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SEMINARARBEIT FINANZ- UND VERSICHERUNGSMATHEMATIK DEVISENMARKT WECHSELKURS UND WECHSELKURSTHEORIE Susanna Grubits Betreuer: Privatdozent. Dipl.-Ing. Dr. techn. Stefan Gerhold März 2018
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Oct 16, 2020

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SEMINARARBEIT FINANZ- UND VERSICHERUNGSMATHEMATIK

DEVISENMARKT WECHSELKURS UND WECHSELKURSTHEORIE

Susanna Grubits

Betreuer: Privatdozent. Dipl.-Ing. Dr. techn. Stefan Gerhold

März 2018

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Abstract Die vorliegende Seminararbeit soll einen Überblick über die Geschichte, die wirtschaftliche Bedeutung und die Organisation des Devisenmarkts geben, wel-che neben dem Geldmarkt und dem Kapitalmarkt zum Finanzmarkt gehören, und deren Strukturen und Dynamiken verständlich erklären.

Wichtige Fragestellungen in Zusammenhang mit dem Devisenmarkt beschäfti-gen sich mit den bestimmenden Faktoren des Währungskurses, dem Wechsel-kursverhalten und der Bedeutung des Kurses für die Volkswirtschaft.

Das Hauptaugenmerk liegt auf den Wechselkursen und den Wechselkurstheo-rien zur Erklärung von Wechselkursverhalten.

Die vorgestellten Modelle für die Wechselkursbestimmung sind:

• Dornbusch-Modell • Risikoprämien-Ansatz • Vermögensbestands-Ansatz

Am Ende der Arbeit wird noch ein kurzer Einblick in die geschichtliche Entwick-lung des Devisenmarktes und der Europäischen Währungsunion gegeben.

In den Formeln stehen die Elemente mit ,*’, sofern nicht ausdrücklich anders definiert, für die ausländischen Variablen. Die Definitionen und Symbole sind weitgehend aus dem Buch „Internationale Wirtschaft“ von Keith Pilbeam und Joscha Beckmann entnommen.

Die Daten der Grafiken stammen aus dem Jahr 2016, in welchem die letzte 3-jährige Zentralbankerhebung der BIZ über das Devisenmarktgeschäft publiziert worden ist.

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Symbol Bedeutung 𝑑 Differentialoperator 𝐸 Erwartungswert (𝐸#rationale Erwartung) 𝐹 Terminkurs 𝐹𝑢 Fundamentalfaktor 𝐻𝐵 Handelsbilanzsaldo 𝑖 nominaler Zinssatz 𝐿𝐵 Leistungsbilanzsaldo 𝑀 inländische Geldmenge 𝑃 Preisindex inländischer Güter p Inflationsrate 𝑅 Devisenmarktreserve (Zentralbank) 𝑅𝑃 Risikoprämie inländischer Anleihen 𝑆 nominaler Wechselkurs; Kassakurs

𝑆/00 effektiver Wechselkurs 𝑆1 realer Wechselkurs 𝑊 Vermögensbestand (privater Sektor) 𝑤 nominaler Lohnsatz 𝑤4,# Handelsgewicht einer Volkswirtschaft gegenüber einer anderen 𝑌 Einkommen, gesamtwirtschaftliche Produktion 𝑌𝑑 gesamtwirtschaftliche Nachfrage 𝑍 Ableitung von Z nach der Zeit 𝑍 Variable Z ist exogen gegeben 𝑧 natürlicher Logarithmus der Variable Z

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Inhaltsverzeichnis 1 EINLEITUNG UND MARKTORGANISATION 1 1.1 KLASSIFIZIERUNG DER WÄHRUNGSPAARE 1 1.2 FOREX-TRADING 3 2 DIE ZAHLUNGSBILANZ 3 3 DER DEVISENMARKT 5 3.1 WECHSELKURS 5 3.1.1 WECHSELKURSKONZEPTE UND REGIME 6 3.1.2 WECHSELKURSBESTIMMUNG AM KASSAMARKT 8 3.1.3 WECHSELKURSBESTIMMUNG AM TERMINMARKT 8 3.2 ARBITRAGE AUF DEVISENMÄRKTEN 9 4 KAUFKRAFTPARITÄT UND ZINSPARITÄT 9 4.1 GENERALISIERTE FORM DER KKP 10 4.2 GEDECKTE UND UNGEDECKTE ZINSPARITÄT 10 5 ERKLÄRUNG VON WECHSELKURSÄNDERUNGEN 11 5.1 MONETÄRE MODELLE 11 5.1.1 MONETÄRES MODELL MIT FLEXIBLEN PREISEN 11 5.1.2 OVERSHOOTING-MODELL (DORNBUSCH) 13 5.1.3 ‚REAL INTEREST RATE DIFFERENTIAL’-MODELL (FRANKEL) 15 5.2 RISIKOPRÄMIENANSATZ 16 5.3 VERMÖGENSBESTANDS-ANSATZ 18 5.4 WEITERE ANSÄTZE ZUR WECHSELKURSBESTIMMUNG 22 5.4.1 TAYLOR-REGEL 22 5.4.2 EXPECTED VALUE APPROACH 23 5.4.3 NEW OPEN MACROECONOMICS 23 5.4.4 MIKROSTRUKTURANSÄTZE 23 5.5 ERWARTUNGSBILDUNG 24 6 GESCHICHTE DES WÄHRUNGSSYSTEMS 25 6.1 EUROPÄISCHE WÄHRUNGSUNION 27 6.2 GELDPOLITISCHE MAßNAHMEN 27 7 LITERATURVERZEICHNIS 29 8 ABBILDUNGSVERZEICHNIS 29

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Einleitung und Marktorganisation

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1 EINLEITUNG UND MARKTORGANISATION Währungshandel bezeichnet kurz und knapp gesagt, den Kauf beziehungswei-se Verkauf einer Länderwährung gegen eine andere Länderwährung. Gehan-delt wird dabei in Währungspaaren. Ein Paar setzt sich immer zusammen aus einer Basiswährung und einer Gegenwährung. In dieser Arbeit werden syno-nym die Bezeichnungen inländische bzw. ausländische Währung verwendet. Der Markt ist global und besteht zum Großteil aus Banken und Devisenhänd-lern. Die bedeutendsten Teilnehmer können in vier Gruppen eingeordnet werden. Die erste Ebene der Marktorganisation bilden die Bankkunden. Diese Gruppe besteht aus Unternehmen, internationalen Investoren und denjenigen, welche die ausländischen Währungen täglich benötigen. Die Kunden lassen die Trans-aktionen im Regelfall von Geschäftsbanken durchführen und handeln selbst nicht direkt am Markt. Die zweite Ebene bilden die Geschäftsbanken, welche einerseits die Aufträge der Kunden bearbeiten, andererseits aber auch Eigenhandel betreiben. Dies gilt auch für andere Finanzinstitute, wie beispielweise Investmentbanken. Die dritte Ebene bilden die Devisenhändler. Diese sind das Bindeglied zwischen den Banken, welche häufig nicht direkt miteinander in Verbindung treten. Ein Vorteil hierbei ist, dass die Händler die Aufträge der Banken sammeln und Kur-se schneller und billiger erhalten. Ein Nachteil bei der Einschaltung von Devi-senhändlern ist die anfallende Gebühr, welche beim direkten Handel wegfällt. In der Regel hat jeder Finanzmarktplatz automatisierte Händler für die Abwicklung der Transaktionen der Geschäftsbanken. Als vierte und letzte Ebene überwachen die Zentralbanken die Entwicklung des inländischen Wechselkurses. Durch den Kauf oder Verkauf der inländischen Währung kann eine Zentralbank Einfluss auf den inländischen Kurs nehmen. Wird zu festem Wechselkurs gehandelt, sind Zentralbanken sogar verpflichtet, bei Überschussangebot oder Überschussnachfrage, derartige Interventionen durchzuführen, um unerwünschte Schwankungen zu verhindern. Mit ihren geld-politischen Entscheidungen üben sie einen starken Einfluss auf die Wechsel-kurse zwischen den einzelnen Währungen aus.

1.1 Klassifizierung der Währungspaare Am häufigsten gehandelt wird der amerikanische Dollar, welcher im Jahr 2016 an etwa 88% aller Trades beteiligt war. Er wird aus diesem Grund auch als Leitwährung oder Vehikelwährung bezeichnet. Ein weiterer Grund ist, dass die Preise vieler Primärprodukte (dazu zählen etwa Erdöl und Agrarprodukte) sowie Gold in Dollar angegeben werden. Die Währungspaare können klassifiziert werden in Majors, Minors und Crosses. Die bedeutendsten Währungspaare sind die sogenannten Majors. Das am häu-figsten gehandelte Paar ist hierbei EUR/USD. Allgemein haben Kombinationen mit Euro oder US-Dollar die größten Marktanteile und die höchste Liquidität. Weitere wichtige Kombinationen sind jene mit Euro bzw. US-Dollar und Briti-schen Pfund (GBP), Schweizer Franken (CHF), Kanadischen Dollar (CAD), Australischen Dollar (AUD) oder dem Japanischen Yen (JPY). Besonders wichtige Paarungen haben im Fachjargon Kosenamen erhalten. So sind etwa GBP/USD als Cable, AUD/USD als Aussie, EUR/USD als Euro, USD/CAD als Loonie, NZD/USD als Kiwi und USD/CHF als Swissy bekannt.

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Einleitung und Marktorganisation

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Abb. 1 Foreign exchange market turnover in April 2016 (Triennial Central Bank Survey 2016)

Als Minors werden jene Währungspaare bezeichnet, welche gegen US-Dollar gehandelt werden, aber aufgrund ihrer hohen Illiquidität nicht zu den Majors gezählt werden. Sie werden immer häufiger von Spekulanten gehandelt, wes-halb sich ihre Volumina stark vergrößern. Hierzu zählen zum Beispiel Paarun-gen mit der Dänischen Krone, dem Russischen Rubel, dem Südafrikanischen Rand oder auch dem ungarischen Forint. Als dritte Kategorie werden die sogenannten Cross Currencies (kurz Crosses) gehandelt. In diesen Paarungen kommt der Dollar nicht vor. Der Yen und der Euro sind die beiden weiteren wichtigen Währungen im Forex, da diese wie der US-Dollar bei vielen Notenbanken als Währungsreserve gehal-ten werden. Dies hat zur Folge, dass auch hochliquide Crosses mit Euro und Yen mit hohen Umsätzen gehandelt werden. Das bezieht sich zum Beispiel auf die Währungspaare EUR/GBP, EUR/JPY und EUR/CHF. Neben diesen oft ge-handelten Paarungen gibt es auch exotische Crosses, welche schwieriger und riskanter zu handeln sind. Die Abrechnung eines Trades in einem Cross erfolgt häufig im US-Dollar, weil dieser die Bezugswährung für die Crosses bleibt. Möchte man zum Beispiel EURJPY erwerben, kauft man EURUSD und USDJPY. Üblicherweise werden die Kurse auf vier Nachkommastellen genau berechnet und auch gehandelt. Die kleinste handelbare Einheit sind die Pips. Ist der aktu-elle Wechselkurs EUR/USD 1,2329 und fällt er auf 1,2310, entspricht das einem Kursabfall von 19 Pips. Gehandelt werden die Währungseinheiten in „Lots“,

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Die Zahlungsbilanz

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wobei ein Lot 100.000 Einheiten der Basiswährung entspricht. Es können aber auch Mini-Lots (10.000) oder Mikro-Lots (1.000) gehandelt werden.

