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Dr. Peter Berster DLR Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. Dr. Peter Berster Low Cost Carrier in Deutschland, Europa und weltweit
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Low Cost Carrier in Deutschland, Europa und weltweit · Dr. Peter Berster DLR Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. Dr. Peter Berster Low Cost Carrier in Deutschland, Europa

Aug 27, 2019

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Dr. Peter Berster

DLR Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V.

Dr. Peter Berster

Low Cost Carrier in Deutschland, Europa

und weltweit

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1) Low Cost‐Carrier – Ein aktueller Trend?!

2) Entwicklung der Low Cost‐Carrier in Deutschland

3) Entwicklung der Low Cost‐Carrier in Europa

4) Entwicklung der Low Cost‐Carrier weltweit

5) Perspektiven des weltweiten Luftverkehrs

6) Zusammenfassung

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1 Low Cost-Carrier – Ein aktueller Trend ?!

Die Entwicklung der Low Cost‐Carrier reicht bis in das Jahr 1971, als

nach einer Idee von Herb Kelleher in den USA die Fluggesellschaft

Southwest gegründet wurde, eine Gesellschaft die auf kurzen Strecken

möglichst häufig zu sehr günstigen Preisen fliegt. Dieses Konzept hat nach

der Liberalisierung des Luftverkehrs in Europa in den 90er Jahren beson-

ders Ryanair aufgegriffen und nach dem Jahr 2002 einen Low Cost‐Boom

in Deutschland ausgelöst. Mittlerweile gibt es rund 20 Low

Cost‐Fluggesellschaften, die Deutschland anfliegen, in Europa sind es

rund 30 Gesellschaften und weltweit fliegen rund 100 Low Cost‐Carrier.

Zu den größten zählen dabei Southwest, Ryanair, Easyjet, das Low

Cost‐Segment von Air Berlin oder die spanische Gesellschaft Vueling. Es

handelt sich dabei um ein sehr dynamisches Segment des Luftverkehrs.

So gab es schon in der Anfangszeit in Europa erste Konkurse und Über-

nahmen z.B. bei den Gesellschaften Debonair, GO oder BUZZ sowie auch

in jüngerer Zeit mit Jet4you, Windjet oder flybaboo. Kooperationen sind

mittlerweile ebenfalls festzustellen. So ist z.B. Air Berlin nach Übernahme

der Gesellschaften dba, gexx oder flyniki im Jahr 2011 eine Kooperation

mit Ethiad eingegangen und im Jahr 2012 sogar der Allianz Oneworld

beigetreten. Damit verfolgt diese Gesellschaft inzwischen verschiedene

Geschäftsmodelle und ist zu einem typischen Hybridcarrier geworden.

Aufgrund der zahlreichen Konkurrenz werden langfristig nur wenige

große Low Cost‐Gesellschaften am Markt überleben können. Dabei gibt es

noch nicht einmal eine einheitliche Definition zu dem Thema Low

Cost‐Carrier. Es gibt lediglich eine gewisse Anzahl an Hauptmerkmalen,

die einen Low Cost‐Carrier charakterisieren, wobei es immer noch eine

Entscheidung des Ermessens des Betrachters ist ob er eine Gesellschaft

dem Low Cost‐Carrier Markt zuordnet oder nicht.

Hauptmerkmale sind dabei z.B. sehr niedrige spezifische Kosten und eine

strikte Kostenkontrolle, die u.a. durch die Vermeidung von kostenlosen

Zusatzleistungen oder dem Direktmarketing über das Internet erreicht

werden können. Es gibt Preisstrategien mit niedrigen jedoch nachfrage-

abhängigen Preisen, häufig besteht die Flotte aus einem einheitlichen

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Flugzeugtyp, z.B. A320 oder B737 mit einer hohen Sitzplatzdichte. Das

Streckennetz weist möglichst keine Überschneidungen mit anderen Flug-

gesellschaften auf.

Abb. 1: Streckennetz von Ryanair und Easyjet in Deutschland

Es besteht vorwiegend aus Punkt‐zu‐Punkt‐Verbindungen mit kurzen Dis-

tanzen. Das Netz weist meist eine Konzentration auf geeignete Flughäfen

auf, die schnelle Turn‐Around‐Zeiten gewährleisten mit einfachen Boden-

verkehrsdiensten. Auch durch das Weglassen von Flugscheinen und Re-

servierungsdiensten wird Geld gespart. Dabei gibt es inzwischen einen

Trend zur Vermischung der Geschäftsmodelle. Bei einer Sättigung der

Märkte ist eine Abkehr von den typischen Merkmalen der Low

Cost‐Carrier zu beobachten, so werden mit den Kanarischen Inseln oder

Nordafrika mittlerweile auch längere Distanzen geflogen und auch Groß-

flughäfen werden verstärkt in das Netz eingebunden.

2 Entwicklung der Low Cost-Carrier in Deutschland

Low Cost‐Verkehre gibt es in Deutschland seit 1998, als Debonair anfing

von Mönchengladbach aus günstige Flüge nach München, Hamburg oder

Mailand anzubieten. In dieser Anfangsphase waren auch BUZZ oder GO,

jedoch nur mit einer begrenzten Anzahl an Strecken, in Deutschland tätig.

Dies änderte sich als Ryanair im Frühjahr 2002 den Flughafen Hahn zu

einer Basis in Deutschland ausbaute und als im Herbst 2002 auch Germa-

nwings und HLX von Köln aus begannen Low Cost‐Verkehre in einer gro-

ßen Anzahl anzubieten. Jedes Jahr kamen danach rund 100 neue Stre-

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cken hinzu. Der Höhepunkt war im Jahr 2007 erreicht, als sogar 150

Strecken neu hinzugekommen sind. Seitdem schwankt die Anzahl der

Low Cost‐Strecken um den Wert 650.

