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Deutscher Bundestag Drucksache 13/11003 13. Wahlperiode Fu ¨ nfter Zwischenbericht der Enquete-Kommission Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft --- Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft*) zum Thema Verbraucherschutz in der Informationsgesellschaft *) Eingesetzt durch Beschluß des Deutschen Bundestages vom 5. Dezember 1995 --- Drucksache 13/3219.
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Deutscher Bundestag Drucksache 13/1100313.Wahlperiode

Funfter Zwischenbericht

der Enquete-KommissionZukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft --- Deutschlands Wegin die Informationsgesellschaft*)

zum Thema

Verbraucherschutz in der Informationsgesellschaft

*) Eingesetzt durch Beschluû des Deutschen Bundestages vom 5. Dezember 1995 --- Drucksache 13/3219.

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Zusammensetzung der Enquete-Kommission„Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft --- Deutschlands Wegin die Informationsgesellschaft

Mitglieder

Vorsitzender: Siegmar Mosdorf, MdB

Stellvertretender Vorsitzender: Dr. Michael Meister, MdB

Die Abgeordneten:

Ordentliche Mitglieder: Stellvertretende Mitglieder:

CDU/CSU

Dr. Maria Bohmer, MdB Klaus Brahmig, MdBDr. Martin Mayer, MdB (Obmann) Renate Diemers, MdBDr. Michael Meister, MdB Elmar Muller, MdBWilfried Seibel, MdB Johannes Singhammer, MdBHans-Otto Wilhelm, MdB Werner Lensing, MdB

SPD

Doris Barnett, MdB (Obfrau) Lilo Blunck, MdBEike Hovermann, MdB Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast, MdBThomas Kruger, MdB Ludwig Stiegler, MdBSiegmar Mosdorf, MdB Jorg Tauss, MdB

F.D.P.

Dr. Max Stadler, MdB (Obmann) Jurgen Koppelin, MdB

BUNDNIS 90/DIE GRUNEN

Rezzo Schlauch, MdB (Obmann) Dr. Manuel Kiper, MdB

PDS

Wolfgang Bierstedt, MdB (Obmann) Gerhard Juttemann, MdB

Die Sachverstandigen:

Dr. Dr. Heike von Benda

Unternehmensberaterin mit Schwerpunkt „Neue elektronische Medien“,Nurtingen

Prof. Dr. Jurgen Doeblin

Fachbereich Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule Nurnberg

Hans-Roland Faßler

Geschaftsfuhrer der Ufa fur den Bereich Horfunk/Free TV, Leitungder Stabstelle fur Medien-politik und Unternehmensverbindungenim Bereich TV-Film Europa der Bertelsmann AG, Hamburg

Kurt van Haaren

Vorsitzender der Deutschen Postgewerkschaft (DPG), Frankfurt

Prof. Dr. Hans J. Kleinsteuber

Institut fur Politische Wissenschaft und Institut fur Journalistik,Fachbereich Philosophie und Sozialwissenschaften der Universitat Hamburg

Prof. Dr. Herbert Kubicek

Hochschullehrer fur Angewandte Informatik mit dem SchwerpunktTelekommunikation und Informationsmanagement der Universitat Bremen

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Prof. Dr. Gisela Losseff-TillmannsFachbereich Sozialpadagogik, Fachgebiet Soziologie der FachhochschuleDusseldorf

Prof. Dr. Wernhard MoschelLehrstuhl fur Burgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht ander Juristischen Fakultat Tubingen; Arbeitsschwerpunkte: Deutsches undInternationales Kartellrecht, Wirtschaftsordnungsrecht und Bankenrecht

Prof. Dr. Arnold PicotInstitut fur Organisation, Seminar fur betriebswirtschaftliche Informations-und Kommunikationsforschung, Fakultat fur Betriebswirtschaftslehreder Ludwig-Maximilians-Universitat Munchen

Prof. Dr. Hans PoerschkeDipl.-Journalist, Leipzig

Prof. Dr. Reinhart RickerProfessur fur Medienrecht und Medienpolitik am Institut fur Publizistikder Universitat Mainz

Prof. Dr. Eberhard WitteInstitut fur Organisation der Ludwig-Maximilians-Universitat Munchen

Kommissionssekretariat:

Der Enquete-Kommission wurde vom Deutschen Bundestag zurorganisatorischen und wissenschaftlichen Unterstutzung ihrer Arbeitein Sekretariat zur Verfugung gestellt.

Leiter des Sekretariats:Dr. Gerd Renken

Stellvertretende Leiterin des Sekretariats:Isolde Kießling, Diplom-Okonomin

Wissenschaftliche Mitarbeiter:Martina Fritsch, SozialwissenschaftlerinAndreas Kuhling, Diplom-Okonom (Msc.)Dr. Lorenz Muller, Jurist

Sachbearbeiter/Buroleiter:Klaus Braun, Diplom-Betriebswirt (FH)

Erste Kommissionssekretarin:Jutta Hardt

Zweite Kommissionssekretarin:Mechthild Meyer

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Drucksache 13/11003Deutscher Bundestag – 13.Wahlperiode

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Vorwort

Die vom Deutschen Bundestag eingesetzte Enquete-Kommission „Zukunft derMedien in Wirtschaft und Gesellschaft --- Deutschlands Weg in die Informations-gesellschaft“ hat am 31. Januar 1996 ihre Arbeit aufgenommen. Am 7. November1996 legte sie ihren ersten Zwischenbericht mit dem Titel „Meinungsfreiheit ---Meinungsvielfalt --- Wettbewerb --- Rundfunkbegriff und Regulierungsbedarf beiden Neuen Medien“ vor (Bundestagsdrucksache 13/6000). Seitdem hat sich dieKommission mit zahlreichen weiteren Themen beschaftigt, deren Spannweite vonden durch die neuen Informations- und Kommunikationstechnik bedingten Ver-anderungen fur die Wirtschafts- und Arbeitswelt bis hin zu den durch die rasantetechnische Entwicklung entstandenen rechtlichen Herausforderungen reicht. Er-gebnis dieser Arbeit sind unter anderem Zwischenberichte zu den Themen Regu-lierungsbedarf, Urheberrecht, Jugendschutz, Datensicherheit, Datenschutz undStrafrecht.

Das Thema des nun vorgelegten zweiten Zwischenberichts mit dem Titel „Ver-braucherschutz in der Informationsgesellschaft“ ist fur die wirtschaftliche Zu-kunftsfahigkeit der Bundesrepublik Deutschland von großer Bedeutung. VomBundeswirtschaftsministerium und internationalen Organisationen veroffent-lichte Schatzungen gehen von einem enormen okonomischen Potential des elek-tronischen Geschaftsverkehrs nicht nur im Verhaltnis der Unternehmen unter-einander, sondern auch im Verhaltnis zum Endverbraucher aus. Bereits heutewerden allein uber das Internet weltweit CD’s, Bucher, Kleidung, Computer, Soft-ware und Lebensmittel im Wert von uber 10 Mrd. US-Dollar verkauft. Der elektro-nische Geschaftsverkehr bietet damit große Chancen fur die deutsche Wirtschaft.Electronic Commerce versetzt kleine und mittlere Unternehmen in die Lage, ihreProdukte weltweit anzubieten und so vom „local player“ zum „global player“ zuwerden.

Im Verhaltnis zum Endverbraucher werden diese Chancen allerdings nur genutztwerden konnen, wenn die Risiken des elektronischen Geschaftsverkehrs mini-miert werden. Denn die Akzeptanz des elektronischen Geschaftsverkehrs durchdie Verbraucher hangt entscheidend davon ab, daß sie Vertrauen in diese Formdes Handels haben. Und das wiederum setzt voraus, daß ihre Rechte in den welt-umspannenden Datennetzen ebenso sicher gewahrt werden wie außerhalb dieserNetze.

Einen wichtigen Beitrag dazu konnen Maßnahmen des Verbraucherschutzes lei-sten. Welche Schritte unternommen werden mussen, hat die Enquete-Kommis-sion unter anderem bei einem Workshop mit Sachverstandigen aus Wissenschaftund Praxis diskutiert. Ergebnis ist der vorliegende Bericht, der insbesondere aufder Arbeit der Berichtserstatter Frau Lilo Blunck, MdB, und Herr Prof. Dr. Mo-schel beruht. Er empfiehlt Anpassungen des deutschen Verbraucherschutz-rechts, weist aufgrund der Globalitat der neuen Medien aber auch auf die Not-wendigkeit von internationalen Vereinbarungen hin.

Die Enquete-Kommission dankt den Sachverstandigen, Instituten und Organisa-tionen, die ihre Arbeit unterstutzt haben.

Bonn, den 22. Juni 1998

Siegmar Mosdorf, MdB

Vorsitzender der Enquete-Kommission„Zukunft der Medien in Wirtschaftund Gesellschaft --- Deutschlands Wegin die Informationsgesellschaft“

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Drucksache 13/11003 Deutscher Bundestag – 13.Wahlperiode

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ZwischenberichtVerbraucherschutz in der Informationsgesellschaft

Inhaltsverzeichnis Seite

1. Bedeutung des Verbraucherschutzes in der Informationsgesell-

schaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

2. Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

2.1 Verbraucherschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

2.2 Informationsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

3. Vorteile der Informationsgesellschaft fuÈ r die Verbraucher . . . . . . . . 8

3.1 GroÈûere Auswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

3.2 Bessere Informations- und VergleichsmoÈglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . 8

3.3 Bequemerer und schnellerer Einkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

3.4 Niedrigere Preise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

3.5 HoÈhere QualitaÈ t . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

4. Nachteile der Informationsgesellschaft fuÈ r die Verbraucher . . . . . . 10

4.1 Aufwendiger Zugang zu den elektronischen MaÈ rkten . . . . . . . . . . . . 10

4.2 Geringe KontrollmoÈglichkeiten von Vertragspartner und Ware . . . . . 11

4.3 Unzureichende Preistransparenz und Zahlungsprobleme . . . . . . . . . . 11

4.4 Unsicherheit von Daten und KommunikationsvorgaÈngen . . . . . . . . . . 11

4.5 Gefahren fuÈ r das informationelle Selbstbestimmungsrecht . . . . . . . . . 12

4.6 Unlautere Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

4.7 Unsicherheiten des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

5. Bereits begonnene Maûnahmen zum Verbraucherschutz in Netzen 13

5.1 VergroÈûerung der ZugangsmoÈglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

5.2 Verbesserung der KontrollmoÈglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

5.3 Datenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

5.4 Schutz gegen unlautere Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

5.5 Weitere Maûnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

5.6 Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

6. Weitere vordringlich zu treffende Maûnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

6.1 Anpassung des Verbraucherschutzrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

6.1.1 HaustuÈ rwiderrufsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

6.1.2 Verbraucherkreditgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

6.1.3 Umsetzung der EU-Fernabsatzrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

6.1.4 Sicherheit und Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

6.1.5 Anpassung des Kollisionsrechts? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

6.1.6 Anpassung des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen

GeschaÈ ftsbedingungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

6.1.7 WerbebeschraÈnkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

6.1.8 Weitere Anpassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

6.2 FoÈ rderung des verbraucherbezogenen Selbstschutzes . . . . . . . . . . . . 23

6.3 FoÈ rderung der anbieterbezogenen Selbstregulierung . . . . . . . . . . . . . 24

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Drucksache 13/11003Deutscher Bundestag – 13.Wahlperiode

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7. Mittel- und langfristige ProblemloÈ sungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

7.1 Internationalisierung desVerbraucherschutzrechts . . . . . . . . . . . . . . . 26

7.2 Vereinfachung der internationalen Rechtsdurchsetzung . . . . . . . . . . . 26

7.3 FoÈ rderung von Verfahren der auûergerichtlichen Streitbeilegung . . . 27

8. Abschlieûende Empfehlungen der Enquete-Kommission . . . . . . . . . 28

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1. Bedeutung des Verbraucherschutzes in der Informationsgesellschaft

Die Bedeutung des Verbraucherschutzes in der Infor-mationsgesellschaft ist unbestritten hoch. Regierun-gen1) und internationale Organisationen2) gehen da-von aus, daß ein wirksamer Verbraucherschutz einewichtige Voraussetzung fur die Akzeptanz der neuenInformations- und Kommunikationstechniken dar-stellt.

Zugleich stehen die Verbraucher in Deutschland undEuropa den neuen Konsummoglichkeiten eher zu-ruckhaltend gegenuber. Das geht aus Umfragen her-vor: Neben der Furcht, eine personliche „Datenspur“zu hinterlassen, halt viele Verbraucher die Skepsisgegenuber der Vertrauenswurdigkeit und Zuverlas-sigkeit insbesondere von Online-Angeboten davonab, von diesen Angeboten Gebrauch zu machen.3)Mit anderen Worten: Besteht die Gefahr, Opfer vonunlauterer Geschaftstatigkeit, von Ausforschung undBetrug zu werden, wird kaum jemand online einBuch kaufen oder eine Reise buchen, wenn er diesauf herkommlichem Wege ohne Risiko tun kann.

Ob die Markte des elektronischen Geschaftsverkehrsfur den Verbraucher erschlossen werden konnen,wird große okonomische Auswirkungen haben:Wenngleich es schwierig ist, das Potential des elek-tronischen Geschaftsverkehrs vorherzusagen4), sinddie wirtschaftlichen Erwartungen hoch. Zuruckhal-

tenden Prognosen zufolge werden bereits im Jahr2001 weltweit 500 Mrd. Mark im elektronischen Ge-schaftsverkehr umgesetzt und konnte sich die Bun-desrepublik mit einem Volumen von 25 Mrd. Markdabei zum großten elektronischen Markt innerhalbder EU entwickeln.5) Andere Studien sehen allein furden Geschaftsverkehr mit Verbrauchern in Form desOnline- und Teleshopping ein Umsatzpotential vonbis zu 60 Mrd. Mark voraus.6)

Nicht zuletzt aufgrund dieser Prognosen stellt sichdie Frage, wie sich der Verbraucherschutz entwik-keln muß, um die Vorteile der Informationsgesell-schaft fur den Verbraucher nutzbar zu machen undihn zugleich vor deren Risiken zu schutzen. Sie sollin diesem Bericht untersucht werden. Zu diesemZweck werden zunachst die Begriffe „Verbraucher-schutz“ und „Informationsgesellschaft“ definiert (2.)und die durch die neuen Informations- und Kommu-nikationstechniken eroffneten Chancen und Risikenfur die Verbraucher dargestellt (3.,4.). Auf derGrundlage einer Analyse von bereits begonnenenMaßnahmen zum Verbraucherschutz im Zusammen-hang mit den neuen Medien (5.) wird sodann derHandlungsbedarf fur die Zukunft herausgearbeitet(6.,7.). Am Schluß der Darstellung steht eine Zusam-menfassung der Empfehlungen der Enquete-Kom-mission (8.).

Mit strafrechtlichen und datenschutzrechtlichen Pro-blemen in der Informationsgesellschaft hat sich dieEnquete-Kommission ausfuhrlich bereits im Zwi-schenbericht „Sicherheit und Schutz im Netz“ be-schaftigt. Soweit sie auch im Zusammenhang mitdem Verbraucherschutz stehen, wird daher in dieserUntersuchung nur kurz auf sie eingegangen.

1) Vgl. z.B. Bericht der Bundesregierung: Info 2000. Deutsch-lands Weg in die Informationsgesellschaft, 1996, S. 26, sowiedie Stellungnahme der U.S.-amerikanischen Regierung “AFramework for Global Electronic Commerce“, abrufbar un-ter http://www.whitehouse.gov/WH/New/Commerce/read.html.

2) Vgl. Europaische Kommission: Europaische Initiative furden elektronischen Geschaftsverkehr. Mitteilung an das Eu-ropaische Parlament, den Rat, den Wirtschafts- und Sozial-ausschuß und den Ausschuß der Regionen vom 14. April1997 (KOM(97) 157), S. 21, OECD (Hrsg.): Electronic Com-merce. Opportunities and Challenges for Government, 1997,S. 43ff.; OECD: Gateways to the Global Market: Consumersand Electronic Commerce, 1998.

3) Vgl. INRA (Europe) --- E.C.O.: Information Technology andthe Protection of Personal Data. --- A Qualitative Study forthe European Commission, DG XV: Internal Market and Fi-nancial Services, 30. Juli 1997.

4) Vgl. OECD, Committee for Information, Computer andCommunications Policy: Measuring Electronic Commerce,Paris 1997, S. 6.

5) Vgl. Bundesministerium fur Wirtschaft: Elektronischer Ge-schaftsverkehr. Initiative der Bundesregierung, Stand Okto-ber 1997, S. 3, 59 m.w.N.

6) Vgl. Bundesministerium fur Wirtschaft, ebd., S. 59 m.w.N.

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2. Begriffsbestimmungen

2.1 Verbraucherschu tz

Der Begriff des Verbraucherschutzes wird im folgen-den in einem Sinne zugrundegelegt, der diejenigenrechtlichen Regelungen und Maßnahmen umfaßt,welche die Risiken reduzieren sollen, denen der End-verbraucher aufgrund der wirtschaftlichen oder intel-lektuellen Uberlegenheit eines Anbieters von Warenoder Dienstleistungen ausgesetzt ist.7) Verbraucher-schutz stellt damit eine Ausnahme vom Grundsatzder Vertragsfreiheit dar, d.h. der Freiheit des einzel-nen, seine Lebensverhaltnisse durch Vertrage eigen-verantwortlich zu gestalten.8) Die Vertragsfreiheit isteine zentrale Auspragung der Privatautonomie undals Teil des in Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz enthaltenenRechts auf freie Entfaltung der Personlichkeit auchverfassungsrechtlich geschutzt.9) Zugleich aber un-terliegt sie den Schranken der verfassungsmaßigenOrdnung. Dieser zufolge darf die Selbstbestimmungdes einen nicht zu einer volligen Fremdbestimmungdes anderen fuhren. Einem sozialen und wirtschaftli-chen Ungleichgewicht, das solches ermoglichen wur-de, ist daher tendenziell entgegenzuwirken.10) Dabei

darf das Leitbild des autonomen und selbstverant-wortlichen Burgers jedoch nicht aus den Augen ver-loren werden.11)

2.2 Informationsgese llschaft

Den Begriff der Informationsgesellschaft kann manals eine Gesellschaft definieren, die in vielen Lebens-bereichen maßgeblich vom Einsatz der neuen Infor-mations- und Kommunikationstechniken gepragt ist.Im Hinblick auf den Verbraucherschutz ist vor allemder Bereich des elektronischen Geschaftsverkehrsmit dem Endkonsumenten von Interesse. Darunterwird im folgenden jede Art von geschaftlicher Trans-aktion verstanden, bei der die Beteiligten auf elektro-nischem Wege Geschafte anbahnen oder abwickelnoder elektronischen Handel mit Gutern und Dienst-leistungen betreiben.12) Er umfaßt damit nicht nurVertragsschlusse uber das Internet, sondern ebensoandere Anwendungsmoglichkeiten wie den Bild-schirmtext und Verkaufssendungen im Fernsehbe-reich.13)

3. Vorteile der Informationsgesellschaft fu r den Verbraucher

Die Informationsgesellschaft bietet fur den Verbrau-cher eine Reihe von Vorteilen. Zumindest potentiellbieten sich ihm eine großere Auswahl, bessere Ver-gleichs- und Informationsmoglichkeiten, die Gele-genheit zu bequemerem Einkauf und durch einenverscharften Wettbewerb auf der Anbieterseite auchniedrigere Preise und hohere Qualitat. Im einzelnen:

3.1 Großere Auswahl

Beim Einkauf in den weltweiten Datennetzen ist derKonsument von raumlichen Grenzen weitgehend un-abhangig: Er kann ebenso die Waren oder Dienstlei-stungen eines asiatischen oder amerikanischen Pro-duzenten studieren wie das Angebot eines Handlersin der Nachbarschaft. Damit hat er eine erheblichgroßere Auswahl, d.h. er kann Waren kaufen undDienstleistungen in Anspruch nehmen, die besser

auf seine individuellen Bedurfnisse zugeschnittensind.