1.2 Forex-Trading Der Devisenmarkt verfügt über ein enormes Volumen, was ihn zu einem hochli-quiden Markt macht und durch die Möglichkeit 24 Stunden an fünf Tagen die Woche zu handeln (Sonntag 22:00 – Freitag 23:00) ist das Risiko von Gaps (Kurslücken) sehr stark reduziert. Währungen reagieren sehr sensibel auf Veröffentlichung ökonomischer Daten und geldpolitische Maßnahmen der Zentralbanken (besonders FED und EZB), welche das Inflationsniveau stark beeinflussen können. Weiter können politi-sche Entscheidungen, Konjunkturphasen und andere bedeutende Nachrichten und Veränderungen (wie etwa der Brexit) die Wechselkurse bestimmen. Wich-tige „market mover“ sind etwa Leitzinsentscheidungen und Arbeiterbankdaten. Diese leichte Beeinflussbarkeit führt zu sehr hoher Volatilität und ermöglicht es, in kurzer Zeit von großen Kursbewegungen zu profitieren. Da der Handel dezentralisiert und außerbörslich abläuft, ist dieser weltweit rund um die Uhr möglich. Das macht ihn bezüglich der Handelszeiten flexibel. Es kann sowohl mit fallenden als auch steigenden Kurse Gewinn erwirtschaftet werden. Durch den Handel von Währungs-Paaren ergibt sich der folgende Zu-sammenhang:

Long-PositioninderBasiswährung ≜ Short-PositioninderGegenwährung.

Werden auf dem Markt die oben genannten wirtschaftlichen Kennzahlen einer Volkswirtschaft betrachtet, spricht man von der Fundamentalanalyse. Die technische Analyse, welche von den meisten Tradern benutzt wird, be-schäftigt sich mit historischen Kursbewegungen. Sie basiert nur auf tatsächli-chen Marktdaten und es wird angenommen, dass im Marktpreis alle verfügba-ren Informationen eingeflossen sind, Trendbewegungen existieren und dass sich historische Muster wiederholen. Die Analyse erfolgt anhand von Charts und verschiedenen Indikatoren.

2 DIE ZAHLUNGSBILANZ Die Zahlungsbilanz erfasst statistisch den gesamten Außenhandel einer Volks-wirtschaft und stellt somit einen der bedeutendsten Indikatoren einer offenen Volkswirtschaft dar. Es werden Zahlungs- oder Güterströme in einem bestimm-ten Zeitintervall betrachtet. Der Betrachtungszeitraum beträgt meist ein Jahr, jedoch sind unterjährige Publikationen von Teilstatistiken üblich. Für die Darstellung einzelner Statistiken in der Zahlungsbilanz gibt es keine einheitliche Methode. Dies führt unter anderem zu verschiedenen Veröffent-lichungstechniken je nach Land. Der internationale Währungsfonds hat dazu Richtlinien im „Balance of Payment Manual“ veröffentlicht und mit einem stan-dardisierten Format ermöglicht er den Vergleich der Zahlungsbilanzstatistiken seiner Mitgliedsstaaten. Es werden innerhalb der Bilanz die getätigten Importe und Exporte dokumentiert, ob das Land als Gläubiger oder Schuldner aufgetre-ten ist und auch wie sich die Devisenreserven der jeweiligen Zentralbank ver-ändert haben. Die verschiedenen Zweige von internationalen Unternehmen werden dem Land zugerechnet, in dem sie ansässig sind. Um in der Zahlungs-bilanz aufzuscheinen muss eine Transaktion zwischen einem Inländer und ei-nem Ausländer (sprich: aus dem Rest der Welt) stattfinden. Geschäfte zwi-

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Die Zahlungsbilanz

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schen Inländern scheinen nicht auf. Diese Transaktionen können den Kauf oder Verkauf von Dienstleistungen und Waren bedeuten aber auch finanzieller Natur sein, wie etwa der Verkauf von Wertpapieren. Auf der linken Seite der Bilanz werden die Zahlungseingänge angeführt, Zah-lungsausgänge auf der rechten. Die Zahlungsbilanz setzt sich zusammen aus der Leistungsbilanz, der Kapital-bilanz und der Devisenbilanz. Wie von einer Bilanz erwartet, addieren sich die Zahlungseingänge und –ausgänge der Zahlungsbilanz zu null, die einzelnen Teilbilanzen können aber sehr wohl einen Überschuss oder ein Defizit ver-zeichnen. Spricht man also von einem Zahlungsbilanzdefizit, weist lediglich eine Subkategorie ein Defizit auf. Die Leistungsbilanz ist das Kernstück der Zahlungsbilanz und dokumentiert die Exporte und Importe von Waren und Dienstleistungen und den Austausch von Faktoreinkommen. Sie setzt sich also zusammen aus der Handelsbilanz (auch als sichtbare Bilanz bezeichnet), der Dienstleistungsbilanz, der Bilanz der Er-werbs- und Vermögenseinkommen (Zahlungen aus Dividenden und Zinsen) und den laufenden Übertragungen (Zahlungen ohne Gegenleistung). Dadurch, dass der Welthandel zu etwa 80% aus Sachgütern besteht, ist die Handelsbi-lanz die bedeutendste in dieser Zusammensetzung. Diese Bilanz wird monatlich veröffentlicht. Ein Überschuss bedeutet hier, dass das Land mehr verdient als ausgegeben wird. Die Leistungsbilanz reagiert sehr schnell auf Änderungen z. B. des realen Wechselkurses oder der relativen Inflation. Gesamtwirtschaft-lich spiegelt der Leistungsbilanzsaldo die Wettbewerbsfähigkeit der betrachte-ten Volkswirtschaft wider. Die Kapitalbilanz zeigt die grenzüberschreitenden Kapitaltransaktionen und gleicht sich mit der Leistungsbilanz automatisch aus. Kapitalimporte implizieren eine Erhöhung des Nettobestandes an ausländischen Anlagen im Inland. Kapi-talexporte führen zu einer Erhöhung des Nettobestandes an inländischen Anla-gen im Ausland. Übersteigen die Importe die Exporte spricht man von einem Kapitalbilanzüberschuss und das Land tritt als Nettokreditnehmer auf. Ist das Gegenteilige der Fall spricht man von einem Kapitalbilanzdefizit und das Land ist Nettokreditgeber. Zuletzt umfasst die Devisenbilanz die Währungsmarkttransaktionen der Zentral-bank. Die Hauptbestandteile sind die Veränderung der Devisenreserven und die Kreditzahlungen an internationale Organisationen. Sie erfasst also die, sich an die herrschenden Umstände anpassenden Operationen, welche Ungleichge-wichten in der Summe von Leistung- und Kapitalbilanz entgegensteuern. Ände-rungen der Devisenbilanz liefern neben Informationen über die Devisenreserve einer Zentralbank auch über die dadurch implizierte Politikausrichtung.

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Der Devisenmarkt

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3 DER DEVISENMARKT Der Forex (kurz für Foreign Exchange Market, FX Market oder zu Deutsch De-visen- bzw. Währungsmarkt) ist der weltweit größte Finanzmarkt mit einem Ta-gesumsatz von rund 5,1 Billionen US-Dollar.

Abb. 2 Umsatz an den globalen Devisenmärkten (BIZ-Quartalsbericht, Dezember 2016)

Er ist ein globaler Markt, stellt somit keinen physischen Ort dar, bei dem Tauschgeschäfte mit internationalen Währungen durchgeführt werden. Wichtige Fragestellungen in Zusammenhang mit dem Devisenmarkt beschäftigen sich mit den bestimmenden Faktoren des Währungskurses, dem Wechselkursver-halten und der Bedeutung des Kurses für die Volkswirtschaft. Gehandelt wird vorwiegend over-the-counter (OTC) und direkt zwischen den Handelspartnern. Durch diesen außerbörslichen Handel haben Börsen nahezu keine Bedeutung für den Forex (im Gegensatz zum Wertpapierhandel). Heute ist der Handel de-zentralisiert und wird beinahe ausschließlich elektronisch über verschiedene Handelsplattformen abgewickelt. Dies macht ihn besonders für private Trader einigermaßen leicht zugänglich. Industrieländer können im Regelfall auf ausreichend Devisenbestände zurück-greifen und daher ist zwischen ihnen der Zahlungsverkehr nicht beschränkt. Die Notierungen bilden sich nach der für Märkte typischen Angebot-Nachfrage-Dynamik, wobei noch spekulative Währungsgeschäfte in die Berechnung mit einfließen.

3.1 Wechselkurs Der nominale Wechselkurs bezeichnet den Preis einer Währung in Einheiten einer anderen und kann auf die folgenden Arten festgelegt werden: Die erste und gängigere Methode ist die Mengennotierung. Dabei wird der Preis einer inländischen Währungseinheit in ausländischen Einheiten ausgedrückt (z.B. Dollar pro Euro). Bei dieser Notation bedeutet ein Wechselkursanstieg eine Aufwertung der Inlandswährung. Sie wird häufig für die Berechnung der realen und nominalen Wechselkurse verwendet. Die zweite mögliche Anführung

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Der Devisenmarkt

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ist die Preisnotierung. Hier wird der Preis einer ausländischen Währungseinheit in inländischen Währungseinheiten angegeben (Euro pro Dollar). Ein Anstieg des inländischen Wechselkurses bedeutet in diesem Fall eine Abwertung der Basiswährung. Diese Definition wird in der theoretischen ökonomischen Litera-tur bevorzugt. Die beiden Notationen sind also Kehrwerte voneinander. Auf dem Markt gibt es einen Unterschied zwischen dem Ankaufs- und dem Ver-kaufskurs einer Währung. Innerhalb des Marktes existieren also für jede Wäh-rung zwei Preise. Der Ankaufskurs bezeichnet den Preis für den eine Bank die Währung kauft, während der Verkaufskurs den Preis angibt, für den eine Bank die ausländische Währung gegen die inländische verkaufen wird. Die Differenz dieser beiden ist der Bid-offer Spread bzw. die Geld-Brief-Spanne, welcher den Marginalgewinn der Bank darstellt. Dieser ist von den Marktgegebenheiten ab-hängig und kann je Bank und Währung variieren. Meist haben Währungen mit größeren Risiken auch einen größeren Spread. Sie bergen somit Chancen auf größere Gewinne, jedoch auch die Möglichkeit größerer Verluste.

3.1.1 Wechselkurskonzepte und Regime Es kann zwischen verschiedenen Wechselkurskonzepten unterschieden wer-den. Geht man von dem Modell einer homogenen Weltwirtschaft aus, gilt das „Law of One Price“. Dieses besagt, dass man für eine Währung oder den Ge-genwert in einer anderen weltweit gleichviel gleichartige Güter erwerben kann. Durch nationale Unterschiede in der Kaufkraft gilt das Gesetz des einheitlichen Preises in der Realität nur sehr eingeschränkt. Diese Differenzen können mithilfe der Kaufkraftparität KKP (engl. Purchasing Power Parity PPP) exakt gemessen werden, indem man die Preise (weitge-hend) gleicher Güterbündel vergleicht. Der nominale Wechselkurs wurde bereits behandelt und gibt den Preis einer Währung in Einheiten einer anderen an.

