Lohengrin

Editorial

1

Sehr verehrtes Publikum,

wenn die Mitarbeiter des Opernhauses aus den langen, ver-

dienten Theaterferien zurückkehren, schwingt Jahr für Jahr

viel Vorfreude in der allgemeinen Wiedersehensfreude mit.

Man spürt, mit wie viel frischer Energie und Lust die Mit-

arbeiter die neue Spielzeit und ihre Herausforderungen vor

Augen haben. Deshalb ist das allmähliche Erwachen des

Opern hauses aus dem sommerlichen Theaterschlaf jedes Jahr

eine Zeit von grossem frühlingshaftem Zauber.

Früh kehren die Balletttänzer in die Probensäle zurück.

Sie sind die Schneeglöckchen der neuen Spielzeit. Dann er-

klingen die ersten Töne im Haus, noch bevor die Handwer-

ker ihre letzten Renovierungsarbeiten abgeschlossen haben.

Die Büros füllen sich, und die Menschen an den Schreib-

tischen haben für einen sehr kurzen, trügerischen Moment

das Gefühl, entspannt und ohne Zeitdruck gleichsam mit

einem Gänseblümchen zwischen den Zähnen arbeiten zu

können.

Aber dann geht plötzlich alles ganz schnell. Mit explo-

sionsartiger Heftigkeit bricht das pralle Theaterleben im

Opernhaus aus wie nach einem verspäteten Wärmeeinbruch

im Mai: So viele Wochen sind es nun auch nicht mehr bis zur

Saisoneröffnung. Die Proben für die erste Neuproduktion

der Spielzeit haben längst begonnen. Das grosse Eröffnungs-

fest will vorbereitet sein. Die neue Kinderoper wird an die-

sem Tag Premiere haben. Zwei Wiederaufnahmen müssen

gleich nach dem Spielzeitstart szenisch wie musikalisch blitz-

sauber geprobt auf die Bühne gebracht werden. Das erste

Philharmonische Konzert steht an, zwei prominent besetzte

Liederabende sollen ihr Publikum finden, und eigentlich

Schneeglöckchen im August

MAG 21/September 2O14 Unser Titel zeigt Klaus Florian Vogt,

ein Porträt über den Sänger lesen Sie auf Seite 23

(Foto Florian Kalotay)

wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, mit klarem Kopf und neuen

Ideen wichtige Entscheidungen für die kommenden Spiel-

zeiten zu treffen. Ehe man sich versieht, summt und brummt

das Opernhaus, als habe es die Ferien nie gegeben.

Dieser Augenblick liegt bei Drucklegung unseres ersten

MAG der neuen Spielzeit bereits hinter uns. Wir fiebern

jetzt dem Tag entgegen, an dem sich der Vorhang wieder

hebt! Und ich hoffe Sie, verehrtes Publikum, fiebern mit

uns, denn vieles haben wir für Sie vorbereitet – den neuen

Lohengrin etwa, den unser Intendant Andreas Homoki in-

szeniert und der musikalisch geleitet wird von Simone Young,

der Hamburger Dirigentin und Opernintendantin, die zum

ersten Mal am Opernhaus Zürich zu erleben ist, ebenso wie

der Tenor-Star Klaus Florian Vogt, der die Titelrolle singt.

Beim Eröffnungsfest erwartet Sie ein dichtgedrängtes Pro-

gramm in allen Räumen des Opernhauses. Und auch die

Gänse magd wird dann bühnenreif sein, unsere neu produ-

zierte Oper für Kinder ab 6 Jahren. Zu diesen Veranstaltun-

gen und vielen mehr finden Sie Themen und Texte in un-

serem Magazin, mit dem wir Sie auch in der kommenden

Spielzeit wieder über alle Aktivitäten des Opernhauses in-

formieren, Künstler vorstellen und Hintergründe zu unseren

Neuproduktionen liefern wollen.

Verpassen Sie den Opernfrühling im Herbst nicht und

seien Sie dabei, wenn am 20. September die Spielzeit mit

dem grossen Eröffnungsfest beginnt.

Claus Spahn

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Page 5: MAG Nr. 21: Lohengrin

Inhalt

3

Fragebogen 39

Porträt 44

Kalendarium und Serviceteil 47

Sibylle Berg 52

7 Oper aktuell

8 Drei Fragen an Andreas Homoki

10 Wie machen Sie das, Herr Bogatu?

32 Die geniale Stelle

Das Programm für unser

grosses Eröffnungsfest am 20. September

27

Die Philharmonia Zürich präsentiert sich in

einem neuen Konzertraum im Opernhaus

42

Zu unserer «Lohengrin»-Premiere: Interviews mit

dem Politologen Herfried Münkler und

Andreas Homoki; Klaus Florian Vogt im Porträt

12

Iris ter Schiphorsts Kinderoper

«Die Gänsemagd» nach einem Grimm-Märchen

hat am 20. September Premiere

34

Die Wiederaufnahme von Giacomo Puccinis

Oper La Fanciulla del West

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DICKE BRETTER BOHRENAbend für Abend stehen unsere Sänger auf den Brettern, die

die Welt bedeuten. Das macht den Brettern nichts aus.

Aber auch Bühnenbildteile, Gerüstkonstruktionen, schwere

Requisiten und immer neue Bodenbeläge müssen sie aushalten.

Das tut dem Holz auf Dauer gar nicht gut. Von Zeit zu Zeit

muss deshalb jeder Opernbühnenboden erneuert werden.

In dieser Sommerpause war die Drehbühne dran. Wochenlang

haben unsere Techniker dafür dicke Bretter gebohrt.

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Page 8: MAG Nr. 21: Lohengrin

17 Mal Orchesterprobe abgesagt. 165 Mal letzten Zug verpasst.1 neues Diagnoseverfahren gegen Krebs entwickelt.

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Page 9: MAG Nr. 21: Lohengrin

Liedmatinee Diana Damrau

Für Diana Damrau, die auf allen

gros sen Bühnen der Welt als Kolora-

tur sopranistin Begeisterungsstürme

entfacht, ist neben der Oper auch die

filigrane Kunst des Liedgesangs ein

wichtiges Standbein. Und so darf man

sich schon jetzt auf ihre stets wie mit

dem Silberstift gezeichneten, sprach -

ge nauen Liedinterpretationen freuen.

Auf dem Programm ihres Zürcher

Lie der abends stehen diesmal Werke

von Franz Schubert (u.a. Ganymed,

Früh lings glaube und Ellens Gesänge)

und Richard Strauss (u.a. Vier letzte

Lieder). Am Klavier be gleitet sie der

renommierte Pianist Helmut Deutsch.

Sonntag, 12. Oktober, 11 Uhr, Opernhaus

Liederabend Bryn Terfel

Als Fliegender Holländer brachte er

unlängst das Opernhaus zum Erbeben,

nun ist der walisische Starbassbariton

Bryn Terfel auch in einem seiner

sel tenen Liederabende zu erleben.

Gemeinsam mit dem Pianisten Mal-

colm Martineau widmet er sich zu-

nächst Liedvertonungen von Robert

Schumann (Die beiden Grenadiere,

Widmung, Du bist wie eine Blume

u.a.), Franz Schubert (Liebesbotschaft,

Litanei, Auf dem Wasser zu singen

u.a.), John Ireland und Frederick Keel.

Im zweiten Teil folgen Lieder von

Roger Quilter und Jacques Ibert sowie

mitreissende Arien von Bösewichtern

aus der Opernliteratur.

Montag, 22. September, 19 Uhr, Opernhaus

stand Christian Spucks Ballett Romeo

und Julia auf dem Programm, live be-

gleitet vom Orquesta Sinfónica Nacio-

nal de Colombia unter Leitung von

David Porcelijn. Mit Ovationen feierte

das Publikum die Compagnie aus Zü-

rich, insbesondere Katja Wünsche und

Denis Vieira sowie Yen Han und Wei

Chen in den Titelrollen. Zweite Sta-

tion der zweiwöchigen Tour war der

traditions reiche Palacio de Bellas Artes

in Mexiko City, wo das Ensemble mit

Spucks Büchner- Ballett Woyzeck zu

erleben war.

Operneinspielung des Jahres

Unser auf historischen Instrumenten

spielendes Orchestra La Scintilla darf

sich über einen ECHO-Klassik freuen:

Die Einspielung von Bellinis Norma

mit dem Zürcher Alcina-Gespann

Cecilia Bartoli und Giovanni Antonini

wurde als beste Operneinspielung

(19. Jahrhundert) ausgezeichnet.Herz -

lichen Glückwunsch! Der deutsche

Musikpreis ECHO gehört zu den be-

kanntesten Auszeichnungen der

Musikwelt und wird jährlich von der

Deutschen Phono-Akademie verliehen.

Mit: Cecilia Bartoli, Sumi Jo, Liliana Nikiteanu,

John Osborn, Michele Pertusi, Reinaldo Ma-

cias, Giovanni Antonini, Orchestra La Scintilla

Oper aktuell

7

Philharmonia Zürich mit Beethoven

Zu Beginn unserer diesjährigen Kon-

zert reihe steht erstmals Diego Ma-

theuz am Pult der Philharmonia. Der

erst 30-jährige Dirigent ging, wie auch

Gustavo Dudamel, aus «El Sistema»

hervor, einer äusserst erfolgreichen

Kulturorganisation zur Förderung

junger Talente in Venezuela. Seit 2009

Erster Gastdirigent von Abbados

Orchestra Mozart in Bologna, wurde

Matheuz 2011 zum Chefdirigenten

des Teatro La Fenice in Venedig

ernannt. Auf dem Programm stehen

Schönbergs Fünf Orchesterstücke

op. 16, Mahlers Rückert-Lieder und

Beethovens Vierte. Solistin ist Mezzo-

sopranistin Anna Stéphany.

28. September, 20 Uhr, Opernhaus

Hinweis: Neu finden die Philharmonischen

Konzerte jeweils abends und im Opernhaus

statt. Siehe auch S. 42

Ballett Zürich inLateinamerika

Nach der Sommerpause begann die

neue Saison für die Tänzerinnen und

Tänzer des Balletts Zürich mit einem

Gastspiel in Lateinamerika. Im

hochmodernen Teatro Mayor der

kolumbianischen Hauptstadt Bogotá

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Das Ballett Zürich beim Gastspiel im Teatro Mayor, Bogotá

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Herr Homoki, gerade hat der Verwaltungsrat Ihren

Vertrag bis zum Jahr 2022 verlängert. Wird Ihnen

nicht manchmal ein bisschen schwindlig, wenn Sie so

weit in die Zukunft planen?

An der Oper planen wir ja immer mindestens drei bis vier

Jahre voraus. Momentan planen wir die Spielzeit

2017/18; da wären wir jetzt sogar schon etwas zu spät

dran, wenn wir nicht vor meiner offiziellen Vertrags-

verlängerung schon die eine oder andere Verabredung mit

international sehr gefragten Künstlern getroffen hätten –

unter Vor behalt natürlich. Ich freue mich sehr über das

Vertrauen, das mir und meinem Team – Generalmusik -

direk tor Fabio Luisi und Ballettdirektor Christian Spuck –

ent gegen gebracht wird. Das zeigt, dass der Verwaltungs-

rat und der Kanton die Notwendigkeit der Planungs-

vorläufe in der Oper sehr gut verstanden haben. Ich habe

in Deutschland oft erlebt, dass Politiker, besonders bei

Neubesetzungen von Intendanzpositionen, nur ihre Le-

gislaturperioden im Kopf haben und wichtige Entschei-

dungen verschleppen; so entstehen Situationen, in denen

ein Opernhaus keine Planungssicherheit mehr hat.

Das ist schlimm, denn dann kann man nicht mehr auf

dem Niveau arbeiten, auf dem man arbeiten sollte.

Wie lange sollte aus Ihrer Sicht ein Intendant ein

Theater leiten?

Wenn der Vorlauf drei bis vier Jahre ist, dann bedeutet das,

dass bei einem Fünfjahresvertrag in dem Moment, in

dem man das Amt tatsächlich antritt, die erste Periode zu

80 Prozent bereits verplant ist – das heisst, die Möglich-

keiten, auf das zu reagieren, was man geplant hat, sind be-

grenzt. Nach fünf Jahren ist man dann gerade so auf Kurs

und sollte den eingeschlagenen Weg unbedingt wei ter -

gehen, egal was für attraktive Angebote von anderen The-

atern man vielleicht bekommen mag. Nach zehn Jahren –

Drei Fragen an Andreas Homoki

8

das ist meine Erfahrung auch aus Berlin – ist das künstle-

rische Statement klar, die Veränderungen, die man

bewirkt hat, sind abgeschlossen, und man kann über legen

zu wechseln. Wenn aber beide Seiten das Gefühl haben,

die Konstellation hat immer noch viel zu bieten, sollte

man natürlich nicht ausschliessen, noch eine gewisse Zeit

weiterzumachen.

Das Motto Ihres Neubeginns hier in Zürich war

«Öffnung». Nun sind zwei Spielzeiten vorbei, und diese

Öffnung hat auf verschiedenen Ebenen bereits statt-

gefunden. Wie soll es in den nächsten Jahren weiterge-

hen mit dem Opernhaus?

Ein solcher Prozess ist nach zwei Spielzeiten ja noch nicht

abgeschlossen. Natürlich haben wir die grossen Gesten

wie unser Eröffnungsfest oder «oper für alle» jetzt

platziert; wir werden nicht noch einen ganz neuen Event

in dieser Richtung erfinden. Jetzt geht es darum, die

Öffnung immer wieder neu zu leben. Es nützt ja nichts,

nur die Tü ren zu öffnen; das, was hinter diesen Türen

passiert, muss inhaltlich und intellektuell zugänglich sein.

Wir wollen uns weiterhin um eine verbindliche Theater-

sprache bemühen, damit jemand, den wir neu ins Opern-

haus haben locken können, nicht enttäuscht wird und

möglichst wiederkommt. Ich freue mich daher, dass

wir mit der Zeit mehr und mehr unser eigenes Repertoire

aufbauen, das heisst, unser Spielplan nicht nur

in den Premieren, sondern auch in den Wiederaufnahmen

das Gesicht unserer neuen künstlerischen Ausrichtung

zeigt. Davon abgesehen werden auch in Zukunft natürlich

immer wieder neue Künstler bei uns arbeiten, neue

Sän gerinnen und Sänger, Dirigenten, Regisseure, immer

in Balance mit denjenigen, die schon am Opernhaus

etabliert sind: Wir wollen Kontinuität und trotzdem das

neue Gesicht des Opernhauses immer wieder auffrischen. Foto

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Page 11: MAG Nr. 21: Lohengrin

Entdecken Sie eine neue Welt schon auf dem Weg dahin.

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Wie machen Sie das, Herr Bogatu?

10

Als sich im Juli der Vorhang nach der letzten Vorstellung

der Saison schloss, waren die meisten Mitarbeiter des Opern-

hauses bereits mit einem halben Bein in den Ferien. Nicht

so eine kleine motivierte Mannschaft, die während der

Sommerpause im Opernhaus die Sommerarbeiten ausführte.

Die sechswöchige Sommerpause, in der keine Proben

und Vorstellungen auf der Bühne stattfinden, ist für die

Wartung und Erneuerung der technischen Anlagen der

Haustechnik, der Beleuchtungstechnik, der Bühnentechnik

und der Tontechnik notwendig. Während des Spielbetriebs

müssen die Anlagen jeden Tag mit höchster Zuverlässigkeit

laufen – ein Ausfall eines der Systeme würde in den meisten

Fällen den Ausfall einer Probe oder sogar einer Vorstellung

mit sich bringen. Zeit für den Austausch von zentralen

Teilen der Anlage besteht nicht, selbst der Ersatz von klei-

neren defekten Teilen bringt den auf die Minute getakteten

Spiel- und Probenplan oft durcheinander. In den häufigsten

Fällen muss dann nachts und an Randzeiten ein Provisorium

eingesetzt werden, das natürlich vom Publikum nicht wahr-

genommen werden darf. Wahrgenommen wird aber auf

jeden Fall die Erneuerung der WC-Anlagen neben den Zu-

schauergarderoben. Aufmerksamen Augen wird auch nicht

entgehen, dass der Kronleuchter im Zuschauerraum wieder

funkelt und glänzt. Fachkundigen Stammgästen fällt viel-

leicht auf, dass wir den im unteren Bereich oft geflickten und

Sommerferien?nicht mehr ansehnlichen roten Schallschutzvorhang durch

einen neuen, schwarzen ersetzt haben. Weniger Fachkundi-

gen sei kurz erklärt, dass der Schallschutzvorhang (bei uns

einfach «Schalldecker» genannt) ein aus mehreren Schichten

genähter Vorhang ist, der hinter dem roten Spielvorhang

hängt. Er dient dazu, die Geräusche auf der Bühne etwa bei

einem Umbau für den Zuschauerraum oder den Orchester-

graben zu dämpfen. Gästen in den oberen Rängen wird

viel leicht auffallen, dass in den Orchester-Notenpulten neue

LED-Glühbirnen dafür sorgen, dass die Augen der Musiker

weniger schnell ermüden und die Wärmeentwicklung ge-

ringer ist.

Vieles bleibt allerdings unsichtbar: die Erneuerung des

Bühnenbodens im Opernhaus und im Bernhardtheater, die

Erneuerung einiger Komponenten der szenischen Lichtan-

lage, die Erweiterung der Surround-Anlage, der Austausch

einzelner Motoren, Seile, Getriebe und Bremsen der Ober-

maschinerie, die TÜV-Prüfungen für die Ober- und Unter-

maschinerie, die Reinigung und Imprägnierung der Neu-

baufassade sowie unzählige kleinere und grössere Arbeiten,

die einfach nicht mehr in diese Kolumne passen: Die kleine

motivierte Mannschaft war sehr fleissig!

Sebastian Bogatu ist Technischer Direktor

am Opernhaus Zürich

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Chorszene aus Andreas Homokis «Lohengrin»-

Inszenierung an der Wiener Staatsoper Foto

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Wir machen danicht mit!

Kleine Völker sind eigensinnig. Sie lassen sich ihren Willen nicht gern

von der grossen Politik vorschreiben. Das führt auch in Wagners Oper

«Lohengrin» zu Konflikten. Ein Gespräch mit dem Politologen Herfried Münkler

über den Trotz der Kleinen gegen die Übermacht der Grossen.