3.2 Bessere Informations- und Vergleichs-moglichkeiten

Die neuen Informations- und Kommunikationstechni-ken bieten dem Verbraucher verbesserte Moglich-keiten, sich uber Produkte und Dienstleistungen zuinformieren und sie zu vergleichen. Ohne diese Tech-niken ist es erforderlich, Kataloge zu bestellen undzu durchsuchen oder die Waren und Preise in denGeschaften selbst zu vergleichen. Das ist aufwendigund muhsam. Zudem bleibt der Vergleich zwangs-

7) Vgl. zum Verbraucherschutz allgemein: Gartner, Rudolf:Zum Standort des Verbraucherrechts, in: JZ 1992, S. 73---79.

8) Vgl. Palandt-Heinrichs, 56. Auflage 1997, Vor § 145, Rn. 7.9) Vgl. BverfGE 8, 328.

10) Vgl. BverfGE NJW 90, 1470; 94, 38.

11) Vgl. Moschel, Wernhard: Einflusse der europaischen aufdie deutsche Wirtschaftsordnung, Lectiones Jenenses, Heft14, Jena 1998, S. 12.

12) Definition ubernommen aus Bundesministerium fur Wirt-schaft: Elektronischer Geschaftsverkehr. Initiative der Bun-desregierung, Stand Oktober 1997, S. 47; zu weiteren Defi-nitionen vgl. OECD, Committee for Information, Computerand Communications Policy: Measuring Electronic Com-merce, Paris 1997, S. 6.

13) Vgl. ebd., S. 48.

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laufig auf bestimmte Anbieter und, im Fall des Kata-logs, auf einen bestimmten Aktualitatsstand be-schrankt. Die neuen Informations- und Kommunika-tionstechniken machen es dagegen moglich, sich mitverhaltnismaßig geringem Aufwand einen weit um-fassenderen und aktuellen Uberblick zu verschaffen.Der Verbraucher muß nicht einmal selbst in den Da-tennetzen recherchieren. Er kann sich Computerpro-gramme nutzbar machen: Sogenannte Software-Agenten durchsuchen selbstandig alle einschlagigenInternetadressen nach Angeboten von Waren undDienstleistungen, die ihnen angegeben wordensind.14) Schon heute kann man auf diese Weise etwadas weltweit preiswerteste Angebot fur eine Musik-CD oder ein Flugticket im World-Wide-Web su-chen.15) Ahnliche Moglichkeiten bieten Softwarepro-gramme, die Internetseiten von Verbraucherorgani-sationen sowie auch privater Anbieter zur Verfugungstellen. Auch mit ihnen konnen Preise und Warenverglichen und zugleich Verbrauchertips eingeholtwerden.16)

3.3 Bequemerer und schnellerer Einkauf

Die besseren Informations- und Vergleichsmoglich-keiten machen das Einkaufen bequemer. Der Ver-braucher kann unabhangig von zeitlichen Grenzen,also 24 Stunden am Tag und sieben Tage in der Wo-che, Angebote von Waren und Dienstleistungen stu-dieren und bestellen, ohne gezwungen zu sein, seinHaus zu verlassen. Korperliche Sachen werden wiebeim herkommlichen Versandhandel angeliefert. An-dere Produkte und Dienstleistungen --- etwa Compu-terprogramme und Computerwartung, jedoch auchTexte, Musikstucke und Filme --- konnen online ge-liefert bzw. erbracht werden.17) Abgesehen von denVorteilen, die dies dem Verbraucher im allgemeinenbietet, sind diese Moglichkeiten insbesondere fur sol-che Gruppen interessant, die ohne die neuen Infor-mations- und Kommunikationstechniken nur mitSchwierigkeiten in den Genuß eines umfassendenWaren- und Dienstleistungsangebotes kommen. Dassind etwa Verbraucher im landlichen Raum, jedochauch in ihrer Mobilitat behinderte Menschen.

3.4 Niedrigere Preise

Wenngleich eine empirische Studie der Organisationfur wirtschaftliche Zusammenarbeit18) bei elektro-nisch vertriebenen Produkten noch keine erhebli-

chen Preissenkungen feststellen konnte: Der elektro-nische Geschaftsverkehr bietet gunstige Rahmenbe-dingungen fur eine Senkung von Verbraucherpreis-en.19) Zum einen eroffnen die neuen Informations-und Kommunikationstechniken dem Produzenten ei-ner Ware die Moglichkeit, unmittelbar mit dem End-verbraucher in Kontakt zu treten. Damit entfallenbeim Online-Geschaft die Kosten von Zwischen-handlern. Bei diesen entstehen zwischen funfzig undachtzig Prozent der Kosten, die dem Endverbraucherfur ein Produkt berechnet werden.20) Ein Hemd, dasvon einem Produzenten uber Groß- und Einzelhand-ler fur 100 Mark an den Endverbraucher vertriebenwird, wurde im Fall der Ausschaltung der Groß- undEinzelhandler nur 38 Mark kosten konnen.21) Die Ko-sten fur die Buchung eines Flugtickets konnten nacheiner Studie der amerikanischen Regierung bei derNutzung elektronischer Medien durch den Verbrau-cher von acht auf einen Dollar reduziert werden.22)

Noch großer ist das Einsparungspotential bei Produk-ten, die online vertrieben werden konnen: Betragendie nicht fur das Produkt, sondern fur den Vertriebberechneten Kosten beim Kauf eines Computerpro-gramms uber einen Einzelhandler zum Beispiel 25Mark, so betragen sie nach einem Bericht des Aspen-Institutes beim Kauf uber das Internet lediglich zwi-schen 35 und 90 Pfennig.23)

Weiterer Preisdruck kann von der Verscharfung desWettbewerbs ausgehen, die von vielen als Folge derelektronischen Markte prognostiziert wird. Aufgrundder Globalitat dieser Markte kann erwartet werden,daß Konkurrenz zwischen Anbietern in Landern mithohen und niedrigen Preisniveaus entsteht. Auchwenn die Forschung nach den okonomischen Aus-wirkungen des elektronischen Geschaftsverkehrsnoch in den Anfangen steckt, gibt es Anzeichen da-fur, daß der dadurch entstehende Wettbewerb auchuber den Preis gefuhrt werden wird.24) Hinzu kommt,daß die Kosten, die aufgebracht werden mussen, umin einen Markt einzudringen, in den Datennetzen er-heblich geringer sind als in der Welt außerhalb dieserDatennetze.25) Auch dies kann in vielen Bereichen

14) Vgl. OECD: Gateways to the Global Market: Consumersand Electronic Commerce, 1998, S. 29.

15) Vgl. The Aspen Institute (Hrsg.): The Future of ElectronicCommerce, Washington, D.C., 1996, S. 12.

16) Vgl. etwa das Angebot unter http://www.consumerwor-ld.org; zum Preisvergleich vgl. auch http://www.preis.deund http://www. marketpower.de.

17) Vgl. OECD: Electronic Commerce. Opportunities and Chal-lenges for Government, abrufbar unter http://www.oecd.org/dsti/sti/it/ec/act/sacher.html, S. 32.

18) OECD: Electronic Commerce: Prices and Consumer Issuesfor Three Products: Books, Compact Discs, and Software,Paris 1998 (DSTI/ICCP/IE(98)4/Final.

19) Vgl. U.S. Department of Commerce (Hrsg.): The EmergingDigital Economy, 1998, abrufbar unter http://www.ecom-merce.gov, S. 43.

20) Vgl. The Aspen Institute (Hrsg.): The Future of ElectronicCommerce, Washington, D.C., 1996, S. 5.

21) Vgl. Brandtweiner, Roman; Greimel, Bettina: ElektronischeMarkte. Ein praxisorientierter Problemaufriß mit Bezugenzur okonomischen Theorie, WiSt 1998, S. 37---42 (40)m.w.N.

22) Vgl. U.S. Department of Commerce (Hrsg.): The EmergingDigital Economy, 1998, abrufbar unter http://www.ecom-merce.gov, S. 43.

23) Vgl. The Aspen Institute (Hrsg.): The Future of ElectronicCommerce, Washington, D.C., 1996, S. 6. Zu weiteren Bei-spielen vgl. U.S. Department of Commerce (Hrsg.): TheEmerging Digital Economy, 1998, abrufbar unter http://www.ecommerce.gov.

24) Vgl. OECD: Electronic Commerce. Opportunities and Chal-lenges for Government, abrufbar unter http://www.oec-d.org/dsti/sti/it/ec/act/sacher.html, S. 47f.

25) So ist zum Beispiel das Heilbronner Zweimann-Unterneh-men Travel Information Software Systems GmbH (http://www.tiss.com) binnen zwei Jahren zu einem der fuhrendenAnbieter von Flugreisen geworden, vgl. Suddeutsche Zei-tung vom 27. Januar 1997, Beilage SZ-Technik.

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zum Entstehen neuer Unternehmen und damit zuweiterem Wettbewerb fuhren.26) Welchen Einfluß derWettbewerb im Extremfall auf die Verbraucherpreisehaben kann, zeigt das Beispiel von Unternehmen,die ihre Produkte den Verbrauchern umsonst zur Ver-fugung stellen, um ein anderes Produkt zu verkau-fen. Das amerikanische Softwareunternehmen Ado-be Systems zum Beispiel vertreibt weltweit gratis einComputerprogramm, das zum Lesen und Druckenvon Dokumenten benotigt wird, welche mit einemanderen Programm des Unternehmens gestaltet wor-den sind.27)

3.5 Hohere Qualita t

Aufgrund der durch die neuen Informations- undKommunikationstechniken eroffneten Moglichkeitenkann die Qualitat der Produkte steigen, die dem Ver-braucher angeboten werden. Denn die großerenAuswahl- und Vergleichsmoglichkeiten versetzenden Verbraucher in die Lage, nicht nur den Preis,sondern auch die Qualitat von Produkten einer Viel-zahl von Herstellern zu prufen, bevor er sich zumKauf entscheidet. Zwar hat der Verbraucher beimKauf in den Datennetzen keinen physischen Kontaktzur Ware. Er kann mit Hilfe der neuen Informations-und Kommunikationstechniken jedoch grundsatzlicherheblich schneller und einfacher Produktinformatio-nen einholen. Dies gilt auch fur Auskunfte Dritterwie Warentests von Verbraucherorganisationen.28)Sich heute uber die Ergebnisse von Warentests uberein bestimmtes Produkt zu informieren, ist ein ver-

gleichsweise aufwendiges Unterfangen: Neben derMoglichkeit, einschlagige Zeitschriften zu abonnie-ren, kann sich der Verbraucher in der nachstgelege-nen Verbraucherberatungsstelle erkundigen oder al-ternativ zunachst Zeitschrift bzw. Ausgabe ermitteln,in der ein entsprechender Test veroffentlicht wurde,um sich dann auf die Suche nach einer Bibliothek zumachen, die diese Zeitschrift abonniert hat. In der In-formationsgesellschaft konnen Verbraucherorganisa-tionen derartige Daten online in Datenbanken zurVerfugung stellen, in die sich die Verbraucher direkteinwahlen konnen. Diese wird die gesuchten Pro-duktinformationen entweder selbst enthalten odermit Datenbanken verbinden, die uber entsprechendeInformationen verfugen.

Qualitatssteigernd auswirken kann sich auch, daßdie neuen Informations- und Kommunikationstechni-ken den direkten Kontakt zwischen Verbraucher undHerstellern und Handlern erleichtern. Das bedeutetzum einen, daß der Verbraucher sich einfacher undschneller bei dem Produzenten uber mangelhafteoder sonstwie unzureichende Produkte beschwerenund der Hersteller dies bei der weiteren Produktionberucksichtigen kann.29) Zum anderen ermoglicht es,von vornherein mehr auf die individuellen Wunscheeines Kunden einzugehen. Auf der Internetseite ei-nes deutschen Produzenten von Herrenhemden etwaist es moglich, sich ein Hemd nach dem eigenen Ge-schmack zusammenzustellen: Große, Stoff, Muster,Knopfe und Kragenform bestimmt der Kundeselbst.30)

4. Nachteile der Informationsgesellschaft fu r den Verbraucher

Den beschriebenen Vorteilen fur den Verbrauchersteht die Moglichkeit von Nachteilen gegenuber. Zunennen sind insbesondere folgende Punkte:

4.1 Aufwendiger Zugang zu den elektroni-schen Markten

Der Zugang zu den elektronischen Markten ist ver-gleichsweise aufwendig. Um am elektronischen Ge-schaftsverkehr außerhalb des Fernseheinkaufs teil-nehmen zu konnen, wird ein leistungsfahiger Com-puter mit Modem bzw. ISDN-Karte benotigt. Obwohlin den letzten Jahren ein Preisverfall zu beobachtenist, muß mit Anschaffungskosten von mindestens2000 Mark gerechnet werden. Daneben entstehen in

der Regel laufende Kosten fur den Internetprovidersowie Telekommunikationsgebuhren.

Viele Verbraucher haben keine Erfahrungen im Um-gang mit Computern und dem Internet. Sie mußtensich diese erst aneignen, um am elektronischen Ge-schaftsverkehr im Internet teilnehmen zu konnen.31)Zwar steigt die Zahl der Computer und der Internet-nutzer in Deutschland rasch und stetig: Die Zahl derComputer in deutschen Haushalten und Betriebenhat sich zwischen 1992 und 1996 auf knapp20 Mio. PCs mehr als verdoppelt,32) und nach junge-ren Studien nutzen in Deutschland inzwischen etwafunf Millionen Menschen das Internet.33) Die Zahlder in den Haushalten stationierten Computer und

26) Vgl. OECD: Gateways to the Global Market: Consumersand Electronic Commerce, 1998, S. 31.

27) Vgl. das Angebot unter http://www.dietrich.com.28) Vgl. The Aspen Institute (Hrsg.): The Future of Electronic

Commerce, Washington, D.C., 1996, S. 13.29) Vgl. The Aspen Institute (Hrsg.): The Future of Electronic

Commerce, Washington, D.C., 1996, S. 16.30) Vgl. z.B. das Angebot unter http://www.consumerworld.

org.

31) Vgl. OECD: Gateways to the Global Market: Consumersand Electronic Commerce, 1998, S. 34.

32) Vgl. Bundesministerium fur Wirtschaft: Elektronischer Ge-schaftsverkehr. Initiative der Bundesregierung, Stand Ok-tober 1997, S. 54.

33) Vgl. Meldung des Spiegel vom 9. Januar 1998, abrufbar un-ter http://www.spiegel.de; vgl. auch Computerzeitung vom15. Januar 1998: “Deutsche Studie: Werbung im Netz flo-riert“.

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der Haushalte mit Internetanschluß muß jedoch im-mer noch als vergleichsweise gering eingeschatztwerden.34) Zahlen aus Australien, Kanada, Japanund den USA belegen, daß die Anschaffung undNutzung von Computern eng mit einem uberdurch-schnittlichen Einkommen und einer uberdurch-schnittlichen Bildung zusammenhangen.35) Es be-steht daher fur viele Verbraucher die Gefahr, nichtvon den Vorteilen des elektronischen Geschaftsver-kehrs im Internet und anderen Datennetzen profitie-ren zu konnen.36)

4.2 Geringe Kontrollmo¨glichkeiten von Ver-tragspartner und Ware

Wer etwas kauft oder eine Dienstleistung in An-spruch nimmt, will sich auf einige Umstande verlas-sen und sie im Zweifel kontrollieren konnen: EinKaufer will sicher sein, daß der Verkaufer auch derje-nige ist, der zu sein er vorgibt. Er will sich darauf ver-lassen konnen, daß der Verkaufer serios ist und dasRecht hat, uber die Ware zu verfugen, die er verkauft.Er will sichergestellt wissen, daß er uber eine ausrei-chende wirtschaftliche Bonitat verfugt. Er will kon-trollieren konnen, daß die Ware die versprochenenEigenschaften aufweist, und er will sichergestelltwissen, daß sie auch tatsachlich geliefert wird.37)

All dies wird im Geschaftsverkehr außerhalb der Da-tennetze in der Regel durch verschiedene Mechanis-men sichergestellt: Der Kaufer kennt den Verkaufer,oder er kann ihn kennenlernen und Erkundigungenuber ihn einholen, um sich ein Bild von seiner Ver-trauenswurdigkeit zu machen. Der Kaufer kann dieWare in der Regel physisch prufen, bevor er sie kauft.Er kann sie entweder sofort mitnehmen oder abersich auf eine Weise liefern lassen, die er fur zuverlas-sig halt.

In den elektronischen Datennetzen hat der Kauferviele dieser Moglichkeiten nicht. Der Verbraucherhat keinen physischen Kontakt zu Verkaufer undWare, sondern kommuniziert uber Telekommunikati-onsleitungen mit ihm. Allein anhand der Prasentationim Internet kann er weder die Identitat des Verkau-fers uberprufen noch zuverlassig feststellen, in wel-chem Land er sein Geschaft betreibt. Auch ob derVerkaufer vertrauenswurdig ist oder Diebesgut ab-setzen will oder gar nur darauf aus ist, die Kaufsum-me zu kassieren, ohne eine Gegenleistung zu erbrin-gen, laßt sich nicht uberprufen. Ohne weitere Re-cherchen, etwa bei Verbraucherschutzorganisatio-nen, laßt sich auch die Qualitat der Ware nicht kon-trollieren: Was auf dem Bildschirm noch als gelunge-ne Farbkombination und hochwertiges Qualitatspro-

dukt erschien, kann sich in natura als Billigware ent-puppen.

4.3 Unzureichend e Preistrans parenz undZahlungsproble me

Die umfassenderen und einfacheren Preisvergleichs-moglichkeiten im Internet werden eingeschranktdurch Zusatzkosten wie Versand- und ggf. Rucksen-dekosten, die vielfach nicht oder nicht deutlich aus-gewiesen werden. Teilweise ist, etwa im Fall der Zoll-kosten, eine Angabe durch den auslandischen An-bieter realistischerweise kaum zu leisten. Damit be-steht die Gefahr, daß Preisvergleiche mit Waren, diekonventionell angeboten werden, von Online-Kun-den verzerrt wahrgenommen werden.

Ein weiteres Problem besteht darin, daß Anbieter vonWaren und Dienstleistungen im Internet haufig Zah-lungsmodalitaten vorschreiben, die eine Belastungdes Kunden mit dem Kaufpreis vor Erhalt der Warevorsehen.38) Der Verbraucher tragt damit das Risiko,die Ware nicht oder mit Mangeln behaftet zu erhal-ten, obwohl er die Gegenleistung bereits erbrachthat.39) Der im deutschen Recht verankerte Grundsatz,daß Leistung und Gegenleistung Zug um Zug zu er-folgen haben, wird damit ausgehebelt.

4.4 Unsicherheit von Daten und Kommunika-tionsvorga¨ngen

Bei elektronischen Zahlungen sowie per Kreditkartebesteht insbesondere bei unverschlusselter Ubermitt-lung die Gefahr, daß diese Daten mißbrauchlich ver-wendet werden.40) Soweit eine verschlusselte oderandere geschutzte Ubertragung angeboten wird,kann der Kunde das Niveau der Sicherheitsvorkeh-rungen normalerweise nicht nachvollziehen und be-urteilen, geschweige denn beeinflussen. Dies giltauch fur die Verwaltung sensibler Informationen wieKreditkartendaten im Unternehmen. Das Knackendes Zugangscodes von T-Online sei nur als ein Bei-spiel fur immer bekannt werdende Sicherheitsluckengenannt.41) Orientierungshilfe bieten konnen Zertifi-zierungen oder vergleichbare Kennzeichnungen vonSicherheitsprodukten wie Firewalls oder digitalen Si-gnaturen, beispielsweise uber ITSEC.42) Sie werdenderzeit jedoch zur Information im Geschaftsverkehrmit Privatkunden bisher kaum genutzt.