𝑆# =𝐼𝑛𝑙ä𝑛𝑑𝑖𝑠𝑐ℎ𝑒𝑊äℎ𝑟𝑢𝑛𝑔𝐴𝑢𝑠𝑙ä𝑛𝑑𝑖𝑠𝑐ℎ𝑒𝑊äℎ𝑟𝑢𝑛𝑔

Des Weiteren gibt es den realen Wechselkurs, welcher verwendet wird um den Preis inländischer Güter relativ zu den Preisen ausländischer anzugeben. Er ist definiert als

𝑆1 =𝐴𝑢𝑠𝑙ä𝑛𝑑𝑖𝑠𝑐ℎ𝑒𝑊äℎ𝑟𝑢𝑛𝑔𝐼𝑛𝑙ä𝑛𝑑𝑖𝑠𝑐ℎ𝑒𝑊äℎ𝑟𝑢𝑛𝑔 𝑥

𝐼𝑛𝑙ä𝑛𝑑𝑖𝑠𝑐ℎ𝑒𝑊äℎ𝑟𝑢𝑛𝑔𝐼𝑛𝑙ä𝑛𝑑𝑖𝑠𝑐ℎ𝑒𝑠𝐺𝑢𝑡

𝐴𝑢𝑠𝑙ä𝑛𝑑𝑖𝑠𝑐ℎ𝑒𝑊äℎ𝑟𝑢𝑛𝑔𝐴𝑢𝑠𝑙ä𝑛𝑑𝑖𝑠𝑐ℎ𝑒𝑠𝐺𝑢𝑡

und steht somit für das Austauschverhältnis in realen Gütereinheiten. Diese Formel ergibt schließlich

𝑆#1 = 𝑆#𝑃#𝑃#∗

𝑃# und 𝑃#∗ bezeichnen den Preisindex inländischer bzw. ausländischer Güter zum Zeitpunkt t. Diese werden über den nominalen Wechselkurs 𝑆# in die inlän-dische Währung umgerechnet.

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Der Devisenmarkt

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Eine bekannte Methode zur Messung des Unterschieds zwischen nominalem und realem Wechselkurs ist der „Big-Mac-Wechselkurs“ des britischen Wirt-schaftsmagazin The Economist. In der Regel unterhält ein Land Handelsbeziehungen zu verschiedenen Län-dern. Daher ist es von größerer Bedeutung, wie sich der Wechselkurs des Lan-des relativ zu denen der Handelspartner ändert. Verwendet man den gewichte-ten Durchschnitt dieser Wechselkurse, so erhält man den effektiven Wechsel-kurs. Diese Kennzahl gibt die Prozent an, um die die eigene Währung im Laufe eines bestimmten Zeitraums gegenüber den Währungen der Haupthandels-partner im Durchschnitt auf- oder abgewertet hat. Eine allgemeine Formel für den nominalen effektiven Wechselkurs ist

𝑆#/00 = 𝑤4,#𝑆4,#

^

4_`

wobei 𝑤4,# den Handelsanteil und 𝑆4,# den nominalen Wechselkurs des jeweili-gen Landes gegenüber der Volkswirtschaft 𝑗 zum Zeitpunkt 𝑡 angibt. Man kann flexible und feste Wechselkurse unterscheiden. Im Fall des flexiblen Wechselkursregimes kommt es zu keinen Zentralbankinterventionen, sondern der Wechselkurs entsteht durch das Zusammenspiel von Angebot und Nach-frage. Der Kurs passt sich an die veränderten Konstellationen an, bis wieder ein neues Gleichgewicht im Schnittpunkt der beiden Kurven erreicht ist. Es kann aber unter Umständen ein Anreiz für Zentralbanken bestehen, den Kurs auf einem bestimmten Niveau zu stabilisieren. Diese Wechselkurspolitik wird aktuell von einigen Ländern gegenüber dem Dollar verfolgt, da es die ökonomi-sche Stabilität erhöht. In diesem Fall sind Banken verpflichtet, im Fall einer Überschussnachfrage oder eines Überschussangebots, Devisenmarktinterven-tionen durchzuführen. Hierbei kann zwischen sterilisierten und nicht sterilisier-ten Interventionen differenziert werden. Bei sterilisierten Interventionen versu-chen Entscheidungsträger die Geldmenge im Inland und die inländischen Zin-sen auf dem Niveau vor der Intervention zu halten, sie sollen also durch den Eingriff nicht beeinflusst werden. Nicht sterilisierte Interventionen lenken den Wechselkurs mit hoher Wahrscheinlichkeit in die gewünschte Richtung und ha-ben direkten Einfluss auf das Geldangebot, während sterilisierte keinen Einfluss auf den Wechselkurs haben. Der Währungsumtausch kann zum Kassakurs oder zum Terminkurs erfolgen, da die Geschäfte für unterschiedliche Zeitpunkte abgeschlossen werden kön-nen. Der Kassakurs ist der Wechselkurs für einen Tausch, welcher unmittelbar durgeführt wird. Der Terminkurs hingegen wird bei Vertragsabschluss für einen Tausch vereinbart, der erst zu einem späteren Zeitpunkt stattfindet. Als Swapsatz wird die Differenz zwischen Terminkurs und Kassakurs in Prozent bezeichnet. Er ist wie folgt definiert

Swapsatz = (𝐹# − 𝑆#) 𝑆#.

Wobei 𝐹# den Terminkurs und 𝑆# den Kassakurs zum Zeitpunkt 𝑡bezeichnen. Bei frei schwankenden Wechselkursen ergibt sich für ein grenzüberschreiten-des Geschäft das Wechselkursrisiko. Dieses besteht darin, dass ein Exporteur (Importeur) für einen Kaufpreis in fremder Währung am Fälligkeitstag weniger (mehr) eigene Währung erhält (bezahlen muss) als bei Vertragsabschluss kal-

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Der Devisenmarkt

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kuliert wurde. Dieses Risiko lässt sich durch Kurssicherungsgeschäfte abde-cken (in der Regel Termingeschäfte). Der Terminkurs für diesen Kontrakt ergibt sich dann aus dem Kassakurs des Abschlusstages korrigiert um die Zinsdiffe-renz der beiden Währungen über die Laufzeit des Termingeschäfts.

3.1.2 Wechselkursbestimmung am Kassamarkt Der Kassakurs legt das Austauschverhältnis zweier Währungen bei unmittelba-rem Umtausch fest, welcher spätestens zwei Tage nach Abschluss des Ver-trags erfolgt. Bei Kassageschäften fallen also Vereinbarung und Transaktion zusammen. Die angegebene Zeitspanne ist bedingt durch die notwendige Legi-timation, vertragliche Vereinbarungen und die Zahlungsabwicklung. Der Devisenmarkt unterliegt den Angebots- und Nachfragedynamiken und der Wechselkurs wird bestimmt durch den Schnittpunkt von Angebots- und Nach-fragekurve. Die Nachfragekurve für eine Währung am Devisenmarkt ist eine abgeleitete Nachfrage. Sie erfolgt aufgrund ihrer Kaufkraft und nicht wegen ih-res inneren Wertes. Der Markt bringt Personen zusammen, die eine Währung kaufen wollen (Nachfrage) und jene, welche eine Währung verkaufen wollen (Angebot).

3.1.3 Wechselkursbestimmung am Terminmarkt Der Terminkurs wird bei Vertragsabschluss fest vereinbart, aber der Umtausch erfolgt zu einem späteren, bei Abschluss schon spezifizierten Zeitpunkt. Häufi-ge Fristen für diese Termingeschäfte sind ein Monat, ein Quartal, sechs Mona-te, neun Monate oder auch ein Jahr. Die Händler, welche an diesen Terminkon-trakten teilnehmen, können nach ihren Handlungsmotiven kategorisiert werden. Die Hedger versuchen sich gegen Wechselkursrisiken abzusichern. Diese kön-nen durch Wechselkursschwankungen ausgelöst werden. Banken tätigen Termingeschäfte in der Regel als Arbitrageure. Sie versuchen risikolose Profite zu erzielen, welche durch Unterschiede zwischen dem Zinsdif-ferential und dem Swapsatz entstehen. Arbitrageure stellen sicher, dass keine Unterschiede in der Rendite von inländischen und ausländischen Anlagen be-stehen. Dies wird durch die gedeckte Zinsparität gewährleistet. Sie besagt, dass Arbitragemöglichkeiten unmittelbar eliminiert werden.

1 + 𝑖# =(1 + 𝑖#∗)

1 + 𝐹# − 𝑆#𝑆#

𝑖 und 𝑖∗stehen in dieser Formel für die in- bzw. ausländischen Zinssätze. Die dritte Gruppe, die Spekulanten, hingegen geht davon aus, dass sich der Kassakurs zu einem erworbenen Terminkurs zu ihren Gunsten unterscheidet. Diese Kategorie wird in dieser Seminararbeit nicht genauer behandelt. Der Terminwechselkurs ebenso wie das Marktvolumen werden durch die oben genannten Gruppen bestimmt. Arbitrageure verknüpfen Termin- und Kassakurs über die gedeckte Zinsparität und Spekulanten sowie Hedger legen durch ihre Aktionen das Wechselkursni-veau auf dem Terminmarkt ebenso auch auf dem Kassamarkt fest.

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Kaufkraftparität und Zinsparität

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3.2 Arbitrage auf Devisenmärkten Aufgrund der intensiven Kommunikation zwischen den Marktteilnehmern, be-stehen praktisch keine risikolosen Arbitragemöglichkeiten über Währung und Finanzplätze hinweg. Bei den folgenden Erläuterungen werden Transaktions-kosten vernachlässigt und es wird angenommen, dass nur ein Wechselkurs existiert, also dass es keine Differenz zwischen Angebot und Verkaufskurs gibt. • Bei der Finanzplatzarbitrage (räumliche Arbitrage) kauft man billig an einem

Finanzplatz, um dann teurer auf einem anderen zu verkaufen. Diese Mög-lichkeit wurde durch die steigende weltweite Vernetzung begünstigt, da Transaktionen immer schneller durchgeführt werden. Damit wurde aber auch die Informationsübermittlung enorm erhöht, was dazu führt, dass Preisunter-schiede nur über immer kürzere Zeiträume bestehen und die globalen Fi-nanzmärkte sich damit dem „No Arbitrage“ nähern.

• Kreuzmarktarbitrage ergibt sich aus Preisunterschieden zwischen mindes-tens drei unterschiedlichen Währungen und ist eine Folge von Wechselkurs-divergenz. Also, wenn der implizite Wechselkurs nicht mit dem von der Bank geforderten übereinstimmt.

• Die Ertragsratenarbitrage funktioniert solange, bis die Ertragsraten einer in-ländischen und ausländischen Anlage voneinander abweichen. Zinsarbitra-geure werden solange bei der attraktiveren Ertragsrate anlegen, bis diese auf das Niveau der anderen gesunken ist.

4 KAUFKRAFTPARITÄT UND ZINSPARITÄT Das „Law of one price“ sagt, dass der Preis eines Gutes in zwei Ländern ident ist, falls es sich um einen Wettbewerbsmarkt handelt und keine Transaktions-kosten oder Handelshürden existieren, da bestehende Arbitragemöglichkeiten unmittelbar durch die Marktakteure eliminiert werden. Die Kaufkraftparitäten-theorie hat eine Generalisierung des Gesetzes des einheitlichen Preises als Grundlage. Hier betrachtet man anstelle von einzelnen Gütern Güterbündel an-hand eines gesamtwirtschaftlichen Preisindex. Wir unterscheiden zwei Varian-ten der Kaufkraftparitätentheorie

• Absolute Kaufkraftparität Hier ist der ausländische Preis ident mit dem inländischen Preis eines Güter-

bündels, welcher über den nominalen Wechselkurs zwischen den beiden Währungen in die inländische Währung umgerechnet wird.

𝑃 = 𝑆𝑃∗

Diese Gleichgewichtsbedingung wird mittels Güterarbitrage geregelt. Den nominalen Wechselkurs erhält man durch umformen der Gleichung nach 𝑆.

• Relative Kaufkraftparität Die relative Kaufkraftparität basiert auf weniger starken Annahmen. Sie geht

davon aus, dass man die Ursachen von Marktinhomogenität, durch Handels-hemmnisse oder Transaktionskosten, in einem konstanten Faktor 𝛾zusam-menfassen kann.