Page 16: MAG Nr. 21: Lohengrin

Lohengrin

14

Herr Münkler, Politik spielt in Richard Wagners Oper

Lohengrin eine wichtige Rolle. Das Volk der Bra ban ter

befindet sich in einer gravierenden Um bruch situation.

Es soll sich als ehemals heidnische Stammesgesell-

schaft in das christliche deutsche Reich inte grie ren, das

von König Heinrich repräsentiert wird. Das geht

nicht ohne Konflikte ab. Die konservativen Kräfte um

Ortrud, die letzte Nachfahrin des entmachteten

Herrschergeschlechts, wollen die alten Verhältnisse

wieder herstellen. Und die neue Herrscher-Dynastie ist

in Nöten, weil der Thronfolger plötzlich wie vom

Erdboden verschwunden ist und seine Schwester Elsa

des Brudermords beschuldigt wird. Das kleine trotzi ge

Brabant gegen König Heinrichs deutsches Reich –

welche politische Front wird da von Richard Wagner

aufgemacht?

Zunächst einmal muss man klarstellen: Richard Wagner

hat den Lohengrin im revolutionsgärenden Vormärz kon-

zipiert und die Partitur 1948 abgeschlossen. In jenem

Jahr stand er in Dresden selbst auf den Barrikaden. Die

Sehnsucht nach neuen politischen Verhältnissen ist in

der Oper ein wichtiger Impuls. Wagner wünscht sich, dass

die alte feudale Ordnung überwunden wird, und die

Revolutionäre des Vormärz glaubten, dies über eine ge-

ein te deutsche Nation erreichen zu können. In den

konkreten politischen Verhältnissen, wie sie in Deutsch-

land durch den Wiener Kongress hergestellt worden

waren, hing das Restaurative an der Kleinstaaterei. Sie

stand für Repression, Beengung und Kontrolle. Dagegen

rebellierten die Protagonisten des Vormärz, und die

Bewegung für die Demokratie war für sie von einer Be we-

gung für die Nation nicht zu trennen. Ein politisch

unabhängiges Brabant ist für Wagner also nicht attraktiv.

Das heisst also, die «Heil Heinrich!»-Begeisterung

im Lohengrin, die heute manchem unangenehm

na t io nal chauvinistisch in den Ohren klingt, war von

Wagner als ein Ausdruck revolutionärer Hoffnung

gemeint?

Das ist ganz wichtig, König Heinrich und das deutsche

Reich stehen für eine positive Zukunft. Dass die Begeiste-

rung dafür als unangenehm dröhnend wahr ge nom men

wird, ist ja ein speziell deutsches Phänomen infolge der Er-

fahrungen des 20. Jahrhunderts. In Polen und Frank-

reich und gewiss auch in der Schweiz wird das bestimmt

anders gehört, weil dort das Nationale viel positiver konno-

tiert ist – jedenfalls wenn es um die eigene Nation geht.

In der Oper machen die heidnischen Brabanter Front

gegen das christliche deutsche Reich, das als neue

politische Ordnung auftritt. Die Konservativen wollen

da auf keinen Fall mitmachen. Das erinnert uns an

die nationalen Beharrungskräfte, die sich in unserer

po litischen Gegenwart vehement gegen die Euro päi sche

Union stemmen. Sehen Sie da eine Parallele zwischen

der Oper und dem wirklichen Leben?

Vorsichtig betrachtet könnte man dem folgen. Allerdings

müssen wir, wenn wir von Europa reden, immer seine

zwei Seiten sehen: Da ist auf der einen Seite die Vision von

der Überwindung der Trennlinien auf dem europäischen

Kontinent und auf der anderen Seite die administrative

Realität, nennen wir es das bürokratische Monster Brüssel.

Dieses Doppelgesicht hat König Heinrichs deutsches Reich,

das im 10. Jahrhundert das ostfränki sche Reich war,

nicht. Und ganz wichtig: In König Heinrichs Reich wächst

der Zusammenhalt aus einer Bedrohung von aus sen.

Die Grenzen müssen gegen die feindlichen Ungarn vertei-

digt werden. Die Gefährdung der EU kommt ja eher

von innen. Es sei denn, man nimmt hinzu, was gerade am

östlichen Rand, in der Ukraine passiert. Da zeigt sich

im Moment sehr deutlich, welche Mitgliedsstaaten die

EU-Grenze im Osten bedroht sehen und welche Russland

nicht als Handelspartner verlieren wollen. Die Franzosen

wollen noch schnell ein paar Hubschrauberträger liefern.

In London möchte man gerne die Geldgeschäfte wei ter hin

über die Londoner City abwickeln. Die Deutschen wollen

ihre Luxuskarossen an die reichen Russen verkaufen.

In der Oper muss König Heinrich den Brabantern erst

ihre Bedrohungslage klar machen. Sie selbst sehen

das nicht. Im zweiten Akt sagen vier brabantische Edle,

die durchaus für eine grössere Fraktion stehen: Wir

sollen gegen einen Feind kämpfen, mit dem wir gar

nichts zu tun haben? Was geht uns das an? König Hein -

rich hingegen wirbt für eine übergeordnete Solida ri tät.

Das ist eine ähnliche Interessenlage wie in der EU-

Debatte, in der es um Zahlungen an das bankrotte

Mit gliedsland Griechenland ging. Da dachten auch

“In politischen Umbruchsituationen

erscheint das Neue

oft mit dem Rücken voran

Page 17: MAG Nr. 21: Lohengrin

Lohengrin

15

viele, wieso sollen wir eigentlich Geld für Griechenland

locker machen? Das sehen wir gar nicht ein.

Die Forderungen für Griechenland passten zu den Mög-

lichkeiten postheroischer Gesellschaften: Gib Geld für

die Beilegung der Konflikte. Die Ukraine fordert etwas,

womit sich die postheroische Gesellschaft schwertut:

Da geht es letzlich um Kriegsbereitschaft. Es ist eine offe ne

politische Frage, wie die EU-Staaten mit dieser Forderung

umgehen. Man spricht gern von «roten Linien», die

für Putin gezogen werden müssten. Aber «rote Linien»

müssen, werden sie überschritten, dann auch durchgesetzt

werden.

Was ist kennzeichnend für die politische Umbruchs-

situation im Lohengrin?Zum Beispiel, dass es keine klare Trennlinie zwischen

Innen- und Aussenpolitik gibt. Die Aspekte vermischen

sich. Das sehe ich für die Zeit, in der die Hand lung

angesiedelt ist, also im 10. Jahrhundert, als charakteristisch

an. Eine funktionierende politische Ordnung bedeutet,

dass es klare Trennlinien gibt: Die Frage der Thronfolge

in Brabant ist Innenpolitik. Die Frage, ob Bra bant sich am

Feldzug gegen die Ungarn beteiligt, für den König

Heinrich wirbt, ist Aussenpolitik. Es ist nicht klar, welche

Verpflichtungen Brabant gegenüber dem deutschen

oder besser gesagt dem ostfränkischen Reich hat. Deshalb

kommandiert der König die Unterstützung der Brabanter

auch nicht einfach, sondern erscheint selbst, um dafür

zu werben. Ich finde ganz grundsätzlich interessant, dass

Richard Wagner den Umbruch in Brabant nicht als klaren

Bruch dar gestellt hat. Das ist, so könnte man sagen,

Aus druck seiner poli tischen Sensibilität. Es gibt ein Hin

und Her in dem Stück, ein Vor und Zurück. Wagner hatte

eine Vor stellung davon, dass der Kampf der progressiven

gegen die reaktionären Kräfte nicht schnell entschieden ist.

Da war er, als er den Lohengrin schrieb, schon so weit

wie Karl Marx erst sieben Jahre später, der 1852 in seinem

Aufsatz Der 18. Brumaire des Louis Bonaparte aufzeigt,

wie in Frank reich im Anschluss an die Revolution von

1848 die Kräfte des Fortschritts und die Kräfte der Re-

aktion gegeneinander kämpfen und sich am Ende das

Reak tionäre mit der Herrschaft von Napoleon III. noch

einmal durchsetzt.

Im Lohengrin ist bis zum Schluss auch nicht klar, ob

sich die neue Ordnung gegen die alte wirklich durch-

zu setzt. Der Widerstand der konservativen Kräfte

ist mächtig, Ortruds Zauberkräfte sind wirksam.

Was ver schafft an solchen politischen Wendepunkten

dem Neuen die Überlegenheit, über das Alte zu

trium phieren?

Die Kräfte des Neuen haben oft das Problem, noch gar

nicht zu wissen, dass sie die Kräfte des Neuen sind. Das ist

ein interessanter Punkt. Marx schreibt im 18. Brumaire,

die Revolutionen hätten sich immer in die Gewänder des

Vergangenen gekleidet. Sie hätten sich etwa als Wieder-

kehr des Römertums verstanden. Erst der Sozialismus trete

in dem Bewusstsein auf, etwas völlig Neues zu sein. Im

Lohengrin scheint die Vorstellung von einer Zäsur bei den

Akteuren des Neuen noch nicht sehr ausgeprägt zu sein.

Die tasten sich da eher hinein. Elsa und Lohengrin sind

noch reichlich ahnungslos bezüglich dessen, was in Brabant

politisch werden wird. Man könnte sogar noch einen

Schritt weiter gehen, und das Frageverbot, das Lohengrin

Elsa auferlegt, in dieser Hinsicht zu interpretieren – als

ein Nichtwissenkönnen und Nichtwissendürfen des Neuen.

Da kommt zum Ausdruck, wie sich solche politische

Übergangssituationen oft vollziehen – nämlich in gewisser

Hinsicht mit dem Rücken voran. Wir retrospektiven

Beobachter wissen im Nachhinein natürlich alles sehr viel

besser.

Das Neue geht mit dem Rücken voran – gilt das auch

für die aktuellen Entwicklungen in der EU?

Ich glaube schon. Ich misstraue allen, die sagen, wir be-

kommen die europäischen Probleme in den Griff, in -

dem wir eine Verfassung schreiben, wie es etwa Jürgen

Habermas fordert, oder indem wir die ökonomischen

Struk turen noch tiefer verankern, wie es vor allem

die Hardcore- Brüsseler und einige Ökonomen vorschla-

gen. Hinter beiden Forderungen steht der Glaube,

man könnte die Auseinandersetzungen mit einem Skript,

einem Drehbuch gestalten. Das geht nicht. Denn im

Moment ist doch ganz klar: Wenn ich in Europa die Kräfte

des Zusammenhalts von oben stärke, erzeuge ich gleich-

zeitig stärkere Fliehkräfte. Wir hatten noch nie so viel

Widerstand gegen das verfasste Europa wie zu dem Zeit-

punkt, zu dem so viele Kompetenzen von den nationalen

Regierungen auf Brüssel übergegangen sind. Seitdem

ist das Erstarken von populistischen Parteien bis in Regie-

rungsbeteiligungen hinein zu beobachten. Vielleicht

ist eine andere Politik viel geschickter. Wenden wir das mal

auf die Lohengrin-Situation an: Eine Politik, die Brabant

zwingt, sich unterzuordnen, wäre unklug, weil sie den

Widerstand stärkt. Eine solche Politik vertritt aber König

Heinrich nicht. Er wirbt und argumentiert: Ihr solltet

auch ein Interesse daran haben, den Schritt in die grössere

politische Einheit zu wagen. Dieser zurückhaltende,

Page 18: MAG Nr. 21: Lohengrin

Lohengrin

16

vorsichtige Weg ist sehr viel geschickter. Er kommt ver-

mut lich auch den Schweizern eher entgegen, also eine

Politik, die kein administratives Diktat aus Brüssel etwa in

der Frage der Zuwanderung durchsetzt, sondern dafür

wirbt, dass es klug ist, bestimmte Kompetenzen auf die

übergeordnete Ebene zu übertragen, ohne dass dadurch,

um im Stück zu bleiben, Brabant aufhört, Brabant zu

sein. In dem Sinne kann man das lesen: Das Politische er-

gibt sich aus Aushandlungsprozessen, obwohl für den

Revolutionär Wagner der Begriff des Kampfes sicherlich

der sympathischere gewesen wäre.

Hatte also der historische König Heinrich das Talent

zu einem verhandlungsgeschickten EU-Politiker?

Ja, er war ein geschickter Moderator. Diese Interpretation

ist natürlich der Versuch, die politische Gegenwart mit

der Entstehungszeit der Oper Mitte des 19. Jahrhunderts

und der Handlungszeit des 10. Jahrhunderts kurzzu-

schliessen.

Die konservative Kraft wird im Lohengrin in erster

Linie durch Ortrud verkörpert. Sie ist die letzte

Nachfahrin des entmachteten friesischen Herrscherge-

schlechts. Sie will zurück an die Macht, um die alte

Ordnung wieder herzustellen. Und dabei setzt sie

heid nisch dämonische Zauberkräfte ein. Lässt sich das

auch auf die Rechtspopulisten in der aktuellen poli-

tischen Situation und ihre irrationalen «Zauberkäfte»

anwenden?

Mit solchen Kräften agieren die Kräfte der Veränderung

doch ebenso. Da tritt gewissermassen Magie gegen

Magie an. Ortruds Zauber steht gegen die Magie des

Lohengrin- Auftritts. Die Protagonisten auf beiden Seiten

kommen nicht ohne politischen Zauber aus.

Kommt irgendein Politiker ohne den aus?

Kaum. Es gibt in der Politik zwar auch reine Bürokraten

der Macht. Aber Zauber ist eigentlich immer mit im

Spiel. Es gibt eine Randnotiz von Friedrich Wilhelm IV.

in einem Memorandum seines General Scharnhorst

zur Volksbewaffnung: «Alles Poesie!». Und Scharnhorst

antwortete: «Auf Poesie ruht die Stabilität Ihres Thrones,

Majestät.» Das ist ein grosser Satz eines Militärs. Der

Zauber der restaurativen Kräfte gründet auf dem Verspre-

chen, dass früher alles besser war. Und das Neue tritt

mit dem Zauber der Verheissung auf, was von Vorteil ist,

weil der ja noch reine Imagination ist. Das Verschwinden

Lohengrins zeigt ja dann auch, dass das Verhiessene

selten eintritt, wie wir es uns vorgestellt haben. Die Reali-

tät sieht am Ende immer anders aus.

Was bedeutet es, dass Wagner einen Wundermann von

aussen auftreten lässt, um die Konflikte zu lösen?

Da erkennt man den Revolutionär als Künstler: Er hält es

für möglich, dass das Wunder eintritt und alles gut wird.

Aber Wagner ist trotzdem nicht naiv. In ihm wird ein

inneres Widerspiel erkennbar zwischen dem träumenden

Künstler und dem klugen politischen Kopf. Als politischer

Denker weiss Wagner um die Mühseligkeit politischer

Prozesse und dass am Schluss nicht die leuchtende Herr-

schaft des Schwanenritters stehen wird. So endet die

Oper ja nicht. Weil das Wunder irgendwann doch befragt

wird: Wer bist du und woher kommst du? Wir wollen

eben doch gerne wissen, worauf wir uns bei einem Ver-

sprechen einlassen.

Die Situation in Brabant ist am Ende der Oper eher

hoffnungslos. Lohengrin ist weg. Elsa ist tot, eben-

so Telramund und Ortrud. Die gesamte politische Elite

existiert nicht mehr. Übrig bleibt ein Kind, nämlich

der wieder aufgetauchte Gottfried, als Schützer von

Brabant – und es ist offen, ob daraus Gutes erwächst.

Was bleibt von der Lohengrin-Erscheinung?

Es gibt bei Hegel in Hinblick auf die Französische Revo-

lution den Gedanken, dass ein solches Ereignis sich

nicht wieder vergisst – die Feier des Revolutionären, der

Versuch, sich auf den Kopf zu stellen, und der Versuch,

die Welt neu zu erbauen, wie Hegel die Französische

Revolution beschreibt. Er äussert den Gedanken aus der

Perspektive, dass der revolutionäre Enthusiasmus zerfallen

ist, der in den grossen Terror geführt hat, und dass das

alles nichts werden konnte. Aber: Ein solcher Gedanke ver-

gisst sich nicht! Wagner und seine Zeitgenossen im Vor-

märz kannten den Verlauf der Französischen Revolution.

Sie hatten vor Augen, wie die Hoffnung in Desillusion und

Krieg und Blut versunken ist. So leichtfertig wie die

Revolutionäre von 1789 konnten sie nicht mehr sein. Nach

jedem Umbruch tritt ein neuer Typus des Revolutionärs

auf. Lenin und Trotzki, um den Bogen zur Revolution

“Politische Wunder werden

irgendwann doch befragt: Wer bist du

und woher kommst du?

Page 19: MAG Nr. 21: Lohengrin

Lohengrin

17

von 1917 zu schlagen, waren knallharte Machtpolitiker.

Die hatten die Geschichte genau studiert und ihre Lehren

daraus gzogen. Sie hatten überhaupt nichts Lohengrini-

sches mehr an sich, sie waren reine Maschinisten des

Machtbetriebs. Insofern steht Lohengrin nicht nur zeit-

lich, sondern auch ideell zwischen 1789 und 1917.

Hat Hegels Gedanke auch noch Gültigkeit in der poli-

tischen Gegenwart?

Ich glaube schon. Es gibt doch immer wieder gesellschaft-

liche Gruppierungen, die einen Hang zum Illusionären

haben. Diese Illusionen können aber wichtig sein, um

Dinge voranzubringen. Wir brauchen Kräfte, die sozusa-

gen den Lohengrin machen. Obwohl andere genau wis-

sen: Den haben wir schon öfter auftauchen sehen, und am

Ende war er wieder weg. Realismus und Skepsis alleine

verändern die Dinge nicht.

Unsere Zürcher Produktion spielt im Landgasthof ei-

nes alpenländischen Bergdorfs, weil sich darin die für

die Oper wichtige Distanz zwischen den Einheimi-

schen und den Fremden deutlich machen lässt. Man

ist mit einem solchen Provinz-Milieu im Hinterkopf

immer geneigt, zu behaupten, die Hinterwäldler seien

auch die Reaktionären. Stimmt das?