Schwierigkeiten bereitet Verbrauchern auch die si-chere Verwaltung von Zugangscodes wie PIN-Num-mern, die inzwischen fur eine Vielzahl von Nutzun-gen Verwendung finden. Biometrische Verfahren,

34) Vgl. OECD: Information Technology Outlook 1997, Paris1997, abrufbar unter http://www.oecd.org, S. 88. DerOECD-Statistik zufolge hatten 1993 lediglich 3 Prozent al-ler deutschen Haushalte einen Computer mit Modem.

35) Vgl. ebd. S. 89ff.36) Vgl. OECD: Gateways to the Global Market: Consumers

and Electronic Commerce, 1998, S. 34.37) Vgl. OECD: Electronic Commerce. Opportunities and Chal-

lenges for Government, abrufbar unter http://www.oecd.org/dsti/sti/it/ec/act/sacher.html, S. 43.

38) Vgl. Kohler, Helmut: Die Rechte des Kaufers beim Tele-shopping (TV-Shopping, Internet-Shopping), in: NJW 1998,S. 185-190 (189).

39) Vgl. Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbande e.V.:Verbraucherrundschau 8-9/96: Multimedia und Verbrau-cherschutz, S. 25.

40) Vgl. Kohler, Helmut: Die Rechte des Kaufers beim Tele-shopping (TV-Shopping, Internet-Shopping), in: NJW 1998,S. 185-190 (189).

41) Vgl. c’t, Heft 7/1998, S. 62f.42) Vgl. Bundesamt fur Sicherheit in der Informationstechnik,

BSI-Zertifizierung, a.a.O., 1997.

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die den Nutzer entlasten wurden, sind bisher kaumim Einsatz.

Daneben besteht die Moglichkeit, daß es beispiels-weise aufgrund von Systemfehlern zu fehlerhaftenUbermittlungen von Willenserklarungen oder ande-ren Mitteilungen kommt. Auch hier wird der Ver-braucher Verlauf und Ursachen meist nicht rekon-struieren konnen.

Die negativen Auswirkungen dieser Sicherheitsfra-gen zeigen sich im Zusammenhang mit der Haftungund der Beweislast. Vergleichbare Erfahrungen lie-gen mit den Auseinandersetzungen um Barabhebun-gen mit ec- und Kreditkarten am Geldautomaten vor.Sie verdeutlichen die erheblichen Schwierigkeitender Verbraucherseite, Lucken in den Sicherheitssy-stemen nachzuweisen. Entsprechend sind Gerichtebisher in der uberwiegenden Mehrzahl der Falle da-von ausgegangen, daß das System keine Sicherheits-lucken aufweise, vielmehr der Kunde seine Geheim-haltungspflichten verletzt haben musse.43)

4.5 Gefahren fu r das informationelle Selbst-bestimmungsr echt 44)

Beim Einkauf in Datennetzen entstehen Datenspu-ren. Neben Angaben aus der Geschaftsbeziehungkann selbst jeder Mausklick und jeder Tastendruckzuruckverfolgt werden. Zum Beispiel kann registriertwerden, wie lange sich ein Verbraucher fur ein be-stimmtes Produkt interessiert hat und welchem Pro-dukt er sich dann zugewendet hat. Die so gewonne-nen Daten konnen mit Hilfe moderner Informations-und Kommunikationstechnik in Sekundenschnellean jedem an die Datennetze angeschlossenen Punktder Erde zusammengefuhrt und nach den unter-schiedlichsten Kriterien ausgewertet werden.45) Furden Verbraucher entsteht dadurch die Gefahr, daßseine Bewegungen in den Datennetzen unmittelbaruberwacht wird und im Klartext ubersandte Informa-tionen von unbefugten Dritten abgefangen und miß-braucht werden. Es besteht das Risiko, daß sein Kon-sumverhalten registriert, aufgezeichnet und weiter-gegeben wird und die Aufzeichnungen von verschie-denen Stellen zusammengefuhrt werden, um umfas-sende Verhaltens- und Konsumprofile zu erhalten.46)Insbesondere die Werbewirtschaft hat großes Inter-esse an Sammlungen von solchen Profilen --- in derDatenbank einer amerikanischen Agentur, die Wer-beplatze im Internet vermittelt, waren bereits 1997

16 Mio. Profile gespeichert.47) Durch die Sammlungpersonenbezogener Daten in den Datennetzen wirddas Recht des Verbrauchers gefahrdet, daß seine Da-ten grundsatzlich nur zu bestimmten Zwecken ver-wendet werden, in die er eingewilligt hat. Ahnlichwie bei den Sicherheitsvorkehrungen hat der Kundekaum Moglichkeiten, Datenschutzpolitik und -ni-veau eines Unternehmens einzuschatzen, da hier-uber nur in seltenen Fallen Auskunft gegebenwird.48). Mittelbar entsteht zudem die Gefahr derVerhaltenssteuerung: Da der einzelne Verbraucherin den Datennetzen mit genau auf seine --- tatsachli-chen oder vermeintlichen -Bedurfnisse zugeschnitte-ner Werbung versorgt wird49), wird er moglicherwei-se mehr oder andere Dinge kaufen, als er ohne dieseWerbung gekauft hatte.

4.6 Unlautere Werbung

Die neuen Informations- und Kommunikationstechni-ken konnen auch auf andere Weise zu Werbezwek-ken verwendet werden. Insbesondere die elektroni-sche Post (Email) wird bereits in großem Umfang da-fur eingesetzt, Produkte und Dienstleistungen zu be-werben; das Verfahren ist erheblich preiswerter undschneller als etwa der Versand von gedruckten Wer-bebriefen.50) Das hatte bereits in der Vergangenheiteine Flut von unverlangten Werbe-Emails zur Folge.America Online, mit etwa zehn Millionen Kundender großte Internet-Provider in den Vereinigten Staa-ten von Amerika, schatzte den Anteil solcher Emailsan der Gesamtmenge der von dem Unternehmen be-forderten Emails 1997 auf 30 Prozent.51)

Fur den Verbraucher hat dies den unmittelbarenNachteil, mit Informationen uberhauft zu werden, dieer nicht verlangt hat und auch aus sonstigen Grun-den nicht zur Kenntnis nehmen will. Daruber hinausbesteht die Gefahr, daß die Speicherkapazitat seineselektronischen Briefkastens erschopft wird und ihnNachrichten, die er bekommen mochte, daher nichterreichen. Schließlich entstehen bei dem Abruf vonWerbenachrichten Telekommunikationskosten undGebuhren, die an den Internetprovider abzufuhrensind.

4.7 Unsicherheite n des Rechts

Der elektronische Geschaftsverkehr ist ein ver-gleichsweise neues Phanomen. Daraus erwachsenrechtliche Unsicherheiten. So ist zweifelhaft, ob undinwieweit das deutsche Verbraucherschutzrecht aufden elektronischen Geschaftsverkehr anwendbar ist.Daruber hinaus zeichnen sich die neuen Medien da-

43) Vgl. u.a. AG Hannover, Beschluß vom 9. Mai 1997, Az 567C 9676/94, WM IV 1997, 1207-1209; AG Wuppertal, Be-schluß vom 4. Oktober 1997; Az 35 C 351/96, WM IV 1997,1209---1210; OLG Nurnberg, Beschluß vom 4. Mai 1995, Az2 U 334/95, EWiR 1995, 643; gegenteiliger Auffassung OLGHamm, Beschluß vom 17. Marz 1997, Az 31 U 72/96, WMIV 1997, 1203.

44) Datenschutzprobleme werden in diesem Bericht nur kurso-risch behandelt. Insofern sei auf den Zwischenbericht derEnquete-Kommission „Sicherheit und Schutz im Netz“ ver-wiesen.

45) Vgl. ebd. Vgl. auch Cohen, Frederick B.: Protection and Se-curity on the Information Highway, New York u.a. 1995,S. 16f.; Baumler, Helmut: Wie geht es weiter mit dem Da-tenschutz?, in: DuD 1997, S. 446---452 (447).

46) Vgl. Der Spiegel 2/1998, S. 48---50: Glaserne Wande.

47) Vgl. new media report, Juni 1997, S. 1---3: Auf der Suchenach dem Profil.

48) Vgl. z.B. den Online-Buchladen Amazon unter http://www.amazon.com, der zusichert, daß Daten aus Geschafts-beziehungen nicht an Dritte weitergegeben werden.

49) Vgl. Damker, Herbert; Muller Gunter: Verbraucherschutzim Internet, in: DuD 1997, S. 24---29 (25f.).

50) Vgl. Schrey, Joachim; Westerwelle, Kai: „Junk-Emails“ imInternet. Wenn der elektronische Briefkasten ungewolltverstopft wird, in: Beilage 2 zu Recht der InternationalenWirtschaft 12/97, S. 17---23 (17).

51) Vgl. ebd.

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durch aus, daß sie einen grenzuberschreitendenHandel auch mit dem Verbraucher in einem zuvornicht gekannten Ausmaß ermoglichen. Damit wirdbei vielen Geschaftsabschlussen die Frage aufgewor-fen, das Recht welchen Staates anwendbar ist. So-weit auslandisches Recht gilt, wird der Verbrauchervielfach nur unzureichende Kenntnis daruber haben,ob damit ein ausreichendes Verbraucherschutzni-veau sichergestellt ist und welche Rechte ihm im ein-zelnen zustehen. Die bestehenden Online-Informati-onsangebote sind von unterschiedlicher Qualitat.Das Spektrum der Anbieter ist ebenfalls breit; nebenVerbraucherorganisationen, staatlichen Stellen oderUniversitaten sind unterschiedlichste gemeinnutzigeEinrichtungen sowie Wirtschaftsverbande, Einzelun-ternehmen, Rechtsanwalte oder Online-Medien ver-treten. Eine Orientierung kann daher auf erheblicheProbleme stoßen.

Hinzu kommen Schwierigkeiten der Rechtsdurchset-zung: Da Informationen in den globalen Datennetzenleicht verfalscht werden konnen, stellt sich die Frage,

wie ein etwa per Email vollzogener Geschaftsab-schluß beweisbar sein kann. Fur den einzelnen Ver-braucher wird es zudem haufig schwierig sein, einenim Ausland ansassigen Anbieter zu verklagen undein Urteil gegebenenfalls auch erfolgreich zu voll-strecken. So durfte es bei grenzuberschreitendenStreitigkeiten angesichts der oft relativ geringenStreitwerte sowie zusatzlicher Kosten beispielsweisefur einen Anwalt, der beim angerufenen Gericht zu-gelassen ist, oder fur die Ubersetzung von Schrift-stucken52) meist nicht sinnvoll sein, die eigenenRechte einzuklagen. Vereinfachte Verfahren sind indiesen Fallen nur selten anwendbar.53)

Zusammen mit den mangelnden Kontroll- und Uber-prufungsmoglichkeiten birgt dies erhebliche Risikenbei der Abwicklung und der gegebenenfalls ge-wunschten Ruckabwicklung eines Vertrages.54) Defacto werden Verbraucher daher in grenzuberschrei-tenden Streitfallen vielfach auf die Durchsetzung ih-rer Rechte verzichten mussen.

5. Bereits begonnene Maßnahmen des Verbraucherschutzes in Netzen

Verbraucherschutz sollte das Ziel verfolgen, die mitden neuen Medien verbundenen Vorteile fur die Ver-braucher zu bewahren und zugleich die drohendenNachteile zu minimieren. Einige Maßnahmen, diedies bezwecken, sind bereits ergriffen worden.

5.1 Vergro ßerung der Zugangsmo¨glichkeitenzum Netz

Maßnahmen, die es Verbrauchern erleichtern, denZugang zu den elektronischen Markten zu finden,konnen nicht darauf hinauslaufen, sie von Staats we-gen mit den erforderlichen technischen Geraten aus-zustatten. Sie konnen aber helfen, die Verbrauchermit dem Umgang mit den neuen Informations- undKommunikationstechniken vertraut zu machen. Dieskann etwa durch eine verstarkte Vermittlung voneinschlagigen Kenntnissen im Umgang mit Compu-tern und Datennetzen in den Schulen und in Institu-tionen der Erwachsenenbildung sowie mit Forder-programmen geschehen, die bestimmte Bevolke-rungsgruppen ansprechen. Hilfreich konnen auchAngebote zur Nutzung der neuen Techniken etwa anoffentlich zuganglichen Platzen wie Rathausern undBibliotheken sein.

Erste Schritte in diese Richtung sind schon unter-nommen worden. Die vom Bundesminister fur Bil-

dung, Forschung und Technologie und dem Vor-standsvorsitzenden der Deutschen Telekom AG in-itiierte Aktion „Schulen ans Netz“ etwa hat sich zumZiel gesetzt, moglichst viele Schulen an das Internetanzubinden und sie zu diesem Zweck mit der erfor-derlichen Hard- und Software auszustatten. Mit Un-terstutzung von Sponsoren soll bis zum Jahr 2000 et-wa 10000 Schulen ein Netzzugang verschafft wer-den.55) Eine weitere Aktion soll vor allem das Inter-esse von Senioren fur die neuen Medien wecken.56)

Die Enquete-Kommission empfiehlt, diese Maßnah-men fortzufuhren und auszubauen. Dabei sollte auchin Zukunft nicht allein der Staat in die Pflicht genom-men werden. Wie im Fall der Initiative „Schulen ansNetz“ sollte vielmehr versucht werden, auch Wirt-schaftsunternehmen, die von einer erhohten Kompe-tenz der Verbraucher im Umgang mit den neuen In-formations- und Kommunikationstechniken profitie-ren, auf freiwilliger Basis zu finanzieller Unterstut-zung heranzuziehen.

Hinzu kommen sollten Bemuhungen um eine Verein-fachung der Funktionen von Computern und Com-puterprogrammen, um den Aufwand der Verbrau-cher fur die Teilnahme am elektronischen Geschafts-verkehr zu reduzieren. In diese Richtung gehende

52) Vgl. Kommission der Europaischen Gemeinschaften, Grun-buch Zugang der Verbraucher zum Recht und Beilegungvon Rechtsstreitigkeiten der Verbraucher im Binnenmarkt,KOM(93) 576 endg. vom 16. November 1993, S. 65f.

53) Vgl. ebd. S. 69f.54) Vgl. Kohler, Helmut: Die Rechte des Verbrauchers beim Te-

leshopping (TV-Shopping, Internet-Shopping), in: NJW1998, S. 185---190 (186).

55) Vgl. Info 2000. Deutschlands Weg in die Informationsge-sellschaft, Fortschrittsbericht der Bundesregierung, Okto-ber 1997, S. 4.

56) Das Bundesministerium fur Bildung, Forschung und Tech-nologie schrieb 1997 einen Wettbewerb „Deutscher Senio-renpreis Multimedia“ aus. 1998 wurde der Verein “Senio-ren und Seniorinnen in der Wissensgesellschaft“ gegrun-det. Er soll mit Projekten und Aktionen Hemmungen vorden neuen Techniken abbauen. Vgl. unter http://www.bmbf.de/archive/presse/presse97/pm072397.html.

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Maßnahmen mussen vor allem in den Wirtschaftsbe-reichen der Informations- und Kommunikationstech-nik getroffen werden. Unterstutzt werden sollten Ver-suche von Verbraucherverbanden, Mindestanforde-rungen an verbraucherschutzende Funktionen inNormungsverfahren einfließen zu lassen.57)

5.2 Verbesserung der Kontrollmo¨glichkeiten

Die Identitat von Anbietern in den globalen Daten-netzen kann mit technischen Mitteln uberprufbar ge-macht werden. Bestimmte asymmetrische Verschlus-selungsverfahren ermoglichen die sichere Zuord-nung eines Angebots oder eines anderen Datensat-zes zu einer bestimmten Person.58) Um diese Funkti-on breit nutzbar zu machen, bedarf es allerdings ver-trauenswurdiger Instanzen, welche die Zuordnungbestatigen. Es bedarf zudem bestimmter Vorgaben,welche die technische Zuverlassigkeit der Zuord-nung gewahrleisten.

Rahmenbedingungen dafur hat der Bundesgesetzge-ber mit dem Gesetz zur digitalen Signatur (Art. 3 desInformations- und Kommunikationsdienstegeset-zes59)) geschaffen. Dieses Gesetz und die auf seinerGrundlage erlassene Verordnung stellen Anforde-rungen an die Sicherheit von Verfahren fur elektroni-sche Authentifizierungsmechanismen auf. Dadurchsollen Bedingungen geschaffen werden, unter denendigitale Signaturen als sicher gelten und Verfal-schungen von digital signierten Daten zuverlassigfestgestellt werden konnen.60) Die zustandige Regu-lierungsbehorde fur Post und Telekommunikationhat inzwischen die ersten Anbieter entsprechenderDienstleistungen zertifiziert.

Der besseren Uberprufbarkeit von Anbietern in denDatennetzen dient auch die in Teledienstegesetz undim Mediendienstestaatsvertrag der Lander aufge-stellte Kennzeichnungspflicht fur geschaftsmaßigeAngebote von Tele- und Mediendiensten. Danachmussen bei geschaftsmaßigen Angeboten der Nameund die Anschrift des Anbieters angegeben werden,bei Personenvereinigungen daruber hinaus auch Na-me und Anschrift des Vertretungsberechtigten.61)

Dabei stellt sich allerdings das Problem, daß eineNichtbeachtung nicht sanktioniert ist und auch fal-sche Namen und Anschriften angegeben werdenkonnen. Ein mit dem Namen und der Anschrift einesdeutschen Versandhandels werbendes Angebot imInternet kann die Tauschung eines in der Karibik an-sassigen Betrugers sein (sog. „spoofing“). Die En-quete-Kommission ist daher der Auffassung, daß

Sanktionsvorschriften vorgesehen werden solltenund die schlichte Kennzeichnungspflicht mittelfristigum eine Pflicht zur Angabe der digitalen Signaturdes Anbieters erganzt werden sollte. Auf diese Weisekonnte die Echtheit von Web-Seiten mit Hilfe deroben beschriebenen Authentifizierungsmechanis-men uberprufbar gemacht werden.62)

Auch die Gefahren, die der Zahlungsverkehr im In-ternet mit sich bringt, lassen sich grundsatzlich auftechnische Weise losen: Digitale Zahlungsmittel, dieeine ahnlich sichere Zahlung wie beim Bargeld er-moglichen, sind bereits entwickelt worden.63) Die6. Novelle des Gesetzes uber das Kreditwesen hat indieser Hinsicht insofern Rahmenbedingungen ge-schaffen, als es das Netzgeld- und Geldkartenge-schaft den Kreditinstituten vorbehalt (§ 1 Abs. 1 S. 2Nr. 11, 12 KWG).64) Zu berucksichtigen ist jedoch dieschon erwahnte Haftungsproblematik im Zusam-menhang mit Sicherheitslucken.

