Top Banner
DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE www.dunlop.de ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge als Erster zu sehen, bedeutet die Strecke auswendig zu kennen und auch bei 290 km/h nicht die Nerven zu verlieren. Man handelt instinktiv und verlässt sich ganz auf Wagen und Reifen. Und wer in der DTM fährt, hat auch allen Grund dazu. Denn Dunlop rüstet die DTM exklusiv mit Reifen aus. Rennreifen, seit Jahren im Motorsport getestet und weiter entwickelt. Immer mit derselben Überzeugung: Jeder Rekord kann gebrochen werden.
95

DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

Jul 14, 2020

Download

Documents

dariahiddleston
Welcome message from author
This document is posted to help you gain knowledge. Please leave a comment to let me know what you think about it! Share it to your friends and learn new things together.
Transcript
Page 1: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

DER BESTE PLATZIST IMMER GANZVORNE

www.dunlop.de

ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT.

Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge als Erster zu sehen,bedeutet die Strecke auswendig zu kennen und auch bei 290 km/h nichtdie Nerven zu verlieren. Man handelt instinktiv und verlässt sich ganzauf Wagen und Reifen. Und wer in der DTM fährt, hat auch allen Grunddazu. Denn Dunlop rüstet die DTM exklusiv mit Reifen aus. Rennreifen,seit Jahren im Motorsport getestet und weiter entwickelt. Immer mitderselben Überzeugung: Jeder Rekord kann gebrochen werden.

Page 2: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

3

Was macht eigentlich der Böh-ringer, der alte Greger oder derLinge? Solche Fragen, gestellt

von Fans und Freunden, geisterten im-mer wieder durch die Gegend. Antwor-ten wusste meist niemand, es sei denn,man machte sich gezielt ans Recherchie-ren. Aus dieser Ratlosigkeit heraus ent-stand vor gut vier Jahren die Idee, eineSerie über die Befindlichkeit unse-rer Rennsporthelden, Managerund Macher der 60er-, 70er-und 80er-Jahre dauerhaft zuplatzieren. Mit kurzen, kna-ckigen Texten und Fotos vondamals und heute.

Bei den Kollegen von«MOTORSPORT aktuell»habe ich für die Idee auf

Anhieb viel Begeisterungvorgefunden – und schonwar die Serie «Hallo, wiegeht’s?» geboren. SeitJanuar 2000 sind exakt182 Folgen erschienen,in den beiden ersten Jahren begleitetvon Bilstein, danach bis heute von Part-ner und Präsenter Dunlop. Der HanauerReifenhersteller passt mit seiner über100-jährigen Motorsporttradition so-wieso bestens zu unseren Serienhelden,von denen viele ihre Siege und Meister-titel auf Dunlops schwarzem Gold erzielthaben. Bereits seit letztem Jahr könnenübrigens alle «Hallo, wie geht’s?»-Fol-gen auch im Internet über die Home-page www.dunlop.de aufgerufen undheruntergeladen werden.

Die unverändert gute Resonanz hatdafür gesorgt, dass die Serie beiden Fans fast schon Kultstatus hat

und dank Dunlop und MSa nun ins fünf-te Jahr durchstarten kann. Dunlop undMSa präsentieren überdies hiermit auchdie vierte Auflage des beliebten Sonder-drucks mit allen bisher erschienenen182 Einzelbeiträgen.

Trotz zeitraubender Kleinarbeitbeim Recherchieren der Wohnorteund Telefonnummern sowie bei der

Beschaffung alter und neuer Fotos istder Spassfaktor für mich als Autor un-verändert gross. Wenn man die meistenKarrieren derer selbst miterlebt hat, dieman jetzt zu ihrer Befindlichkeit aus-fragt, ist schon allein das Gespräch ein

Erlebnis. Vergleichbar mit einer kur-zen Reise in eine Rennsportzeit,

die sicher nicht die schlechtestewar. Der Motorsport hat mit undvon den Helden von damals gutgelebt, verdammt gut sogar.Deshalb haben sie es auch

nicht verdient, in Vergessen-heit zu geraten.

So ist diese Serie fürmich im Laufe derZeit auch zu einer

Art Verpflichtung gewor-den, die Erinnerung anjene wach zu halten, dieuns seinerzeit viel Freude

auf und neben der Rennpiste bereitethaben. Zusammen mit unseren PartnernDunlop und der Messe Essen wurde des-halb auch das jährliche «Klassentref-fen» initiiert, zu dem alle vorgestelltenehemaligen PS-Fürsten am zweitenSamstag der Motorshow nun schon zumvierten Mal nach Essen kommen. DerZuspruch ist ernorm, die Wiedersehens-freude gross. Vor allem bei denen, diesich 30 Jahre und länger aus den Augenverloren hatten. Allgemeiner Tenor:«Eine wunderbare Gelegenheit, wenigs-tens einmal im Jahr alte Freunde zu tref-fen. Und weitaus besser, als sich immernur aus traurigem Anlass auf diversenFriedhöfen über den Weg zu laufen.»

Fans, Freaks und Freunden von«Hallo, wie geht’s?» wünsche ichauch mit der vorliegenden 4. Auf-

lage des Nostalgie-Booklets viel Spass.Rainer Braun

Helden vergisstman nicht …

Vorwort des Autors

Page 3: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

InhaltsverzeichnisMSa-Jahrgang 2000

Abt, Johann †: Allgäuer Vollgastier 6Ahrens, Kurt: Der Formel-Fighter 7Bartels, Willi: Der Berg-König 8Berger, Jochen: Röhrls Opel-Co 9Bergmann, Kurt: Der Kaimann 10Bergmeister, Willi: Schumis Meister 11Bodmer, Gerhard †: Der Glas-Bläser 12Böhringer, Eugen: Der grosse Kleine 13Foitek, Karl: Die Alfa-Bank 14Fritzinger, Klaus: Der Multisportler 15Fröhlich, Dieter: Zweites Leben 16Glemser, Dieter: Der Schwabenpfeil 17Herrmann, Hans: Der Hans im Glück 18Heyer, Hans: Der Tausendsassa 19Huber, Günther: Der Einzelkämpfer 20Kauhsen, Willi: Der 1000-PS-Mann 22Kelleners, Helmut: Die Nas aus Moers 23Knupp, Willy: Der RTL-Pionier 24Kottulinsky, Freddy: Alter Schwede! 25Kranefuss, Mike: American Dream 26Linge, Herbert: Die Allzweckwaffe 27Löwinger, Willy: Wiener G’schichten 28Luck, Jochen: Die Renn-Stimme 29Mander, Dr. Helmut: Der Bergdoktor 30Meeuvissen, Annette: «Second Lady» 31Moll, R./Schock, W.: Das Dream-Team 32Odenthal-Stöhr, Waltraud: Turbo-Maus 33Perrot, Xavier: Mosleys Kunde 34Pfuhl, Albert: Der Herrenfahrer 35Philipp, Dr. Gunther †: Film, Funk, Ferrari 36Pinske, Lothar: Das Arbeitstier 37Plankenhorn, Axel: Der 2-Meter-Hüne 38Rosorius, Klaus-Peter: Der Aussteiger 39Schetty, Peter: Der Chef-Tester 40Schickentanz, Clemens: Der Zuverlässige 41Schmid, Günther: Der ewige Grantler 42Schommers, Werner: Der Spassvogel 43Schüler, Gerd: Der Karrieremann 44Schurti, Manfred: Schneller Beamter 45Schütz, Udo: Der Stier von Selters 46Senne, Karl: Der DTM-Fan 47Spiess, Siegfried: Der PS-Zauberer 48Strähle, Paul Ernst: Der Allrounder 49Treser, Walter: Der Technik-Freak 50Trint, Manfred: Der wilde Flieger 51Werner-Hennerici, Hannelore: Vorbild für Ellen 52

MSa-Jahrgang 2001

Ammerschläger, Thomas: Edel-Techniker53Basche, Dieter: Bayern-Sportler 54Bellof, Georg: Der grosse Bruder 55Bitter, Erich: Der Renn-Konfektionär 56Bovensiepen, Burkard: Mister Perfect 57Dechent, Hans-Dieter: Der Elegante 58Falk, Peter: Porsche-General 59Gebhardt, Günther: Das Kraftpaket 60Grähser, Jürgen: Der längste Kampf 61Greger, Sepp: König der Berge 62Hahne, Hubert: Der Rekordbrecher 63Hainbach, Reinhard: Verpasster Hattrick 64Heidegger, Max: Liechtensteiner Hexer 65Hezemans, Toine: Der grosse Trickser 66Jelinski, Frank: Verkanntes Talent 67Kleint, Jochi: Der Weltenbummler 68Kling, Karl †: Der Grandseigneur 69Krebs, Albrecht: Der «Fast-Meister» 70Liedl, Heinz: Der Berg-Floh 71Mahle, Eberhard: Der Alleskönner 72Mariosi, Enrico: Die Seele vom Ring 73Menzel, Harald: Die Kurz-Karriere 74Mohr, Manfred: Der Furchtlose 75Neuhaus, Jürgen: Kernige Frohnatur 76Nöcker, Peter: Der stille Star 77Nodes, Beate: Haugs Bezwingerin 78Obermoser, Jörg: Der Nostalgiker 79Ostlender-Weiss, Claudia: Power-Lady 80Pankl, Gerold: Der Unzerstörbare 81Petit, Peter: Der nett’ Franzos’ 82Scharmann, Peter: Der Renningenieur 83Schmidt, Rolf: Vive la France! 84Schütz, Wolfgang: Das Cup-Schlitzohr 86Schwägerl, Hans: Der Rallye-Papst 87Seufert, Hans Peter: Der Buschmann 88Steinemann, Rico †: Der Multi-Mann 89Surer-Tavoli, Yolanda: Das neue Leben 90von Wendt, Karl: Sauerland-Baron 91Warmbold, Achim: Der Quertreiber 92Weber, Georg: Der Unbeugsame 93Weber, Gerhard: Herr der Reifen 94Weber, Michel: Der Gebirgsjäger 95Wehner, Hans: Der VW-Pionier 96Weiss, Heiner: Schneller Präsident 97

Inhaltsverzeichnis

Page 4: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

6

Zwischen 1954 und 1975 tobte der «wil-de Hund aus Kempten» zuerst mit Cross-

Maschinen und dann mit den Tourenwagenvon Sieg zu Sieg. Wo immer der Allgäuerantrat, resignierte die Konkurrenz alsbald.Fünf Gelände- und Motocross-Titel fürDKW, an die 200 Siege auf zwei und über100 auf vier Rädern machten Johann Abtzu einem der erfolgreichsten bayerischenMotorsportler überhaupt. Seine Leiden-schaft waren Bergrennen. Wenn er mit demDKW F 12 und später mit dem Abarth 1000TC die europäischen Berge hochdonnerte,war er in seinem Element. Und auch aufder Rundstrecke stand er seinen Mann. ImAbarth 1000 schaffte er 1970 den Touren-wagen-EM-Titel in der kleinen Division.Heute ist er 64 Jahre alt und erfolgreicherGeschäftsmann. Stolz verfolgen er undEhefrau Thea (seit 38 Jahren verheiratet),wie die Söhne Christian und Hans-Jürgendie Abt-Erfolgstradition fortsetzen.

Zwei Kemptener DKW-Piloten hattenvor allem in den 60er-Jahren am Berg dasSagen beim Siegen: Johann Abt und seinKumpel Michael Endress. Ihre Spielplätzewaren die Tourenwagenklassen 850 und1000 ccm. Ohne Siegerkranz gingen dieAuftritte der beiden Naturburschen nie ab,einer gewann immer, meistens beide. Spä-ter trennten sich die Wege, Abt stieg auf

den 1000er-Abarth um, bekam sogar einenWerksvertrag von Carlo Abarth und fuhrfortan auch auf den permanenten Renn-strecken und Fluplätzen auf Siegeskurs.

Schon in seiner DKW-Zeit bereitete dergelernte Kfz.-Meister seine Renngeräteübrigens selbst vor, schliesslich arbeiteteer in der PKW-Versuchsabteilung beiDKW/Auto Union und kam logischerweisean die besten Teile. «Meine Ausfallquotewar fast Null, soweit es die Technik be-trifft.» 1975 beendete er seine Rennfah-rerlaufbahn mit einem weiteren Titel-gewinn in der Tourenwagen-EM. Danachkümmerte er sich konsequent um Ausbauund Führung seines VAG-Autohauses.

Inzwischen haben sich die «Äbte» einkleines Imperium in Kempten geschaffen.Eine prachtvolle VW- und Audi-Nieder-lassung mit Werkstatt, dazu Abt Sportslinemit angeschlossenem Tuning- und Renn-betrieb. Trotz einer Herzoperation vor achtJahren gibt Johann Abt unverdrossenweiter Vollgas. Mit Begeisterung verfolgter vor allem den sportlichen Weg vonChristian («des isch genauso a wilder Hundwie i»). Keinerlei Zweifel gibt es für Abtsenior, wenn es um einen Vergleich derGenerationen geht: «Die Buben haben’sheute viel leichter als wir, ihre Perspektiveals Sportler ist viel besser.»

Allgäuer Vollgastier

DKW im Grenzbereich: Johann Abt 1964 auf dem Flugplatz Mainz-Finthen

Abt in den 60ern: Ausfallquote fast null Abt heute: Im Geschäft weiter Vollgas

Abt, Johann † 2003 (MSa 04/2000)

Page 5: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

7

Kurt Ahrens galt im Formel-Rennsportder 60er-Jahre als deutscher Qua-

litätsbegriff. Von der Formel Junior überdie Formeln 3 und 2 bis zu vier Formel-1-Einsätzen liess er in der Einbaum-Liganichts aus. Dreimal (1961, 1963 und 1965)wurde der Braunschweiger DeutscherRennwagen-Meister, 1967 Formel-3-Na-tionencup-Sieger. Unvergessen die For-mel-2-Schlachten, in denen er Gegner vomKaliber eines Rindt, Clark, Mitter oderSiffert bezwang. Jack Brabham vertrauteihm 1968 einen seiner Wagen für denDeutschland-Grand-Prix an. Porsche holteab 1969 den Eisenfuss für zwei Jahre insWerksteam. Dort gelangen ihm im 917 und908 mit Jo Siffert und Vic Elford als Partnergrandiose Erfolge in der Sportwagen-WM.

Zirka 300 Rennen, an die 150 Siege –und im Rennbetrieb nie ein Auto ver-schrottet, nie ein ernster Unfall. Nur ein-mal hats richtig gekracht, beim Testen aufdem VW-Testgelände in Ehra-Lessien, wowegen Aquaplanings ein Porsche 917 zuBruch ging.

Im April wurde Ahrens 60, erfreut sichbester Gesundheit und lebt mit Frau Resi(seit 39 Jahren verheiratet) und den vierKindern in Sassenburg. Ein traumhaftesAnwesen, 15 000 qm Gartenlandschaft inder Heide, mittendrin fünf Bungalows. Ein

Hüttchen fürs Familienoberhaupt, dieanderen für jedes der vier Kinder. Contai-nergeschäft und Schrotthandel hat derVorruheständler an seine Nachkommenübertragen, er selbst hat Spass an den vierEnkeln und am geruhsamen Leben. Abernoch immer ist er bestens informiert überalles im Rennsport, versäumt im Fernsehenkeinen Formel-1-Lauf und fährt traditio-nell einmal im Jahr zum Monaco-GP.

Warum hört ein so erfolgreicher Pilotwie er mit 32 Jahren auf? «Weil ich Angstvor einem schweren Unfall hatte. Ich warschockiert über den Verlust guterFreunde.» Tatsächlich fiel die Ahrens-Ärain die schlimmsten Jahre des Rennsports,das Sicherheitsdenken steckte noch in denKinderschuhen. Fast ein ganzes Startfeldverunglückte damals tödlich: Bandini,Mitter, Clark, Siffert, Spence, Schlesser,Rindt, Hawkins, Scarfiotti, Courage, PedroRodriguez. «Die meisten waren Gegner inder Formel 2, mit vielen war ich befreun-det. Meiner Familie und mir gegenüberkonnte ich das nicht mehr verantworten.Ich bin dankbar und glücklich, dass ichüberlebt habe.»

Das ist auch der Grund, warum keinerder zwei Söhne den Weg in den Rennsportgesucht hat. Dafür spielen sie mit Be-geisterung Fussball.

Der Formel-Fighter

Eifelrennen 1968: Kurt Ahrens bezwang in der Formel 2 so ziemlich alle Asse seiner Zeit

Kurt Ahrens: Eine echte Formel-Grösse Ahrens heute: Vorruhestand mit 60 Jahren

Ahrens, Kurt (MSa 25/2000)

Page 6: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

8

Bartels, Willi (MSa 08/2000)

Eigentlich wollte Willi Bartels eine Ral-lyefahrer-Laufbahn anstreben, aber

weil er sich so oft verfuhr, wechselte er inden reinen Rennsport. 20 Jahre lang be-zwang er ab 1960 die Berge Deutschlandsund Europas. Als Porsche-Privatfahrer ge-langen ihm an die 200 Siege und zweiTitelgewinne in der GT-Wertung der Berg-EM. Nur die Deutsche Bergmeisterschafthat er nicht geschafft, «obwohl ich geradedie in all den Jahren wenigstens einmalgewinnen wollte». Der klassische Porsche911 in allen Variationen, der Carrera 6, der904 GTS und der 908/3 waren seine Wett-bewerbsgeräte. Heute ist Willi Bartels fast73 Jahre alt, wohnt im sauerländischenPlettenberg und freut sich über die Renn-erfolge seines Sohnes Michael. Auch beruf-lich hat er noch immer Kontakt zur schnel-len Zunft.

Der Bergrennsport der 60er- und 70er-Jahre hatte einen viel höheren Stellenwertals heute, bis zu 30 000 Zuschauer ver-folgten die Husarenritte der Bergstars Bar-tels, Greger, Joest & Co. Von April bis Okto-ber zogen die Akteure wie Nomaden vonBerg zu Berg, fuhren ein Rennen nach demanderen. Schauinsland, Rossfeld, Eber-bach oder Wallberg, Trento, Ollon-Villars,Montseny oder Timmelsjoch waren dieberühmtesten Schauplätze grosser Berg-

schlachten. Viele der damaligen Konkur-renten wie Edgar Barth, Rolf Stommelenoder Gerhard Mitter leben nicht mehr, mitanderen wie Sepp Greger oder ReinholdJoest hat Bartels noch heute Kontakt. Bisauf einen deftigen Überschlag am Schau-insland gab es übrigens keine erwähnens-werte Zwischenfälle oder sogar ernste Ver-letzungen.

Auch heute sieht man Willi Bartels nochoft an den Rennstrecken. Da ist einmal seinberufliches Engagement (er ist Ausrüstervon Fahrerlager-VIP-Zelten und Paddock-Clubs mit Bodenbelägen seines Unterneh-mens «Heimtex»), und zum anderen na-türlich das rennsportliche Treiben seinesin der DTM aktiven Sohnes Michael. Dermacht dem alten Herrn «immer wieder vielFreude, weil er so ein irrsinnig grosserKämpfer ist».

Trotz des beruflichen Engagements ach-tet Bartels Senior stets auf genügend Zeitfür privaten Freiraum. Zwei quirlige Enkel-kinder (8 und 13 Jahre) von Tochter Ma-nuela fordern Opas Aufmerksamkeit immerwieder aufs Neue ein. «Das hält dich jung,fit und gesund», sagt Bartels, der seit 32Jahren mit seiner Frau Luise verheiratetist und fast genauso lang in seinem heiss-geliebten alten Bauernhof im Sauerlandwohnt.

Der Berg-König

Leben wie die Nomaden: Bartels ’66 im Carrera 6 beim EM-Lauf in Trento

Bartels 1987: Rat für Sohn MichaelBartels 1965: Legende am Berg

Page 7: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

9

Jochen Berger wurde als Co-Pilot erst ander Seite von Walter Röhrl so richtig

berühmt. Mit einem Irmscher-Ascona Aholten die beiden 1974 für Opel die ersteRallye-Europameisterschaft, nachdem sieein Jahr zuvor den Titelgewinn nur ver-passten, da die Benzinkrise zur Absagealler noch ausstehenden Läufe führte.Obwohl Berger auch anderen Stars wieJochi Kleint oder dem Schweden AndersKulläng die rechten Wege wies, wurde dieEhe mit Röhrl zum Qualitätsbegriff.«Neben Walter habe ich mich immer sichergefühlt», schwärmt der Hesse, «er war derperfekteste Pilot seiner Zeit.» Nur ein Malmusste Berger die Luft anhalten: «Daging’s kopfüber in einen Bach, weil uns einTraktor in die Quere kam.»

Mit Gesamtrang 4 bei der Monte 1976endete die Profi-Laufbahn des Rallye-Beifahrers Jochen Berger, nicht aber seineZugehörigkeit zu Opel. Dort übernahm erim selben Jahr die Leitung der Rallye-abteilung, schuf in der Folge den Opel-Junior-Rallyecup und setzte die Nach-wuchsformel Opel Lotus in Marsch.

Mittlerweile ist für den 54-Jährigen dasKapitel Motorsport beendet – seit einigenJahren arbeitet er im Technischen Ent-wicklungszentrum in der Vorausentwick-lung. «Dass Opel 1992 die Rallyeabteilung

zugunsten des Rennsports aufgab, wareine Riesenenttäuschung. Die Rundstreckeist halt nicht mein Ding.» Zu den schöns-ten Erlebnissen zählt Berger jenen Mo-ment, als er und Walter Röhrl 1974 bei derRallye Lugano morgens um 6 Uhr talwärtsin Richtung Ziel rollten. «Die Sonne gingauf, der Job war getan, wir hatten unserensechsten Saisonsieg sicher und genossendas Gefühl, Europameister zu sein. Einfachgigantisch!»

Bergers Liebe gehört jetzt der histori-schen Rallyeszene. Als Co bei Röhrl undanderen bestreitet er regelmässig Tradi-tionswettbewerbe. Im Wochenend-Domizilim Eifelort Mannebach hegt er Oldtimer,streichelt den 74er-EM-Ascona, pflegt denVolvo PV 444 und tuckert mit einem 11 PSstarken Einzylinder-Lanz-Traktor (Baujahr1956) durch die Gegend. Weitere Hobbys:Modelleisenbahnen, ferngesteuerte Trucksund eine Sammlung von 80 Fahnen allerNationen und Automobilmarken.

Zum nahen Nürburgring kommt er vorallem, um alte Freunde zu treffen. DieRennen interessieren nur am Rande. SeineWünsche: «Gesund bleiben, viele histori-sche Events bestreiten, mit Freunden dieWelt bereisen, gutes Essen und Weinegeniessen. Und zwischendurch immer wie-der zurück in die Eifel.»

Röhrls Opel-Co

Wiedersehen alter Kämpen: Jean-Claude Andruet, Jochen Berger und Jean Ragnotti

Genialer Copilot: Jochen Berger 1974 Quertreiber: Mit Röhrl im Opel Ascona A

Berger, Jochen (MSa 47/2000)

Page 8: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

10

Bergmann, Kurt (MSa 46/2000)

Kurt Bergmann steht inmitten eineswohlgeordneten Chaos. Sechs Formel-

V-Rennwagen sind auf einer Wiese, sprichFahrerlager, in ihre Einzelteile zerlegt.Nichts entgeht dem kleinen Mann mit derhochgeschobenen Brille. Plötzlich wirdsgefährlich: Schlurfenden Schrittes nimmter Kurs auf einen Mechaniker – die geradegelegte Schweissnaht gefällt dem «Mas-ter» nicht. Schludrigkeiten wurden nichtgeduldet, schliesslich sollten Rennen ge-wonnen werden. Und gewonnen wurde imTeam von «Kurtl» Bergmann oft. 13 Meis-terschaften, darunter eine WM und meh-rere EM-Titel sowie mehr als 100 Einzel-siege sind der Beleg.

In der Blütezeit der Formel V und SuperV Ende der 60er-, Anfang der 70er-Jahrehatten die legendären Kaimann-Rennerdas Sagen beim Siegen. Erst die Kons-truktionen der grossen Chassisbauer wieLola, March und Ralt bremsten BergmannsMonoposti ab 1973 ein. Bergmanns Stallbegründete nicht nur die weltweite Über-legenheit der Österreicher in der Formel V,sondern auch den frühen Ruhm vieler spä-terer Weltklassepiloten.

Ein Niki Lauda oder ein Keke Rosbergzeigen noch heute Bewunderung für denMann mit dem Stoppelschnitt. «Das erste,was der Niki abgeliefert hat», erinnert sich

der 71-jährige Bergmann grinsend, «warein krummes Auto nach einem Looping.»Seine Lieblingspiloten waren die Öster-reicher Erich Breinsberg («der war amlängsten bei mir und am pflegeleich-testen»), Helmut Marko («der Schnellste,aber auch Schwierigste») und GünterHuber («technisch der Beste»).

Am meisten getroffen hat Bergmann derTod von Helmut Koinigg im Surtees-Formel1 in Watkins Glen 1974 und die Massen-karambolage 1973 am Nürburgring. Wegeneines lokal begrenzten Regenschauers aufder Döttinger Höhe krachte das halbeSuper-V-Feld ungebremst ineinander, eini-ge Autos brannten, es gab viele Verletzte.Nach dem Ende der Formel-V-Ära 1982wurde Bergmann einige Jahre von VW alsTechnischer Kommissar für den Polo-Cupeingesetzt, ehe er sich aus dem Motorsportzurückzog.

Seine Opel-Werkstatt in Wien-Esslingwird längst von Sohn Peter (45) geleitet.Die finanzielle Kontrolle aber obliegt nachwie vor der Senior-Chefin – Johanna Berg-mann und ihr Kurtl sind seit 46 Jahren ver-heiratet. Der Master selbst pflegt neueHobbys: Er baut ferngesteuerte Modell-Hubschrauber und fährt mit viel EhrgeizSki. Und er ist kerngesund, «was die Haupt-sache ist».

Der Kaimann

Geordnetes Kaimann-Chaos: So sah im Jahre 1974 ein Formel-V-Fahrerlager aus

Der Master: Kurt Bergmann 1975 Unverändert: Kurt Bergmann heute

Page 9: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

11

Bergmeister, Willi (MSa 22/2000)

Willi Bergmeister liess es eigentlich nieso richtig krachen. Nicht quer und

nicht mit Qualm, nicht mit wilden Driftsund Drehern. Seine Stärke waren die blitz-saubere Linie, der grundsolide Strich, dieunauffällige Schnelligkeit. Der Langen-felder heisst nicht nur Bergmeister, erwurde es auch. Mit einem NSU TT entschieder 1974 den Titelkampf, eine zweite Meis-terschaft stand 1976 mit dem gerade frischgeborenen VW-Scirocco-Cup ins Haus. Erhalf mit, für Audi den Markentitel in derTourenwagen-Europameisterschaft zugewinnen, und er beendete dieFahrerwertung des Championats zweimalals Vizemeister.

Im September wurde Willi Bergmeister51, gesundheitlich belasten ihn allerdingsunangenehme Herzrhythmusstörungen(ausgelöst durch eine verschleppteVirusinfektion, die er sich beim Skiurlaubim letzten Jahr eingefangen hat). Zu-sammen mit Ehefrau Anni – sie sind seit28 Jahren verheiratet – steht er als Chefseines Autohauses weiterhin an vordersterFront des rheinischen Geschäftslebens.Und an den Wochenenden kümmert er sichum seine beiden rennfahrenden Söhne Tim(25) und Jörg (24).

Die haben schon eine erfolgreicheLaufbahn in den Nachwuchsformelklassen

König, Renault und Opel hinter sich. Jörgbrachte es immerhin schon bis zum König-Meister, Tim zum F3-Vize der früheren B-Kategorie. In der laufenden Saisonstanden für Jörg Supercup und Carrera-Cupund für Tim die Formel-3-DM auf demProgramm.

Mit viel Hingabe und Begeisterung istder Ex-Rennfahrer für seine Söhne da,wenn Rat und Tat gefragt sind. Das warschon so, als ein Bürschlein namensMichael Schumacher vor 13 Jahren imBetrieb des Kfz-Meisters seine Mechani-kerlehre absolvierte. «Er war ein guterLehrling», erinnert sich Bergmeister,«aber er wollte wegen der Rennerei dieAusbildung vorzeitig abbrechen. Wirhaben dann eine vorgezogene Gesel-lenprüfung für ihn beantragt, und die hater auch locker bestanden.»

Was die wenigsten wissen: WilliBergmeister hat den talentierten, aberdamals mittellosen Knaben aus Kerpen1988 in seinem ersten Rennjahr (FormelKönig, Formel Ford) auch finanziell unter-stützt. «So einem Talent wie ihm mussteman einfach helfen, und ich hab’s wirklichnicht bereut. In all den Jahren wars schönmit anzusehen, was aus meinem ehema-ligen Lehrbuben geworden ist. Ich bin sehrstolz auf ihn.»

Schumis Meister

Willi Bergmeister im Jägermeister-VW: Klassensiege in der Tourenwagen-EM 1977

Bergmeister 1976: Sieg für den jungen Willi Bergmeister heute: Für Firma und Familie

Page 10: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

12

Bodmer, Gerhard † 2002 (MSa 52/2000)

Gerhard Bodmer und die Erfolgsstoryeiner One-Man-Show. Man stelle sich

vor: Die Rennabteilung eines Automobil-herstellers besteht aus zwei Mann, der einefährt, der andere kümmert sich um denRest. Dabei kommen gut 150 Siege und einMeistertitel raus. So geschehen beim Din-golfinger Familien-Unternehmen Glas inden Jahren 1959– 1968. HauptdarstellerBodmer, gebürtiger Schwabe, erfolgreicherMotocross- und Geländefahrer für DKW,steigt von zwei auf vier Räder um undmischt fortan die Tourenwagenszene inden kleinen Klassen auf. Mit dem Nach-folger des legendären Goggo, einem 60-PS-Glas-Isar 600, wird der Mann zumSchrecken der siegverwöhnten Steyr-Puch- und NSU-Prinz-Armada.

Weiter gehts in den stärkeren Glas-Modellen 1204 und 1304 TS sowie 1300GT-Coupé, die immerhin schon rund 120PS leisten. Bodmer wird 1965 DeutscherRundstreckenmeister, ein Jahr späterkreuzen drei Glas 1304 TS auf den Plätzen1, 2 und 3 die Ziellinie bei den 24 Stundenin Spa. Bodmer und Kollegen, darunterHelmut Kelleners, holen den Königspokal.Das Treiben geht erst mit der Einverleibungdes kleinen Werks durch BMW zu Ende. DieZwei-Mann-Rennabteilung fällt der Fusionzum Opfer.

«Wir haben alles selbst erledigt, es gabweder Etat noch Gage. Zum normalen Ge-halt als Angestellter kamen nur die Erstat-tung der Reisekosten und eine kleine Sieg-prämie.» Trotzdem hat der mittlerweile 68-Jährige diese Zeit in bester Erinnerung. Bisauf jenen Tag, an dem die Konkurrenz dasInnenleben seines Motor zu sehen be-gehrte. Aber Bodmer hatte strikte Anwei-sung, das Triebwerk nur im Werk öffnen zulassen. Darauf liessen sich die Sportkom-missare nicht ein, die Weigerung führte zuWertungsausschluss und einem JahrSperre. «Das ärgert mich noch heute, ichschwöre, alles war in Ordnung.»

Unweit des Nürburgrings hat sich Bod-mer zusammen mit seiner Ehefrau Hanne-lore und Sohn Andreas (31) eine neue Exis-tenz aufgebaut. Seit 1969 betreibt er inAdenau eine Alfa- und Mazda-Niederlas-sung. Der Mann ist nicht kleinzukriegen:Nachdem ihn in der Motocross-Zeit einSchädelbasisbruch in die Intensivstationbeförderte, brachte ihn eine Magen-Opera-tion vor zwei Jahren erneut in Lebens-gefahr. Wenn der Langstreckenpokal oderdas 24-Stunden-Rennen über die Nürburg-ring-Nordschleife toben, steigt er aufsFahrrad und fährt spezielle Mutpunkte an.«Ein Blick, und du weisst, wer’s kann undwer’s nie lernt.»

Der Glas-Bläser

Glas-Kasten: Gerhard Bodmer im 1304 TS beim Schauinsland-Bergrennen

Damals: Schrecken der Grossen Heute: Mit dem Rad an den Ring

Page 11: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

13

Böhringer, Eugen (MSa 20/2000)

Eugen Böhringer wird bei Mercedes nochheute liebevoll gehegt und gepflegt.

Der nur 1,60 m grosse Schwabe hat denStern besonders hell leuchten lassen, alser die 220- und 300-SE-Limousinen welt-weit zu Rallye- und Rennerfolgen trieb. Inseiner aktiven Zeit zwischen 1957 und1967 hat er wohl mehr von der Welt ge-sehen und erlebt als andere im ganzenLeben. Cleverness, Improvisationstalentund ein von Natur aus fröhliches Wesenhaben ihm einen legendären Ruf ein-gebracht.

Für Journalisten war Böhringer eineständige Fundgrube. Wenn er ein Autorausgefeuert hatte, pflegte er in brei-testem Schwäbisch zu sagen: «Der wo netschnell fahrt, fliegt au net raus, gell?» ImJanuar wurde der gelernte Koch 78 Jahrealt, lebt mit Frau Luise (seit 45 Jahren ver-heiratet) wie eh und je am StuttgarterRotenberg und fühlt sich trotz zweiBypass-Operationen pudelwohl. «Der Weinschmeckt noch, des isch dHauptsach.»

Rund um das Anwesen Böhringers fin-den sich die übrigen Mitglieder des Clansin Gestalt seiner vier Töchter Beate (44),Isabell (41), Mercedes (39) und Eva (36),dazu drei Enkelkinder. Das Restaurant mitHotel hat er seiner Ältesten übergeben,während der alte Geniesser hinterm Haus

im eigenen Weinberg grössere MengenRiesling und Trollinger erntet.

Regelmässig geht der Rallye-Europa-meister von 1962 in Stuttgart zum Stamm-tisch. Die Runde mit Eberhard Mahle,Walter Schock, Hans Herrmann und Co. hatsich viel zu erzählen. Etwa, wie das TeamBöhringer/Glemser 1964 beim 6-h-Rennenam Nürburgring mit dem 300er die hoch-favorisierten Jaguar MK 2 und BMW 1800TI bügelte. Oder wie die zwei mit fünfRunden Vorsprung beim 24-h-Rennen inSpa führten, bevor ein paar Minuten vorSchluss ein Vorderrad abbrach. «Das warmeine grösste Enttäuschung überhaupt,das geht mir heut’ noch nach.»

Einen der tollsten Husarenritte lieferteer bei der Rallye Monte Carlo (wo ihm fünfJahre in Folge Klassen- und Gruppensiegegelangen). Das Team Böhringer/Wütherichwollte 1965 beweisen, dass man mit demPorsche 904 GTS die wendigen BMC-Minisbesiegen kann. Ein Schneesturm (den nur18 von 300 Autos überlebten) gleich zuBeginn bescherte einen unaufholbarenRückstand, doch dann drosch Böhringerden Sportwagen von Bestzeit zu Bestzeitund galt als Zweiter hinter Timo MäkinensMini als moralischer Sieger. Es gibt so vieleAnekdoten über ihn, dass sie ein Buchfüllen würden.

Der grosse Kleine

Leuchtender Stern 1964: Böhringer drischt den 300er um die Nürburgring-Nordschleife

1965: Eugen Böhringers grösste Zeit Böhringer 1999: Noch immer viel Freude

Page 12: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

14

Foitek, Karl (MSa 39/2000)

Karl Foitek war für Alfa Romeo immereine Bank, wenns um wichtige Tou-

renwagen- und GT-Siege ging. Giulietta TI,Sprint Veloce und Zagato trieb er vor allemim Dreiländereck Deutschland/Schweiz/Österreich zum Erfolg. Eigentlich war derMann unschlagbar, wenn er nicht abflogoder die Technik streikte. Höhepunkt sei-ner Husarenritte war der Sieg im verreg-neten Rahmenrennen des deutschen GrandPrix 1960 auf der Nürburgring-Süd-schleife: Mit einer Alfa Romeo Giulietta TIliess er das gesamte GT-Feld mit hoch-karätigen Stars hinter sich.