Nein. Da landet man doch schnell bei einer Überschema-

tisierung der wahren Verhältnisse. Das historische Brabant

im 10. Jahrhundert war übrigens ökonomisch viel weiter

entwickelt als der Rest des ostfränkischen Reichs. Aller-

dings kultiviert dieses Brabant trotzdem seine Randstän-

digkeit und will sich eher aus allem heraushalten. Das ken-

nen wir heute ganz gut von der Schweiz, die sich auch

gerne in die Aura des Rustikalen kleidet, obwohl jeder

weiss, dass diese scheinbar urige Schweiz Teil der forcier-

ten Fortschrittswelt ist, nicht nur im Finanzsektor. Hinter

der Akzentuierung des Autochtonen verbirgt sich Welt-

läufigkeit und internationales Knowhow. Die Schweiz

ist ein hochmobiler Laden, der sich ein paar urige Einhei-

mische zur Camouflage hält. Die Bergvolk-Folklore

wird ja auch so stark subventioniert, dass die EU im Hin-

blick auf ihre eigenen Agrar-Subventionen nur staunen

kann. Und die ökonomische und soziale Verflechtung der

Schweiz in die Europäische Union hinein übertrifft die

von vielen EU-Staaten bei weitem. Da muss man nur die

Handelsbilanzen lesen. Gleichzeitig leistet sich die Schweiz

den politischen Chic, der auch politische Klugheit sein

mag, Abstand zu wahren und sich zu weigern, ein kleiner

Erfüllungsgehilfe des grossen Brüssel zu werden. Tats äch-

lich muss die Schweiz aber trotzdem bei ganz vielem

mitmachen, ohne Einfluss auf die EU-Bestimmungen zu

haben. Von daher hat die Debatte um die Zuwanderung

auch etwas Symbolisches. Die Schweiz ist ein Nischen-

akteur, der aber ab und zu glaubt, die Nische als Bunker

ausbauen zu können. Das ist freilich eine politisch aus-

gesprochen gefährliche Illusion. Denn in der Nische muss

man immer hochbeweglich bleiben. Man muss von

Jahrzehnt zu Jahrzehnt die Nischenposition neu bestim-

men, weil sich die Rahmenbedingungen ändern. Die

Akteure darin sind aber nicht Herr des Geschehens, son-

dern bestenfalls kluge Ausnutzer von Entwicklungen,

auf die sie selber nur partiell Einfluss haben. Sie müssen

mental hochmobil sein. So etwas wie Geborgenheit

gibt es in der Nische immer nur für den Augenblick und

nie auf Dauer.

Das Gespräch führten Werner Hintze und Claus Spahn

Der Deutsche Herfried Münkler ist Politikwissenschaftler und lehrt

an der Humboldt-Universität in Berlin. Seine jüngste Buchveröffent-

lichung ist die im vergangenen Jahr im Rowohlt-Verlag erschienene

vieldiskutierte Darstellung zum Ersten Weltkrieg «Der grosse Krieg».

Oper von Richard Wagner

Musikalische Leitung Simone Young

Inszenierung Andreas Homoki

Bühne und Kostüme Wolfgang Gussmann

Lichtgestaltung Franck Evin

Dramaturgie Werner Hintze

Heinrich der Vogler Christof Fischesser

Lohengrin Klaus Florian Vogt

Elsa von Brabant Elza van den Heever

Friedrich von Telramund Martin Gantner

Ortrud Petra Lang

Der Heerrufer des Königs Michael Kraus

Vier brabantische Edle Iain Milne, Andri Robertsson

Andri Robertsson, Spencer Lang

Philharmonia Zürich

Chor und Zusatzchor

der Oper Zürich, SoprAlti

Statistenverein

Unterstützt von den Freunden der Oper Zürich

Premiere 21 Sept 2014

Weitere Vorstellungen 25, 30 Sept, 3, 9, 14, 18 Okt 2014

4, 8, 11 Juli 2015

LOHENGRIN

Page 20: MAG Nr. 21: Lohengrin

Lohengrin

18

Erst durch Elsas Liebe wird Lohengrin starkAndreas Homoki über die Ideen zu seiner Inszenierung

von Richard Wagners «Lohengrin»

Fotos Danielle Liniger

Lohengrin ist vermutlich das populärste von Wagners

Werken, gleichzeitig aber auch das rätselhafteste. Die

Geschichte der Elsa von Brabant, die von einem

Ritter aus grosser Not erlöst wird, mutet seltsam an.

Kann man das als Regisseur überhaupt ernst nehmen?

Ja, warum denn nicht? Märchen können doch wichtige

und bedeutende Inhalte transportieren. In diesem Fall hat

die märchenhafte Handlung ja einen genau beschriebenen

politischen Hintergrund: Lohengrin zeigt uns das Porträt

einer Gesellschaft im Umbruch. Wir befinden uns in

Brabant, wo erst vor kurzer Zeit eine alte Ordnung durch

eine neue abgelöst wurde. Dieser Umbruch ist mit

Problemen verbunden, einerseits weil die Bevölkerung in

ihrer Identität verunsichert ist, und andererseits weil

die Verlierer nicht bereit sind, die Veränderungen zu

akzeptieren.

Wie passt das Wunder des geträumten Ritters, der von

einem Schwan gezogen da herkommt, in diese Kon-

stellation, die eher an ein shakespearsches Königsdrama

erinnert?

Dieser Ritter hat mit den politischen Utopien zu tun,

die Wagner beschäftigten. Elsa, die Tochter des alten Her-

zogs droht zum Opfer der Machtkämpfe zu werden,

weil sie des Brudermordes beschuldigt wird. So wie wir die

Situation am Anfang des Stücks erleben, kann ihr auch

wirklich nur ein Wunder helfen, und Wagner lässt dieses

Wunder tatsächlich geschehen. Wir finden in seinen

Werken und Schrif ten immer wieder die Idee, dass es eine

Art «natür liche» Gerechtigkeit gibt, die sich schliesslich

durchsetzt. Konkret politisch hat er gehofft, dass die

Revolution von 1848, während der er in Dresden auf den

Barrikaden stand, diese Gerechtigkeit bringen wird. In

seinen drei romantischen Opern, die er vor der Revolution

komponiert hat, ist dieser Gedanke in die Form des Fan-

tas tischen gekleidet, etwa in die des geheimnisvollen

Ritters, der kommt, um die Unschuldige zu retten. Da-

hinter steckt seine Idee, dass die Revolution einen

ge sell schaftlichen Zustand hervorbringen wird, in dem

es keine Ungerechtigkeit und Unterdrückung mehr

gibt, und dass dieser Zustand sozusagen mit Naturnot-

wen digkeit eintreten muss. Diese Vorstellung mag heute

etwas naiv anmuten, aber die Utopie, die dahintersteht,

ist in ihrer Radikalität beachtenswert.

Allerdings scheitert das Rettungswerk katastrophal…

Ja, weil Wagner eben doch nicht so naiv ist, zu glauben,

die Probleme liessen sich so einfach aus der Welt schaffen.

Die Liebe, davon ist er überzeugt, kann diese Welt er-

lösen, vielleicht auch die Kunst. Diese beiden Ideen hän-

gen bei ihm eng zusammen. Wie Wagner es in den

Meister singern thematisiert, kann man nur Kunst hervor-

bringen, wenn man liebesfähig ist. Wer nicht liebesfähig

ist, also kein Künstler sein kann, wird der Welt auch nichts

Gutes bringen. Dargestellt hat Wagner das an Ortrud,

die, wie er sagt, die Liebe nicht kennt. Aber die Liebe ist

etwas sehr Gefährdetes, sie kann scheitern, weil die

Kräfte, die ihr entgegenstehen, stark sind.

In erster Linie scheitert die Sache aber daran, dass der

Held eine unerfüllbare Forderung stellt. Wie soll

eine Frau mit einem Mann leben, den sie nicht fragen

darf, wer er ist und woher er kommt? Wie kommt

er überhaupt dazu, so etwas zu verlangen?

Er muss es verlangen, weil er dem Gesetz des Grals unter-

worfen ist. Und das legt fest, dass der Ritter nur so

lange unter den Menschen bleiben darf, wie er unerkannt

ist. Der entscheidende Punkt ist, dass Lohengrin sich

Page 21: MAG Nr. 21: Lohengrin

Andreas Homoki auf der Probe

mit Elza van den Heever

Page 22: MAG Nr. 21: Lohengrin

diese Forderung nicht ausgedacht hat. Wenn er sie an Elsa

stellt, tut er das nicht etwa, wie es oft interpretiert wird,

weil er sich die Frau Untertan machen will. Die Region,

aus der Lohengrin kommt, steht für das ganz Andere,

für die ideale Welt, der man sich vielleicht durch die Revo-

lution nähern kann. Das bedeutet aber, dass der Bote

aus dieser idealen Welt nicht in den normalen Alltag inte-

griert werden kann. Er muss fremd bleiben, weil er

nur so sein Besonderes, sein utopisches Potenzial bewahren

kann. Und er muss aus dem Bereich der Menschen ver-

schwinden, sobald er erkannt ist. Damit formuliert Wagner

natürlich auch ein grundsätzliches Problem aller utopi-

schen Gesellschafts entwürfe: Sie sind mit den realen

Gege benheiten nicht kom patibel und damit im Grunde

nicht zu verwirklichen.

Wagner spitzt diese Konstellation extrem zu, indem er

die Liebe zwischen Elsa und Lohengrin mit dem

Frage verbot belastet.

Wagner war ein genialer Dramatiker mit einem todsicheren

Theaterinstinkt. Deshalb wusste er genau, dass das

Theater solche die Figuren zerreissenden Konflikt braucht.

In extremer Zuspitzung scheint hier ein grosses Ideal auf:

Was Lohengrin verlangt, und was Elsa ihm zu geben bereit

ist, ist unbedingtes Vertrauen ohne die geringste Spur

von Zweifel. Nun sagt uns schon der gesunde Menschen-

verstand, dass so etwas nicht gutgehen kann. Die Welt,

in der wir leben, ist nun einmal so, dass wir gut daran tun,

nicht allzu vertrauensselig zu sein. Weil wir immer die

Möglichkeit mit einberech nen müssen, dass der andere,

mit dem wir zu tun haben, Ziele verfolgt, die er uns

verschweigt. Deshalb muss auch Elsa wissen, wer dieser

Mann ist. Aber wie die Welt ist, muss sie ja nicht bleiben!

Das ist es, worauf Wagner hinaus will. Die Welt könnte

auch anders sein. Zumindest denkbar ist eine Gesellschaft,

die nicht auf Macht, Gewalt, Betrug basiert. Solch eine

Vision kann man belächeln, und auch Wagner hat sicherlich

nicht geglaubt, dass sie sich einfach verwirklichen lässt.

Aber er hat den Gedanken für wichtig gehalten, und er hat

mit Elsa eine Figur geschaffen, die fest an diese Möglich-

keit glaubt. So bilden Elsa und Lohengrin ein utopisches

Paar: Er verkörpert die höhere Gerechtigkeit, die nicht zu-

lässt, dass Unrecht geschieht und sie das Ideal einer durch

Liebe und unbedingtes Vertrauen geprägten Gesellschaft.

Petra Lang (Ortrud) und Elza van den Heever (Elsa)

proben «Lohengrin»

Page 23: MAG Nr. 21: Lohengrin

Lohengrin

21

Aber kann man Elsas Haltung denn ernsthaft als

utopisch bezeichnen? Da kommt einer daher, erklärt

sich bereit, sie zu heiraten, wenn sie nicht fragt,

wer er ist, und sie sinkt vor ihm in die Knie und nimmt

das freudig auf sich. Steht dahinter nicht ein durch

und durch reaktionäres Frauenbild?

Dass Wagners Frauenbild reaktionär sei, hört und liest man

oft. Angeblich unterwerfen sich seine Frauenfiguren

immer bedingungslos dem Willen des Mannes. Ich weiss

nicht, woher diese Auffassung stammt, denn die Stücke

sprechen für mich eine ganz andere Sprache. Wenn

man sich Wagners Frauenfiguren vorurteilslos anschaut,

stellt man fest, dass es immer starke Persönlichkeiten

sind, die sehr selbstbewusst ihren Weg gehen. Fast immer

sind sie auch seelisch stärker als ihre männlichen Partner.

Elsa macht da keine Ausnahme. Sie weiss genau, was

da von ihr verlangt wird, und sie nimmt diese Forderung

ganz bewusst auf sich, weil sie das für richtig hält. Sie weiss

auch, dass alle anderen sie für sehr unvernünftig halten

werden. Aber sie glaubt daran, dass es etwas Höheres als

den gesunden Menschenverstand gibt. Sie will zeigen, dass

man so leben kann: «Es gibt ein Glück, das ohne Reu’.»

Das mag Elsa so sehen, aber es bleibt doch dabei, dass

Lohengrin ihre Unterwerfung fordert und diese zur

Bedingung für ihre Ehe macht.

Wagner hat es allem Anschein nach anders verstanden,

denn der zarte, fast zaghafte, ängstliche Ton, mit dem sich

Lohengrin in diesem ersten Dialog äussert, klingt ganz

und gar nicht nach einem herrischen Befehl zur Unterwer-

fung. Seine Musik in dieser Szene erzählt vor allem da-

von, in welcher Not er ist: Er möchte aus seiner göttlichen

Region ausbrechen und Mensch werden, weiss aber,

dass seine Menschwerdung an eine letztlich unerfüllbare

Bedingung geknüpft ist.

Also ist Lohengrin ein Bedürftiger, der von den Men-

schen etwas erbitten will?

Dieser geheimnisvolle Ritter interessiert uns viel mehr,

wenn wir von Anfang an sehen, dass er ein Mensch

wie wir ist mit denselben Ängsten und Hoffnungen. Sicher

kommt Lohengrin als gottgesandter Held, und seine

Ankunft wird entsprechend gefeiert. Aber eine wichtige

Bedingung muss erfüllt sein, damit er den Kampf tat-

sächlich aufnehmen kann: Er bedarf der Liebe. Erst nach -

dem Elsa ihn ihrer Liebe versichert hat, gewinnt er die

nötige Kraft. Das steht im Zentrum dieser ersten Begeg-

nung zwischen den beiden, und das muss man unüber-

sehbar deutlich machen: Dieser Lohengrin ist ein zerbrech-

liches, schwaches Wesen, das erst durch die Liebe Elsas

stark wird. Im Vorspiel hören wir die Musik des Grals.

Sie ist von grosser Schönheit und sehr zart, aber mutet

zerbrechlich, gläsern an und es liegt eine gewisse Kälte und

Leblosigkeit darin. Man hört: Das Glück ist dort nicht,

das suchen die Ritter bei den Menschen.

Ihre Inszenierung erzählt die Lohengrin-Geschichte in

der kleinen Welt eines Bergdorfs im 19. oder frühen

20. Jahrhundert. Warum?

Ich glaube grundsätzlich, dass man im Theater die

Ge schich ten so erzählen muss, dass sie dem Zuschauer

nahekom men und sich mit seiner Lebenserfahrung

hier und heute verbinden. Das frühe Mittelalter mit seinen

kom pli zierten Ritualen und Hierarchien sagt uns sehr

wenig. Wir haben uns daher entschieden, die Konflik te so -

zusagen zu ver kleinern und die grossen po li tischen

Frage stellungen in eine Dorfgemeinschaft zu verlegen, wo

es viel direkter und emotionaler zugeht. Der Vorteil

eines solchen theatralischen Verfremdungsverfahrens ist,

scheinbar bekannte Dinge in einen uner warteten Kontext

zu setzen, so dass sie fremd wirken, dadurch neu erkannt

und besser durchschaut werden können. Ich finde, dass

die politischen Fragestellungen, die Wagner im Lohengrin

aufwirft, für uns heute wieder ganz unmittelbar aktuell

sind. Mir ist aber an der Idee, das Stück in einem Berg dorf

spielen zu lassen, noch ein anderer Punkt wichtig: Ich

glaube an das fantastische Element in Lohengrin, und

darum muss man glaubhaft machen, dass das Wunder tat-

sächlich stattfinden kann. Bei einem von der städtischen

Welt weit abgelegenen Dorf ist es gut vorstellbar, dass

dort Leute noch an Wunder glauben und diese auch

persönlich bezeugen. Es gibt – oder gab jedenfalls bis vor

nicht allzu langer Zeit – noch diesen naiven Glauben,

wie er sich in Elsa ausdrückt: ein Vertrauen in den lieben

Gott, der die Menschen nicht verlässt. Bei unserer Vor-

bereitung der Produktion stiessen wir auf Votivbilder, aus

denen dieser einfache Gottesglaube spricht. Manche

mögen diese naive Malerei belächeln, aber mich rührt

ihre Heilsgewissheit an. Darum haben wir ein solches Ele-

ment aufgenommen und Elsa zugeordnet. Wenn der

Vorhang aufgeht, mag kurz der Verdacht aufkommen, als

würden wir eine Ironisierung der Geschichte und der

Figuren beabsichtigen. Nichts liegt mir ferner: Ich liebe

all diese Figuren und ich fühle mit ihnen, und ich will,

dass es dem Zuschauer ebenso geht.

Das Gespräch führte Werner Hintze

Page 24: MAG Nr. 21: Lohengrin

Klaus Florian Vogt als Lohengrin

in Andreas Homokis Wiener Inszenierung Foto

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Page 25: MAG Nr. 21: Lohengrin

Lohengrin

23

Der Gralsritter

Klaus Florian Vogt ist der weltweit gefragteste

Lohengrin unserer Tage. Gerade wurde der Tenor noch bei

den Bayreuther Festspielen bejubelt. Jetzt debütiert er

am Opernhaus Zürich in seiner Paraderolle.

Text Volker Hagedorn

Ach ja, die Taube. Über die Stelle mit der

Taube, mit der kleinen Terz hinauf zum e, neben dem ein

piano steht, räsonieren die Fachleute wie über ein besonders

hohes Hindernis im Parcours: Von mezzavoce und Kopfstim-

menresonanz ist die Rede und von den fünf besten Inter-

preten. Wenn man liest, was über gewisse Opernstellen und

ihre Sänger geschrieben wird, könnte man denken, es gehe

um Springreiten und nicht um Theater. Um so schöner,

wenn so eine Stelle auf der Bühne auf ganz schlichte Weise

lebendig wird und die Taube auf sich warten lässt: «Alljähr-

lich naht vom Himmel eine…» Lohengrin hält inne. Viel-

leicht will er doch nichts verraten? Dann erscheint sie, un-

endlich zart. Als erzähle dieser traurige, sehnsuchtsvolle,

gerade furchtbar enttäuschte, junge Mann wirklich zum

ersten Mal von dem, was ihm heilig ist, so enthüllt er seinen

Zuhörern an diesem Abend den Gral. Ganz egal, wie skep-

tisch man gegenüber Wagner und seinem Lohengrin in die

Oper gekommen ist, diese Stimme hat etwas, das einen

glauben lässt – an den Sinn der Schönheit, die Schönheit

des Sinns. Auch das Zögern scheint dieser Schönheit zu

entspringen, als ergäben sich die Worte nur aus dem Eigen-

leben der Stimme und ihrem Klang. So erlebte man das

diesen Sommer in Bayreuth, mit dem Lohengrin unserer

Tage, dem Tenor Klaus Florian Vogt.