5.3 Datenschutz

Der Datenschutz des Verbrauchers ist in den Daten-netzen haufig auf technische Hilfsmittel angewiesen,die er selbst einsetzen muß. Zu nennen sind etwaVerschlusselungsverfahren, welche die Vertraulich-keit von uber das Netz ubermittelten Informationengewahrleisten, sowie Computerprogramme oderWeb-Anbieter65), die es dem Verbraucher ermogli-chen, daruber zu entscheiden, welche Informationener uber sich preisgeben will. Die Moglichkeiten tech-nischen Datenschutzes sind jedoch nicht auf denSelbstschutz des Verbrauchers beschrankt. Auch dieUmgebung, in der elektronischer Geschaftsverkehrstattfindet, kann sicherer und komfortabler gestaltetwerden. Der Einsatz entsprechender Techniken kanndurch rechtliche Regelungen zur Pflicht gemachtwerden: Diesen Weg gehen das Teledienstedaten-schutzgesetz (Art. 2 des Informations- und Kommuni-kationsdienstegesetzes) und die entsprechenden Be-stimmungen im Mediendienstestaatsvertrag. Sie ver-pflichten die Anbieter von Tele- und Mediendienstendazu, die Gestaltung und die Auswahl technischerEinrichtungen an dem Ziel auszurichten, keine oderso wenige personenbezogene Daten wie moglich zuerheben.66) Daneben enthalten die Gesetze eine um-fassende Pflicht zur Unterrichtung der Nutzer uberdie Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten,Voraussetzungen fur eine elektronische Einwilligung

57) Vgl. z.B. European Association for the Coordination of Con-sumer Representation in Standardization: Consumer requi-rements in relation to ICT standardization, April 1997, ab-rufbar unter: http://www.ispo.cec.be/infosoc/promo/pubs/consreq.html.

58) Vgl. Europaische Kommission: Sicherheit und Vertrauen inelektronische Kommunikation. Ein europaischer Rahmenfur digitale Signaturen und Verschlusselung. Mitteilungder Kommission an den Rat, das Europaische Parlament,den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschußder Regionen (KOM (97)503).

59) BGBl. I 1997 S. 1870:1880.60) Vgl. § 1 Abs. 1 Signaturgesetz61) Vgl. § 6 Teledienstegesetz, § 6 Mediendienstestaatsvertrag.

62) Vgl. OECD: Gateways to the Global Market: Consumersand Electronic Commerce, 1998, S. 35ff.

63) Vgl. Group of Ten: Electronic Money. Consumer Protection,law enforcement, supervisory and cross border issues. Re-port of the working party on electronic money, April 1997,abrufbar unter http://www.bis.org. Fiege, Carsten: Anony-mer Zahlungsverkehr mit elektronischem Geld, in Compu-ter und Recht 1998, S. 41---46; Werner, Stefan: Datenschutz-probleme des elektronischen Zahlungsverkehrs, in: Com-puter und Recht 1997, S. 48---53.

64) BGBl. I 1997, S. 2518ff.; Zur Sechsten KWG-Novelle vgl.Kumpel, Siegfried: Rechtliche Aspekte des elektronischenGeldes (Cybergeld), in: WM 1998, S. 365---375.

65) z.B. http://www.anonymizer.com, http://www.remailer.-com.

66) Vgl. § 3 Abs. 4 Teledienstegesetz (= Art. 2 des Informations-und Kommunikationsdienstegesetzes).

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in diese Verarbeitung, Grundsatze des Systemdaten-schutzes und eine Pflicht zur Ermoglichung der ano-nymen bzw. pseudonymen Inanspruchnahme vonTelediensten. Den Aufsichtsbehorden werden erwei-terte Kontrollbefugnisse zugestanden.

Mit der Umsetzung der „EU-Datenschutzrichtli-nie“67) wird es auch innerhalb der EU zu einer Anhe-bung und Angleichung des Datenschutzniveauskommen. Soweit der Anwender im außereuropai-schen Ausland sitzt, ist jedoch vielfach kein zufrie-denstellender Datenschutz gewahrleistet. FreiwilligeKennzeichnungsmoglichkeiten, etwa auf Grundlageeines Datenschutz-Audits68), gewinnen in diesem Zu-sammenhang an Bedeutung. Sie konnen aber auchnational sowie auf EU-Ebene zu einer Anhebung desDatenschutznivaus beitragen. Der Mediendienste-Staatsvertrag sieht diese Moglichkeit in § 17 bereitsvor, behalt die Regelung der Anforderungen jedocheinem besonderen Gesetz vor. Im Teledienstegesetzist eine entsprechende Vorschrift, entgegen den er-sten Entwurfen, nicht mehr enthalten.69) Die En-quete-Kommission empfiehlt, den Gedanken des Da-tenschutz-Audits weiter zu verfolgen. In Anlehnungan das Umwelt-Audit sollte eine Regelung auf euro-paischer und internationaler Ebene angestrebt wer-den.

5.4 Schutz gegen unlautere Werbung

Viele der mit dem elektronischen Geschaftsverkehrverbundenen Risiken fur den Verbraucher konnenbereits mit herkommlichen Mitteln des Verbraucher-schutzrechts bewaltigt werden. Das zeigen erste Ur-teile deutscher Gerichte. So entschied das Landge-richt Traunstein, das Zusenden unerwunschterEmail-Werbung verstoße gegen § 1 des Gesetzes ge-gen den unlauteren Wettbewerb (UWG).70) Ebensolaßt sich grundsatzlich auch das Gesetz uber die All-gemeinen Geschaftsbedingungen auf die Kommuni-kation in Datennetzen anwenden.71) Daneben sindjedoch neue rechtliche Regelungen geschaffen wor-den, um den Besonderheiten des Geschaftsverkehrsin den Datennetzen gerecht zu werden. Anderungendes Preisangabengesetzes und der Preisangabenver-ordnung sind zum Teil durch Art. 8 und 9 IuKDG,zum Teil durch die Dritte Verordnung zur Anderungder Preisangabenverordnung herbeigefuhrt worden.Sie stellen klar, daß die Pflichten zur klaren und wah-

ren Preisangabe auch bei Angeboten gelten, die uberdie Neuen Medien verbreitet werden.72) Wird eineLeistung unmittelbar per Bildschirmanzeiger er-bracht und nach Gebuhren berechnet, ist der Anbie-ter zudem verpflichtet, dem Verbraucher unentgelt-lich eine gesonderte Anzeige uber den jeweiligenPreis der Nutzung anzubieten, also die auflaufendenGebuhren anzuzeigen.73) An rundfunkrechtliche Be-stimmungen angelehnte Regelungen enthalt der Me-diendienstestaatsvertrag der Lander.

5.5 Weitere Maßnahmen

Weitere Maßnahmen zum Verbraucherschutz sind imBereich des Telekommunikationsrechts getroffenworden. Sie berucksichtigen, daß der Verbraucherbei der Nutzung der neuen Dienste auch Telekom-munikationsdienstleistungen in Anspruch nehmenmuß, die ihrerseits Risiken bergen. Daher ermachtigtdas Telekommunikationsgesetz74) die Bundesregie-rung in § 41, zum Schutz der Nutzer und insbesonde-re der Verbraucher durch Rechtsverordnung Rah-menvorschriften fur die Inanspruchnahme von Tele-kommunikationsdienstleistungen fur die Offentlich-keit zu erlassen. Dies ist mit der Verabschiedung derTelekommunikations-Kundenschutzverordnung(TKV) geschehen. Die Telekommunikations-Kunden-schutzverordnung enthalt unter anderem Bestim-mungen uber den Nachweis von Entgeltforderungendurch Telekommunikationsunternehmen75), uber dieEntgeltermittlung bei unklarer Forderungshohe76)und uber Informationspflichten von Telekommunika-tionsunternehmen gegenuber Endkunden.77) Dar-uber hinaus sind die Kunden berechtigt, den Tele-kommunikationsunternehmen eine Vorgabe fur diemaximale monatliche Entgelthohe zu machen, dienicht ohne Zustimmung des Kunden uberschrittenwerden darf.78) Bei Streitigkeiten uber die Verletzungvon aus der Telekommunikations-Kundenschutzver-ordnung resultierenden Rechten des Kunden durchein Telekommunikationsunternehmen kann der Kun-de zum Zweck der Streitbeilegung zunachst die Re-gulierungsbehorde anrufen.79)

5.6 Bewertung

Die Enquete-Kommission begrußt die mit Informa-tions- und Kommunikationsdienstegesetz, Medien-dienstestaatsvertrag und Telekommunikationsgesetzverbundenen Verbesserungen des Verbraucher-schutzes im Zusammenhang mit Multimedia-Ange-boten. Sie ist jedoch der Auffassung, daß die prakti-sche Umsetzung dieser Regelungswerke der auf-merksamen Beobachtung bedarf. Aufgrund der ra-santen technischen Entwicklung auf dem Gebiet derInformations- und Kommunikationstechnik bestehtdie Gefahr, daß die rechtliche Entwicklung mit der

67) Richtlinie des Europaischen Parlaments und des Rates vom24. Oktober 1995 zum Schutz naturlicher Personen bei derVerarbeitung personenbezogener Daten und zum freienDatenverkehr, Abl. L 281 v. 23. November 1995, S. 31ff.

68) Vgl. Roßnagel, Alexander: Datenschutz-Audit, in: DuD1997, S. 505---515)

69) Vgl. Roßnagel, ebd, S. 50570) Vgl. LG Traunstein, Beschluß vom 14. Oktober 1997, Az.: 2

HK O 3755/97; Besprechung Jens M. Schmittmann in: Mul-timedia und Recht 1998, S. 53---55.

71) Vgl. Schwerdtferger, Armin: Regelungen zum Schutz derEndnutzer nach nationalem und internationalem Recht, in:Schwarz, Mathias: Recht im Internet, Stand Januar 1998,Kapitel 6.3.1., S. 3 ff.; Heinrichs, Helmut: Die Entwicklungdes Rechts der allgemeinen Geschaftsbedingungen, in:NJW 1997, S. 1407---1420 (1409f.).

72) Vgl. zu den Anderungen: Volker, Stefan: Anderungen imRecht der Preisangaben, in: NJW 1998, S. 3405---3408.

73) Vgl. Art. 9 Nr. 1 IuKDG.74) BGBl. I S. 1120.75) Vgl. § 16 TKV.76) Vgl. § 17 TKV.77) Vgl. § 27 TKV.78) Vgl. § 10 TKV.79) Vgl. § 35 TKV.

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technischen nicht Schritt halten kann. Daher schließtsich die Enquete-Kommission dem der Bundesregie-rung vom Bundestag gegebenen Auftrag zur Uber-prufung des IuKDG ausdrucklich an und fordert auchdie Bundeslander zu einem entsprechenden Verfah-ren auf. Besonderer Aufmerksamkeit sollte aus Sichtder Enquete-Kommission folgenden Fragen zukom-men:

l Abgrenzungsprobleme: Abgrenzungsproblemebestehen sowohl zwischen Mediendienstestaats-vertrag und Informations- und Kommunikations-dienstegesetz80) als auch zwischen diesen beidenRegelungswerken und dem Telekommunikations-gesetz.81) Das kann sowohl fur den auf einen si-cheren und einfachen Rechtsrahmen angewiese-nen elektronischen Rechtsverkehr ein Hemmnisbedeuten als auch einen effektiven Verbraucher-schutz gefahrden.

l Kompetenzprobleme: Sowohl das Informations-und Kommunikationsdienstegesetz als auch derMediendienstestaatsvertrag enthalten eine Haf-tungsprivilegierung fur Access-Provider, also Un-ternehmen, die den Zugang zum Internet und an-deren Diensten vermitteln. Diese sollen fur fremdeInhalte, die sie zur Nutzung bereithalten, nur dannverantwortlich sein, wenn sie von diesen InhaltenKenntnis haben und es ihnen technisch moglichund zumutbar ist, deren Nutzung zu verhindern.82)Dies erscheint insofern problematisch, als fraglichist, ob und inwieweit durch den landesrechtlichenMediendienstestaatsvertrag auch Bestimmungenin Bundesgesetzen relativiert werden konnen, dieeine uneingeschrankte Haftung anordnen.83) An-gesichts der unklaren Abgrenzung zwischen Me-diendiensten und Telediensten kann auch dieseUnsicherheit die eben beschriebenen Folgen ha-ben.

6. Weitere vordringlich zu treffende Maßnahmen

Die bereits getroffenen Maßnahmen sind zu begru-ßen. Sie reichen jedoch nicht aus, um einen effekti-ven Verbraucherschutz in den Datennetzen zu ge-wahrleisten. Neben den im vorigen Abschnitt be-schriebenen Schritten sind weitere Maßnahmen er-forderlich:

6.1 Anpassungen des Verbraucherschu tz-rechts

Das spezifische Verbraucherschutzrecht ist nochnicht hinreichend an die Erfordernisse des elektroni-schen Geschaftsverkehrs angepaßt worden. Dies be-trifft insbesondere das Gesetz uber den Widerruf vonHausturgeschaften und ahnlichen Geschaften (dazu6.1.1.) und das Verbraucherkreditgesetz (dazu6.1.2.), die im Rahmen der Umsetzung der EU-Fern-absatzrichtlinie modifiziert werden konnten (6.1.3.).Dabei sollte auch eine Anpassung des Haftungs-rechts, des nationalen Kollisionsrechts und weitererVorschriften gepruft werden (6.1.4., 6.1.5.). Allenfallsgeringer Anderungen bedarf hingegen das Gesetzzur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschafts-bedingungen und das Recht der Werbebeschrankun-gen (6.1.6., 6.1.7.).

6.1.1 Haustu rwiderrufsgesetz

Das Hausturwiderrufsgesetz (HausturWG) soll denVerbraucher vor ubereilten Vertragsschlussen schut-zen, zu denen er aufgrund von Uberrumpelungsef-fekten und der Ausubung eines Entscheidungs-drucks verleitet wird. Diese Gefahr besteht nach § 1HausturWG regelmaßig dann, wenn der Verbraucheran seinem Arbeitsplatz, im Bereich seiner Wohnung,anlaßlich bestimmter Freizeitveranstaltungen oderdurch ein uberraschendes Ansprechen in Verkehrs-mitteln und im offentlichen Raum zum Vertrags-schluß gebracht wird. Solche Vertrage werden dahergrundsatzlich nur dann wirksam, wenn der Verbrau-cher sie nicht binnen einer Woche schriftlich wider-ruft. Der Lauf dieser Frist beginnt allerdings erst,wenn dem Kunden eine „drucktechnisch deutlichgestaltete schriftliche Belehrung uber sein Recht zumWiderruf“ mit der Adresse des Widerrufsempfangersausgehandigt worden ist. Diese Belehrung ist vomVerbraucher zu unterschreiben. Werden zwar nichtdiese Voraussetzungen, wohl aber der abgeschlos-sene Vertrag erfullt, erlischt das Widerrufsrecht einenMonat nach der beiderseitigen Vertragserfullung.

Ob das HausturWG auf Vertrage, die aufgrund vonAngeboten in neuen Diensten abgeschlossen wer-den, angewendet werden kann, ist umstritten:

l Fur Vertrage, die aufgrund von Verkaufssendun-gen im Fernsehen abgeschlossen werden, wirddies von einigen bejaht,84) von anderen verneint.85)Zwar lagen die Voraussetzungen des § 1 Haus-

80) Vgl. Kroger, Detlef; Moos, Flemming: Mediendienst oderTeledienst? Zur Aufteilung der Gesetzgebungsmaterie In-formations- und Kommunikationsdienste zwischen Bundund Landern, in: AfP 1997, S. 675---680.

81) Vgl. Moritz, Hans-Werner; Winkler, Michael: Datenschutzund Online-Dienste, in: NJW-CoR 1997, S. 43---48.

82) Vgl. § 5 Abs. 2 Teledienstegesetz (= Art. 1 IuKDG); § 5Abs. 2 MdStV.

83) Vgl. Spindler, Gerald: Verschuldensabhangige Produkthaf-tung im Internet, in: MMR 1998, S. 23---29 (24); Koch, FrankA.: Zivilrechtliche Anbieterhaftung fur Inhalte in Kommuni-kationsnetzen, in: Computer und Recht 1997, S. 193---203(198).

84) Vgl. Eckert, Hans-Werner: Teleshopping --- Vertragsrechtli-che Aspekte eines neuen Marketingkonzepts, in: DB 1994,S. 717---723 (722); Erman/Klingsporn: BGB-Handkommen-tar, 9. Aufl. 1993, § 1 HausturWG, Rn. 3.

85) Vgl. Kohler, Helmut: Die Rechte des Verbrauchers beim Te-leshopping (TV-Shopping, Internet-Shopping), in: NJW1998, S. 185---190 (186).

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turWG nicht vor. Es handele sich aber um eine wir-kungslose Umgehung im Sinne des § 5 Haus-turWG. Das HausturWG sei namlich im Lichte derEG-Richtlinie uber den „Verbraucherschutz imFall von außerhalb von Geschaftsraumen abge-schlossenen Vertragen“86) auszulegen. Diese ge-bietet Verbraucherschutz auch dann, wenn einVertrag unter Bedingungen abgeschlossen wird,die den ausdrucklich normierten Bedingungenvergleichbar sind. Das sei jedenfalls bei solchenVerkaufssendungen im Fernsehen der Fall, bei de-nen Uberrumpelungseffekte eingesetzt werden.Denn mit der Aufforderung „Rufen Sie jetzt an!“werde der Verbraucher ebenso wie in den gesetz-lich geregelten Fallen zu einem ubereilten Ver-tragsschluß gedrangt. Die Gegenmeinung haltdiese Argumentation fur nicht stichhaltig. Fur einHausturgeschaft im Sinne des HausturWG sei estypisch, daß der Verbraucher in einer Situationpersonlich beeinflußt wird, in der er nicht ohneweiteres mit Vertragsangeboten rechnen muß.87)Bei Fernsehsendungen, die zum Verkauf von Wa-ren dienen, sei jedoch weder ein Uberraschungs-effekt noch eine unmittelbare personliche Beein-flussung gegeben.

l Die Anwendbarkeit des HausturWG auf Vertragemit Verbrauchern, die aufgrund von Internet-An-geboten zustande kommen, wird in der wissen-schaftlichen Literatur in der Regel verneint. In die-sem Fall konne von einem durch einen personli-chen Kontakt entstehenden Entscheidungsdruckoder Uberrumpelungseffekt keine Rede sein.88)Der Verbraucher selbst suche das Angebot desAnbieters und konne sich diesem auch ohne wei-teres entziehen. Andere meinen hingegen, einUberraschungseffekt konne sich auch bei Ange-boten im Internet durchaus ergeben.89) Dies sei et-wa der Fall, wenn ein Verbraucher auf einer Web-Site uberraschend und nicht vorhersehbar mit auf-dringlicher Werbung konfrontiert wird. Ansatz-punkte fur die Anwendung des HausturWG wur-den sich auch mit dem zunehmenden Einsatz so-genannter „Push“-Technologien ergeben.90) Damitkonnen dem Nutzer Inhalte uber in die gangigeBrowser-Software bereits integrierte Kanale auto-matisch zugesandt werden.

l Das dargestellte Meinungsspektrum illustriert dieRechtsunsicherheit, die bei der Anwendung des

HausturWG auf im elektronischen Verkehr abge-schlossenen Geschaften besteht. Dies ist fur denVerbraucher und die Anbieter eine unbefriedigen-de Situation. Angesichts der offenbar großenSchwierigkeiten, Sachverhalte im Zusammenhangmit den neuen Medien unter das HausturWG zusubsumieren, ist eine baldige Klarung durch dieRechtsprechung nicht zu erwarten. Die Enquete-Kommission ist daher der Auffassung, daß klarstel-lende Regelungen verabschiedet werden sollten.Empfehlenswert erscheint der Kommission dieEinfuhrung eines allgemeinen Widerrufsrechts furDistanzgeschafte. Ein solches wird von der in dennachsten Jahren umzusetzenden Richtlinie desEuropaischen Parlamentes und des Rates uber denVerbraucherschutz von Vertragsabschlussen imFernabsatz ohnehin vorgesehen.91) Der Handelwurde dadurch nicht ubermaßig belastet: VieleAnbieter im Verkaufsfernsehen und im Internetraumen bereits von sich aus befristete Ruckgabe-rechte ein.92)

Zugleich sollten die Anforderungen an die Belehrungdes Verbrauchers an die Besonderheiten der neuenMedien angepaßt werden. Die Notwendigkeit einervon dem Kunden zu unterschreibenden, drucktech-nisch gestalteten Erklarung wurde den Vorteil derSchnelligkeit und Leichtigkeit des elektronischenGeschaftsverkehrs schmalern. Gleiches gilt fur dienach geltender Rechtslage schriftlich abzugebendeWiderrufserklarung. Ein Ersatz durch digital si-gnierte Dokumente, die per Email ausgetauscht wer-den, ist jedoch nicht ganzlich unproblematisch. Denndie gerade im rechtlichen Verbraucherschutz vor-dringlichen Formzwecke der Warnfunktion und desUbereilungsschutzes konnen durch digitale Signatu-ren nach den bisherigen Anforderungen des Signa-turgesetzes nicht zuverlassig gewahrleistet werden.Auf diese Formzwecke kann auch und gerade imRahmen des electronic commerce nicht verzichtetwerden.