Abb. 2: Entwicklung der Anzahl der Strecken der Low Cost‐Carrier in Deutschland

(Quelle: OAG, DLR)

Diese Entwicklung ist auch anhand der Wachstumsraten erkennbar, die

zwischen 2005 und 2009 permanent abgenommen haben und seitdem

um den 0‐Punkt schwanken.

Abb. 3: Wachstumsraten der Low Cost‐Angebote in Deutschland (Quelle: OAG, DLR)

Betrachtet man bei der Entwicklung auch die geographische Verteilung,

so erkennt man, dass in den Anfangsjahren lediglich wenige Strecken

nach England und Italien angeboten wurden. Danach entwickelte sich

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besonders der Markt nach Spanien und Frankreich, aber auch die Netze

nach Italien und zu den Britischen Inseln wurden dichter. Es folgten Ziele

in Nord‐ und Osteuropa, bevor die Strecken auch auf weitere Distanzen

wie z.B. nach Island, Nordafrika oder zu den Kanarischen Inseln ausge-

dehnt wurden.

Abb. 4: Die 3 Phasen der Entwicklung der Low Cost‐Strecken in Deutschland

(Quelle: OAG, DLR)

In jüngster Zeit werden auch Flughäfen in Südosteuropa sowie im Nahen

Osten angeflogen. So weist das Netz der Low Cost‐Carrier im Juli 2012

knapp 650 unterschiedliche Strecken auf, wobei 95 % davon nur von

einer Low Cost‐Fluggesellschaft bedient werden. Lediglich auf 27 Stre-

cken fliegen 2 verschiedene Low Cost‐Gesellschaften und nur auf 2 Stre-

cken sind mehr als zwei Gesellschaften tätig.

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Abb. 5: Low Cost‐Strecken ab Deutschland 2012 (Quelle: OAG, DLR)

Die sieben größten der 20 Low Cost‐Carrier vereinen derzeit rund 94 %

des deutschen Marktes auf sich. Allein auf das Low Cost‐Segment von

Air Berlin entfallen rund 47 % aller Flüge. Im Ranking der Marktanteile

folgen Germanwings mit 20 % und Ryanair mit 14 %. Easyjet konnte sei-

nen Anteil von 8 % halten.

Abb. 6: Verteilung Low Cost‐Angebote auf die Fluggesellschaften (Quelle: OAG, DLR)

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Insgesamt werden von den betrachteten Low Cost‐Fluggesellschaften 648

unterschiedliche Strecken in einer Woche im Juli 2012 im innerdeutschen

und grenzüberschreitenden Verkehr bedient. Dies sind über 10 Strecken

mehr als im Sommer 2011, gleichbedeutend einem Anstieg von 2 %. So-

mit gibt es nach Streckenstilllegungen in 2009, einem Anstieg in 2010,

einem Rückgang in 2011 erneut ein leichtes Wachstum bei der Strecken-

entwicklung. Allerdings liegt die Anzahl mit 648 unterschiedlichen Stre-

cken noch deutlich unter dem Höchstwert aus dem Jahr 2010 mit 675

Strecken. Auch die Zahl der Flüge ist im Vergleich zum Vorjahr mit 1,5 %

wieder leicht angestiegen.

Insgesamt wurden rund 4.900 Flüge von den Low Cost‐Carriern in einer

Woche im Juli 2012 durchgeführt, ein Jahr zuvor waren es 70 Flüge we-

niger. Die Zahl der Flüge ist somit um 1,5 % gestiegen, etwas stärker hat

sich auch die Anzahl der Sitze, nämlich um rund 3,8 %, erhöht. Dabei ist

die Zahl der Strecken um 2 % angewachsen. Dies bedeutet, dass sich das

Netz ähnlich entwickelte wie die Anzahl der Frequenzen. Gemessen an

der Zahl der angebotenen Flüge (Starts) in einer Woche im Juli 2012 ist

Air Berlin mit seinem Low Cost‐Segment mit über 2.300 Abflügen mit Ab-

stand der größte Low Cost‐Anbieter in Deutschland. Das Flugaufkommen

liegt jedoch um rund 2 % niedriger als im Vorjahr. Dies ist u.a. auf ein

umfangreiches Programm bei Air Berlin zur Kapazitätsreduzierung zu-

rückzuführen, zu dem auch der Rückzug von diversen Regionalflughäfen

zählte. Im Ranking folgen Germanwings (968 Flüge) und Ryanair (672

Flüge).

Auf den Flügen wurden im Mittel 153 Sitze pro Flug angeboten, ein etwas

höherer Wert als im Vorjahr. Es zeigt sich, dass sich bei den Low

Cost‐Carriern mittlerweile eine typische durchschnittliche Flugzeuggröße

von rund 150 Sitzplätzen etabliert hat. Bei der Flottenzusammensetzung

der einzelnen Gesellschaften ist festzustellen, dass zunehmend kleineres

Gerät außer Dienst gestellt wird. Typisches Fluggerät sind Flugzeuge der

Baureihe Airbus 319/320 und Boeing 737. Nur wenige Gesellschaften wie

z.B. Intersky oder flybe haben kleinere Propellerflugzeuge in ihren Flot-

ten.