Vom Beifallsorkan wird er am Ende schier gegen den Vorhang

gedrückt und ist immer noch der Gralsbote, weil so viel

nachklingt und er mit hoher Gestalt und blonder Locken-

mähne in Hans Neuenfels’ Inszenierung aussehen darf wie

der Heldentenor schlechthin und nicht ganz von dieser Welt.

Am nächsten Tag steigt der Gralsbote in Jeans aus seinem

Geländewagen, bestellt sich einen Capuccino und erweist

sich als extrem geerdeter Holsteiner, der sich fast wundert,

das «eine Menschenmasse wegen mir so eine Reaktion zeigt.

Das beeindruckt mich.» Und was ist mit dem Druck, dem

er vorher ausgesetzt ist? «Was für ein Druck?»

Über Druck denke er eigentlich nicht nach. «Ich ver-

suche ja, auf der Bühne in diese Rolle zu kommen. Das ist

eine ganz grosse Freiheit, das zu machen, was man so gerne

mag, mit seiner eigenen Stimme und seinem eigenen Dasein.

Da freue ich mich drauf.» Er spricht nicht schnell, ohne dass

es einem langsam vorkäme. Bedächtig, könnte man sagen,

eben so wie die Leute an der Nordsee, nördlich von Ham-

burg, wo er vor 44 Jahren zur Welt kam und mit seiner

Familie bis heute lebt. Er hat auch nicht die etwas ange-

presste, bemuskelte Sprechstimme, an der man viele Tenöre

sogar ausserhalb ihrer Arbeit erkennt. Normal irgendwie.

Es ist aber überhaupt nicht normal, wie dieser Typ, den

man sich trotz seiner Heldenphysis auch auf einem Traktor

Page 26: MAG Nr. 21: Lohengrin

denken könnte, in nicht mal zehn Jahren an die Weltspitze

seines Fachs geschossen ist, einer, der mit 27 Jahren noch

das Horn blies im Philharmonischen Staatsorchester Ham-

burg. Gerade noch, denn da nahm er heimlich längst Ge-

sangs unterricht. Bei einer privaten Feier war er mit seiner

Frau, einer Sängerin, aufgetreten, als Laientenor, «da wurde

das durch Zufall erkannt, und dann habe ich das richtig

studiert. Professor Günter Binge in Lübeck hat viel hervor-

geholt, der hat relativ früh gesagt, das wird sicherlich mal in

dieses etwas dramatischere Fach gehen.» Sollte er das Horn

weglegen? Vogt hatte schon drei kleine Söhne und viel zu

verlieren ohne die Orchesterstelle. «Sitzt man im Orchester-

graben, weiss man ganz genau, was da geredet wird und wie.

Das ist manchmal nicht angenehm.» Er sei nervös gewesen.

Zum ersten Mal «mit allem Drum und Dran, mit szenischer

Arbeit», stand er als Tassilo in Gräfin Mariza auf den Bret-

tern, bei einem kleinen Festival in Lübeck, das gab den

Ausschlag. 1997 sang er in Flensburg vor und bekam gleich

einem Ver trag. Franz Lindauer inszenierte mit Vogt in der

Titelrolle den Zarewitsch. «Dem Franz bin ich bis heute

dankbar. Er war vorsichtig, nachsichtig, geduldig.»

Ein Jahr später konnte man Vogt schon im Dresdner

Ensemble hören, wo ihn Giuseppe Sinopoli als Tamino in

der Zauberflöte besetzte, 2003 machte er sich selbstständig

und trat bald erstmals als Lohengrin auf, in Erfurt. Das war

wohl, was man so «Durchbruch» nennt. «Wirklich steuern

kann man das nur bedingt. Es gehört auch Glück dazu und

vor allem viel Arbeit. Es hat fast zehn Jahre gedauert, bis

ich gedacht habt, so, jetzt kann man das auch mal ein biss-

chen ruhiger sehen.» Dabei wurde es dann erst wirklich

un ruhig im Kalender. Mailand, Wien, New York, Salzburg,

Bayreuth wollten seinen Parsifal, Stoltzing, Florestan, Hoff-

mann. Und immer wieder Lohengrin. Mit Regisseuren von

Nikolaus Lehnhoff bis Hans Neuenfels, dem nun in Zürich

Andreas Homoki folgt.

«Was man in der Partie erfahren hat, bleibt ja in einem.

Je mehr verschiedene Inszenierungen man mitgemacht hat,

desto grösser wird der Schatz an Ideen und Ausdrucksmög-

lichkeiten», meint Vogt. «Ich bin sehr dankbar, dass ich vie-

les in der Kiste habe, das ich da rausholen kann.» Nur eines

will er da nicht drin haben – eine fertig angelegte Par tie.

«So ein Förmchen, mit dem man überall hingeht und sagt:

Hell und leicht ist Vogts Stimme.

Sie scheint einfach da zu sein

wie die Sonne in der Dämmerung

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Page 27: MAG Nr. 21: Lohengrin

Lohengrin

25

Das ist mein Lohengrin und den mache ich so. Das wäre ja

furchtbar langweilig. Ich werde vielleicht auch so viel ange-

fragt, weil die Leute wissen, dass ich nicht stur bin.»

Natürlich hat er sich auch schon mal erschreckt vor Regie-

konzepten: «Hä, wieso denn so? Das habe ich überhaupt

noch nicht so gedacht…» Aber dann findet er es wich tig,

«zu gucken, wie sich das anfühlt.» Und wenn eine Produk-

tion steht, ist immer noch alles offen, eben auch die Sache

mit der Taube. Das Zögern war nicht geplant, das kam spon-

tan. «Das hängt stark von den Kollegen ab, von der Spannung,

die man im Saal spürt, vom Dirigenten, wie der folgt oder

wie der drauf ist.»

Diese Freiheit und seine Stimme haben wohl viel miteinan-

der zu tun. Schlank ist sie, hell, leicht, lyrisch sind die gängi-

gen Adjektive für sein Timbre, aber das Unverwechselbare

treffen sie sowenig wie die «Unschuld», die bei Vogt viele

heraushören wollen im Gegensatz zum Sexappeal, den man

seinem dunkler gefärbten Tenor-Kollegen Jonas Kaufmann

zuschreibt. Vogts Stimme wird nicht «eingesetzt», sie scheint

schon da zu sein wie eine Sonne, die wir dann strahlend oder

in den Farben einer Dämmerung hören. Sie ist zugleich wie

eine poetische Essenz, die in allen Worten und Linien lebt,

und mit denen verbindet Vogt sie sehr bewusst. Man versteht

jede Silbe. Ohne Übertitel.

Wagner zu singen sei leicht und stimmschonend, hat

er mal gesagt. «Genau. Wenn man nur voll Stoff geben muss,

wird man den Text hinten runter schmeissen müssen.» Und

weil er das eben nicht tut, sind manche Kritiker misstrauisch:

Für einen Tristan und Tannhäuser fehle es doch an Tiefe!

«Da haben die Hörgewohnheiten ihren Beitrag geleistet»,

meint er. «Einen Tannhäuser, der am Ende nicht am Ende

ist, findet man nicht richtig. Man will hören, dass es an die

Substanz geht. Das ist ja Quatsch. Das schreibt Wagner nicht.

Da steht ganz viel piano. Natürlich ist das auch anstrengend,

aber ich finde es schöner, wenn…», er kichert, «…der Zu-

hörer nicht so leiden muss.»

Den Tristan hat er noch nicht gesungen, nicht komplett

auf der Bühne, obwohl er schon angefragt wurde. Was löst

den Respekt vor dieser Partie aus? «Das weiss ich nicht! Da

bin ich sehr gespannt drauf!» Diesmal wird aus dem Kichern

ein schallendes Lachen. Er sei jedenfalls froh, die richtigen

Berater zu haben, die ihm sagten: «Mach’s lieber noch nicht!»

Dazu gehört auch Irmgard Boas, die 86-jährige Lehrerin in

Dresden, einst eine Hochdramatische. Viele Sänger lassen

sich ein Berufsleben lang coachen, Instrumentalisten nicht.

«Bei denen ist das verpönt. Dabei kann es nicht schaden.

Man kommt doch öfters an den Punkt, an dem man denkt:

Was ist jetzt los, wieso geht das nicht wie früher?» Es gebe

doch immer Möglichkeiten, «auf die man alleine vielleicht

gar nicht kommen würde. Hochinteressant. Auch dass man

sich ständig weiterentwickeln kann.»

Entwicklung ist ein wichtiger Begriff bei ihm. Er passt

zu seinem Leben ebenso wie zu seinem Lohengrin, der nicht

nur mit jeder neuen Produktion tiefgründiger wird, sondern,

findet Vogt, auch im Verlauf des Stücks. «Er hat im Hinter-

kopf, dass es passieren kann», dass also Elsa ihm nicht vertraut

und darum die Frage nach der Herkunft stellt, «und er

versucht auf verschiedene Weisen, sie davon abzuhalten. Ich

glaub’, der Lohengrin möchte nicht zurück, der möchte bei

ihr bleiben. Darum ist die Enttäuschung am Schluss so wahn-

sinnig gross.» Das hört man, wenn er am Ende ganz leise

dem Schwan, der ihn wieder abholt, seine ganze Zärtlichkeit

zuwendet. Aber man erlebt auch noch das ganz Andere,

Unerklärliche, das sich eben nicht auf menschliche Bezie-

hungen und Machtgefüge zurückführen lässt, das im Klang

und der Stimme geborgen ist, eine ferne schöne Gewissheit,

die nicht zerbrechen kann, weil nur das Harte zerbrechen

kann.

Warum sollte einer mit dieser Gabe in seiner Freizeit

auch noch Gedichte schreiben? Er fährt lieber Harley, fliegt

selbst (den Pilotenschein machte er schon als Hornist), er-

holt sich beim Tennis und sieht zwischen Oper und Fussball

eine Verbindung: «So eine gewisse Unberechenbarkeit.»

Am Ende stehen noch drei Fragen auf dem Zettel.

Erstens, empfindet er Solidarität mit den Hörnern, wenn

die unter ihm ertönen? «Absolut. Vor allem, wenn mal was

daneben geht. Oder wenn ich höre, dass der Bläsersatz

richtig Gas gibt.» Zweitens, wird er das Wohnmobil, das in

jeder Geschichte über Vogt vorkommt, auch in Zürich

einsetzen? «Ja. Sommerzeit und Zürichsee, das stelle ich mir

gut vor.» Drittens, woher kommt eigentlich das Klischee

vom «eitlen Tenor»? Er grinst breit unter seinen Goldhaaren:

«Naja, das wird ja immer wieder fleissig bedient!» Dann

kichert er vor sich hin.

Der ehemalige Hornist fährt eine

Harley Davidson, hat den Pilotenschein

und liebt Fussball

Page 28: MAG Nr. 21: Lohengrin

La fanciulla del West

22

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ABER KEINE EIER.

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Unsere Generation der Zwanzigjährigen hat zwar Talent, nur leider keine Eier. Ideen werden gedacht, doch nur sel-ten verwirklicht. Quottom das Kulturmagazin setzt sich gegen diese Haltung und gibt jungen Autoren und Künst-lern den Raum sich auszudrücken—frisch, ehrlich und echt.

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Willkommen zum Eröffnungsfest 2014!

ffeno

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Eröffnungsfest

28

«Die Gänsemagd»

Die Gänsemagd ist eines der tief grün-

dig sten Märchen der Brüder Grimm:

Eine Königstochter verliert drei Blut-

stropfen und damit den Schutz ihrer

Mutter. Daraufhin nimmt ihr das

durchtriebene Kammermädchen Pferd

und Prinz weg, und die Königstochter

muss Gänse hüten. Das Pferd, das

sprechen kann, lässt das Kammermäd-

chen aus Angst vor Verrat töten. Die

Königstochter aber folgt dem Rat

des Königs und vertraut ihr Schicksal

einem alten Ofen an... Vertont hat

die spannende Geschichte die Kompo-

nistin Iris ter Schiphorst, deren wit-

zig-kecke Musik die kleinen Zuschauer

anlässlich der Uraufführung 2010 in

Wien zu Begeisterungsstürmen hinriss.

Das gut eine Stunde dauernde Stück

ist ideal geeignet, um Kindern einen

ersten Kontakt mit dem Musiktheater

zu vermitteln. Die Inszenierung von

Nina Russi (Musikalische Leitung:

Thomas Barthel, Ausstattung: Marian-

na Mayer) feiert am Eröffnungsfest

Premiere! Für Kinder ab 6 Jahren.

Bühnenorchesterprobe«Il barbiere di Siviglia»

Erleben Sie eine Bühnenorchester-

probe von Gioachino Rossinis be-

rühm ter Oper Il barbiere di Siviglia.

In der Inszenierung von Cesare Lievi

singen Anna Goryachova (Rosina),

Edgardo Rocha (Il Conte di Alma-

vi va), Renato Girolami (Bartolo),

Levente Molnár (Figaro), Wenwei

Zhang (Basilio) und andere. Enrique

Mazzolà leitet zum ersten Mal

die Philharmonia Zürich.

Ballett

Das Ballett Zürich gewährt auf der

grossen Bühne Einblicke in seinen

Probenalltag. Das von Ballettdirektor

Christian Spuck moderierte Training

des Balletts Zürich umfasst die mor-

gendlichen Exercices von der ein-

fachen Körperaufwärmung bis hin zu

schwierigen Sprungkombinationen.

In der Probe zu Anna Karenina er-

halten Sie zudem einen exklusiven

Einblick in die neue Choreografie des

Zürcher Ballettdirektors.

Begehbare Bühne

Einmal auf den Brettern stehen, die

die Welt bedeuten, das ist am Er öff-

nungstag möglich! Unsere Bühnen-

technik bereitet unter der Leitung des

Technischen Direktors Sebastian Bo-

gatu eine Technikshow und weitere

Bühnenüberraschungen vor.

«Wunschkonzert» mitdem Chor

Was wäre Verdis Nabucco ohne Gefan-

genenchor? Fast jeden Abend stehen

die pro fessionellen Mitglieder unseres

Hauschores auf der Opernbühne und

bilden so einen der Grundpfeiler des

Opernhauses. In zwei öffentlichen

Chorproben auf der Bühne zeigt sich

unser Chor diesmal mit einem ganz

speziellen Programm: Aus mehreren

Opernausschnitten darf das Publikum

eine Chorszene auswählen, die Regis-

seur und Intendant Andreas Homoki

dann ad hoc auf der Bühne inszeniert!

Kammermusik und Jukebox

Auch Kammermusikliebhaber kommen

wieder auf ihre Kosten. Zu hören

ist die Bläserformation La Scintilla dei

Fiati, die auf histo rischen Instrumen-

ten spielt. Die Harfenistin Julie Palloc

bringt gemeinsam mit Clément

Noël, Robert Pickup, Pamela Stahel,

Elisa beth Göring und Lionel Pointen

romantische Musik zum Thema Meer-

jungfrau zu Gehör. Der Tenor Ben-

jamin Bernheim ist in The curlew

von Peter Warlock mit kammer musi-

ka lischer Begleitung zu hören. Im

Programm «Blues und andere Weh-

muts tropfen» gehen Edward Deskur

(Naturhorn & Ventilhorn) und

Christophe Barwinek (Klavier) auf

Entdeckungsreise durch die melancho-

lischen und heiteren Gassen der 20er

bis 50er Jahre auf der Suche nach

einer Kur für die Trübsal. Ausserdem:

Ein Cello-Duo, ein Harfen-Trio

und ein Virtuoses für Cello und Kon-

trabass! Unsere Ensemblemitglieder

Rebeca Olvera (Sopran), Julia Riley

(Mezzo sopran), Dmitri Ivanchey

(Tenor) sowie Ruben Drole (Bari ton)

präsentieren gemeinsam mit dem

Pianisten Michael Richter ein vielfäl-

tiges Liedprogramm im Bernhard-

theater. Mit Werken von Donizetti,

Berg, Rachmaninow, Tschaikowsky,

Brahms u.a. Als besondere Attraktion

präsentiert sich unsere Orchester-

akademie als lebendige Jukebox: Für

einmal darf das Publikum entscheiden,

welche Opern-Highlights erklingen

sollen …

Page 31: MAG Nr. 21: Lohengrin

Eröffnungsfest

29

«Robin Hood»

Am 15. November findet die Premiere

unserer Kinderoper Robin Hood

statt. Schon heute können die Kinder

von 5-10 Legenden des tapferen

Engländers kennenlernen: Felix Bierich

erzählt von Robin Hoods Abenteuern,

dazu spielt ein Ensemble aus Flöte,

Laute, Waldhorn und Schlagwerk

Mu sik aus dem 12. Jahrhundert. Aus-

ser dem gibt es Workshops zum Thema

Robin Hood mit unserem Musik the-

ater pädagogen Roger Lämmli: Kinder

zwischen 7 und 12 Jahren können das

Leben im Mittelalter kennen lernen,

sich im Bogenschiessen und bei ritter-

lichen Turnieren messen, musizieren,

tanzen und spielen…

«Hence!»

Die Regisseurin Claudia Blersch lädt

zu einem ungewöhnlichen Rundgang

durch unbekannte Gänge des Opern-

hauses – musikalische Überraschungen

garantiert. Mit: Liliana Nikiteanu,

Anna Soranno, Julie Bartholomew,

Cheyne Davidson, Dimitri Phkaladze

Lotti Horsman, Sylwia Feherpataky.