Was immer das Ausnahmetalent zwi-schen 1955 und 1971 anpackte, endetemeist unterm Lorbeerkranz. Das galt auchfür seine GT- und Sportwagen-Starts mitdem Lotus-Elan, Ferrari GTO, Lotus 23 undLola. An die 200 Siege und vier SchweizerMeistertitel sind ein Zeugnis dafür.

Den persönlich wertvollsten Tag erlebteder gebürtige Österreicher und zugewan-derte Schweizer am 23. Mai 1971 bei einemseiner letzten Rennen in Bremgarten: Kurznachdem er seinen Lola zum Sieg getriebenhatte, meldete ihm Gattin Sonja telefo-nisch die Geburt der Zwillinge Frank undMarkus. Die beiden sind heute mit 29 Jah-ren die jüngsten der fünf Foitek-Kinder.Carmen (37), Gregor (35) und Reto (34)

komplettieren die Grossfamilie. «ZumGlück wollte nur Gregor Rennfahrer wer-den, sonst wärs richtig teuer geworden.»

Teuer genug geriet bereits Gregors Kar-riere, die nach erfolgreichen Stationen imTourenwagen, der Formel Ford, Formel 3und Formel 3000 in zwei schlechten For-mel-1-Teams ihr Ende fand. Im August1990 zog der Papa die Notbremse, «weiles wirtschaftlich nicht zu vertreten war.Leider haben wir bei dem Abenteuer vieleMillionen für nichts bezahlt.»

Foitek wird im April 70 Jahre alt und istimmer noch auf Titeljagd – in der Winter-disziplin Curling. Schon zweimal liess ersich als Landesmeister bei den Seniorenfeiern. Mit Golfen und Lachsfischen in Nor-wegen, Alaska und Kanada rundet Foiteksein Erholungsprogramm ab. Denn beruf-lich gibt der Unverwüstliche noch immerGas: Über die Ferrari-Challenge ist Foitekweiterhin mit dem Rennsport verbunden.

Das seit 1962 (dem Hochzeitsjahr derFoiteks) als Familienunternehmen geführ-te Autohaus «Garage Foitek» in der Nähevon Zürich mit Vertretungen für AlfaRomeo, Ferrari und Maserati hört nach wievor auf sein Kommando. «Irgendwann innächster Zeit sollte ich anfangen kürzer zutreten und das Geschäft an die Kinderübergeben.»

Die Alfa-Bank

Siege in Serie: Karl Foitek 1962 im Alfa Romeo Sprint GT 1300 auf dem Nürburgring

1957: Karl Foitek mit seiner heutigen Gattin 1999: Karl Foitek (rechts) mit Jean Todt

Page 13: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

Fritzinger, Klaus (MSa 13/2000)

Klaus Fritzinger ist ein Alleskönner. Dasgilt für seine Profizeit als Fussballer

beim 1. FC Kaiserslautern, für seine Auf-tritte als Rennfahrer am Berg und auf derRundstrecke, und erst recht für seineDarbietungen als Rallye-Pilot. Mit einemprivat eingesetzten Capri RS entpuppte ersich für Werksfahrerkollege Hans Stuck imDRM-Premierejahr 1972 als zäher Brockenund wurde immerhin Vizemeister. EinigeJahre später schnappte er im selbst vor-bereiteten Toyota bei der Bavaria-Rallyeeinem Kaliber wie Walter Röhrl im Werks-Stratos um zwei Sekunden den Gesamtsiegweg. Ganz zu schweigen davon, dass er dieMammut-Fernfahrt «Tour d’Europe» gleichdreimal gewonnen hat. Und zwar jedesmalmit einem anderen Toyota-Modell (Celica,Corolla, Starlet). Klaus Fritzinger ist jetzt63, lebt unverändert in Kaiserslautern, hatsein Autohaus an den den 38-jährigenSohn übergeben und erfreut sich geradeseiner vierten Karriere als Konstrukteur.

Ein Energiebündel war der Bastler undTüftler schon immer – und daran hat sichbis heute nichts geändert. So meldete ereine geniale Idee als Patent an: Ein Be-grenzungssystem aus Recycling-Kunst-stoff für Indoor-Kartbahnen. Inzwischenhaben schon über 40 Betreiber in ganzEuropa, darunter auch die Schumi-Bahn in

Kerpen, die Altreifen gegen die Fritzinger-Erfindung ausgetauscht. Und gerade ist erdabei, auch die Karts mit einer High-Tech-Variante aus Kohlefaser und Elektroantriebzu revolutionieren. Sein Motto: «Suche dieHerausforderung – und du findest sie.»

Die Herausforderung hat er im Motor-sport wirklich immer und überall gesucht.Da waren die Wahnsinns-Ritte mit demShelby-Mustang und der AC Cobra. Oderseine Exoten-Rallyes in der Wüste vonArabien, bei den Ölscheichs im Orient oderim tibetanischen Hochland am Himalaya.Die «Monte» hat er sogar mal mit der SWR-3-Moderatorin Stefanie Tücking alsCo-Pilotin in Angriff genommen. Wie kaumein anderer hat es der Mann verstanden,den Sport zu leben, zu geniessen und dabeierfolgreich zu sein. Und das 27 Jahre lang.Über seine zehn Toyota-Rallyejahre mitCo-Pilot Henning Wünsch gerät der Pfälzerin Verzückung: «Eine wunderbare Zeit, wirhaben viel von der Welt gesehen und Rie-senerlebnisse gehabt, einfach traumhaft.»

Kontakt mit der Rennszene hat Fritzin-ger hauptsächlich noch via TV, hin undwieder reicht’s auch mal für einen Besuchan der Strecke. Ganz heiss ist er auf seinenLieblingskurs Nordschleife. «Da würde ichgerne nochmal mit ein paar flotten Jungsdie 24 Stunden mitfahren.»

Der Multi-Sportler

Quertreiber: Klaus Fritzingers Toyota fürchtete auch Walter Röhrl

Allround-Ass: Klaus Fritzinger anno 1971 Genialer Tüftler: Klaus Fritzinger heute

15

Page 14: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

Fröhlich, Dieter (MSa 40/2000)

Dieter Fröhlichs Auftritte hatten stetshohen Unterhaltungswert: Mal bestell-

te er einen missliebigen Journalisten zumRapport, mal bedrängte er Funktionäreund Gegner. Vor dem Start schüttete ergerne noch rasch eine Literflasche Cola insich rein und rauchte dazu in bester Win-kelhock-Manier ein paar Marlboros imSchnelldurchgang. Mit seiner Unnahbar-keit hielt er die Konkurrenten («wer mirdumm kam, hatte ein Problem») auf Dis-tanz. Dazu trug sein Erscheinungsbildebenso bei wie der berühmte «Bananen-Dampfer», die 500-PS-Corvette mit Chiqui-ta-Werbung. Aber auch mit anderen Autosgelangen dem Essener Kaufmann inner-halb seiner zwölfjährigen Laufbahn bis1974 viele Siege. So gehörten diverseDKW-Modelle, Alfa Romeo Giulia und GTA,Opel Commodore und fast alle Porsche-911-Varianten zu seinem Fuhrpark.

Im Januar wurde Fröhlich 60 Jahre alt,aber den wichtigsten Geburtstag feierte erdrei Jahre zuvor: «Da war ich fünfmal tot.»Nach einem schweren Herzinfarkt musstenihn die Ärzte mehrmals reanimieren. Erstnach dem fünften Versuch war der Kampfum sein Leben gewonnen. Sein grössterWunsch ist daher nur allzu verständlich:«Ich will einfach nur noch ein paar Tageleben.» Dies tut er sehr bewusst: Tabak ist

tabu, die Waage zeigt heute nur noch rund100 Kilogramm.

Über sein Leben referiert er nicht mehrmit jener bedrohlichen Langsamkeit, diefrüher stets Alarmstimmung signalisierte.«Je langsamer und leiser ‹Porky› sprach»,weiss sein langjähriger Weggefährte Ha-rald Grohs, «desto brisanter war die Lage.»Grohs, klein und schmächtig, genoss vorallem während der wilden Anfangszeit alsNachwuchsrennfahrer im Renault-R5-Pokal die schützende Hand des kräftig ge-bauten Kumpels. «Wenn mir einer an dieWäsche wollte», erinnert sich Grohs, «warPorky immer zur Stelle. Ausserdem hat ermir alle Tricks für die Rennerei bei-gebracht, auch die weniger feinen.»

Motorsport und Autos sind für Fröhlichnoch immer Thema Nummer 1. Ein Stamm-tisch mit alten Kollegen wird ebenso ge-pflegt wie Besuche am Nürburgring undder jährliche Gang zur Essener Motorshow.Die hat er zusammen mit Wolfgang Schöl-ler und dem verstorbenen Bilstein-ChefHugo Emde 1967 erstmals «mit 30 Autosauf 600 Quadratmetern» organisiert. Vorvier Jahren hat Fröhlich «nach abge-schlossener Testphase» seine Lebens-gefährtin Jutta (sie ist Inhaberin einesHundesalons) geheiratet. Der Test dauerteimmerhin 32 Jahre …

Zweites Leben

1969 im 911: Auch im Rennwagen war Dieter Fröhlich ein allseits sehr gefürchteter Gegner

Fröhlich 1970: Wehe, einer kam ihm dumm Fröhlich 2000: Im zweiten Leben ruhiger

16

Page 15: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

Glemser, Dieter (MSA 12/2000)

Dieter Glemser war für jeden Teamchefein Glücksfall: Souverän, pflegeleicht,

kein Materialfahrer und trotzdem unglaub-lich schnell. Ob Porsche Super 90, Carrera,oder 906, ob Mercedes 300 SE, Ford Escortoder Capri RS – am Ende stand er fast immerunterm Lorbeerkranz. An die 100 Siegefuhr er zwischen 1959 und 1974 ein, fühltesich bei Rallye-Marathons genauso wohlwie auf der Rundstrecke. Der Schwabe be-scherte der Ford-Rennabteilung 1969 denersten Titel im Escort 1600, wurde im Zak-speed-Escort RS zweimal DRM-Titelgewin-ner und im Capri RS Tourenwagen-Europa-meister. Glemser ist heute 61, seit 38Jahren mit Helga verheiratet (drei Töchter,sechs Enkel), lebt in Warmbronn beiLeonberg und ist restlos zufrieden. Ausdem Tagesgeschäft der Grossgärtnerei hater sich ausgeklinkt («das macht jetzt meinBruder»), um Zeit fürs Skilaufen, Reisen,Radfahren und die Enkel zu haben.

Das Ende seiner aktiven Zeit ging naht-los über in Berater-Funktionen. Zuerst alsPate des R5-Pokals, dann als Ford-Berater,ab 1986 als Porsche-Cup-Manager und zu-letzt fast zehn Jahre als DTM-Koordinatorbei Mercedes. Noch immer fährt er Funk-tionstest für AMG und ist Instruktor beiFahrsicherheitslehrgängen. «Der Kontaktzum Sport ist eigentlich nie abgerissen.»

Das gilt auch für seine alten Freundeaus den Jahren als Mercedes-Werkspilotzwischen 1962 und ’64. «Das war dieschönste Zeit, mit Karl Kling als Rennlei-ter, mit Hans Herrmann, Eugen Böhringeroder Martin Braungart als Teamkollegen.»Mit Böhringer bildete Glemser ein Dream-Team: Im schweren 300 SE gewannen sie1963 sensationell den 6-h-Tourenwagen-GP am Ring, und fast wäre ihnen das auchbei den 24 Stunden von Spa geglückt.«Aber 15 Minuten vor dem Ende verlorEugen in Führung liegend ein Vorderrad.Meine grösste Enttäuschung überhaupt.»

Glemsers Lieblingsrennstrecke war dieNürburgring-Nordschleife, «obwohl mir daöfter die Muffe ging». Hier ereilte ihn 1973ein Riesenabflug. Nach Lenkungsbruch imBergabstück «Wehrseifen» flog sein CapriRS meterhoch durch die Luft und über-schlug sich mehrfach. Mit schweren Prel-lungen und Rippenbrüchen lernte er erst-mals in seiner Karriere das AdenauerKrankenhaus von innen kennen. Ein weite-rer böser Unfall 1974 in Macau schockteihn derart, dass er seine Karriere auf derStelle beendete. Wegen eines geplatztenReifens hatte sein Escort die Absperrungdurchbrochen und mehrere Zuschauer ver-letzt. «Das hat mich so bedrückt, dass mirder Spass schlagartig vergangen ist.»

Der Schwabenpfeil

Glanzjahre 1973/74: Glemser holt zwei DRM-Titel im Ford Escort von Zakowski

Glücksgriff: Dieter Glemser 1973 Glemser 1999: Das Haar wird lichter

17

Page 16: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

Herrmann, Hans (MSa 19/2000)

Hans Herrmann bekam das grösste Kom-pliment ausgerechnet vom schweigsa-

men Rennstallchef Carlo Abarth: «Ichkenne keinen Rennfahrer, der mit so wenigRisiko so schnell Auto fahren kann.» Dafür,dass der Mann seine Piloten regelmässigbeschimpft und zum Teufel gejagt hat, istdieses Zitat eine Sensation. «Ich hab’sselbst kaum glauben können, als er dasgesagt hat», feixt der gelernte Konditor-meister Herrmann noch heute. Seine Ren-nen und Siege für Mercedes, Porsche undAbarth, für BRM, Borgward, Cooper undMaserati sind Legende. Aber noch heuteist seine Popularität ungebrochen.

Der dreimalige deutsche Sportwagen-meister hat zwischen 1952 und 1970 alleFegefeuer des Rennsports erlebt. In derFormel 1 und im Sportwagen fuhr undsiegte er gegen die Besten seiner Epoche.Er hat Horrorunfälle auf der Avus und inMonaco überlebt, sich dabei fast alleKnochen gebrochen. «Überleben heisstauch Glück haben», sagt Herrmann, «unddavon hatte ich reichlich.» Das gilt auchfür die spektakuläre Entführung vor zehnJahren, wo er bis zu seiner Befreiung 48Stunden gefesselt und geknebelt in einemKofferraum Todesängste ausstand. «Wenndu das alles überlebt hast, weisst du, wasGlück bedeutet.»

Sogar im letzten Rennen begleitete ihndas Glück, als er 1970 mit Dick Attwoodim Porsche 917 die 24 Stunden von Le Mansgewann – den ersten Sieg für Porsche indiesem Klassiker. «Le Mans zu gewinnenund dann aufzuhören, ist wie ein schönerTraum.»

Im Februar feierte Hans Herrmannseinen 72. Geburtstag und lebt mit GattinMagdalena, mit der er seit 38 Jahren ver-heiratet ist, als erfolgreicher Geschäfts-mann in Sindelfingen. Sein Unternehmen«HH Autotechnik» fertigt Aluminium-Fahrwerksteile und Räder für die Auto-industrie. Sein jüngster Sohn Kai (30) ar-beitet kräftig im väterlichen Betrieb mit,der ältere (Dino, 34) lebt als Musikprodu-zent in Los Angeles.

Die Verbindung zum Rennsport ist fürHans Herrmann nie abgerissen. Dafürsorgen schon die vielen Mercedes-Ein-ladungen und regelmässigen Treffen mitder alten Truppe, «der ganzen Schwaben-Mafia halt». Formel-1-Übertragungen sindfür ihn Pflichtübung, egal zu welcherTages- oder Nachtzeit. Die neue DTM willer sich hin und wieder live vor Ort ansehen.Für die Zukunft wünscht er sich vor allemdies: «Gesund bleiben, die Firma aufErfolgskurs halten und nicht mehr entführtwerden …»

Der Hans im Glück

GP Frankreich 1954: Hans Herrmann im Mercedes-Silberpfeil mit der Startnummer 22

Hans Herrmann: Keine Entführung mehr!Hans im Glück: 1955 im Mercedes-Team

18

Page 17: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

Keine Feier ohne Heyer». Dieser Fahrerla-gerslogan begleitete den Tausendsassa

des deutschen Rennsports, wo immer erantrat. 33 Jahre lang hat er Freund undFeind mit seinem Ideenreichtum überrum-pelt. Erst im Kart, ab 1970 im Tourenwa-gen, zwischendurch in GT und Sportwagen.Die Trickkiste des Mannes mit dem be-rühmten Tirolerhut war unergründlich, mitdiebischer Freude genoss er die Ratlosig-keit der Konkurrenz. Genau 999 Rennen ister bis zu seinem Rücktritt Ende 1992 ge-fahren, rund 500 davon hat er gewonnen.Mit Ford und Lancia holte er drei DRM- undeinen EM-Titel, dazu liess er sich achtmalals Kart-Champion krönen. Mitte Märzfeiert Hans Heyer seinen 57. Geburtstag,dirigiert vom rheinischen Wegberg aus die130 Bitumen-LKW seines Strassenbaube-triebs und ist unverändert Fussball-Fan.

Er hat nichts verloren von der Spitzbü-bigkeit, ist noch immer derselbe durch-triebene Hund, der seine Gesprächspartnerlauernd fixiert. Noch immer gehört seineLiebe dem Rennsport, dem Fussball undseit einigen Jahren seiner kleinen Yacht,die vor Spanien liegt. Via TV verfolgt eralles, «was über den Bildschirm kommt».Und er träumt davon, «nochmal die Paris–Dakar zu gewinnen». Das gelang ihm 1986mit Yörn Pugmeister in der LKW-Wertung.

Rückblickend stellt der Vater von Mat-thias (30), Kenneth (20) und Alissa (16)fest, dass es ihm «verdammt gut gegangenist in all den Jahren». Seine schönste Zeithat er bei Ford und Erich Zakowski verlebt(«der war auch mein bester Teamchef»).Die Lancia-Siege und den DRM-Titel 1980betrachtet er «als wertvollste Erfahrung,weil ich da beweisen konnte, dass manauch mit einem völlig neuen Projekt aufAnhieb erfolgreich sein kann». Als Minus-Rekord vermerkt Heyer, dass er zwar 15 Malin Le Mans gestartet, aber nicht einmalangekommen ist. Trotz einem halben Dut-zend böser Crashs – der Horror-Überschlagim Lancia am Norisring 1980 ist wahr-scheinlich der berühmteste – gab es nieernsthafte Verletzungen. Eine tückischeHepatitis nach seiner aktiven Zeit machteihm da schon weit mehr zu schaffen, fastzwei Jahre lang laborierte er damit herum.

Wenn es mal einen neuen RennfahrerHeyer geben sollte, dann Kenneth. Der al-lerdings interessiert sich derzeit eher fürFussball und spielt schon in der Oberliga.Sehr zur Freude von Mama Marion: «Das istnicht so aufregend wie der Rennsport.»Heyers Erscheinen an den Rennstreckenhatte zuletzt Seltenheitswert. Jetzt will erwieder häufiger Gast im Fahrerlager sein:«Ich freue mich tierisch auf die neue DTM.»

Der Tausendsassa

«Meine schönste Zeit»: Heyer im Zakspeed-Escort 1976 in Mainz-Finthen

Heyer ’77: Der Mann mit dem Hut In Ehren ergraut: Heyer anno ’99

Heyer, Hans (MSa 09/2000)

19

Page 18: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

Huber, Günther (MSa 49/2000)

Günther Huber gehört zur Gruppe jenerwilden und weltweit gefürchteten

Österreicher, die den Erfolg der erstenFormel-Vau-Jahre entscheidend geprägthaben. Während die Landsleute in denWerksteams von Porsche Salzburg (AustroV) und Bergmann (Kaimann) im Kollektivauftraten, entschied sich der stille und in-trovertierte St. Pöltener für die Rolle desEinzelkämpfers. «Ich ging auch technischeigene Wege», erinnert sich Huber. Dazugehörte auch die Entwicklung geeigneterStossdämpfer. «Damals waren alle ziemlichtestfaul. Ich habe das mit Hugo Emde vonBilstein ausgenutzt. Die Zusammenarbeitmit diesem Mann war toll.» Schon bald warklar: Wer gewinnen wollte, musste Bilsteinfahren.

Als die Vau-Bewegung ’66 richtig inSchwung kam, gehörte Huber zu den Front-runnern, siegte bei den EM-Läufen auf demNürburgring und führte in Monaco mitRiesenvorsprung bis zum Ausfall wegenBremstrommelbruchs. Trotz harter Ge-genwehr von Marko, Peter und Co. holte ersich 1967 den EM-Titel. Davon schwärmter noch heute: «Es war eine ungeheureGenugtuung, als Einzelkämpfer den Restder Welt abzuduschen.»

Schon bald wurde Alpina-Chef BurkhardBovensiepen aufmerksam und holte den

jungen Mann mit dem Bubengesicht in seinTeam. Fortan driftete Huber mit den gelb-schwarzen BMW 2002 und CSL Coupés ausBuchloe bei den Topstars mit. «Wir Formel-Vau-Piloten dachten damals, uns gehörtdie Welt, und so fuhren wir auch.» DiesenÜbermut musste Huber am Nürburgring imStreckenabschnitt Wippermann denn auchmit seinem ersten und einzigen Mega-Crash bezahlen: Frontalaufprall ohne Gurtean einen Baum, drei Tage AdenauerKrankenhaus. Kaum wieder fit, holte ersich mit Helmut Kelleners im Alpina-CSLCoupé den Gesamtsieg bei den 24 Stundenvon Spa.

Noch bevor die 1,6-Liter-Super Vau ab1971 richtig in Schwung kam, beendeteHuber seine Karriere nach nur sechsJahren, um Verantwortung im elterlichenAutomobil-Betrieb zu übernehmen. Heuteist er 58 Jahre alt und Chef einer grossenChrysler-, Subaru- und Hyundai-Nie-derlassung mit angeschlossenem Iveco-LKW-Bereich. Seine Gattin Hannelore hateine Praxis für Kinder-Psychologie. Seit 27Jahren verheiratet, haben sie zwei Söhne(25 und 22). Jagen und Skifahren füllendie Freizeit Hubers aus, der sich noch einengrossen Wunsch erfüllen will: «Ich würdegerne mal einen historischen Formel 1fahren. Nur einmal, egal wo.»

Der Einzelkämpfer

Ein Einzelkämpfer als Ring-König: Huber 1967 im Kaimann-Formel Vau am Karussell

1968: Braves Bubengesicht, starker Wille Huber heute: Auch mit 58 jugendlich

20

Page 19: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

Dieser Slogan war schon für den unvergessenenBilstein-Rennsportchef Hugo Emde († 1995)Plattform und Basis seines engagierten Wirkensfür unser Unternehmen. Was er in mehr als 30 Jahren vor allem im Tourenwagensport aufgebaut hat, ist für uns heute mehr denn jeVermächtnis und Verpflichtung zugleich. Viele der ehemals erfolgreichen Rennfahrer und

Teamchefs, die in diesem Booklet vorgestellt werden, hatten mit Bilsteineinen treuen und verlässlichen Wegbegleiter. Und wir sind auch für dieZukunft ein starker Partner – mit neuen Ideen und High Tech-Kompetenz.

Bilstein. Ein starker Partner im Motorsport.

www.bilstein.de0180-5 60 08 60

Page 20: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

22

Kauhsen, Willi (MSa 26/2000)

Willi Kauhsen – dieser Name bürgtezwischen 1963 und 1974 für Unter-

haltung auf und neben der Piste. Die rhei-nische Frohnatur gehörte nicht nur zu denerfolgreichsten Porsche-Piloten seinerZeit, sondern war wegen seiner kernigenSprüche für die Presse stets eine Fund-grube. Erste Schlagzeilen machte der bär-tige Aachener 1965 im Abarth 1000 TC alsTourenwagen-Europameister. Danachprägten nahezu alle gängigen Porsche-Modelle vom 911 über Carrera 6 und 908bis hin zum 917/10-Turbo mit 1000 PSseine Karriere. Als Werkspilot gewann erim 914 die 84 Stunden am Nürburgring,siegte im 911 bei den 24 Stunden von Spaund fuhr mit Gerard Larousse im Langheck-917er in Le Mans auf Platz 2. «Das warendrei echte Highlights, an die man sichimmer gerne erinnert.»

Weniger gute Erinnerungen hat Kauhsenan die Jahre als Teamchef. Zwar gewannseine von Alfa Romeo geleaste und vonManager Domingos Piedade betreuteSportwagentruppe mit dem Tipo 33 diePrototypen-WM 1975, dafür lief sein Enga-gement in der F2-EM nicht gut. Und dasFormel-1-Projekt «WK 1» endete mit der«grössten Enttäuschung meines Lebens».Aufgrund geplatzter Sponsorendeals warder Traum vom eigenen Formel-1-Team zu

Ende, bevor er richtig losging. Das Aben-teuer Formel 1 kostete ihn knapp fünfMillionen Mark und brachte ihn an denRand des Ruins.

Im Mai wurde Kauhsen 61, lebt mitseiner zweiten Frau Uschi («keine Kinder,aber ein Hund») wechselweise in Aachenund im Feriendomizil in Spanien. Er spieltbegeistert Golf (Handicap 19) und pflegtseine Oldtimer. Das Transportgeschäft hater vor Jahren an seine Nichte übergeben.Über den aktuellen Motorsport informierter sich vorm Fernsehgerät: «Da wird allesgeguckt, was im Angebot ist, und einmalim Jahr geht’s zum Grand Prix nach Spa-Francorchamps.»

Bei aller Freude über die Erfolge derdeutschen GP-Fraktion trauert er nochimmer Ayrton Senna nach, mit dem ihneine persönliche Freundschaft verband.Dabei wird ihm immer wieder bewusst, wieviel Glück er selbst bei zwei Horror-Unfällen gehabt hat. Bei einem Aqua-planing-Crash auf der VW-VersuchsstreckeEhra-Lessien flog er samt Sitz in eineBöschung, während vom Werks-917er «nurnoch Einzelteile rumlagen». Und amNürburgring brannte der eigene 1000-PS-Porsche ab, als bei Tempo 270 am Flugplatzein Reifen platzte. «Das war der absoluteSuper-Gau.»

Der 1000-PS-Mann

Wahre Höllenritte: Willi Kauhsen im 1000-PS starken Porsche 917/10 1972 in Hockenheim

Bärtige Frohnatur: Willi Kauhsen 1968 Heute: Vor allem Freude an Golf und Autos

Page 21: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

23

Kelleners, Helmut (MSa 11/2000)

Seine Karriere begann im Slalomsport miteinem Glas 1304 TS. Die ersten Touren-

wagenrennen absolvierte er in einem AlfaGTA. Ein Engagement im Koepchen-BMW-Rennstall wurde zum Ausgangspunkt füreine der erfolgreichsten deutschen Renn-fahrerlaufbahnen. Mit Ehrgeiz, Präzisionund Zuverlässigkeit steuerte der Mann ausdem niederrheinischen Moers-Kapellenalle im Sport eingesetzten BMW-Modelle,aber auch bis zu 1000 PS starke Sportwa-gen auf Erfolgskurs. Mit drei Titelgewinnenin Folge ist «die Nas», wie ihn Mitbewerberwegen seines ausgeprägten Riechorgansnannten, Rekordhalter aus deutscher Sichtin der Tourenwagen-EM. Kelleners ist mitt-lerweile 61 Jahre alt und verfolgt mit Stolzdie Rennerfolge seines Sohnes Ralf. Zweirenommierte und kerngesunde BMW-Betriebe sowie ein BMW-Tuning-Unter-nehmen sichern die Existenz.

An die 150 Siege hat Kelleners zwischen1961 und 1984 eingefahren. Trotz dervielschichtigen Anforderungsprofile dervon ihm pilotierten Autos erwies er sichals Meister der Zuverlässigkeit, baute kaumUnfälle und zog sich in all den Jahren nieeine Verletzung zu. Seine Lieblingsstre-cken waren der alte Spa-Kurs und natürlichdie Nordschleife. Dort erlebte er auch seinpersönliches Highlight, als er sich im Mc-

Laren-Chevy im 300-km/h-Tempo mit demSchweizer Herbert Müller im 1000-PS-Por-sche 917/10 duellierte. Rad an Rad don-nerten die beiden ab Schwalbenschwanzbis zur Döttinger Höhe zum finalen Show-down, «jeder fuhr dem anderen mindes-tens dreimal in die Seite». Kelleners siegteum eine Wagenlänge und bezeichnet seineSportwagenzeit (Ford GT 40, March-Chevy707, McLaren-Chevy M8, Ferrari 512 M,Porsche 908 und 917/10) zwischen 1969und 1974 als die schönste seiner Karriere.

Sohn Ralf sorgt schon seit 1987 dafür,dass der Name Kelleners auf der Rennpisteweiterhin für Qualität und Erfolg bürgt. Derweissgott nicht unkritische Papa be-scheinigt dem Sohnemann «eine grössereGrundschnelligkeit, als ich sie damalshatte». Und das will nun wirklich washeissen.

Helmut Kelleners ist inzwischen ausge-wiesener Formel-1-Fan vorm TV-Gerät,reist jedes Jahr traditionell zu den 24Stunden nach Le Mans und trifft seinealten Weggefährten Manfred Trint und Ex-Mäzen Hans-Günther Lehmann beim Gol-fen (Handicap 15) auf Mallorca. Seit 1987zum zweiten Mal verheiratet mit Ute, fühlter sich dank regelmässigem Fitnesstrai-ning «topfit und viel jünger, als in meinemAusweis steht».

Die Nas aus Moers

Allrounder: Helmut Kelleners siegte auch in Sportwagen, hier 1970 im March-Chevy 707

Formel-1-Fan: Helmut Kelleners«Die Nas»: Helmut Kelleners 1972

Page 22: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

24

Knupp, Willy (MSa 41/2000)

Willy Knupp und sein RTL-Mikrofonwaren bereits in den 60er-Jahren stets

in vorderster Front, wenn es bei «RadioTele Luxemburg» um Motorsport ging. MitFrank Elstner etablierte er Motorsport-Reportagen als fixes Programmelement imRadio und platzierte seinen Sender alsPartner von Teams und Veranstaltern. Soprangte das RTL-Logo lange Zeit auf denFord-Escort- und Capri-Tourenwagen desZakspeed-Rennstalls, und das Eifelrennenerhielt über Jahre Werbung durch eine RTL-Partnerschaft mit dem ADAC Nordrhein.Das Düsseldorfer RTL-Studio wurde oft zumProminenten-Treff, denn wenn Willy rief,dann kamen sie alle. «Die Zeit mit FrankElstner beim Radio war die schönste über-haupt», blickt der Kölner fast ein bisschenwehmütig zurück.

Die Gründung von RTLplus TV in Kölnbrachte für Knupp den Wechsel ins neueMedium. Er holte nicht nur die Formel 1ab 1983 ins Haus, sondern begleitete dieGP bis 1992 als Kommentator. «Wir habenechte Pionierarbeit geleistet», erinnertsich Knupp. «Die Formel 1 war bei uns an-fangs ein Ein-Mann-Betrieb. Da war ichschon froh, wenn mir Werner Heinz oderNorbert Haug etwas assistiert haben.» Seit1992 hat er nach fast 800 Einsätzen dasMikrofon zur Seite gelegt, um Platz für

Heiko Wasser zu machen. Vom ehemaligenRTL-Chef Dr. Thoma wurde er zum Gesamt-koordinator für Motorsport-Kommunika-tion berufen. Seither vertritt er den Senderbei den meisten GP als Botschafter.

Für Ende 2001 hat Knupp den «lang-samen Übergang in ruhigeres Fahrwasser»anvisiert: «Dann bin ich 65, will mehr Zeitfür die Familie und für meine TochterLisann haben». Mit seiner langjährigenLebensgefährtin und TV-Kollegin BirgitLechtermann ist er seit 1995 verheiratetund geniesst jede freie Minute. «Auch inZukunft möchte ich dem Motorsport inberatender Funktion verbunden bleiben.Und das eine oder andere Buch schreiben»,sagt der ehemalige Hobby-Renn- undRallyepilot (BMW, Abarth Irmscher-Opel,Ford). Bisher sind 23 Titel unter seinerMitwirkung erschienen, zuletzt «50 JahreFormel 1».

Mit Hans Heyer, Jochen Mass und vielenWeggefährten hält Knupp noch immerengen Kontakt. Und seinem Arbeitgebermacht er ein dickes Kompliment: «Ichbekam die Chance, mit der Formel 1 beiRTL etwas Neues aufzubauen. Dafür bin ichdankbar. Und stolz auf das Resultat.» Dieersten Grand-Prix-Übertragungen hattenum die 100000 Zuseher. Heute sind eszwischen 9 und 13 Millionen.

Der RTL-Pionier

Nicht nur wortgewandt: Knupp/Breiter im Ford Capri 1971 bei der Monte

1970: Man beachte den Kragen … Heute: Noch immer voll im Saft

Page 23: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

25

Kottulinsky, Freddy (MSa 16/2000)

Freddy Kottulinsky wurde in Englandwegen seiner Fahrweise «Freddy Elbow»

(Ellbogen-Freddy) gerufen, auch anderswowurden die Gegner bleich, wenn sie nurseinen Namen in der Startliste entdeckten:Wo Freddy Graf Kottulinsky antrat, flogendie Fetzen. Wenn’s krachte, war er meistmittendrin, aber nur einmal hat er sichnach einem Überschlag in Mallory Park/GBwehgetan. Was Kampfgeist und Mut be-trifft, eilte ihm ein Ruf wie Donnerhallvoraus.

33 Jahre hat der Schwede mit Wohn-sitzen in Deutschland und Österreich inallen möglichen Cockpits zugebracht. Da-bei fühlte er sich im Monoposto am wohl-sten. So wurde er viermal in Folge mit sei-nen Landsleuten Ronnie Peterson (1968)und Torsten Palm (1969–71) Formel-3-Team-Europameister. Mit Niki Lauda teilteer sich in der Sportwagen-WM 1971 einenPorsche 908. Die Formel Super VW misch-te er im ATS-Lola derart wild und überlegenauf, dass man ihn nach dem EM-Titel ’74diskret bat, diese Kategorie zu verlassen.Weder Siege noch Starts hat er gezählt.«Ich habe immer nur Gas gegeben, allesandere war Nebensache.»

Formel 3, Formel 2, Formel Super VW,Sportwagen, DTM, Tourenwagen-EM,Rallye-DM, Seat-Ibiza-Cup, Paris–Dakar –

eigentlich gibt es nichts ausser der Formel1, wo er nicht erfolgreich gewesen wäre.Ein Wunder an Fitness war er immer – nochals 60-jähriger fuhr er sein letztes Rennenin der Formel-Opel-EM. Im Juli wurde derewig jugendliche Graf 68, hat vor fünfJahren wieder geheiratet und lebt seitdemin Schleiz am Rande der ältesten deut-schen Natur-Rennstrecke.

Dass es ihn ans Schleizer Dreieck ver-schlug, ist das Resultat eines Renn-Flirts.1969 gewann er dort ein internationalesFormel-3-Meeting, was ihm das obligateSiegerbussi der Dame am Podium ein-brachte. Man kam sich näher, sah sich zweiJahre später wieder und dann nie mehr –bis 1995. Der Zufall führte Freddy und seinSiegerehrungsmädel erneut zusammen –und diesmal endete dies mit Hochzeit undHausbau.

Mountainbiken, Kochen und Garten-arbeit sind seine Hobbys. Den Kontakt zumRennsport hält er über die Fachpresse.«Ich lese MOTORSPORT aktuell, da weissich alles.»