Warnfunktion und Ubereilungsschutz konnen beimEinsatz elektronischer Kommunikationsmittel durchgeeignete technische Vorkehrungen bzw. einen ge-eigneten Ablauf der Kommunikation gewahrleistetwerden. Wie dies im einzelnen zu geschehen hat,muß im Hinblick auf die besonderen Bedingungender online-Kommunikation noch ermittelt werden.Die Offnung verbraucherschutzender Formvorschrif-ten fur moderne Kommunikationsformen setzt vor-aus, daß die im Interesse eines wirksamen Uberei-lungsschutzes und zur Realisierung einer Warnfunk-tion erforderlichen technischen Vorkehrungen vomGesetzgeber als Voraussetzungen fur die Einhaltungder elektronischen Form gesetzlich vorgeschriebenwerden. Dies kann entweder so geschehen, daßdiese Vorkehrungen bereits im Signaturgesetz mit-verarbeitet werden; moglich ist aber auch, daß ent-sprechende Regelungen bei den jeweiligen Normendes Privatrechts getroffen werden.

86) Richtlinie vom 20. Dezember 19985 (85/577/EWG).87) Vgl. Kohler, Helmut: Die Rechte des Verbrauchers beim Te-

leshopping (TV-Shopping, Internet-Shopping), in: NJW1998, S. 185---190 (186).

88) Vgl. Rußmann, Helmut: Internationalprozeßrechtliche undinternationalprivatrechtliche Probleme beim Vertrags-schlussen im Internet unter besonderer Berucksichtigungdes Verbraucherschutzes, in: Tauss, Jorg; Kollbeck, Johan-nes, Monikes, Jan: Deutschlands Weg in die Informations-gesellschaft. Herausforderungen und Perspektiven furWirtschaft, Wissenschaft, Recht und Politik, Baden-Baden1996, S. 709---737 (723).

89) Vgl. Waldenberger, Arthur: Grenzen des Verbraucher-schutzes beim Abschluß von Vertragen im Internet, in: BB1996, S. 2365-2371 (2367).

90) Vgl. Waldenberger, Arthur: Verbraucherschutz im Internet,in: Hoeren, Thomas; Sieber, Ulrich (Hrsg.): PraxishandbuchMultimedia-Recht, Munchen (erscheint demnachst).

91) Richtlinie 97/7/EG vom 20. Mai 1997. Vgl. dort Art. 6.92) Vgl. Kohler, Helmut: Die Rechte des Verbrauchers beim Te-

leshopping (TV-Shopping, Internet-Shopping), in: NJW1998, S. 185---190 (186, 188).

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6.1.2 Verbraucherkreditgeset z

Das Verbraucherkreditgesetz (VerbrKrG) soll denVerbraucher vor dem ubereilten Abschluß von Kre-ditvertragen und Abzahlungsgeschaften schutzen.Dies gilt freilich nur, soweit die Nettokreditsummeoder der Barzahlungspreis die Summe von 400 DMubersteigen und dem Verbraucher ein Zahlungsauf-schub von mehr als drei Monaten eingeraumt wird.Anlaß der Regelung waren Gefahren und Mißstandein verschiedenen Bereichen des Verbraucherkredits.Diese wurden als Grund fur eine zunehmenden Ver-schuldung eines Teils der Verbraucher angesehen.93)Inhaltlich wird das Regelungsziel vor allem durchdas Aufstellen bestimmter Anforderungen an denKreditvertrag und die Einraumung eines Widerrufs-rechts des Verbrauchers verfolgt. Der Vertrag mußder Schriftform genugen und die Kreditkonditionentransparent machen (§ 4 VerbrKrG). Wirksam wird ernur dann, wenn der Verbraucher ihn nicht binnen ei-ner Woche widerruft (§ 7 VerbrKrG). Der Lauf derFrist beginnt wie beim HausturWG erst, wenn demVerbraucher eine besondere Belehrung ausgehan-digt worden ist und er diese unterschrieben hat.Schriftformerfordernis und Widerrufsrecht entfallenim Fall des sogenannten Versandhandelsprivilegsdes § 8 VerbrkrG. Danach findet § 4 VerbrKrG keineAnwendung, wenn der Verbraucher den Vertrag auf-grund eines Verkaufsprospektes abschließt, der dieKreditkonditionen ebenfalls hinreichend transparentmacht. Voraussetzung ist, daß der Verbraucher denVerkaufsprospekt in Abwesenheit des Anbieters ein-gehend studieren konnte. Damit sollte vermiedenwerden, daß der Versandhandler gezwungen gewe-sen ware, dem Kunden nach der mundlichen Bestel-lung zunachst ein schriftliches Finanzierungsangebotzu ubersenden, das dieser nach Leistung der Unter-schrift wieder hatte zuruckschicken mussen. Sinddiese Bedingungen erfullt, entfallt auch das Wider-rufsrecht des Verbrauchers, wenn ihm das uneinge-schrankte Recht eingeraumt wird, die Sache auf Ge-fahr und Kosten des Kreditgebers binnen einer Wo-che nach Erhalt zuruckzugeben.

Inwieweit die Vorschriften des VerbrKrG auf Vertra-ge anwendbar sind, die aufgrund von Angeboten inden neuen Diensten abgeschlossen werden, wirdebenfalls differenziert beantwortet:

l Fur Kredit- und Abzahlungsgeschafte, die auf-grund von Verkaufssendungen im Fernsehen ab-geschlossen werden, wird die Anwendbarkeit derSchutzvorschriften des VerbrKrG bejaht.94) Ein te-lefonisch abgeschlossener Vertrag reicht also nichtaus; die Voraussetzungen des § 4 VerbrKrG mus-sen erfullt sein. Das sogenannte Versandhandels-privileg wird den Anbietern nicht zugestanden.Die Darstellung im Fernsehen stelle keinen Ver-kaufsprospekt im Sinne von § 8 VerbrKrG dar. Je-denfalls fehle es an der Moglichkeit, den Text uberdie Kreditkonditionen eingehend zur Kenntnis zunehmen.

l Unklarer ist die Rechtslage bei Kredit- und Abzah-lungsgeschaften, die aufgrund von Angeboten imInternet und ahnlichen Diensten abgeschlossenwerden. Zwar wird auch hier die Anwendbarkeitder Schutzvorschriften des VerbrKrG nicht in Fra-ge gestellt. Die Erfordernisse der Schriftform undder Transparenz der Kreditkonditionen mussenalso grundsatzlich ebenfalls erfullt sein. Umstrittenist jedoch, ob im Fall von Internetangeboten dasVersandhandelsprivileg greift. Dies wird einerseitsverneint. Bei dem vom Gesetz als „Verkaufs-prospekt“ bezeichneten Informationsdokumentmusse es sich um ein Druckerzeugnis handeln.Bildschirmanzeigen seien zu fluchtig, um dieFunktion eines gedruckten Prospektes ausfullenzu konnen. Andere vertreten die Auffassung, eineGleichstellung sei unter bestimmten Vorausset-zungen durchaus geboten.95) Dies sei der Fall,wenn dem Verbraucher die Moglichkeit gebotenwerde, die entsprechenden Informationen unent-geltlich aus einem elektronischen Angebot mit ei-ner Datumsangabe auf einen Datentrager herun-terzuladen oder sie auszudrucken.96) Die Verbrau-cherverbande haben in ihrer Stellungnahme ge-genuber der Enquete-Kommission die Meinungvertreten, daß bei Internet-Bestellungen ein ver-gleichbar umstandlicher Ablauf wie theoretischbei telefonischen Auftragen nicht erkennbar sei.Vielmehr konne durch eine entsprechende Gestal-tung der Bestellsoftware das vom Verbraucherausgehende Angebot bereits automatisch so er-zeugt werden, daß die Angaben nach § 4 VerbrKGenthalten sind.

Nach Auffassung der Enquete-Kommission sollte aufjeden Fall eine gesetzliche Klarstellung bei der Rege-lung des Versandhandelsprivilegs erfolgen. Dabeisoll der Verbraucherschutz bei dem Abschluß vonKreditvertragen uber die neuen Dienste nicht relati-viert, die Notwendigkeit einer Modifizierung im Hin-blick auf die technischen Gegebenheiten jedoch ge-pruft werden. Soweit eine technische Losung im Rah-men der Bestellsoftware nicht in zumutbarer Weiserealisierbar sein sollte und die Schriftformerforder-nisse die Vorteile der neuen Dienste fur den Verbrau-cher schmalern sollten, konnen Anpassungen in Be-tracht gezogen werden. Die Enquete-Kommissionhalt in diesem Fall einen Zusatz fur angemessen, dereinen elektronischen Verkaufsprospekt erfaßt, soweiter einem Druckwerk vergleichbar ist und die Voraus-setzungen hierfur so konkretisiert, daß Schutzverlu-ste vermieden werden. Zu beachten ist, daß der Ver-braucherschutz durch das VerbrKrG aufgrund desnach der EG-Fernabsatzrichtlinie einzufuhrendenallgemeinen Widerrufsrechts an Bedeutung verlierenwird.97)

93) Vgl. MK-Ulmer, Vor § 1 VerbrKrG Rn. 1, 7f.94) Vgl. Kohler, Helmut: Die Rechte des Verbrauchers beim Te-

leshopping (TV-Shopping, Internet-Shopping), in: NJW1998, S. 185---190 (186).

95) Vgl. Waldenberger, Arthur: Verbraucherschutz im Internet,in: Hoeren, Thomas; Sieber, Ulrich (Hrsg.): PraxishandbuchMultimedia-Recht, Munchen (erscheint demnachst).

96) Vgl. Schwerdtfeger, Armin: Regelungen zum Schutz derEndnutzer nach nationalem und internationalem Recht, in:Schwarz, Mathias: Recht im Internet, Munchen, Stand Ja-nuar 1998, 6.3.1., S. 15.

97) Vgl. Kohler, Helmut: Die Rechte des Verbrauchers beim Te-leshopping (TV-Shopping, Internet-Shopping), in: NJW1998, S. 185---190 (187).

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6.1.3 Umsetzung der Fernabs atzrichtlinie

Viele Anderungen werden sich aufgrund der Umset-zung der EU-Fernabsatzrichtlinie ergeben.98) Dieseenthalt neben dem bereits erwahnten allgemeinenWiderrufsrecht fur im Fernabsatz geschlossene Ver-trage umfangreiche Informationspflichten fur Anbie-ter der neuen Dienste.99) Der Verbraucher muß vordem Vertragsschluß in unmißverstandlicher und lau-terer Weise unter anderem uber das kommerzielle In-teresse des Anbieters, seinen Namen und seine An-schrift, die wesentlichen Eigenschaften sowie denEndpreis der Ware einschließlich Lieferkosten undSteuern informiert werden. Dies muß schriftlich oderauf einem anderen fur den Verbraucher „verfugba-ren dauerhaften Datentrager“ geschehen.100) Dar-uber hinaus werden Regelungen uber die Lieferzeitund Kartenzahlungen getroffen. Kritisch angemerktwird nicht nur von den Verbraucherorganisationen,daß auch hier Sanktionen fur den Fall der Nichtbe-achtung der Informationspflichten fehlen. Gleichesgilt, wenn Handler im Falle des Widerrrufs einer Be-stellung bereits geleistete Zahlungen nicht innerhalbder vorgesehenen Frist von 30 Tagen zuruckerstat-ten. Zur Durchsetzung seiner Rechte ware der Ver-braucher daher notfalls gezwungen, rechtlicheSchritte --- ggf. vor einem auslandischen Gericht ---gegen den Anbieter einzuleiten. Die Umsetzung derFernabsatz-Richtlinie sollte daher genutzt werden,hier Erganzungen vorzunehmen.

Außerdem werden Beschrankungen uber den Ein-satz von Sprechautomaten (Voice-Mail-Systeme) undTelefax aufgestellt.101) Dieser soll nur aufgrund dervorherigen Zustimmung des Verbrauchers zulassigsein. Geregelt wird schließlich auch das Phanomenvon Werbung, zu welcher der Verbraucher nicht auf-gefordert hat. Bei Techniken, die eine individuelleTelekommunikation erlauben, soll solche Werbungdann grundsatzlich zulassig sein, wenn der Verbrau-cher sie nicht zuvor offenkundig abgelehnt hat. Einevorherige Zustimmung ist danach nur bei Telefaxund Voice-Mail-System notwendig. Aus Verbrau-cherperspektive wurde dies eine Verschlechterunggegenuber einer auf § 1 des Gesetzes uber den un-lauteren Wettbewerb gestutzten Rechtsprechung be-deuten, derzufolge es grundsatzlich auch bei Email-Werbung der vorherigen Zustimmung des Adressa-ten bedarf.102) Art. 14 der EG-Fernabsatzrichtlinie er-laubt den Mitgliedsstaaten allerdings, strengere Be-stimmungen zu erlassen oder aufrecht zu erhalten.

Das kann zwar moglicherweise eine Auslagerungder Tatigkeit einschlagiger Marketingunternehmenin das europaische Ausland zur Folge haben. Den-noch pladiert die Enquete-Kommission dafur, die be-stehenden Verbraucherstandards nicht einzuschran-ken.

Was die Umsetzung der EU-Fernabsatzrichtlinie an-geht, gibt die Enquete-Kommission zu Bedenken:Das Recht des Vertragsschlusses und das Schuld-recht ist schon heute durch eine Vielzahl sonderge-setzlicher Privatrechtsregelungen unubersichtlichgeworden.103) Das ist nicht zuletzt auf zahlreiche EU-Richtlinien zuruckzufuhren. Sie reichen vom Teilzeit-Wohnrechtegesetz, den Versicherungs- und Insol-venzschutz bei Pauschalreisen bis hin zum Produkt-haftungsgesetz.104) Unabhangig davon, wie man zudiesen Bestimmungen im einzelnen stehen mag --- ih-re Vielzahl macht es weder dem Verbraucher nochden Anbietern leicht, sich uber Rechte und Pflichtenzu informieren. Wie der Bundesprasident zutreffendfestgestellt hat, muß das Recht aber jedenfalls furnormale Lebenssituationen klar, einfach und uber-schaubar sein, wenn es seinen Anspruch auf Befol-gung nicht verlieren will.105)

Die Enquete-Kommission ist daher der Auffassung,daß gepruft werden sollte, ob und inwieweit die spe-zifischen Verbraucherschutzgesetze zu einem ein-heitlichen Verbrauchervertragsrecht zusammenge-faßt werden konnen. Entsprechende Regelungenkonnten moglicherweise unmittelbar in das Burgerli-che Gesetzbuch integriert werden, das seine zentraleRolle im deutschen Zivilrecht behalten sollte. Ein sol-ches Unterfangen benotigt jedoch mehr Zeit als dieFrist zur Umsetzung der EU-Fernabsatzrichtlinie ge-wahrt.106) Zwischenlosungen sind daher notwendig.

Schließlich weist die Enquete-Kommission daraufhin, daß der Bereich der Finanzdienstleistungennicht von der EU-Fernabsatzrichtlinie erfaßt wird, dieEuropaische Kommission jedoch fur diesen Bereichgegenwartig eine Parallel-Richtlinie erarbeitet.107).Die Enquete-Kommission empfiehlt, diesen Prozeßaufmerksam zu beobachten und auf eine vergleich-bare Absicherung des Verbraucherschutzes zu drin-gen.

6.1.4 Sicherheit und Haftung

Eine hundertprozentige Sicherheit ist bei elektroni-schen Systemen nicht realisierbar. Negative Auswir-kungen ergeben sich fur den Nutzer daraus, daß esihm sowohl in Mißbrauchsfallen wie auch bei techni-schen Problemen wie einer fehlerhaften Ubermitt-

98) Vgl. Goßmann, Christine: Electronic Commerce. Die EU-Fernabsatzrichtlinie und ihre Auswirkungen auf den Han-del uber neue Medien, in MMR 1998, S. 88---92; Martinek,Michael: Verbraucherschutz im Fernabsatz --- Lesehilfe mitMerkpunkten zur neuen EU-Richtlinie, in: NJW 1998,S. 207f.; Schmittmann, Jens M.: Geschafte und Werbungim Internet. Auswirkungen der Fernabsatz-Richtlinie derEU, in: DuD 1997, S. 636---640.

99) Vgl. Art. 4 der Richtlinie.100) Vgl. Art. 5 der Richtlinie.101) Vgl. Art. 7, 8, 10 der Richtlinie.102) Vgl. Hoeren, Thomas: Cybermanners und Wettbewerbs-

recht --- Einige Uberlegungen zum Lauterkeitsrecht im In-ternet, in: wrp 1997, S. 993---998 (995); Schmittmann, JensM.: Geschafte und Werbung im Internet. Auswirkungender Fernabsatz-Richtlinie der EU, in: DuD 1997, S. 636---640 (639).

103) Vgl. Moschel, Wernhard: Einflusse der europaischen aufdie deutsche Wirtschaftsordnung, Lectiones Jenenses,Heft 14, Jena 1998, S. 12f.

104) Vgl. Moschel, ebd.105) Bulletin der Bundesregierung vom 9. Dezember 1998

(Nr. 98), S. 1264.106) Die Richtlinie ist bis zum 5. Juni 2000 umzusetzen.107) Vgl. die Mitteilung der Kommission: Finanzdienstleistun-

gen: Das Vertrauen der Verbraucher starken. Maßnahmenim Abschluß an das Grunbuch der Kommission “Finanz-dienstleistungen: Wahrung der Verbraucherinteressen“,abrufbar unter http://europa.eu.int/comm/dg15/en/finan-ces/comsumer.html.

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lung erhebliche Schwierigkeiten bereiten wird, denNachweis zu fuhren. In den meisten Fallen wird erden fehlerhaften Verlauf nicht rekonstruieren kon-nen. Er hat keinen Einfluß auf die von den Netz- undDiensteanbietern bereitgestellte Technik und Soft-ware und wird nicht darlegen konnen, warum derSchaden eingetreten ist und was die tatsachlicheSchadensursache war. Im Dreiecksverhaltnis zwi-schen einem gewerblichen Anbieter (z.B. von Warenoder Finanzdienstleistungen), einem Verbraucherund den verschiedenen Betreibern von Kommunika-tionsdiensten besteht zudem die Gefahr, daß der Ver-braucher an eine Vielzahl von Kommunikationsan-bietern verwiesen wird, mit denen er sich auseinan-dersetzen muß. Gleichzeitig hat der Anbieter auf-grund fur ihn gleichformiger Vorgange in hoher Zahlin aller Regel die bessere Einsicht in mogliche Fehler-quellen. Er hat starkere Einwirkungsmoglichkeitenauf Kommunikationsdienstebetreiber und kann sichanders als der Verbraucher zu wirtschaftlich sinnvol-len Konditionen gegen verbleibende Risiken versi-chern.