Werkstätten

Bis ein Bühnenbild hergestellt, ein

Kostüm fertig geschneidert ist und

die Perücke perfekt sitzt, braucht es

viel Arbeit und viel Kreativität. Wer-

fen Sie am Eröffnungstag einen Blick

in unsere Werkstätten an der Seero-

senstrasse 4 und kommen Sie mit den

Mitarbeitern ins Gespräch. In der

Montagehalle können die Erwachse-

nen den Maskenbildnern beim

Schminken zuschauen und Kinder

werden selbst aktiv: sei es beim

Schwerter- und Schilde-Basteln oder

beim Malen. Auch Masken können an

diesem Tag selbst gebastelt werden.

«Rumpelstilzchen»

«Ach, wie gut, dass niemand weiss,

dass ich Rumpelstilzchen heiss!»:

Wer kennt es nicht, das Märchen von

dem seltsamen kleinen Wesen, das

der armen Müllerstochter hilft, Stroh

zu Gold zu spinnen und als Lohn

dafür deren Kind fordert! In unserem

Kinderkonzert wird das bekannte

Märchen mit Musik von Schubert,

Wagner, Beethoven, Donizetti u.a. zu

neuem Leben erweckt. Konzept:

Stefanie Sembritzki, Regie: Christo-

pher Hux. Mit Mascha Soukenik,

Carl Hieger, Kai Bischoff und Mit-

gliedern der Philharmonia Zürich.

Für Kinder ab 4 Jahren.

«Die kleine

Meerjungfrau»

Immer wieder hat sie die unterschied-

lichsten Komponisten inspiriert: Die

Geschichte von der kleinen Meerjung-

frau, die so gerne statt ihres Fisch-

schwanzes Beine hätte, um die Men-

schenwelt kennenzulernen! Isabelle

Menke erzählt das bekannte Märchen

von Hans Christian Andersen, dazu er-

klingt Musik von Edvard Grieg für

Harfe, Flöte, Oboe Klarinette, Fagott

und Horn. Mit Julie Palloc, Clément

Noël, Robert Pickup, Pamela Stahel,

Elisabeth Göring und Lionel Pointen.

Für Kinder ab 5 Jahren.

Ballettworkshop«Giselle in love»

6- bis 12-Jährige und ihre Eltern

begegnen dem Bauernmädchen Gi-

selle, das sich unglücklich in Prinz Al-

brecht verliebt hat, und werden von

«Marius Petipa» ins romantische Bal-

lett eingeführt. Im Schnelldurchgang

lernen sie von der ehemaligen Ballett-

tänzerin Christina Meyer das kleine

ABC des Balletts.

… und ausserdem

In Zusammenarbeit mit der langen

Nacht der Magie zeigen wir das

Familienstück «Zauberin sucht Haus-

mädchen» mit Andy Mayno! Ausser-

dem: Kostümausstellung, Foto-

shooting in Theaterkostümen, Magic

Börny, Gastronomie, Informations-

stände zu den Freundeskreisen,

Kinder- und Jugendarbeit, Zusatz-

chor, Kinderchor, SoprAlti und

Statistenverein und vieles mehr.

ERÖFFNUNGSFESTSAMSTAG, 2O. SEPTEMBER

AB 1O UHR Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei.

Für die einzelnen Veranstaltungen werden

jeweils 1 Stunde vor Veranstaltungsbeginn vor

dem Opernhaus kostenfreie Tickets abge-

geben.

Das detaillierte Programm zum Fest

erfahren Sie in Kürze auf unserer Website

www.opernhaus.ch.

ab

Wir danken unseren Partnern

Page 32: MAG Nr. 21: Lohengrin

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La fanciulla del West

Kann Oper spannend wie ein Actionthriller sein und zu-

gleich ergreifend wie ein grosser Liebesfilm aus Holly-

wood? Der Regisseur Barrie Kosky hat in seiner packenden

Inszenierung von Giacomo Puccinis Oper La fanciulla

del West versucht, diesen Anspruch einzulösen. Und die

Presse war von unserer Festspielpremiere der vergangenen

Spielzeit mehr als angetan: Kosky erzähle die Oper «mit

einem so unheimlichen Sog, dass man bisweilen kaum

stillsitzen kann», schrieb die Aargauer Zeitung. Wir brin-

gen die Geschichte um Minnie, die am trostlosen Ende der

Welt eine Goldgräber-Bar betreibt und ihren Glauben

an die Liebe in einer vereinsamten, verrohten Männerge-

sellschaft behauptet, in der Premierenbesetzung mit

der charismatischen Catherine Naglestad als Minnie, Zoran

Todorovich als Dick Johnson und Scott Hendricks als

Sheriff Rance. Am Pult der Philharmonia Zürich steht mit

Marco Armiliato ein Puccini-Experte, der an den gros sen

Opernhäusern von Wien bis New York ein und aus geht.

Wiederaufnahme 24. September 2014

Weitere Vorstellungen 27 Sept, 5, 10 Okt 2014

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Die geniale Stelle

33

Im zweiten Aufzug von Wagners Lohengrin findet sich eine

Passage, die trotz des eigentlich unspektakulären szenischen

Vorgangs zu den ungewöhnlichsten und grossartigsten der

Opernliteratur gehört. Es ist Elsas Gang zur Trauung mit

dem namenlosen Ritter, der sie aus höchster Not gerettet

hat. Sie hat die eigentlich unerfüllbare Forderung auf sich

ge nommen, ihren Geliebten nie nach seinem Namen zu

fragen, weil sie glaubt, dass ein Leben in uneingeschränktem

Vertrauen möglich ist.

Wagner erfüllt in dieser Szene die Konvention der

Grossen Oper, die ohne pompöse Aufzüge und Märsche nicht

denkbar ist, aber er tut dies auf eine ganz und gar originelle

Weise: Er komponiert keinen bombastischen Marsch, son-

dern eine langsame Traummusik mit kaum wahrnehmbarer

Bewegung, die sich zu einem gewaltigen, schier endlosen

Crescendo-Bogen wölbt. Den Anfang macht ein zarter

Choralsatz der Holzbläser, aus dem sich nach kurzer Zeit

das Thema von Elsas Liebesglück erhebt und in unwidersteh-

licher Anmut in die Höhe schwingt. Irgendwann überneh-

men die Violinen das Thema, und dann hat auch schon der

Männerchor eingesetzt. Kaum hörbar, im zartesten Pianis-

simo singen nun dieselben Männer, die sich bisher vor allem

mit auftrumpfenden, kriegerischen Gesängen hervorgetan

haben. Sie sind verwandelt, die Welt ist verwan delt durch

Elsa, die das Ersehnte und doch für unmöglich Gehaltene

wagt: Glaube an die Güte des Lebens, an die Kraft der Liebe.

In dieser Hochzeit scheint sich eine tiefe Sehnsucht der

Menschheit zu erfüllen, die sich in den Mythen aller Völker

aller Zeiten zeigt: Die Liebe eines irdischen und eines gött-

lichen Wesens, die Verwirklichung des Himmels auf dieser

Erde, die kein «Jammertal» mehr ist.

Wagner schrieb für diese zentrale Passage seines Werkes

eine Musik, die im wahrsten Sinne des Wortes «himmlisch»

ist: Er nimmt die Instrumentationstechnik auf, die sonst der

musikalischen Sphäre des Grals vorbehalten ist: Die Instru-

mente werden so eingesetzt, dass der Klang fortwährend in

den leuchtendsten Farben changiert, wobei der Einsatz eines

neuen Instruments jeweils durch die anderen verdeckt und

vom Hörer erst nachträglich bemerkt wird, so dass der Farb-

wechsel unmerklich, wie ein Wunder, eintritt. Diese Technik

hat Wagner im Vorspiel zum ersten Akt mit grösster Virtuo-

sität auf das Orchester angewandt, hier werden nun auch

noch die Stimmen der ergriffenen Menschen einbezogen:

Die Himmelsmusik wird zur irdischen, die irdische zur

himmlischen. Es ist ein äusserlich statisches aber innerlich

höchst bewegtes Gebilde, das Wagner hier komponiert, ein

Augenblick, der sich zur Ewigkeit dehnt, zur Ewigkeit des

vollkommenen, ungetrübten Glücks. Mehr und mehr erwei-

tert sich der Klang in die Höhe und in die Tiefe, bis das

ganze Universum zu tönen scheint im Klang der Liebe und

der Hoffnung. Doch es ist nur ein Moment: Ortrud zerstört

die Harmonie und legt die Saat des Misstrauens, die zur

Katastrophe führen wird. Elsa wird ihr Gelübde brechen

und Lohengrin nach seinem Namen fragen, und er wird sie

verlassen müssen.

Doch auch wenn Wagner Lohengrin und Elsa scheitern

lässt, entlarvt er diese grosse Hoffnung nicht als Illusion,

wärmt er nicht noch einmal den Gemeinplatz auf, dass alle

Utopien zum Scheitern verurteilt sind. Das grosse Gewicht,

das diesem ewigen Augenblick durch die Komposition ver-

liehen wird, bewirkt, dass er nicht in Vergessenheit geraten

kann. Sein Licht leuchtet noch in der Finsternis des Endes

und bleibt als Verheissung eines besseren Zustandes, der

einmal gewesen ist und wieder sein muss. In diesem Leuch-

ten sind Wagners revolutionäre Hoffnungen aufgehoben,

sein Glaube an die Möglichkeit einer Befreiung (er hat es

Erlösung genannt) der Menschheit, um dessentwillen er in

Dresden auf die Barrikaden gegangen ist. Und jene, die

dieses Erlebnis geteilt haben, die Menschen der Handlung

ebenso wie die Zuschauer im Saal, können mit Hölderlins

Hyperion sagen: «Ich hab’ es Einmal gesehn, das Einzige,

das meine Seele suchte, und die Vollendung, die wir über

die Sterne hinauf entfernen, die wir hinausschieben bis an’s

Ende der Zeit, die hab’ ich gegenwärtig gefühlt. Es war da,

das Höchste, in diesem Kreise der Menschennatur und der

Dinge, war es da! Es war in der Welt, es kann wiederkehren

in ihr; ich hab’ es gesehn, ich hab’ es kennen gelernt.»

Werner Hintze

Es war da, das HöchsteWie Richard Wagner in «Lohengrin» den Himmel

auf Erden komponiert

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Page 37: MAG Nr. 21: Lohengrin

Es lebte einmal eine alte Königin, die hatte eine

sehr schöne Tochter, und als die Tochter heranwuchs, wurde

sie einem Prinzen in einem fernen Reich versprochen. Als

der Tag kam, an dem sich die Prinzessin auf den Weg machen

sollte, um den Prinzen zu heiraten, packte die Mutter schwe-

ren Herzens einen grossen Koffer, in dem alles für die grosse

Reise Platz hatte. Dann schnitt sie sich in den Finger und

liess drei Tropfen Blut in ein weisses Tüchlein hineinfallen.

Das Tüchlein gab sie ihrer Tochter und sagte zu ihr: «Diese

Tropfen kommen aus meinem Herzen und haben magische

Kräfte. Sie werden dich schützen.» Die Königstochter steckte

das Tüchlein in den Ausschnitt ihres Kleides und verabschie-

dete sich von ihrer Mutter. Sie freute sich auf das grosse

Abenteuer.

Mit ihrer Kammerjungfrau und ihrem Lieblingspferd

Falada, das sprechen konnte, zog die Königstochter in die

weite Welt. Nach einer gewissen Zeit wollte die Prinzessin

eine Pause einlegen und verlangte nach ihrem Fächer, denn

es war ein drückend heisser Tag. Sie hatte gros sen Durst und

wandte sich an ihre Kammerjungfrau: «Ich bitte dich, gib

mir zu trinken in meinem schönen golde nen Becher.» Die

Kammerjungfrau aber hatte schon lange keine Lust mehr,

immer nur zu dienen, und entgegnete: «Wenn du Durst hast,

so beuge dich selbst über den Bach und trin ke!» Das über-

raschte die Königstochter sehr, doch sie war zu durstig, um

sich mit ihr zu streiten, und beugte sich zum Wasser. Da fiel

ihr das Tüchlein mit den drei Blutstropfen ins Wasser und

schwamm davon. Die Kammerjungfrau aber freu te sich, dass

sie nun Macht über die Königstochter bekam – denn indem

die Königstochter die Blutstropfen verloren hatte, war sie

schwach geworden. Jetzt wurde die Prinzessin von der

Kammerjungfrau gezwungen, die königlichen Kleider aus-

zuziehen und ihre Dienerinnenkleidung anzulegen. Ausser-

dem musste sie schwören, keinem Menschen ein Wort dar-

über zu sagen, wer sie in Wirklichkeit sei. Die Kammerjung-

frau stieg auf das Pferd und prahlte da mit, bald selbst Köni-

gin zu werden. Falada aber hatte alles beobachtet.

Endlich trafen sie im königlichen Schloss ein. Der alte

König und der junge Prinz freuten sich über ihre Ankunft.

Die Kammerjungfrau tat nun, als ob sie die Prinzessin sei,

die wahre Königstochter aber stellte sie als ihre schäbige

Diene rin vor. Doch der alte König bemerkte rasch, dass mit

der Dienerin etwas nicht stimmte und fragte, warum sie so

trau rig sei. Sie aber hatte geschworen, die Wahrheit zu ver-

schweigen, und gab sich nicht zu erkennen. Da wollte der

König wissen, ob sie für ihn Hausarbeiten im Schloss über-

nehmen könne. Die Königstochter hatte jedoch noch nie

das Silber geputzt, Kartoffeln geschält oder die Wäsche

gebügelt, und so kam der König auf die Idee, dass sie einem

Jungen namens Kürdchen helfen könnte, die Gänse auf der

Wiese zu hüten.

Draussen bei den Gänsen gerieten ihre Haare aber ganz

durcheinander, und so löste sie sie, um sie zu kämmen. Als

Kürdchen sah, dass die Haare ganz aus Gold waren, wollte

er ihr ein paar aus raufen. Da sang die Königstochter:

«Weh, weh, Windchen,

nimm Kürdchen sein Hütchen

und lass’n sich mit jagen,

bis ich mich geflochten und geschnatzt*

und wieder aufgesatzt.»

Plötzlich kam ein starker Wind auf und wehte Kürdchens

Hut weg, so dass er ihm nachlaufen musste. Bis er wieder

kam, war die Gänsemagd aber mit dem Kämmen und Frisie-

ren fertig, so dass er keine Haare ergattern konnte.

Die GänsemagdAn unserem Eröffnungsfest hat eine neue Kammeroper

für Kinder ab sechs Jahren auf der Studiobühne Premiere. Sie basiert

auf dem gleichnamigen Märchen der Brüder Grimm.

Hier unsere Kurzfassung der Geschichte

Die Gänsemagd

35

* Schnatz: Haarknoten, der aus zwei geflochtenen Zöpfen zu ei nem

Dutt um den Kopf gesteckt wurde, worauf die Haube gesetzt wurde.

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Blindtext

36

Inzwischen hatte die falsche Braut Angst bekommen, dass

das Pferd, das ja sprechen konnte, sie verraten könne und

erzählen würde, wie sie mit der Königstochter umgegangen

war. Sie wandte sich zum jungen Prinzen: «Liebster Bräu-

tigam, ich bitte dich, tu mir einen Gefallen. Lass das Pferd,

auf dem ich hergeritten bin, töten. Dieses Pferd wollte mich

fressen. Ich habe keine ruhige Minute mehr, wenn es am

Leben bleibt.» Der Königssohn wollte sie daran hindern, aber

die falsche Braut hatte bereits den Schlächter gerufen.

Als es auch der Gänsemagd zu Ohren kam, dass Falada

sterben sollte, versprach sie dem Schlächter heimlich Geld,

wenn er ihr einen kleinen Gefallen erwiese. In der Stadt war

ein grosses finsteres Tor, wo sie abends und morgens mit den

Gänsen hindurch musste. Unter dieses Tor sollte er Faladas

Kopf hinhängen, damit sie ihn sehen und mit ihm sprechen

könnte. Der Schlächter versprach es, schlug dem Pferd den

Kopf ab und nagelte ihn unter das Tor.

Jedes Mal nun, wenn die Gänsemagd mit Kürdchen die

Gänse unter dem Tor hinaustrieb, sprach sie im Vorbeigehen:

«Falada, da du hangest», und der Kopf antwortete: «O du

Jungfer Königin, da du gangest, wenn das deine Mutter

wüsste, ihr Herz tät’ ihr zerspringen.»

Dann zog sie schweigend mit den Gänsen zur Stadt

hi naus. Draussen auf der Wiese machte die Gänsemagd ihre

Haare wieder auf, um sie zu kämmen. Als Kürdchen die

gol de nen Haare sah, wollte er nach ihnen greifen. Wieder

sang sie:

«Weh, weh, Windchen,

nimm Kürdchen sein Hütchen

und lass’n sich mit jagen,

bis ich mich geflochten und geschnatzt

und wieder aufgesatzt.»

Da wehte der Wind Kürdchens Hut vom Kopf, und er

musste ihm nachrennen. Als er zurückkam, hatte sie ihr Haar

aber schon längst zurecht gemacht. Wieder konnte er keins

davon erwischen. Das machte Kürdchen zornig, und so sagte

er zu ihr: «Ich werde es dem König sagen, was du für eine

bist! Ich mag dich nicht mehr.»

Nachdem sie am Abend heimgekommen waren, ging

Kürdchen zum alten König und erzählte ihm alles. Er sagte:

«Die Gänsemagd hat zwar schöne goldene Haare, aber sie

benimmt sich seltsam. Morgens, wenn wir unter dem finstern

Tor mit der Herde durchgehen, hängt da ein Pferdekopf,

zu dem spricht sie, und das Pferd gibt ihr Antwort. Sie sagt:

Falada, da du hangest, und dann sagt das Pferd: O du Jung-

fer Königin, da du gangest, wenn das deine Mutter wüsste,

ihr Herz tät’ ihr zerspringen!»

Das machte den alten König sehr nachdenklich, und

bald ging er selbst hinaus zum dunklen Tor. Dort versteckte

er sich, bis er die Gänsemagd kommen sah. Nun hörte er

mit an, wie sie traurig mit dem Pferdkopf sprach. Nach einer

gewissen Weile trat der König aus seinem Versteck und stellte

sie zur Rede, warum sie so bedrückt sei. «Das darf ich Euch

nicht sagen, denn ich habe geschworen, mit keinem Men-

schen darüber zu reden», antwortete die Gänsemagd. Da der

König nichts weiter aus ihr herausbringen konnte, überlegte

er sich eine List und sagte: «Ich glaube, du bist keine ge-

wöhnliche Gänsemagd. Wenn du mir nichts sagen willst, so

geh heute Abend heimlich zu dem alten Eisenofen und klage

ihm deinen Kummer.»