Fürs Audi-Sicherheitsprogramm ist ernoch 130 Tage im Jahr als Trainer tätig.So ganz ist Kottulinsky mit dem Motor-sport noch nicht fertig. Mit einem Volvo122 S ist er in der historischen Rallye-EMauf Titelkurs.

Alter Schwede!

Gegner fürchteten ihn: «Freddy Elbow» ’70 im Formel 3 auf der Nürburgring-Nordschleife

Tausendsassa: Freddy Kottulinsky 1976 Der Graf heute: Ruhe in Schleiz

Page 24: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

26

Kranefuss, Mike (MSa 18/2000)

Was Mike Kranefuss erreicht hat, kannman getrost als Traumkarriere be-

zeichnen. Vom Hobby-Piloten (MiniCooper, Abarth 1000, Ford Escort) der60er-Jahre und Assistenten des erstenKölner Ford-Rennleiters Jochen Neerpaschbrachte es der stets zu derben Scherzenaufgelegte Münsteraner bis zum Direktorfür den weltweiten Motorsport des Ford-Konzerns.

In seinen Amtszeiten als Deutschland-Sportchef in Köln (1973 bis 1975), alsEuropa-Direktor in Köln und England(1976 bis 1980) und ab 1981 schliesslichals weltweit verantwortlicher Manager inDetroit führte er das Unternehmen nachjeweils dürren Jahren in allen wichtigenMotorsport-Disziplinen zurück an dieSpitze. Und das alles mit der ihm eigenenLockerheit.

Dennoch wurde Kranefuss 1996 zumAussteiger, um sich einen Traum zu er-füllen: ein eigenes NASCAR-Team. Erst mitCarl Haas, später mit Roger Penske alsKompagnon. Heute zählt die Allianz mitden Piloten Jeremy Mayfield und RustyWallace zu den Besten. Im Juli wurde derMann mit der immer köchelnden Pfeife 62.Mit Gattin Immy und seinen Söhnen Danny(27) und Phillip (24) lebt er in der Nähevon Charlotte.

Längst ist er Ami aus Überzeugung,schwärmt vom Lebensstil, vom «easygoing» und von der Freundlichkeit derMenschen. «Die Zeit in Deutschland wartoll, aber das hier ist eine andere, fas-zinierende Welt.» Noch immer bezeichneter sich als «Racing-Verrückten», der 35Wochenenden im Jahr auf Rennstreckenzubringt. «Wenn du das nicht aus Spassmachst, frisst der Stress dich auf. Für dieKohle macht das keiner freiwillig.»

Immy, seit 31 Jahren an Mikes Seite, er-trägt es mit Fassung, zumal auch die Söhneschon Rennluft schnuppern. Danny istFinanz- und Personalchef in der 60 Mannstarken Firma des Vaters. Und Phillipbrachte es 1999 in der ASA-Serie (eineNASCAR-Vorstufe) zum «Rookie of theYear». «Der weiss genau, was er tut undwill. Ich war als Rennfahrer impulsiver undweniger methodisch», so der stolze Papa.

Die Frage nach Hobbies wird im Keimerstickt: «Der stramme Rennkalender lässtkeine Spielräume. Mein Hobby ist Racing.Ich bin wunschlos glücklich.» Zukunfts-pläne? «Alles soll bleiben, wie es ist.» UndImmy Kranefuss ergänzt aus dem Hinter-grund mit beissender Ironie: «Wenn derMike mal die Augen für immer zumacht,dann wahrscheinlich auch auf einerRennstrecke.»

American Dream

Rennfahren als Hobby: Kranefuss in seiner heissen Abarth-Knutschkugel

Ein halber Ami: Kranefuss heuteVor 30 Jahren: Weniger methodisch

Page 25: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

27

Linge, Herbert (MSa 06/2000)

Herbert Linges Name ist untrennbar mitPorsche verbunden. Rund 120 Siege,

der Titel des deutschen Rundstreckenmeis-ters im Carrera, WM-Titel mit der Porsche-Werksmannschaft, erfolgreiche Teilnahmean fast allen Langstrecken-Klassikern ste-hen auf dem Konto des Porsche-Piloten.Sogar das Bundesverdienstkreuz hat er be-kommen. Sein Lebenswerk freilich ist dieONS/DMSB-Rettungsstaffel, deren Aufbauauf seine Initiative zurückgeht. Heute istLinge 71 Jahre alt, und genauso lange lebter in Weissach, bei Porsche um die Ecke.«Meine Frau und ich sind gesund, wir sindglücklich, das ist die Hauptsache.» Lilo istseit 42 Jahren an seiner Seite.

Zuverlässig, sauschnell, souverän,technisch hoch begabt, durch nichts ausder Ruhe zu bringen: So beschreibenGegner von damals ihren Konkurrenten.Der Urschwabe war in der Tat für Porscheeine Art Allzweckwaffe und fuhr seineRennen nach dem Motto «In der Ruhe liegtdie Kraft». Ob Rallye oder Rundstrecke, obGT oder Sportwagen – Linge war mit jedemPorsche schnell und erfolgreich.

Die Verbindung mit dem StuttgarterSportwagenunternehmen hat nicht nurseine sportliche Laufbahn, sondern auchsein ganzes Leben geprägt. So arbeiteteer seit seinem 15. Lebensjahr ausschliess-

lich für Porsche und steuerte im Laufeseiner Karriere nur Porsche-Rennautos. Biszur Pensionierung war Linge Betriebsleiterim Weissacher Techniktempel. Einenrichtigen Werksfahrer-Vertrag mit Gage hater übrigens nie bekommen. Und das ärgertihn noch heute. «Der Huschke hat damalsden Standpunkt vertreten, dass der Lingesowas nicht braucht, weil er als Porsche-Mitarbeiter sowieso immer da ist.»

Von allen Porsche wurde der 904 GTS zuLinges Liebling. Damit holte er sich auchseine wertvollsten Erfolge wie die GT-Rundstreckenmeisterschaft oder die Tourde France, die er mit dem Franzosen RobertBuchet gewann. Auf den Sieg bei derdamals berühmt-berüchtigten Frankreich-Rundfahrt für Automobile ist er besondersstolz, «weil das das Härteste überhauptwar. Da gab es allein zehn Bergprüfungenund ein Dutzend Rundstreckensprints.»Genauso wie der 904 GTS ist Linge auchdie Nordschleife ans Herz gewachsen.

Noch hat er zwar Kontakt zur Renn-Cli-que aus dem Grossraum Stuttgart, aber zuden Rennstrecken kommt er kaum noch.Auch die Leitung der Rettungsstaffel istlängst in andere Hände übergegangen.Sein Hobby sind jetzt Oldtimer, mit denener gerne noch einige Wettbewerbe wie die«Ennstal Classic» bestreiten würde.

Die Allzweckwaffe

Porsche und sonst nichts: Herbert Linge im Porsche Abarth-Carrera auf GT-Titelkurs 1963

Linge damals: Immer auf Porsche Linge heute: Oldtimer als Hobby

Page 26: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

28

Löwinger, Willy (MSa 34/2000)

Willy Löwinger hat als Funktionär undOrganisator Motorsport-Geschichte

geschrieben. Als allgewaltiger und dikta-torisch amtierender Präsident des Öster-reichischen Automobil Sport Clubs (ÖASC)verhalf er dem Rennsport in den 60er-Jahren zu neuer Akzeptanz. Rindt, Ques-ter, Lauda und Marko absolvierten ihreDebüts bei Löwingers Veranstaltungen.Dazu zählten die Flugplatzrennen Wien-Aspern und Innsbruck wie die Berg-EM-Läufe am Gaisberg, Dobratsch oder Tim-melsjoch. Seine grösste Tat war der Baudes Salzburgrings Ende der 60er-Jahre.

Lange blieb der einstige EisschnelläuferAlleinherrscher in Österreichs Szene. Erstals dem Salzburgring mit der Knittelfeld-Zeltweg-Connection um Dr. Tiroch Konkur-renz durch den neuen Österreichring er-wuchs, wurde seine Regentschaft be-schnitten. Damals musste er sich anhören,wie sein geliebter Kurs durch einheimischeStars als «längste Pissrinne der Welt» ver-höhnt wurde. Dass der Formel-1-GP amÖsterreichring blieb, hat er nie verwunden.

Bühnenreife Auftritte und Anekdotendes heute 84-Jährigen begleiteten seineAmtszeit von 1955 bis 1990. Ein typischesSzenario: Ein Tisch, darauf die eiserneHandkasse und der Ticket-Koffer, dahinterder ÖASC-Chef mit dicker Zigarre im Mund.

«Wer sind Sie, was wollen Sie, wo schreibenSie?» herrschte er ihm unbekannte Jour-nalisten an. Wer Anmache und Taxierungüberstand, bekam ein Ticket und durftepassieren. Ein Ausweis für die Begleitung?«Kaufens dem Hasen a Stehplatz-Karten»,beschied er und liess den Nächsten vor-treten.

Gendarmen, die an Rennwochenendennur auf Löwingers Kommando hörten, zo-gen auf sein Geheiss auch mal den Re-volver, um aufsässige Rennfahrer zur Ord-nung zu rufen. Mit dem Amerikaner MastenGregory wälzte er sich am Boden, weil derPole-Sitter am Renntag kein Ticket vorwei-sen konnte. Einen Deutschen bestellte er«für 500» als Streckenreporter nach Inns-bruck, um hernach zu erklären, dass es sichbei der Gage natürlich um Schilling undnicht um D-Mark handle …

«Der Willy war so eine Art BernieEcclestone für Arme», erinnert sich DieterQuester. «Ich war immer ein Diktator, unddas war gut so», blickt Pensionär Löwingerzurück. Die Zigarren schmecken nochimmer, die Gesundheit ist im grünen Be-reich. Gelegentlich reist er noch zur Berg-Europameisterschaft, deren Mitbegründerer ebenso ist wie der Tourenwagen-Euro-pameisterschaft. Sonst ist er mit sich undder Welt zufrieden.

Wiener G’schichten

Dreier-Talk: ADAC-Mann Schaaf, Willy Löwinger und MSa-Autor Rainer Braun im Jahr 1964

1971: Wer sind Sie, was wollen Sie? Löwinger 1999: Ich war immer ein Diktator

Page 27: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

29

Luck, Jochen (MSa 24/2000)

Jochen Lucks Stimme gehörte 38 Jahrelang zu den grossen Motorrad- und

Automobil-Veranstaltungen in Deutsch-land. Zwischen 1949 und 1987 kom-mentierte der stimmgewaltige Mann ausKassel als Streckenreporter mehr als 500Rennen, darunter 20 Formel-1-Grands-Prix, 19 1000-km-Rennen, 36 Motorrad-GPund 33 Motocross-WM-Läufe. Inzwischenist er 75 Jahre alt, sieht aus wie 60 undfährt noch immer historische Motorrad-Rennen.

Luck ist ein Paradebeispiel dafür, wieman mit positiver und gesunder Lebens-einstellung auch jenseits der 70 noch jung,gesund und vital bleiben kann. «Die Liebezum Sport», glaubt er, «hat mich bis heutefit gehalten.» Bei schönem Wetterschwingt er sich auf die Enduro-Maschineoder fährt Mountainbike. Im Winter gehter zweimal die Woche Schlittschuh-Laufenund spielt sogar Eishockey. «Das Alter istkein Unglück, sondern ein Geschenk. Alsomuss man es dankbar annehmen undnutzen, so gut es geht.»

Mit seiner Reporterzeit verbindet Luckviele schöne Erinnerungen. So arbeitete erbesonders gerne auf der Avus. «Das warmein Lieblingsrennen, wegen der ganzspeziellen Stimmung, die das BerlinerPublikum verbreitete.»

Am meisten ging Jochen Luck der Todvon Jim Clark im April 1968 beim Formel-2-Rennen in Hockenheim unter die Haut.«Als ich das Bulletin der Rennleitung ver-lesen habe, erhoben sich 70000 Menschenim Motodrom schweigend und ohneAufforderung von ihren Plätzen. Das hatmich ungeheuer mitgenommen.»

Die heutigen Kollegen beneidet Luckinsofern, als ihnen alle erdenklichenelektronischen Hilfsmittel bei derReportage zur Verfügung stehen. Dass ertrotzdem zu seiner Zeit nie ins Schleudernkam und immer auf der Höhe desRenngeschehens war, verdankt er seinerFrau Hildegard, mit der er seit 1964 ver-heiratet ist. «Sie war mein Computer, führ-te ihre Rundentabelle mit äussersterPräzision und half mit ihren Aufzeich-nungen auch schon mal der Zeitnahme ausder Bedrängnis. Ohne sie wäre ich amMikrofon nur die Hälfte wert gewesen»,versichert «Jochen, the Voice».

Heute noch macht Jochen Luck rundzehn Motorrad-Grand-Prix-Besuche proJahr zu seinem Pflichtprogramm. «Wennich einen Wunsch frei hätte», so der lang-jährige Leiter der MAN-Nutzfahrzeug-Niederlassung Kassel, «dannn würde ichgerne mal bei der Dakar-Rallye in einemBegleitfahrzeug dabei sein.»

Die Renn-Stimme

Auf rutschigem Parkett: Auch mit 74 Jahren führt nur er selbst Jochen Luck aufs Glatteis

Jochen Luck: 38 Jahre am Mikrophon Luck: Auf zwei und vier Rädern versiert

Page 28: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

30

Mander, Dr. Helmut (MSa 31/2000)

Dr. Helmut Mander beherrschte zweiDisziplinen schon immer besonders

gut: Motorsport und Tennis. Hätte es inseiner besten Zeit als Rennfahrer so vieleOpel-Fans gegeben wie heute, wäre er ver-mutlich auf Händen getragen worden. Alstreuer und erfolgreicher Irmscher-Kundeprügelte er seinen meist grell-bunt la-ckierten Zweiliter-Kadett so brutal überdie Bergrennstrecken Europas, dass dieRivalen reihenweise resignierten. So ge-langen ihm allein im Kadett 104 Klassen-und acht TW-Gesamtsiege, Letztere vor-zugsweise im Regen.

Dazu liess er sich mehrfach als Vize-Europameister feiern. Die zweite Parade-disziplin bescherte dem belesenen Volks-wirt Dr. rer. pol. Mander jede Menge Erfolgmit dem Tennis-Racket. Noch vor zehnJahren holte er die hessische Senioren-Meisterschaft. Inzwischen ist der mitt-lerweile 60-Jährige bekennender Ferrari-Fan, lebt in Dietzenbach bei Offenbachund dirigiert bei Ferrari Deutschland inWiesbaden das europaweite Managementder beliebten Challenge. Für das sprin-gende Pferd arbeitet Mander seit 20 Jah-ren, erst als Marketingleiter, jetzt alsSportmanager. Auch Sohn (15) und Tochter(12) Mander entwickeln sich zu Sports-kanonen, allerdings nicht am Lenkrad. «Sie

spielen sehr gut Tennis», lobt der Papa.«Das Mädchen wird sogar vom Verband ge-fördert.» Dass der Nachwuchs mit Motor-sport nichts am Hut hat, stört Mandernicht: «Dann wird’s nicht so teuer.» An die70er erinnert sich Mander besondersgerne. «Das erste Jahr mit dem Zweiliter-Opel Kadett 1971 war das schönste, dahaben wir im Regen so manchen GT nieder-gemacht und auch einige Tourenwagen-Gesamtsiege eingefahren.»

Die grösste Enttäuschung seiner Lauf-bahn erlebte Mander beim EM-Lauf inAndorra. In der ersten Kurve lag der Kadettim Acker, und der anvisierte EM-Titel warfutsch. Sein Lieblingskurs war der EM-Par-cours Bozen–Mendola. Alles in allem hatder Bergspezialist in 25 Jahren gut 200Siege erreicht, die meisten mit Opel Kadettund Commodore von Irmscher.

Seine Zukunftspläne sind abgesteckt:«Als Erstes will ich Gewicht abspecken,dann so viele Erdteile wie möglich mit demWohnmobil bereisen und schliesslich nurselten Krawatte und Sakko tragen. Spä-testens in fünf Jahren will ich beginnen.»Einen Strich durch die Rechnung könnteihm nur der leicht angeschlagene Bewe-gungsapparat machen: «Die Hüfte zwickt,und die Bandscheibe ist nach einem Vorfallauch nicht mehr so stabil.»

Der Bergdoktor

Früher Strycek: Helmut Mander im Irmscher-Kadett beim Sauerland-Bergpreis 1973

1973: Eine der vielen Ehrungen 2000: Erfolgreicher Ferrari-Repräsentant

Page 29: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

31

Meeuvissen, Annette (MSa 44/2000)

Annette Meeuvissen wird das Szenariojenes Sonntags im September 1982 auf

dem Flughafen Siegerland wohl nie ver-gessen: Endspurt im Premierenjahr desFord-Fiesta-Ladies-Cups, ihr Auto droht imKampf um die Führung umzukippen, wun-dersamer Weise bleibt der Überschlag aus,sie gewinnt sogar noch knapp. Im Ziel derEklat: Annette wird von der Besiegten be-schimpft, statt Gratulation gibts böseWorte: «Schau mal in den Spiegel, blödeKuh, und schmink’ dich richtig.»

Das Finale am Nürburgring lässt Böseszwischen den Rivalinnen befürchten, aberdann geht’s doch versöhnlich aus. Beidestehen punktgleich unterm Siegerkranz,der von Ford ausgelobte Preis (ein neuesAuto) wird verdoppelt, beide sind zufrie-den. Da ist es auch wurscht, dass Annetteauf Grund schlechterer Einzelplatzierun-gen trotzdem nur «Second Lady» wird.

Das war die Begleitmusik des Einstiegsder Sportlehrerin in den Rennsport. «Erstwar ich schockiert, dann habe ich be-griffen, wohin die Reise geht.» Zielstrebigarbeitete sie sich bis zum BMW-Werks-vertrag für DTM (Zakspeed) und Touren-wagen-WM (Schnitzer) hoch. «Die WM-Saison 1987 bei Schnitzer war die schönsteund professionellste, die ich je erlebthabe», sagt sie. Trotzdem endete die Profi-

Karriere 1992 «mit Frust und Ent-täuschung, weil es keine Perspektivenmehr gab».

Die Düsseldorferin heuerte bei der LTUals Flugbegleiterin an, verliebte sich in dasafrikanische Land Namibia und träumtevon einer Farm für heimatlose oder ver-letzte Tiere. Die Liaison mit einem Ein-heimischen bestärkte sie in ihrem Plan,sich in Südafrika niederzulassen. «Leiderging das daneben, es war ein schönerTraum.» Der Trennung vom Partner folgtedie Rückkehr nach Deutschland.

Hier ordnet Annette Meeuvissen inMünchen ihr Leben gerade neu. Als alleinerziehende Mutter des einjährigen Maxstellt sie sich «einer grossen Verantwor-tung mit neuer Prioritäten-Orientierung».

Über kurz oder lang will sie wieder alsFlugbegleiterin arbeiten. Unter das Kapi-tel Motorsport hat die 38-Jährige einenSchlussstrich gezogen, auch die Kontaktezum Rennsport sind abgerissen. «Gele-gentlich schaue ich mir noch ein Formel-1-Rennen im TV an, aber die ganz grosseFaszination ist weg.» Stattdessenschwingt sie neuerdings den Golfschlägerund findet wieder Spass in ihren früherenLehrberufen Aerobic und Fitness. «Ichhabe ein neues Leben begonnen und binnicht unzufrieden.»

«Second Lady»

Resultat ihrer Zielstrebigkeit: Annette Meeuvissen im Zakspeed-M3 in der DTM 1988

Damals: Die Ford-Fiesta-Lady anno 1982 Heute: Neues Leben in München

Page 30: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

32

Moll, Rolf/Schock, Walter (MSa 32/2000)

Walter Schock und Rolf Moll können inAnspruch nehmen, im Rallyesport

Geschichte geschrieben zu haben. Alserste Deutsche gewannen sie 1960 aufMercedes 220 SE die Rallye Monte Carlo,wurden zweimal Europameister und sieg-ten bei fast allen Rallye- und Marathon-Klassikern wenigstens einmal. Kein Wun-der, dass die Schwaben sechs Jahre lang(1954 bis 1960) als das «Dream Team» desRallyesports galten.

Ihrer Hausmarke Mercedes-Benz blie-ben sie stets treu – die Modelle 220 SE und300 SL waren Sieggarant und Verpflich-tung. Der Renn- und Rallyebaron Huschkevon Hanstein hat über die MannschaftSchock/Moll einst gesagt: «Die beiden sindwie ihr Auto – ein deutsches Marken-zeichen für Qualität und Siege.» An Clever-ness, Zuverlässigkeit und Präzision über-trafen Fahrer Schock und Co Moll alle, auchwenn die schneller oder mutiger waren.«Hirn einschalten, keine Fehler machenund ankommen», lautete ihre Devise.Silbernes Lorbeerblatt und Bundesver-dienstkreuz krönten die Laufbahn.

Danach machten die Stuttgarter alsSportfunktionäre Karriere. Schocks Zuge-hörigkeit als DMSB-Berufungsrichter gehtbereits ins 35. Jahr. Und Moll lenkte dendeutschen Motorsport über viele Jahre als

AvD-Sportpräsident und ONS-Präsident.Inzwischen hat der Ex-Vorstands-Vor-sitzende der DEKRA den Wohnsitz insschweizerische Wollerau am Zürichsee ver-legt. Der 72-Jährige will mit Frau Edith(seit 43 Jahren verheiratet) in erster Linie«die Schweiz erforschen, reisen und Golfspielen». Die Töchter Vera (43) und Claudia(40, verheiratet mit DTM-Regelfuchs Mi-chael Bernard) blieben in Stuttgart. A pro-pos DTM: «Die Premiere in Hockenheim»,so Moll, «habe ich mir als alter DTM-Fannatürlich nicht entgehen lassen.»

Walter Schock feierte im April inStuttgart den 80. Geburtstag. «Ich binfroh, dass der liebe Gott mir so vieleschöne Jahre geschenkt hat.» Immerhinüberstand er letztes Jahr einen Ober-schenkelbruch und erst kürzlich eineschwierige Nierenoperation. Wann immeres geht, schaut er sich die wichtigstenRennen in Hockenheim live vor Ort an.«Alles andere findet vorm Fernseher statt,da wird keine Sendung versäumt.»

Und wenn’s um ihn herum mal nichtbrummt, findet man ihn in seinem Garten.Unterstützt wird er von seiner Gattin Ruth,mit der er seit fast biblischen 55 Jahrenverheiratet ist. Sein Fazit: «Ein guterSchwabe wechselt weder Ehefrau noch denCo-Piloten…»

Das Dream-Team

Schwäbische Tugenden: Schock/Moll bei ihrem Rallye-Monte-Carlo-Sieg anno 1960

Dream-Team: Schock (links) und Moll Wiedersehen: Moll (links) und Schock

Page 31: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

33

Odenthal-Stöhr, Waltraud (MSa 36/2000)

Waltraud Odenthal trat fast nahtlosHannelore Werners Nachfolge als

schnellste deutsche Rennlady der 70er-Jahre an. Die Tochter eines Ford-Händlersaus Siegburg startete ihre Motorsport-Laufbahn 1969 im Escort-Cup, wechseltedanach in einen Gruppe-2-Capri und ge-hörte ab 1972 im Gruppe-5-Capri RS zurElite der Deutschen Rennsport-Meister-schaft (DRM). Immer wieder erstand derHerr Papa für die Tochter einen ausran-gierten Werks-Capri aus dem Vorjahr.

Bemerkenswerte Kämpfe gegen diemännliche Konkurrenz vom Schlage einesLudwig, Fritzinger oder Stommelen brach-ten der sommersprossigen, löwenmäh-nigen Dame den Spitznamen «Turbo-Maus» ein. Allerdings flossen auch dickeTränen, wenn der teure Capri RS neben derPiste lag. «Ich habe nur deshalb geheult,weil ich Angst hatte, dass Vater den Geld-hahn zudrehen könnte.»

Die Befürchtung wurde besonders akut,als die schnelle Waltraud am Ring einebrandgefährliche Luftnummer fabrizierte.Auf dem Bergabstück in Richtung Wehrsei-fen absolvierte sie eine beängstigendeFlugreise und überschlug sich bei derLandung dreimal. Resultat: Totalschaden,zwei angebrochene Rückenwirbel. «Dadachte ich, das wars.» Mit dem Nürburg-

ring ist auch ihre grösste Enttäuschungverbunden. Eine Stunde vor Ende des 24-Stunden-Rennens feuerte ihr Co-Pilot aufGesamtrang 2 liegend den Capri in die Bo-tanik.

Die Hochzeit mit dem einstigen Castrol-Renndienstleiter Jochen Stöhr liess dieVollgas-Zeit der Turbo-Maus 1974 ausklin-gen. 1977 war endgültig Schluss. Gemein-sam führt das Ehepaar heute drei Ford-Autohäuser in Siegburg, Troisdorf undAltenkirchen. Eine weitere Aufgabe wirdwomöglich schon bald hinzukommen,denn zwei der drei Odenthal-Kids drängenmit Macht in Richtung Racing: Philipp (19)und Jessica (21) wollen Tourenwagen fah-ren. «Nicht auszuschliessen», sagt dieMama mit gemischten Gefühlen, «dass sichzumindest der Sohn durchsetzt. Nur die äl-teste Tochter hat damit zum Glück nichtsam Hut.»

Kontakt mit Konkurrenten und Freundenvon früher hat sie nur noch selten.«Eigentlich schade, doch der täglicheGeschäftsbetrieb lässt dir einfach keineZeit dafür.» Trotzdem bleibt ein Wunsch,den sie sich unbedingt erfüllen möchte:«Ich würde gerne einen meiner ehemaligenCapri RS von den jetzigen Besitzern zu-rückkaufen. Da hängen doch verdammtviele Erinnerungen dran.»

Die Turbo-Maus

Triumph und Tränen: Turbo-Maus Waltraud Odenthal 1972 im Ex-Werks-Capri am Ring

Odenthal 1970: Was waren das für Brillen 2000: Der Nachwuchs drängt nach

Page 32: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

34

Perrot, Xavier (MSa 43/2000)

Xavier Perrot gehörte in den Formel-2-Glanzjahren 1969 bis 1972 zu jener

Klientel, die dem damaligen March-Mit-inhaber und heutigen FIA-Boss Max Mosleyimmer wieder die Firmenkasse füllte. Alsweltweit erster March-Kunde holte sich derzweifache Schweizer Meister alljährlichdas neueste Chassis samt Teilevorrat in Bi-cester ab. Bei den Formel-2-EM-Läufenund in der Berg-EM gehörte der ZürcherAutohaus-Besitzer zum Fahrerstamm.

Seinen grössten Auftritt hatte derSchweizer am 2. August 1970 am Nürburg-ring. Während die Formel-1-Piloten Rindt,Stewart & Co. zum Entsetzen des Veran-stalters AvD einen Streik wegen fehlenderSicherheit auf der Nordschleife anzettel-ten und der deutsche Grand Prix inHockenheim stattfand, siegte Perrot imknallgelben March-Ford beim vom AvD ausProtest als «Gegenveranstaltung» ausge-schriebenen «Grand Prix von Deutschlandfür Formel-2-Rennwagen». AvD-Sportstra-tege Schmitz polterte damals: «Wir ma-chen auf der Nordschleife einen Grand Prixfür richtige Männer.»

Dass den «Harte-Männer-Grand-Prix»mit Hannelore Werner beinahe eine Fraugewonnen hätte, verhinderte nur Perrot:Er profitierte vom Ausfall des führendenDerek Bell in der letzten Runde. «Das war

ein echtes Geschenk», erinnert sich der68-Jährige heute.

Nach fast zehn Jahren in verschiedenenSportwagen und Formel-Autos beendeteXavier Perrot 1972 seine Laufbahn. In die-ser Zeit gelangen ihm rund 70 Siege undneben den zwei nationalen auch der Titelin der Europa-Bergmeisterschaft 1972. Ei-ner seiner wenigen Unfälle hätte übrigensfast die Verschiebung des Hochzeitster-mins erzwungen: Beim F2-EM-Lauf 1970 inHockenheim brach er sich den Fuss. «EinUnglück kommt selten allein», albertenseine Freunde daraufhin lautstark, als erwenige Tage später mit Gipsbein zurTrauung antrat. Mit seiner Manuela ist erinzwischen seit 30 Jahren verheiratet.

Kaum hatte der Zürcher sein Autohausvor fünf Jahren verkauft, erlitt der Vor-ruheständler zwei gesundheitliche Rück-schläge: Gerade von einer Herzklappen-Operation genesen, zwang ihn eine Ge-hirn-Embolie erneut ins Spital. Inzwischenhat er sich so erholt, dass er wieder Sporttreiben kann. Mit Interesse schaut sich«Xavi» nach wie vor alle Formel-1- undMotorrad-Grands-Prix im Fernsehen an.Hochtrabende Pläne und Wünsche hat ernicht: «Wenn ich halbwegs gesund bleibeund Tennis spielen kann, wäre dies dasgrösste Geschenk.»

Mosleys Kunde

1972 im March-Ford 722: Zu Max Mosleys Ärger fabrizierte Xavier Perrot selten Schrott

Perrot 1970: Feste Grösse in der Formel 2 Perrot heute: Die Rückschläge sind verdaut

Page 33: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

35

Pfuhl, Albert (MSa 45/2000)

Albert Pfuhl hat Motorsport stets mitjener fast unverschämten Lockerheit

gelebt, die bei jedem Ehrgeizling Kopf-schütteln auslöste. Der Geschäftsmann(Inhaber mehrerer Patente für die Papierverarbeitende Industrie) fuhr nie bewusstum einen Titel und trat stets nur da an,wo es ihm gefiel. Kein Wunder, dass Pfuhlin seiner aktiven Zeit zwischen 1953 und1985 Motorradrennen, Rallyes und Auto-rennen in mehr als 70 Ländern bestrittenhat. «Das sind Erlebnisse», so der Welt-reisende, «die schwerer wiegen als alleMeisterschaftspunkte und Titeljagden.»

In rund 400 Automobil-Wettbewerbenbewegte Pfuhl edelste PS-Geräte, darunteralle gängigen Mercedes vom 280 SE biszum 450 SLC, einen Ferrari 250 GT, Lotus30 und die drei leistungsstärksten Porsche(Carrera 6, 908 und 917). 1965 erwarb erals erster Kunde der jungen Tuning-FirmaAufrecht, Melcher Grossaspach (AMG)einen Mercedes 300 SE Direkteinspritzer.

Seine Villa in Darmstadt hat der 65-Jäh-rige gegen ein riesiges Grundstück in Otz-berg/Odenwald mit Bauernhof und Forst-haus, Landwirtschaft, viel Getier undFischgewässer eingetauscht. Das Anwesenliegt nur ein paar Minuten vom Wohnortseines alten Kumpels Reinhold Joest ent-fernt. Pfuhl und Gattin Edeltraut («nach

20 Jahren Probezeit haben wir 1975 ge-heiratet») bewirtschaften das Anwesenmit viel Hingabe, der Hausherr fährt dasHeu mit dem eigenen Traktor ein. Kinderhaben sie nicht, dafür aber zwölf Tierarten.Pfuhls Tierliebe sorgte schon früher fürSchrecksekunden. Wer begrüsst seineGäste schon mit einem Schimpansen aufder Schulter und einem zahmen Gepard da-neben…?

Noch immer unternimmt Albert Pfuhlmindestens einmal im Jahr eine Aben-teuer-Weltreise. Zuletzt bretterte er mitzwei Freunden im Jeep 12 000 km querdurch Australien, demnächst steht einähnlicher Trip durch Südamerika an. Alsschönste Zeit gilt für ihn die Ära dergrossen Bergrennen in den 60er-Jahren.Als wertvollsten Erfolg sieht Pfuhl densechsten Gesamtrang bei der «Vuelta de laSud» über 30 000 km durch Südamerika,die er 1977 zusammen mit Alfred Kling imMercedes 280 SE bestritt.

Zur Marke Mercedes hat der Herrenfahrerseit den Tagen des ersten AMG-Einkaufsein besonders herzliches Verhältnis: 1982verleibte sich Albert Pfuhl den gesamtenFahrzeugbestand der Rallyeabteilung«zum Freundschaftspreis» ein, nachdemMercedes die Rallyeaktivitäten überra-schend beendet hatte.

Der Herrenfahrer

Er war der erste AMG-Kunde: Albert Pfuhl 1967 im getunten Mercedes-Benz 300 SE

Albert Pfuhl 1969: Treuer Mercedes-Kunde Albert Pfuhl heute: Viel Platz fürs Getier

Page 34: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

36

Philipp, Dr. Gunther † 2003 (MSa 35/2000)

Dr. Gunther Philipp – wer kennt den Bot-schafter des Frohsinns nicht aus un-

zähligen Filmen und Theaterstücken. Wasseinen Fans jedoch meist verborgen blieb:In den 60ern zählte der Österreicher zuden besten Sportwagen-Piloten des Lan-des. Mit den edlen Gerätschaften aus demeigenen Rennstall wurde er dreimal Staats-meister – einmal im Mercedes 300 SL,zweimal im Ferrari 250 GT.

Der Name Dr. Gunther Philipp steht inden Resultatlisten dieser Jahre oft vor be-rühmten Zeitgenossen. Dass der Mann, derin mehr als 150 Filmen («Wenn Poldi insManöver zieht», «Der Manöver-Zwilling»)mit Peter Alexander pausenlose Angriffeauf die Lachmuskeln startete, nebenhereinen Fuhrpark mit zeitweise sechs Ferrariunterhielt, war schon damals nur Insidernbekannt. Dies gilt auch für seinen eigent-lichen Beruf – Gunther Philipp ist nämlichNeurologe.

Heute lebt der Theater-Star wahlweisein Köln und der Toskana. Im Juni wurde er82 Jahre alt und steht noch immer jedenAbend auf der Bühne. An der «KleinenKomödie» in Wien ist er ebenso zu Hausewie im Kölner «Theater am Dom» oder aufden Bühnen in Bonn, Bochum, Essen,Düsseldorf und Bad-Godesberg. SiebenAbende die Woche. Ob der grossen Nach-

frage gibt es oft sogar zwei Vorstellungenam Tag. Seine selbst inszenierte Boule-vard-Komödie «Da wird Daddy staunen» istder Renner schlechthin. «Seit Septembergastiere ich mit dem Stück in Berlin – undbin dort schon bis 2002 ausgebucht.»

Woher nimmt Philipp die Power? «Ichhabe vor 20 Jahren zum vierten Mal ge-heiratet, meine junge Frau und der 17-jäh-rige Sohn halten mich auf Touren.» Zweiweitere Söhne (57 und 33) aus früherenEhen sind mit Film, Theater und Rennsportnicht in Berührung gekommen. Der Ältereist Uniprofessor für Medizin, der JüngereIngenieur.

Gerne erinnert sich Ferrari-Fan Philipp,der noch immer jede mögliche F1-, Sport-und Tourenwagen-Übertragung im TV an-sieht, an seine aktive Zeit. «Am schönstenwaren die Rennen auf dem ZeltwegerFlugplatz, diesem Rumpelacker.» MitJochen Rindt ist er dort nicht nur ange-treten, sondern hat mit ihm auch die Sen-dung «Motorama» moderiert. Nach RindtsTod 1970 lief das Magazin drei Jahre mitPhilipp alleine weiter, «aber der Jochenhat uns allen sehr gefehlt. Das hat ver-dammt weh getan.» Zukunftswünsche?«Gesund bleiben, nie aufhören zu lernenund solange wie möglich auf der Bühnestehen.»