Zu uberdenken ist daher insbesondere, ob und in-wieweit die Gefahren sowohl des elektronischenRechts- und des Zahlungsverkehrs in den internatio-nalen Datennetzen auch von jenen Unternehmen ge-tragen werden konnen, die diesen Rechts- und Zah-lungsverkehr ermoglichen und von ihm profitieren.Die Enquete-Kommission halt es fur bedenkenswert,daß Beweis und Haftungsfragen im Sinne der Nutzergeregelt werden. In diesem Zusammenhang mageine bereichspezifische Umkehr der Beweislast er-wogen werden.

Bei der Verwendung von Kreditkarten konnen dieKreditkartenunternehmen ihre Vertragshandler auchvon sich aus zu einer ausreichend geschutzten Uber-tragung der Kartendaten verpflichten. Buro Dr. Kiper:Nicht einverstanden. Alternativ ist zu uberlegen, furdie Zahlung per Kreditkarte einen technischen Stan-dard festzuschreiben, z.B. durch Normenverweis, derMißbrauch und Manipulationen mit Kartendatenweitgehend ausschließt.

Wunschenswert ist auch eine verbraucherfreundli-chere Ausgestaltung von Zugangssicherungen, umder derzeit erforderlichen Verwaltung einer Vielzahlunterschiedlicher Zugangscodes und der damit ver-bundenen Gefahr einer ungesicherten Aufbewah-rung entgegenzuwirken. In diesem Zusammenhangist an eine verstarkte Forderung biometrischer Ver-fahren zu denken. Dabei ist gleichzeitig dafur Sorgezu tragen, daß ein ausreichender Datenschutz sicher-gestellt ist.

6.1.5 Anpassung des Kolli sionsrechts?

Das Kollisionsrecht ist nationales Recht. Es bietet dieGrundlagen fur die Entscheidung daruber, das Rechtwelchen Staates bei internationalen Sachverhaltenanwendbar ist. Die zentrale Norm fur das deutscheVerbrauchervertragsrecht ist Art. 29 des Einfuh-rungsgesetzes zum BGB, der auf einem internationa-

len Ubereinkommen, dem Romischen Abkommen,beruht.108) Durch sie soll der Verbraucher vor demVerlust der ihm durch seine nationale Rechtsordnungeingeraumten Rechte bewahrt werden. Er verliert siebei vielen Vertragen selbst dann nicht, wenn er indem Vertrag eine Wahl zugunsten eines anderenRechts getroffen hat. Dies gilt unter anderem dann,wenn vor dem Vertragsschluß in Deutschland Wer-bung fur den Vertragsgegenstand gemacht wordenist. Eine ahnliche Bestimmung findet sich auch in§ 12 des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allge-meinen Geschaftsbedingungen (AGB-Gesetz). Da-nach gilt das AGB-Gesetz auch dann, wenn anson-sten auslandisches Recht auf einen Sachverhalt an-zuwenden ist. Voraussetzung ist, daß der Vertrag ei-nen engen Zusammenhang mit dem Gebiet der Bun-desrepublik Deutschland aufweist. Auch dies wirdunter anderem dann angenommen, wenn der Vertragaufgrund von offentlicher Werbung in Deutschlandzustande gekommen ist.

Wann diese Voraussetzungen im Hinblick auf Ange-bote und Werbung im Internet erfullt sind, ist umstrit-ten. Umstritten ist etwa, wann eine Werbung im Staatdes Verbrauchers vorliegt, die dessen Recht anwend-bar machen wurde. Umstritten ist auch, ob und in-wieweit Art. 29 EGBGB uber seinen Wortlaut hinausauch auf solche Vertrage angewendet werden kann,die an sich nicht in seinen Anwendungsbereich fal-len. Hinzu kommen praktische Probleme, welche dieRechtsanwendung und ---durchsetzung erheblich er-schweren. Art. 5 des internationalen Ubereinkom-mens uber das auf vertragliche Schuldverhaltnisseanzuwendende Recht sieht vor, daß neben dem Ver-braucherschutzrecht des Staates, in dem der Ver-braucher lebt, im ubrigen das Recht des auslandi-schen Staates anwendbar ist.

Die Kommission empfiehlt, die Umsetzung der Fern-absatzrichtlinie zu einer Prufung der Moglichkeitenzu nutzen, das deutsche Kollisionsrecht mit Blick aufdie Zunahme von internationalen Verbrauchervertra-gen zu verbessern und zu konkretisieren. Zu beach-ten sind dabei die aus dem internationalen Uberein-kommen uber das auf vertragliche Schuldverhalt-nisse anzuwendende Recht folgenden Verpflichtun-gen. Das Niveau des mit diesem Ubereinkommen er-reichten internationalen Verbraucherschutzes stellteine gute Basis dar. Verbesserungen sind jedochwunschenswert. Unzureichend sind aus Sicht derVerbraucherverbande die Moglichkeiten der Ver-braucher, nationales Recht sowie einen Gerichts-stand im Heimatland zu wahlen. Außerdem werdeder Anwendungsbereich des Romischen Abkom-mens durch unklare Vorschriften ungerechtfertigter-weise zu Lasten der Verbraucher eingeschrankt. Sosind Verbraucherkredite nicht erfaßt. Geschutzt istaußerdem nur der „passive Verbraucher“, der in sei-nem Heimatland umworben wurde. Keine Uberein-stimmung bestehe zudem mit den europaischenUbereinkommen uber Rechts- und Vollstreckungshil-fe (EuGVU sowie Luganer Ubereinkommen, vgl. da-zu Abschnitt 7.2.). Die Enquete-Kommission emp-

108) Ubereinkommen vom 19. Juni 1980 uber das auf vertragli-che Schuldverhaltnisse anzuwendende Recht, BGBl. 1986II, S. 809.

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fiehlt grundsatzlich, Verbesserungen des Verbrau-cherrechts auf internationaler Ebene anzustreben.Angesichts des Handlungsbedarfs und der Schwie-rigkeiten international abgestimmter Vorgehenswei-sen sollten jedoch Alleingange im Einzelfall nichtvon vornherein ausgeschlossen werden, auch wenndiese sicherlich nicht erstrebenswert sind. Notfallssollte auf europaischer und nationaler Ebene ver-sucht werden, den Verbraucherschutz im Hinblickauf seine internationale Durchsetzbarkeit zu verbes-sern.

6.1.6 Anpassung des Gesetzes zur Regelungdes Rechts der Allgemeinen Gescha ftsbe-dingungen?

Das Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemei-nen Geschaftsbedingungen (AGB-Gesetz) hat denZweck, den Verbraucher vor einer unangemessenenAbwalzung vertraglicher Risiken durch die Verwen-dung von Allgemeinen Geschaftsbedingungen zuschutzen. Es stellt bestimmte Anforderungen an dieEinbeziehung von Allgemeinen Geschaftsbedingun-gen in einen Vertrag und erklart einzelne Vertrags-klauseln fur unwirksam. Bestandteil eines Vertrageswerden Allgemeine Geschaftsbedingungen nur,wenn der Verbraucher hinreichend deutlich auf siehingewiesen wird, er die Moglichkeit hat, in zumut-barer Weise von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,und er mit ihrer Geltung einverstanden ist. Uber dieallgemeinen Regelungen des AGB-Gesetzes hinauswird der Verbraucher durch § 24a AGB-Gesetz ge-schutzt. Danach gelten auch Klauseln, die etwa aufVorschlag eines Rechtsanwalts in den Vertrag einge-fuhrt werden, in der Regel als Allgemeine Geschafts-bedingungen des anbietenden Unternehmers. Zu-dem bezieht die Vorschrift wichtige Regeln des AGB-Gesetzes auch auf vorformulierte Vertrage, die nureinmal verwendet werden sollen. Damit wird fur Ver-trage zwischen Unternehmen und Verbrauchern dieVoraussetzung des § 1 AGB-Gesetz herabgesetzt.Nach dieser Bestimmung gelten nur solche Bedin-gungen als Allgemeine Geschaftsbedingungen, diefur eine Vielzahl von Vertragen vorformuliert sind.

Im Hinblick auf die neuen Dienste stellt sich bei demAGB-Gesetz vor allem die Frage, ob und gegebenen-falls wie Allgemeine Geschaftsbedingungen wirksamin einen Vertrag einbezogen werden konnen.

l Dies wird bei Vertragen, die aufgrund von Ver-kaufssendungen im Fernsehen zustande kommen,in der Regel zu verneinen sein:109) Ein Hinweis aufdie Allgemeinen Geschaftsbedingungen in derSendung selbst wurde nicht ausreichen. Sie mit ih-rem ganzen Inhalt in die Sendung aufzunehmen,wurde aufgrund der Fluchtigkeit des Mediumskeine zumutbare Kenntnisnahme ermoglichen.Dem Zuschauer bei der telefonischen Bestellungmundlich Kenntnis von dem Inhalt der Allgemei-nen Geschaftsbedingungen zu vermitteln, wareunpraktikabel. Es bleibt die Moglichkeit, die All-

gemeinen Geschaftsbedingungen der Auftragsbe-statigung, der Rechnung oder der Warensendungbeizufugen. Auch dann wurden sie jedoch nur inden Vertrag einbezogen, wenn der Verbraucherdem nachtraglich zustimmt. Davon ist in der Regelnicht auszugehen.

l Anders stellt sich die Situation bei Internet-Ge-schaften dar. Denn hier besteht die Moglichkeit,den Verbraucher deutlich auf die Allgemeinen Ge-schaftsbedingungen hinzuweisen und ihm mit ei-nem Querverweis („Link“) die Moglichkeit zurKenntnisnahme des Inhalts zu geben. Dies wirdzumeist als ausreichend fur eine Einbeziehung derAllgemeinen Geschaftsbedingungen angese-hen.110) Voraussetzung sei allerdings, daß die All-gemeinen Geschaftsbedingungen auf diesem We-ge problemlos zu erreichen und nicht zu lang sind.Sie mußten zudem verstandlich und ubersichtlichsein, der Verbraucher musse sie herunterladenoder ausdrucken konnen.

l Ein weiteres Problem ergibt sich aus dem globalenCharakter der Netze, in denen die neuen Diensteangeboten werden. Dieser ermoglicht immer mehrgrenzuberschreitende Geschaftsabschlusse. Damitwird die Frage aufgeworfen, unter welchen Um-standen Allgemeine Geschaftsbedingungen infremden Sprachen Bestandteil eines Vertrages miteinem Verbraucher werden konnen. Die Antwor-ten fallen sehr unterschiedlich aus.111) Manchemeinen, eine Einbeziehung von in einer fremdenSprache verfaßten Geschaftsbedingungen kommenur in Betracht, wenn der Verbraucher diese Spra-che nachweislich beherrscht.112) Andere sind derAuffassung, es musse die Sprache des gewohnli-chen Aufenthaltsortes des Verbrauchers gewahltwerden.113) Die wohl vorherrschende Meinunggeht dagegen dahin, daß derjenige, der sich aufeine bestimmte Korrespondenzsprache eingelas-sen hat, sich grundsatzlich nicht auf die fehlendeEinbeziehung der AGB berufen kann.114)

Die rechtliche Beurteilung von Angeboten in denneuen Diensten ist auch im Hinblick auf das AGB-

109) Vgl. Kohler, Helmut: Die Rechte des Verbrauchers beimTeleshopping (TV-Shopping, Internet-Shopping), in: NJW1998, S. 185---190 (187).

110) Vgl. Waldenberger, Arthur: Grenzen des Verbraucher-schutzes beim Abschluß von Vertragen im Internet, in: BB1996, S. 2365---2371 (2368f.); Vgl. Kohler, Helmut: DieRechte des Verbrauchers beim Teleshopping (TV-Shop-ping, Internet-Shopping), in: NJW 1998, S. 185---190(188f.); Lobnig, Martin: Die Einbeziehung von AGB bei In-ternet-Geschaften, in: NJW 1997, S. 1688---1689; differen-ziert; Vgl. Schwerdtfeger, Armin: Regelungen zum Schutzder Endnutzer nach nationalem und internationalemRecht, in: Schwarz, Mathias: Recht im Internet, Munchen,Stand Januar 1998, 6.3.1., S. 9.

111) Vgl. zum folgenden auch Waldenberger, Arthur: Verbrau-cherschutz im Internet, in: Hoeren, Thomas; Sieber, Ulrich(Hrsg.): Praxishandbuch Multimedia-Recht, Munchen (er-scheint demnachst).

112) Vgl. Wolf/Horn/Lindacher: AGB-Gesetz, 3. Auflage 1994,Anh. § 2, Rn. 42; Erman/Hefermehl: BGB-Handkommen-tar, 9. Aufl. 1993, § 2 AGBG, Rn. 7.

113) Vgl. Staudinger: Burgerliches Gesetzbuch, 12. Auflage1983, (Schlosser) § 2 AGBG, Rn. 4.

114) Vgl. Waldenberger, Arthur: Verbraucherschutz im Inter-net, in: Hoeren, Thomas; Sieber, Ulrich (Hrsg.): Praxis-handbuch Multimedia-Recht, Munchen (erscheint dem-nachst).

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Gesetz umstritten. Die Enquete-Kommission halt le-gislative Maßnahmen zur Anpassung des Rechts derAllgemeinen Geschaftsbedingungen dennoch allen-falls in geringem Umfang fur angebracht.

Soweit es um die Einbeziehung von Allgemeinen Ge-schaftsbedingungen bei Fernsehverkaufssendungengeht, sollten keine Erleichterungen in Betracht gezo-gen werden. Aus Sicht der Enquete-Kommission istdas Interesse der Anbieter, ihre Allgemeinen Ge-schaftsbedingungen in einen Vertrag mit dem Zu-schauer zu integrieren, nicht so hoch zu bewerten,daß es eine Einschrankung der Moglichkeit zumut-barer Kenntnisnahme vom Inhalt dieser Bedingun-gen rechtfertigen konnte. Mittel- und langfristig wer-den Fernseh-, Computer- und Telekommunikations-technik nach vielen Prognosen ohnehin verschmel-zen. Dann konnen moglicherweise die bei Angebo-ten im Internet bereits praktizierten Techniken derEinbeziehung von Allgemeinen Geschaftsbedingun-gen auch von den Anbietern von Fernsehverkaufs-sendungen eingesetzt werden.

Was die Frage der Einbeziehung von AllgemeinenGeschaftsbedingungen bei Internetangeboten an-geht, halt die Enquete-Kommission die oben als vor-herrschend beschriebenen Ansichten fur sachge-recht. Eine gesetzliche Regelung ist daher nicht er-forderlich, soweit die Rechtsprechung diesen Ansich-ten folgt. Vieles wird sich ohnehin nur im Einzelfallgerichtlich klaren lassen. Dies gilt etwa fur die Frage,ob Allgemeine Geschaftsbedingungen hinreichendverstandlich formuliert sind.

Gesetzgebungsbedarf konnte sich jedoch aufgrundder von Verbraucherverbanden beschriebenen Ge-fahr der nachtraglichen Veranderung AllgemeinerGeschaftsbedingungen durch den Anbieter ergeben.Zu denken ware an eine Verpflichtung der Anbieter,digital signierte und mit einem digitalen Zeitstempelversehene Allgemeine Geschaftsbedingungen vorzu-halten. Dies wurde eine unbemerkte Veranderungausschließen. Andererseits tragt der Anbieter die Be-weislast fur die Einbeziehung von Allgemeinen Ge-schaftsbedingungen, auf die er sich beruft. Zudemdrohen bei einer Verfalschung von Allgemeinen Ge-schaftsbedingungen strafrechtliche Sanktionen. Da-durch wird das Risiko einer nachtraglichen Manipu-lation zu Lasten des Verbrauchers verringert. Die En-quete-Kommission empfiehlt daher, die weitere Ent-wicklung zunachst einmal abzuwarten.

Unbefriedigend ist die zunehmend zu beobachtendeEntwicklung, daß den Kunden uber Allgemeine Ge-schaftsbedingungen eine Vorkasseregelung aufge-zwungen wird. Diese Moglichkeit sollte dem Anbie-ter rechtlich verwehrt sein. Der Kunde sollte allen-falls aus datenschutzrechtlichen Grunden die Mog-lichkeit haben, Zahlungen anonym, beispielsweiseuber prepaid cards, vorzunehmen.

6.1.7 Werbebeschr ankungen

Der Mediendienste-Staatsvertrag enthalt den Rege-lungen im Rundfunkstaatsvertrag ahnliche Regelun-gen uber Werbung. Soweit sich Werbung an Kinderoder Jugendliche richtet, darf sie nicht deren Interes-

sen schaden oder ihre Unerfahrenheit ausnutzen. Imubrigen gilt fur Mediendienste das sogenannte Tren-nungsgebot: Werbung muß als solche klar gekenn-zeichnet sein. Das Teledienstegesetz enthalt keinevergleichbaren Vorschriften. Fur Teledienste konnensich das Trennungsgebot und andere Werbebe-schrankungen allerdings aus dem Wettbewerbsrechtergeben.115)

Aus Sicht von Verbraucherverbanden erstrebenswertware eine Pflicht der Diensteanbieter, Werbung nichtnur deutlich von ihrem ubrigen Angebot zu trennen,sondern sie ausdrucklich als solche bezeichnen zumussen.

Diskutiert werden ferner ein Werbeverbot fur an Kin-der gerichtete Angebote, die Untersagung von Linksaus Kinderseiten auf Werbung sowie die Erfassung,Auswertung und Weitergabe von personenbezoge-nen Daten Minderjahriger. Denn schon heute existie-ren Angebote, die Kinder unter Hinweis auf verlok-kende Preise nicht nur an sich fesseln wollen, son-dern sie auch gezielt nach einer Vielzahl von perso-nenbezogenen Daten ausforschen, die zu weiterenMarketing-Aktivitaten verwendet werden konnen.

Die Enquete-Kommission ist der Auffassung, daß--- uber die bereits bestehenden Regelungen hinaus-gehende --- Werbebeschrankungen in nationalen Re-gelungen aufgrund der Globalitat der neuen Mediennur begrenzte Erfolgsaussichten haben konnen. Zuberucksichtigen ist auch die Moglichkeit, daß Anbie-ter ihre Server in Staaten verlagern, die keine odergeringere Beschrankungen aufstellen, um von dortaus ihre Angebote in die Datennetze einzuspeisen.Wie die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherver-bande in einer Stellungnahme fur die Enquete-Kom-mission festgestellt hat, sollten Werbebeschrankun-gen daher in erster Linie aufgrund von internationa-len Vereinbarungen herbeigefuhrt werden. Entspre-chende Bemuhungen auf europaischer Ebene116) sinddaher vordringlich zu unterstutzen. Anderes mag furan Kinder gerichtete Angebote gelten. Es ist zu be-furchten, daß die oben beschriebenen Gefahren dergezielten Ausforschung von Kindern und andererMarketing-Aktivitaten anhalten, wenn nicht gar zu-nehmen. Falls die Bemuhungen auf internationalerEbene nicht vorankommen, sollten auch national Ge-genmaßnahmen ergriffen werden. Gleichzeitig mißtdie Kommission in diesem Zusammenhang der Fort-setzung und Verstarkung der Bemuhungen um denAufbau von Medienkompetenz bei Kindern und Ju-gendlichen große Bedeutung zu. Daneben sollteauch der Einsatz von technischen Maßnahmen gefor-dert werden, die zumindest einen Teil der Werbungaus den Angeboten der neuen Medien herausfilternkonnen, wenn entsprechende Einstellungen vorge-nommen werden.117)

115) Vgl. Marwitz, Petra: Sind Unternehmens-Homepages Wer-bung, in: MMR 1998, S. 188---191.