𝑃 = 𝛾𝑆𝑃∗

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Kaufkraftparität und Zinsparität

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Durch Differenzenbildung kann man in beiden Varianten zeigen, dass die Ände-rungsrate des Kurses der Inflationsdifferenz entspricht, was bedeutet, dass die Währung mit höherer Inflationsrate abwertet.

𝛥𝑆𝑆 =

𝛥𝑃𝑃 −

𝛥𝑃∗

𝑃

Änderungen des realen Wechselkurses kann man als Summe der Änderungen des nominalen Wechselkurses und Änderungen des Inflationsdifferenzials dar-stellen und aus der Gleichung folgt, dass bei Gültigkeit der absoluten KKP der reale Wechselkurs konstant 1 ist und die Änderungsrate folglich null.

𝑑𝑆#1

𝑆#1=𝑑𝑆#𝑆#

+𝑑𝑃#𝑃#

−𝑑𝑃#∗

𝑃#∗

4.1 Generalisierte Form der KKP Um die Kaufkraftparität genauer zu postulieren muss zwischen handelbaren und nicht handelbaren Gütern unterschieden werden. Ein handelbares Gut be-findet sich im internationalen Preiswettbewerb. Dazu zählen Produkte, die im-portiert und exportiert werden können. Ihre Preise werden durch den internatio-nalen Wettbewerb bestimmt. Zu den nicht handelbaren Gütern werden etwa Immobilien und Dienstleistungen gezählt. Hier hängen die Preise vorrangig von Angebot und Nachfrage im In-land ab. Die KKP gilt mit größerer Wahrscheinlichkeit für handelbare Güter. Als Grundlage nehmen wir an, dass die KKP für handelbare Güter erfüllt ist. Der aggregierte Preisindex 𝑃k setzt sich also zusammen aus dem gewichteten Durchschnitt der Preise für handelbare Güter 𝑃l und nicht handelbare Güter 𝑃m.

𝑃k = 𝛼𝑃m + (1 − 𝛼)𝑃l

Für das Ausland gilt dann analog

𝑃k∗ = 𝛽𝑃m∗ + (1 − 𝛽)𝑃l∗.

Hier stellen a und b jeweils den Anteil nicht handelbarer Güter im Preisindex dar. Dividiert man nun 𝑃k durch 𝑃k∗ und dividiert den Zähler durch 𝑃l und den Nenner durch 𝑆𝑃l∗ (die beiden Ausdrücke sind mit der Annahme der Kaufkraft-parität für handelbare Güter ident), kommt man mit der anschließenden Umfor-mung nach 𝑆 auf die folgende Gleichung für den Wechselkurs.

𝑆 =𝑃k𝑃k∗x

𝛽(𝑃m∗/𝑃l∗) + (1 − 𝛽)𝛼(𝑃m/𝑃l) + (1 − 𝛼)

4.2 Gedeckte und ungedeckte Zinsparität Die Finanzmarktansätze bestimmen den Wechselkurs über Gleichgewichtsbe-dingungen auf den Märkten für Finanzaktiva. Wenn man in eine Auslandsanla-ge investiert, kann es unter Umständen passieren, dass der Wechselkurs der ausländischen Währung bei Anlagebeginn von dem Kurs, zu dem am Ende des Zeitraums die inländische Währung zurückgetauscht wird, abweicht.

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Erklärung von Wechselkursänderungen

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Die gedeckte Zinsparität besagt, dass inländische und ausländische Wertpapie-re gleichwertig sind.

1 + 𝑖# = (1 + 𝑖#∗) 1 +𝐹# − 𝑆#𝑆#

die Gleichung gilt für eine Laufzeit von Zeitpunkt 𝑡 auf 𝑡 + 1. Für kleine Wech-selkursänderungen und kleinwertige Zinssätze entspricht dies näherungsweise

𝑖# − 𝑖#∗ =𝐹# − 𝑆#𝑆#

.

Der Terminkurs nähert sich immer mehr dem durchschnittlich von den Speku-lanten erwarteten künftigen Kassakurs an (dies entspricht Devisenmarkteffizi-enz). Dieser Zusammenhang wird als ungedeckte Zinsparität bezeichnet und kann wie folgt dargestellt werden.

𝑖# − 𝑖#∗ =𝐸𝑆#r` − 𝑆#

𝑆#

Der Ertrag eine Anlage ist somit gegeben durch den Ertrag der Auslandsanlage plus der erwarteten Abwertungsrate der Inlandswährung. Nimmt man an, dass sich die Marktteilnehmer rational verhalten und der Devisenmarkt effizient ist, entspricht der erwartete Kurs dem tatsächlichen. Mit diesen Überlegungen ist die Änderungsrate des Wechselkurses durch den Zinsunterschied zwischen Inland und Ausland bestimmt. Mit der KKP und der Zinsparität sind Wechselkurse recht einfach modellierbar. Trotz ihrer begrenzten Gültigkeit werden sie speziell für langfristige Entwicklung dennoch verwendet. Sie werden oft als Basis für andere Modelle herangezo-gen.

5 ERKLÄRUNG VON WECHSELKURSÄNDERUNGEN Die Wechselkurstheorie versucht, das Verhalten von Wechselkursen zu be-gründen. Im Folgenden werden 3 Modellansätze vorgestellt.

5.1 Monetäre Modelle In der monetären Theorie wird der Zusammenhang von Ungleichgewichten auf dem Geldmarkt mit der Entwicklung des Wechselkurses untersucht.

5.1.1 Monetäres Modell mit flexiblen Preisen In der Variante mit flexiblen Preisen wird perfekte Flexibilität der Preise ange-nommen und es werden zwei Länder betrachtet. Wichtigster Bestandteil dieses Modells ist die Kaufkraftparität 𝑆 = 𝑃 𝑃∗, welche hier dauerhaft erfüllt ist. Sie wird in logarithmischer Form verwendet und dient als Gleichgewichtsbedingung des Gütermarktes.

𝑠 = 𝑝 − 𝑝∗

𝑠 bezeichnet hier den Logarithmus des nominalen Wechselkurses, 𝑝 und 𝑝 ∗ den Logarithmus des inländischen bzw. ausländischen Preisniveaus.

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Erklärung von Wechselkursänderungen

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Durch die ungedeckte Zinsparität wird das Kapitalmarktgleichgewicht repräsen-tiert.

𝐸𝑠 = 𝑖 − 𝑖∗

𝐸𝑠 steht für die erwartete logarithmische Wechselkursänderung. 𝑖und𝑖∗ sind hier keine logarithmischen Größen und bezeichnen die Zinssätze. Wenn das Angebot gleich der Nachfrage nach Geld ist, gilt der Geldmarkt als geräumt. Die Nachfrage hängt positiv vom Einkommen und negativ vom nominalen Zinssatz ab.

𝑚 − 𝑝 = 𝜂𝑦 − 𝜎𝑖

Die Nenngrößen h und s messen die Einkommens- bzw. Zinsreagibilität der Geldnachfrage und sind positiv. 𝑚 bezeichnet das Geldangebot, 𝑦 den Vollbe-schäftigungsoutput. Dieselbe Formel ergibt sich für die ausländische Nachfragefunktion. Formt man diese Gleichgewichtsbedingung für das Inland und Ausland nach dem Preisni-veau um und setzt sie in die Kaufkraftparitätsbedingung ein, ergibt dies nach der Differenzenbildung für den gleichgewichteten Wechselkurs

𝑠 = 𝑚 −𝑚∗ − 𝜂 𝑦 − 𝑦∗ + 𝜎 𝑖 − 𝑖∗ .

Aus diese Gleichung lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen 1. Der nominale Wechselkurs wird durch die Relation zwischen den Geldan-

geboten beeinflusst. 2. Steigt das inländische Einkommen relativ zum ausländischen Einkommen,

führt dies zu einer Abwertung der Inlandswährung. 3. Relative Erhöhung des Zinssatzes im Inland führt zu einem Überschussan-

gebot und in Folge zu einem Anstieg des inländischen Preisniveaus und ei-ner Abwertung der Währung im Inland.

Wird auch die Bedingung der Zinsparität berücksichtigt, kann man die Zinsdiffe-renz durch die erwartete Änderungsrate ersetzen.

𝑠 = 𝑚 −𝑚∗ − 𝜂 𝑦 − 𝑦∗ + 𝜎𝐸𝑠

Bei diesem Ansatz ist ein Bestandsgleichgewicht auf den Märkten im In- und Ausland entscheidend. Nachfrage und Angebot beruhen auf den Transaktionen auf den internationalen Finanzmärkten.

Dieser Ansatz bestimmt den Wechselkurs mithilfe der Bestandsgleichgewichte auf den Finanzmärkten. Das Modell ist nicht geeignet, Veränderungen des rea-len Wechselkurses zu erklären, weil durch die Annahme der Kaufkraftparität das reale Verhältnis zweier Währungen per definitionem konstant ist. Es wer-den sowohl Zins- als auch Kaufkraftparität vorausgesetzt, was letztlich nur ver-einbar ist, wenn die Realzinsen in den Ländern übereinstimmen. Das Modell kann dennoch Beiträge zur Kursentwicklung leisten, wenn man sich auf länger-fristige Entwicklungen beschränkt.

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Erklärung von Wechselkursänderungen

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5.1.2 Overshooting-Modell (Dornbusch) Die dauerhafte Erfüllbarkeit der Kaufparität ist die große Schwäche des mone-tären Ansatzes. Die Kaufkraftparität ist jedoch nicht geeignet, um kurzfristige Fluktuationen der nominalen Wechselkurse zu erklären. Einen Erklärungsan-satz für diese bietet beispielweise das Overshooting-Modell von Dornbusch. Der Ansatz verknüpft die Annahme von flexiblen Preisen mit der Vorstellung langfristiger Preisrigidität, das heißt, dass die Güterpreise sich nur langsam an wirtschaftliche Veränderungen anpassen, während sich die Wechselkurse so-fort an ein verändertes Umfeld adaptieren. Das Überschießen des Wechselkur-ses bedeutet, dass der langfristige Gleichgewichtskurs temporär über- bzw. un-terschritten wird. Die Gleichgewichtsbedingung und die ungedeckte Zinsparität sind ident wie im monetären Modell bei flexiblen Preisen.

𝑚 − 𝑝 = 𝜂𝑦 − 𝜎𝑖

𝐸𝑠 = 𝑖 − 𝑖∗

Anders als in dem monetären Modell wird hier jedoch die Kaufkraftparität als kurzfristig nicht ständig erfüllt angenommen.

𝑠 = 𝑝 − 𝑝∗

𝑠 steht für den langfristigen nominalen Zinskurs, 𝑝und𝑝∗ für das langfristige Preisniveau. Das Modell geht von der Möglichkeit kurzfristiger Kaufkraftparität-abweichungen aus und daher muss eine Gleichung für den erwarteten Verlauf des nominalen Wechselkurses bestimmt werden.

𝐸𝑠 = 𝛩 𝑠 − 𝑠 wobeiΘ>0

Der gleichgewichtete Fundamentalkurs𝑠 ist bekannt und es wird erwartet, dass sich der aktuell Wechselkurs 𝑠 sich diesem langfristig annähert. Die erwartete Wechselkursänderungsrate wird vom Anpassungskoeffizienten 𝛩 beeinflusst und von der Abweichung des aktuellen und langfristigen Wechselkurses. Es wird weiter angenommen, dass das Wirtschaftssubjekt über vollkommene Vo-raussicht verfügt, das heißt, dass die erwartete Wechselkursänderung der tat-sächlich auftretenden entspricht.