Film, Funk, Ferrari

Flugplatz Zeltweg 1964: Gunther Philipp wird Österreichischer Meister im Ferrari 250 GTO

Sieg im Lotus: Gunther Philipp anno 1965 Fit und vital: Der Doktor mit 82 Jahren

Page 35: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

37

Pinske, Lothar (MSa 29/2000)

Lothar Pinskes Liebe zum Motorsport hatihn nie auf die Uhr gucken lassen. Mehr

als 30 Jahre brachte er bei Ford in Kölnzu: erst Einkäufer in der Datenverarbei-tung, ab 1973 Assistent von SportchefMike Kranefuss, und ab 1981 Leiter derMotorsportabteilung. Mit Dienstantritt alsSportassistent musste er geloben, seineeigenen Rennambitionen (Rallye undLangstrecke auf Gruppe-1-Capri 3,0 sowie2,6-Liter-Capri RS) einzustellen. Wer mitPinske arbeitete, war beeindruckt vonseiner Konsequenz. Für Kranefuss war erder «beste zweite Mann, den ich je hatte».Der heutige Sportchef Jürgen Klauke be-schreibt seinen Vorgänger als «enga-gierten Sportmanager, der gute Basis-arbeit geleistet und dem Ford sehr viel zuverdanken hat».

1996 endete das Ford-Kapitel fürPinske: «Es gab keine Perspektive fürgrossen Motorsport mehr. Wenn du keinenEtat und keine Leute hast, kannst du nichtsbewegen.» Vier Jahre zuvor bereits warseine Motorsport-Abteilung aufgelöstworden. Dennoch werkelte er als Solist undEtat-Zauberer im Unterholz des Konzernsweiter.

Nach drei Jahren als selbstständigerBerater hat der inzwischen fast 57-Jährigewieder eine Herausforderung gefunden:

Für die neue «V8-STAR-GmbH» in Essenleitet er seit 1. April das Ressort Organi-sation. Mit im Boot sitzt sein alter Ford-Weggefährte Thomas Ammerschläger, derden Technik-Part übernommen hat. «Wirwollen», so Pinske, «die V8-STAR bis 2001auf die Bahn bringen und ihr eine er-folgreiche, langfristige Zukunft sichern.»

Neben dem neuen Job sind Frau Eva (28)und Sohn Adam (7) sein Lebensmittel-punkt. Vor sieben Jahren hat Pinske denJunggesellenstatus endlich aufgegebenund geheiratet. Pferde und Reiten sindsein Hobby – der Sohnemann hat inzwi-schen jenes Pony übernommen, das ihmseine DTM-Junioren Frank Biela, ManuelReuter und Bernd Schneider 1987 ge-schenkt haben. An die 80er-Jahre erinnerter sich gerne: «Das war die schönste Zeit,die Titel mit Klaus Ludwig im Turbo-Capriund im Sierra-Cossie, Ladies-Cup, DTM undTourenwagen-WM.» Nicht zu vergessen das«Race of Champions» in Diepholz, wo derverstorbene Bilstein-Chef Hugo Emde Starsaus ganz Europa in 20 identische EscortXR3i setzte. Dabei gab’s viel Spass undreichlich Kleinholz.

Enttäuschend findet der Ex-Ford-Sport-chef, «wie viele ‹gute Freunde› nix mehrvon sich hören lassen, wenn man nichtmehr in exponierter Position ist».

Das Arbeitstier

1971: Seine Renn-Ambitionen (hier im 2,3-l-Capri) musste Lothar Pinske bald aufgeben

Lothar Pinske 1974: Schnauz ist heute weg Pinske heute: Von Müdigkeit keine Spur

Page 36: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

38

Plankenhorn, Axel (MSa 14/2000)

Axel Plankenhorns Karriere bekam ihrenSchub in der Formel-Vau-Zeit der 70er-

Jahre. Zwar war der Zwei-Meter-Mann zu-vor schon im NSU TT herumgetobt, aberdas war nichts gegen die Schlachten, diein den Formeln Vau 1300 und Super Vaugeschlagen werden mussten, wo er mehre-re Titel und Vize-Meisterschaften an Landzog. Danach stand er auch in der Formel2 seinen Mann. Bis zum Ende seiner Lauf-bahn ’84 entwickelte er sich zum schnellenund zuverlässigen Porsche-Piloten. Jetztist Plankenhorn 48, wohnt in Kornwest-heim bei Stuttgart und ist Inhaber einesKonstruktionsbüros für Büroeinrichtung.

Rund 60 Siege hat er in 15 Jahren errun-gen. Da waren die grossen Jahre in derSuper-Vau-EM gegen Arie Luyendyk, JohnNielsen oder Helmut Henzler. Oder dieebenso teure wie lehrreiche Zeit der F3-und F2-EM. Immerhin gehörte Planken-horn noch zu jenen Furchtlosen, die dieNordschleife («meine Lieblingsstrecke»)im Formel 2 umrundeten. Schliesslich derSchnitt: Ende der Formelkarriere wegenfehlender Perspektiven, 1979 Umstieg aufgeschlossene Autos, Vertrag bei Porsche-Kremer für Starts im 700 PS starken 935Turbo in der Rennsportmeisterschaft.

Plankenhorn wurde Teamkollege vonKlaus Ludwig, erlebte dessen legendären

79er-Siegeszug und erreichte mit ihm beieinigen WM-Läufen Erfolge. Aber plötzlichwar bei Kremers Schluss mit Lustig: Ludwigwechselte vor Saisonbeginn 1980 zu Fordund wurde mit dem neuen Super Capri inder grossen DRM-Division direkter Gegnervon Plankenhorn. Der war plötzlich dieNummer 1 des Teams. Sein Pech war, dassdiese Saison die streitbarste und un-freundlichste der DRM-Historie wurde. Zoffmit Ford wegen der Heckflügel, gespanntesVerhältnis zu Ludwig, Proteste, Klagedro-hungen, Wertungen unter Vorbehalt etc.

Nur ungern erinnert sich Plankenhornan den Eklat beim dritten Rennen inHockenheim. «Da hat mich der Klaus miteinem wüsten Rempler in der letzten Kurveum den Sieg gebracht.» Turbulente Szenendanach, die Kremer-Brüder wollten Ludwigan die Wäsche, und Ford-Rennchef MikeKranefuss musste seinen Fahrer in Sicher-heit bringen. Trotz vorzeitiger Trennungvon Kremer gab es danach auch noch vielepositive Ereignisse wie etwa die Starts inLe Mans (etwa mit Rolf Stommelen) oderdie Sportwagen-WM im Porsche 956. «Allesin allem hatte ich eine tolle Zeit», resü-miert Plankenhorn, der sich im Porsche-Supercup 2000 zurückmeldete. Mit BrunoEichmann leitet er unter dem Namen«Carsport Racing» ein eigenes Team.

Der Zwei-Meter-Hüne

Eklat 1980 in Hockenheim: Plankenhorn führt im Porsche vor Ludwig im Ford

Freunde: Arie Luyendyk, Axel Plankenhorn Heute mit 48: Debüt als Teamchef

Page 37: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

39

Rosorius, Klaus-Peter (MSa 30/2000)

Klaus-Peter Rosorius hat in seinem Jobals Conti-Sportchef (1962–1971) und

als Leiter von VW Motorsport in Hannover(1972–1995) zwei der vielleicht schönstenEpochen im deutschen Motorsport mit-erlebt und mitgeprägt. In seine Conti-Zeitfielen Einführung, Aufbau und Glanzzeitder Formel-Vau-Bewegung. Und als VW-Sportchef gelang ihm die Etablierung derWolfsburger Marke im internationalenSportgeschehen.

Zu den Highlights zählten die Eroberungdes nationalen und internationalen For-mel-3-Marktes mit dem 2-Liter-GTI-Motorund die Rallye-Präsenz mit dem Golf GTI.Die erfolgreiche Platzierung mehrerer VW-Markenpokal-Serien mit Scirocco, Golf undPolo rundeten die Ära Rosorius bei Volks-wagen ab.

Seit fünf Jahren ist der heute 60-jäh-rige Hannoveraner im Vorruhestand undhat ein zweites Mal geheiratet. «Obwohlich dem Motorsport viel verdanke, habe icheinfach einen Schnitt gemacht, ein neuesLeben mit neuen Freunden begonnen. Unddas bekommt mir sehr gut.»

Langeweile hat der Ex-Hobby-Renn-fahrer (Borgward, NSU TT, BMW 700 in den60er-Jahren) keineswegs. Seit er dasGolfspiel «als faszinierenden Sport undechte Competition» entdeckt und mittler-

weile Handicap 23 hat, bereist er zusam-men mit Gattin Susanne die schönstenAnlagen der Welt. Sein Jaguar-Oldtimerund klassische Musik beanspruchen dieübrige Freizeit.

Mit Stolz und Begeisterung blickt Roso-rius vor allem auf die Zeit mit VW zurück.Der Durchmarsch des Formel-3-Motors ge-gen die Alfa- und Toyota-Dominanz mitTitelgewinnen in nahezu allen Landesmeis-terschaften, dazu der EM-Titel und dererste Sieg beim Grand Prix in Macau warenseine wertvollsten Renn-Erlebnisse. Gerneerinnert er sich auch an den Rallye-WM-Titel mit dem Gruppe-A-Golf und den Ge-winn des deutschen Championats. «Ichglaube, dass wir alle einen guten Job getanund das maximal Machbare herausgeholthaben.»

Natürlich ist der heisse Draht zum Renn-sport nicht abgerissen. Mit Formel-3-PapstBertram Schäfer (dessen Mannschaft jah-relang als offizielles VW-Werksteam an-trat), dem Ex-VW-PR-Mann Anton Konrad(betreibt heute eine eigene Agentur) unddem ehemaligen Castrol-Sportchef DieterHardt (im Ruhestand) pflegt er weiterhinfreundschaftliche Kontakte. Die Formel-1-Grands-Prix konsumiert er zumeist vor demFernsehgerät, persönliche Besuche an denRennstrecken verkneift er sich dagegen.

Der Aussteiger

Klaus-Peter Rosorius 1963 im Borgward: Der VW-Sportchef wusste, von was er redete

1974: VW-Sportchef Klaus-Peter Rosorius 2000: Ruheständler Klaus-Peter Rosorius

Page 38: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

40

Schetty, Dr. Peter (MSa 48/2000)

Dr. Peter Schetty dürfte der bislang ein-zige Rennleiter bei Ferrari gewesen

sein, dem eine Doppelfunktion zugestan-den wurde. «Ich war sowohl offiziellerRennleiter als auch Testpilot», berichtetder Schweizer voller Stolz. Bevor seinePiloten bei den Tests einstiegen, drehteder Chef erst mal selbst einige Funktions-runden und legte Zeiten vor. «Das hatteden Vorteil, dass mir keiner meiner FahrerPhantasiegeschichten übers Auto erzählenkonnte.»

Seine Fahrer damals: Ickx, Regazzoniund Andretti in der Formel 1 und im Sport-wagen, zusätzlich Peterson, Redman undMerzario nur für die Sportwagen-WM. «Eswar eine gigantische Truppe», schwärmtSchetty. Dennoch dauerte der Rennleiter-Job bei Ferrari für den stets gut gelauntenSchweizer nur zwei Jahre (1970/71), weilihn sein Vater in die eigene Firma zu-rückbeorderte. Als Doktor der Wirtschafts-wissenschaften war er für die Führung desväterlichen Unternehmens prädestiniert.Die Schetty AG in Basel stellt glasfaser-verstärkte Polyesterrohre für Frisch- undAbwasser-Systeme her.

Heute spielt sich das Leben des in-zwischen 58-Jährigen hauptsächlich amSchreibtisch und in der Luft ab. Mit demPilotenschein für Jets und Hubschrauber

ausgestattet, ist das Fliegen seine neuegrosse Leidenschaft. Dennoch ist ihm dieLiebe zum Rennsport nie abhanden gekom-men. «Die Formel-1-Rennen sind für michPflichtprogramm, allerdings nur noch vordem Fernseher – die Faszination Ferrari istnoch immer ungebrochen.»

Schliesslich hat er mit den Sportwagender Roten die grössten Erfolge seiner nurfünf Jahre dauernden Karriere (1966 bis1970) eingefahren. Zuerst in einem FordMustang und einem Abarth SP mit sensa-tionellen Resultaten als Privatier unter-wegs, bot ihm Ferrari schon bald einWerksauto für die Berg-EM an. Mit dem212E holte er 1969 auf Anhieb den Titelnach Maranello. Später wurde er zusam-men mit Ickx, Giunti & Co. in der Sport-wagen-WM im 312P und 512S eingesetzt.«Wir waren in ständige Kämpfe mit demPorsche-Werksteam und dessen Stars ver-strickt.»

Für die Zukunft wünscht sich derSchweizer mehr Zeit für seine HobbysSkilaufen, Fliegen und Reisen. HäufigeAufenthalte in seinem Wochenendhäus-chen zwischen Nizza und Cannes sind ihmüberdies behilflich, ein ganz persönlichesMotto immer wieder umzusetzen: «Lebegern, lache gern, esse gern. Dann bist duein glücklicher Mensch.»

Der Chef-Tester

Berg-EM im Werks-Ferrari 212 E: Peter Schetty am Start zum Schauinslandrennen 1969

Peter Schetty 1971: Der Chef testet selbst Schetty heute: «Lebe gern, lache gern»

Page 39: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

41

Schickentanz, Clemens (MSa 23/2000)

Der erste richtig grosse Knaller gelangClemens Schickentanz 1971 an der

Seite von Hans Heyer beim 24-Stunden-Rennen in Spa-Francorchamps: Mit demwuchtigen, 500 PS starken AMG-Mercedes300 SEL 6,3 fuhren die beiden sensationellauf Platz 2 des Gesamtklassements. DieTage von Spa blieben für den langenSchlacks mit der stets gleich bleibenden«Prinz Eisenherz»-Haartracht das schöns-te Erlebnis seiner knapp 20 Rennfahrer-jahre.

Obwohl es da noch andere Highlightsgab: Zum Beispiel den Gewinn der GT-Europameisterschaft 1973 mit einemPorsche Carrera RSR oder die Plätze 3 und4 bei den 24 Stunden von Le Mans. Derheute 55-jährige Rheinländer hat seinenWohnsitz mittlerweile in die USA verlegt,wo er zusammen mit Gattin Brigitte (seit35 Jahren verheiratet, zwei Söhne – beidesind erfolgreiche Kaufleute – im Alter von33 und 35) die meiste Zeit lebt.

Obwohl Schickentanz neben dem kurz-zeitigen AMG-Engagement auch mit BMW-und Alfa-Romeo-Tourenwagen sowie im 2-Liter-Chevron-Sportwagen überaus erfolg-reich war, wurde er eigentlich immer derPorsche-Privatfahrergemeinde zugerech-net. Tatsächlich verbrachte der grosseBlonde die meiste Zeit in Porsche-Cock-

pits. Vom 911 über den 935 Turbo bis hinzum 956 blieb ihm kaum etwas fremd vondem, was in Weissach für die Rennpiste sogebaut wurde. So an die 100 Siege hat derWillicher zwischen 1967 und 1984 einge-fahren, die meisten natürlich mit einemPorsche.

Als grösste Enttäuschung sieht er nochheute den verlorenen Gesamtsieg beim500-km-Rennen Anfang der 70er-Jahre aufdem Nürburgring. Locker in Front liegend,wurde sein Alfa Romeo GTA in der letztenRunde hinter der Breidscheid-Brücke voneinem gerade überrundeten Mini-Coopervon hinten angerempelt und überschlugsich dabei mehrfach. Ansonsten bliebensolche «Big Moments» die Ausnahme –Schickentanz galt stets als zuverlässigerSiegfahrer und Ankommer.

Kontakt mit den Rennkumpels vondamals hat Clemens Schickentanz heutenur noch, «wenn ich den einen oderanderen mal zufällig in Zolder, amNürburgring oder bei Historic-Veran-staltungen treffe». Mit seinen beiden Old-timern, einem alten 911 Turbo und einemJaguar D-Type, tritt er hin und wieder beieinigen Oldie-Klassikern an. «Ansonstengeniesse ich das Leben in den USA undpflege meine Hobbies Wintersport undWasserski.»

Der Zuverlässige

Einer der Karriere-Highlights: GT-Europameister 1973 im Porsche 911 Carrera RSR

Schickentanz 1973: Typische Haartracht 1999: Geniesst das Leben in den USA

Page 40: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

42

Schmid, Günther (MSa 15/2000)

Günther Schmids Karriere als Geschäfts-und Sportsmann begann in den 60ern

mit einem Formel-VW-1300-Rennauto,drei Blumenläden und einem Transport-unternehmen. Aus dem Ex-Hobby-Pilotenwurde erst ein Super-VW-, dann einFormel-1-Teamchef, aus den Blumenlädenein boomendes Felgen-Unternehmen (ATS,Rial). «Die ersten Aluräder haben wir imKeller gebaut, bis 1987 wurden wir zumMarktführer weltweit.» Die ATS-Lola-Super-Vau wurden von Topleuten wieFreddy Kottulinsky, Manfred Trint und GerdSchüler chauffiert, die ATS- und Rial-F1-Renner kamen mit Stars wie GerhardBerger, Christian Danner, Jochen Mass,Hans Stuck, Keke Rosberg oder ManfredWinkelhock auf 119 GP-Starts.

Längst hat Schmid einen Schnitt ge-macht: 1987 Verkauf der ATS-Felgenfabrik,1989 Ende mit der Formel 1, danach Über-gabe von Rial an seinen Sohn. Heute lebtder 59-Jährige wechselweise in Florida,auf Malta und Mallorca, frönt dem Golfspiel– und wettert noch immer über einigeseiner Piloten und die Presse.

Das F1-Engagement beendete Schmidnicht, weil seine Autos in 15 Jahren nur15 WM-Punkte holten, sondern aus Ärgerüber das negative Presseecho. «Die Artikelwaren eine Frechheit. Das wollte ich mir

nicht länger antun – ich gebe einen HaufenGeld aus und werde dafür auch nochniedergemacht.» Noch heute, erklärt derewig grantelnde Mannheimer, leide erwegen des Ärgers und der Hektik unterBluthochdruck und anderen Wehwehchen.«Aber es gab auch viele positive Erleb-nisse. Bernie war stets fair zu mir, nochimmer krieg’ ich von ihm jedes Jahr meinFOCA-Ticket.»

Trotzdem verfolgt Günther Schmid diemeisten Grands Prix nicht vor Ort, sondernam Fernsehgerät. Einige Freunde vondamals trifft er noch heute, so zum Bei-spiel Fernsehregisseur Bernd Krämer oderdie alte Mannheimer Clique mit GerdSchüler, Jochen Mass und Co. ÜberhauptSchüler. Der erinnert ihn an die FormelSuper VW, wo die ATS-Lola jahrelang vonSieg zu Sieg eilten. Freddy Kottulinskywurde Europa-, Manfred Trint DeutscherMeister. «Die Jungs waren gut, und Spassgab’s auch reichlich.»

Seit zwei Jahren ist Schmid geschieden,lebt mit «einer Dame aus Hawaii» zu-sammen. Seine Pläne: «Die übrigen Im-mobilien in Deutschland verkaufen, weildie Verwaltung zu viel Stress macht. An-sonsten viel reisen und Freunde besu-chen.» Dann klappt’s vielleicht auch mitdem Blutdruck …

Der ewige Grantler

Schnell, aber anfällig: Manfred Winkelhock im Turbo-befeuerten ATS-BMW

Grantler: Schmid als Teamchef Weltreisender: Schmid heute

Page 41: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

43

Schommers, Werner (MSa 50/2000)

Werner Schommers hat in den zehnJahren als Rennfahrer (1969–1978)

nichts ausgelassen. Sportlich wie beruflichauf der Sonnenseite des Lebens, sorgte erauf und neben der Piste immer für besteUnterhaltung. Mit dem äusserst beschei-denen Slogan «wer mich nicht kennt, hatnie gelebt» stellte sich Schommers gernejenen Leuten vor, die ihn auf Anhieb nichteinzuordnen wussten. Derbe Sprüche undschräge Spässe gehörten zum Repertoire.Als erfolgreicher Ford-Pilot steuerte er vorallem den Escort BDA bei renommiertenTeams wie Grab, Zakspeed und Wooding.

Ein Highlight dieser Tage war sein Ge-samtsieg beim GP der Tourenwagen aufdem Nürburgring 1978 zusammen mit Ar-min Hahne und Jörg Denzel. Auch mit demCapri RS gelangen ihm grosse Auftritte inder Rennsportmeisterschaft. Gastspieleauf Alfa GTA und BMW CSL Coupé gehörtenebenso zur Karriere des Rheinländers wieeine Berufung als Werkspilot für das For-mel-3-Projekt von Renault Deutschland.Die roten Alpine-Monoposti mit Schom-mers und Dieter Kern räumten 1972 richtigab, bevor Renault wegen explodierenderKosten mitten in der Saison 1973 ausstieg.«Dieser Beschluss», so Schommers, «warfür mich nie nachvollziehbar und die gröss-te Enttäuschung meiner Laufbahn.»

Seit 22 Jahren hat er nun kein Rennautomehr angerührt, lebt wechselweise im spa-nischen Alicante und in der Westerwald-Gemeinde Bad Marienberg. In Spanienführt er ein Immobilien-Büro, im Wes-terwald die Hotels «Wildpark» und «Glo-ckenspitze». Bei der Ausstattung legtSchommers grossen Wert auf ein um-fangreiches Fitness- und Freizeitangebot.«Ohne Tennisplätze, Fitnessraum undSchwimmbad geht heute nichts mehr.Deshalb sind wir auch mit Tagungen,Seminaren und Events ausgelastet.»

Seit sechs Jahren ist der frühere «Casa-nova vom Dienst» endlich verheiratet, Kidsgibts noch keine. Gesundheitlich ist allesweiterhin im grünen Bereich, «nur mit denKilos» jammert der einst schlanke Sportler,«führe ich einen Dauerkrieg, den ich bisherleider noch nicht gewonnen habe.» Mit derMotorsportszene steht der heute 53-Jäh-rige unverändert in Kontakt, mit DTC-PilotDirk Adorf und seinem alten TeamchefBernhard Grab ist er befreundet. Einmaljährlich gönnt er sich Besuche am Ring undin Hockenheim, um alte Kumpels zu tref-fen. Alles andere schaut er sich im TV an.«Sag’ allen», beschliesst er feixend, «dassder Schommers noch immer die bestenSprüche und Witze draufhat. Und dass imRennsport heute zu wenig gelacht wird.»

Der Spassvogel

Goldene Ford-Jahre: Schommers im Capri RS beim Flugplatzrennen in Mainz-Finthen

1975: Immer einen Spruch auf Lager Heute: Der Kampf mit den Pfunden …

Page 42: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

44

Schüler, Gerd (MSa 28/2000)

Gerd Schüler gehört zu der MannheimerClique der 60er-Jahre, die das Eber-

bacher Bergrennen zu ihrem alljährlichenHappening erhob. An seinem Alfa RomeoGiulia schraubte der Kfz-Mechaniker-lehrling Jochen Mass, sein Teamchef warder rennsportbegeisterte Alfa-HändlerHelmut Hähn. Der darf für sich in Anspruchnehmen, für manche Rennfahrerkarriereden Grundstein gelegt zu haben. Das giltsowohl für Schüler als auch für JochenMass, Harald Ertl und einige andere. «Daswar eine wahnsinnig gute Zeit», schwärmtSchüler heute: «Keine Kohle, aber Spassohne Ende.»

Im Laufe der Zeit wurde aus dem Berg-Spezialisten einer der vielseitigsten underfolgreichsten deutschen Rennfahrer.Herausragend sind sein Bergtitel 1965 imAlfa Romeo und seine zehn Siege bei zehnStarts als Ford-Werkspilot im Berg-championat 1969. Gerd Schüler ist zwi-schenzeitlich 58 Jahre alt, lebt mit GattinTamara (seit 34 Jahren verheiratet) inFrankfurt und führt zusammen mit seinemPartner Michael Presinger ein Gastrono-mie-Imperium.

Eigentlich hat Schüler zwei Traum-karrieren hingelegt – als Rennfahrer von1962 bis 1974 und als Geschäftsmann. Alsganz grossen Höhepunkt auf der Strecke

bezeichnet er den zweiten Platz im Porsche908 beim 1000-km-Rennen 1972 in Monzazusammen mit Reinhold Joest. «Im Regenhaben wir uns ein tolles Duell mit demFerrari von Ickx/Regazzoni geliefert.»Ausgerechnet Monza, wo er vier Jahrezuvor beim Tourenwagen-EM-Lauf als Alfa-Werkspilot um Haaresbreite einer Kata-strophe entging. Nach haarsträubendemCrash zog man ihn mit einem doppeltenRückenwirbelbruch aus dem zerstörtenGTA. «Ich hatte Glück, dass ich nicht imRollstuhl gelandet bin.»

Ob Abarth TC, Alfa Giulia und GTA, FordEscort RS, Opel Kadett oder Commodore,Porsche Carrera 6 und 908 oder der LolaFormel Super VW im ATS-Rennstall seinesKumpels Günther Schmid – rückblickendhat Schüler jedes seiner Rennautos «irr-sinnig Spass gemacht». Schauinsland undNordschleife waren seine Lieblingskurse,mit Jochen Mass, Reinhold Joest undSchmid pflegt er noch immer regen Kon-takt. Ansonsten hat das tägliche Businessden Gross-Gastronom fest im Griff. Gut 40Edel-Restaurants und Discos in ganzDeutschland wollen geleitet werden. Dazuzählt auch der älteste seiner Betriebe, das«Dorian Gray» im Frankfurter Flughafen.Ein fester Treffpunkt seit 21 Jahren für Jet-Set und Sport-Prominenz.

Der Karrieremann

Wilde Alfa-Zeit der 60er-Jahre: Gerd Schüler im Hähn-Alfa Romeo GTA

’67: Mannheimer Cliquen-Mitglied Schüler heute: Gross-Gastronom

Page 43: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

45

Schurti, Manfred (MSa 33/2000)

Manfred Schurti ist Staatsbeamter desTÜV in Liechtenstein, erst zuständig

für die Kfz-Abnahme, seit 1980 Leiter derDienststelle. Heute hat er 15 Leute, unddie Kundenabfertigung findet auch tat-sächlich statt. Früher lief das anders. Dagab’s ausser dem Chef nur einen Mit-arbeiter. Und wenn der schnellste Bürgerdes Fürstentums in den 60er- und 70er-Jahren zu Rennen ausrückte, war der TÜVhalt geschlossen – denn der zweite Mannwar zugleich Schurtis Mechaniker. Und dasSchönste: Keiner im Fürstentum hat sichje darüber aufgeregt. Schöne, heile Welt.

In den wildesten Jahren der Formel VWund Super VW gehörte Schurti zu denBesten. Europameister im Werks-Royale1972, Weltpokal-Sieger in Daytona. Unver-gessen das Finish beim Europa-Finale 1970in Salzburg: Mit verkeilten Vorderrädernsahen er und Kontrahent Erich Breinsbergdie Zielflagge. Schurti landete als Lauf-sieger hinter der Ziellinie in der Leitplanke,Breinsberg als Titelgewinner gegenüber inder Böschung.

Der Aufstieg ging zügig weiter: Als Part-ner von Rolf Stommelen wurde er insPorsche-Werksteam berufen, fuhr zusätz-lich für die Teams von Georg Loos und MaxMoritz den 935 Turbo in der DRM. Dreimalgewann er mit Ickx, Mass und Stommelen

die Marken-WM. Seinen persönlich wert-vollsten Sieg holte er 1980 auf der BerlinerAvus im BMW-M1-Procar-Lauf vor allen F1-Stars. 1982 beendete der einstige Schwei-zer Motocross-Meister seine Rennsport-karriere.

Der Competition ist Schurti treu ge-blieben. Inzwischen ist er 58 Jahre alt,seit 1998 zum zweiten Mal verheiratet undbis auf einen Tennisarm kerngesund. Erspielt Tennis bis zum Abwinken, fährtMotorrad (BMW 1100 RS, Honda CBR 900)und geht mit einem Sportflugzeug in dieLuft. Im August startete er zu einer zwei-wöchigen Harley-Gruppentour quer durchdie USA – was er fast bereut, weil er sonicht am Formel-Vau-Treffen beim Old-timer-GP am Ring teilnehmen konnte.«Wirklich schade, denn die Formel-Vau-Zeit war neben der im Porsche-Werksteamdie schönste. Ich hätte die Jungs gernemal wieder gesehen.»

Mehrmals im Jahr reist Motorrad-FreakSchurti zu WM-Läufen, und wenn sichs aus-geht, gehört auch ein F1-GP ins Programm.Auf die neue DTM ist er ganz scharf, «damöchte ich mir unbedingt ein paar Läufevor Ort ansehen». Zukunftswünsche? «DieWelt bereisen, Tennisturniere spielen, vielfliegen und Motorrad fahren. Und gesundund fit bleiben.»

Schneller Beamter

Norisring 1979: Liechtensteins schnellster Bürger im gewaltigen Loos-Porsche 935

Schurti 1970: Da war der TÜV geschlossen Schurti heute: Mit der Harley in die USA

Page 44: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

46

Schütz, Udo (MSa 37/2000)

Udo Schütz hat mit den Gegnern nielange gefackelt. Einsteigen, ans Limit

und Siegen – so hiess die Devise des Hünenaus Selters im Westerwald. Brutal und prä-zise wuchtete er nahezu alle gängigenPorsche vom 904 GTS bis zum 917 um dieStrecken. Die Mutkurse Spa und Nürburg-ring-Nordschleife mochte er besonders.Bis auf ein kurzes Alfa-Gastspiel blieb erPorsche treu. Erst als Privat-, dann alsWerkspilot. So konsequent, wie er fuhr, be-endete er dieses Kapitel nach acht Jahren.Anlass war der Tod seines Partners undFreundes Gerhard Mitter 1969 beimFormel-2-Lauf auf dem Nürburgring. Selbstein Ferrari-Angebot für die Sportwagen-WM konnte ihn nicht umstimmen. «Mir fieldas zwar schwer, aber ich hatte auchVerantwortung gegenüber Familie undFirma.»

«Stier von Selters» nannte die PS-Branche das Kraftpaket ehrfurchtsvoll. Gut50 Siege, die Sportwagen-DM 1966 und dieLangstrecken-WM 1969 zieren seine kurzeLaufbahn. Zu den wertvollsten Erfolgengehören der Gewinn der 1000 km vomNürburgring 1967 (zusammen mit Jo Bu-zetta im 910) und der Targa-Florio-Sieg1969 mit Mitter im 908. Aber es gab auchüble Unfälle, die er mit viel Glück über-stand. «Nur einmal war ich ein bisschen

angekokelt», erinnert Schütz an Le Mans1969. Auf der Hunaudières-Geraden kolli-dierten sein Langheck-908 und der 917von Gérard Larrousse bei Tempo 380. «Ichflog beim ersten Überschlag aus dem bren-nenden Auto, die Trümmer lagen über 800Meter verstreut. Ich hatte wohl gleich zweiSchutzengel.»

Im Januar wird Udo Schütz 64. MitEhefrau Else (die zwei sind seit 40 Jahrenverheiratet) lebt er unverändert in Selters,die Söhne (37 und 34) haben sich längsteigene Existenzen aufgebaut. Schütz, des-sen Betrieb für Container-Bau und Spezial-verpackungen inzwischen gut 2000 Mitar-beiter und Niederlassungen in 26 Ländernhat, ist immer noch topfit. Dafür sorgtseine zweite grosse Disziplin Hochsee-Segeln. Hier hat er es ähnlich weit ge-bracht wie im Rennsport. Seine Yacht«Container» gewann sowohl mit ange-heuerten Topstars als auch mit ihm selbstals Skipper bis 1993 alle wichtigen Wett-fahrten inklusive dem berühmten Ad-miral’s Cup.

Heute segelt er nur noch zum Ver-gnügen. Formel 1, Motorrad-WM und DTMgeniesst Schütz vorm TV-Gerät. Zwar ha-ben Rennbesuche Seltenheitswert, «aberwenn die Formel 1 nach Indy geht, will ichmir das Spektakel vor Ort ansehen.»

Der Stier von Selters

Ein Mann und sein Porsche: Udo Schütz im 908er auf der Nordschleife des Nürburgrings

Gestern: Der «Stier von Selters» anno 1969 Heute: Schütz auch als Segler erfolgreich

Page 45: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

47

Senne, Karl (MSa 42/2000)

Karl Senne ist ein Mann der ersten ZDF-Sportstunde. Als Renn-Experte hat er

seine Begeisterung auf den Sender über-tragen. Mit engagierten Weggefährtenholte er während 33 ZDF-Jahren (bis 1995)grosse Events wie die Formel-2-Schlachtender 70er-Jahre in Hockenheim, die Motor-rad-WM und die Formel 1 nach Mainz.

Mit Niki Lauda als Experte kommentierteer in den 80er-Jahren die F1-WM-Läufe undzementierte so die Kompetenz der ZDF-Be-richterstattung. Wenn der Hobby-Renn-fahrer (der auch als Segelflieger erfolg-reich war und zwölf Weltrekorde erzielte)eines seiner insgesamt 130 Sportstudiosmoderierte, fehlte selten ein Gast aus derRennerei. Den grössten Coup landeteSenne 1989, als er, gerade zum Sportchefberufen, die DTM für sieben Jahre zum ZDFund zu 3sat holte und mit einer enga-gierten Truppe neue Massstäbe in derQualität der Übertragung von Automobil-rennen setzte.

Gerne erinnert er sich: «Der VerbundZDF/3sat mit WIGE-TV-Chef Geisheckerund ITR-Präsident Aufrecht war eine solidePartnerschaft, in der alle fair miteinanderumgingen. Auch im kritischen Jahr 1993.»Besonders stolz ist der bekennende DTM-Fan auf die erste Live-Übertragung vom24-Stunden-Rennen Nürburgring 1988 in

3sat. «Wir haben rund um die Uhr gesen-det, das war damals ein absolutes Novum.»

Überhaupt faszinierte ihn die Atmo-sphäre der 24 Stunden: Zehnmal starteteer mit BMW, Ford, VW und Opel am Ring.Einmal legte er einen Capri aufs Dach,moderierte am selben Abend aber unver-drossen das Sportstudio. Ein anderes Malfiel er kurz vor Schluss im BMW M3 GTR anzweiter Position aus. Mit Norbert Haugteilte er sich einen Ford Capri 3.0, mit vie-len anderen Stars holte er vordere Ränge.

Senne musste allerdings auch diedunkle Seite erleben: «Anfang August1985 waren Manfred Winkelhock undStefan Bellof meine Gäste im Sportstudio.Wenige Wochen später waren sie tot. Dashat mich sehr berührt.»

Seit einigen Jahren lebt Senne, in-zwischen 66 Jahre alt, im Ruhestand in St.Julians auf Malta. Mit seiner zweiten FrauAstrid, die er 1999 heiratete, verfolgt ervia TV alle wichtigen Rennereignisse, vorallem seine Lieblingsdisziplinen Formel 1,Motorrad-WM und DTM. Sonst pflegt er dieHobbys Golf, Segelfliegen und Radeln.Gesundheitlich geht’s ihm blendend, auchder Rücken ist dank Schwimmtherapiewieder in Schuss. «Es ging mir nie so gut.Wenn’s so bleibt, bis ich 90 bin, kann ichnicht klagen.»

Der DTM-Fan

Faszination 24 Stunden-Rennen: BMW-Pilot Senne (rechts) und sein Teamkollege Braun

Karl Senne 1969: Die frühen ZDF-Jahre Karl Senne 2000: Reif für die Insel…

Page 46: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

48

Spiess, Siegfried (MSa 27/2000)

Siegfried Spiess ist mit 65 Jahren um-triebig wie eh und je. Einer der erfolg-

reichsten Tourenwagen-Piloten der 60er-Jahre bedient in seinem Tuning-Betrieb inDitzingen bei Leonberg erlesene Kund-schaft. Grösster Auftraggeber ist Opel. Fürdie Rüsselsheimer haucht Spiess seitvielen Jahren Formel-3- und Tourenwagen-Motoren Power ein. So auch für dieneuesten DTM-V8-Aggregate. Obwohl dieSöhne Holger (33) und Jürgen (30) voll inden 30-Mann-Betrieb integriert sind, lau-fen beim Senior immer noch alle Fäden zu-sammen. «Ich bin jeden Tag 14 Stundenim Büro, kümmere mich um technischeWeiterentwicklungen und Qualitätskon-trolle.» Dabei bringen ihn speziell die eng-lischen Zulieferer oft zur Verzweiflung,weil das, was an Teilen ins Haus kommt,oft nicht seinen Vorstellungen entspricht.«Solche Schlampereien machen michwahnsinnig.»