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Tabelle 1: Ranking der Low Cost‐Fluggesellschaften nach Anzahl der Abflüge in

Deutschland (Quelle: OAG, DLR)

Im Ranking der Zielländer zeigt sich immer noch ein hoher Marktanteil

des innerdeutschen Verkehrs: Allerdings werden nur noch 33 % aller Ab-

flüge von Low Cost‐Carriern von deutschen Verkehrsflughäfen in diesem

Markt angeboten, der jedoch mit rund 102 Strecken (entspricht 51 Flug-

hafenpaaren) nur ca. 15 % aller Strecken ausmacht. Im Mittel werden im

innerdeutschen Verkehr 16 Low Cost‐Flüge pro Woche auf einer Strecke

angeboten. In den Sommermonaten stehen Spanien und Italien mit rund

790 bzw. 485 Flügen im Ranking an zweiter und dritter Stelle. Großbri-

tannien liegt vor Österreich und der Schweiz an vierter Stelle. Es folgen

dann auf den Plätzen 7 bis 9 Griechenland, Irland und Schweden vor Po-

len und Kroatien. Dabei ist besonders innerhalb Deutschlands und nach

Österreich und der Schweiz ein Rückgang bei den Low Cost‐Angeboten

gegenüber dem Vorjahr festzustellen. Der Rückgang hat aber u.a. auch

administrative Gründe, z.B. eine strengere Gebührenpolitik, denn sowohl

Deutschland als auch Österreich haben eine Luftverkehrssteuer eingeführt

oder erhöht, woraufhin verschiedene Gesellschaften ihr Angebot in diesen

Märkten reduziert haben. Insgesamt bedienen die Low Cost‐Carrier aus

Deutschland derzeit Destinationen in 36 Ländern. Ein geringer Ausbau ist

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in die Mittelmeerländer und nach Osteuropa erkennbar. Neu hinzuge-

kommen gegenüber dem Vorjahr ist Tunesien.

Tabelle 2: Ranking der Zielländer nach Flugangeboten in/ab Deutschland

(Quelle: OAG, DLR)

Seit der Entstehung der Low Cost‐Verkehre 1998 in Deutschland haben

rund 45 unterschiedliche Gesellschaften Flüge in diesem Segment des

Luftverkehrs angeboten. Während einige davon schon in den Anfangsjah-

ren ihren Betrieb eingestellt haben oder von anderen Fluggesellschaften

übernommen worden sind, hat sich das Low Cost‐Segment von Air Berlin

durch die Übernahme der Gesellschaften dba, Gexx oder von diversen

HLX‐Strecken zur größten Low Cost‐Fluggesellschaft in Deutschland ent-

wickelt, obwohl sie daneben auch weitere Geschäftsmodelle wie typi-

schen Charterverkehr oder internationalen Langstreckenverkehr durch-

führt und mittlerweile der Allianz Oneworld angehört.

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Abb. 7: Entwicklung der LCC‐Starts in Deutschland nach Fluggesellschaft

(Quelle: OAG, DLR)

Der verkehrsreichste Flughafen Deutschlands, Frankfurt, spielt auf Grund

seiner ausgeprägten Drehkreuzfunktion im klassischen Linienverkehr und

den ausgelasteten Kapazitäten im Low Cost Verkehr auch im Sommer

2012 nur eine untergeordnete Rolle. So wurden nur 100 Flüge (ca. 2 %),

besonders von Air Berlin, Niki oder flybe im Low Cost‐Verkehr durchge-

führt. Köln/Bonn weist mit 555 Starts (entspricht 65 % des dortigen

Flugaufkommens) einen um rund 4 % niedrigeren Wert auf als im Vor-

jahr und liegt damit nach dem Berliner Flughafen Tegel nur noch auf

Platz 2 der deutschen Flughäfen mit den meisten Low Cost‐Angeboten.

Während der Low Cost‐Anteil in Schönefeld bei rund 74 % liegt, beträgt

er in Tegel nur 39 %. Obwohl der Low Cost‐Verkehr auf einigen deut-

schen Flughäfen, wie z.B. Berlin‐Schönefeld, Köln oder Hamburg abge-

nommen hat, konnte er sein Angebot in Berlin‐Tegel um rund 30 Flüge

pro Woche steigern. Auch Flughäfen, die im letzten Jahr starke Rückgän-

ge hinnehmen mussten, wie z.B. Hahn oder Niederrhein weisen dieses

Jahr wieder ein Wachstum auf, deren Aufkommen aber noch weit unter

dem Wert des Jahres 2010 liegen. Mit einem Anteil von über 90 % am

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Linienverkehr werden an den Flughäfen Niederrhein, Lübeck, und Hahn

fast ausschließlich Low Cost‐Verkehre durchgeführt. Dies gilt in etwas ab-

geschwächter Form auch für die Flughäfen Dortmund, Karlsru-

he‐Baden/Baden und Memmingen.

Abb. 8: Entwicklung der Low Cost‐Starts auf deutschen Flughäfen (Quelle: OAG, DLR)

Die Flugpreise der bedeutendsten Low Cost‐Carrier in Deutschland variie-

ren untereinander und in Abhängigkeit vom Flugziel und dem Vorausbu-

chungszeitraum. Die von den Carriern öffentlich angegebenen Preise sind

typischerweise Nettoflugpreise, die normalerweise noch nicht Gebühren,

Steuern und andere Zuschläge enthalten und deshalb wenig aussagefähig

sind. So werden zusätzlich auch die Endpreise betrachtet, für die man

fliegen kann. Allerdings können auch hier noch weitere Kosten anfallen,

wenn zusätzliche Leistungen, wie z.B. Verpflegung in Anspruch genom-

men werden.

Um Angaben über Endpreise zu machen, wurden die Preise für LCC Flüge

auf mehr als 60 ausgewählten Strecken für vier Zeitpunkte (Vorausbu-

chungszeitraum von einem Tag, einer Woche, einem Monat und von drei

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Monaten) ermittelt und ausgewertet. Diese Streckenauswahl entspricht

einer repräsentativen Stichprobe von rund 10 % aller LCC Strecken, die

im Herbst 2012 bedient wurden. Die über alle Strecken und Buchungs-

zeitpunkte ermittelten Durchschnittspreise für einen Flug variieren je

nach Carrier im Herbst 2012 zwischen ca. 50 € und 90 € bei den Netto-

preisen und zwischen 70 € und 120 € bei den Bruttopreisen.