116) Vgl. Mitteilung der Kommission an das Europaische Parla-ment, den Rat und den Wirtschafts- und Sozialausschuß:Folgedokument zum Grunbuch uber kommerzielle Kom-munikationen im Binnemarkt.

117) Vgl. Der Spiegel 16/1998, S. 168, sowie die unter http://www.intermute.com angebotenen Computerprogramme.

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6.1.8 Weitere Anpassun gen

Daruber hinaus sind moglicherweise Anpassungenweiterer Gesetze erforderlich, die ebenfalls Bezugzum Verbraucherschutz haben. Diskutiert werden indiesem Zusammenhang vor allem Vorschriften uberdie Zulassigkeit der Werbung fur bestimmte Dienst-leistungen und Produkte,118) etwa Arzneimittel. Inso-fern sind nach Auffassung der Enquete-Kommissionweitere Prufungen notwendig.

6.2 Forderung des verbraucher bezogenenSelbstschutzes

Verbraucherschutz kann ohne ein Mindestmaß anSelbstschutz nicht auskommen. Selbst ein nach allenRegeln zum Schutz des Verbrauchers konstruiertesHaushaltsgerat, in dessen Bedienungsanleitung vorallen moglichen Gefahren gewarnt wird, kann beiunsachgemaßer Verwendung zu einem gefahrlichenWerkzeug werden. Wichtig ist daher, daß der Ver-braucher uber Erfahrungen und Informationen ver-fugt, die ihn dazu in die Lage versetzen, das Gerat zubenutzen, ohne sich und andere zu gefahrden.

Das gilt auch fur die Nutzung der neuen Informati-ons- und Kommunikationstechnik: Der Verbrauchermuß wissen, daß er sein informationelles Selbstbe-stimmungsrecht gefahrdet, wenn er personliche Da-ten preisgibt, er muß wissen, daß Kreditkarteninfor-mationen, die er uber das Internet verschickt, vonUnbefugten aufgezeichnet und mißbraucht werdenkonnen, er muß wissen, daß er Gefahr lauft, seinGeld ohne Gegenleistung zu verlieren, wenn er imVoraus bezahlt, und er muß wissen, daß es unter Um-standen schwierig ist, einen auslandischen Anbieterin die Haftung zu nehmen, wenn die von diesem ge-lieferte Ware mangelhaft ist.

Zugleich muß der Verbraucher wissen, daß es Mog-lichkeiten gibt, vielen der Gefahren des elektroni-schen Geschaftsverkehrs zu begegnen: Er kann sichan Anbieter halten, die er kennt oder die einen gutenRuf haben, er kann auf eine Zahlung per Scheckdrangen, Kreditkarteninformationen konnen ver-schlusselt ubertragen werden, ein Vertragsschlußkann mit Hilfe digitaler Signaturen beweisbar ge-macht werden. Andererseits durfen an den Nutzernicht zu hohe Anforderungen gestellt werden. Eskann vom Verbraucher nicht erwartet werden, daß erin Bezug auf alle ihn betreffenden Konsumentschei-dungen Experte ist --- angefangen von Lebensmittelnuber Chemikalien in Gebrauchsgegenstanden bishin zu einer Vielzahl von Rechtsfragen im Zusam-menhang mit Dienstleistungen. Schon allein die Viel-zahl der Problemstellungen bei neuen Medien wieRechts-, Sicherheits- oder Datenschutzfragen durftefur den einzelnen nicht mehr uberschaubar sein.Viele Tatbestande wie die Seriositat eines Anbietersoder das Sicherheits- und Datenschutzniveau vonProduktangeboten und Dienstleistungen sind fur ihnnicht nachvollziehbar. Unverzichtbar sind dahernicht nur sachgerechte, sondern auch allgemein ver-

standliche, zuverlassige und gut zugangliche Ver-braucherinformationen sowie eine erhohte Transpa-renz der vielfaltigen Informationsangebote.

Das Wissen um die Gefahren des elektronischen Ge-schaftsverkehrs und um die Moglichkeiten desSelbstschutzes kann durch entsprechende Aufkla-rungsmaßnahmen und Informationsangebote vergro-ßert werden. Denkbar ist etwa eine Verpflichtungvon Internetprovidern und Diensteanbietern, ihreKunden uber Gefahren von Aktionen in den Daten-netzen ausreichend zu informieren oder zuverlassigeSchutzvorkehrungen wie Kindersicherungen, Wer-be-Email-Filter oder Antivirensoftware anzubieten.

Daruber hinaus sollten bestehende verbraucher-orientierte Informationsangebote bewertet und syste-matisiert werden. Denn derzeit stoßt die Suche nachzuverlassigen Verbraucherinformationen zu einer be-stimmten Thematik, etwa bestimmten auslandischenVerbraucherschutzregelungen, betrugerischen An-geboten oder zuverlassigen Bewertungssysteme furbestimmte Produkte wie Sicherheitssoftware, viel-fach auf erhebliche Schwierigkeiten. Denkbar warenDatenbankprojekte wie sie etwa von der EU schonangegangen werden.119) Hilfreich waren auch starkerthematisch ausgerichtete und kommentierte Linksei-ten, die auf zuverlassige Stellen verweisen, oder einespezialisierte Suchmaschine. Hier ist ein verstarktesEngagement der Verbraucherschutzorganisationen,auch international koordiniert, gefordert. Einbezogenwerden konnen auch andere Organisationen wie dieEU oder Organe der Rechtspflege. Zweckmaßig wareaußerdem die Einrichtung einer Zolldatenbank durchdie Zollbehorden, in der online Tarife und Einfuhr-steuersatze sowie Einfuhrbestimmungen, etwa Be-schrankungen nach dem Washingtoner Artenschutz-abkommen oder bei Arzneimitteln, abgefragt werdenkonnten.

Ein wesentliches Hindernis durfte die Finanzierungbilden. Denn die offentlichen Mittel fur die Verbrau-cherberatung sind in den letzten Jahren tendenziellrucklaufig. Gepruft werden sollten daher auch Finan-zierungsalternativen, etwa Lizenzgebuhren aus derVerleihung von Gutesiegeln (vgl. Abschnitt 6.3.). Esist jedoch davon auszugehen, daß auch in diesemFall zumindest eine – zeitlich strikt begrenzte – An-schubfinanzierung erforderlich sein durfte. Die En-quete-Kommission empfiehlt, fur die Bereitstellungausreichender Mittel Sorge zu tragen und hierfurauch auf europaischer oder internationaler Ebene umUnterstutzung zu werben.

Wichtig ist nicht zuletzt auch das Engagement vonnationalen und internationalen Gremien, die sich umdie Integration von technischen Funktionen zum Ver-braucherschutz in ihre Normenkataloge bemuhen.120)Die Enquete-Kommission empfiehlt, entsprechendeMaßnahmen zu unterstutzen.

118) Vgl. Hoeren, Thomas: Cybermanners und Wettbewerbs-recht --- Einige Uberlegungen zum Lauterkeitsrecht im In-ternet, in: wrp 1997, S. 993---998.

119) Vgl. die Datenbank CLAB unter http://europa.eu.int/clab.index.html, in der Rechtsprechung zu AGB abgerufen wer-den kann.

120) Vgl. unter http://www.etsi.fr/cpm/ictsb/consumer.htm:General Consumer Principles for standardization.

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6.3 Forderung der anbieterbezogenen Selbst-regulierung

Da die staatlichen Rechtssetzungs- und Kontrollmog-lichkeiten insbesondere im Internet auf nationalebzw. innerhalb Europas auf EU-Grenzen stoßen,sollte verstarkt versucht werden, Ansatze zur anbie-terbezogenen Selbstregulierung zu nutzen.

So konnte zum einen der technische Verbraucher-schutz teilweise im Wege der Selbstregulierung ge-wahrleistet werden: Unternehmen und Verbandekonnten sich darauf verstandigen, bestimmte ver-braucherfreundliche Techniken zu verwenden.Selbstregulierung kann jedoch auch daruber hinauszum Verbraucherschutz im Zusammenhang mit denneuen Medien beitragen: Unternehmen, die eine ver-braucherfreundliche Geschaftspolitik verfolgen, sichetwa zur Einhaltung verbraucherfreundlicher Ver-trags- und Zahlungsbedingungen oder auf ein be-stimmtes Sicherheits- und Datenschutzniveau ver-pflichten oder sich einer neutralen Schiedsgerichts-barkeit unterwerfen, konnten Gutesiegel verliehenwerden. Eine entsprechende Vorgehensweise istauch fur die Auszeichnung von Produkten und Me-dienangeboten denkbar. Der Verbraucher erhalt da-durch ein positives Signal, das er bei seiner Konsum-entscheidung berucksichtigen kann. Erfahrungenmit Warentests oder dem Blauen Engel zeigen außer-dem, daß Ruckwirkungen auf weitere Marktseg-mente moglich sind.121) Die Anhorung der Enquete-Kommission hat jedoch die Vorbehalte nicht nur derVerbraucherorganisationen gegenuber einer allein inder Verantwortung der Anbieter stehenden Selbstre-gulierung verdeutlicht. Kritisiert wurde, daß Selbstre-gulierungsmechanismen vielfach von jenen uber-wacht werden, die die Kriterien aufstellen. Um Unab-hangigkeit und Glaubwurdigkeit eines freiwilligenSystems zu gewahrleisten, bedarf es daher der Betei-ligung unabhangiger Dritter sowohl bei der Ausfor-mulierung der Standards wie auch bei der Kontrolle.Eine Einbeziehung der Verbraucherorganisationenan derartigen Verfahren ist dabei anzustreben.

Problematisiert wurde auch die Vielzahl von Kenn-zeichnungen und die damit einhergehende Intran-sparenz. Allerdings bestehen nur begrenzte Moglich-keiten, die Kennzeichenflut einzudammen. Prazisegeregelt sind beispielsweise Warnhinweise nachdem Chemikalienrecht. Auch wurde der Bio-Begriffbei Lebensmitteln durch die EU-Bio-Verordnung ge-schutzt. Anbieter haben jedoch selbst hier noch dieMoglichkeit, auf der Grundlage der vorgegebenenKriterien ihr spezifisches Kennzeichen einzufuhren.Oft nicht geregelt werden (konnen) vergleichbareBegriffe, wie bei Lebensmitteln der kontrollierte An-bau, womit Verwechslungen nicht zu vermeiden seindurften. Beispiele wie der Blaue Engel verdeutlichenjedoch, daß auch ein „starkes“ Zeichen von den Ver-brauchern (und den Anbietern) als Orientierungshil-fe angenommen wird. Eine wesentliche Vorausset-

zung fur die Akzeptanz ist allerdings die Unabhan-gigkeit der vergebenden Institution.

Bezogen auf die neuen Medien sind derartige Zertifi-zierungs-, Informations- und Bewertungssysteme zuunterstutzen, soweit sie dem Verbraucher eine se-riose Grundlage fur eine Entscheidung zwischen un-terschiedlichen Anbietern und Angeboten bieten.Dies wird freilich am einfachsten bei uberschaubarenMarkten realisierbar sein, die eine glaubwurdigeUberprufung der Qualitat von Gutesiegeln und Zerti-fikaten durch den Verbraucher ermoglicht. Einen sol-chen Markt stellen die globalen Informationssy-steme, auf denen der elektronische Geschaftsverkehrstattfindet, jedoch eben nicht dar. In ihnen ist dieKontrolle der Marktteilnehmer uber Instanzen, dieGutesiegel u. a. vergeben, im Gegenteil eherschwach ausgepragt.

Losungsansatze mussen daher immer die internatio-nale Komponente im Auge behalten. Einbezogenwerden sollten zumindest die wichtigsten Industrie-staaten oder der EU-Raum. Neben einer internatio-nalen Kooperation von Verbraucherorganisationenund staatlichen Verbraucherschutzeinrichtungensollten Modelle in Analogie zu bestehenden, interna-tional anerkannten Systemen wie der Zertifizierungvon Qualitatsmanagement (insbesondere ISO9000er-Reihe), dem Umwelt-Audit (ISO 14000er-Rei-he und EU-Umwelt-Audit-RL) oder den CommonCriteria im Sicherheitsbereich u. a. in Betracht gezo-gen werden. Insbesondere im internationalen Nor-mungsbereich kann hier bereits auf langjahrige Er-fahrungen international anerkannter Institutionenzuruckgegriffen werden. Mit der einsetzendenDiskussion um das Datenschutz-Audit ist schon einerster Schritt auf Ausweitung dieser Systeme aufweitere Sachverhalte gemacht worden, die auch furVerbraucher nutzbar gemacht werden konnen.122)Problematisch aus Verbrauchersicht kann sein, daßbei Audits vielfach keine genau definierten Stan-dards eingehalten werden mussen, es vielmehr umeine Beurteilung von Unternehmensablaufen sowieeine, moglichst kontinuierliche, Verbesserung der--- nicht spezifizierten --- Ausgangssituation geht. Umdie Zuverlassigkeit und Glaubwurdigkeit der Ver-braucherinformation zu gewahrleisten, ist daher aufverbindliche, ggf. gesetzliche Rahmenregelungen zudringen, die angemessene Kriterien im Hinblick aufwesentliche Eckpunkte wie Vorgaben zu inhaltlichenMindeststandards, die Qualifikation der Prufer, dieArt und Weise der Prufung und mogliche Sanktionenfestlegen.

In Anlehnung an die „Stiftung Warentest“ wird unterdem Stichwort „Stiftung Medientest“ die Einrichtungeiner unabhangigen Prufinstitution diskutiert, dieStandards erarbeiten und Empfehlungen ausspre-chen soll, um damit Verbrauchern zu großerer Uber-sicht uber Programme und Dienste zu verhelfen.Klarungsbedarf besteht hinsichtlich der Aufgaben.121) Vgl. zum Beispiel zu den Erfahrungen mit dem Blauen

Umweltengel bei Lacken und Farben, Karl Ludwig Brock-mann u.a., Zertifiziertes Tropenholz und Verbraucherver-halten, S. 30---36.

122) Vgl. Roßnagel, Alexander: Datenschutz-Audit, DuD 1997,S. 505---515.

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Soweit die „Stiftung Medientest“ bisher offentlichdiskutiert wurde,123) lag ein wesentlicher Schwer-punkt auf audiovisuellen Medienangeboten, z.B. derInhaltskontrolle von Fernsehsendungen fur Kinder.Fragen im Zusammenhang mit dem elektronischenGeschaftsverkehr wurden nicht thematisiert. Eszeichnet sich jedoch ab, daß sich in diesem Bereichzunehmender Handlungsbedarf ergibt. Eine ver-braucherorientierte Einrichtung konnte Transparenzhinsichtlich der Seriositat der Anbieter schaffen, et-wa durch Vergabe eines Siegels, und vor betrugeri-schen Anbietern warnen,124) sie konnte uber Produkt-ruckrufe informieren125) wie auch geltende Verbrau-cherbestimmungen darstellen oder Kennzeichnungs-systeme wie Gutesiegel oder Ratings beurteilen.Denkbar sind auch Aktivitaten im Bereich der außer-gerichtlichen Streitbeilegung oder die Einrichtungeiner Verbraucher-Newsgroup. Vielfach wird es dazuweniger der Schaffung neuer Informationsseiten be-durfen, als vielmehr der systematischen Aufberei-tung und Bewertung der bereits bestehenden Daten,etwa uber thematisch strukturierte Linkseiten, Da-tenbanken und deren Verknupfung oder die Einrich-tung einer verbraucherspezifischen Suchmaschine.Nach Moglichkeit sollte hier eine moglichst breite re-gionale Abdeckung, etwa durch (Online-)Vernet-zung der Aktivitaten unterschiedlicher Verbraucher-schutzeinrichtungen, erfolgen.

In den USA ist mit dem Service von BBBOnLineschon ein Modell realisiert, das gewisse Vorbildfunk-tionen haben kann.126) BBBOnLine ist ein von demU. S.-amerikanischen Council of Better Business Bu-reaux (BBB) unterstutzter Dienst. Er vergibt ein Gute-siegel, wenn ein Unternehmen BBB-Mitglied ist, dasBBB uber die Eigentumsverhaltnisse des Unterneh-mens informiert und einem Besuch durch BBB-Ver-treter zustimmt.127) Das Unternehmen muß zudemmindestens ein Jahr geschaftlich tatig sein und Be-schwerden von Kunden zufriedenstellend und unver-zuglich bearbeiten. Hinzu kommt die Verpflichtungauf Werberichtlinien von BBB, die unter anderem Re-gelungen uber an Kinder gerichtete Werbung enthal-ten. Um das Gutesiegel zu erhalten, muß das Unter-nehmen sich schließlich noch der Schiedsgerichts-barkeit von BBB unterwerfen, die Streitigkeiten umonline angebotene Produkte und Dienstleistungenschlichten soll. Mit einem Mausklick auf das von ei-nem Unternehmen verwendete Gutesiegel wird derVerbraucher unmittelbar mit einem Server verbun-den, der uber die Zuverlassigkeit des Unternehmensinformiert.128) Die Better Business Bureaus werdenuberwiegend aus Beitragen der Mitgliedsfirmen fi-nanziert. Dies fuhrt offensichtlich auch hier immer

wieder dazu, daß deren Unparteilichkeit hinterfragtwird.129).

Die Finanzierungsfrage stellt sich auch fur die „Stif-tung Medientest“. Im Schrifttum wird der Mittelbe-darf allein fur den audiovisuellen Bereich auf runddrei bis 4 Mio. Mark geschatzt.130) Nicht zuletzt ange-sichts der Diskussionen der vergangenen Jahre umdie offentliche Finanzierung der Verbraucherorgani-sationen erscheint eine Mittelausstattung aus offent-lichen Haushalten in dieser Hohe zumindest fraglich.In die Finanzierungsuberlegungen einbezogen wer-den sollte daher auch die Finanzierung uber einenVerband, der als Inhaber einer Kollektivmarke fun-giert, mit der seriose Anbieter oder Angebote ausge-zeichnet werden, die an Mitglieder oder Dritte gegenLizenz verkauft wird. Vorbilder im Verbraucherbe-reich konnten beispielsweise TransFair e.V. sein, dervon Organisationen aus dem politischen, gewerk-schaftlichen, dem kirchlichen und entwicklungspoli-tischen Bereich getragen wird und sein TransFair-Siegel gegen Lizenzgebuhr an Unternehmen vergibt,die sich verpflichten, festgelegte soziale Mindest-standards und Preise einzuhalten.131) Einen ver-gleichbaren Weg geht der auf Initiative von Umwelt-organisationen wie dem WWF gegrundete ForestStewardship Council (FSC), der ein Kennzeichen furHolz aus nachhaltiger Forstwirtschaft vergibt.132) DieMitgliedschaft steht auch Unternehmen offen; zurGewahrleistung eines Interessenausgleichs sind dieMitglieder in drei Kammern --- Umwelt-, Sozial- undWirtschaftskammer --- organisiert. Der FSC ist inter-national ausgerichtet, TransFair bzw. Max Havelaarist in den wichtigsten Industrielandern vertreten. ImHolzbereich bestehen außerdem noch nationale Or-ganisationen wie die hollandische Keurhout-Stiftung,die anhand national aufgestellter Kriterien auslandi-sche Kennzeichnungen uberpruft und mit einem ei-genen Siegel versieht, um Transparenz fur den hol-landischen Markt zu schaffen. Getragen wird dieStiftung von Unternehmen und Gewerkschaften ausdem Holzsektor mit Unterstutzung durch die hollan-dische Regierung.133) Mit der Initiative fur nachhalti-ge Waldbewirtschaftung e.V. (IFW) ist in Deutsch-land eine vergleichbare Institution im Aufbau.