𝐸𝑠 = 𝑠

Gütermarktgleichgewicht herrscht, wenn die gesamtwirtschaftliche Nachfrage gleich dem gesamtwirtschaftlichen Angebot ist. Die Nachfrage wird positiv durch das inländische Einkommen und den realen Wechselkurs bedingt, wäh-rend sie vom inländischen Realzins (zur Vereinfachung mit dem Nominalzins gleichgesetzt) negativ abhängt. Die logarithmische Darstellung der inländischen Nachfrage ergibt sich dann wie folgt.

𝑦𝑑 = 𝛽 + 𝛼 𝑠 − 𝑝 + 𝑝∗ + 𝜑𝑦 − 𝜆𝑖

Es wird von Vollbeschäftigung ausgegangen, also ist das reale Güterangebot gleich dem realen Volkseinkommen.

𝑦 = 𝑦

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Wird die Angebotsfunktion explizit in die Analyse einbezogen, verändert das die grundlegenden Ergebnisse nicht, solange eine Preiseerhöhung benötigt wird, um Nachfrageüberschuss abzubauen. Hinsichtlich der Preisanpassung wird angenommen, dass Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage zu einer Preisniveauanpassung führen.

𝑝 = 𝜋 𝑦𝑑 − 𝑦 π∈ 0,∞

𝜋 gibt die Geschwindigkeit der Anpassung an. Geht man von einer unendlich schnellen Anpassung aus, entspricht das Modell von Dornbusch dem monetä-ren Wechselkursmodell. Kombiniert man nun die obigen Ergebnisse erhält man:

𝑝 = 𝜋 𝛽 + 𝛼 𝑠 − 𝑝 + 𝑝∗ + 𝜑 − 1 𝑦 − 𝜆𝑖

Löst man anschließend noch die Gleichgewichtsbedingung des Geldmarktes nach 𝑖 auf und setzt den Term in die obige Gleichung ein, ergibt sich

𝑝 = 𝜋 𝛽 + 𝛼 𝑠 − 𝑝 + 𝑝∗ + 𝜑 − 1 𝑦 − 𝜆(𝑝 − 𝑚 + 𝜂𝑦)/𝜎 .

Gütermarktgleichgewicht bedeutet eine Inflationsrate von null. Eine Verände-rung des Preisniveaus passiert nur dann, wenn Angebot und Nachfrage nicht übereinstimmen. Daher ergibt sich durch Nullsetzen von 𝑝 die Steigung der Kurve des Gütermarktgleichgewichts aus der ersten Ableitung des Preisniveaus nach dem nominalen Wechselkurs.

𝑑𝑝𝑑𝑠 �_�

=𝛼

𝛼 + 𝜆 𝜎

Die Kurve läuft mit positiver Steigung. Das liegt daran, dass ein höheres Preis-niveau zu einer realen Aufwertung der Inlandswährung führt und zu einem Rückgang der Exporte. Dadurch entsteht ein Ungleichgewicht auf dem Güter-markt, was eine nominale Abwertung der Inlandswährung in gleichem Ausmaß benötigt. Auf diese Weise wird die Leistungsbilanz wieder ausgeglichen, aber der Anstieg des Preisniveaus bedingt auch eine Reduzierung der realen Geld-menge. Um ein Gleichgewicht auf dem Geldmarkt zu erhalten wird jetzt eine geringere Geldnachfrage gebraucht und daher steigt der Zins. Dieser hat wie-derum eine rückläufige Investitionsgüternachfrage zur Folge. Daher muss sich die Leistungsbilanz verbessern, da dieser Rückgang durch die Exporte ausge-glichen werden muss. Also muss der Wechselkurs stärker ansteigen als der ursprüngliche Anstieg des Preisniveaus war. Die Geldmarktgleichgewichtskurve kombiniert Preisniveau und Wechselkurs so, dass ein Gleichgewicht entsteht. Löst man die Geldnachfragefunktion nach 𝑖 auf, erhält man

𝑖 = (𝑝 − 𝑚 + 𝜂𝑦)/𝜎.

Dies führt schließlich zu der Formel:

𝑠 = 𝑠 − (𝑝 −𝑚 + 𝜂𝑦 − 𝜎𝑖∗)/𝜎𝛩

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Die Steigung der Kurve ist dann gegeben durch

𝑑𝑝𝑑𝑠 = −𝜎Θ.

Ein Modell-Gleichgewicht liegt dann vor, wenn Gütermarkt und Geldmarkt beide im Gleichgewicht sind und der nominale Wechselkurs gleich dem langfristigen Gleichgewichtswert (gemäß Kaufkraftparität) ist. Der Erkenntnisgewinn dieses Modells ist, dass der Wechselkurs kurzfristig stär-ker schwanken kann, als das Preisniveau. Der gesamte Overshooting-Prozess baut auf dem Arbitragemechanismus der Zinsparität auf.

5.1.3 ‚Real Interest Rate Differential’-Modell (Frankel) Frankel hat das monetäre Modell noch um die Inflationserwartung ergänzt, wel-che bei Dornbusch noch nicht berücksichtigt wurde. Wieder basiert das Modell auf der Gültigkeit der Zinsparität und auf zwei identen Geldnachfragefunktionen für In- und Ausland, deren Differenz betrachtet wird.

𝑚 −𝑚∗ = 𝑝 − 𝑝∗ + 𝜂 𝑦 − 𝑦∗ + 𝜎(𝑖 − 𝑖∗)

Diese Gleichung für die Wechselkursänderung von Dornbusch wird um die er-warteten Inflationsdifferenzen ergänzt.

𝐸𝑠 = 𝛩 𝑠 − 𝑠 + 𝐸𝑝 − 𝐸𝑝∗

𝐸𝑝und𝐸𝑝∗ stehen für die erwartete Inflationsrate, Θ ist die Schnelligkeit der Anpassung von dem Wechselkurs an seinen langfristigen Gleichgewichtswert. Ersetzt man nun die linke Seite der Gleichung durch die Zinsdifferenz (gemäß der ungedeckten Zinsparität) und formt sie um nach der Differenz von nomina-lem Wechselkurs und gleichgewichtetem Wechselkurs ergibt das

𝑠 − 𝑠 = − 1 𝛩 𝑖 − 𝐸𝑝 − 𝑖∗ − 𝐸𝑝∗ .

Die Differenz des gegenwärtigen Wechselkurses und seinem Gleichgewichts-wert verhält sich proportional zu der Differenz der Realzinsen, welche sich wie-derum aus der Differenz der Inflationserwartung und des nominalen Zinssatzes ergeben. Auch hier dient die Kaufkraftparität als langfristige Gleichgewichtsbe-dingung des nominalen Wechselkurses.

𝑠 = 𝑝 − 𝑝∗

Die erwarteten Realzinsen nähern sich auf lange Zeit gesehen an. Daher nähert sich die Differenz der Nominalzinse, der Differenz der Inflationsraten über län-gere Zeit betrachtet an.

𝑖 − 𝑖∗ = 𝐸𝑝 − 𝐸𝑝∗

Für den langfristigen, gleichgewichtigen nominalen Wechselkurs ergibt sich also folgende Gleichung:

𝑠 = 𝑚 −𝑚∗ − 𝜂 𝑦 − 𝑦∗ + 𝜎(𝐸𝑝 − 𝐸𝑝∗)

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Setzt man diesen Term in die obige Differenz ein, ergibt sich für den langfristi-gen Gleichgewichtskurs

𝑠 = 𝑚 −𝑚∗ − 𝜂 𝑦 − 𝑦∗ + 𝜎 𝐸𝑝 − 𝐸𝑝∗ − 1 𝛩 𝑖 − 𝐸𝑝 − 𝑖∗ − 𝐸𝑝∗ .

5.2 Risikoprämienansatz In den bisher betrachteten monetären Modellen wird davon ausgegangen, dass inländische und ausländische Anleihen vollkommen gleichwertig sind. Im Ge-gensatz dazu steht der sogenannte Risikoprämienansatz. Die einzelnen Assets werden aufgrund von unterschiedlichen Erwartungen von den einzelnen Markt-teilnehmern unterschiedlich bezüglich der Risiken eingeschätzt. Es gibt drei Bedingungen die erfüllt sein müssen, sodass eine Risikoprämie vor-liegt: • Die Anlagen im In- und Ausland haben ein unterschiedliches Ausfallrisiko.

Eine der beiden Anlagen kann als risikoreicher identifiziert werden. Sie kann die versprochene Rendite mit höherer Wahrscheinlichkeit nicht erfül-len.

• Die Marktteilnehmer investieren nur dann in die risikoreichere Anleihe, wenn die größeren Risiken durch eine höhere Rendite ausgeglichen wer-den können (Risikoaversion).

• Es existiert ein theoretisches Portfolio, sodass das Risiko für den Anleger minimal wird. Es gibt weiter eine Differenz zwischen diesem optimalen und dem tatsächlich am Markt eingestellten Portfolio. Dieses minimalisierende Portfolio kann nicht erreicht werden und daher wird ein Risikozuschlag ge-fordert.

Unter diesen Voraussetzungen muss die ungedeckte Zinsparität um eine Risi-koprämie aufgestockt werden. Beispielweise wird von Anlegern, welche sich im Inland engagieren eine höhere Rendite verlangt, wodurch der Zins im Inland höher sein muss, als gemäß der Zinsparität gefordert.

𝑖 − 𝑖∗ = 𝐸𝑠 + 𝑅𝑃

𝑅𝑃 ist hier die zu addierende Risikoprämie für die Inlandswährung. Die einfachste Formel für die Risikoprämie auf die inländische Währung geht davon aus, dass sie positiv vom Angebot der inländischen Anlagen und negativ vom Angebot der ausländischen abhängt.

𝑅𝑃 = −𝛼 𝛽 + (𝑏 − 𝑠 − 𝑓) 𝛽

𝛼 ist eine Konstante (ist sie positiv, liegt eine Präferenz für Inlandsanleihen vor, ist sie negativ, handelt es sich um eine Präferenz für Auslandsanleihen), 𝑏 der Logarithmus des Bestandes inländischer Anleihen im Privatsektor, 𝑠 der Loga-rithmus des nominalen Wechselkurses, 𝑓 der Logarithmus des Bandes von In-ländern gehaltener, in ausländischer Währung angeführten Anleihen und 𝛽 steht für den Grad der Substituierbarkeit zwischen den Anleihen. Setzt man 𝑅𝑃 in die obige Gleichung ein und formt diese um, erhält man

𝑏 − 𝑠 − 𝑓 = 𝛼 + 𝛽 𝑖 − 𝑖∗ − 𝐸𝑠 .

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Dies bedeutet, dass entweder eine Erhöhung der Zinsdifferenz zum Vorteil der Inlandsanleihe oder eine Aufwertung der inländischen Währung geschehen muss, damit inländische Anleihen für inländische Investoren attraktiver werden. Um Risiken analysieren zu können, wird angenommen, dass Investoren ihren erwarteten Nutzen maximieren und dieser positiv von der erwarteten Rendite und negativ von dem erwarteten Risiko abhängt. Aus der Tatsache, dass eine höhere erwartete Rendite mit einem höheren erwarteten Risiko einhergeht, ergibt sich ein Optimierungsproblem. Eine risikoreiche Anlage ist definiert als eine Anlage, deren zukünftigen Wert die Investoren nicht kennen. Diese Risiken können in zwei Hauptgruppen unter-teilt werden, die Währungsrisiken und die Länderrisiken. Die Währungsrisiken umfassen das

• Inflationsrisiko: eine höhere inländische Inflationsrate führt zu einem grö-ßeren relativen Risiko der inländischen Anleihe im Vergleich zur Auslän-dischen

und das

• Wechselkursrisiko: betreffen Schwankungen des nominalen Wechselkur-ses; als Risiko zählen hier nur jene Wechselkursänderungen, welche Abweichungen von der Kaufkraftparität darstellen.