Abb. 9: Durchschnittliche Flugpreise für ausgewählte Tage und Strecken im Herbst

2012 (Quelle: jeweilige Fluggesellschaft, DLR)

Die Flugpreise eines Low Cost‐Carriers variieren stark mit dem Zeitraum

zwischen Flugbuchung und Flugdurchführung: Ein Flug, der am Folgetag

der Buchung stattfindet, kann das Vielfache eines Fluges kosten, der erst

drei Monate nach der Buchung durchgeführt wird. Allerdings scheint die-

se Spannbreite nicht mehr so ausgeprägt wie früher zu sein. Die durch-

schnittlichen Bruttopreise der bedeutendsten Low Cost‐Carrier in

Deutschland variieren zwischen ca. 100 € und 200 € für einen Flug mit

einer Vorausbuchung von nur einem Tag und zwischen ca. 21 € und 56 €

für einen Flug, der erst drei Monate nach dem Buchungstag stattfindet.

Allerdings sagen diese Werte noch nichts über die Anzahl der tatsächlich

verkauften Tickets zu diesen Preisen aus, denn es gibt keine gesicherten

Informationen darüber, wie viele der Sitze zu den jeweiligen Tarifen auch

verkauft worden sind.

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Abb. 10: Durchschnittliche Flugpreise in Abhängigkeit von der Vorausbuchungsdauer

(Buchungstag: 12.09.2012); (Quelle: jeweilige Fluggesellschaft, DLR)

Das Preisbeispiel auf der Strecke Köln‐Edinburgh mit Easyjet zeigt die

Entwicklung der Flugpreise in Abhängigkeit von der Vorausbuchungsdau-

er. Als Buchungstag wurde der 18.7.2011 gewählt. Möchte man in den

folgenden 3 Tagen fliegen, so zahlt man die höchsten Preise, die zwischen

100 und 140 € liegen. Soll der Flug aber erst in der Zeit von 1 bis 4 Wo-

chen nach der Buchung erfolgen sinkt der Preis auf einen Wert zwischen

60 € und 100 €. Liegt der Flugtag aber noch weiter in der Zukunft sinkt

der Preis auf einen Wert zwischen 20 € und 60 €. Lediglich an bestimm-

ten Tagen, wie z.B. Wochenenden, Feiertage oder Ferien sind höhere

Werte festzustellen.

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Abb. 11: Entwicklung der Flugpreise auf der Strecke Köln‐Edinburgh mit Easyjet in Ab-

hängigkeit von der Vorausbuchungsdauer (Buchungstag: 18.07.2011);

(Quelle: Easyjet, DLR)

Ähnlich sieht es auf der Strecke Weeze‐Rom Ciampino mit Ryanair aus.

Hier wurde der Buchungstag 1.1.2011 gewählt und auch hier zeigt sich

die von der Vorausbuchungsdauer abhängige Preisgestaltung, die eben-

falls verschiedene Sonderereignisse, wie z.B. die Weihnachtsfeiertage be-

rücksichtigt.

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Abb. 12: Entwicklung der Flugpreise auf der Strecke Weeze‐Rom Ciampino mit Ryanair

in Abhängigkeit von der Vorausbuchungsdauer (Buchungstag: 01.11.2011);

(Quelle: Ryanair, DLR)

Im ersten Halbjahr 2012 sind auf den 26 internationalen und regionalen

Verkehrsflughäfen insgesamt 95,1 Mio. Passagiere gezählt worden.

28,8 Mio. Ein‐ und Aussteiger können davon dem Angebotssegment des

Low Cost‐Verkehrs zugerechnet werden. Dies entspricht einem Anteil von

30,3 %. Dieser Anteil variiert stark zwischen den Flughäfen. Am Hubflug-

hafen Frankfurt ist der LCC-Anteil mit rund zwei Prozent am geringsten,

wohingegen die „Low Cost‐Flughäfen“ Hahn, Lübeck, und Niederrhein

fast ausschließlich durch dieses Verkehrssegment gekennzeichnet sind.

Auch die Flughäfen Berlin‐Schönefeld, Köln/Bonn, Dortmund, Karlsru-

he/Baden‐Baden, Friedrichshafen und Memmingen werden überwiegend

durch Low Cost‐Angebote geprägt. Nimmt man die verfügbaren Daten-

quellen im Angebots‐ wie im Nachfragebereich zusammen, so lässt sich

folgern, dass die Anzahl der im Low Cost‐Verkehr im ersten Halbjahr

2012 beförderten Passagiere um rund 2 Mio. oder über 6 % im Vergleich

zum ersten Halbjahr 2011 zurückgegangen ist. Dabei steht dem Rückgang

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bei der Anzahl der LCC‐Passagiere ein gleichzeitiger Anstieg des gesamten

deutschen Luftverkehrs gegenüber. Somit ist der Anteil der auf Low

Cost‐Flügen beförderten Personen von 33 % auf 30 % zurückgegangen.

Tabelle 3: Luftverkehrsnachfrage auf deutschen Flughäfen im ersten Halbjahr 2012

(Quelle: Sabre, Deutsche Luftverkehrsstatistik, ADV, DLR)

Durch die Einführung neuer Low Cost‐Strecken wird in den meisten Fäl-

len auch neue Nachfrage generiert. Während lange Zeit sowohl von Düs-

seldorf als auch von Köln Lufthansa Flüge nach Hamburg angeboten hat,

gab es an beiden Standorten eine ähnliche Nachfrage von rund 10 Tsd.

Reisenden pro Monat. Deutlich erkennbar ist, wie die Nachfrage aus dem

Rheinland sprunghaft mit dem Angebot neuer Low Cost‐Dienste ab dem

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Flughafen Köln nach Hamburg durch HLX im Winter 2002/2003 ange-

stiegen ist. So verdoppelte sich hier nahezu die Nachfrage. Gleichzeitig

gab es aber kaum Veränderungen bei der Nachfrage nach Flugleistungen

vom benachbarten Flughafen Düsseldorf nach Hamburg. Erst durch die

Einführung preisgünstiger Flüge durch Lufthansa im Rahmen des Bet-

ter‐Fly Programms konnte auch hier die Nachfrage gesteigert werden.