Die Enquete-Kommission empfiehlt, Initiativen zurSelbstregulierung auch in der Bundesrepublik so-wie auf europaischer und moglichst auch interna-tionaler Ebene, zu unterstutzen, sie jedoch zu-gleich durch staatliche oder halbstaatliche Maß-nahmen zu flankieren. Dies kann durch den Auf-bau einer unabhangigen „Stiftung Medientest“ ge-schehen, die der „Stiftung Warentest“ vergleichbargestaltet werden konnen. Hilfestellung sollte aufjeden Fall bei der Prufung unterschiedlicher An-satze, etwa im Rahmen eines Modellvorhabensoder durch eine – zeitlich strikt begrenzte – An-

123) Vgl. insbesondere Friedrich Krotz, Zur Konzeption einerStiftung Medientest; sowie verschiedene weitere Beitrage,in: Rundfunk und Fernsehen, Heft 2/1996, S. 214---260.

124) Vgl. http://www.fraud.org/info/links.htm mit zahlreichenUS-Links.

125) Vgl. UK product recall des Trading Standards Net, abruf-bar unter http://194.247.68.37/tsnet/pages/recall.htm.

126) Vgl. http://www.BBBOnLine.org.127) Vgl. ebd.128) Vgl. OECD: Gateways to the Global Market: Consumers

and Electronic Commerce, 1998, S. 50.

129) Vgl. http://www.bbb.org/about/faq.html.130) Krotz, a.a.O., S. 225.131) Vgl. z.B. TransFair-Verein, Fair gehandelter Kaffee --- Wie

funktioniert das?, Koln 1996; dass. fur Tee; Materialien-hefte u.a. zu Kaffee und Tee, Koln; div. Jahresberichte.

132) Vgl. Martin Kaiser, Warum brauchen wir das FSC Gutesie-gel in Deutschland, in: Forstliche Mitteilungen, Heft 9/97,S. 60---64.

133) Vgl. Stichting Keurhout, Sound Eco-Timber, Weesp, o.J.

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schubfinanzierung, gegeben werden. In Betrachtkame auch die Aufstellung bestimmter Kriterienfur die Vergabe von Gutesiegeln. Grundprinzip furKennzeichnungs- und Zertifizierungsansatze sollte

deren Glaubwurdigkeit sein. Sichergestellt werdensollte daher auf jeden Fall Anbieterneutralitat so-wie eine angemessene Reprasentation von Ver-braucherinteressen.

7. Mittel- und langfristige Problemlo¨sungen

7.1 Internationalis ierung des Verbraucher-schutzrechts

Selbst ein modernes Recht wird den Erfordernissender globalen Datennetze nur eingeschrankt gerecht,solange es auf den nationalen Rahmen beschranktist. Einem deutschen Verbraucher, der einen Vertragmit einem Anbieter außerhalb Deutschlands ruck-gangig machen will, wird es in der Regel wenig nut-zen, in der Heimat mit umfangreichen Rechten aus-gestattet zu sein. Mittel- und langfristig sollte dahereine weitere internationale Harmonisierung der na-tionalen Verbraucherschutzregelungen auf dem Ge-biet des elektronischen Geschaftsverkehrs ange-strebt werden, die derzeit noch sehr unterschiedlichsind.134) Entsprechende Verhandlungen in internatio-nalen Organisationen wie der OECD und den Ver-einten Nationen werden bereits gefuhrt. Sie solltenvon nationaler wie von europaischer Ebene mit demZiel unterstutzt werden, international ein moglichsthohes Verbraucherschutzniveau zu gewahrleisten.Von großer Relevanz ist nach Angaben der Verbrau-cherorganisationen eine weitere Harmonisierung desVerbraucherrechts auf europaischer Ebene, z.B. zuGewahrleistungsrechten sowie der Rechtsdurchset-zung, da die uberwiegende Anzahl von Geschaftenim nationalen und europaischen Rahmen abge-schlossen wurden. Die Enquete-Kommission emp-fiehlt daher, auf eine zugige Realisierung der ent-sprechenden EU-Vorhaben zu drangen.

7.2 Vereinfachung der internationalenRechtsdurchs etzung

Erganzt werden muß ein internationales Verbrau-cherschutzrecht durch eine Vereinfachung der inter-nationalen Rechtsdurchsetzung in Verbraucherange-legenheiten.

Wichtige Ansatze dazu enthalten das EWG-Uberein-kommen uber die gerichtliche Zustandigkeit und dieVollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil-

und Handelssachen (EuGVU)135) und das LuganerUbereinkommen136) zwischen den Staaten der Euro-paischen Union und den Staaten der EFTA. In beidenUbereinkommen ist aus sozialpolitischen Erwagun-gen eine eigene Zustandigkeit fur Verbraucherver-trage geschaffen worden. Dem Verbraucher wird beigrenzuberschreitenden Vertragen ermoglicht, in sei-nem Staat einen Prozeß gegen seinen Vertragspart-ner zu fuhren.

An die beiden Ubereinkommen sind jedoch nur ver-haltnismaßig wenige Staaten gebunden.137) Bei Kon-flikten mit Anbietern außerhalb dieser Staaten ist derVerbraucher daher nach wie vor haufig darauf ange-wiesen, sein Recht in auslandischen Staaten durch-zusetzen. Das ist beim derzeitigen Stand der Dingeunbefriedigend. Schon der bei Verbrauchersachenzumeist eher niedrige Streitwert laßt es haufig nichtsinnvoll erscheinen, im Ausland eine Klage zu erhe-ben und ein vor Gericht errungenes Urteil gegebe-nenfalls im Wege der Zwangsvollstreckung durchzu-setzen. Nach einer Untersuchung der EuropaischenKommission betragen die Anwalts- und Gerichtsko-sten fur die Durchsetzung eines Anspruchs in Hohevon etwa 4000 Mark selbst im europaischen Binnen-markt durchschnittlich rund 5000 Mark.138) Zu den fi-nanziellen Hindernissen kommt der Abschreckungs-effekt von langwierigen Verfahren.

Notwendig ist daher eine weitere Effektivierung desinternationalen Zivilverfahrensrechts. Insoweitkonnen nur weitere internationale Abkommen Ab-hilfe schaffen. Diesen konnten die Regelungen des

134) Vgl. OECD, Directorate for Financial, Fiscal and EnterpriseAffairs, Committee on Consumer Policy: Current Work onConsumer Protection in the Field of Electronic Commercein OECD Countries, Paris 1997.

135) EuGVU vom 27. September 1968, BGBl. II. 1972, S. 774 inder Fassung des Beitrittsubereinkommens vom 26. Mai1998, BGBl. II 1994, S. 512.

136) Ubereinkommen vom 16. September 1988 uber die ge-richtliche Zustandigkeit und die Vollstreckung gerichtli-cher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen,BGBl. II 1994, S. 2658 u. 3772, BGBl. II 1995, S. 221.

137) Vgl. Thomas-Putzo: Zivilprozeßordnung, 20. Auflage 1997,S. 1599---1602.

138) Vgl. Europaische Kommission: Communication from theCommission on „the out-of-court settlement of consumerdisputes“ and Commission Recommendation on the prini-ciples applicable to the bodies responsible for out-of-courtsettlement of consumer disputes, 1998, abrufbar unterhttp://www.europa.eu.int/comm/dg24/policy/develop-ments/acce---just/acce---just01---en.html

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EuGVU und des Luganer Abkommens als Ausgangs-punkt dienen. Die Enquete-Kommission empfiehlt,entsprechende Verhandlungen zu unterstutzen. Siesollten gleichzeitig dazu genutzt werden, die unter6.1.5. dargestellten Harmonisierungen vorzunehmenund bestehende Einschrankungen zu Lasten der Ver-braucher aufzuheben.

7.3 Forderung von Verfahren der außerge-richtlichen Streitbeilegung

Angesichts der voraussichtlichen Schwierigkeiten ei-ner internationalen Harmonisierung des Verbrau-cherschutzrechts und der Vereinfachung der interna-tionalen Rechtsdurchsetzung liegt es nahe, fur Kon-flikte bei grenzuberschreitenden Vertragen von An-bietern und Verbrauchern Formen der außergericht-lichen Streitbeilegung zu suchen. Im grenzuber-schreitenden gewerblichen Wirtschaftsverkehr spie-len solche Verfahren aufgrund der Schwierigkeitenvon gerichtlicher Rechtsfindung und Rechtsdurchset-zung in internationalen Streitfallen schon seit gerau-mer Zeit eine erhebliche Rolle. Fur Verbraucher sindaußergerichtliche Verfahren bisher nur auf nationalerEbene von Bedeutung. Meist handelt es sich umbranchen- oder sektorspezifische Einrichtungen aufInitiative der betreffenden Wirtschaftskreise. Dazuzahlen Schlichtungsstellen im Handwerk, Gutachter-und Schlichtungskommissionen der Arztekammernoder der Ombudsmann der Banken. Wie auch bei an-deren Selbstregulierungssystemen wird aber auchhier immer wieder die Unabhangigkeit in Zweifel ge-zogen. Die Better Business Bureaus praktizieren be-reits erste Ansatze von telefonischen und online-Be-schwerdeverfahren.

Entsprechende Verfahren auch im Bereich desRechtsverkehrs mit dem Verbraucher auf dem Gebietder Europaischen Union zu etablieren bzw. die Ak-zeptanz von solchen Verfahren zu erhohen, ist Zieleines Plans der Europaischen Kommission.139) Umeine Streitbeilegung vor Inanspruchnahme eines Ge-

richts oder einer Schiedsstelle zu erleichtern, hat siein Zusammenarbeit mit Wirtschaftsvertretern undVerbraucherverbanden ein Formular entwickelt, dasdie Erstellung und Bearbeitung von Verbraucherbe-schwerden erleichtern soll. Das Formular wird in al-len Sprachen der Staaten der Europaischen Gemein-schaft abrufbar sein; Unternehmen konnen es um ihrFirmenemblem erganzen und es ebenfalls anbieten.Daneben gibt die EU-Kommission eine Reihe vonEmpfehlungen uber das Verfahren einer außerge-richtlichen Streitbeilegung, die nicht im Beschwerde-verfahren erzielt werden kann, sondern das Hinzu-ziehen eines unbeteiligten Dritten erfordert. In einemnachsten Schritt soll eine Liste von nationalen Streit-schlichtungsstellen erarbeitet werden.

In der Organisation fur wirtschaftliche Zusammenar-beit werden derzeit ahnliche Vorstellungen spezifischfur den elektronischen Geschaftsverkehr mit demVerbraucher entwickelt. In einem Arbeitspapier derOrganisation wird die Moglichkeit von in den Netzenagierenden Schiedsmannern diskutiert, die zu eineraußergerichtlichen Streitbeilegung beitragen kon-nen. Einer in den Netzen selbst angesiedelten Instanzwerden wenig Chancen eingeraumt. Sie wurde uberzu wenig Autoritat und keine Moglichkeiten derDurchsetzung gefallter Entscheidungen verfugen. Ei-nem von privater Seite initiierten „virtuellen Gericht“in den Vereinigten Staaten von Amerika seien trotzgeringer Gebuhren und schneller Entscheidungenbislang kaum Falle vorgelegt worden.

Die Enquete-Kommission empfiehlt, die Anstrengun-gen um eine Verbesserung der Moglichkeiten außer-gerichtlicher Streitbeilegung auf allen Ebenen zu un-terstutzen. Zwar wird sie haufig keine Alternativezur gerichtlichen Durchsetzung von Anspruchensein. Angesichts der Schwierigkeiten internationalerRechtsdurchsetzung kann sie jedoch eine sinnvolleErganzung darstellen. Sie halt eine angemessene Be-teiligung der Verbraucherseite bei der Ausarbeitungderartiger Modelle sowie die Gewahrleistung derNeutralitat von Schlichtungsstellen fur wunschens-wert.139) Vgl. ebd.

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8. Abschließende Empfehlungen der Enquete-Kommission

1. Die Bemuhungen, Verbraucher an den Vortei-len der Informationsgesellschaft teilhaben zulassen, sollten fortgesetzt und ausgebaut wer-den. Dazu gehoren insbesondere Aktionen,welche die Kompetenz der Verbraucher im Um-gang mit den neuen Medien und damit derenAkzeptanz erhohen. Beispiele sind die Aktion„Schulen ans Netz“ und eine Initiative, dieSenioren mehr an die neuen Medien heranfuh-ren soll. Dazu gehort auch, daß die Anbietervermehrt bereits bei der Entwicklung ihrerGerate und Programme auf Kompatibilitat,Nutzerfreundlichkeit, Sicherheit und Bequem-lichkeit achten. Daneben sollten offentlicheStellen wie Bibliotheken Gelegenheit zur Nut-zung der neuen Medien geben.

2. Technische Moglichkeiten zur sicheren Ab-wicklung von Geschaften in den Datennetzensollten unterstutzt werden. Dies ist mit dem Ge-setz zur digitalen Signatur, das bestimmte An-forderungen an die Sicherheit von elektroni-schen Authentifizierungsmechanismen auf-stellt, auf einem wichtigen Gebiet bereits ge-schehen. Gepruft werden sollte eine Verpflich-tung gewerblicher Anbieter, ihr Angebot mit ei-ner digitalen Signatur zu versehen. Auf dieseWeise konnte die Echtheit von Web-Sites uber-prufbar gemacht werden.

3. Der Datenschutz muß bei den neuen Mediengewahrleistet sein. Angesichts der großen Ge-fahren, welche die moderne Informations- undKommunikationstechnik fur das informationelleSelbstbestimmungsrecht eroffnen, ist ein wirk-samer technischer und rechtlicher Schutz derVerbraucher in den Datennetzen in dieser Hin-sicht unverzichtbar. Teledienstedatenschutzge-setz und Mediendienste-Staatsvertrag enthal-ten insofern richtige Ansatze, sollten jedoch an-gesichts der großen Dynamik der technischenEntwicklung kontinuierlich uberpruft werden.Dem entspricht ein Evaluierungsauftrag, dender Deutsche Bundestag der Bundesregierungerteilt hat. Zusatzlich konnen freiwillige Maß-nahmen wie ein Datenschutz-Audit auch inter-national zur mehr Transparenz sowie einer Ver-besserung des Datenschutzes beitragen.

4. Soweit Schriftformerfordernisse im Hausturwi-derrufsgesetz und im Verbraucherkreditgesetzdurch ein elektronisches Aquivalent ersetztwerden konnen, das die Schutzfunktion fur denVerbraucher ebenso gut erfullt, sollten entspre-chende Anpassungen vorgenommen werden.Sicherzustellen ist, daß die im rechtlichen Ver-braucherschutz vordringlichen Formzwecke derWarnfunktion und des Ubereilungsschutzesdurch besondere technische Vorkehrungenbzw. einen geeigneten Ablauf der Kommunika-tion gewahrleistet werden. Unsicherheiten uber

die Anwendbarkeit der beiden Gesetze auf dieneuen Dienste sollten ausgeraumt werden. Dieskann im Rahmen der Umsetzung der EU-Fern-absatzrichtlinie geschehen.

5. Die Enquete-Kommission begrußt den mit derEU-Fernabsatzrichtlinie verbundenen Fort-schritt bei der Harmonisierung des Verbrau-cherschutzrechts im europaischen Binnen-markt. Was die Umsetzung der Richtlinie indeutsches Recht angeht, empfiehlt die Enquete-Kommission, eine weitere Verlagerung schuld-rechtlicher Bestimmungen in Einzelgesetze imInteresse der Ubersichtlichkeit des deutschenVerbraucherschutzrechts moglichst zu vermei-den.

6. Nationale Werbebeschrankungen, die uber diebereits bestehenden rechtlichen Regelungenhinausgehen, halt die Enquete-Kommissionderzeit grundsatzlich nicht fur angebracht. Dadie neuen Dienste, soweit sie uber das Internetangeboten werden, national kaum effektiv re-guliert werden konnen, sind Bemuhungen uminternationale Vereinbarungen vordringlich.Fur an Kinder gerichtete Angebote sollten na-tionale Maßnahmen erwogen werden, falls in-ternationale Bemuhungen nicht erfolgreich seinsollten. Unterstutzt werden sollte der Einsatztechnischer Losungen in Form von Computer-programmen, die Werbung ausblenden konnen.

7. Gepruft werden sollte, ob und inwieweit dieRisiken des elektronischen Rechts- und Zah-lungsverkehrs auf die Unternehmen verlagertwerden konnen, die diesen Rechts- und Zah-lungsverkehr ermoglichen und von ihm profitie-ren. In diesem Zusammenhang mag einebereichspezifische Umkehr der Beweislast er-wogen werden.

8. Gefordert werden mussen die Moglichkeitendes Selbstschutzes der Verbraucher gegen dieGefahren des elektronischen Geschaftsver-kehrs. Der Verbraucher muß sowohl uber dieseGefahren als auch uber die Moglichkeiten infor-miert werden, ihnen wirkungsvoll zu begegnen.In Betracht kommt eine Verpflichtung von Dien-steanbietern, ihre Kunden auf entsprechendeRisiken hinzuweisen. Wichtig ist außerdem dieSchaffung allgemein verstandlicher, zuverlassi-ger und leicht erschließbarer Verbraucherinfor-mationssysteme. Hier konnten Verbraucheror-ganisationen aktiv werden.

9. Von großer Bedeutung ist es, Mittel des techni-schen Verbraucherschutzes in Normungspro-zesse einfließen zu lassen. Es wird empfohlen,entsprechende Bemuhungen von Verbraucher-schutzorganisationen und Standardisierungsor-ganisationen zu unterstutzen.

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10. Die anbieterbezogene Selbstregulierung stelltauf den globalen elektronischen Markten nurein eingeschrankt taugliches Instrument desVerbraucherschutzes dar. Entsprechende Akti-vitaten sollten unterstutzt, zugleich jedochdurch staatliche oder halbstaatliche Maßnah-men flankiert werden. Um die Glaubwurdigkeitsicherzustellen, sollten die Festlegung von Kri-terien sowie die Kontrolle durch unabhangigeDritte erfolgen und Verbraucherinteressen an-gemessen berucksichtigt werden. In Betrachtkommen der Aufbau einer der „Stiftung Waren-test“ vergleichbaren unabhangigen Prufinstanzund die Aufstellung bestimmter Kriterien furdie Vergabe von Gutesiegeln. Eine Finanzie-rung uber Lizenzvergabe einer Kollektivmarkefur seriose Anbieter und verbrauchergerechteAngebote sollte uberpruft werden.

11. Angesichts der Globalitat der Datennetze, uberwelche die neuen Dienste angeboten werden,bedarf es mittel- und langfristig einer interna-tionalen Harmonisierung des materiellen Ver-braucherschutzrechts und der Vereinfachung

der internationalen Rechtsdurchsetzung. Ver-bessert werden sollten die Moglichkeiten derVerbraucher, nationales Recht sowie einen Ge-richtsstand im Heimatland zu wahlen. Als Aus-gangspunkt fur letztere konnen die verbrau-cherschutzenden Bestimmungen im EWG-Ubereinkommen uber die gerichtliche Zustan-digkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Ent-scheidungen in Zivil- und Handelssachen die-nen, die jedoch von Einschrankungen zu Lastender Verbraucher befreit sowie mit dem Abkom-men von Rom harmonisiert werden sollten.

12. Erganzend sollten verstarkt Moglichkeiten deraußergerichtlichen Streitbeilegung in Verbrau-cherangelegenheiten eroffnet werden. In dieseRichtung gehende Bemuhungen der Europai-schen Kommission, der Organisation fur wirt-schaftliche Zusammenarbeit und anderer inter-nationaler Organisationen sollten unterstutztwerden. Auf Neutralitat und eine ausreichendeBeteiligung der Verbraucherverbande bei derAusarbeitung dieser Verfahren ist zu achten.

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