Ein Perfektionist war der Schwabe Zeitseines Lebens. So erreichten seine eigenenRennautos mit den selbst getunten,infernalisch gehenden Spiess-Triebwerkenfast immer das Ziel, die Ausfallquote wargering. Zwischen 1962 und 1973 ist er derMarke NSU stets treu geblieben. Ob PrinzI, TT, TTS oder Wankel-Spider – Sigi Spiesstrieb alle NSU-Modelle zu Sieg und Titel.

Vier Deutsche Bergmeisterschaften und andie 140 Einzelsiege am Berg und auf derRundstrecke stehen zu Buche. Am liebstenfuhr er in Spa (beim 24-Stunden-Rennensiegte er 1967 mit elf Runden Vorsprungin seiner Klasse) und am Schauinsland.«Die Bergrennen in Freiburg und amRossfeld bei Berchtesgaden gehören zumeinen schönsten Erinnerungen», blicktSpiess zurück, «da konntest du mit demkleinen und wendigen 1000er-NSU auchmal alle GT-Porsche abhängen. Das hat mirgetaugt.»

1997 feierte er mit vielen Freunden 25-Jahr-Firmen-Jubiläum, und dieses Jahrgibts schon wieder ein Fest – Sigi undGattin Brigitte haben 40. Hochzeitstag. Zuden Rennen reist er, so oft er kann, lässtsich sonst von Sohn Holger vertreten. Mitden alten Weggefährten hat er kaum nochKontakt. «Leider verliert man sich irgend-wann aus den Augen, eigentlich müssteman die ganze Bande mal wieder zu-sammenholen.»

Wünsche für die Zukunft? «Aber ja»,platzt es aus Spiess heraus, «einen neuenBetrieb aufbauen und eine USA-Reise.» Fitdazu ist er allemal, sein Kampfgewichtliegt unverändert bei 68 Kilogramm. Wiezu seinen besten Zeiten als aktiverRennfahrer.

Der PS-Zauberer

Spiess im NSU TT: In den 60er-Jahren gab’s Siege und Titel am laufenden Meter

1966: Siegfried Spiess als erfolgreicher Pilot 1999: Ein echter Qualitäts-Fanatiker

Page 47: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

49

Strähle, Paul Ernst (MSa 07/2000)

Mit seinen zwei Porsche Carrera (Kenn-zeichen: WN-V 1 und WN-V 2) fuhr der

Schorndorfer Siege am Fliessband ein.Deutscher GT-Meister, Vize-Rallye-Europa-meister und Deutscher Rallye-Championsind einige der zahlreichen Karriere-High-lights. Dabei wirkte der Schwabe ehergemütlich, doch gerade dieser Eindrucktäuschte seine Gegner immer wieder. DerMann war stets hellwach, sauschnell undtechnisch bestens gerüstet. Es gibt fastkeinen internationalen Klassiker im GT-und Sportwagenbereich, den er zwischen1951 und 1963 nicht wenigstens einmalgewonnen hätte. Strähle ist mittlerweile72 Jahre alt und «bis auf ein ramponiertesKreuz» putzmunter. Er betreibt mehrerePorsche- und VW/Audi-Autohäuser undstartet immer noch bei Oldtimer-Events.

Solide Vorbereitung der Strähle-Autosund der Grundspeed des Piloten waren dieBasis für eine der erfolgreichsten deut-schen Motorsportkarrieren der 50er- und60er-Jahre. Die Aufstellung seiner Einzel-siege umfasst sechs DIN-A4-Blätter. In derBilanz finden sich fünf GT-Siege im PorscheCarrera und Abarth-Carrera auf der Nür-burgring-Nordschleife. Dazu drei GT-Erfol-ge bei der Mille Miglia, zwei bei der TargaFlorio und ein Gesamtsieg beim MarathonLüttich-Rom-Sofia-Lüttich.

Strähle zählte zu den wenigen Allroun-dern, die alle drei grossen Disziplinen be-herrschten. Rallye, Berg, Rundstrecke – derCarrera-Pilot fuhr und siegte überall. Unddas ohne viel Aufhebens, ohne Rie-sentross, aber mit schwäbischer Ruhe undPräzision. Noch heute hält er Kontakt zuKumpels und Gegnern von damals, soweitsie aus dem Grossraum Stuttgart kommen.Wie etwa Hans Herrmann, Eberhard Mahle,Eugen Böhringer, Herbert Linge, DieterGlemser und Peter Falk. «Es war eine sau-gute Clique damals», schwärmt Strähle.Deshalb startet er immer wieder bei Oldti-mer-Veranstaltungen, «denn da triffst dudie meisten Freunde regelmässig wieder».

Zusätzlich engagierte sich der Schwabemit einem eigenen Team viele Jahre imPorsche-944-Turbo- und Carrera-Cup. Undauch dort wurden Strähles Porsche zumAlptraum für die Konkurrenz: Fünf Titelgingen im Laufe der Zeit nach Schorndorf:1986 siegte Jockel Winkelhock im Cup-Premierejahr, danach wurde Roland Aschviermal Titelträger und Weltcup-Gewinner.

Die Zukunftspläne von Strähle, der be-geisterter Luftbild-Fotograf ist und einhistorisches Archiv besitzt, nehmen sichbescheiden aus: «Ich will endlich meinevielen Kisten mit den Fotos und Filmen vonden Rallyes und Rennen sortieren.»

Der Allrounder

Heimspiel: Der gefürchtete Strähle-Porsche 1962 auf der Stuttgarter Solitude

Zeitreise: Strähle im Jahre 1959 … … bis heute: Mit 72 Jahren topfit

Page 48: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

50

Treser, Walter (MSa 17/2000)

Walter Treser und seine Berg- undTalfahrten. Die aktive Laufbahn als

Tourenwagenpilot schnörkellos und er-folgreich, die Zeit als Techniker mitHighlights und Abstürzen. Er hat alleserlebt, was man in der PS-Branche erlebenkann. Da war die erfolgreiche Zeit alsRennfahrer in den 60ern. Im Tourenwagen(DKW, BMW Alpina) ein echter Frontrunner,in der Formel 3 (mit einem Lotus-DKW)wegen ständig geplatzter Motoren nurMittelmass.

Auf der anderen Seite: Der Konstrukteurund Industriemann Treser. Stationen beiPirelli (Versuchsfahrer), Audi und Opel(jeweils Sportchef). Und eigene Unter-nehmen: Der florierende Audi-Tuningbe-trieb und das Abenteuer Treser Automobil-bau GmbH in Berlin. Dort wurde der TR1-Roadster gebaut. Aber leider nicht lange,der Betrieb ging in Konkurs. «Daran hab’ich heute noch zu beissen. So etwas gehtdir ans Gemüt.»

Im April wurde Treser 60, lebt jetzt inWiesbaden und hat trotz aller Nacken-schläge nichts von seinem Kampfgeist ver-loren. «Zwei Dinge will ich noch erledigen– die Schmach von Berlin ausmerzen underfolgreich Autos bauen.» Zumindest beimAuto bauen bietet ihm Opel eine solideund gesicherte Plattform. Nach der

Ablösung als Sportchef Ende 1995wechselte er als Konstrukteur innerhalbdes Unternehmens in die Vorausent-wicklung zu Professor Fritz Indra. Als derÖsterreicher vor drei Jahren als Leiter dergesamten General-Motors-Vorausentwick-lung nach Detroit berufen wurde, über-nahm Walter Treser dessen Position inRüsselsheim. Dass der schon fast fana-tische Technik-Freak bis heute nicht un-tätig war, zeigt Opels jüngste Sportwagen-Kreation «Speedster» mit einem 2,2-Liter-Mittelmotor und einem Aluminium-Chassis.

Zum aktuellen Motorsportgeschehenhat der gebürtige Odenwälder ein klar de-finiertes Verhältnis. «In erster Linie binich Formel-1-Fan und guck’ mir jede Fern-sehübertragung an.» Zur Rennstreckekommt er so gut wie nicht mehr, zu bittersind die Erinnerungen an das abrupte Endeals Opel-DTM-Feldherr. Die STW-Übertra-gungen verweigerte er bewusst, weil ihndas nie vom Hocker gerissen hat. Die neueDTM will er sich «mit Begeisterungansehen, weil da endlich wieder richtigeAutos fahren und ich immer gesagt habe,dass die DTM das einzig Wahre ist».

Die Antwort auf die Frage nach seinenHobbys kommt ohne Zögern: «Autos,Autos, Autos.»

Der Technik-Freak

Walter Treser als Rennfahrer: Im DKW von 1963 feierte er am Berg zahlreiche Erfolge

1963: Walter Treser in seiner aktiven Zeit Der Sportchef: Nicht nur Freude bei Opel

Page 49: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

51

Wenn Manfred Trint zu erzählen be-ginnt, landet er immer wieder bei der

Formel Super-VW. Dort fuhr er seine bestenRennen, seine Gegner hiessen Keke Ros-berg, Kenneth Persson oder Bertram Schä-fer. Er war einer der Wildesten, liess keineRauferei aus und holte sich 1973 im ATS-Lola die Super-VW-DM. «Der blanke Wahn-sinn. Wir waren ein verrückter Haufen,fuhren die irrwitzigsten Rennen und hat-ten trotzdem viel Spass miteinander.» Alsdenkwürdigstes Ereignis sieht er seinenHerzschlag-Sieg im ATS-Lola beim EM-Saisonfinale 1975 in Hockenheim. «Gleichin der ersten Ecke fuhr mir einer über dieSchnauze, ich kam nur als 18. aus derersten Runde zurück. Danach habe ich mirjede Runde einen oder zwei geschnappt.Die beiden Leader waren in der letztenRunde dran.»

Danach gehörte er im Ford Mustang zuden Besten der frühen DTM und schafftevier Laufsiege. Als grösste Enttäuschungbezeichnet Trint das DTM-Premierejahr1984 im 300-PS-Ringshausen-Mustang.«Ich hab‘ mir den Allerwertesten aufgeris-sen, aber die vielen technischen Ausfällehaben alles verdorben. Mit der Power undvier Laufsiegen hätte ich Meister werdenmüssen, stattdessen hat es nur zu Platz 6gereicht, und Strycek wurde im BMW-

Coupé ohne Sieg Titelträger.» Vier Jahrezuvor lief’s besser, als er im Audi 80 mit-half, für die Ingolstädter den Markentitelin der Tourenwagen-EM einzufahren. Dabeiwar es nicht einfach, seinen Job als Luft-hansa-Pilot und die Rennerei unter einenHut zu bringen. Geschickt nutzte er diePausen zwischen den Flügen für das Hobbyam Boden. «Von Ruhepause konnte da ei-gentlich keine Rede sein, aber das wareben meine Art der Entspannung.»

Seit 1987 fährt er keine Rennautosmehr, ist heute 58 und Flugkapitän. SeinArbeitsplatz ist das Cockpit einer Condor-Boeing 757/767, seine Flugstrecken sindmeist reizvolle Überseeziele. 20 JahreRennsport, seit 35 Jahren in der Luft, erstFlugingenieur, dann Pilot, seit Anfang1999 Kapitän – das schnelle Leben desManfred Trint ist kaum steigerungsfähig.Noch immer hat er sein altes Kampfge-wicht, fühlt sich topfit und will «Fliegenbis zum Abwinken». Mit Karin ist er inzweiter Ehe seit zehn Jahren verheiratet,lebt in Moers und fühlt sich «restloshappy». Hobbies: Golf und Kunst. Nun willer an der Uni einen Gasthörerplatz fürKunstgeschichte und Astronomie belegen.«Wenn man den Sternenhimmel so oft in12 000 Meter Höhe erlebt, will man ein-fach mehr darüber wissen.»

Der wilde Flieger

Hockenheim 1975: Trint stürmt im ATS-Lola von Position 18 an die Spitze

1973: Meister in der Formel Super-VW 1999: Kapitän auf dem Condor-Jumbo

Trint, Manfred (MSa 05/2000)

Page 50: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

52

Mit Hannelore Werner verhielt es sichzwischen 1960 und 1972 etwa so wie

heute mit Ellen Lohr: Kein Mann konntesich sicher fühlen – rennsportlich gesehennatürlich. Was die blonde Zahntechnikerindamals so alles aufführte, war in der Tatbemerkenswert. Ob im Formelauto oderTourenwagen als BMW- und Ford-Werks-pilotin, überall fuhr sie ganz vorne mit undtrieb ihre männlichen Konkurrenten oftgenug an den Rand der Verzweiflung. Zuden Highlights ihrer Laufbahn gehörtendie Starts im DKW F 11, in der Formel Vau1300, in der Formel 3 und der Formel 2.Hannelore Werner (58) lebt heute imWallfahrtsörtchen St. Jost bei Langenfeldin der Eifel, ist seit 1979 mit Günther Hen-nerici verheiratet, und hat zwei Söhne (27,20) und eine Tochter (25).

«Das Weib fährt jenseits von Gut undBöse», empörte sich Formel-Vau-PilotHelmut Bross 1967 in Zolder, als ihm dieDame im Olympic kurz vor der Zielflaggemit einem haarsträubenden Überholmanö-ver über den begrünten Seitenstreifen denschon sicher geglaubten Sieg entrissenhatte. Solche Situationen gab es mehr alseinmal im schnellen Leben der HanneloreW. Und so mancher auf diese Art Blamiertestand hinterher wie ein begossener Pudelneben der frech grinsenden Blondine auf

dem Podest. Dieter Quester empfahl dendüpierten Formel Vau-Kollegen einst, «dasWeib doch mal mit einem richtigen Kerl zuverkuppeln, damit sie endlich schlappmacht im Rennbetrieb».

Ein Mann erschien tatsächlich bald anihrer Seite, aber anders als sich Quester &Co. das so vorgestellt hatten. Wohnwagen-Fabrikant und Formel-3-Mäzen GüntherHennerici (heute 75) zeigte sich höchstangetan von den Leistungen der Rhein-länderin und holte sie in sein «Eifelland»-F3-Team. Dort kamen sich beide auchmenschlich näher, was bei Hanneloredirekt noch einen zusätzlichen Leistungs-schub bewirkte.

Hennerici ermöglichte ihr fortan eineprofessionelle Formel-Karriere, die sie bisin die Formel-2-Europameisterschaft führ-te. Ihr absolutes Husarenstück lieferte siebeim F-2-GP 1970 auf der Nürburgring-Nordschleife. Hinter dem Schweizer XavierPerrot kam sie mit einem March-Ford desEifelland-Teams als Sensationszweite insZiel. Dies war das beste Resultat einer Frauin der Geschichte der Formel-2-EM.

Seit vier Jahren arbeitet HanneloreWerner wieder in ihrem erlernten Beruf alsZahntechnikerin, betreibt zudem mit ih-rem Mann eine kleine Gaststätte und wid-met sich ansonsten ihren vier Pferden.

Vorbild für Ellen

Einer ihrer Formel-2-Husarenritte: Werner 1971 im Eifelland-March-Ford

Schnelle Blondine: Werner 1969 30 Jahre später: Hannelore Werner

Werner-Hennerici, Hannelore (MSa 10/2000)

Page 51: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

53

Ammerschläger, Thomas (MSa 18/2001)

Thomas Ammerschläger kann gleich aufzwei erfolgreiche Karrieren zurückbli-

cken. Erst flotter Renn- und Rallyefahrermit allem, was NSU hiess. Und dann derfast nahtlose Übergang zum Techniker undEntwickler. Vier markante Stationen ragenaus dem Berufsleben des Diplom-Inge-nieurs heraus. Bei NSU (1965–1971) bauteer mit kleiner Mannschaft den RO 80 undden K 70, bei Ford (1972–1981) leitete erdie Entwicklung Motorsport und galt alsVater des legendären Renn-Capri in denletzten RS-Varianten und der Turbo-Aus-führung. Bei Audi (1981–1985) trieb er als Chef des Serien-Fahrversuchs dieQuattro-Entwicklung voran, und bei BMW(1985–1997) schob er als TechnischerGeschäftsführer der Motorsport GmbH zu-sammen mit Paul Rosche den legendärenM3 als Strassen- und Rennauto an.

«Der Capri und der M3», so Ammerschlä-ger, «waren wunderbare Tourenwagen, diemich als Techniker stark geprägt und fas-ziniert haben. Beim Turbo-Capri haben wir’80 durch die Adaption des Groundeffectsdie gleichen Abtriebswerte wie die Formel1 erzielt. Und der M3 wurde zum erfolg-reichsten Renntourenwagen der Welt.»

Seine Jahre als Rennfahrer hat Ammer-schläger 1958–1970 am Steuer vergleichs-weise schmalbrüstiger NSU Prinz 4, Sport-

Prinz, TT und TTS verbracht. Gegner warenneben den Markenkollegen wie Spiess &Co. die Abarth-1000-Treter wie Bitter, He-zemans oder Kauhsen. Kurzzeitig führteAmmerschläger mit dem NSU TT sogar maldie Tabelle der Rundstrecken-Meister-schaft an. Und die aufgestellte TT-Heck-haube zur besseren Luftzirkulation im Mo-torraum ist auch eine Erfindung von ihm.

Nach dem altersbedingten Ausscheidenbei BMW lebt der 63-Jährige mit seinerFrau Sigrid als rastloser Pensionär inMünchen. Da es weder Enkelkinder nochandere Hobbys gibt, ist der Techniker ausLeidenschaft schon längst wieder beiseinem Lieblingsthema gelandet. Für dieOrganisatoren der V8STAR-Serie bastelteer nicht nur ein modernes, wasserdichtesTechnik-Reglement, sondern auch die ge-samte Fahrzeug-Konzeption. Überdieszählt er zu den Gründervätern des Projekts.«Wenn auch noch die V8STAR ein Hit wird»,reibt er sich schon freudig die Hände,«wäre sie nach Capri und M3 mein drittespersönliches Highlight als Techniker. Mehrkann man von seinem Berufsleben nichterwarten.» Und fügt lächelnd hinzu: «Ei-gentlich habe ich mein Leben lang nichtsanderes gemacht, als meinem Hobby zufrönen. Schön, dass das auch noch so gutbezahlt wurde …»

Der Edel-Techniker

Seine wilden Jahre: Ammerschläger 1970 im legendären NSU TT 1100

1969: Ammerschlägers NSU-Zeit 2000: Mitbegründer der V8STAR

Page 52: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

54

Basche, Dieter (MSa 17/2001)

Dieter Basche pflegte zeitlebens eineebenso enge wie herzliche Verbindung zu

den Autos bayerischer Rennwagenbauer.Audi und BMW bestimmten über weite Stre-cken seine Laufbahn als Rennfahrer, Inge-nieur und Sportchef. Bei den Weiss-Blauenin München verlebte er «eine wunderbareZeit» als Rennfahrer und Leiter der Sport-abteilung. Erfolgreiche Einsätze als BMW-Tourenwagenpilot brachten ihn bis ins For-mel-2-Werksteam, das er 1970 sogar selbstleitete. Im selben Jahr musste er allerdingsauch die «grösste Enttäuschung überhaupt»erleben, als BMW «überraschend und ohneNot» den F2-Rückzug beschloss.

Noch einmal setzte Basche mit BMW per-sönliche Highlights, als er in der DRM1972/73 mit einem 2002 des GS-Teamsjeweils Dritter wurde und 1973 sogar um denTitel mitkämpfte. Erst im Finallauf verlor erunglücklich gegen die Ford-Kollegen Glem-ser und Heyer. Starts in diversen anderenAutos schlossen sich in der Folge an, bevorder rennende Diplom-Ingenieur 1979 beiden vier Ringen in Ingolstadt erst als Inge-nieur, dann als Technik-Chef und schliess-lich als Rennleiter andockte. «Im Laufe derJahre bin ich Audianer mit Haut und Haarengeworden, und das gilt noch heute.»

Als herausragende Ereignisse seinerIngolstädter Zeit nennt Basche den US-

Durchmarsch mit Stuck im 600-PS-IMSA-Turbo-Audi sowie die zwei DTM-Titel 1990und 1991 mit Stuck und Biela im bären-starken Audi V8 quattro.

Seit seiner Pensionierung lebt der heute64-jährige Racing-Freak im bayerischenEichstätt. Da auch seine Frau Margret ihrePraxis als Allgemeinärztin aufgegeben undden Ruhestand vorgezogen hat, könnenbeide jetzt ein Leben ohne Stress und Hektikgeniessen. Die Kinder sind aus dem Haus,beide Söhne (32 und 30) haben solideBerufe als Dipl. Ing. und Dipl. Volkswirt.«Wir haben jetzt viel Zeit für uns», soBasche, «und wir nutzen sie auch.»

Zwar holte Audi Sport seinen Ex-Frontmann ’99 noch mal für knapp zweiJahre als Berater für das Sportwagenprojektzurück, weil der Tod von CheftechnikerNorbert Weber eine gewaltige Lücke gerissenhatte. Aber das war nur ein Intermezzo, dasEngagement ruht schon seit einiger Zeit.Dafür wurde das eigene Segelschiff mehrzum Lebensmittelpunkt. «Wir unternehmenviele Segeltörns und sind überhaupt sehr oftauf dem Wasser.» Skilaufen, Tennis, Fitnessund Computer («in Sachen PC bin ichNeueinsteiger») füllen die Tagesabläufe aus.Auch gesundheitlich ist fast alles im Lot,«nur ein bisschen Tinnitus im Ohr, aberdamit kann man leben.»

Bayern-Sportler

Nostalgie: Dieter Basche ’68 im Werks-BMW 2002 auf dem Norisring

Motorsportler: Basche anno 1970 Wassersportler: Basche heute

Page 53: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

55

Bellof, Georg (MSa 41/2001)

Georg Bellof befällt jedes Mal Traurigkeit,wenn er im Fernsehen die faszinierenden

Formel-1-Duelle zwischen Michael und RalfSchumacher verfolgt. «So einen Bruder-kampf hatten Stefan und ich schon jahre-lang im Kartsport», erinnert sich derDeutsche Kart-Meister von 1978 und kurz-zeitige Formel-3-Pilot mit Wehmut. «Auchim Formelauto hätten der Stefan und ichsicher viel Spass gekriegt.»

Die Fortsetzung kam nie zu Stande, weilGeorgs F3-Gastspiel 1979 trotz ordentlicherResultate nach einer Saison wegen Geld-mangels endete. Um diese Zeit startete seinein Jahr jüngerer Bruder Stefan ins ersteFormel-Ford-Jahr. Was folgte, war eine deraussergewöhnlichsten Karrieren in derHistorie des deutschen Motorsports.

Obwohl beide Bellof-Buben nach Auffas-sung vieler Experten ein gleich hohesNiveau hatten, entschied der Familienrat,die knappen Eigenmittel ab 1980 auf Stefanzu konzentrieren. «Für beide hat’s einfachnicht gereicht», sagt Georg ohne Bitterkeit,«unsere Eltern waren ja schliesslich keineMillionäre.»

Der Ältere konzentrierte sich fortan aufseinen erlernten Beruf als Zahntechniker,begleitete Stefan aber so oft es ging zudessen Rennen. «Obwohl es sehr weh getanhat, selbst nicht mehr fahren zu können,

war sein rasanter Aufstieg für uns alle einTraum.»

Dieser endete am 1. September 1985 jäh:Stefan verunglückte beim Sportwagen-WM-Lauf in Spa tödlich. Elf Jahre später traf denälteren Bruder der nächste Schicksalsschlag– seine Frau Uta, mit der er 14 Jahre ver-heiratet war, verlor den Kampf gegen denKrebs. «Das musst du alles erst wegste-cken», so Georg, der trotz aller Tiefschlägesein Leben gemeistert hat. Inzwischen ister 45 Jahre alt und hat als GeschäftsmannKarriere gemacht.

In Giessen besitzt der Zahntechniker-Meister ein Dental-Labor, dazu einen Ge-tränke-Grossmarkt und einen Supermarkt,deren Gebäude er auf dem Gelände desfrüheren Lackierbetriebs der Familie bauenliess. Er spielt leidenschaftlich Golf (Han-dicap 16) und Senioren-Fussball. Und erpflegt das Familienleben mit Lebensgefähr-tin Michaela und den Kindern (zwei Mäd-chen, 14 und 12, ein Sohn, 4).

Gelegentlich hat er noch Kontakt zufrüheren Rennsport-Gefährten seines Bru-ders wie Franz Tost, Manfred Jantke oderMasseur Axel Nahmmacher. «Meine Grund-einstellung zum Leben hat sich geändert,ich freue mich über jeden Tag, an dem ichgesund bin, ich geniesse mehr und lebe vielbewusster als früher.»

Der grosse Bruder

Galt als deutsches Top-Talent: Bellof bei der Kart-WM ’78 in Le Mans

Kartsport-Grösse: Bellof 1978 Tiefschläge gemeistert: Bellof 2001

Page 54: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

56

Bitter, Erich (MSa 49/2001)

Erich Bitter gehörte zehn Jahre lang (1959bis 1969) am Steuer von Touren-, GT- und

Sportwagen zur absoluten RennfahrereliteDeutschlands. Vor allem der italienischeAbarth-Rennstall setzte immer wieder aufden Mann aus Ennepetal, dessen Erfolgs-bilanz rund 120 Siege und zwei Meistertitelumfasst. NSU-Prinz, alle Abarth-Versionen,Porsche 906, Ferrari 250 GT und Saab warenseine Cockpit-Stationen. Überdies war derRheinländer in den 60er-Jahren mit seinerFirma «Rallye Bitter» auch deutscher Mono-polist für Rennbekleidung und -Zubehör.Sein Sortiment war ausgesprochen preis-wert. Für 110 Mark gab es einen schlichtenOverall («zweiteilig, feuerabweisend, hell-blau»), 99 Mark kostete ein offener Helm(«robust, silbergrau, mit Blendschirm»),ein Paar Handschuhe («strapazierfähig,griffig») waren für ganze 25 Mark zu haben.Seine damalige Ehefrau Ulla organisierteseinerzeit den Verkauf.

Seine Rennfahrerlaufbahn beendeteBitter schlagartig nach dem drittenschweren Unfall. So flog er mitsamt seinemAbarth GT auf der Nordschleife des Nürburg-rings ausgangs des Streckenabschnitts «Ex-Mühle» durch die Büsche fast bis in dieersten Vorgärten von Breidscheid. «Ich wareingeklemmt, erst nach einer Ewigkeit kamgemütlich ein Posten und rief ‹Hallo, ist da

wer?›.» Ebenfalls am Ring hob sein offenerAbarth-Sportwagen vor dem «Brünnchen»auf einer Bodenwelle ab und krachtebrennend in den Wald. «Wenn ich mich danicht selbst befreit hätte, wäre ichunweigerlich verbrannt.» Die Narben derBrandwunden erinnern ihn noch heute anden fatalen Crash.

Nach geschäftlicher Berg- und Talfahrtals Autobauer (unter anderem Bitter CD undSC auf Basis des Opel-Diplomat) hat der Ex-Rennfahrer längst wieder festen Bodenunter den Füssen. Der Mitarbeiterstab sei-ner Braunschweiger Montage- und Entwick-lungsfirma «Bitter GmbH» erledigt For-schungsaufträge für VW, Seat und Audi. Der68-Jährige, in den 50er-Jahren Rad-Profiund bis vor kurzem noch Marathon-Läufer,ist nach wie vor jeden Tag im Büro und fitwie in seinen besten Tagen. «Nachts hab’ich einen Ruhepuls von 30, das ist schonfast beängstigend.»

Seine dritte Ehe mit Tanja bescherte ihmmit den Kids Lara (6) und Billy (8) noch-mals spätes Vaterglück, die erwachsenenTöchter aus erster und zweiter Ehe habenihn bereits zum achtfachen Opa gemacht.Jetzt träumt der einstmals schnelle Manndavon, sein Leben «irgendwann mal aufeinem Bauernhof mit Landwirtschaft undvielen Tieren zu verbringen».

Der Renn-Konfektionär

Rennflöhe: Abarth-Werksfahrer Bitter und Hezemans 1966 im Nahkampf

1969: Abarth-Werkspilot Bitter Ruhepuls 30: Erich Bitter heute

Page 55: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

57

Bovensiepen, Burkard (MSa 20/2001)

Mister Perfect

Tolle EM-Jahre: Toine Hezemans ’73 im Alpina-BMW gegen zwei Capri

1970: Der junge Alpina-Chef Weine und Wagen: «BuBo» heute

Burkard Bovensiepen ist nicht nur Chefder BMW-Edelschmiede Alpina in

Buchloe im Allgäu, sondern ein Mann mitbewegter Rennsport-Vergangenheit. Zwarist der Name Alpina heute untrennbar ver-bunden mit exklusiven Hochleistungs-Serienautos, aber in den 60ern, Mitte der70er- und gegen Ende der 80er-Jahre hat-te «BuBo» einen schlagkräftigen Rennstall.Bovensiepens Renntourenwagen siegten inder EM, in der DRM und in der DTM. In denlegendären BMW-CSL-Leichtbau-Coupéssassen Superstars wie Hunt, Lauda, Ickx,Stuck, Bell und Hezemans. Auch Marko, Ertl,Quester, Kelleners und Pankl standen aufder Alpina-Gehaltsliste.

Als 1973 die Benzinkrise durchschlug,pausierte das Alpina-Team für einige Jahre,um sich 1977 mit Quester als EM-Titelge-winner glanzvoll zurückzumelden. Danachzog sich Bovensiepen für zehn Jahre ausdem Rennsport zurück, um sich dem wei-teren Ausbau des Unternehmens und derGründung seines Weinimports zu widmen.Mit Beginn der DTM-Blütezeit kehrte Alpina1987/88 mit dem M3 und dem Fahrer-quartett Danner/Oberndorfer/Giroix/Lohrfür zwei weitere Jahre auf die Rennpiste zu-rück. Das neue DTM-Reglement hatteBovensiepen als ITR-Vizepräsident mass-geblich mitgestaltet. Danach war endgültig

Schluss mit der Rennerei, der Chef kon-zentrierte alle Kräfte und Geldmittel auf dieAlpina-Modellpalette und den exklusivenWeinhandel.

«Wir hatten eine wunderbare Zeit imRennsport», rekapituliert Bovensiepen(64), «und konnten BMW mit unseren Autosund Fahrern zu manchem Titelgewinn ver-helfen.» Seine Liebe zum Detail, die per-fekte Fahrzeugvorbereitung und pedan-tische Teamführung übertrafen damals oftgenug sogar den Standard der Werksteams.Heute ist der Name Bovensiepen im Renn-sport nur noch durch gelegentliche Startsseines Sohnes Andy (38) vertreten. DessenBruder Florian (34) unterstützt den Vaterin der Alpina-Geschäftsführung, seineTochter Angela (36) lebt auf Mallorca.

«BuBo», seit 40 Jahren verheiratet mitHildegard, hat noch immer alle Fäden in derHand, das Unternehmen steht prächtig da.«Wir sind kerngesund, haben 150 Mitar-beiter, stellen pro Jahr rund 850 Autos herund sind mit unseren Edelmarken ausItalien, Frankreich und Kalifornien der er-folgreichste Weinhandel Deutschlands.»

Bleiben noch Wünsche offen? «Aber ja.Ich träume von einem Alpina-Luxus-Minifür höchstens 70 000 Mark. Und ich willunsere Politiker mit bösen Briefen ein wenigwachrütteln.»

Page 56: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

58

Dechent, Hans-Dieter (MSa 37/2001)

Hans-Dieter Dechent hatte das Glück, alsPrivatfahrer den Rennsport völlig frei

von Geldsorgen zu betreiben. Der frühereChef des damals grössten Opel- und GM-Autohauses in Saarbrücken leistete sichsogar den Luxus einer kleinen Rennabtei-lung innerhalb seines Betriebs. Dort liesser die Sportgeräte warten und für jeneStarts vorbereiten, die er von 1962 bis1971 mit Brabham-F3-Rennwagen, Alfa-Romeo-Tourenwagen, Abarth-GT-Autosund Porsche-Sportwagen absolvierte.

Überdies verpasste er als deutscherBrabham-Exklusiv-Händler dem biederenOpel Kadett eine kräftige PS-Kur mitBauteilen des gleichnamigen Weltmeis-ters. Der «Brabham-Kadett» ging bes-tialisch und erschreckte neben Polizei undTÜV manch stolzen Porsche-Fahrer der60er-Jahre. Als Rennfahrer trat derSaarländer stets elegant auf und nur miterstklassigem Material an.

Trotz vieler Siege blieben dem Alfa-FanMeisterehren mit seiner Lieblingsmarkeversagt, dafür reichte es aber mit demAbarth-Simca GT Coupé gleich zu zweideutschen GT-Titelgewinnen auf der Rund-strecke (1964/1965). Die damals von sei-nen Konkurrenten kolportierte Vermutung,er könne oder wolle im Regen nicht schnellsein, führt Dechent übrigens auf ein Miss-

verständnis zurück. «Meine Frau hat mirvor dem Start zu einem Regenrennen ledig-lich mal gesagt, dass sie keine Lust habe,früh Witwe zu werden. Da bin ich ihr zu-liebe dann halt ein bisschen langsamergefahren …»

Nach seiner aktiven Zeit fand Dechentzunehmend Spass an Management-Auf-gaben in den Porsche-Rennställen «Scude-ria Lufthansa» und «Martini Racing Team».Später stiess er zur Joest-Truppe und wardort 18 Jahre lang «Reinholds linke Hand».Noch immer ist der 61-Jährige mit demRennsport verwurzelt: Nach 20 Jahren alsPräsident der Interserie-Organisationübernahm er nach dem Tod von Paul Gop-pert dessen Amt als Promoter der Sport-wagen-Serie. Zudem betreut er ein Privat-team in der Langstreckenmeisterschaft.

Mit dem Autohaus hat er schon langenichts mehr zu tun, stattdessen betreibter einen Exoten- und Oldtimer-Handel.Nachdem seine erste Ehe geschiedenwurde und seine zweite Frau leider ver-starb, möchte er «ein drittes Mal nichtmehr heiraten». Sein Sohn (36) arbeitetals Gastronom. «Jetzt möchte ich gesundalt werden», wünscht sich Dechent, «undwenigstens einmal mit der Concorde in dieUSA fliegen und auf einem Kreuzfahrt-schiff zurückreisen.»

Der Elegante

Zwei Mal Champion im Abarth 1300: Dechent 1966 in Mainz-Finthen

Rank und schlank: Dechent 1965 Treuer Dackelblick: Dechent 2001

Page 57: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

59

Falk, Peter (MSa 09/2001)

Peter Falk war nie ein Mann grosser Worteund Gesten. Mit Ruhe und Gründlichkeit

erledigte er den Job bei Porsche: Ab 1959im Fahrversuch, dann als Renningenieur,später als Leiter des Fahrwerksversuchsund von 1982 bis 1988 als Chef derRennabteilung fand er seine beruflicheErfüllung im Motorsport. Er assistierte demgrossen Huschke von Hanstein, arbeitetemit dem genialen Rennstrategen ProfessorHelmut Bott, erlebte 30 Mal Le Mans mitallen Höhen und Tiefen. In seine Amtszeitals Rennleiter fielen vier Gesamtsiege beiden 24 Stunden von Le Mans, vier Team-und fünf Fahrer-WM-Titel plus unzähligeEinzelsiege mit dem fast unschlagbarenPorsche 956/962.