Abb. 13: Entwicklung der Luftverkehrsnachfrage aus dem Rheinland nach Hamburg

(Quelle: Deutsche Luftverkehrsstatistik, DLR)

Auch auf den Strecken aus dem Rheinland nach Berlin lassen sich Ver-

kehrsgenerierungseffekte feststellen. Während auch hier sowohl von Köln

als auch von Düsseldorf Angebote bestehen, steigt auch hier die Nachfra-

ge in Köln mit dem Angebot neuer Low Cost‐Flüge ab Köln durch HLX im

Winter 2002/2003 sprunghaft an. Im weiteren Verlauf zeigt sich aber

auch, wie Gesellschaften versuchen, direkten Wettbewerb auf einer Stre-

cke zu umgehen, indem sie wie die Germanwings in Berlin die Zielflughä-

fen von Tegel nach Schönefeld wechseln. Es zeigt sich aber auch, dass die

Nachfrage nur für eine gewisse Anzahl an Fluggesellschaften ausreicht, so

wechselt dba zunächst von Tegel nach Tempelhof und stellt dann seine

Flüge vollständig ein.

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Abb. 14: Entwicklung der Luftverkehrsnachfrage aus dem Rheinland nach Berlin

(Quelle: Deutsche Luftverkehrsstatistik, DLR)

3 Entwicklung der Low Cost‐Carrier in Europa

Insgesamt hat sich die Anzahl der in Europa tätigen Low

Cost‐Fluggesellschaften gegenüber dem Vorjahr leicht verringert. So ha-

ben der marokkanische Low Cost‐Carrier Jet4you und die italienische Ge-

sellschaft Windjet mittlerweile ihren Betrieb eingestellt, und auch Fly-

baboo fliegt nicht mehr als eigene Marke sondern ist von Darwin Airline

übernommen worden. Der malaysische Langstrecken Low Cost‐Carrier Air

Asia X hat sich aufgrund gestiegener Kosten ganz aus Europa zurückgezo-

gen. Größte europäische Low Cost‐Fluggesellschaft ist Ryanair mit fast 12

Tsd. Starts im Juli 2012. Damit weist sie nach einem Rückgang im Früh-

jahr wieder ein Wachstum um fast 10 % gegenüber dem Vorjahr auf und

erreicht damit einen neuen Höchststand. Zweitgrößte Gesellschaft ist

Easyjet mit fast 9 Tsd. Starts, die europaweit ebenfalls das Angebot er-

höhte und knapp 7 % mehr Flüge anbietet als im vergangenen Jahr. Wäh-

rend bei Ryanair fast 300 Strecken neu hinzugekommen sind, erhöht

Easyjet das Netz um etwas mehr als 100 Strecken. Mit großem Abstand

folgen die Flüge der Gesellschaft flybe, die ihr Angebot um 8 % auf rund

3.790 Flüge steigern konnte.

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Tabelle 4: Die größten Low Cost‐Carrier und Zielgebiete in Europa (nach Anzahl der

Starts/Woche im Juli 2012); (Quelle: OAG, DLR)

Somit gibt es auf europäischer Ebene weiterhin ein permanentes Wachs-

tum bei der Anzahl der Strecken, das z.Z. noch wesentlich höher ist als

das in Deutschland. Als Quell‐ und Zielland Nr. 1 bei Low Cost‐Flügen gilt

weiterhin Großbritannien. Das Netz dieses Landes umfasst im Sommer

2012 über 1.100 Strecken aus ganz Europa, einschließlich des nationalen

Verkehrs. Auch hier ist seit 2009 eine Stagnation bzw. ein unterdurch-

schnittliches Wachstum bei der Anzahl der Strecken und Flüge zu be-

obachten, was möglicherweise auch auf die Erhöhung der Luftverkehrs-

steuer in diesem Land zurückzuführen ist. So stieg die Anzahl der Flüge

nur geringfügig um 1 % in dem betrachteten Zeitraum. Auf den weiteren

Plätzen folgen Spanien, Italien und Deutschland mit jeweils etwas mehr

als 4.800 Flügen. Auf den Rängen 5 bis 7 liegen Frankreich, Irland, Nor-

wegen und die Niederlande mit mehr als 1.000 Flügen.

Von den insgesamt über 7 Tsd. unterschiedlichen Strecken werden über

6.400 (91 %) von nur einem Low Cost‐Carrier bedient. Lediglich auf rund

563 Strecken fliegen 2 und auf 66 Strecken mehr als 2 Low Cost‐Carrier

im Wettbewerb. Das bedeutet, dass auch in Europa der Wettbewerb der

Low Cost‐Carrier auf gemeinsamen Strecken relativ gering ist.

Durch einen starken Angebotsausbau u.a. von Ryanair oder Vueling ist

mittlerweile Barcelona mit über 1.800 Low Cost‐Carrier Starts pro Woche

im Juli 2012 größter europäischer Low Cost‐Carrier Flughafen. Dahinter

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folgen die Flughäfen London‐Gatwick (1.484 Starts), Palma de Mallorca

(1.371 Starts) und Dublin (1.321 Starts). London‐Stansted als zweiter

Londoner Flughafen liegt mit 1.207 Starts auf Platz fünf. Der dritte Lon-

doner Flughafen Luton weist 660 Starts auf und befindet sich auf Rang

14. Insgesamt werden somit von den Londoner Flughäfen über 3.300 Low

Cost‐Flüge angeboten, soviel wie in keiner anderen Agglomeration Euro-

pas. Berlin‐Tegel liegt mit 649 Starts auf Platz 15. Unter den 30 größten

Low Cost‐Carrier Flughäfen in Europa befinden sich mit Köln/Bonn (Platz

18), Düsseldorf (Platz 20), Stuttgart (Platz 26) und München (Platz 30)

weitere deutsche Flughäfen, die über mehr als 440 Starts pro Woche von

Low Cost‐Carriern verfügen.