Als es Abend wurde, kroch die Gänsemagd in den Ei-

senofen und schüttete endlich ihr Herz aus. Sie klagte dem

Ofen, dass sie doch die wahre Königstochter sei und eine

böse Kammerjungfer sie gezwungen habe, ihre königlichen

Kleider auszuziehen. Die andere habe ihren Platz beim

Bräu tigam eingenommen, und sie müsse als schmutzige

Magd auf der Wiese die Gänse hüten. Der alte König aber

stand mit seinem Sohn aussen an der Ofenröhre und hörte

alles, was sie sprach. Der junge Prinz verliebte sich augen-

blicklich in die Gänsemagd und flüsterte seinem Vater, dass

er nur diese heiraten wolle. Er sagte: «Sie ist die wahre Braut!».

Auf Geheiss des Königs wurde die Gänsemagd vom

Russ des Ofens befreit und von Kopf bis Fuss gründlich

ge waschen. Da erstrahlten auch ihre schönen Haare wieder,

und voller Freude schenkte sie Kürdchen endlich ein gol-

denes Haar. Die falsche Braut aber musste die königlichen

Kleider wieder hergeben und wurde vom alten König aus

dem Haus gejagt. Bald feierte man ein rauschendes Hoch-

zeitsfest, zu dem auch die alte Königin eingeladen war. Der

alte König und die alte Königin freuten sich sehr, dass sie

von nun an miteinander verwandt waren.

Page 39: MAG Nr. 21: Lohengrin

Die Gänsemagd

37

Iris ter Schiphorst, Ihre erste Kinderoper Die Gänse-magd wurde 2010 in Wien mit grossem Erfolg ur -

aufgeführt. Warum haben Sie sich damals für diesen

Märchenstoff entschieden?

Es handelte sich um einen Auftrag der Wiener Taschen-

oper, die bereits zwei Kinderopern nach einem Grimm-

schen Märchen herausgebracht hat. Das eine war das

Tapfere Schneiderlein, das andere Eisenhans. Auch die dritte

Kinderoper sollte auf einem Grimm-Märchen basieren.

Als meine Librettistin Helga Utz und ich diese Anfrage er-

hielten, war es unser Wunsch, dass es auf jeden Fall ein

Märchen sein sollte, in dem ein Mädchen die Hauptrolle

spielt. Wir haben uns einige Märchen durchgesehen und

sind dann bei der Gänsemagd hängengeblieben, die

wir wunderschön fanden. Allerdings hatten wir anfangs

auch einige Zweifel, ob dieses Märchen für Kinder

wirklich geeignet ist, handelt es sich doch um eine sehr

komplexe Geschichte, die auch vom psychologischen

Standpunkt her nicht so ganz ohne ist. Umgekehrt hat uns

gerade diese Vielschichtigkeit gereizt. Ich finde, dass

Helga Utz ein wirklich tolles Libretto geschrieben hat und

das Märchen in eine Fassung gebracht hat, die – wie es

sich auch in der Praxis gezeigt hat – für Kinder wirklich

zugänglich ist.

Dennoch ist dieses Märchen wie viele andere Grimm-

Märchen stellenweise ziemlich grausam. Zum

Bei spiel wird in einer Szene dem Lieblingspferd der

Prinzessin der Kopf abgeschlagen.

Darüber haben wir lange diskutiert. Es ist ja wirklich etwas

ganz Schreckliches, wenn der beste Freund der Königs-

tochter auf diese grausame Weise umkommt. Allerdings

wissen wir ja auch, dass gerade Kinder mit diesen angeblich

so grausamen Dingen ganz anders umgehen, als es die

Erwachsenen vermuten. Die Kinderwelt ist voller Grausam-

keiten. Wir Erwachsenen wollen das alles oft schönreden

oder von den Kindern fernhalten, aber grausame Elemen-

te sind in der Fantasie der Kinder durchaus enthalten.

Wir wollten aber, dass der Tod des Pferdes Falada in erster

Linie symbolisch aufgefasst wird. In der Uraufführung

wurde die Szene daher auch als Schattenspiel gezeigt.

Selbs tverständlich war es jeweils mucksmäuschenstill im

Zuschauerraum, und natürlich waren die Kinder total

ergriffen. Sie erkannten aber auch, welche Bedeutung der

Tod Faladas für die Königstochter hat. Denn es ist ja

ein elementarer Bestandteil dieser Geschichte, dass diese

Königstochter zwar ihren besten Freund verliert, ihn

in ihrem Inneren aber dennoch weiterträgt. Das innere

Bild ihres Freundes ist sogar so stark, dass sie die Kraft

hat, die ganzen Ungerechtigkeiten, die ihr wider fahren,

auszuhalten und so am Ende zu einem erwachseneren und

reiferen Menschen heranwachsen kann.

Gab es ein musikalisches Grundkolorit, das Ihnen pas-

send erschien für diese melancholische Geschichte?

Die damalige Vorgabe war, etwas für eine kleine Besetzung

zu schreiben. Ich hatte aber in der Wahl der Instrumente

alle Freiheiten. Insofern sind die Instrumente in der

Gänsemagd eine Wunschbesetzung von mir. Zum Beispiel

die Kontrabassklarinette, die mir die Möglichkeit gab,

klanglich interessante Welten aufzumachen. Sie kann

durch ihr tiefes Timbre und die Weichheit ihres Sounds

ganz andere Dinge erzählen als die normale Klarinette.

Oder das Akkordeon: ein unglaublich farbenreiches Inst-

rument mit einem enormen Register, das wegen seiner

vielfältigen Möglichkeiten für kleine Besetzungen beson-

ders geeignet ist. Es stimmt, dass in der Oper oft ein

schwermütiger Ton vorherrscht, aber das Akkordeon hat

zum Beispiel auch diesen Volksmusikcharakter, gerade in

den Begleitfiguren der liedhaften Stellen.

Die Königstochter schafft das

Die deutsche Komponistin Iris ter Schiphorst hat

die «Gänsemagd» geschrieben. Ein Gespräch über den Tonfall,

den man in einer Oper für Kinder anschlagen kann.

Page 40: MAG Nr. 21: Lohengrin

Die Gänsemagd

38

Jede Figur erhält zudem ihren eigenen musikalischen

«Fussabdruck». Die Prinzessin beschreiben Sie in

Ihrer Partitur zum Beispiel als «warm und seelenvoll»,

die Kammerjungfrau singt in spitzen Koloraturen.

Normalerweise bewegen sich die Heldinnen in der Oper

immer in der höchsten Gesangslage. Das ist oft dermassen

artifiziell, dass ich mir das offengestanden für die Königs-

tochter nicht vorstellen konnte. Eher schwebte mir das

für die fiese Kammerzofe vor, die nun oft Noten in schrill-

ster Lage zu singen hat. Ihr habe ich dann auch kleine

Bösartigkeiten wie Stotterer hinzukomponiert.

Sie kommen auch von der elektronischen Musik.

Ein weiteres wichtiges Element sind denn auch Ton-

bandspielungen.

Die gehören zum Instrumentalpart des Keyboarders.

Einerseits wollte ich das Keyboard sehr gerne drin haben,

um mit weiteren Klangfarben, etwa der Glasharmonika

oder Celesta, experimentieren zu können, andererseits

kann man auf dem Keyboard wunderbar mit Samplern

arbeiten. Das erlaubt mir, sehr detailliert und konsequent

bestimmte Sounds oder Atmosphären zu verwenden.

In der Gänsemagd erklingen zum Beispiel eisige Windge-

räusche, klirrendes Essbesteck, Vogelgeräusche, Gänse-

geschnatter, Flügelschlagen oder eine Wieherwolke...

Diese Geräusche zu erfinden hat natürlich grossen Spass

gemacht. Sie geben dem Ganzen etwas Filmisches,

denn die Bilder, die durch diese atmosphärischen Klänge

erzeugt werden, sind doch sehr stark.

Was ist für Sie besonders wichtig beim Schreiben für

Kinder?

Ich muss sagen, dass ich grundsätzlich sehr lustvoll an die

Sache herangegangen bin. Ab einem gewissen Zeitpunkt

wurde mir allerdings klar, dass ich, obwohl ich seit vielen

Jahren in der Neuen Musik beheimatet bin, auch richtige

Lieder schreiben wollte – sehr zum Erstaunen meiner

Kollegen! Das hat mit meiner Herkunft zu tun: Ich stamme

aus einem musikalischen Elternhaus, und wir haben zu-

hause viel gesungen. Für mich war das als Kind etwas ganz

Selbstverständliches. Ich habe daher einen sehr grossen

Liederschatz. Ich glaube, dass meine Liebe zur Musik

ohne dieses Singen gar nicht vorstellbar wäre. Sich ein

Lied anzueignen, die Möglichkeit zu haben, ein gehörtes

Lied irgendwann mal selber singen zu können, finde ich

sehr schön. Das möchte ich mit meiner Musik unbedingt

den Kindern weitergeben.

Das Gespräch führte Kathrin Brunner

Kinderoper von Iris ter Schiphorst nach dem Märchen der Brüder Grimm

(Libretto: Helga Utz)

Musikalische Leitung Thomas Barthel

Inszenierung Nina Russi

Bühnenbild, Kostüme Marianna Helen Meyer

Lichtgestaltung Dino Strucken

Dramaturgie Kathrin Brunner

Prinzessin/Gänsemagd Dara Savinova / Lin Shi

Königin/Kürdchen Irène Friedli /Judith Schmid

Kammerjungfrau Deanna Breiwick / Estelle Poscio

König/Schlächter Alexei Botnarciuc /

Andri Robertsson

Falada/Prinz Christian Sollberger

Kammerensemble der Oper Zürich

für Kinder ab 6 Jahren

Premiere 20 Sept 2014, Studiobühne

(im Rahmen des Eröffnungs festes)

Weitere Vorstellungen 27, 28 Sept 2014

6, 7, 23, 26, 27 Dez 2014

27, 28 Juni 2015, Studiobühne

DIE GÄNSEMAGD

Die Hamburgerin Iris ter Schiphorst liess sich zunächst zur Pianistin

ausbilden und wirkte später in unterschiedlichen Rockformationen als

Bassistin, Schlagzeugerin und Keyboarderin. Anschliessend studierte

sie in Berlin Theater-, Kulturwissen schaf ten und Philosophie. Gleich-

zeitig befasste sie sich mit elektronischer Musik und Sample- Techniken

und gewann 1992 den ersten Preis des Kom position s wettbe werbs für

Synthesizer- und Computermusik. Ihre Werke wurden u.a. uraufgeführt

auf Festivals in Donaueschingen, Helsinki, Paris, München, Glasgow,

Amsterdam, Porto und London. Zur Zeit lehrt sie Komposition an der

Universität der Künste Berlin.

IRIS TER SCHIPHORST

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Page 41: MAG Nr. 21: Lohengrin

39

Was fällt Ihnen auf, wenn Sie in Zürich ankommen?

Die Ruhe der Menschen, die Annehmlichkeiten des

täglichen «savoir vivre». Die Pünktlichkeit, die Sauber-

keit... Dinge, die zuweilen in Paris fehlen.

Was würden Sie sofort verändern, wenn Sie Königin

der Schweiz wären?

Ich würde die Preise von nicht wenigen Dingen senken!

Was ist für Sie das vollkommene irdische Glück?

Für meine Freunde kochen. Teilen, teilen, teilen...

Was wäre für Sie das grösste Unglück?

Dass es keine Kunst mehr gibt.

Welche musikalische Erfahrung hat Sie entscheidend

geprägt?

Mehrere! Mit 15 sang ich in einem europäischen Jugend-

chor. Wir traten unter anderem mit Björk auf. Danach

war mir klar, dass ich in Zukunft nicht mehr ohne Singen

würde leben können – ohne das Singen mit anderen.

Als Studentin bot man mir die Maria in The sound of music

an – eine Rolle mit gesprochenen englischen Dialogen, am

Théâtre du Châtelet! Dann kam Ciboulette an der

Opéra Comique, mein erster grosser Auftritt in Paris.

Auch Alcina hier in Zürich in der vergangenen Saison hat

mich sehr geprägt.

Ihre Lieblingsschriftsteller?

Ich liebe die Poesie… René Char, Apollinaire, Verlaine,

Rimbaud… Meine aktuellen Lieblingsbücher: L’art

de la joie von Goiarda Sapienza, Boris Vian, Krimis von

Fred Vargas...

Ihre Lieblingsfilme?

Ich liebe die verrückte Welt von Kusturica. Ich bewundere

Dancer in the dark von Lars von Trier. Ausserdem liebe

ich das Kino der 50er Jahre.

Ihr liebstes Laster?

Essen! Und guter Wein. Deswegen muss ich dreimal pro

Woche ins Sportstudio gehen.

JULIE FUCHSist Sopranistin und gehört seit der vergangenen Spielzeit zum

Ensemble des Opernhauses. In der Wiederaufnahme von

«Il matrimonio segreto» am 24. Oktober singt sie die Carolina.

Welchen überflüssigen Gegenstand in Ihrer Wohnung

lieben Sie am meisten?

Wenn man etwas liebt, ist es nicht überflüssig, oder? Aber

ich muss zugeben, dass ich einige Paar Schuhe habe,

die ich nicht oft trage, von denen ich mich aber für nichts

in der Welt trennen würde!

Welche Eigenschaften schätzen Sie bei Ihren künstleri-

schen Partnern?

Humor, Lebendigkeit und wenn sie zuhören können.

Welche menschlichen Schwächen entschuldigen Sie am

ehesten?

Angst.

In was verlieben Sie sich bei einem Menschen?

Oh là là, das kommt darauf an! Vor allem in ein starkes

Gefühl des Vertrauens, das mir der andere vermittelt.

Aber das ist mir noch nicht oft passiert... Esprit finde ich

auch sehr sexy. Ist das hier der Ort, wo ich meine Tele-

fonnummer angeben kann für den Fall, dass...?

Worum geht es für Sie in «Il matrimonio segreto»?

Il matrimonio segreto erzählt von familiären Beziehungen.

Also von Geheimnissen. Logisch... und natürlich von

der Liebe. Obwohl ich den Eindruck habe, dass die Bezie-

hung zwischen den beiden Schwestern viel interessanter

ist als die zwischen den Paaren.

Nennen Sie drei Gründe, warum das Leben schön ist!

Das Leben ist schön, weil es überraschend ist, weil man

andere Menschen trifft, weil man nur ein Leben hat

und weil es unser Leben ist. Ups, das macht vier Gründe...

oder?!

Der Fragebogenmit Julie Fuchs

Page 42: MAG Nr. 21: Lohengrin
Page 43: MAG Nr. 21: Lohengrin

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Il matrimonio segreto

Hochzeiten sind immer aufregend. Doch so irrwitzig

wie in Domenico Cimarosas 1792 uraufgeführter Oper

Il matrimonio segreto geht es doch eher selten zu: Der

reiche Kaufmann Geronimo möchte seine ältere Tochter

Elisetta mit einem Grafen verheiraten. Aber der verliebt

sich in die jüngere Tochter Carolina, die allerdings bereits

heimlich den Hausangestellten Paolino geheiratet hat.

Geronimos Schwester Fidalma macht die Sache noch

komplizierter, weil sie es ebenfalls auf Paolino abgesehen

hat... Unsere Neuproduktion von Cimarosas köstlicher

Opera buffa mit dem Internationalen Opernstudio feierte

in der vergangenen Spielzeit einen so grossen Erfolg

beim Publikum in Winterthur, dass wir sie nun in Zürich

präsentieren, besetzt mit herausragenden Künstlern

un seres Ensembles. Unter anderem werden Julie Fuchs als

Carolina und Ruben Drole als Graf Robinson auf der

Bühne stehen. Der italienische Spezialist für historische

Aufführungspraxis Ricardo Minasi dirigiert die turbulente

Regiearbeit von Cordula Däuper.

Wiederaufnahme 24. Oktober 2014

Weitere Vorstellungen 26, 29 Okt und 1, 5, 9 Nov 2014

Page 44: MAG Nr. 21: Lohengrin

Philharmonia Zürich

42

Herr Homoki, ab dieser Spielzeit zieht die Philharmo-

nia Zürich mit ihren sinfonischen Konzerten von

der Tonhalle ins Opernhaus um. Was ist der Hinter-

grund für diese Entscheidung?

Generalmusikdirektor Fabio Luisi und ich haben uns vor-

genommen, das Orchester im Konzertbereich stärker zu

profilieren. Daran arbeiten wir auf verschiedenen Ebenen,

und die Frage des Konzert-Ortes ist dabei ein wich tiger

Aspekt. Die Philharmonia Zürich spielte ihre Kozer te bis-

lang meist in der Tonhalle, dabei ist sie doch eigentlich

im Opernhaus beheimatet. Deshalb finden wir es folge rich-

tig, dass das Orchester in Zukunft auch in den Konzerten

dort auftritt, und wir sind zuversichtlich, dass der Orts-

wechsel die Identität der Philharmonischen Konzert reihe

stärken wird. Zudem können die Konzerte nun auch

am Sonntagabend stattfinden, ein attraktiverer Termin als

der Sonntagvormittag, auf den wir aus dispositionellen

Gründen in der Tonhalle oft ausweichen mussten.

Aber ein Opernhaus ist kein Konzertsaal.

Das stimmt. Deshalb haben wir uns gleich nach meinem

Amtsantritt zusammengesetzt und überlegt, wie wir

die Konzertsituation im Opernhaus verbessern können.

Wo lagen die Probleme?

Das Orchester sitzt ja bei den Konzerten auf der Bühne

und nicht im Graben wie sonst. Das bringt vor allem

akustische Schwierigkeiten mit sich, für die wir nach

Lö sun gen suchen mussten. Aber für mich war eine andere

Frage ebenso wichtig: Wie schaffen wir auch optisch einen

angemessenen Rahmen für unsere Orchesterkonzerte?

Der Wunsch, die Situation für Konzerte der Philharmonia

im Opernhaus zu verbessern, beschäftigt mich, seit ich

vor mehr als sechs Jahren als Intendant nominiert wurde.

Welche Lösung haben Sie für die Probleme gefunden?