Als wertvollsten Erfolg betrachtet Falkden Dreifach-Sieg ’82 in Le Mans. «Mit demnagelneuen 956er auf Anhieb den 1-2-3-Sieg zu schaffen, war für mich und dasTeam grandios.» Zwei weitere Ereignissestuft er als «besonders wertvoll» ein: DerSieg im ersten Antritt bei der RallyeParis–Dakar ’84 («unerprobtes Auto aufunbekanntem Terrain») und sein fünfterGesamtrang bei der Rallye Monte Carlo ’65als Co von Herbert Linge im Werks-911 –auch das ein Premierenerfolg, dennPorsche trat damals mit dem Elfer erstmalsin der Rallye-WM an.

Negativerlebnisse? «Leider zu viele. Wirhaben so manchen guten Fahrer verloren,vor allem Stefan Bellofs Unfalltod 1985beim Sportwagen-WM-Lauf in Spa-Francor-champs hat mich arg mitgenommen.»

Seit acht Jahren führt Technik-Freak undNaturfreund Falk (68) im Städtchen Tammbei Ludwigsburg ein nur bedingt beschau-liches Leben. Abenteuerreisen, Exkursio-nen im Mitsubishi Pajero, Berg-wanderungen und Alpenüberquerungenbeherrschen die Tage des Mannes, derdamals wie heute von Gattin Ruth begleitetwird. Beide sind seit beinahe 40 Jahrenverheiratet. «Wir sind ständig unterwegs;die Natur in ihrer Urform zu erforschen, isteinfach faszinierend.»

Aber auch den aktuellen Rennsport ver-folgt er mit Interesse, lässt sich gelegent-lich am Nürburgring oder in Hockenheimsehen. Einmal im Monat trifft er die altenWeggefährten beim berühmten StuttgarterPS-Stammtisch. Nebenbei berät er dieVeranstalter der Oldtimer-Events Silvretta-und Ennstal-Classic und entert gelegentlichselber das eine oder andere Porsche-Schmuckstück. Ein weiteres grosses Hobbysind Computer und Internet geworden, dieden Späteinsteiger seit 1992 begeistern.Falk ist ein rundum glücklicher Mensch,gesund, aktiv, zufrieden.

Porsche-General

Porsche-Generäle: Peter Falk und Huschke von Hanstein ’65 in Le Mans

Alles im Lot: Falk ’68 in Le Mans Unruhestand: Peter Falk heute

Page 58: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

60

Gebhardt, Günther (MSa 25/2001)

Günther Gebhardt erlebte seine bestenRennfahrerjahre im Kreis der wilden

Formel-V- und Super-VW-Clique. Schon derblosse Auftritt des Sinsheimers verschaffteihm Respekt, denn wer wollte sich schon miteinem 90-Kilo-Mann anlegen. Mit seinem ei-genen Rennstall, in den auch Günthers zweiJahre jüngerer Bruder Fritz als Managereingebunden wurde, holte er sich 1979 miteinem blitzsauber vorbereiteten March dieVizetitel in EM und DM.

Ein Jahr später gelang ihm der deutscheSuper-VW-Titel, parallel gönnte er sichErfolgserlebnisse in der Formel 3. Eine Ein-ladung zum F3-GP nach Monaco beantwor-teten er und sein March-VW mit einemsensationellen fünften Platz im Qualifying.«Da haben einige Stars ganz schön blödgeguckt», feixt Gebhardt noch heute. «Daswar eines meiner schönsten Erlebnisse über-haupt.»

Bald öffnete sich auch eine Tür zurFormel-2-EM, die er 1983 mit dem Ex-Boutsen-March bestritt. Dann begeisterte ersich für die Sportwagen, fuhr mit seinem ita-lienischen Geschäftspartner GiampieroMoretti («Momo») zusammen im Porsche962 und präsentierte mit dem «Gebhardt C2»eine eigene Sportwagen-Konstruktion. Wäh-rend der Chef Ende 1984 den Helm an denberühmten Nagel hängte, setzte sein Team

weiterhin Autos in Eigenregie ein. LetzteStation war Anfang der 90er-Jahre diedamals neue Formel ADAC Junior, in der biszu fünf Youngster unter Gebhardts Regie an-traten.

Inzwischen darf sich Günther Gebhardt(47) verstärkt um seinen eigenen JuniorPeter kümmern. Der ist mittlerweile 16,rennt schon sehr erfolgreich in der JvO-Kart-Challenge und hat laut dem stolzem Papa«viel technisches Verständnis, gute Anlagenund genauso viel Talent wie der Alte».

Der «Alte» selbst, nach wie vor Inhaberdes Sinsheimer Unternehmens «GebhardtFördertechnik», ist gesund, fit und seit 1996zum zweiten Mal verheiratet. Gewichts-mässig hat sich insofern was geändert, alser nun mit der 100-Kilo-Marke kämpft.Während sein Bruder Fritz den «Momo RacingShop» in Sinsheim leitet, möchte Günther«in absehbarer Zeit beruflich etwas anderesmachen, auf jeden Fall wieder was mitTechnik». Und dann gibt es noch ein grossesHobby in Gestalt einer 130-PS-Yamaha1300, die regelmässig bewegt werden will.

Obwohl er noch immer Renn-Freak ist undnur ein paar Kilometer von Hockenheim ent-fernt wohnt, lässt er sich dort nur seltensehen. «Warum auch – das Fernsehen liefertja alles frei Haus, und den Rest lese ich diens-tags in MSa.»

Das Kraftpaket

F3-Erinnerungen: Gebhardt im Ralt vor Stefan Bellof am Salzburgring

Kampf mit dem Gegner: GG 1978 Kampf mit den Kilos: GG heute

Page 59: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

61

Grähser, Jürgen (MSa 13/2001)

Der längste Kampf

Wilde BMW-Jahre: Grähser ’66 im 2002 Ti beim Flugplatzrennen Trier

Grähser: Kämpfer par excellence Heute: Saarbrücken muss bluten

Jürgen Grähser liess nie etwas anbrennen,wenn es bei den Tourenwagenschlachten

der 60er-Jahre um Siege am Berg und aufder Rundstrecke ging. Der saarländischeBMW-Privatfahrer legte sich mit Freund undFeind an, prügelte vor allem sein 700er-BMW-Coupé im Stil eines Kamikazefliegersvon Sieg zu Sieg. Seiner Münchener Haus-marke blieb der BMW-Händler aus Dudweilerbis zum Karriereende 1972 treu – vom 1602über den 1800 TISA bis hin zu 2002 und CS-Coupé rollte er nahezu alle gängigen Model-le zum Start. Die wildesten Ritte absolvierteer freilich im legendären 700er-Kampfge-schwader mit Klaus Miersch, ManfredBehnke, Kurt Pfnier oder Toni Fischhaber.

Dass man damals im Kampf um Plätzeund Punkte ziemlich rüde und trickreichmiteinander umging, belegt die lächerlicheAffäre um einen Aschenbecher: Weil dasZubehör im Grähser-BMW 700 fehlte, wurdeihm «wegen Entfernens eines serienmässi-gen Teils» ein Sieg aberkannt, was ihn letzt-lich auch den Gewinn der Bergmeisterschaft1964 kostete. «Das war meine grössteEnttäuschung», erinnert sich Grähser, «undder zweite Tiefpunkt war am Rande derBergpiste von Eberbach ein stämmigerBaum.»

Um denselben wickelte er 1965 einen1800 TISA, musste schwer verletzt aus dem

Wrack geschnitten werden und lag vierWochen auf der Intensivstation. Erst nacheinem Jahr Zwangspause kehrte er auf dieRennstrecke zurück.

Seine zweite Karriere machte Grähser alserfolgreicher Unternehmer und Kaufmann.Zusammen mit BMW-RennfahrerkollegeAlbrecht Krebs realisierte er grosse Im-mobilien- und Bauprojekte. Den grösstenund längsten Kampf gewann der jetzt 61-Jährige kürzlich – nach einem Rechts-streit über fast 30 Jahre mit der StadtSaarbrücken. Die Saar-Metropole muss demEx-Rennfahrer wegen eines unrechtmässigverfügten und mit kommunalpolitischemHintergrund durchgesetzten Baustoppsseines Einkaufszentrums 142 MillionenMark Schadenersatz zahlen.

Mit diesem letztinstanzlichen Urteilendete einer der längsten Zivilprozesse inder deutschen Justizgeschichte. «Endlichbin ich zu meinem Recht gekommen», gibtsich Grähser erleichtert, «aber ich habedabei mehr persönliche Substanz verlorenals in 13 Jahren Rennsport. Jetzt brauch’ich erst mal Ruhe, Frieden und frische Luft.»Diesen Wunsch erfüllt sich der begeisterteJäger auf seinem Landsitz im Nordsaarland,wo ein 500-Hektar-Revier stets gute Diens-te bei der täglichen Frust- und Stressbewäl-tigung leistet.

Page 60: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

62

Greger, Sepp (MSa 10/2001)

Sepp Greger war zu besten Sportlerzeitenein Phänomen, und er ist es noch heute.

1990 fuhr er mit 75 Jahren im Porsche RSRsein letztes Rennen am Berg von LesRangiers, jetzt ist er 86, spielt Golf wie einProfi und sieht aus wie ein Jungbrunnen.«Die Rennerei», sagt der Ur-Bayer, «hatmich jung gehalten.»

40 Jahre lang bezwang der VW- undPorsche-Händler aus München deutscheund andere Berge im Rekordtempo, fuhran die 600 Siege und 900 Pokale ein, wardreimal Berg-Europameister, dreimal Vize-und dreimal Deutscher Sportwagen-Meis-ter. Der legendäre Franz-Josef Strauss,Rennfan durch und durch, überreichte ihmden bayerischen Verdienstorden, vom ers-ten Bundespräsidenten Theodor Heussbekam er das Silberne Lorbeerblatt.

Gregers Karriere begann 1950 in einemVW Käfer, danach enterte er in schnellerFolge alle möglichen Porsche-Modelle vom356 über den RSK, die Carrera-GT- undSportwagen-Palette bis hin zum 910. 70Prozent seiner rund 1200 Starts absolvier-te er am Berg, den Rest auf der Rundstreckeund bei Rallyes.

«In ganz Deutschland», erinnert sichder einstige ONS-Geschäftsführer Sigis-mund von Kahlen, «gab es fast keineBergpiste, auf der er nicht wenigstens

vorübergehend den Rekord hielt. Seppdürfte der erfolgreichste deutscheBergpilot aller Zeiten sein.» Als persön-lich wertvollsten Erfolg nennt Greger denSieg im Porsche RS 60 über Ferrari-StarLudovico Scarfiotti in Ollon-Villars. Alsschönste Zeit empfand er die 60er-Jahremit den Bergrennen Eberbach, Rossfeld,Wallberg, Ratisbona oder Sudelfeld. SeinLieblingsparcours war der Mont Ventoux inFrankreich.

Den Winter verbringt Greger stets inFlorida, im Sommer lebt er in München.Seit 1962 ist er mit der 20 Jahre jüngerenTraudl verheiratet, die sich mit den SöhnenSepp jun. (37) und Andreas (35) um diegeschäftlichen Dinge in der Bayernmetro-pole kümmert. Beide Autohäuser sind ver-pachtet, aber die Greger-Racing-Show istalljährlich ein überaus arbeitsintensiverEvent.

Vor zehn Jahren hätt’s fast keinenGreger Sepp mehr gegeben: Tüchtige Ärzteretteten ihn vor dem Krebstod. Seither lebter ohne Magen, «aber es geht mir bestens,der Krebs ist besiegt.» Nach wie vor guckter alles, was an Racing über die Bildschir-me flimmert. So ganz kann er’s ohnehinnicht lassen – mit dem ebenfalls unver-wüstlichen Paul Ernst Strähle startet ergerne bei Oldtimer-Veranstaltungen.

König der Berge

Der Berg ruft: Porsche-Pilot Greger 1971 auf Rekordfahrt am Wallberg

Greger 1975: Mit Hut geht’s gut Rüstiger Rentner: Greger heute

Page 61: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

63

Hahne, Hubert (MSa 1–3/2001)

Hubert Hahne hat sich mit einer Renn-runde ein Denkmal gesetzt. Tatort:

Nürburgring. Noch heute erinnern sichNordschleifen-Fans des denkwürdigen Au-gust-Wochenendes 1965, als die 10-min-Schallmauer für Tourenwagen fiel. Weitüber 100 000 Zuschauer waren beimdeutschen Grand Prix Zeugen, als der BMW-Werkspilot im Tourenwagenlauf am Steuereines 2000 Ti seine 9:58,6 min auf diePiste knallte. Dutzende Weltklassepilotenwaren zuvor an dieser Hürde gescheitert.Hahne und BMW hatten danach imdeutschen Blätterwald fettere Headlinesals F1-Sieger Jim Clark. Mit dieserGlanzleistung untermauerte Hahne seinePosition als einer der weltbesten Tou-renwagenpiloten der 60er-Jahre.

Der «schöne Hubert» aus Moers begannseine Karriere 1960 zunächst im NSU Prinz,stieg später in einen BMW 700 um undrückte sodann zügig ins BMW-Werksteamvor. Danach gab’s kein Halten mehr – mitden silbergrauen 1800 TI, 1800 TISA und2000 TI startete er zur Eroberung derTourenwagenwelt. Einziger Knick in diesergrandiosen Zeit war ein übler Testunfallauf der Südschleife, bei dem er schwereWirbelsäulenverletzungen erlitt und garum die Fortsetzung seiner Karriere bangenmusste. Parallel setzte ihn BMW ab 1967

auch in der Formel 2 ein. Mit derenMonoposto wurde Hahne Vize-Europameis-ter – für einen ausgewiesenen Tourenwa-genpiloten ein echtes Kunststück. Zumaldie Gegner vom Kaliber Ickx, Stewart,Beltoise, Bell, Ahrens und Mitter waren.Zahlreiche Ausfälle durch technischeProbleme raubten Hahne jedoch immermehr den Spass, wozu auch ein völlig miss-glückter Formel-1-Deal mit March beitrug.Nachdem ihm beim F2-EM-Lauf in Enna1970 mal wieder der Motor hochging, stiegHahne frustriert aus und beendete seineKarriere auf der Stelle.

Im März 2001 wurde der einstige BMW-Vorzeigerennfahrer 66 Jahre alt. AlsExperte für Marketing und Öffentlich-keitsarbeit lebt Hahne seit längerem inGenua/I, berät von dort aus Auslands-Konzerne und schreibt für deutscheTageszeitungen. Seit 20 Jahren ist er inzweiter Ehe mit Eva verheiratet und hatzwei Söhne (Patrick, 25, und David, 12).«Der Grosse wird sicher kein Rennfahrer,aber bei David ist es nicht auszuschliessen.Der ist ein echter Racer.»

So wie die übrigen Mitglieder derHahne-Grossfamilie: Seine Brüder Wil-helm, Bernd, Armin und Tim sind ebenfallsmehr oder weniger heftig mit dem VirusAuto und Rennsport infiziert.

Der Rekordbrecher

Multitalent: Auch im F2 düpierte der Tourenwagenpilot die Formelasse

Mädchenschwarm: Hahne 1968 Italien-Fan: Hubert Hahne heute

Page 62: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

64

Hainbach, Reinhard (MSa 33/2001)

Reinhard Hainbach aus dem oberhessi-schen Schotten war immer ein stiller und

verhaltener Zeitgenosse. Mit Akribie undRoutine ging er seine Rallyes an, die Bei-fahrer auf dem heissen Sitz des Opel-, BMW-und Ford-Escort-Piloten zeigten sich stetsvoll des Lobes über die unaufgeregte Lenk-radarbeit ihres Chauffeurs. So gelangenHainbach zwischen 1970 und 1980 rund 40Gesamt- und jede Menge Klassensiege. Mitzwei deutschen Meistertiteln im Ford Escort1800 BDA erlebte er 1978 (mit Peter Linzen)und 1979 (mit Klaus Fabisch) einen wahrenHöhenflug.

Als Krönung sollte im Jahr darauf ei-gentlich der dritte Titel her, aber derglanzvolle Hattrick scheiterte letztlich aneiner läppischen Sekunde. Die fehlte Hain-bach im Opel Ascona 400 gegenüber derToyota-Equipe Warmbold/Inhester, alsnach dem Finale bei der Baltic-Rallye zu-sammengezählt wurde. «Darüber», gibt erunumwunden zu, «ärgere ich mich nochimmer.»

Ansonsten gab es kaum Verdruss inHainbachs Rallyezeit. So konnte er sich zu-sammen mit Co Wulf Biebinger 1971darüber freuen, dass man samt Opel Kadettzu jenen neun von 273 Besatzungen ge-hörte, die beim brutalen WM-Lauf in Por-tugal ins Ziel kamen. «Wir wurden Fünfte,

und darauf waren wir mächtig stolz.» SeineLieblingsrallye jedoch blieb immer die«Hunsrück» mit dem TruppenübungsplatzBaumholder als Dreh- und Angelpunkt. «Diespannende Frage lautete dort immer, werwann und wo seinen Plattfuss kriegt. Unddas war dann ja auch meist die Entschei-dung zu Gunsten des einen oder desanderen.»

Nach dem Ende seiner eigenen Karriereübernahm Hainbach die motorsportlicheBetreuung seines Sohnes Jens. Der machteseinen Weg zunächst im Motocross undwechselte danach auf vier Räder in dieFormel-Opel-Lotus-Challenge. Heute be-schränkt sich der Filius rein sportlich nurnoch auf die Zweirad-Disziplin Supermoto,während er als Junior-Chef des väterlichenOpel-Autohauses nebst Tankstelle in derPflicht ist.

Der Papa, mittlerweile 52 und seit 25Jahren mit Annegret verheiratet, restau-riert derweil mit Begeisterung alte Autosund startet gelegentlich bei historischenRallyes. Gerne düst er mit schweren Ma-schinen (Suzuki ST 1100, Honda 750) durchdie Gegend. Über Fachlektüre und Fernse-hen bleibt er auf der Höhe des Geschehensund würde «wahnsinnig gern mal bei einerMarathon-Rallye die Betreuung eines Teamsübernehmen».

Verpasster Hattrick

Kontrolliertes Spektakel: Hainbach/Fabisch 1979 bei der «Hunsrück»

Rallye-Star: Hainbach anno 1979 Motorrad-Freak: Hainbach heute

Page 63: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

65

Heidegger, Max (MSa 47/2001)

Max Heidegger aus Triesen im FürstentumLiechtenstein gehörte bis 1982 zur klei-

nen Elite international gefragter Motoren-Tuner. Der eigenwillige Techniker, von 1968bis 1972 selbst mit einem BMW 2002 vor al-lem am Berg erfolgreich, galt mit seinemEinfallsreichtum als Genie der Zunft. Schonsein Auftritt war beeindruckend: Ein Mannwie ein Baum, fester Blick, ehrliches Wesen.Sein Händedruck signalisierte die pure Kraft– schraubstockähnlich pflegte er die Handdes Gegenübers zusammenzuquetschen.

Richtig bekannt wurde er Anfang der 70er-Jahre durch unzählige Rennsiege seinerFormel-V- und Super-Vau-Triebwerke. «Man-fred Schurti war einer unserer ersten Kunden,ihm habe ich fast alles zu verdanken. SeineErfolgsserie hat uns erst richtig ins Gesprächgebracht.»

Nach der Formel-V-Ära mit vielen Titel-gewinnen widmete sich Heidegger der MarkeBMW, die er auch als Alpina-Importeur inseinem Liechtensteiner Autohaus vertrat.Kraftvolle BMW-Motoren von Heidegger imTourenwagen, in der Formel 2 oder in derM1-Procar-Serie wurden zum Qualitätsbe-griff. Marc Surer verblies im Gruppe-5-BMW320 und im M1 die Stars, Stefan Bellof fuhrseine beiden ersten Formel-2-Sensations-siege 1982 mit dem Wundermotor ausLiechtenstein ein.

Dennoch erinnert sich Heidegger an seinEngagement im grossen Formelsport nur mitBitternis: «Das Maurer-Team hat F2-Moto-renrechnungen für eine Viertelmillion nichtbezahlt, und McLaren hat mich trotz einesleider nur mündlich deponierten Entwick-lungsauftrags für einen Formel-1-Turbomo-tor hängen lassen. Das hat uns 1,8 MillionenSchweizer Franken und beinahe die Existenzgekostet.» Frustriert beendete der Firmen-chef daher Ende 1982 alle Engagements imRennsport.

Heute lebt Max Heidegger (64) alsRuheständler für mindestens sechs Monateim Jahr in seiner zweiten Heimat Irland. DieAutohaus-Geschäfte hat er vor Jahren anJacob (37) und Yasmin (35), die ältestenseiner fünf Kinder, übergeben. Jeweils in denWintermonaten schaut er in Liechtensteinnach der Familie. Zur rennsportlichenVergangenheit hat er alle Verbindungengekappt – zu tief sitzt die Enttäuschung über«das Geschäftsgebaren einiger Herrschaf-ten». Lediglich im Fernsehen verfolgt erFormel 1 («sehr faszinierend») und V8STAR-Serie («tolle Idee»).

In Irland baut der einstige PS-Zaubereraus Liechtenstein gerade ein Haus und be-wirtschaftet ein Stückchen Land. «Hier binich glücklich und zufrieden und geniesse dasLeben.»

Liechtensteiner Hexer

Hier wirkte das Genie: Heideggers Tuningwerkstatt in den 70er-Jahren

BMW-Fan: Max Heidegger 1962 Irland-Fan: Max Heidegger heute

Page 64: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

66

Hezemans, Toine (MSa 16/2001)

Der grosse Trickser

Hezemans’ grösster Erfolg: Targa-Florio-Sieg 1971 im Alfa Romeo 33

Gefürchteter Trickser: Hezemans Toine heute: Kein Zocken mehr

Toine Hezemans als Nebenmann in denvorderen Startreihen – das war für jeden

Gegner die Höchststrafe. Und zwar wegender fast unerschöpflichen Trickkiste desHolländers, dessen Überrumplungstaktiktäglich neue Facetten hatte. Das Resultatblieb immer das gleiche: Startduelle, Aus-bremsmanöver und Nahkämpfe gewann«Toine, der Trickser» nach Belieben. Fürmanchen der auf der Piste Vorgeführtenfolgte die zweite Niederlage gleich hinter-her: Bei der abendlichen Backgammon-oder Pokerrunde zog Hezemans den Mit-spielern in der Regel das letzte Hemd aus.

Erreichte schon der Glücksspielerlösstattliche Dimensionen, so fiel die Bilanzder 16 Hezemans-Jahre im Rennsport(1964–1980) sensationell aus: DreimalEuropameister mit drei verschiedenenHerstellern (Alfa, BMW, Porsche), Siege mitjedem der etwa 15 Auto-Typen, die man ihmanvertraute. Als Highlight ragt aus den rund140 Einzelsiegen der Targa-Florio-Erfolg mitNino Vaccarella im Alfa heraus. Die deut-schen Fans erfreute er vor allem durch seineAuftritte in der Rennsport-Meisterschaftder 70er-Jahre als Ford-Werkspilot im Capriund Escort RS sowie im Porsche-Rennstalldes Kölners Georg Loos. «Die schönsteZeit», blickt Hezemans zurück, «habe ichallerdings 1971 bei Alfa zusammen mit Rolf

Stommelen verlebt. Das war einfach gigan-tisch.» Genauso erfolgreich wie die Renn-fahrerkarriere gestaltete Hezemans auchseine Laufbahn als Unternehmer. Aus demHobby-Diamantenhändler von damals istein Immobilien-Grossunternehmer gewor-den, dessen Hotel-Resorts, Büro- und Ap-partement-Häuser über die ganze Welt ver-teilt sind. Im eigenen Jet pendelt der 58-Jährige zwischen den beiden WohnsitzenLaren/NL und der Antillen-Insel Bonaire inder Karibik, wo er ebenfalls eineHotelanlage betreibt.

Seit 1997 ist er zum zweiten Mal ver-heiratet, seine junge Frau Christiane hatihm mit Sohn Loris (3) noch mal spätesVaterglück geschenkt. Aus erster Ehe mitMarlene stammen Mike (31) und TochterDavy (27). Nach Mikes knapp verpasstemFIA-GT-Titel im Vorjahr droht der Teamchefheuer die grosse Attacke an: «Wir sindfahrerisch und technisch stark wie nie. Alledürfen sich schon mal warm anziehen.»

Mit solch vorsaisonalen Kriegserklärun-gen hat der clevere Toine die Konkurrenzschon in den 70ern oft genug erfolgreicheingeschüchtert. Einziger Unterschied zudamals: Die Zockerei ist vorbei, kein Poker,kein Backgammon mehr. Toine: «Sogar alsich kürzlich in Las Vegas war, habe ich nichtmal ans Spielen gedacht.»

Page 65: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

67

Jelinski, Frank (MSa 19/2001)

Frank Jelinski stand als 19-Jähriger voreiner grossen Karriere: Shooting-Star und

Titelgewinner in der Formel Super VW 1979,im direkten Anschluss nahtlos zweimalDeutscher Formel-3-Meister 1980/81 imRalt-Toyota bei Bertram Schäfer. DanachFormel-2-EM, beim ersten Rennen inSilverstone nach turbulentem Kampf um dieFührung in Front – bis ihm kurz vor Schlussder Motor hochging. Stefan Bellof, ebenfallsF2-Debütant, siegte sensationell. «Das war’sbereits für mich», kramt Jelinski in bittererErinnerung. «Dieser Bellof-Sieg und dernachfolgende in Hockenheim waren meinVerhängnis.»

Ab da konnte sich der Aufsteiger noch soabrackern, neben der Lichtgestalt Bellofgingen selbst heroische Leistungen unbe-achtet unter. «Der Frust war gross», gestehtJelinski, «denn auch danach beim Kampf umeinen Platz im Porsche-Werksteam zog ichgegen Stefan den Kürzeren. Er war einRiesentyp, aber karrieremässig mein ganzpersönliches Pech.»

Bald resignierte der Norddeutsche undfuhr querbeet alles, was ihm in die Händekam. Um dann doch noch in einer Art Happy-End im Porsche-956/962-Cockpit zu landen.Zuerst bei Walter Brun, dann bei ReinholdJoest. Spät, aber nicht zu spät konnte erzeigen, was er wirklich konnte, reifte zu

einem der zuverlässigsten und schnellstenSportwagenpiloten. Als Höhepunkte geltender Gewinn der Team-Weltmeisterschaft1986 mit Brun und der Sieg beim 24-Stunden-Rennen von Daytona 1991 (mitBob Wollek und Louis Krages). Im gleichenJahr beendete er seine Profi-Laufbahn alsAudi-Werksfahrer in der DTM.

Längst ist Frank Jelinski, inzwischen 42Jahre alt, auch als Geschäftsmann erfolg-reich. Zusammen mit seiner Frau Kerstin(mit der er seit 15 Jahren verheiratet ist undzwei Söhne hat) führt er eine Event-Agenturim norddeutschen Springe, organisiert Kart-Rennen, hat die Indoor-Bahn in Sinsheimaufgebaut und ist dort noch immerOrganisationsleiter der renommierten «24Stunden von Le Sinsheim». Jan, mit 11Jahren der jüngere der zwei Jelinski-Buben,sitzt schon im Kart, während dieses Themaden drei Jahre älteren Arnd noch kalt lässt.

Hin und wieder schlendert Jelinski nochdurch das eine oder andere Fahrerlager, stat-tet mal der DTM, mal den Sportwagen, maldem Langstreckenpokal einen Besuch ab.«Den grossen Rest guck’ ich mir im Fern-sehen an, und dienstags verschlingt manMSa auch noch wie früher.» Visionen für dieZukunft? «Klar, einmal mit einem NASCAR-Auto über das Oval des EuroSpeedwayLausitz donnern.»

Verkanntes Talent

Formel-3-Überflieger: 1981/82 holte Jelinski im Ralt-Toyota den Titel

1982: Viel Frust durch Bellof Heute: Indoor-Kart-Ecclestone

Page 66: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

68

Kleint, Jochi (MSa 31/2001)

Jochi Kleint gehörte zu den erfolgreichs-ten und dienstältesten Rallye-Profis in

Deutschland. Immerhin kann der Hambur-ger auf eine 27-jährige Rallyekarriere(1966 bis 1993) zurückblicken. Dabei be-gleiteten ihn viele Werksteams und diebesten Copiloten des Landes. So sassenWilli Pitz, Jochen Berger, Gunther Wanger,Andy Hänsch, Manfred Hiemer oder WernerHohenadel neben ihm auf dem heissenSitz. Was Ende der 60er-Jahre mit be-scheidenen Privat-Engagements im Saab96 und im Ford Capri RS begann, gipfeltebald in einem Prestigeduell mit WalterRöhrl um die Führungsrolle inDeutschland. Beide pilotierten um dieseZeit wechselweise Capri RS aus dem Renn-stall von Jochis Bruder und Manager Ernie,der 1989 bei einem Flugzeugabsturz starb.Mit Röhrls rasantem Aufstieg in die Welt-spitze konnten in der Folge weder Kleintnoch andere Schritt halten. «Wenn es michnicht gäbe», tröstete der Superstar seinenWeggefährten gelegentlich bei Journalis-tengesprächen, «wäre Jochi in Deutsch-land klar die Nummer 1.»

Für den grossen Schweiger aus demNorden blieben dennoch reichlich Erfolgs-erlebnisse. Mit Opel wurde er 1979 Euro-pameister und erreichte 1981 bei derRallye Monte Carlo Platz 3. Ein Jahr später

kämpfte er im Ascona 400 sogar mit Dauer-rivale Röhrl um den Gesamtsieg, bis er kurzvor Schluss am Turini ausrutschte und aufRang 7 abstürzte. Erfolgreiche Jahre mitDatsun in Südafrika, mit VW Motorsportund mit Lancia im deutschen Championatrundeten die lange und wechselvolle Kar-riere ab. «Meine schönste Zeit hatte ichbei Opel und VW, da stimmte alles», sagtder heute 53-Jährige, der sich seit 1983ein zweites berufliches Standbein als In-struktor bei der «Audi Driving Experience»geschaffen hat.

Noch immer ist er mit Begeisterung undEngagement Mitglied der Instruktoren-Elite, reist als Audi-Botschafter für siche-res Fahren um die Welt und schult sogarAudi-Kunden in China, Chile, Argentinienoder Neuseeland. Etwa 260 Tage im Jahrist er unterwegs, um rund um den Globusmehr Sicherheit im Umgang mit dem Autozu vermitteln. Und wenn er zufällig mal zuHause in Halstenbek bei Ehefrau Birgit undTochter Lena (15) ist, wird er zumindestvorübergehend zum Familienmensch undpflegt mit Vorliebe seinen Garten.

Schlusswort eines Weltenbummlers inSachen Sicherheit: «Ich fühle mich topfit,mag meinen Job und bin restlos überzeugtvon der Philosophie des Sicherheitstrai-nings – es gibt dafür dringenden Bedarf.»

Der Weltenbummler

«Meine schönste Zeit»: Jochi Kleint 1987 im VW Golf auf DM-Titeljagd

Schnelles Fahren: Kleint 1979 Sicheres Fahren: Kleint heute

Page 67: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

69

Kling, Karl † 2003 (MSa 12/2001)

Karl Kling und Mercedes-Benz sind genau-so untrennbar miteinander verbunden

wie der Name des einstigen Stern-Pilotenmit dem legendären «Geier-Unfall» bei derCarrera Panamericana 1952 in Mexico. DieFotos des 300 SL mit der durchschlagenenFrontscheibe und dem eilends als Schutz vorweiteren Geierattacken angebrachtenSchutzgitter haben weltweite Berühmtheiterlangt. Der in Giessen geborene dreimaligedeutsche Sportwagen-Meister begründeteseine ungeheure Popularität aber keines-wegs nur mit dem oft zitierten Geier-Zwi-schenfall, sondern in erster Linie mit seinerMitgliedschaft in der offiziellen Silberpfeil-Mannschaft an der Seite von Fangio, Moss,Herrmann und Lang.

Kling beherrschte jedes Auto in jederDisziplin perfekt, wobei unter all den Formel1, Sport- und Tourenwagen eigentlich der300 SL «sein» Auto war. Mit dem Urvateraller Flügeltürer hatte er in den 50er-Jahrenseine grössten und spektakulärsten Erfolge.Die Fahrerei liess ihn selbst dann noch nichtlos, als er 1958 die Leitung der Mercedes-Rennsportabteilung übernahm. So gewanner 1959 mit ZDF-Reporter Rainer Günzler alsCo in einem 190er Diesel die beinharteAbenteuer-Rallye Algier–Kapstadt durchZentralafrika. Diesen Sieg wiederholtenbeide zwei Jahre später nochmals mit einem

220 SE. Das Treiben hatte erst ein Ende, als1968 die Pensionierung anstand.

Im gesegneten Alter von mittlerweile 91Jahren verbringt Karl Kling seinenLebensabend in Gaienhofen am Bodensee.Noch immer sieht er sich im Fernsehen jedeFormel-1- und DTM-Übertragung an, stu-diert Fachlektüre und chauffiert sogarseinen Mercedes CLK nach wie vor persön-lich. Die Liebe zum Auto und speziell zu«seinem Daimler» hat ihn bis heute nichtlosgelassen.

Seine grösste Liebe hat er allerdingsschon vor zehn Jahren verloren, als seineFrau Wilma nach einem halben Jahrhundertgemeinsamer Wegstrecke starb. EineHaushälterin kümmert sich seitdem um diewichtigsten Dinge und wacht vor allem überdie gesundheitliche Entwicklung, die nacheinem Schlaganfall seit einiger Zeit zurSorge Anlass gibt.

Deshalb lässt er heute nur noch ganzwenige enge Vertraute an sich heran. DieterGlemser, der als 22-Jähriger von Klingseinen ersten Vertrag als Werksfahrer be-kam, ist von seinem ehemaligen Chef nochimmer begeistert: «Er war und ist ein echterGentleman, mit Stil, Kompetenz, Charmeund Menschlichkeit. Seine Amtsführung hatmich in meinen Mercedes-Jahren tief be-eindruckt.»

Der Grandseigneur

Schwer gezeichnet: Klings Beifahrer Hans Klenk nach dem Geierangriff

Legende: Karl Kling vor 40 Jahren Kling heute: Immer noch Autofan

Page 68: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

70

Krebs, Albrecht (MSa 27/2001)

Albrecht Krebs macht noch heute keinenHehl daraus, dass die Enttäuschung da-

mals verdammt tief sass. Mit zwei PunktenVorsprung auf Ford-Escort-Pilot Hans Heyerkam er mit seinem BMW CSL Coupé alsTabellenführer zum DRM-Finale 1975 nachHockenheim. Doch nachdem der BMW zurHalbzeit mit geplatztem Motor in Führungliegend ausfiel, blieb statt des Titels nurgrenzenloser Frust. Heyer wurde Meister,und auch Klaus Ludwig im Capri RS zog nochnach Punkten vorbei. «Bei Ford hat man jaschliesslich auch alles getan, um mir einBein zu stellen. Bei den drei letzten Läufenhaben sie den Ludwig auf mich angesetzt,damit der Heyer voll punkten konnte. Vorallem in Kassel-Calden gab es sehr un-schöne Szenen.»

Dennoch bezeichnet Krebs die Saison1975 mit dem Schnitzer-Coupé als die er-lebnisreichste und schönste seiner 17-jäh-rigen Rennfahrer-Laufbahn: «Es gab tolleKämpfe, das war einfach Rennsport pur.»Als Trost blieben immerhin drei Saisonsiegeund die Genugtuung, das brutale Hitzeren-nen auf der Nürburgring-Nordschleife ge-wonnen zu haben.

An gleicher Stelle durchbrach er ein Jahrspäter im BMW 2002 Turbo als erster Fahrerder Nürburgring-Geschichte mit 7:58,2 mindie Schallmauer für 2-Liter-Tourenwagen.