Abb. 15: Flughäfen mit den größten Low Cost‐Angeboten in Europa (Quelle: OAG, DLR)

Im Europaverkehr hat der Low Cost‐Carrier Markt seinen Anteil auf 29 %

der Flüge steigern können. 71 % der Flüge werden vorwiegend von den

klassischen Linien‐ und Ferienfluggesellschaften durchgeführt. Ein weite-

rer Teil des Marktes wird von kleineren Regionalfluggesellschaften be-

dient, die jedoch überwiegend mit einer großen Gesellschaft kooperieren.

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Abb. 16: Anteil der Low Cost‐Carriern bei den angebotenen Flügen in Europa

(Quelle: OAG, DLR)

4 Entwicklung der Low Cost‐Carrier weltweit

Während es schon in Deutschland und Europa schwierig ist Low

Cost‐Carrier eindeutig zu erfassen, so trifft dies erst recht für einen welt-

weiten Vergleich zu, da die Anzahl der Carrier wesentlich höher ist, die

sowohl im klassischen Linienverkehr‐ als auch im Charter‐ oder Low

Cost‐Verkehr tätig sind. Daher erhebt diese Untersuchung keinen An-

spruch auf Vollständigkeit, sondern soll nur annähernd genau über Art

und Umfang des weltweiten Low Cost‐Verkehrs informieren. So gibt es

weltweit rund 100 Fluggesellschaften die Low Cost‐Verkehre anbieten.

Diese haben im Jahr 2011 rund 687 Mio. Passagiere transportiert. Dies ist

mehr als eine Vervierfachung gegenüber dem Jahr 2002 als lediglich 162

Mio. Passagiere mit Low Cost‐Gesellschaften geflogen sind. Auch weltweit

sind erste Sättigungstendenzen erkennbar. So gab es weltweit den stärks-

ten Anstieg zwischen 2004 und 2008. Seitdem flacht das Wachstum ab.

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Abb. 17: Weltweite Entwicklung der Low Cost‐Verkehre 2002 – 2011

(Quelle: Sabre, DLR)

Allerdings sieht die Entwicklung in den einzelnen Regionen unterschied-

lich aus. Während die Nachfrage in Nordamerika mit über 100 Mio.

Passagieren im Jahr 2002 schon ausgeprägt war, stieg sie bis zum Jahr

2007 auf rund 200 Mio. Passagiere an. Seitdem gibt es kaum Verände-

rungen in diesem Markt. Das Low Cost‐Carrier-Aufkommen in Europa be-

fand sich im Jahr 2002 noch in der Anfangszeit und betrug weniger als 50

Mio. Passagiere, das in den Folgejahren stark anstieg und den Wachs-

tumshöhepunkt im Jahr 2007 erreichte. Seitdem flacht auch in Europa

die Wachstumskurve ab und mittlerweile gibt es in Europa mit 241 Mio.

Low Cost‐Passagieren in diesem Segment die höchste Nachfrage in der

Welt. Demgegenüber setzte in Asien der Low Cost‐Verkehr erst im Jahr

2005 nennenswert ein und weist bis heute ein starkes Wachstum auf. So

ist Asien mit 135 Mio. Passagieren drittstärkste Region.

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Abb. 18: Entwicklung der Aufkommen der Low Cost‐Carrier in den einzelnen Regionen

(Quelle: Sabre, DLR)

Eine fluggesellschaftsspezifische Betrachtung des Low Cost‐Passagier-

aufkommens in den einzelnen Regionen zeigt, dass sich das Aufkommen

in Nordamerika von 200 Mio. Passagieren im Jahr 2011 nur auf 8 Anbie-

ter verteilt. Eindeutig dominiert hier Southwest, die mit knapp 112 Mio.

Passagieren und mehr als 700 Flugzeugen über das höchste Aufkommen

nicht nur in Nordamerika, sondern als größte Low Cost‐Gesellschaft

weltweit verfügt. So ist der Verlauf der Entwicklung von Nordamerika be-

sonders geprägt durch den Entwicklungsverlauf von Southwest. Aber

auch die anderen Low Cost‐ Carrier in Nordamerika, deren Passagierauf-

kommen weit unter 30 Mio. Passagieren liegt, zeigen einen Passagieran-

stieg nur noch bis zum Jahr 2007. Danach stagnieren die Werte in den

meisten Fällen.

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Abb. 19: Fluggesellschaftsspezifisches Low Cost‐Passagieraufkommen in Nordamerika

2002 – 2011 (Quelle: Sabre, DLR)

In Europa gibt es mit über 40 Gesellschaften die meisten Low Cost‐Carrier

in der Welt, die 2011 mehr als 240 Mio. Passagiere transportiert haben.

Auch hier dominiert eine Gesellschaft, Ryanair, die im Jahr 2011 über 71

Mio. Passagiere befördert hat. Während das Aufkommen 2002 lediglich

bei 13,9 Mio. Passagieren lag, gab es die stärksten Wachstumsphasen bis

zum Jahr 2008. Seitdem flacht das Wachstum ab und auch hier sind erste

Sättigungstendenzen in Sicht. Ähnlich sieht es bei dem zweitgrößten Low

Cost‐Carrier in Europa, bei Easyjet aus, die 2011 knapp 44 Mio. Passagie-

re beförderte.

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Abb. 20: Fluggesellschaftsspezifisches Low Cost‐Passagieraufkommen in Europa

2002 – 2011 (Quelle: Sabre, DLR)

Ganz anders ist die Situation derzeit noch in Asien. Hier teilen sich rund

20 Low Cost‐Gesellschaften eine Nachfrage von rund 135 Mio. Passagie-

ren im Jahr 2011. Eine eindeutige Dominanz gibt es nicht.

Zwar ist Air Asia mit 17,9 Mio. Passagieren größter Low Cost‐Anbieter in

Asien, aber auch die nächst größeren Gesellschaften wie Citilink, IndiGo

oder Cebu haben ein Aufkommen über 10 Mio. Passagieren im Jahr 2011.