Für Konzerte im Opernhaus ist neben den akustischen

Gegebenheiten ebenfalls zu berücksichtigen, dass welcher

«Konzertraum» auch immer bei unserem eng getakteten

Vorstellungsbetrieb einfach und schnell auf- und abgebaut

werden muss – im Grunde wie ein Bühnenbild. Was

lag also näher, als einige unserer Bühnenbildner zu fragen,

ob sie Lust hätten, einen solchen Konzertraum für

uns zu entwerfen. Die Vorschläge, die sie auf der Basis des

technischen Anforderungsprofils unseres Technischen

Direktors Sebastian Bogatu geliefert haben, waren alle

sehr attraktiv. Wir hatten wirklich die Qual der Wahl. Den

Zuschlag bekam schliesslich die Variante von Christian

Schmidt, der das Opernhaus als Ausstatter seit vielen

Jahren hervorragend kennt und für die neue Spielzeit sogar

zwei Bühnenbilder entworfen hat: zu Martinůs Juliette

und Bellinis I Capuleti e i Montecchi.

Welche Idee steht hinter Schmidts Entwurf?

Wenn man so einen Konzertraum für ein bestehendes

Opernhaus entwirft, muss man überlegen, wie er sich zum

architektonischen Stil des Hauses verhalten soll. Da lag

die Frage natürlich nahe, ob die neue Konzert bühne sich

Eleganter ResonanzkörperDie Philharmonia Zürich tritt ab dieser

Spielzeit in einem neuen Konzertraum auf.

Ein Gespräch mit Andreas Homoki

Page 45: MAG Nr. 21: Lohengrin

Philharmonia Zürich

43

der Ästhetik unseres neobarocken Zu schauerraumes an-

passen soll. Interessanterweise hat dies keiner der Ent wür fe

versucht, sicher auch, weil eine solche Stilkopie immer

Gefahr läuft, ins Kitschige abzuglei ten. Der Raum von

Christian Schmidt, den wir nun realisiert haben, ist sehr

elegant geworden und verströmt eine festliche Atmo -

sphä re. Es ist ein eher dunkler, mo derner Raum, der va-

rian ten reich stimmungsvoll beleuchtet werden kann. Durch

seine Schlichtheit schafft er auch optisch einen perfekten

Rahmen für den Protagonisten: unsere Philharmonia.

Was ist für die Verbesserung der Akustik getan worden?

Das Opernhaus wurde ja ursprünglich als Sprechtheater-

bühne konzipiert. Die Akustik ist deshalb eher trocken und

der Nachhall für einen perfekten Orchesterklang etwas zu

kurz. Hinzu kommt, dass sich die Orchestermusiker beim

Spielen häufig gegenseitig nicht in idealer Weise hören.

Das ist ein wichtiger Aspekt, dem jede gute Akustik Rech-

nung tragen muss. Um dieses Problem zu lösen, haben

wir in einem ersten Schritt den Orchestergraben vor zwei

Jahren mit speziellen Resonanz platten ausgelegt und

damit bereits eine deutliche klangliche Verbesserung er-

reicht. Die Firma Respa, die die Resonanzplatten für

den Orchestergraben gebaut hatte, hat dann den Vorschlag

gemacht, den gesamten Bühnenboden und sogar die

Büh nen bilder mit den gleichen Reso nanzplatten auszu-

statten, um die Akustik des gesamten Bühnenraumes

zu optimieren. Leider ist das in der Praxis nicht ganz so

einfach zu realisieren, da ein Bühnenboden in Opern -

in szenierungen oft ganz spezielle Ansprüche erfüllen und

zudem enorme Lasten tragen muss. Aus diesen Über-

legungen heraus ist dann aber die jetzt realisierte Idee ent-

standen, einen Konzertraum zu bauen, bei dem Boden

und Wände komplett aus diesen speziellen Resonanzplatten

bestehen.

Wie funktionieren diese Resonanzplatten?

Sie reflektieren den Klang nicht nur, wie es für jede gute

akustische Situation von Bedeutung ist, sondern sie

schwingen auch mit. Sie werden selbst zum Resonanz-

körper. Wir haben uns verschiedene Theater angeschaut,

die sich neue Konzerträume von renommierten Her stellern

haben bauen lassen. Die Ergebnisse waren eher ernüch-

ternd, denn die meisten marktgängigen Konzert räume

funktionieren bloss über die Klangreflexion. Da man bei

mobilen Bauten, wie wir sie auf einer Theater bühne be-

nötigen, die Wände nicht meterdick bauen kann, werden

die tieferen Frequenzen dabei nur ungenügend reflektiert,

was für das Publikum zu einem grossen Ungleich gewicht

zwischen schlecht hörbaren tiefen und herausstechenden

hohen Frequenzen führt.

Von wem wurden unsere Resonanzplatten ent wickelt?

Von Georg Ignatius, einem Akustik-Tüftler aus dem

Schwarzwald und ehemaligen Instrumentenbauer. Seine

Platten werden als Ganzes in Schwingung versetzt,

ähnlich wie der Korpus eines Streichinstruments. Ausser-

dem hat Ignatius ein geometrisches Oberflächenmuster

entworfen, das er im Siebdruckverfahren auf jede einzelne

Platte druckt. Dieses sorgt dafür, dass die Platten gleich-

mässig schwingen. Unser neuer Konzertraum ist also

selbst eine Art «Instrument», das das Orchester umhüllt

und sowohl den Musikern als auch dem Publikum opti-

male akustische Bedingungen bietet. Durch die Kombina-

tion von Christian Schmidts edler Gestaltung und der

ausgeklügelten Akustik hat das Opernhaus für unsere

Konzerte jetzt einen sehr stimmigen Rahmen, der das Or-

chester und nichts anderes in den Mittelpunkt stellt. Man

könnte fast sagen: Die ganze Bühne wird zum Instrument!

In dieser Spielzeit werden Konzerte in ganz unter-

schiedlichen Formationen gespielt: von klein besetzten

Programmen mit dem «Orchestra La Scintilla» bis hin

zu grossen sinfonischen Werken von Gustav Mahler

und Arnold Schönberg. Ist die Konzertmuschel für

alle Besetzungen gleichermassen geeignet?

Das ist ein wichtiger Punkt und eine weitere bestechende

Eigenschaft unseres Konzertraumes: Sie ist nämlich varia-

bel einstellbar. Je kleiner die Besetzung ist, desto näher

möchte man schliesslich als Zuhörer an den Musikern

dran sein. Der Konzertraum kann in diesem Fall so aufge-

baut werden, dass die Rückwand weiter vorne steht. Für

ein Konzert mit grossem Orchester und Chor hingegen

wird dann die ganze Tiefe der Bühne genutzt.

Vor bald 30 Jahren hat sich das damalige Tonhalle- und

Theaterorchester in zwei eigenständige Orchester

aufgeteilt. Die Einführung unserer neuen Konzert-

situa tion fällt also mit einem Jubiläum der Philhar mo-

nia Zürich zusammen. War das so geplant?

Ich freue mich, dass wir unseren neuen Konzertraum aus-

gerechnet in dieser Jubiläumsspielzeit einweihen dürfen,

aber gewartet hätte ich nicht darauf! Wichtig war mir, dass

unser Orchester seine Konzerte in unserem Opernhaus

spielen kann und zwar unter so optimalen Bedingungen,

wie wir sie jetzt geschaffen haben!

Das Gespräch führte Fabio Dietsche

Page 46: MAG Nr. 21: Lohengrin

Anna Goryachova debütiert als Rosina in unserer

Wiederaufnahme (Illustration: Lina Müller)

Page 47: MAG Nr. 21: Lohengrin

Porträt

45

Was für Sopranistinnen die Violetta in La traviata, das ist

für Mezzosopranistinnen die Rosina in Il barbiere di

Siviglia – eine wunderbare Rolle, von der ich schon lange

geträumt habe. Ausschnitte aus dieser Partie habe ich wäh-

rend meines Studiums und auch danach in vielen Konzerten

an den unterschiedlichsten Orten gesungen, so zum Beispiel

in St. Petersburg oder in Rom an der Accademia Santa Ce-

ci lia. Aber die ganze Partie singe ich hier am Opernhaus

Zürich jetzt zum ersten Mal.

Rossini ist mein Komponist, ich bin eine Rossini-Sänge-

rin! Bisher habe ich Il viaggio a Reims und Matilde di Sha bran

gemacht, und Rossini liegt mir wirklich sehr; neben Mozart

und Bellini ist er mein absoluter Lieblingskomponist. Meine

Stimme ist von Natur aus sehr beweglich. Um Koloraturen

zu singen, muss ich nicht besonders viel üben und mich

auch nicht speziell dafür einsingen. Wenn ich schnelle und

virtuose Koloraturen singe, dann bereitet mir das geradezu

körperliches Wohlbefinden!

Rosina ist auch deshalb toll, weil die Partie einen so

grossen Umfang hat – sie ist sowohl hoch als auch tief. Und

natürlich ist sie eine Figur, die man gern auf der Bühne dar-

stellt: Sie ist jung, romantisch und verliebt, aber auch eine

Frau, die ihren eigenen Kopf hat und schliesslich das be-

kommt, was sie möchte.

Diese Partie zu singen, geniesse ich wirklich sehr. Ner-

vös bin ich nur vor Premieren; wenn die Premiere mal vor-

bei ist, fängt der Spass an. Erst nach der Premiere beginnt

eine Inszenierung zu leben – wir sind dann freier, singen

bestimmte Phrasen auch mal anders und fordern uns gegen-

seitig ein bisschen zum Improvisieren heraus. Auf der Bühne

zu stehen, ist für mich sehr natürlich; seit meiner Kindheit

bin ich immer irgendwo aufgetreten, in der Schule, in der

Musikschule, überall; ich habe die Bühne im Blut, und das,

obwohl es in meiner Familie ausser mir keinen einzigen

Sänger, Schauspieler oder Musiker gibt, ich bin weit und

breit die einzige!

Von meinem Temperament her kommen mir vielleicht die

dramatischen, tragischen Partien mehr entgegen; aber das

komische Fach liebe ich auch sehr, und so lange ich noch

jung bin, singe ich das leichtere Fach, das schwere Fach hebe

ich mir auf für später.

Die Inszenierung von Cesare Lievi hier am Opernhaus

kenne ich noch nicht; bisher hatte ich nur eine Anprobe,

und das Kostüm gefällt mir sehr! Ich liebe es, mich zu ver-

wandeln, schöne Kleider zu tragen, obwohl meine Lieb-

lingspartien ja eigentlich die Hosenrollen sind...

Rosina singe ich jetzt in einer Wiederaufnahme, nicht

in einer Neuinszenierung, ich springe also in eine fertige

Inszenierung hinein. Trotzdem denke ich, dass ich meine

eigene, individuelle Interpretation der Rosina finden werde.

Die Inszenierung gibt den Rahmen vor, die Grundlage für

die Charakterisierung der Figur, ihre Beziehung zu den an-

deren Figuren. Aber ich bringe immer meine eigenen Ideen

ein, drücke der Figur meinen eigenen Stempel auf. Dafür

sind natürlich die Partner auf der Bühne sehr wichtig. Ich

bin sicher, dass wir viel Spass haben werden im Barbier von

Sevilla. Ich jedenfalls kann es kaum erwarten!

Anna Goryachova

Rosina

IL BARBIERE DI SIVIGLIAOper von Gioachino Rossini

mit Edgardo Rocha, Renato Girolami,

Anna Goryachova, Levente Molnár u.a.

Musikalische Leitung: Enrique Mazzolà

Inszenierung: Cesare Lievi, Bühnenbild: Mario Botta

Wiederaufnahme: 26 September 2014

Weitere Vorstellungen: 28 Sept, 2, 5, 8, 11 Okt 2014

Page 48: MAG Nr. 21: Lohengrin

Die Serie rund ums Thema Essen – bis zum 2.11.2014 in der «NZZ am Sonntag»

Jetzt bestellen:10 Ausgaben für Fr. 25.– SMS mit Keyword: NZZ56,

Namen und Adresse

an Nr. 880 (20 Rp./SMS)

nzz.ch/essen56

Essen istma Essen –

Page 49: MAG Nr. 21: Lohengrin

Serviceteil

47

SEPTEMBER 2O14 SO 7 EINFÜHRUNGSMATINEE CHF 1O

11.15 Ein Gespräch mit dem Produktionsteam von

«Lohengrin», Bernhard Theater

SA 2O ERÖFFNUNGSFEST Eintritt frei

1O.OO

11.OO DIE GÄNSEMAGD PREMIERE Eintritt frei

13.3O Kinderoper von Iris Ter Schiphorst,

17.15 Studiobühne

SO 21 LOHENGRIN PREMIERE Preise G

17.OO Oper von Richard Wagner

MO 22 LIEDERABEND BRYN TERFEL Preise C

19.OO Lieder von Schumann, Schubert, Quilter u.a.

Malcom Martineau, Klavier

MI 24 LA FANCIULLA DEL WEST Preise E

19.OO WIEDERAUFNAHME

Oper von Giacomo Puccini

DO 25 LOHENGRIN Preise G

18.3O Oper von Richard Wagner

FR 26 IL BARBIERE DI SIVIGLIA Preise E

19.OO WIEDERAUFNAHME

Oper von Gioachino Rossini

SA 27 DIE GÄNSEMAGD CHF 25

14.OO Kinderoper von Iris Ter Schiphorst, Studiobühne

14.3O FAMILIEN-WORKSHOP CHF 2O

IL BARBIERE DI SIVIGLIA

Probebühne Escher Wyss Ost

16.OO DIE GÄNSEMAGD CHF 25

Kinderoper von Iris Ter Schiphorst, Studiobühne

19.OO LA FANCIULLA DEL WEST Preise E

Oper von Giacomo Puccini

SO 28 DIE GÄNSEMAGD CHF 25

11.OO Kinderoper von Iris Ter Schiphorst, Studiobühne

11.15 EINFÜHRUNGSMATINEE CHF 1O

Ein Gespräch mit dem Produktionsteam von

«Anna Karenina», Bernhard Theater

13.OO DIE GÄNSEMAGD CHF 25

Kinderoper von Iris Ter Schiphorst, Studiobühne

14.OO IL BARBIERE DI SIVIGLIA Preise VV

Oper von Gioachino Rossini AMAG-Volksvorstellung

14.3O FAMILIEN-WORKSHOP CHF 2O

IL BARBIERE DI SIVIGLIA

Probebühne Escher Wyss Ost

2O.OO MAHLER / BEETHOVEN Preise P1

1. Philharmonisches Konzert

Diego Matheuz, Anna Stephány, Philharmonia Zürich

MO 29 MONTAGSGESPRÄCH CHF 1O

19.OO Ein Gespräch mit dem Intendanten Andreas Homoki

Restaurant Belcanto

DI 3O LOHENGRIN Preise G

18.3O Oper von Richard Wagner

OKTOBER 2O14 DO 2 IL BARBIERE DI SIVIGLIA Preise E

19.OO Oper von Gioachino Rossini

FR 3 LOHENGRIN Preise G

18.3O Oper von Richard Wagner

SA 4 BALLETTSCHULE CHF 25 14.OO FASZINATION TANZ, Studiobühne

14.3O STÜCKE ENTDECKEN CHF 2O

ANNA KARENINA, für 12- bis 16-Jährige,

Ballettsaal B

17.OO BALLETTSCHULE CHF 25 FASZINATION TANZ, Studiobühne

2O.OO ZURICH FILM FESTIVAL Keine Karten erhältlich

M o d e · L e d e r · P e l z eK a i s e r s t r a s s e 4 2D-79761 W a l d s h u tTel. 0049 7751 3486www.kueblerpelz.com