Gegen Ende seiner PS-Karriere holte sich derHanauer Architekt zu seinen gut 150Einzelsiegen am Berg und auf der Rundstre-cke noch einen Titel – 1981 wurde er miteinem Osella-BMW Sieger des DeutschenSportwagen-Pokals.

Heute lebt der ehemalige DSK-Präsidentund ONS-Fahrervertreter wechselweise inHanau und in seiner Finca auf Mallorca. SeinImmobilien-Managementbüro betätigt sichbundesweit als Bauträger für Geschäfts-und Wohnhäuser sowie Supermärkte. «Ichbin kerngesund, treibe viel Sport und machegute Geschäfte», vermeldet der 57-jährigeEx-BMW-Pilot.

1998 hat er zum dritten Mal geheiratetund freut sich über Tochter Ciara (1). Dieerwachsenen Kinder (37, 34) aus erster Ehehaben ihm bereits drei Enkel beschert. Golf(Handicap 12) und Tennis sind seine gros-sen Hobbys, den aktuellen Rennsport ver-folgt er noch immer mit Begeisterung viaFernseher und Fachlektüre. An die Renn-strecke kommt er aber nur noch selten,«weil ich keine Lust habe, ständig denTickets nachzurennen».

Wann immer es seine Geschäfte zulassen,nimmt sich Krebs eine Auszeit. «Denn etwasZeit für sich selbst zu haben ist heutzutageein sehr wertvolles Gut.» Wohl wahr. Undwohl dem, der sich’s leisten kann …

Der «Fast-Meister»

Titel knapp verpasst: Krebs im BMW CSL Coupé 1975 in Hockenheim

Krebs: Ring-Rekordhalter 1976 2001: Erfolgreicher Unternehmer

Page 69: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

71

Liedl, Heinz (MSa 40/2001)

Heinz Liedl brachte mit seinem Steyr-Puch 650 TR die BMW-700-Fraktion

jahrelang an den Rand der Verzweiflung.Wenn er mit seinem «Alpen-Carrera» beiden Läufen zur Deutschen Berg-Meister-schaft antrat, blieb sogar für die werksun-terstützten BMW-Piloten oft nur Frust. Soentschied er 1964, 1965 und 1966 hinter-einander den Titelkampf zu seinen Guns-ten, und 1967 reichte es noch mal zur Vi-zemeisterschaft. Gelegentlich brannte derKfz-Meister aus Grasslfing bei Regensburgmit dem 60-PS-Bergfloh sogar die Bestzeitaller Tourenwagen auf die Piste.

Über derart gelungene Glanzstückchenkonnte sich Liedl genauso diebisch freuenwie über die vier Motorrad-Gelände-Meis-terschaften, die er parallel zu den Auto-mobil-Aktivitäten ebenfalls für Steyr-Pucheinfuhr. Insgesamt brachte es der baye-rische Tausendsassa in einem Zeitraum vonzehn Jahren zu der eindrucksvollen Bilanzvon sieben Titelgewinnen, 54 Siegen aufzwei und 89 Erfolgen auf vier Rädern. Stolzmerkt er an, «dass ich sowohl meine Motor-räder als auch meine Autos immer selbstpräpariert habe».

Sein Lieblingsberg übrigens war derTrento-Bondone, wo er zwischendurchimmer mal gerne die europäische Elite auf-gemischt hat. Und wer glaubte, dass Liedl

nur am Berg ordentlich Gas geben konnte,sah sich auf der Rundstrecke schnell einesBesseren belehrt.

Noch heute hält Liedl seiner Hausmarkedie Treue, in dem er die Ersatzteil-Versor-gung für die Steyr-Puch-Restbestände anMofas, Mopeds, Motorräder und Autos auf-recht erhält. Überdies restauriert er mitBegeisterung Oldtimer. Unverändertwohnt er in Grasslfing, ist inzwischen 61Jahre alt und kerngesund. Mit seiner FrauAngelika ist er seit 31 Jahren verheiratet,(ein Sohn, 30, und eine Tochter, 22).

Mit Mountain-Biking und Rennrad imSommer und Ski-Langlauf im Winter hältsich Liedl zu jeder Jahreszeit fit. Undwenn’s ihn mal juckt, richtig Gas zu geben,ruft er seine alten Spezis an und düst mitdem Eichhammer Franz oder dem HeringWalter zum Nürburgring. «Auf der Nord-schleife toben wir uns ein paar Stundenlang aus, das reicht dann wieder für eineWeile.»

Zum Pflichtprogramm des sonntäg-lichen TV-Nachmittags gehören alleFormel-1- und Tourenwagen-Übertragun-gen. Als einzigen Luxus leistet er sich einWochenendhäuschen in Tirol, ansonstenist Heinz Liedl das geblieben, was er schonimmer war: Ein echter Bayer aus altemSchrot und Korn.

Der Berg-Floh

Gefürchteter Bergfloh: Heinz Liedl ’67 im Steyr-Puch 650 TR in Aktion

Liedl 1966: So brav, so schnell … 2001: Noch immer echter Bayer

Page 70: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

72

Mahle, Eberhard (MSa 22/2001)

Eberhard Mahle war in jeder Disziplinperfekt: Rennen und Rallyes, Sprints

und Marathon, Rundstrecke und Berg. Obam Steuer von Touren-, GT- oder Sportwa-gen – gegen den Spross des StuttgarterKolbenproduzenten gab es nur eineSiegchance, wenn er ausfiel. So kam das58-Kilo-Fliegengewicht zwischen 1954und 1968 mit 150 Siegen in 210 Starts zueiner Traumquote. Dazu war er DeutscherGT-Meister 1957 auf Alfa Romeo,Deutscher Bergmeister 1959 im Buckel-Volvo und GT-Europa-Bergmeister 1966auf Porsche 911. Mahle gehörte zu denwenigen Piloten der 50er- und 60er-Jahre,die immer einen Werksvertrag hatten. DieHersteller vertrauten ihm ihre bestenAutos an: DKW, Alfa, Borgward, Volvo,Mercedes, Fiat, Abarth, Porsche.

Ein Horrorunfall abseits der Rennpisteerzwang im besten Alter von 35 Jahren dasEnde der Bilderbuch-Laufbahn: Bei einemPresse-Fototermin auf einem StuttgarterKasernengelände bestieg er ein Kart, don-nerte in die erste Kurve und geradewegsin einen am Rand geparktenSchützenpanzer – das Gaspedal war aufVollgas stecken geblieben. SchwersteVerletzungen und Brüche erzwangen zweiJahre Krankenhaus-Aufenthalt mit ins-gesamt fünf Operationen. «Zwischendurch

bin ich immer wieder mal ins Rennauto ge-stiegen, aber das war alles sehr mühsamund machte nicht mehr so viel Spass.»

Die Spätfolgen begleiten Mahle als«körperliches Fahrwerksproblem» nochheute. Vor drei Jahren musste er sich einerKnie-OP unterziehen, kürzlich erhielt erein künstliches Hüftgelenk. Mit seinerzweiten Frau Karin lebt der 68-Jährigewechselweise in Leonberg und Lech, spieltgelegentlich Golf (Handicap 36), versuchtsich im Ski-Langlauf und geniesst ein sor-genfreies Leben. Bis zur Pensionierung warMahle, der eine Schwester und zwei Brüderhat, Exportleiter im eigenen Unter-nehmen, das als grösster Kolbenherstellerder Welt 26 000 Mitarbeiter beschäftigt.

Mit Interesse verfolgt der ehemaligeAlleskönner des deutschen Rennsports viaTV auch heute noch die wichtigstenEreignisse: «Formel 1, Rallye-WM und DTMsind Pflichtprogramm.» Mit den schwä-bischen Renn-Kumpanen von damals triffter sich regelmässig am ersten Montagjedes Monats beim «Oldtimer-Stamm-tisch» in Stuttgart. «Da wird immer vielgelacht, viel Benzin geredet und das eineoder andere Viertele getrunken.» Sofernder Altmeister fit bleibt, will er in naherZukunft einige grosse Reisen antreten.Wunschziele: Australien und Neuseeland.

Der Alleskönner

Kult-Buckel: Mahle im Volvo PV544 beim Flugplatzrennen Trier 1960

Siege am Fliessband: Mahle 1963 Klemmendes Fahrwerk: Mahle 2001

Page 71: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

73

Mariosi, Enrico (MSa 36/2001)

Enrico Mariosi ist ein Stück Nürburgring-Inventar. Als Oberkellner hat er alle

grossen und kleinen Rennfahrer der letz-ten 40 Jahre an der Eifelrennstrecke be-dient. Der bekennende Ferrari-Fan ausModena kam mit 20 nach Deutschland, umErfahrungen zu sammeln. Vom Kölner No-belhotel «Excelsior» zog es ihn 1961 in dieEifel, wo man ihn als Oberkellner einstell-te. Im altehrwürdigen Sporthotel Tribüne,das der legendäre ADAC-Rennleiter KurtBosch gerne als «Frikadellen-Bruchbude»titulierte, brachte der liebenswürdige Ita-liener den Stars der PS-Zunft fortan Salat,Suppe, Pommes, Dessert – und jedem Gastdie Rechnung. «In dieser Zeit war allessehr locker», erinnert sich Enrico. «Die F1-Fahrer hatten Zeit für ein persönlichesGespräch und zechten auch mal bis weitin die Nacht. Heute ist alles so steril,hektisch und unpersönlich.»

Kein Wunder, dass sich der nette Herrim schwarzen Frack stets freut wie einKind, wenn die Altstars Jacky Ickx, JackieStewart, Clay Regazzoni, Hans Herrmannoder Phil Hill in die Eifel kommen und da-bei nie vergessen, im Hotel nach Enrico zufragen. So war das Management des neu-en «Dorint am Ring» gut beraten, die treueSeele zum Start des Restaurantbetriebs ’89von seinem Verlegenheitsjob abzuwerben.

Immerhin mussten 14 Monate überbrücktund die Familie ernährt werden.

Jetzt geht Enrico in Pension und damitein sehr menschliches Stück Nürburgring-Geschichte zu Ende. Unter dem spassigenMotto «Der erste Mafioso in der Eifel» be-reitet ihm sein Arbeitgeber am 2. Septem-ber ab 10 Uhr im Dorint am Ring einegrosse Abschiedsparty. Viele Freunde undGäste aus fünf Jahrzehnten sind eingela-den. «Ich freue mich auf das Fest, auf diealten Weggefährten und auf meinen Ruhe-stand», sagt der 64-jährige Enrico, dessenHeimat seit 1967 das kleine Örtchen Mül-lenbach am Fusse der ehemaligen Nürburg-ring-Südschleife ist.

Dort lernte er auch Renate kennen, mitder er seit 38 Jahren verheiratet ist. Diedrei Töchter (36, 34, 28) sind aus demHaus. «Ich werde sicher keine Langeweilehaben», weiss der quirlige Mann mit demherzlichen Wesen. «Die Pflanzen im Gartenmüssen gepflegt und die Pilze im Waldgesucht werden.»

Vor allem kann er nun endlich in Ruheseiner Lieblingsmarke Ferrari beim Siegenzuschauen. Schlusswort eines glücklichenMannes: «Ich danke allen, die ich am Ringbedienen und kennen lernen durfte. Es wareine wundervolle Zeit.» Wer kann das nach40 Kellner-Jahren schon sagen …

Die Seele vom Ring

Ferraristi unter sich: Enrico Mariosi im Plausch mit Clay Regazzoni

Die Pflicht ruft: Mariosi 1961 Der Ruhestand ruft: Mariosi 2001

Page 72: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

74

Menzel, Harald (MSa 21/2001)

Harald Menzel brachte als Privatier imkleinen Abarth 1000 die grosse Ford-

Werksmannschaft gehörig ins Schwitzen,als er sich beim Finale um die Rundstrecken-Meisterschaft 1969 anschickte, den Kölnernden Titel vor der Nase wegzuschnappen.Erst die damals berühmt-berüchtigte «Gut-punkte-Regelung» verhalf Dieter Glemserim Escort TwinCam mit der Winzigkeit von0,6 Zählern zur Meisterschaft. Menzel trug’smit Fassung und freute sich über dieVizemeisterschaft. Zumal er sich so gut ver-kauft hatte, dass ihn Ford-Statthalter ErichZakowski sogleich als neuen Werksfahrerengagierte.

Mit dem grün-gelben Zakspeed-Escort1300 mischte der Norddeutsche fortan dieAlfa-, NSU- und Mini-Cooper-Szene kräftigauf. Mit dem stärkeren BDA gelangen ihmin der DRM 1972 sogar fünf Divisionssiege,was den von Ford zu BMW gewechseltenRennchef Jochen Neerpasch ermutigte, denvielversprechenden Nachwuchsmann vonKöln nach München mitzunehmen.

Aber so richtig glücklich wurde Menzelnicht, zu gross war der Erfolgsdruck mit demCSL-Coupé im gnadenlosen Schlagabtauschder Tourenwagengiganten Ford und BMW.Mit drei Saisonsiegen in der grossen DRM-Division verabschiedete sich der 25-Jährigezum Saisonende 1973 aus dem Rennsport.

«Die Motivation war weg, das BMW-Werks-team wurde sowieso reduziert, und ich habekeine Perspektive mehr gesehen.» Stattdes-sen heiratete er 1974 seine Freundin Ankeund bereitete sich auf die Übernahme deselterlichen Fiat-Autohauses in seinerHeimatstadt Dannenberg vor.

Längst ist aus dem heute 53-jährigenMenzel ein erfolgreicher Geschäftsmannund aus der Fiat-Vertretung eine straffgeführte Renault-Niederlassung geworden.Die 24-jährige Tochter und der 21-jährigeSohn unterstützen die Eltern nach Kräften,«denn man muss sich mächtig reinhängen,um im täglichen Kampf auf dem Markt zubestehen».

Mit Mountainbiking und Schwimmenhält sich der Chef fit, eine Rennstrecke siehter heute, wenn überhaupt, höchstens malzufällig. Auch alle Kontakte zu ehemaligenRenn-Kollegen sind abgerissen. «Allerdingsschau’ ich mir im Fernsehen alle Formel-1-und DTM-Läufe an, denn so ganz löst mansich ja doch nie von dem Sport, den manselbst betrieben und geliebt hat.»

So blickt Harald Menzel denn auch gernezurück auf seine fünf Jahre als Rennfahrer:«Die zweifellos schönste Zeit hatte ich1968/69 als Privatfahrer im Abarth. Da sindwir noch mit 600 bis 800 Mark proWochenende ausgekommen …»

Die Kurz-Karriere

Hoch das Bein: 1970 im Zakspeed-Escort beim Flugplatzrennen in Ulm

Bitte lächeln 1: Menzel anno ’72 Bitte lächeln 2: Menzel heute

Page 73: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

75

Mohr, Manfred (MSa 43/2001)

Manfred Mohr stand vor einer glanzvollenFormel-Karriere, als ein «Big Shunt»

1968 in Brands Hatch alle Träume zerstörte.Sein Brabham-Formel 3 stieg in der Start-runde nach Berührung mit einem Konkur-renten auf, überschlug sich mehrfach undkrachte brutal in einen Erdwall. Mit offenenBrüchen, einem zerfetzten Oberschenkelund Lähmungserscheinungen bargen Helferden besten deutschen Formel-3-Pilotenseiner Zeit.

Während der Zwangspause wurde demSchwarzwälder klar, dass dieser Unfall nichtnur seine Gesundheit, sondern auch seineProfi-Laufbahn im Formel-Sport ruinierthatte. So war der unterschriftsreife Werks-vertrag mit Tecno für die Formel-2-EM ander Seite von Clay Regazzoni ebenso hin-fällig wie andere ehrgeizige Pläne.

Bis dahin hatte Mohr bis zu 25 F3-Rennen pro Saison bestritten. Er raufte mitStars wie Piers Courage, Ronnie Peterson,den Brüdern Brambilla oder Derek Bell auchim grössten Gemetzel furchtlos um Siege.So stand er in Monza auf der Pole und be-zwang in Enna auf Sizilien die kompletteWeltelite.

Ein Unfall dieses Kalibers bringt selbsteinen harten Hund wie Mohr ins Grübeln:Zweifel, Zukunftsängste und Schmerzenprägten die monatelange Rekonvaleszenz.

Neuen Mut gab ihm 1969 eine Offerte ausKöln. Als Werkspilot wurde er als Rücken-deckung für den auf den Titel angesetztenDieter Glemser in Jochen NeerpaschsEscort-Offensive im 1,6-Liter-Twin Cameingebunden. Zwar war das rechte Beinnoch immer halb gelähmt, aber um «dieRolle des Mohrs, der seine Schuldigkeit tut»zu spielen, reichte es allemal. Wichtig warfür ihn nur, wieder im Geschäft zu sein –wenn auch nur im Tourenwagen.

Zwar fand er nochmal zu seiner altenLiebe Formel 3 zurück und gewann zweimalhintereinander den ADAC-Cup (Vorläuferder heutigen F3-DM), aber mit der grossenKarriere war’s vorbei.

Nach weiteren rastlosen Jahren in allenmöglichen Tourenwagenteams beendete er1980 seine Laufbahn und kümmerte sichnur noch um seine Vertriebsfirma «MohrRacing Parts» für Rennbekleidung, Helme,Zubehör. Erst vor zwei Jahren wurde derheute 63-Jährige mit neuen Schicksals-schlägen konfrontiert. Erst erlitt seinezweite Frau Olena einen Schlaganfall, da-nach musste er sich einer Bandscheiben-Operation unterziehen.

«Mein Sohn wird mit Sicherheit keinRennfahrer», stellt Mohr klar, «denn heuteweiss ich mehr denn je, dass die Gesundheitdas Wichtigste im Leben ist.»

Der Furchtlose

Hockenheim 1968: Mohr (2) gegen die internationale Formel-3-Elite

Mohr 1969: Neuer Start mit Ford Mohr 2001: Weitere Tiefschläge

Page 74: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

76

Neuhaus, Jürgen (MSa 44/2001)

Jürgen Neuhaus zählte wie Willi Kauhsenoder Leo Kinnunen in den 70er-Jahren zu

den verwegenen Bändigern des Super-Sportwagens Porsche 917. Als Höhepunktseiner Karriere holte sich der WuppertalerDiskotheken-Besitzer mit dem PS-Ungetümden Meistertitel in der damals sehr popu-lären Interserie. Schon in den Jahren zuvorhatte der grossgewachsene, stets gut auf-gelegte und nie um kernige Sprüche ver-legene Rheinländer in seiner Carrera-6- und911-Zeit ordentlich abgesahnt. «Es gabkaum ein Wochenende ohne Sieg oderPodiumsplatz», erinnert sich Neuhaus anseine Erfolgsserie am Berg und auf derRundstrecke.

Seine persönlich wertvollsten Resultateerzielte er ’70 mit dem Sieg im 917 Coupébei den 200 Meilen von Nürnberg, demVizetitel in der GT-Europameisterschaft(Porsche 911) und mit dem dreifachenGewinn der GT-Klasse beim 1000-km-Ren-nen auf dem Nürburgring (u. a. mit den rhei-nischen Weggefährten Helmut Kelleners undDieter Fröhlich als Partner).

Am selben Ort und beim gleichen Rennenerlebte er jedoch auch die grösste Enttäu-schung: Zum Karriereende den Gesamtsiegvor Augen, blieb sein Porsche 935 Turbostehen. «Das wäre das Sahnehäubchen zumAbschluss gewesen. Man kann nicht alles

haben. Wenn man 17 tolle Rennsport-Jahregesund und erfolgreich überstanden hat,gibt’s wirklich nichts zu meckern.»

Der heute 60-jährige Neuhaus lebt un-verändert in Wuppertal und geht seinenHobbys Wintersport, Tennis und Wasserskinach. Seine Disco «Dudelsack», speziell inden 70ern beliebter Treffpunkt für Vollgas-Freaks, hat er nach «25 Jahren anstrengen-den Nachtlebens» längst verkauft. Verbin-dungen zum Rennsport gibt es allerdingsnoch immer reichlich: Für die ScuderiaHanseat begleitet er seit 20 Jahren dieSportfahrerlehrgänge am Nürburgring alsInstruktor, gleiches gilt für das Renntrainingdes BMW-Clubs. Zum Langstreckenpokalfährt er so oft es geht, auf Schleichwegenpirscht er sich per Motorroller zum Schwe-denkreuz und anderen selektiven Ring-Abschnitten. Favoriten punkto TV-Konsumsind Formel-1-, V8STAR- und Motorrad-WM-Übertragungen.

Zum Thema Ehe hat Jürgen Neuhaus seineeigene, ganz spezielle Meinung: «Ich warGott sei Dank nur für ein paar Jahre ver-heiratet, seit 1973 führe ich ein wunder-bares Single-Dasein. Ich habe auch niemalsbereut, wieder ein freier Mann zu sein.Einmal Ehemann hat mir völlig gereicht –das muss ich wirklich nicht noch malhaben …» Ein echter Neuhaus eben …

Kernige Frohnatur

Erfolge im 917: Neuhaus beim Interserie-Rennen 1970 in Hockenheim

Siege am Laufmeter: Neuhaus 1969 Single aus Überzeugung: Neuhaus 2001

Page 75: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

77

Nöcker, Peter (MSa 46/2001)

Peter Nöcker war genau genommen soeine Art Dieter Glemser der 50er- und

60er-Jahre: Sauschnell, ruhig, gelassen undunspektakulär, ein erklärter Feind der Showund des Rummels um die eigene Person.Und damit genau das Gegenteil seines lang-jährigen Partners Peter Lindner, mit dem ersich bei den Tourenwagenschlachten übersechs und zwölf Stunden am Nürburgringund anderswo das Cockpit des Jaguar MK IImit dem berühmten Kennzeichen WI-PL 1teilte. Lindner, Jaguar-Importeur und Ja-mes-Dean-Typ, liebte jede Art von Showef-fekten, zelebrierte seine Auftritte wie einFilmstar, fuhr wild und oft überm Limit.

Das Dream-Team Lindner/Nöcker ge-wann nach Belieben, je zwei Mal die 6 unddie 12 Stunden sowie jede Menge EM-Läufe.Die Siegesserie brachte Nöcker 1963 mit derDeutschen Rundstrecken-Meisterschaft undder Tourenwagen-Europameisterschaft zweiwichtige Titelgewinne, die er um eine GT-Meisterschaft im Ferrari 250 GT ergänzte.Ingesamt gelangen dem asketischen Rhein-länder von 1956 bis 1966 gut 80 Einzel-erfolge. Neben dem Jaguar MK II und demJaguar E Coupé in Leichtmetallbauweisegalt Nöcker auch im Mercedes 300 SL undin Porsche-Sportwagen als sichere Bank.Daher holte ihn Porsche für die zwei letztenJahre seiner Karriere ins Werksteam, wo er

mit dem Gewinn der Index-Wertung bei den24 Stunden von Le Mans zusammen mitHerbert Linge seinen persönlich wertvolls-ten Triumph feierte.

Der heute 73-jährige Inhaber einerBaustoff-Grosshandlung lebt mit seinerdritten Frau Marlene in Meerbusch bei Düs-seldorf und erfreut sich bester Gesundheit.Sohn Peter jr. (37) kümmert sich verstärktum die Führung des Betriebs, zwei weitereNöcker-Söhne sind im Alter von 20 und 26Jahren bei Verkehrsunfällen ums Leben ge-kommen. Zwei Töchter (40 und 41) kom-plettieren die Familie. Neben und nach demRennsport war Nöcker leidenschaftlicherSportflieger. Erst vor kurzem hat er seineFluglizenz verfallen lassen («Das ist etwaso, als wenn du deinen Führerschein freiwil-lig abgibst»). Dafür steht nun Golf hoch imKurs, allerdings ist er auf Handicap 12 abge-sackt. «Zu meiner besten Zeit hatte ichHandicap 7.»

Eine Rennstrecke hat er seit dem Endeseiner aktiven Zeit nie mehr besucht, auchder Kontakt zu alten Weggefährten ist abge-rissen. Selbst im Fernsehen ist derMotorsportkonsum auf die Formel 1 be-grenzt. «Was die Jungs da so aufführen»,urteilt er, «ist allerbeste Unterhaltung –aber Fliegen und Golfen ist trotzdem nochschöner.»

Der stille Star

Kennzeichen WI-PL 1: Der berühmteste Jaguar-Tourenwagen der 60er

Dream-Team: Lindner/Nöcker 1962 Stiller Rheinländer: Nöcker heute

Page 76: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

78

Nodes, Beate (MSa 15/2001)

Beate Nodes hat zu ihrer besten Zeit alsRennfahrerin so manchen männlichen

Konkurrenten ins Grübeln gebracht. Zudenen, die aus dem Staunen schier gar nichtmehr rauskamen, zählte auch der heutigeMercedes-Rennchef Norbert Haug, der Mitteder 80er-Jahre mit der tierisch schnellenFord-Lady das 24-Stunden-Rennen auf demNürburgring bestritt. Die beiden teilten sicheinen 90-PS-Fiesta XR2 und gewannen ihreHubraumklasse souverän. «Der Norbert warvöllig fertig», erinnert sich Beate feixend,«weil ich pro Runde drei Sekunden schnellerfuhr als er. Das war mein schönster undwertvollster Erfolg überhaupt.»

Zehn Jahre hat das hübsche Franken-Mädel mit Ford im Rennsport zugebracht,fuhr in der Formel Ford, gewann den Ladies-Cup, stieg als Werkspilotin sogar in die DTMauf und siegte gegen Ende ihrer Laufbahnzusammen mit Thomas Beyer erneut imFiesta-Mixed-Cup. Ihre DTM-Karriere imSierra Turbo begann gleich bei der erstenTestfahrt in Hockenheim mit einem sechs-fachen Überschlag. «Eigentlich habe ichden Sierra nie geliebt, das war nicht meinAuto. Hingegen waren Fiesta und Escort fürmich massgeschneidert.» Dennoch steuertesie den ungeliebten DTM-Sierra 1986 inBerlin auf einen vielbeachteten drittenRang. «Alles, was ich im Rennsport erreicht

habe, verdanke ich Ford und vor allemmeinem Team um Bernhard Grab. Ich hattedort die schönste Zeit meines Lebens.»1994 beendete sie ihre Laufbahn als eineder erfolgreichsten Frauen im Rennsportüberhaupt.

Heute ist Beate Nodes (37) erfolgreicheGeschäftsfrau, leitet als Geschäftsführerinim fränkischen Bürgstadt ein grossesSchuhhaus mit 2000 qm Verkaufsfläche und60 Angestellten. Besonders stolz ist sie aufihre Fitness, «die noch genauso gut ist wiezu meinen besten Zeiten im Rennsport». Siefährt regelmässig Mountainbike undRennrad, schwimmt, joggt und trainiertjetzt sogar für ihren ersten Halb-Marathon.«Von der körperlichen Verfassung her könn-te ich mich sofort wieder in ein Rennautosetzten, die DTC wäre gerade die richtigeKragenweite für mich. Aber mir fehlt we-gen des Jobs leider die Zeit.»

Wenigstens pflegt sie intensiven Kontaktzur Rennszene und den Grab-Mechanikern,saugt via TV jede Übertragung gierig aufund ist einfach nur stolz darauf, «mal da-zugehört zu haben». Familie, Kinder? «Datut sich noch nichts, ich bin noch ledig undhabe keine Eile.» Stattdessen träumt Beatevon neuen Zielen – irgendwann will sie diehöchsten Berge besteigen. «Muss ja nichtgleich ein Achttausender sein …»

Haugs Bezwingerin

Im Fiesta fast unbezwingbar: Nodes 1990 im Mixed-Cup-Lauf am Ring

Nodes 1986: Was für ein Blick … Mit Hund und Haus: Beate heute

Page 77: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

79

Obermoser, Jörg (MSa 28/2001)

Jörg Obermoser denkt oft und gerne anseine Auftritte in der Deutschen

Rennsport Meisterschaft (DRM) zurück.Zwischen 1972 und 1977 war er in der 2-Liter-Division eine feste Grösse. Zuerst imEscort BDA, dann im BMW 2002. Wenn’s umdie Podiumsplätze ging, war mit demleidenschaftlichen Fighter aus Bruchsalimmer zu rechnen. «Die Rennen gegenGlemser, Heyer, Ludwig oder Basche warengigantisch, da stimmte einfach alles»,schwärmt Obermoser noch heute. Erst dieTurbo-Ära verdarb ihm zusehends den Spassam Tourenwagen, deshalb widmete er sichmit seiner TOJ-Eigenkonstruktion verstärktder Sportwagen-Szene, wo er schon parallelzu den DRM-Starts schöne Erfolge einfuhr.Als die Sportwagen in eine Krise gerieten,beendete er 1979 seine zehnjährige Renn-fahrer-Laufbahn. Vor seiner Tourenwagen-zeit hatte er bereits als Mitglied der deut-schen Kart-Nationalmannschaft zusammenmit Hans Heyer & Co. oft genug die Kohlenaus dem Feuer geholt.

Die positiven Erinnerungen des DRM-Vizemeisters von 1974 («das war definitivmein schönstes Jahr») haben ihn dazu er-muntert, die Glanzzeit der DRM mit denGruppe-5-Autos nochmals aufleben zulassen. Deshalb baut er heute nahezu allezwischen 1972 und 1980 eingesetzten 2-

Liter-Autos als Kunststoff-Modelle im Mass-stab 1:24 nach. Und zwar in Original-La-ckierung und mit Original-Sponsor-Be-schriftung. «Erst war’s nur ein ganz persön-liches Hobby», so Obermoser, «aber es gabso viele Anfragen, dass inzwischen ein rich-tiges Geschäft daraus geworden ist.» Denschwunghaften Handel mit den begehrtenNachbauten will er weiterhin pflegen,zumal der 57-jährige Technik-Freak wegenschwerer Diabetes noch dieses Jahr vorzei-tig in Rente geht. Fans wie Nostalgiker kön-nen ihr Wunschauto bei Obermoser alsBausatz oder fertig montiert ordern – zuPreisen zwischen 190 und 400 DM.

Nach beruflicher Berg- und Talfahrt,unter anderem in Frankreich, lebt JörgObermoser jetzt wieder in Pforzheim. Vorzwei Jahren hat er zum dritten Mal gehei-ratet. Zwei erwachsene Töchter (34, 32) auserster Ehe machten ihn bereits zumdreifachen Opa, dazu gibt es noch einen 16-jährigen Sohn («der wird aber bestimmtkein Rennfahrer») aus zweiter Ehe. DerRennsport fasziniert den einstigen BMW-Star noch immer, aber persönlich sehenlässt er sich kaum noch. «Ich schau’ miralles genüsslich im Fernsehen an, von derFormel 1 über die DTM bis zur Motorrad-WM.» Dazu studiert er die einschlägigeLektüre – natürlich auch MSa.

Der Nostalgiker

Goldene DRM-Jahre: 1974 im GS-BMW 2002 in Mainz-Finthen

Obermoser ’74: «Das beste Jahr!» Obermoser 2001: Bald Rentner

Page 78: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

80

Ostlender-Weiss, Claudia (MSa 07/2001)

Claudia Ostlender hat im Verlauf ihrerkurzen Rennkarriere einigen Leuten

Kopfzerbrechen bereitet. Erst fuhr sie imFiesta-Ladies-Cup den Konkurrentinnenund anschliessend auch der rennendenMännerwelt um die Ohren. Die sportive undhübsche Aachenerin, von Beruf Werk-stoffprüferin, kam ohne jede Vorkenntnis1983 in den Ladies-Cup und holte aufAnhieb den Titel. Nach zwei weiteren Ford-Jahren lockte der VW-Polo-Cup. Dort triebsie bis zum Ende ihrer Laufbahn ihr Unwe-sen und brachte gestandene Mannsbilderzur Verzweiflung.

Schliesslich gewann sie als einzige Frauin der Historie des Polo-Cups 1988 denLauf auf ihrer Lieblings- und Hausstreckein Zolder. Zwischendrin liess es die flotteLady beim Langstreckenpokal Nürburgringim Golf GTI und Escort RS krachen undstellte auf der VW-Versuchsstrecke Ehra-Lessien im Corrado mit 217 km/h einenGeschwindigkeits-Weltrekord auf, bevorsie Ende der Saison 1989 den Renn-Overallendgültig auszog.

«Es gab zwar ein konkretes BMW-An-gebot, aber für den Verbleib im Rennsporthätte ich meinen Beruf aufgeben müssen.Und das war’s mir nicht wert.» Dafür ar-beitete sie weiter als Assistentin derGeschäftsleitung beim VW- und Audi-

Betrieb Zabka in Alsdorf. Dem Unter-nehmen fühlte sie sich schon deshalb ver-bunden, weil man ihr dort den Einstieg inden Polo-Cup technisch wie finanziell ge-ebnet hatte.

Heute allerdings gibt es im Leben der42-Jährigen andere Prioritäten. Seit vierJahren ist sie verheiratet, heisst jetztWeiss und ist stolze Mutter des fastdreijährigen Leonard. Ihr Mann Georg istDruckereibesitzer in Monschau. In seinemBetrieb wird unter anderem auch dieMOTORSPORT aktuell gedruckt, die Sie,liebe Leser, jeden Dienstag in Händenhalten. Logisch, dass sie über alles bes-tens informiert ist, was im Rennsportgerade so läuft.

Dazu gönnen sich Claudia und ihr Manndrei bis vier Formel-1-Rennbesuche proJahr, der Rest wird via TV konsumiert. DerKontakt zu ehemaligen Rennfahrerkolle-ginnen und -kollegen ist dagegen «leiderabgerissen». Aber auch so gibt’s keineLangeweile: Kind und Mann versorgen,etwas Golf (Handicap 23) und immerwieder prüfende Blicke auf das im Baubefindliche Häuschen. Der Einzug ist fürSommer geplant. Wenn der ganze Wirbelüberstanden ist, möchte sie sich einenWunsch erfüllen: «Einmal zum Golfen nachHawaii, das wär’s.»

Die Power-Lady

Da staunten die Buben: Claudia ’88 beim Polo-Cup-Laufsieg in Zolder

1983: Ostlender als Fiesta-Lady Heute: Mama Weiss mit Leonard

Page 79: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

81

Pankl, Gerold (MSa 39/2001)

Gerold Pankls Rennkarriere war kurz, aberheftig. Vor allem heftig, was die haar-

sträubenden Unfälle des Österreichers inden wilden Tagen der Formel-VW-Frühzeitzwischen 1966 und 1968 betraf. JedesRennauto, das Pankl in die Finger bekam,bewegte er am und überm Limit. Ob Austro-VW- oder McNamara-F3-Rennwagen, obBMW Alpina 2002 oder Porsche Carrera 6 –wo der stämmige Naturbursche drin sass,wurde gesiegt, oder es flogen die Fetzen.So krachte es während seiner sechs Jahrewährenden Pistenpräsenz derart oft, dassauch die hartgesottenen Kumpels undTeamgefährten Niki Lauda und HelmutMarko ins Grübeln gerieten.

Binnen kurzer Zeit flog Pankl in Spa undam Nürburgring «jeweils in Baumhöhe wieeine Granate» aus dem Cockpit seines VW-Renners. Gurte gab’s zu jener Zeit nicht.Beide Crashs überlebte er mit Wirbel-säulenbruch, durchtrennten Muskeln, kom-plizierten Beinbrüchen und Prellungen amganzen Körper. Als er schliesslich miteinem Alpina-BMW 2002 beim EM-Lauf inBrands Hatch gegen einen Erdwall krachteund «es mir dabei das halbe Gesichtweggefetzt hat», verging dem Fahrschul-Inhaber aus Bruck in der Steiermark derSpass an der Rennerei. So zog er sich 1972zurück, ohne einen Meistertitel erreicht zu

haben. «Wie sollte ich auch? Wenns um dieWurst ging, lag ich ja immer im Kran-kenhaus.»