Später als in Nordamerika und Europa setzte der Low Cost‐Verkehr in

Asien im Wesentlichen erst ab 2005 ein und zeigt bis heute ein starkes

Wachstum.

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Abb. 21: Fluggesellschaftsspezifisches Low Cost‐Passagieraufkommen in Asien 2002 –

2011 (Quelle: Sabre, DLR)

Im Folgenden soll nun die Entwicklung des Low Cost‐Verkehrs im Zu-

sammenhang mit der gesamten weltweiten Entwicklung des Luftverkehrs

betrachtet werden. Im Jahr 2002 gab es rund 1,9 Mrd. Passagiere welt-

weit. Knapp 8,5 % oder 162 Mio. Passagiere konnten dem Low

Cost‐Sektor zugerechnet werden. Bis zum Jahr 2011 hat sich das weltwei-

te Aufkommen nur um rund 0,9 Mrd. Passagiere auf 2,8 Mrd. Passagiere

erhöht, das Low Cost‐Aufkommen dagegen um mehr als 0,5 Mrd. auf 687

Mio. und hat inzwischen einen Anteil von 25 % erreicht.

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Abb. 22: Entwicklung des weltweiten Luftverkehrs sowie der Low Cost‐Verkehre und

deren Anteil (Quelle: Sabre, DLR)

Diese Entwicklung sieht in den einzelnen Regionen unterschiedlich aus.

So lag der Low Cost‐Anteil bei der Luftverkehrsnachfrage im Jahr 2002 in

Nordamerika schon bei 15 % und konnte sich bis zum Jahr 2011 nur bis

auf 25 % steigern. In Europa dagegen betrug der Anteil 2002 erst 8 %,

erhöhte sich aber bis zum Jahr 2011 auf 35 %. Ein weiterer Anstieg ist

zurzeit nicht festzustellen. In Nordamerika erhöhte sich der Anteil in den

letzten Jahren zwar noch geringfügig, dies ist aber darauf zurückzufüh-

ren, dass die Gesamtnachfrage in Nordamerika in den letzten Jahren zu-

rückgegangen ist.

Ganz anders sieht es in Asien aus, hier ist der Anteil von 1 % im Jahr

2002 auf mittlerweile 16 % im Jahr 2011 gestiegen und weist noch weite-

re Wachstumstendenzen auf.

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Abb. 23: Entwicklung des Luftverkehrs sowie der Low Cost‐Verkehre und deren Anteile

in Nordamerika (Quelle: Sabre, DLR)

Abb. 24: Entwicklung des Luftverkehrs sowie der Low Cost‐Verkehre und deren Anteile

in Europa (Quelle: Sabre, DLR)

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Abb. 25: Entwicklung des Luftverkehrs sowie der Low Cost‐Verkehre und deren Anteil in

Asien (Quelle: Sabre, DLR)

Ebenso wie schon an Beispielen in Deutschland gezeigt worden ist, hat

auch die Eröffnung von Low Cost‐Strecken weltweit verkehrsgenerierende

Effekte. So zeigt die Entwicklung der Anzahl der Passagiere auf der Stre-

cke Bombay‐Nagpur, wie mit dem Markteintritt des Low Cost‐Carriers In-

diGo die Nachfrage sprunghaft ansteigt, nachdem vorher schon lange Zeit

Jet Airways diese Strecke beflogen hatte. Dieser Generierungseffekt ist

ebenfalls auf der inneramerikanischen Strecke zwischen Philadelphia und

Chicago Midway zu erkennen. Nachdem Southwest diese Strecke bedient,

erhöhte sich das Aufkommen sprunghaft um rund 5 Tsd. Passagiere pro

Monat, ein Wert, der auch auf diversen anderen Strecken festzustellen ist.

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Abb. 26: Entwicklung der Anzahl der Passagiere auf der Strecke Bombay – Nagpur

(Quelle: Sabre, DLR)

Abb. 27: Entwicklung der Anzahl der Passagiere auf der Strecke Philadelphia ‐ Chicago

Midway (Quelle: Sabre, DLR)

In den folgenden Betrachtungen sollen die Luftverkehrsangebote, d.h. die

Anzahl der Starts und die Anzahl der Strecken im weltweiten Low

Cost‐Verkehr in Beziehung zur Luftverkehrsnachfrage näher betrachtet

werden. Hierbei sehen die Verläufe bei der Entwicklung der Starts in den

einzelnen Regionen zunächst ähnlich aus wie die Verläufe der Passagie-

rentwicklung. Allerdings weicht die Kurve für Europa ab 2008, dem Ein-

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setzten der Finanz‐ und Wirtschaftskrise, von der Passagierentwicklungs-

linie ab und zeigt seitdem nur geringe Wachstumstendenzen auf, sodass

im Jahr 2011 sowohl in Nordamerika als auch in Europa rund 2,1 Mio.

Low Cost‐Flüge abgewickelt worden sind. Das heißt, dass mit der glei-

chen Anzahl an Flügen in Europa wesentlich mehr Passagiere transpor-

tiert werden und das bedeutet weiterhin, dass in Europa verstärkt größe-

res Fluggerät zum Einsatz kommt. Auch ein Vergleich bei der Entwicklung

der Anzahl der Starts mit der Entwicklung der Anzahl der Strecken zeigt

interessante Ergebnisse. Sowohl in Nordamerika als auch in Europa sind

im Jahr 2011 rund 2,1 Mio. Starts im Low Cost‐Verkehr durchgeführt

worden. Allerdings verteilen diese sich in Europa auf 86 Tsd. Strecken,

wohingegen es in Nordamerika nur 2,9 Tsd. Strecken gibt. Dies bedeutet,

in Europa werden nur rund 250 Starts pro Strecke und Jahr durchgeführt,

in Nordamerika sind es über 700 Starts. Während es in beiden Regionen

im Jahr 2000 rund 1 Tsd. Strecken gegeben hat, hat das Wachstum in Eu-

ropa besonders durch die Eröffnung neuer Strecken stattgefunden, in

Nordamerika dagegen durch ein Wachstum auf bestehenden Strecken.