Die Länderrisiken können unterteilt werden in

• Umtauschrisiko: Steuererhebung auf Zinszahlungen im Zeitraum der An-lage; Einführung von Kapitalverkehrskontrollen,

• Ausfallrisiko: Weigerung der Regierung, vereinbarte Zahlungen zu leisten und

• Politische Risiken: Sammelbegriff für Risiken welche aus der Verände-rung politischer Konstellationen herrühren und wodurch die Investoren Teile der Anlagebeträge verlieren könnten.

Das hier betrachtete Modell verwendet die Bestimmungsgleichung aus dem Modell von Frankel für den langfristigen nominalen Wechselkurs.

𝑠 = 𝑚 −𝑚∗ − 𝜂 𝑦 − 𝑦∗ + 𝜎(𝐸𝑝 − 𝐸𝑝∗)

Gemäß dem Modell von Dornbusch ersetzen wir die Inflationsratendifferenz durch das nominale Zinsdifferential.

𝑠 = 𝑚 −𝑚∗ − 𝜂 𝑦 − 𝑦∗ + 𝜎(𝑖 − 𝑖∗)

Jetzt greifen wir auf die Gleichung der Risikoprämie zurück und formulieren sie nach 𝐸𝑠 um.

𝐸𝑠 =−𝑏 + 𝑠 + 𝑓 + 𝛼

𝛽 + 𝑖 − 𝑖∗

Weiter formulieren wir die erwartete Wechselkursänderung analog zu dem Mo-dell von Frankel.

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𝐸𝑠 = 𝛩 𝑠 − 𝑠 + 𝐸𝑝 − 𝐸𝑝∗

Setzt man nun die umgeformte Gleichung der Risikoprämie in die obige ein, erhält man

𝑠 − 𝑠 =−𝑏 + 𝑠 + 𝑓 + 𝛼

𝛩𝛽 +1𝛩 𝑖∗ − 𝐸𝑝∗ − 𝑖 − 𝐸𝑝 .

Ersetzt man nun 𝑠 durch den vorher formulierten Ausdruck und kürzt die Glei-chung, kommt man auf die Formel

𝑠 =−𝛼

𝛩𝛽 + 1 +1

1 + 1 𝛩𝛽 𝑚 −𝑚∗ −𝜂

1 + 1 𝛩𝛽 𝑦 − 𝑦∗ +1

𝛩 + 1 𝛽 𝐸𝑝 − 𝐸𝑝∗

−1

𝛩 + 1 𝛽 𝑖 − 𝑖∗ +1

𝛩𝛽 + 1 𝑏 − 𝑓 .

Betrachtet man diese Formel mit verschiedenen Ansätzen ergibt sich für die flexible Version (Θund𝛽 gehen gegen ¥) das monetäre Wechselkursmodell mit flexiblen Preisen. Auf das Modell des realen Zinsdifferential kommt man, indem man β unendlich groß wählt, während Θ kleiner als unendlich ist. Der Portfolioansatz sagt, dass βund Θ < ∞ sind, hier beeinfluss das Angebot den Wechselkurs.

5.3 Vermögensbestands-Ansatz Dieser Ansatz wird zu den Finanzmarktansätzen zur Wechselkursbestimmung gezählt. Es wird angenommen, dass vollkommene Kapitalmobilität herrscht und die vollkommene Substituierbarkeit zwischen den Anleihen, im Gegensatz zu den monetären Modellen, nicht existiert. Zur Vereinfachung des Modells wird weiter angenommen, dass wir es mit einer statischen Wechselkurserwartung zu tun haben und die Volkswirtschaft ihren Wechselkurs ohne Reaktionen der rest-lichen Welt ändern kann; inländische Preise und Produktion sind Fixgrößen. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Anhäufung oder Verringerung des Bestan-des an ausländischen Anleihen infolge von Leistungsbilanzungleichgewichten. Ein Leistungsbilanzüberschuss bedingt, dass sich ein Land seine Nettoaus-landsposition gegenüber dem Rest der Welt verbessert (Forderungsposition). Hingegen impliziert ein Leistungsbilanzdefizit, dass der ausländische Anleihen-bestand sich verringert und somit auch die Nettoauslandsposition eines Landes. Es werden geld- und fiskalpolitische Maßnahmen betrachtet, welche Verände-rungen in der Portfoliozusammensetzung der Anleger bewirken und in weiterer Folge Wechselkursanpassungen und Anpassungen des inländischen Zinssat-zes bedingen. Diese Veränderungen haben ihrerseits Einfluss auf die Leis-tungsbilanz. Ein Überschuss oder Defizit dieser führt zu einer Veränderung der Nettoauslandsposition bzw. einer Verringerung oder Anhäufung ausländischer Anleihen. Dies bedingt wieder eine Veränderung in der Portfoliostruktur der An-leger, was wieder Einfluss auf den Wechselkurs und den inländischen Zinssatz hat.

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Abb. 3 Die zentralen Mechanismen des Vermögensbestands-Ansatzes Dies setzt sich fort, bis sich das Modell wieder im Gleichgewicht befindet. Es werden im folgenden Offenmarktoperationen und Devisenmarktinterventio-nen auf Basis dieses Modells untersucht. Ihr Vermögen wird auf inländische Währung sowie auf inländische und ausländische Anleihen aufgeteilt. Anleger können bei der Gestaltung ihres Portfolios zwischen Inlands- und Aus-landsanlage und zwischen Anleihen und Geld entscheiden. Für Anleger gibt es drei Anlagemöglichkeiten auf dem Kapitalmarkt

1. Inländische Währung (𝑀)

𝑀 = 𝐵� + 𝑆𝑅

𝑆 steht für den nominalen Wechselkurs in Preisnotierung, 𝐵� für die in-ländische Anleihenhaltung der Behörden, 𝑅 für die in Form von Devisen-reserven gehaltenen ausländischen Anleihen.

2. Inländische Anleihen in inländischer Währung

𝐵 = 𝐵� + 𝐵�,

wobei 𝐵 das fixierte Angebot, 𝐵� die von privaten Wirtschaftssubjekten gehaltenen Anleihen und 𝐵� die von Behörden gehaltenen inländischen Anleihen bezeichnet.

3. Ausländische Anleihen in ausländischer Währung

𝐹 = 𝐹� + 𝑅

𝐹steht für die Nettoposition, 𝐹� für die gehaltenen Anleihen im privaten Sektor und 𝑅 für die Devisenreserven. Für den privaten Vermögensbestand 𝑊 ergibt sich dann

𝑊 = 𝑀 + 𝐵� + 𝑆𝐹�.

Die Geldnachfrage hängt negativ vom inländischen Zinssatz und positiv vom Vermögensbestand und dem inländischen Einkommen ab.

𝑀 = 𝑚 𝑖, 𝐸𝑆,𝑊 mit𝑚� < 0,𝑚�� < 0und𝑚� > 0

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𝐸𝑆bezeichnet die erwartete Abwertungsrate der inländischen Währung und die 𝑚-s die jeweilige partielle Ableitung. Die inländische Anleihen-Nachfrage, welche positiv vom Vermögensbestand und dem inländischen Zinssatz und negativ von der erwarteten Rendite ab-hängt, kann modelliert werden als

𝐵� = 𝑏 𝑖, 𝐸𝑆,𝑊 mit𝑏� > 0, 𝑏�� < 0und𝑏� > 0.

Die Nachfrage nach ausländischen Anleihen hängt negativ vom inländischen Zinssatz, dem Vermögensbestand und der erwarteten Rendite ab.

𝑆𝐹� = 𝑓 𝑖, 𝐸𝑆,𝑊 mit𝑓� < 0, 𝑓�� > 0und𝑓� > 0

Nach dem Gesetz von Walras für Finanzmärkte, gilt, dass die Summe der Überschussnachfragewerte auf den Vermögenswerten gleich null ist. Für die partiellen Ableitungen ergibt sich, durch die Addierung der Anteile der drei Anlageformen am Gesamtvermögen:

𝑚� + 𝑏� + 𝑓� = 1

𝑚� + 𝑏� + 𝑓� = 1

𝑚�� + 𝑏�� + 𝑓�� = 1

Für die Modelldynamik ist schließlich die Leistungsbilanz entscheidend

𝐿𝐵 =𝑑𝐹�𝑑𝑡 = 𝐹� = 𝐻𝐵 + 𝑖∗(𝐹� + 𝑅)

𝐿𝐵 stellt hier den Saldo der Leistungsbilanz in ausländischer Währung dar, 𝐻𝐵 den Handelsbilanzsaldo. Die Formel hängt von den Erlösen der Differenz der Exporte und Importe ab und den erhaltenen Zinszahlungen aus den, im Rah-men der Nettoauslandsposition gehaltenen, ausländischen Anlagen. Zur Vereinfachung werden im Folgenden die Ausgangswerte des Vermögens-bestand W und des nominalen Wechselkurses auf eins gesetzt. Das führt zu dem totalen Differential

𝑑𝑊 = 𝑑𝑀 + 𝑑𝐵 + 𝐹�𝑑𝑆 + 𝑆𝑑𝐹�.

Für die einzelnen Vermögensbestände ergibt sich:

𝑑𝑀 = 𝑚�𝑑𝑖 + 𝑚�𝑑𝐸𝑆 +𝑚�(𝑑𝑀 + 𝑑𝐵� + 𝐹�𝑑𝑆 + 𝑆𝑑𝐹�)

𝑑𝐵� = 𝑏�𝑑𝑖 + 𝑏�𝑑𝐸𝑆 + 𝑏�(𝑑𝑀 + 𝑑𝐵� + 𝐹�𝑑𝑆 + 𝑆𝑑𝐹�)

𝑑𝑆𝐹� = 𝑓�𝑑𝑖 + 𝑓�𝑑𝐸𝑆 + 𝑓�(𝑑𝑀 + 𝑑𝐵� + 𝐹�𝑑𝑆 + 𝑆𝑑𝐹�)

Durch Nullsetzen der linken Seiten und mit den Annahmen, dass 𝐸𝑆 = 0 und der Bestand sowohl an Geld als auch an Anleihen konstant ist (d.h. 𝑑𝑀 =𝑑𝐵� = 𝑑𝐹� = 0), kann man jetzt die Steigungen der einzelnen Gleichgewichts-bedingungen herleiten.