HERBST/WINTER2014/2015

Page 50: MAG Nr. 21: Lohengrin

SO 5 LA FANCIULLA DEL WEST Preise E

14.OO Oper von Giacomo Puccini

2O.OO IL BARBIERE DI SIVIGLIA Preise E

Oper von Gioachino Rossini

MO 6 FESTKONZERT Preise P1

19.3O zum 1OO-jährigen Bestehen des

Schweizerischen Musikerverbandes SMV

MI 8 IL BARBIERE DI SIVIGLIA Preise E

19.OO Oper von Gioachino Rossini

DO 9 LOHENGRIN Preise G

18.3O Oper von Richard Wagner

FR 1O LA FANCIULLA DEL WEST Preise VV

19.OO Oper von Giacomo Puccini

AMAG-Volksvorstellung

SA 11 IL BARBIERE DI SIVIGLIA Preise E

19.OO Oper von Gioachino Rossini

SO 12 LIEDMATINÉE DIANA DAMRAU Preise A

11.OO Lieder von Schubert, Strauss

19.OO ANNA KARENINA PREMIERE Preise D

Ballett von Christian Spuck nach Lew Tolstoi

MO 13 MONTAGSGESPRÄCH CHF 1O

19.OO Ein Gespräch mit dem Tenor Klaus Florian Vogt,

Restaurant Belcanto

DI 14 LOHENGRIN Preise G

18.3O Oper von Richard Wagner

FR 17 ANNA KARENINA Preise C

19.OO Ballett von Christian Spuck nach Lew Tolstoi

SA 18 LOHENGRIN Preise G

18.3O Oper von Richard Wagner

SO 19 EINFÜHRUNGSMATINEE CHF 1O

11.15 Ein Gespräch mit dem Produktionsteam

von «The Turn of the Screw», Bernhard Theater

14.OO ANNA KARENINA Preise C

Ballett von Christian Spuck nach Lew Tolstoi

19.3O ANNA KARENINA Preise C

Ballett von Christian Spuck nach Lew Tolstoi

MO 2O LIEDERABEND JUAN DIEGO FLÓREZ 19.OO L’AMOUR – FRENCH ARIAS Preise C

Vincenzo Scalera, Klavier

DI 21 ANNA KARENINA Preise C

19.OO Ballett von Christian Spuck nach Lew Tolstoi

FR 24 IL MATRIMONIO SEGRETO Preise E

19.OO WIEDERAUFNAHME Oper von Domenico Cimarosa

SA 25 BALLETT-FÜHRUNG MIT MINI-WORKSHOPS CHF 1O

14.OO Ballettsaal B

19.OO MAHLER VIERTE SINFONIE Preise P1

2. Philharmonisches Konzert, Fabio Luisi,

Julie Fuchs, Bartlomiej Niziol, Philharmonia Zürich

SO 26 ANNA KARENINA Preise C

14.OO Ballett von Christian Spuck nach Lew Tolstoi

2O.OO IL MATRIMONIO SEGRETO Preise VV

Oper von Domenico Cimarosa,

AMAG-Volksvorstellung

MI 29 IL MATRIMONIO SEGRETO Preise E

19.OO Oper von Domenico Cimarosa

FR 31 RHAPSODY IN BLUE - EIN ABEND Preise P1

19.OO MIT MUSIK AUS AMERIKA Philharmonisches Konzert, Fabio Luisi,

Julie Fuchs, Benjamin Bernheim, Sebastian Knauer

NOVEMBER 2O14 SA 1 IL MATRIMONIO SEGRETO Preise E

19.OO Oper von Domenico Cimarosa

SO 2 STÜCKE ENTDECKEN CHF 2O

14.3O ANNA KARENINA, für 7- bis 12-Jährige

Ballettsaal A

19.OO THE TURN OF THE SCREW Preise F PREMIERE Oper von Benjamin Britten

MI 5 IL MATRIMONIO SEGRETO Preise E

19.OO Oper von Domenico Cimarosa

täglich von Mitta

g bis nach Mitternacht

kinohoudini.ch

Badenerstr.17

3

Zürich

Prill

Vie

celi

Cre

mer

s

Page 51: MAG Nr. 21: Lohengrin

Serviceteil

49

FR 7 THE TURN OF THE SCREW Preise E

19.OO Oper von Benjamin Britten

SA 8 UNTERWEGS MIT OHRWURM SQUILLO 14.OO Für 6- bis 9-Jährige CHF 1O

Treffpunkt Billettkasse

14.3O FAMILIEN-WORKSHOP CHF 2O

FORELLENQUINTETT Ballettsaal A

2O.OO FORELLENQUINTETT Preise B

WIEDERAUFNAHME

Choreografien von Douglas Lee,

Jiří Kylián und Martin Schläpfer

SO 9 THE TURN OF THE SCREW Preise E

14.OO Oper von Benjamin Britten

14.3O FAMILIEN-WORKSHOP CHF 2O

FORELLENQUINTETT Ballettsaal A

19.3O IL MATRIMONIO SEGRETO Preise E

Oper von Domenico Cimarosa

MI 12 STÜCKE ENTDECKEN CHF 2O

14.3O ROBIN HOOD, für 7- bis 12-Jährige

Studiobühne

19.OO THE TURN OF THE SCREW Preise E

Oper von Benjamin Britten

FR 14 THE TURN OF THE SCREW Preise E

19.OO Oper von Benjamin Britten

SA 15 STÜCKE ENTDECKEN CHF 2O

14.3O ROBIN HOOD, für 7- bis 12-Jährige

Studiobühne

17.OO ROBIN HOOD PREMIERE Kindervorstellung

Abenteueroper von Frank Schwemmer, Libretto von

Michael Frowin, Basierend auf der Uraufführung an

der Komischen Oper Berlin

SO 16 BALLETTGESPRÄCH CHF 1O

11.15 Ein Gespräch mit Christian Spuck,

Choreografen und Tänzern, Ballettsaal A

14.OO FORELLENQUINTETT Preise B

Choreografien von Douglas Lee,

Jiří Kylián und Martin Schläpfer

14.3O STÜCKE ENTDECKEN CHF 2O

ROBIN HOOD, für 7- bis 12-Jährige

Studiobühne

2O.OO THE TURN OF THE SCREW Preise VV

Oper von Benjamin Britten

AMAG-Volksvorstellung

Werkeinführung jeweils 45 Min. vor jeder Vorstellung.

(ausgenommen «Die Schatzinsel»)

ABO LÖSEN!

INFO I KONTAKT I VERKAUF argovia philharmonic I [email protected] I 062 834 70 00 www.argoviaphil.ch

Saisonstart 2014/15

mein

argoviap

hil. . .

NICOLAS ALTSTAEDT LALO Cellokonzert d-Moll HISAKO KAWAMURA MOZART Klavierkonzert Nr. 21 C-Dur KV 467 REGULA MÜHLEMANN MOZART Konzertarien VARVARA BRAHMS Klavierkonzert Nr. 2 B-Dur op. 83

VALERIY SOKOLOV BRUCH Violinkonzert Nr. 1 g-Moll op. 26

1. Abokonzert-PATHETIQUE21./23.09.14 - AARAU

JUNICHI HIROKAMI Leitung

NICOLAS ALTSTAEDT Violoncello

26.09.14 - BADEN

ROSSINI „Semiramide“

LALO Cellokonzert

TSCHAIKOWSKY „Pathétique“

Page 52: MAG Nr. 21: Lohengrin

Serviceteil

50

BILLETTKASSE

Öffnungszeiten: Mo-Sa 11.00 Uhr bis Vorstellungsbeginn, an

Tagen ohne Vorstellung bis 18.00 Uhr. Sonntags jeweils ab 1,5

Stunden vor Vorstellungsbeginn.

T +41 44 268 66 66, Mo-Sa, 11.30-18.00 Uhr /

F +41 44 268 65 55 / [email protected]

Postadresse: Opernhaus Zürich AG, Falkenstrasse 1, CH-8008

Zürich

VORVERKAUF

Tickets für sämtliche Vorstellungen der Saison 14/15 sind unter

www.opernhaus.ch und an der Billettkasse des Opernhauses

erhältlich. Für schriftliche Kartenbestellungen sowie Bestellun-

gen per Fax und E-Mail wird eine Bearbeitungsgebühr von

CHF 5 erhoben. Die Benachrichtigung über die Platzzuteilung

erfolgt in Form einer Rechnung, nach deren Begleichung die

Karten per Post zugestellt werden. Für die postalische Zusen-

dung von telefonisch oder online gebuchten Karten sowie bei

deren Abholung an der Billettkasse wir eine Gebühr von CHF 5

erhoben. Onlinetickets können auch kostenfrei zuhause aus-

gedruckt werden.

AMAG-VOLKSVORSTELLUNGEN

Die AMAG-Volksvorstellung ermöglicht es Theaterliebhabern,

das Opernhaus Zürich zu einem deutlich reduzierten Preis zu

besuchen. Die regelmässig stattfindenden AMAG-Volksvor-

stel lungen werden in der kalendarischen Übersicht dieses Ma-

gazins, online in unserem Monatsspielplan sowie per News-

letter angekündigt. Die AMAG-Volksvorstellungen gelangen

jeweils einen Monat vorher in den Verkauf. Fällt der Tag des

Verkaufsbeginns auf einen Sonn- oder Feiertag, beginnt der

Vorverkauf am Öffnungstag davor. Schriftliche Kartenbestel-

lungen sind nicht möglich. Der Maximalbezug für diese Vor-

stellungen liegt bei 4 Karten pro Person.

OPERNHAUS-TAG

Das Opernhaus Zürich für Kurzentschlossene: Am Opernhaus-

tag erhalten Sie 5O% Ermässigung für die abendliche Vorstel-

lung. Fällt der Opernhaustag auf einen Sonntag, können die

ermässigten Tickets bereits ab Samstag erworben werden.

Die Termine finden Sie im Kalendarium dieses Magazins und

werden Ihnen auf Wunsch regelmässig per E-Mail mitgeteilt.

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ERMÄSSIGUNGEN

Das Opernhaus Zürich bietet unterschiedliche Ermässigungen

für Kinder, Schüler, Studenten, Lernende und KulturLegi-Inha-

ber, AHV- und IV-Bezüger. Informationen hierzu finden Sie un-

ter www.opernhaus.ch/besuch oder in unserem Sai son buch.

MAG ABBONIEREN

Mag, das Opernhaus-Magazin, erscheint zehnmal pro Saison

und liegt zur kostenlosen Mitnahme im Opernhaus aus. Sie

können das Opernhaus-Magazin abonnieren: zum Preis von

CHF 38 bei einer inländischen Adresse und CHF 55 bei einer

ausländischen Adresse senden wir Ihnen jede Ausgabe druck-

frisch zu. Bestellungen unter: T +41 44 268 66 66 oder tickets@

opernhaus.ch.

Beim Bühnenbildworkshop zu Mozarts «Zauberflöte»

In einer Workshop-Reihe von September bis Dezember 2014 erfährst du wie ein Bühnenbild entsteht und

setzst deine eigenen Ideen in ein Bühnenbildmodell um. Inklusive ist ein Vorstellungsbesuch unserer

aktuellen «Zauberflöte»-Produktion. Für Jugendliche ab 16 Jahren.

Weitere Informationen, Termine und Anmeldung unter www.opernhaus.ch/jung/16

TRIFFT BRIT.

Page 53: MAG Nr. 21: Lohengrin

IMPRESSUMMagazin des Opernhauses Zürich

Falkenstrasse 1, 8008 Zürich

www.opernhaus.ch, T + 41 44 268 64 00, [email protected]

Intendant Andreas Homoki

Generalmusikdirektor Fabio Luisi

Ballettdirektor Christian Spuck

Verantwortlich Claus Spahn (Chefdramaturg)

Sabine Turner (Direktorin für

Marketing, PR und Sales)

Redaktion Beate Breidenbach, Kathrin Brunner,

Fabio Dietsche, Michael Küster,

Claus Spahn

Gestaltung Carole Bolli, Martin Schoberer,

Florian Streit, Giorgia Tschanz

Fotografie Florian Kalotay, Danielle Liniger

Stefan Deuber

Bildredaktion Christian Güntlisberger

Anzeigen Marina Andreatta, Tania Cambeiro

Schriftkonzept und Logo Studio Geissbühler

Druck Multicolor Print AG

Illustrationen Laura Jurt (10,52)

Lina Müller (34-36,44)

MAG kooperiert mit dem Studiengang Redaktionelle Fotografie der

Schweizer Journalistenschule MAZ

BILLETTPREISE Platzkategorien

1 2 3 4 5

Preisstufe A 92 76 65 43 16

Preisstufe B 141 126 113 56 2O

Preisstufe C 169 152 13O 56 2O

Preisstufe D 198 173 152 92 32

Preisstufe E 23O 192 168 95 35

Preisstufe F 27O 216 184 98 38

Preisstufe G 32O 25O 22O 98 38

Preisstufe VV 75 59 44 25 15

Kinderoper K 6O 5O 4O 3O 2O

Preisstufe P1 95 8O 65 5O 35

Preisstufe P2 125 1O5 85 65 4O

Legi (Preisstufen A-C) 35 25 2O 18 13

Legi (Preisstufen D-G) 45 33 25 2O 15

Alle Preise in CHF

SPONSORENUnsere Vorstellungen werden ermöglicht dank der Subvention des Kantons

Zürich sowie den Beiträgen der Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Zug und Aargau

im Rahmen der interkantonalen Kulturlastenvereinbarung und den Kantonen

Nidwalden und Obwalden.

PARTNER

PRODUKTIONSSPONSORENEVELYN UND HERBERT AXELROD

FREUNDE DER OPER ZÜRICH

WALTER HAEFNER STIFTUNG

SWISS RE

ZÜRICH VERSICHERUNGS-GESELLSCHAFT AG

PROJEKTSPONSORENAMAG AUTOMOBIL- UND MOTOREN AG

BAUGARTEN STIFTUNG

FAMILIE CHRISTA UND RUDI BINDELLA

RENÉ UND SUSANNE BRAGINSKY-STIFTUNG

ERNST GÖHNER STIFTUNG

FREUNDE DES BALLETTS ZÜRICH

KÜHNE-STIFTUNG

RINGIER AG

GEORG UND BERTHA SCHWYZER-WINIKER-STIFTUNG

ZÜRCHER FESTSPIELSTIFTUNG

ZÜRCHER KANTONALBANK

GÖNNERABEGG HOLDING AG

ACCENTURE AG

ALLREAL

ARS RHENIA STIFTUNG

AVINA STIFTUNG

BANK JULIUS BÄR

BERENBERG SCHWEIZ

ELEKTRO COMPAGNONI AG

FITNESSPARKS MIGROS ZÜRICH

EGON-UND-INGRID-HUG-STIFTUNG

STIFTUNG MELINDA ESTERHÁZY DE GALANTHA

FRITZ-GERBER-STIFTUNG

WALTER B. KIELHOLZ STIFTUNG

KPMG AG

LANDIS & GYR STIFTUNG

LINDT UND SPRÜNGLI (SCHWEIZ) AG

STIFTUNG MERCATOR SCHWEIZ

FONDATION LES MÛRONS

NEUE ZÜRCHER ZEITUNG AG

PRO HELVETIA, SCHWEIZER KULTURSTIFTUNG

ELSE VON SICK STIFTUNG

PROFESSOR ARMIN WELTNER-STIFTUNG

FÖRDERERFRANKFURTER BANKGESELLSCHAFT (SCHWEIZ) AG

GARMIN SWITZERLAND

HOREGO AG

SIR PETER JONAS

MARSANO BLUMEN AG

LUZIUS R. SPRÜNGLI

ELISABETH STÜDLI STIFTUNG

CONFISERIE TEUSCHER

ZÜRCHER THEATERVEREIN

ab

Serviceteil

51

Page 54: MAG Nr. 21: Lohengrin

In der Oper La fanciulla del West von Giacomo Pucci ni

leben Goldgräber in einem trostlosen Ort am Ende der

Welt und haben furchtbares Heimweh. Braucht der

Mensch Heimweh?

Ich muss an dieser Stelle keinen Auskennertext darüber

schrei ben, dass das Heimweh als benanntes Gefühl ein

Schwei zer Patent ist. Von Soldaten erfunden, denen das

sin gen von Heimatliedern verboten wurde, weil es sie in

einen Rausch der Traurigkeit und Appetitlosigkeit versetzte.

Wer weint, will nicht morden. In vielen Geschichten des

Literaten Erwin Koch, ein grosser Feldforscher des Schwei-

zer Elends, spielt das Heimweh eine grosse Rolle. Menschen

verlassen die Schweiz und haben Heimweh nach dem Entle-

buch, nach Erlenbach und Zumikon, das sie fast in den Wahn

treibt. Inzwischen hat das Heimweh die Welt erobert. Egal

ob im Kongo oder in einem Nest an der Nordsee seufzen

sie schwer, die Menschen, und berichten mit einem grossen

Anspruch auf Einzigartigkeit von dem, was speziell ihr Zu-

hause ausmacht – das Essen, die Lieder, die Gastfreundschaft,

vielleicht der Geruch am Morgen und das Wetter. Manche

halten sich für ganz coole Hunde, wenn sie raunen: Ich habe

nur Heimweh nach Menschen. Als ob sie damit jeden Ge-

neralverdacht, der sie des Nationalismus bezichtigen könnte,

von sich weghipstern könnten.

Ich hatte immer Heimweh nach der Schweiz, selbst als ich

sie noch nicht persönlich kannte. Nach ungefähr drei Wochen

an durchaus attraktiven Orten in der Welt kam immer eines

Morgens das kleine Unglück. All die interessanten Strassen

oder das warme Meer machte mir keine Mitteilung mehr.

Ich stand auf unklar befestigten Sandhaufen und blickte in

den Himmel, wo nicht einmal ein Flugzeug auszumachen

war. Ich wusste, dass ich, sänke ich auf der Strasse zusammen,

nicht mit Anteilnahme rechnen durfte und ahnte, ich würde

Heimwehverenden, ohne dass jemand meine Hand hielte. Das kleine

Gefühl verdichtet sich zu etwas, das mich bis heute Flüge

ver fallen, Taxis anheuern oder wochenlang in Zügen hocken

lässt, nur um endlich heimzukommen.

Fast alle Menschen fühlen sich aufgehoben in dem, was sie

kennen. Zu wissen, wohin Strassen führen, wer die Nachbarn

sind, die Todesanzeigen in der Zeitung mit Gesichtern zu

verbinden, nicht über die Funktion der Buslinien nachden-

ken zu müssen, ist wie ein Bad in angenehmem Wasser. Das

ist Heimat. Zusammengesetzt aus tausend kleinen Details,

die nur meinen: Ich kenne mich aus. Und jede Veränderung

der vertrauten Umgebung bringt Verunsicherung mit sich.

Neue Wohnblöcke, abgerissene Häuser, Bahnhöfe, jeder

Eingriff von oben meint: Es braucht dich hier nicht, Mensch.

Was du Heimat nennst, ist nichts ausser Landschaft und

Beton und Investmentkapital. Du würdest es nicht wieder-

erkennen, wenn du in hundert Jahren wiederkämest. Wirst

du aber nicht. Die Welt wird weiterbestehen, in veränderter

Form, und leider ohne dich.

Heimweh ist der Wunsch nach Unsterblichkeit. Ich langweile

mich mitunter in der Schweiz, sehne mich nach Filmsze-

nen-Situationen: Interessante Menschen stehen mit Mixge-

tränken um meinen ausladenden Pool und reden über die

Weltrevolution oder in welches Banksystem man sich gerade

gehackt hat. Ich ärgere mich über die Schweiz, sie ist mir zu

langsam, zu SVP, egal was noch alles. Doch! Bin ich drei

Wochen weg, habe ich Heimweh. Ich will wieder durch die

Stadt laufen, ohne die Angst, verloren zu gehen, ich will in

Gesichter sehen, deren Biografien ich mir ausdenken kann.

Ich will Vertrautheit. Ich will nicht sterben.

Sibylle Berg

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Sibylle Berg denkt über Operngefühle nach

52

Page 55: MAG Nr. 21: Lohengrin

Extrakonzert

RHAPSODY IN BLUE

EIN ABEND MIT MUSIK AUS AMERIKA Fabio Luisi, Dirigent

Julie Fuchs, Sopran

Benjamin Bernheim, Tenor

Sebastian Knauer, Klavier

Philharmonia Zürich

GEORGE GERSHWINRhapsody in Blue

An American in Paris

Ouverture aus «Girl Crazy»

SAMUEL BARBER

Adagio for Strings

LEONARD BERNSTEIN

Candide Ouverture

Arien und Duette aus Werken von

Bernstein, Barber, Gershwin u.a.

OPERNHAUS ZÜRICH

Fr 31 Okt 2O14, 19.OO

Page 56: MAG Nr. 21: Lohengrin

Wie machtEngagement dieKleinen gross?

credit-suisse.com/sponsoring

Wenn es um Nachwuchsförderung in der klassischen Musik geht, engagiert sich die Credit Suisse nachhaltig. Deshalb unterstützen wir als Partner des Opernhauses Zürich die Orchester-Akademie am Opernhaus Zürich sowie den Club Jung.

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