Abb. 28: Entwicklung der weltweiten Anzahl der Low Cost‐Starts je Region

(Quelle: OAG, DLR)

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Abb. 29: Entwicklung der Anzahl der weltweiten Low Cost‐Strecken je Region

(Quelle: Sabre, DLR)

Weltweit gab es insgesamt im Jahr 2000 rund 38 Tsd. Strecken, davon 2

Tsd. oder 6 % als Low Cost‐ Strecken. Dieser Anteil hat sich bis zum Jahr

2011 auf 31 % erhöht. So gibt es weltweit inzwischen rund 15 Tsd. Low

Cost‐Strecken. Mit 2.671 Strecken werden die meisten davon von Ryanair

beflogen.

Während Ryanair und Southwest im Jahr 2006 beide rund 800 Strecken

in ihrem Flugplan aufweisen hat sich diese Anzahl bei Ryanair bis zum

Jahr 2011 mehr als verdreifacht während sie bei Southwest nahezu kon-

stant geblieben ist.

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Abb. 30: Entwicklung der Anzahl der weltweiten Low Cost‐Strecken im Vergleich zur

Gesamtanzahl (Quelle: OAG, DLR)

Abb. 31: Entwicklung der Anzahl der Strecken der 10 größten Low Cost‐Carrier weltweit

(Quelle: OAG, DLR)

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5 Perspektiven des weltweiten Luftverkehrs

Der weltweite Luftverkehr weist seit 1960 ein stetiges Wachstum auf,

welches lediglich durch einzelne globale Krisen kurzfristig unterbrochen

worden ist. Dies waren z.B. die Ölkrisen in den Jahren 1973 und 1979,

der Golfkrieg 1991, die Ereignisse des 11. Septembers 2001 oder die Fi-

nanz- und Wirtschaftskrise in den Jahren 2008 und 2009. Nach jeder Kri-

se setzte sich das Wachstum aber einige Jahre später wieder fort und so

gibt es Schätzungen z.B. von der ICAO, dass sich bis zum Jahr 2026 das

Wachstum der Flugbewegungen um jährlich um rund 3 % erhöhen könn-

te. Dabei stellen sich jedoch zwei Fragen: Kann das Luftverkehrssystem,

sowohl am Boden als auch in der Luft diese Mengen überhaupt noch ab-

fertigen? Schon jetzt gibt es an zahlreichen Flughäfen Kapazitätsengpäs-

se.

Abb. 32: Entwicklung und Ausblick des weltweiten Luftverkehrs (Quelle: ICAO, DLR)

Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, wo soll das Wachstum her-

kommen? Bei einer Betrachtung des Reiseaufkommens (Passagiere je

Einwohner) bezogen auf das GDP je Einwohner zeigt sich, dass dieser

Wert in den USA mit rund 2,5 Reisen pro Einwohner und einem GDP von

rund 38 Tsd. US $ pro Einwohner am höchsten liegt. Europa inklusive

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Süd‐ und Osteuropa liegt mit knapp einer Reise pro Einwohner und ei-

nem GDP von rund 13 Tsd. US $ weit dahinter. Asien mit den bevölke-

rungsreichen Ländern wie China oder Indien liegen mit einem Reiseauf-

kommen von weniger als 0,5 Reisen je Einwohner und einem GDP von

unter 5 Tsd. US $ noch niedriger. Da diese Länder jedoch über ein hohes

Wachstumspotential verfügen, kann auch der Luftverkehr in Zukunft noch

weiter ansteigen, doch wird dies eher weniger in den USA sein sondern

eher im asiatischen Raum.

Abb. 33: Passagieraufkommensraten in Abhängigkeit von der Wirtschaftskraft

(Quelle: Sabre, Weltbank, DLR)

6 Zusammenfassung

Anhand der Analysen hat sich gezeigt, dass bei einer hohen Ausweitung

der Netze die weltweite Entwicklung der Low Cost‐Carrier in den Jahren

zwischen 2004 und 2008 ihre stärkste Ausprägung erreicht hatte. Wäh-

rend der Low Cost‐Verkehr in verschiedenen Weltregionen, besonders in

Asien, auch weiterhin stark wächst, werden die Wachstumsraten in Euro-

pa inzwischen geringer und in Nordamerika stagniert die Nachfrage sogar

seit 2007. Weltweit beförderten rund 100 Low Cost‐Carrier im Jahr 2011

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ca. 688 Mio. Passagiere. Dies ist ein Anstieg um knapp 60 Mio. jährlich

oder durchschnittlich 19 % pro Jahr. Weltweit liegt der Marktanteil der

Low Cost‐Passagiere im Jahr 2011 bei 25 % und könnte möglicherweise

noch auf 30 % steigen, bis eine Sättigungsgrenze erreicht sein könnte.

Dabei hat jede Weltregion zwar ihr eigenes Wachstum, aber alle weisen

einen mehr oder weniger S‐förmigen Verlauf auf. Dabei generieren die

Low Cost‐Carrier mit der Eröffnung neuer Strecken meist auch neue

Nachfrage. Diverse Streckenbeispiele haben einen Generierungseffekt von

5‐10 Tsd. neuen Passagieren im Monat gezeigt. Allerdings hält dieser Ge-

nerierungseffekt, der unmittelbar nach der Eröffnung neuer Strecken ein-

tritt, nur wenige Monate an, danach folgt das Wachstum einem normalen

Verlauf. Außerdem ist die Nachfragegenerierung der Low Cost‐Carrier

abhängig von der Ausweitung der Netze und diese wird in Europa und

Nordamerika aufgrund einer schon vorhandenen hohen Dichte immer

schwieriger.

Ansprechpartner:

Dr. Peter Berster

D‐ 51147 Köln

Linder Höhe

Tel.: (49) 2203‐601‐4554

[email protected]

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