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Geldmarktgleichgewichtskurve des Inlands (MM) Die Kurve MM gibt die Zinssatz-Wechselkurs-Kombinationen an, bei denen der Geldmarkt im Gleichgewicht ist. Die (positive) Steigung dieser Kurve ergibt sich durch

𝑑𝑖𝑑𝑆 =

−𝑚�𝐹�𝑚�

> 0

Anleihenmarktgleichgewichtskurve des Inlands (BB) Die Kurve BB ergibt sich durch die Zinssatz-Wechselkurs-Kombinationen, bei denen Anleihenangebot und –nachfrage übereinstimmen. Die Kurve verläuft mit negativer Steigung

𝑑𝑖𝑑𝑆 =

−𝑚�𝐹�𝑏�

< 0

Anleihenmarktgleichgewichtskurve des Auslands (FF)

𝑑𝑖𝑑𝑆 =

(1 − 𝑓�)𝐹�𝑓�

< 0

Ein Modellgleichgewicht entsteht im Schnittpunkt der Kurven FF, MM, BB.Tätigt nun eine Zentralbank eine Devisenmarktintervention, indem sie aus-ländische Anleihen von inländischen Anlegern erwirbt, so steigt die inländische Geldmenge, und das Angebot ausländischer Anleihen verringert sich (𝑑𝑀 =−𝑆𝑑𝐹� = 𝑆𝑑𝑅). Infolge verschieben sich sowohl die Kurve FF als auch MM nach rechts auf 𝑀� und 𝐹� und der Wechselkurs steigt, während der Zinssatz fällt.Führt die Notenbank im Falle einer expansiven Geldpolitik eine Offenmarkto-peration durch und kauft inländische Anleihen mit inländischer Währung, so ändert sich der private Vermögensbestand, da die beiden Transaktionen sich ausgleichen (𝑑𝑀 = −𝑑𝐵� = 𝑑𝐵�). Die FF-Kurve bleibt also in derselben Lage wie vor der Operation, während sich die MM-Kurve von 𝑀` auf 𝑀� nach rechts verschiebt und die BB-Kurve von 𝐵` auf 𝐵� nach links. Es folgt also eine Abwer-tung der Inlandswährung und ein inländischer Zinsrückgang.Bei der Durchführung einer sterilisierten Intervention erwirbt eine Zentralbank ausländische Anleihen gegen inländische Währung und wirkt dem folgenden Anstieg der Geldmenge durch den Ankauf inländischer Anleihen entgegen. Dadurch bleibt das inländische Geldangebot unverändert (𝑑𝑀 = −𝑆𝑑𝐹�und− 𝑑𝑀 = 𝑑𝐵�,damit − 𝑆𝑑𝐹� = −𝑑𝐵�) und es wird der Zentralbank ermöglicht, Einfluss auf die Portfoliostruktur der privaten Anleger zu nehmen. Durch eine derartige Maßnahme verschiebt sich die BB-Kurve durch das erhöhte Angebot nach rechts. Durch die Verringerung der ausländischen Anleihen verschiebt sich die FF-Kurve nach rechts. Die MM-Kurve bleibt ident.

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Abb. 4Vergleich der Auswirkungen von Offenmarktoperationen, Devisenmarktinterventionen und sterilisier-ten Devisenmarktinterventionen

Der Vermögensansatz berücksichtigt die Preisbildung auf den Märkten, ebenso wie das Anlegerverhalten.

5.4 Weitere Ansätze zur Wechselkursbestimmung Die ersten zwei der folgenden Modelle basieren, ebenso wie das Portfolio-Balance-Modell, auf den makroökonomischen Daten der einzelnen Länder, den sogenannten Fundamentalfaktoren. Dazu zählen etwa das Preisniveau, die Geldmenge oder die Höhe der Nachfrage. Die New Open Macroeconomics, sowie die Mikrostrukturansätze bauen auf einer mikroökonomischen Basis auf.

5.4.1 Taylor-Regel Hier wird davon ausgegangen, dass beide Volkswirtschaften der geldpolitischen Reaktionsfunktion folgen

𝑖# = 𝛽 𝜋# − 𝜋#� + 𝜃 𝑌#� + 𝜏𝑖#�`.

𝑖 steht für den kurzfristigen Zinssatz (zentralbankgesteuert), 𝜋# − 𝜋#� für die Abweichung der tatsächlichen von der Zielinflationsrate, 𝑌#

�wird auch Output Gap genannt und gibt Abweichungen des Produktionsniveaus vom langfristigen Gleichgewichtswert an. Durch den Zinssatz der Vorperiode werden eventuelle Zinsglättungsaspekte berücksichtigt.

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Erklärung von Wechselkursänderungen

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Differenziert man aufgrund des Zinsparitätszusammenhangs Inland und Aus-land und bildet den Erwartungswert für die Veränderung des Wechselkurses, ergibt dies auf Basis der Zinsparität folgende Formel für die erwartete Wechsel-kursveränderung

𝐸𝑠 = 𝜋# − 𝜋#∗ + 𝜃 𝑌#� − 𝑌#

�∗ + 𝜏 𝑖#�` − 𝑖#�`∗ .

Die Taylor-Regel bezieht also neben monetären Bestimmungsfaktoren auch politische Reaktionen mit ein.

5.4.2 Expected Value Approach Dieser Ansatz beruht auf der Erkenntnis, dass der nominale Wechselkurs dem abdiskontierten Barwert künftiger Fundamentalfaktoren entspricht.

𝑠# = 1 − 𝑏 𝐸#𝐹𝑢# + 𝑏𝐸#𝑠#r`

hier entspricht 𝐸#𝐹𝑢# dem erwarteten Fundamentalfaktor und 𝑏 dem Diskontfak-tor. 𝑏 gibt den Umfang an, in dem Erwartungen auf den aktuellen Wechselkurs wirken. Setzt man in diese Formel unendlich viele Perioden ein, erhält man schließlich den Ausdruck

𝑠# = 1 − 𝑏 𝑏4 𝐸#𝐹𝑢#r4 + 𝑏4𝐸#𝑠#r4�

4_�.

5.4.3 New Open Macroeconomics Es wird ein repräsentativer optimierender Marktteilnehmer als Grundlage für diese Modelle gewählt. Weiter wird vorausgesetzt, dass die Kaufkraft- und die Zinsparität zu jeder Zeit erfüllt sind, inländische und ausländischer Güter unter-schiedlich sind und die Outputmenge nicht optimal ist. Es wird angenommen, dass die Konsumenten bestrebt sind, ihren Konsum zu glätten und dass die Geldnachfrage vom Konsum abhängig ist. Obstfeld und Rogoff beispielsweise fokussierten sich 1995 auf geldpolitische Schocks und haben herausgefunden, dass expansive Geldpolitik die Wohlfahrt im Inland und im Ausland im selben Maß erhöht. Ein großer Nachteil dieser Modelle ist die nötige Spezifikation.

5.4.4 Mikrostrukturansätze Bei diesem Ansatz handelt es sich um eine Erweiterung des Portfolio-Modells, welche sich mit einer mehrstufigen Analyse der Wertpapiernachfrage beschäf-tigt. Es fließt auch die Marktsituation in das Modell mit ein. Wichtig ist, dass eine Heterogenität zwischen den Marktteilnehmern vorliegt, das bedeutet, dass die Marktteilnehmer über unterschiedlich viel Informationen verfügen. Aus diesem Grund geht man in diesem Modell von einem sogenannten Market Maker aus, einem repräsentativen Händler. Die Kunden können unterteilt werden in jene, welche über private Informationen über den Fundamentalwert des Wechselkur-ses verfügen und jene, welche vor allem auf dem Devisenmarkt tätig sind, um Geschäfte abzusichern. Der vom Market Maker angebotene Geld- oder Brief-kurs ist durch folgende Gleichung darstellbar:

𝑆�# = 𝜇�# − 𝑎 𝐼�# − 𝐼�#� + 𝛾𝐷#

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Erklärung von Wechselkursänderungen

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Das kleine 𝑖 steht für den Market Maker, welcher, sollte der aktuelle Devisenbe-stand 𝐼�#seinen gewünschten Devisenbestand 𝐼�#� übersteigen, seinen Geld- und Briefkurs senken wird. 𝜇�# steht in dieser Gleichung für den erwarteten Funda-mentalwert. Der Term 𝛾𝐷# addiert die Transaktionskosten bei Kauf oder Ver-kauf. Der gleichgewichtete Wechselkurs wird schließlich auf mehreren Stufen bestimmt. Zu Beginn werden die Aufträge von den Market Makern entgegenge-nommen. Betrachtet man den Interbankenhandel folgt danach die Saldierung der Aufträge der einzelnen Market Maker. Für die Wechselkursentwicklung re-levant ist letztendlich der Auftragsfluss, welcher sich als Saldo der Fremdwäh-rungskauf- und Fremdwährungsverkaufsaufträge aller Market Maker ergibt. Man kann ihn auch als Maß für den Kaufdruck auf eine Währung verstehen. Durch die fortgeschrittene Digitalisierung, durch die der Devisenhandel zum Großteil über elektronische Handelsplattformen durchgeführt wird, ist der Inter-bankenhandel transparenter als der Kundenhandel, was dazu führt, dass die Market Maker vergleichbare Preise setzen. Informationen über den Auftrags-fluss bestimmen somit kurzfristige Wechselkursentwicklungen.

5.5 Erwartungsbildung Bei den Mikrostrukturansätzen, welche die Marktstruktur der Devisenmärkte mit einbinden, ist auch die Erwartungshaltung der Marktteilnehmer von großer Be-deutung. Der Großteil der vorgestellten Modelle entstand unter der Annahme, dass der erwartete Wechselkurs und der tatsächliche ident sind. Dies ist in der Realität nicht der Fall. Es werden hier sechs Erklärungsansätze für Wechsel-kurserwartungen vorgestellt. Statische Erwartungen Der zum Zeitpunkt 𝑡 erwartete Wechselkurs für die Folgeperiode ist gleich dem derzeitigen Wechselkurs. Das heißt, es wird keine Veränderung erwartet. Über-raschenderweise liefert diese doch sehr einfache Hypothese oft bessere Prog-nose-Ergebnisse als komplexer Modelle.

𝐸#𝑠#r` = 𝑠#

Adaptive Erwartungen In diesem Fall wird für den zum Zeitpunkt 𝑡 + 1 erwarteten Wechselkurs der gewichtete Durchschnitt des gegenwärtigen und dem, in der vorhergehenden Periode erwarteten Wechselkurses, verwendet.

𝐸#𝑠#r` = 𝛼𝑠# + 1 − 𝛼 𝐸#�`𝑠#,mit0<α<1

Wie groß der Unterschied zwischen dem erwarteten und dem gegenwärtigen Wechselkurs ist, liegt an der Gewichtung 𝛼. Je größer das Gewicht gewählt wird, desto stärker hängt der erwartete Wechselkurs von dem gegenwärtigen ab. Extrapolative Erwartungen Der zur Periode 𝑡 + 1 erwartete Wechselkurs entspricht dem gegenwärtigen Plus der Veränderung im Vergleich zur vorigen Periode, diese wird ebenso wie bei dem adaptiven Ansatz gewichtet.

𝐸#𝑠#r` = 𝑠# + 𝑚 𝑠# − 𝑠#�` ,m>0

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Geschichte des Währungssystems

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In diesem Modell wird also eine Aufwertung erwartet, wenn auch in der Vorperi-ode aufgewertet wurde, und auch, dass sich eine Abwertung fortsetzt.

Regressive Erwartungen Hier fließen neben einer Gewichtung noch die Einschätzungen der Marktteil-nehmer über den langfristigen gleichgewichtigen Wechselkurs 𝑠 mit ein in die Formel

𝐸#𝑠#r` = 𝛼𝑠# + 1 − 𝛼 𝑠mit0<α<1.

Es wird eine Konvergenz des Wechselkurses zu seinem langfristigen Gleich-gewichtswert erwartet.

Rationale Erwartungen Bei dieser Schätzung werden alle bis zum Zeitpunkt 𝑡 verfügbaren Informatio-nen verwendet.

𝐸#𝑠#r` = 𝐸 𝑠#r` Ω#

Dem Erwartungswert liegt das Modell zugrunde, mit dem der Wechselkurs be-stimmt wird. Im Schnitt unterliegen die Marktteilnehmer keinem Erwartungsfeh-ler, obwohl Einzelne den Kurs sehr wohl unter- bzw. überschätzen können.

Vollkommene Voraussicht Der erwartete Wechselkurs entspricht genau dem tatsächlichen zukünftigen. Dies ist ein Spezialfall der rationalen Erwartung, in dem nicht nur die Informati-onen bis zur Gegenwart zur Verfügung stehen, sondern sämtliche relevanten Informationen.

𝐸#𝑠#r` = 𝑠#r`

6 GESCHICHTE DES WÄHRUNGSSYSTEMS Im Laufe der Geschichte wurde das internationale Währungssystem mehrmals modifiziert. Die Betrachtung beginnt hier mit dem ‚klassischen Goldstandard’, welcher Ende des 19. Jahrhunderts in den meisten Industrieländern vorherrsch-te. In diesem System war, wie der Name schon vermuten lässt, Gold das aner-kannte zentrale Zahlungsmittel. Die wichtigen Merkmale dieses Zeitabschnitts waren, dass die Behörden eine verpflichtende Goldmenge in der Höhe eines gesetzlich festgeschriebenen Anteils des im Umlauf befindlichen Geldes zu hal-ten hatten. Dieser Anteil konnte je nach Land variieren. Ein weiteres Merkmal ist die fixe Parität zu Gold für die Währungen. Folglich handelte es sich um ein festes Wechselkursregime, welches nur geringe Fluktuationen zuließ. Dadurch wollte man Goldarbitrage verhindern. In dieser Zeit gab es auch keine Zölle oder Kapitalverkehrskontrollen, man spricht von freiem Güter- und Kapitalver-kehr. Mit dem Beginn des Ersten Weltkrieg 1914 wurde der klassische Goldstandard durch flexible Wechselkurse abgelöst, erfuhr jedoch eine kurzzeitige Neuaufla-ge nach dem Krieg. Viele Länder definierten ihre Paritäten neu. In dieser neue-ren Version wurden oft auch Devisen zur Deckung des Geldumlaufs verwendet, was dazu führte, dass das System an Stabilität verlor. Mit dem Austritt der Bank of England im Jahr 1931 war der Goldstandard gescheitert. Dies kann zurück-geführt werden auf den Mangel internationaler Koordination und auf die immer

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Geschichte des Währungssystems

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größer werdende Wichtigkeit binnenwirtschaftlicher Ziele, welche durch die 1929 einsetzende Wirtschaftskrise noch bedeutender wurden. Sowohl im klas-sischen Goldstandard und im Bretton-Woods-System waren die Wechselkurse zwischen den wichtigsten Industriestaaten fixiert. Der Grundstein für die Ausnahmestellung des Dollars wurde in der Konferenz von Bretton Woods gelegt. 1944 startete das von 44 Ländern entworfene Bret-ton-Wood-System. Die zentrale Rolle in dieser Ordnung hatten die Vereinigten Staaten inne. Nur sie waren verpflichtet ihre Währung in unbegrenztem Aus-maß mit festen Wechselkursen gegen Gold zu handeln. Die übrigen Länder mussten sich an den Dollar anpassen und die Bandbreite war je Land mit einem Prozent gegenüber dem Dollar festgesetzt. Bei Abweichungen hatten die Län-der einzugreifen. Eine Änderung der festen Paritäten war jedoch möglich, sollte ein markantes Ungleichgewicht zu beseitigen sein. Hier war es erlaubt, die in-ternationalen Kapitalströme zu kontrollieren. Mit dem Internationalen Währungs-fonds (IWF) wurde eine Organisation geschaffen, um die Wirtschaftspolitik der Länder zu überwachen und sie, wenn notwendig, mit Krediten zu unterstützen. Durch die Ausweitung der internationalen Zahlungsströme, fehlende Anpas-sungsmechanismen und den daraus resultierenden Problemen mit der Versor-gung von Devisen folgte eine schrittweise Freigabe der Währungen. Dies führte zu dem Zusammenbruch des festen Währungssystems und der erneuten Ein-führung flexibler Wechselkurse. Als Folge des Zusammenbruchs und des Ölpreisschocks 1973 stellte sich ein enormer Wertverlust des Dollars ein, wobei sich die Währung bereits zu Beginn 1974 wieder stabilisiert hatte. 1975 wurde das System der flexiblen Wechsel-kurse auf dem ersten Weltwirtschaftsgipfel als reguläres Währungssystem an-erkannt. In der Jamaica-Konferenz 1976 wurden die Einzelheiten beschlossen und neben dem neuen System auch die Abschaffung von Gold als Referenz-maßstab für Reserven. Es folgte ein kurzer Höhenflug des Dollars in den Jah-ren 1980 bis 1985 unter dem FED-Präsidenten Paul Volcker und dem amerika-nischen Finanzminister Donald T. Reagan, unter welchen in der amerikani-schen Geldpolitik ein Kurswechsel von der Beeinflussung der Geldmengenag-gregate über den Geldmarktzins zur direkten Steuerung der Geldmenge vollzo-gen wurde. Dies führte zu einem sogenannten ‚Beggar-my-Neighbour-Effekt’. Durch die Dollaraufwertung in Folge von Reduzierungen der Geldmarktmen-genwachstumsrate und der Erhöhung des Diskontsatzes durch die FED, san-ken die Importpreise und die Inflationsrate in Amerika aber zur gleichen Zeit stiegen die Preise amerikanischer Waren im Ausland, was die dortige Inflati-onsbekämpfung erschwerte. Nach drei Jahren wendete sich die FED wieder einer diskretionären Politik zu. Es folgte eine Abwertung des Dollars und im Jahr 1987 ein Börsencrash in den USA. Weitere Krisen welche sich nach 1990 ereigneten, sind die Krise des europäischen Währungssystems nach der Ein-führung des Euros als Gemeinschaftswährung, die mexikanische Tequilakrise, die Asienkrise, die Long-Term-Capital-Management-Krise und der argentinische Zahlungsausfall 2002. Derzeit herrscht ein flexibles Wechselkurssystem vor. Es ist jedoch zu erken-nen, dass die Länder versuchen, die Wechselkurse untereinander zu stabilisie-ren und eine regionale Währungsintegration in Form fester oder begrenzt schwankender Wechselkurse angestrebt wird. Der amerikanische Dollar domi-niert als Reservewährung. Zwischen den wichtigsten Währungen Yen, Dollar, Euro und Pfund gibt es keine eindeutigen Wechselkursvereinbarungen. Aktuell gibt es verschiedene Wechselkursregime zwischen Währungen. Diese reichen

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von begrenzt schwankend, bis hin zu frei schwankend und sogar frei fallend (was einer Währungskrise entspricht). Sämtliche Vorschläge das System zu reformieren, basieren auf dem Wunsch, eine Beschränkung des Schwankungs-ausmaßes der Wechselkurse zwischen den wichtigsten Währungen herbeizu-führen. Die meist diskutierten Ansätze, um die Stabilität des Währungssystems zu steigern sind der Zielzonenansatz (Jon Williamson), der Ansatz eines globa-len monetären Ziels (Ronald McKinnon) und die Einführung einer Finanzakti-onssteuer (James Tobin).

6.1 Europäische Währungsunion Jedes Land verfügt über eine eigene Währung, mit dem Euro als einzige Aus-nahme. Eine eigene Währung zu besitzen und dadurch die Möglichkeit, die je-weilige Geldpolitik selbst zu bestimmen, zeugt von staatlicher Unabhängigkeit. Die Einführung des Euro stellt somit einen Verlust staatlicher Souveränität dar. Das Ziel der Einführung war das Überwinden der Wechselkurse als Handlungs-hemmnis, welches durch die Kosten, welche durch den Währungsumtausch entstehen oder durch die Kalkulationsrisiken bedingt durch Kursschwankungen gegeben sind. Am 13.März 1979 wurde das Europäische Währungssystem (EWS) gegründet, welches auf einem System fester Wechselkurse basierte. Dieses System war grundsätzlich auf drei Säulen aufgebaut. Die erste Säule, der Wechselkurs- und Interventionsmechanismus setzte sich zusammen aus einem Paritätengitter, welches die bilateralen Wechselkurse zwischen den teilnehmenden Währungen umfasste und jeweilig individuelle Schwankungsintervalle in Bezug auf die neu geschaffene Währungseinheit European currency unit (ECU). Diese künstliche Währungseinheit, welche auf Basis der zwölf ursprünglich partizipierenden Länder berechnet wurde, bildete die zweite Säule. Als drittes Konstruktions-merkmal ist das wechselseitige Beistandssystem und die daraus abgeleiteten Refinanzierungsmöglichkeiten anzuführen. Eine Währungsunion geht einen Schritt weiter. Das System fester Wechselkurse wird hier durch weitere explizite Anforderungen, die vollständige Kapitalmarktintegration und eine gemeinsame Währung, ergänzt. Die Vorteile einer Währungsunion sind die Eliminierung von Handelsbarrieren, eine effizientere Verteilung der Produktionsfaktoren, Beseiti-gung des Wechselkursrisikos, Steigerung der Liquidität, Rationalisierung der Märkte und die höhere Preistransparenz. Der Delors-Bericht 1989 (benannt nach Jaques Delors, dem damaliger Präsi-dent der europäischen Union) beinhaltete, dass eine einheitliche Währung dem System fester Zinssätze vorzuziehen ist und dass eine Währungsunion einzu-führen sei. Anschließend wurden die Maastricht-Kriterien veröffentlicht, welche von allen Ländern erfüllt werden müssen, um beitreten zu können. Diese Krite-rien betreffen die Preisniveaustabilität, die Zinskonvergenz, die Wechselkurs-stabilität und die Fiskalische Stabilität (Staatsverschuldung). Im November 1995 wurde schließlich der Plan für den Übergang zum Euro präsentiert.

6.2 Geldpolitische Maßnahmen Das Eurosystem ist für die Entscheidungen betreffend den Leitzins, die Min-destreserven und die Liquiditätsbereitstellung sowie die Geldpolitik in der Euro-zone verantwortlich. Das Europäische System der Zentralbanken besteht aus der Europäischen Zentralbank (EZB) und 19 nationalen Zentralbanken (NZB).

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Die nationalen Zentralbanken sind für die Umsetzung zuständig, während die Entscheidungen zentral beschlossen werden. Das System basiert auf der insti-tutionellen, personellen, finanziellen und funktionellen Unabhängigkeit der EZB und NZB. Um Preisstabilität zu gewährleisten werden wirtschaftliche Analyse (mittelfristige Inflationsprognose) und monetäre Analyse (langfristige Inflations-trends) eingesetzt. Wichtige Instrumente sind die Zinssteuerung (EONIA, LI-BOR, EURIBOR), Offenmarktgeschäfte (geldpolitische Maßnahmen auf Zent-ralbankinitiative) und ständige Fazilitäten (geldpolitische Operationen bei denen die Initiative zur Durchführung von den Geschäftspartnern der Zentralbank aus-geht).

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Literaturverzeichnis

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7 LITERATURVERZEICHNIS Farmer, Karl, & Vlk, Thomas (2008). Internationale Ökonomie. Wien: LIT Verlag

GmbH & Co. KG. Hoppen, Dieter (2014). Internationale Wirtschaft: Theorie und Praxis der

internationalen Wirtschaftsbeziehungen. Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer.

Lehner, Michael (2013). Inside Forex. o. O.: Finanzliteratur Verlag. Pilbeam, Keith, & Beckmann, Joscha (2017). Internationale Wirtschaft -

Wechselkurse, Zahlungsbilanz und Währungssystem. Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag.

Bank for International Settlements: https://www.bis.org/statistics/about_fx_stats.htm?m=6%7C381

8 ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abb. 1 Foreign exchange market turnover in April 2016 (Triennial Central Bank

Survey 2016) ................................................................................................ 2 Abb. 2 Umsatz an den globalen Devisenmärkten (BIZ-Quartalsbericht,

Dezember 2016) ........................................................................................... 5 Abb. 4 Die zentralen Mechanismen des Vermögensbestands-Ansatzes .......... 19 Abb. 5Vergleich der Auswirkungen von Offenmarktoperationen,

Devisenmarktinterventionen und sterilisierten Devisenmarktinterventionen .................................................................................................................... 22