Es blieben aber auch gute Erinnerungen.Etwa der Formel-VW-1300-EM-Laufsieg inThruxton oder zwei Gesamtsiege im Alpina-BMW bei den 24 Stunden auf dem Nürburg-ring. Mit Pankls Rücktritt ging dem Motor-sport eine schillernde Figur verloren. 62Jahre ist der Mann jetzt alt, über den mansich einst respektvoll zuraunte, dass erweder Tod noch Teufel fürchte und unzer-störbar sei.

Ruhiger ist er geworden, spielt leiden-schaftlich Tennis und hat das Rauchen («80am Tag im 15-Minuten-Takt») aufgegeben.Heute ist er Besitzer einer Schweinezucht-farm in Ungarn (80 000 Jungferkel proJahr) und Herr über 1200 Mitarbeiter. DerBetrieb läuft prächtig. Das gilt auch für die«Pankl Racing Systems AG» mit Sitz inBruck, ein Börsen-Highflyer, der Formel-1-Rennställe, die DTM-Truppe von Opel undmehrere Flugzeugfirmen mit hochwertigenPräzisionsteilen beliefert. Firmenchef istder älteste Pankl-Sohn Gerold jr. (40).

Derweil droht der Senior mit sarkasti-schem Unterton seinen Rückzug aufsAltenteil an, «um mich endlich mal richtigauszuruhen». Verdient hätte er’s ja – nurglaubt’s ihm keiner …

Der Unzerstörbare

Immer am Limit oder drüber: Gerold Pankl 1968 im Formel Super Vau

Triumph oder Crash: Pankl 1968 Ferkel statt Formel: Pankl heute

Page 80: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

82

Petit, Peter (MSa 48/2001)

Peter Petit gehörte ein Vierteljahrhundertlang vor allem zur Rallyeszene wie das

Roadbook zum Copiloten. Aus dem Nichtsbaute der liebenswürdige Franzose denPirelli-Renndienst auf und profilierte sichschon bald als unentbehrlicher Experte.Dabei kam der Sportchef des hessischenReifenherstellers eher unfreiwillig zu sei-nem Job im Odenwald-Städtchen Höchst:Denn eigentlich wollte sich der kleine Mannaus Paris mit dem Gardemass von 165Zentimetern nach seiner Gastronomie-Lehrzeit als Koch oder Hotelier nieder-lassen.

Dann durchkreuzte die deutscheWehrmacht seine Berufspläne und ver-schleppte ihn 1943 als Zwangsarbeiter indie Reifenfabrik Veith. Dort machte Petitaus der Not eine Tugend: Über verschiedeneStationen hangelte er sich bis zu einerleitenden Position im Kundendienst nachoben, heiratete seine Odenwälder FreundinSelma, und begann Anfang der 60er-Jahre,sich um den Aufbau einer hauseigenenSportabteilung zu kümmern. Seitdem spur-tete der Pirelli-Sportler von einer Rallye zuranderen sowie zu Berg- und Rundstrecken-rennen und kam dabei locker auf 40 bis 50Veranstaltungen pro Saison.

Mit seinen Vertragsteams feierte er jedeMenge Titel, darunter mehrmals die Rallye-

WM, -EM und –DM. Seine schönste Zeit hatPetit «mit Walter Röhrl in der Rallye-WM»erlebt, seine Lieblingsrallye war «eindeutigdie Monte». Noch heute schwärmen eins-tige Top-Piloten von der Kompetenz,Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft des hes-sischen Franzosen. Dessen Sprachmix ausOdenwälder Slang und französischer Beto-nung, der oft Silben zum Opfer fallen («meinschön’ Beruf»), machten ihn noch sympa-thischer. Seit ’83 lebt er in Höchst «gleichneb’ dem Pirelli» im Ruhestand.

«Aber auch als Rentner», sagt der in-zwischen 77-jährige Petit, «hast du nieZeit.» Sein Tagespensum ist beängstigend:Jugendarbeit, Vereinsleben, Tischtennis,Radfahren, Musikgruppe, Haus- und Garten-pflege, fünf Enkel und ein Peugeot-Oldtimerhalten ihn auf Trab. Dazu seine Reisen: Maldrei Monate Australien, mal sechs WochenFrankreich.

Mit vielen Fahrern hat er noch regel-mässig Kontakt, «obwohl ja leider auch soviel gestorb’ sind». Mit seiner Selma ist erjetzt 55 Jahre verheiratet, von den beidenSöhnen verstarb der ältere 1993 an Krebs.Den alten Wegbegleitern verspricht dernoch immer kerngesunde Petit: «Zu mein’80. Geburtstag in drei Jahr’ werd’ ich allefür ein gross’ Fest einlad’.» Wir freuen unsschon drauf.

Der nett’ Franzos’

Bravo: Die ONS ehrte Petit ’78 für seine Verdienste um den Rennsport

Le grand chef: Peter Petit 1964 Heute: Peter Petit als Pensionär

Page 81: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

83

Scharmann, Peter (MSa 30/2001)

Peter Scharmann gehörte in den 70er-Jahren zu jener berüchtigten Clique

gnadenlos schneller Österreicher, die vorallem in der Formel V1300, der Formel SuperVau und später auch in der Formel 3 vonErfolg zu Erfolg eilten. Im Gegensatz zuseinen Landsleuten war der gelernte Ma-schinenbau-Ingenieur eher ein ruhiger Ver-treter, der sich zumeist geschickt aus denüblichen Raufereien heraushielt.

Bevor er in der Saison 1973 das ersteFormel-V1300-Eigenbau-Cockpit enterteund auf Anhieb die Europameisterschaftgewann, arbeitete er bei Porsche als Jung-ingenieur für die Bereiche Fahrwerk undMotor. Seine einschlägigen Kenntnisse ausdem lehrreichen Job in der WeissacherDenkfabrik übertrug der Österreicher mitdeutscher Lizenz auf die Abstimmung seinereigenen Rennautos.

Der Siegeszug setzte sich in der FormelSuper Vau fort und gipfelte 1977 im Gewinndes Deutschen Formel-3-Championats. Die-sen wichtigen Titel sicherte er sich gleichin seinem ersten F3-Jahr und dazu noch miteiner Neukonstruktion (TOJ-Toyota). Dieanschliessend ins Visier genommene For-mel-2-Karriere geriet durch Geldmangelschon bald ins Stocken. «Nachdem es keinePerspektive mehr gab, hab’ ich kurzerhandbeschlossen, mit der Rennerei aufzuhören

und mich wieder meinem Beruf zuzu-wenden.»

Seitdem ist Peter Scharmann Sales Mana-ger und Geschäftsführender Direktor derschweizerisch-österreichischen HOBAS-Werke in Klagenfurt, an denen der ehe-malige Berg-Europameister und Ex-Ferrari-Rennleiter Peter Schetty eine 50-Prozent-Beteiligung hält. Das Unternehmen pro-duziert glasfaserverstärkte Polyesterrohrefür die Wasserwirtschaft. Beruflich hat der51-Jährige noch ehrgeizige Pläne, ohnedabei Privatleben und Hobbys zu kurz kom-men zu lassen. «Ich spiele seit fünf JahrenGolf, halte mich fit mit Mountainbiking,Skifahren und Joggen und steige auch gernemal ins Indoor-Kart.»

Mit seiner Frau Sigrid ist er seit 26 Jahrenverheiratet, die erwachsenen Kinder (24,21) studieren Handelswissenschaft in Wien.Gelegentlich gönnt sich Peter ScharmannBesuche bei seinen Lieblings-GP Monza,Monaco und A1-Ring, den Rest des Formel-1-Programms konsumiert er vor demFernsehgerät im häuslichen Wohnzimmer.Schade findet es der ehemalige Rennfahrer,dass alle Kontakte zu den alten Weggefähr-ten aus Formel V und Formel 3 abgerissensind. «Vielleicht meldet sich der eine oderandere ja jetzt mal – ich würde mich riesigdarüber freuen.»

Der Renningenieur

Grosse Sprünge: Scharmann im TOJ-Toyota-F3 auf der Nordschleife

Der Rennfahrer: Scharmann 1977 Der Manager: Scharmann heute

Page 82: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

84

Schmidt, Rolf (MSa 11/2001)

Rolf Schmidt erwies sich für Renault undden Sport in Deutschland als Glücksgriff.

Als der Mann mit der bewegten Vergangen-heit und der ausgeprägten Vorliebe fürFrankreich Ende der 60er-Jahre in derdeutschen Niederlassung in Brühl bei Kölnanheuerte, konnte noch niemand ahnen,was er alles in Gang setzen würde. Zumalihn seine Vorgeschichte nicht gerade alsExperten fürs Sportive auswies: Nach demKrieg schlug er sich in Frankreich durch –als Hauptfeldwebel der Fremdenlegion inIndochina, als Bergwerksarbeiter, Spedi-teur und Direktor einer tunesischen Obst-plantage. Bei einem Autounfall verlor erfast sein Leben, brach sich den 11. und 12.Brustwirbel und sass beinahe drei Jahre imRollstuhl.

Doch er war und blieb ein Fighter: BeiRenault baute er eine funktionsfähigeSportabteilung auf, schickte hauseigeneAlpine 1600 GT und Formel-3-Renner aufSiegestour und bugsierte Renault-Deutsch-land zu einer festen Grösse im nationalenSportgeschehen. 1974 setzte er sich mit dergrandiosen Idee des Renault-5-Pokalsselbst ein Denkmal.

Seit acht Jahren lebt Rolf Schmidt (73)im Ruhestand, aber die Verbindung zuRenault ist nie abgerissen. Noch immer ar-beitet er Reglements und technische

Handbücher aus, übersetzt komplizierteTexte und liefert Ideen. Überdies ist auchsein Sohn Kai (34) als EDV- und PC-Expertebei Renault in der Händlerbetreuung ge-landet. Schmidt selbst hat sich einen Tagnach der Pensionierung einen PC gekauftund gilt seitdem als Freak.

Zusammen mit seiner Frau Lou bewohntSchmidt im Kölner Vorort Rodenkirchen einschmuckes Häuschen, macht zwei bis dreiMal pro Jahr Urlaub in Frankreich und lässtsich auch durch allerlei gesundheitlicheRückschläge wie eine komplizierten Herz-operation nicht aus der Ruhe bringen.

Allerdings hat ihn Ende letzten Jahresdie Krankheit seiner Frau, mit der er seitfast 30 Jahren verheiratet ist, mehr getrof-fen als alle eigenen Gesundheitsproblemezusammen. «Lou hat mein Leben geprägt,ich verdanke ihr so viel und hoffe inständig,dass sie den Kampf gewinnt. Wir wollen ge-meinsam alt werden.» So gibt es für denEx-Sportchef in diesen Tagen nur eineAufgabe: «Ich will in dieser schweren Zeitfür meine Frau da sein und ihr täglich Mutmachen. Alles andere ist unwichtig.»

Wenn alles gut geht, werden dieSchmidts hoffentlich bald zum nächstenUrlaub aufbrechen und ihrem Lebensmottofrönen: «Geniesse den Tag bei gutem Essenund gutem Wein.» Natürlich in Frankreich.

Vive la France!

Schmidts beste Idee: Der Renault-5-Pokal entwickelte sich zum Renner

1974: Neue Impulse für Renault Heute: Nur Lous Gesundheit zählt

Page 83: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

Drei Jahrzehnte Markenpokale in Deutschland

Viel ist passiert seit dem ersten Lauf zum Renault 5 elf-

Pokal 1974 in Hockenheim. Eines hat sich jedoch nicht

geändert: Die Markenpokal-Rennserien des „Créateur

d’Automobiles“ bieten ebenso spektakulären wie pro-

fessionellen Motorsport für Ein- und Aufsteiger.

Bleiben Sie uns treu – die Erfolgsstory geht weiter. 30Jahreundkein

bisschen

leise…

Renault MotorSport

Mit vollem Einsatz: Renault 5-Legende Jo Weber 1975.

Sorgt stets für Aufsehen: Renault Clio Speed Trophy 2003.

Renault Nissan Deutschland AG Abteilung MotorSportRenault Nissan Straße 6 – 10 50 321 Brühl

Page 84: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

86

Schütz, Wolfgang (MSa 24/2001)

Wolfgang Schütz gilt noch heute als er-folgreichster deutscher Renault Cup-

Pilot. Mehr als 100 Siege, zwei EM- und einDM-Titel bescherten ihm einen Ruf wieDonnerhall und dazu eine rekordverdächti-ge Preisgeldsumme. Ob im Renault 5, R5Turbo, Alpine V6 oder R21 Turbo – derebenso listige wie schlitzohrige Schwabeaus Hildrizhausen bei Böblingen mischtezwischen 1974 und ’90 jedes Renault-Cup-Startfeld gnadenlos auf.

Sein ganz spezieller Platz zum Siegenhiess Monaco. Hier gewann er als einzigerRenault-Pilot mit jedem im Eurocup ein-gesetzten Modell mindestens einmal. Eintypischer Schütz-Monaco-Auftritt der 70er-Jahre: «Nachts mit Hänger und Rennautodurchgefahren, um 5 Uhr Abnahme, um 6Training, um 7 Bestzeit, um 8 Zelt aufge-baut, geschlafen, Rennen gewonnen.»

Mindestens zwei EM-Titel seien ihmentgangen, jammert Schütz noch heute,«weil sich regelrechte Seilschaften gegenmich gebildet hatten. Die sind dann immergemeinsam über mich hergefallen.» Vorallem die berüchtigte «Viererbande» mitSigala, Lammers, Gouhier und Bleekemolenmachten dem Schwaben schwer zu schaf-fen. So wie etwa 1984 in Brands Hatch, alssich Schütz nach einem brutalen Gouhier-Foul bei 200 mehrfach überschlug und erst

im Krankenwagen wieder zu sich kam. Aufdem Weg zur Klinik nutzte er einen Stau zurFlucht aus dem Krankenwagen, enterte eineTaxe zurück ins Fahrerlager, sammelteseinen Schrott ein und fuhr noch nachts mitWohnmobil und Hänger nach Hause.

Als er 1990 beim EM-Lauf in Le Mansschuldlos in eine Startkollision verwickeltund in lebensbedrohlichem Zustand ausdem R21-Turbo-Wrack geborgen wurde, warallerdings Schluss mit Lustig. Erst nacheiner Woche erwachte er aus dem Koma,trat danach eine mehrjährige Rehabilita-tions-Phase an und musste seine Rennfah-rerkarriere beenden.

Die Unfallfolgen hat der heute 51-Jährige nahezu völlig überwunden, Sprach-zentrum und Gedächtnis arbeiten wiederzufriedenstellend. Unverdrossen betreibtder Kfz-Meister bereits im 30. Jahr seinenGebrauchtwagenhandel, legt für dringendeReparaturarbeiten auch mal selbst Hand an,wenn gute Kunden darum bitten. Seine Eheallerdings ging vor fünf Jahren in dieBrüche, die beiden Kinder (Sohn 19, Tochter17) leben bei seiner Ex-Frau Marion.

Seine Zukunft hat Wolfgang Schützschon klar vor Augen: «Ich will viel Urlaubmachen, so oft wie möglich in die USAreisen, und mein zweites Leben bewusstergeniessen.»

Das Cup-Schlitzohr

Ende mit Schrecken: Das R21-Wrack nach dem Crash 1990 in Le Mans

Früher: Schütz als wilder Hund Heute: Schütz als feiner Herr

Page 85: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

87

Schwägerl, Hans (MSa 34/2001)

Hans Schwägerl war schon immer einMann weniger Worte und grosser Taten.

Der Weinhändler und Hotelier gehörte1951 zu den Gründern des MSC Marktred-witz, fuhr erfolgreich Motorrad- und Auto-rennen sowie Rallyes und wechselte nachseiner aktiven Zeit 1960 in den Organisa-tionsbereich des ADAC. Seither widmete ersich Aufbau und Wachstum des deutschenRallyesports, war 25 Mal Fahrtleiter derWinterrallye Marktredwitz und Projektma-nager für die Fahrtleiter-Ausbildung imRallye-Sport.

Sein Meisterstück machte Schwägerl alsChef-Organisator und Fahrtleiter der le-gendären Olympia Rallye ’72, dem grösstenONS/ADAC/AvD-Gemeinschaftsprojekt al-ler Zeiten: Sieben Bundesländer, 17 Regie-rungsbezirke, 87 Landkreise und 900 Ort-schaften wurden berührt, 45 000 km zurStreckenplanung abgefahren, dazu 5000Helfer rekrutiert. 407 Nennungen gingenein, 347 davon wurden akzeptiert.

Fast eine Million Zuschauer säumten dieRallyestrecke zwischen Kiel und München.«Eine Veranstaltung dieser Dimension hat-te es bis dahin in Deutschland nie gegeben– und wird’s auch nie mehr geben», blickter fast wehmütig zurück. «Das war diegrösste Herausforderung in meiner Funk-tionärs-Laufbahn.»

Auch die erste ADAC-Rallye Deutschlandlief 1982 natürlich unter Oberaufsicht vonSchwägerl. Jahrzehntelang war er ADAC-Wagenreferent, Mitglied der ONS-Sport-sowie FIA-Rallyekommission und Sport-kommissar bei allen wichtigen Events.Obwohl der heute 76-Jährige offizielllängst als Pensionär gilt, wird er immernoch als Sportkommissar berufen. Selbst-verständlich ist er zusammen mit WalterRöhrl nun auch ADAC-Repräsentant für dasWM-Lauf-Projekt Deutschland-Rallye.

Ansonsten kümmert sich der Unruhe-ständler in seiner Heimatstadt Marktred-witz um seinen Weinhandel. Jeder neueWein wird von ihm persönlich verkostet,bevor er in den Verkauf geht. Sein 65-Betten-Hotel hat er schon vor 20 Jahrenverkauft, «weil die Knochenarbeit irgend-wann ein Ende haben musste». Mit EhefrauLilo ist er seit 50 Jahren verheiratet, SohnMichael (48) ist Anwalt und Justitiar desunterfränkischen Hotel- und Gaststätten-verbands.

Überdies hat sich der junge Schwägerlals Sportkommissar bei der DTM undRennleiter des Nürburgring-GP einen Na-men gemacht. Und der nächste Schwägerlkommt bestimmt – Michael (9) interessiertsich auch bereits brennend für die Abtei-lung «Brumm-Brumm».

Der Rallye-Papst

Mann der Praxis: Schwägerl (r.) mit Co Grafenhorst 1968 im Rallyeziel

Rallye-Pionier: Schwägerl 1976 Botschafter: Schwägerl heute

Page 86: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

88

Seufert, Hans Peter (MSa 05/2001)

Hans Peter Seufert und seine Liebe zurRennsport-Fotografie – eine Story, die

1957 begann und 20 Jahre später allmäh-lich zu Ende ging. An die 600 Rennen hatder quirlige Schwabe besucht, von der For-mel 1 über die Sport- und Tourenwagen-schlachten bis zum Bergrennen war dieganze Palette dabei. Wo immer ein langes,schwarzes Rohr aus dem Strauchwerk amStreckenrand ragte, war jedem vorbeidrif-tenden Piloten klar: «Da sitzt der Seufertim Busch.» Mit schwerem Equipment,Fotokoffer und mehreren Teleobjektivenals Handgepäck, umrundete er während ei-nes 1000-km-Rennens oft die halbe Nord-schleife zu Fuss. Pro Rennen schoss Seu-fert, der als bester Action-Fotograf der60er-Jahre galt, bis zu 800 Bilder, die dannim eigenen Kellerlabor entwickelt und anPresse und Fahrer verschickt wurden.

Der Verkauf an die Akteure war gängigePraxis, aber Reichtümer konnte man nichtanhäufen, «zumal die Zahlungsmoral derschnellen Kundschaft nicht immer die bes-te war». Aussenstände von mehreren 1000Mark erinnern Seufert noch heute an dennervenaufreibenden Bildversand.

Nach dem Tod seines Kollegen JuliusWeitmann trat Seufert dessen Nachfolgebei «auto motor und sport» als Cheffoto-graf für die Ressorts Test und Specials an.

Einsätze bei den Rennen rückten immermehr in den Hintergrund. Und seit seinSchwiegersohn Manfred Winkelhock 1985tödlich verunglückte, hat Seufert keineRennstrecke mehr besucht. Dennoch ist erdem Sport noch immer verbunden, schautsich im Fernsehen alle F1-, Tourenwagen-und Champ-Car-Übertragungen an. «Aus-serdem bin ich regelmässiger MSa-Leser,denn ich muss ja wissen, was die übrigenWinkelhocks so anstellen – Jockel, Tommiund vor allem mein Enkel Markus.»

Seufert, 67, lebt mit Ehefrau Gerlindein Korb bei Waiblingen. Die beiden sindseit 43 Jahren verheiratet. Zwei Söhne(Rudi, 43, und Hans-Dieter, 33) und zweiTöchter (Martina, 41, und Christiane, 39)erfreuen die Eltern mit zahlreichenEnkelkindern. Rudi und Hans-Dieter sindauch bei ams gelandet, der eine verwaltetdie Testwagen, der andere trat als Fotografdie Nachfolge seines Vaters an. WährendTochter Martina mit ihren Kindern gleichum die Ecke in Berglen-Steinach wohnt,lebt Christiane mit ihrem Mann in Kap-stadt. Obwohl längst im Ruhestand, hilftFamilienoberhaupt Seufert immer wiederbei ams aus, wenns dort eng wird. Ansons-ten sitzt er am Klavier, werkelt im Gartenoder baut Modellautos. «Mir gehts richtiggut, ich bin gesund und bester Dinge.»

Der Buschmann

Seufert mit langem Rohr: Der beste Action-Fotograf 1965 in typischer Arbeitspose

1968: Fast jeder Schuss war ein Treffer Seufert 2000: Nicht ohne meine Kamera

Page 87: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

89

Steinemann, Rico † 2003 (MSa 32/2001)

Rico Steinemann hat in seiner bewegtenBerufslaufbahn rund ums Thema Motor

und Racing fast alles gemacht, was in dieserBranche reizvoll ist: Journalist und Renn-fahrer, Rennleiter und Sportchef, Verlags-gründer und Chefredakteur, Autotester, TV-Kommentator und als letzte Berufsstation 25Jahre lang PR-Direktor für Mercedes-BenzSchweiz. Überdies war der polyglotte Multi-Mann, der sechs Sprachen fliessend spricht,auch Gründer, Mitverleger und erster Chefre-dakteur der «Powerslide», aus der 1975MOTORSPORT aktuell hervorging.

In seiner Rennfahrerzeit liess er sich 14Geschwindigkeits-Weltrekorde gutschreiben– neun mit dem C111-Prototyp von Merce-des, fünf mit dem Porsche 911 R. Als Porsche-Rennleiter holte er fünf WM-Titel nach Stutt-gart (drei Mal Sportwagen-WM, je ein MalRallye- und GT-WM). Seine gut 30 persönli-chen Siege errang der Schweizer zwischen1962 und 1968 mit Mini Cooper, Lotus-Elite,Ferrari 275 GTB und den Porsche-Typen 906,907, 908, 910 und 917. In der Sportwagen-WM teilte er sich das Porsche-Cockpitvorzugsweise mit seinen Landsleuten JoSiffert und Dieter Spoerry.

Als schönsten Erfolg nennt er den Le-Mans-GT-Sieg im Ferrari 275 GTB. «Das warein Traum – der Sieg mit der total veraltetenKiste, das Wetter, die Zuschauermassen, die

ganze Atmosphäre.» Aber es gab leider auchoft genug Anlass zu Trauer, etwa als seineFreunde Jo Siffert, Ludovico Scarfiotti undPedro Rodriguez nacheinander tödlich ver-unglückten. Steinemann nachdenklich: «Essind Momente, wo du diesen wunderbarenSport nur noch verfluchst.»

Als Vorruheständler lebt Rico Steinemann(62) mit Gattin Marianne in Russikon beiZürich. Die zwei sind seit 37 Jahren ver-heiratet. Sohn Dieter (28) war zunächstEishockey-Profi, heute ist er Bankier inZürich. Zwei Herzinfarkte und ein Lungen-defekt bescheren Steinemann seit einigerZeit leider massive gesundheitliche Prob-leme. Dennoch gönnt er sich noch immer dieFormel-1-GP in Kanada und Monaco vor Ort.Seine Eindrücke: «In Kanada wirst du wie einFürst empfangen, in Monaco wie der letzteDepp.»

Den grossen Rest des weltweiten PS-Spektakels (neben der Formel 1 auch alleDTM- und ChampCar-Läufe) geniesst er viaFernsehgerät – und da hört er sehr genau zu.Schliesslich hat er in den 80er-Jahren an die100 Formel-1-GP für das Schweizer Fern-sehen als Kommentator begleitet. Für dieZukunft wünscht er sich, «noch viele guteRennen zu sehen, ein paar Reisen zu machenund Hochseesegeln zu gehen, so oft es dieGesundheit erlaubt.»

Der Multi-Mann

Rico Steinemann: Viele Erfolge im Langheck-Carrera der 60er-Jahre

Porsche-Dirigent: Steinemann 1969 Frühpensionär: Steinemann heute

Page 88: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

90

Surer-Tavoli, Yolanda (MSa 42/2001)

Yolanda Tavoli legt viel Wert darauf, unterdem Namen Surer nirgends mehr in Wort

oder Schrift zu erscheinen. Ihre Ehe mit Ex-F1-Pilot und TV-Kommentator Marc Surerwurde 1993 nach achtjähriger Dauer ge-schieden, seit 1997 ist sie mit dem Schwei-zer Geschäftsmann Patrick Tavoli verheira-tet. Die einstige Finalistin der «Miss-Schweiz»-Wahl hat sowohl unter ihre ersteEhe als auch unter die zehn Rennsport-Jahre einen Schlussstrich gezogen. «Ich binein rundum glücklicher Mensch, habe einenwunderbaren Ehemann und zwei ganz süsseKinder.»

Die Ex-BMW-Werkspilotin hat in ihrerGlanzzeit auf der Piste gewiss keineschlechte Figur gemacht. Nach Gastspielenim Kart, in der Formel Ford und der Formel3 stiess sie 1992 zur BMW-Tourenwagen-mannschaft und konnte nach kurzer Einge-wöhnung im 325i Coupé schon bald miteinem M3 in der DTT um Podestplätzekämpfen. So gewann sie 1993 auf der Avusihre Klasse über 2500 ccm, fuhr insgesamtdrei Mal auf Pole und holte sich weiterePlätze im Vorderfeld. Parallel zu ihremRenn-Engagement war sie als Instruktorinin das BMW-Fahrertraining eingebunden.1996 steuerte diese Verbindung langsam,aber sicher ihrem absehbaren Ende entge-gen. Ihren persönlich wertvollsten Erfolg

und zugleich glanzvollen Schlusspunkterreichte sie mit Gesamtrang 4 bei den 24Stunden in Spa. Partnerinnen im BMW M3waren Florence Duez und Kathy Raffanelli.

Danach absolvierte sie unter ihremneuen Namen Tavoli noch einige Starts imRenault-Spider-Eurocup, bevor sie mittenin der Saison 1997 feststellte, dassNachwuchs unterwegs war. «Ab diesemZeitpunkt habe ich kein Rennauto mehrangerührt, weil es für mich jetzt anderePrioritäten gab.»

Heute bestimmen ihre Kinder Gregory (3)und Morgan (2) sowie die Rückkehr in denBeruf als Journalistin ihren Tagesablauf.Während Gatte Patrick als Direktor die«Multiplex-Kino GmbH» in Luzern leitet, ar-beitet Yolanda als Gesellschafts-Reporterinfür ein Schweizer Blatt. «Aber ich möchteauch anspruchsvolle Themen behandeln»,verweist sie auf ihre Zukunftsplanung,«deshalb würde ich sehr gerne ein Kinder-buch oder auch mal einen Romanschreiben.»

Für ihre Hobbys Theater, Film und Fitnessfindet sie auch noch Zeit. Dagegen ist allesrund um den Rennsport Vergangenheit. «Erhat mir viele schöne Jahre gegeben, aberauch manche Enttäuschung beschert.Jedenfalls bin ich ganz weit weg davon undweiss gar nichts über die aktuelle Lage.»

Das neue Leben

Tavolis Highlight: Der Damen-M3 fuhr 1996 in Spa auf Gesamtrang 4

Tavoli 1990: Stolze Werkspilotin Tavoli heute: Stolze Mutter

Page 89: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

91

von Wendt, Karl (MSa 23/2001)

Karl von Wendt lagen zwei Themen stetsganz besonders am Herzen – der Mo-

torsport und das Sauerland als seine Hei-matregion. Von Schloss Gevelinghausenaus plante und dirigierte der renn- und hei-matverrückte Baron eine Fülle vonAktivitäten: Der Rennstall mit Formel 3,Sport- und Tourenwagen, das Rennstre-ckenprojekt Sauerlandring, die Sport- undFreizeitanlage Fort Fun, das Schlosshotelmit Skigebiet, Kutsch- und Planwagen,Vorsitz und Führung des Fremdenverkehrs-verbandes Sauerland, die Verpflichtungenals Stadt- und Gemeinderat von Olsberg.

Trotz des Mammutprogramms nahm sichder Gutsherr Zeit für die Rennerei. Er fuhrvon 1959 bis 1971 erfolgreich Kart, Rallye,Tourenwagen, Formel 3, GT- und Sportwa-gen. Und er liess fahren – Stars der PS-Zunft kletterten in seine Autos: JochenNeerpasch pilotierte seinen F3-Lotus, Hel-mut Marko den 2-Liter-Lola in der Sportwa-gen-EM, Gerhard Mitter und Willi Kauhsendie Porsche-Sportwagen. Der Freiherr per-sönlich chauffierte ’67 einen Porsche 911zum Europa-Titel.

Doch dann wurden die Zeiten schlechterfür Karl Freiherr von Wendt und seine Un-ternehmungen. Das Projekt Sauerlandringblieb im Gestrüpp der kommunalen Geneh-migungsverfahren stecken, Fort Fun geriet

in finanzielle Schieflage, der Rennstallmusste aufgelöst werden. Dann wurden dieBanken nervös und erzwangen Zug um Zugden Verkauf fast aller Besitztümer. VonWendt stand vor dem Nichts, verlassen vonallen, die sich zu besseren Zeiten um ihnscharten. «Karl», ist aus seinem Umfeld zuhören, «war viel zu gutmütig. Die meistenhaben ihn nur ausgenutzt.»

Frustriert verliess der Baron sein gelieb-tes Sauerland, wanderte vor 20 Jahrennach Kanada aus und baute in der ProvinzQuebec eine neue Existenz auf. Heute ar-beitet der knapp 64-Jährige als Software-Spezialist und gestaltet für seine Auftrag-geber mehrsprachige Webseiten im Inter-net. Das Thema Motorsport ist für ihn be-endet. Als einziger der alten Weggefähr-ten hält Ex-Porsche-Pilot Willi Kauhsen(mit dem er mit einem dritten Platz beider Targa Florio auch einen seiner gröss-ten Erfolge feierte) noch Kontakt. «Willikommt mich öfter mal besuchen und er-zählt, was sich so tut. Ansonsten habe ichden Überblick in Sachen Racing verloren.»

Dafür ist der vom Leben arg gebeutelteAdelsmann nach wie vor topfit, wiegt wiezu besten Zeiten 70 kg und hat den Se-gelsport für sich entdeckt. «Ich träumevon einem 41-Fuss-Katamaran, mit demich in die Karibik abdüsen würde.»

Sauerland-Baron

Goldene Zeiten: Von Wendt 1966 im Formel-3-Lotus in Mainz-Finthen

Ohne Sorgen: Von Wendt 1968 Heute: Neues Leben in Kanada

Page 90: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

92

Warmbold, Achim (MSa 14/2001)

Der Quertreiber

Immer schön quer bleiben: Warmbold/Mehmel 1972 im BMW 2002

1971: Traumkarriere mit BMW Noch immer fit: Warmbold 2000

Achim Warmbold und seine traumhafteRallye-Karriere: Er hatte die besten Au-

tos, die besten Teams, die besten Copiloten.BMW, Renault, Opel, Toyota und Mazdastatteten ihn mit Top-Material aus. Bei-fahrer-Stars wie Jean Todt, John Davenport,Christian Geistdörfer oder Henry Liddonwiesen ihm den rechten Weg. So sammelteder hagere Mann zwischen 1970 und 1985auf nationalem und internationalem Parkettgut 80 Gesamterfolge sowie unzähligeKlassen- und Gruppensiege. 1971 (mit Chris-toph Mehmel im BMW 2002) und ’80 (mitdem heutigen DaimlerChrysler-PressechefWolfgang Inhester im Toyota Celica) holteer zweimal die Rallye-DM. Dreimal war erEuropameister.

Oft war er nur mit üblen Tricks zu stoppen.Wie bei der österreichischen Alpenfahrt1973, als der damalige Alpine-RallyechefJacques Cheinisse auf einer Sonderprüfungeinen verschlossenen Pkw querstellte, umdie flotte Fahrt des Deutschen zu blockieren.Der Sieg war dahin, Cheinisse wurde alsÜbeltäter entlarvt, die FIA musste demBMW-Team Warmbold/Todt nachträglichden Gewinn des WM-Laufs zusprechen.Warmbold: «Die Zeit mit BMW und Jean Todtwar ein Traum, wir hatten ein wunderbaresAuto.» Dass Jochen Neerpasch denRallyebetrieb bei BMW Ende 1973 «ohne Not

einstellte, gehört allerdings zu meinengrössten Enttäuschungen».

Für das schlimmste Erlebnis sorgte 1970ein Betrunkener, der ihm in Ungarn frontalins Auto krachte. Es gab drei Tote, darunterauch sein erster Copilot Rainer Strunz.Warmbold kam mit einem Beckenbruchdavon und hat seither eine dauerhafteGehbehinderung. Mit Gattin Nicole undSohn Antony (22) lebt der 59-Jährige seitvielen Jahren wechselweise in Spanien undMonaco.

Der Rallyesport hat ihn bis heute nichtlosgelassen – dafür sorgt schon der Filius,den er mit viel Engagement und Begeis-terung zum Rallye-Profi ausbildet. «Antonyhat mehr Talent als ich, durfte schon mit 15in den USA den Führerschein machen undhat bereits fünf Rallyejahre als Beifahrerhinter sich. Jetzt bereite ich ihn konsequentauf die Profi-Laufbahn vor.»

Schon bei der RAC-Rallye 2000 startetedas Vater/Sohn-Team im Toyota CorollaWRC, schied aber aus. Mit diesem Auto sollWarmbold Junior 2001 Gas geben und beiausgesuchten Rallyes in ganz Europa denFeinschliff bekommen. Das Fernziel ist diekomplette Rallye-WM in einem Werksteam.«Ich bin ziemlich sicher», so der Papa, «dassder Name Warmbold dem Rallyesport erhal-ten bleibt. Der Junge wird mal richtig gut.»

Page 91: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

93

Weber, Georg (MSa 08/2001)

Georg «Joe» Weber galt in den gut 30Jahren seiner Karriere als wilder Hund.

Freund und Feind begegneten ihm mit Res-pekt, denn im Nahkampf war mit demAllgäuer nicht zu spassen. Seine etwa 300Siege hat er von 1968 bis 1997 mit allemgeholt, was vier Räder hat – ausser Formel-autos. Nachdem er im Abarth 850 TC undNSU TTS die Gegner auf Flugplätzen undam Berg in Angst und Schrecken versetzthatte, ging’s in den Markenpokalen der70er-Jahre rund.

Weber verschaffte sich den Ruf desgnadenlosen, trickreichen Fighters, dermit den Rivalen bisweilen recht ruppig um-sprang. 1976 gewann er mit einerRekordsiegesserie den Renault-5-Pokal,anschliessend den deutschen Alfasud-Cup.Beachtlich die Zahl der verschrotteten Au-tos, aber ernsthaft wehgetan hat er sichnie. Überdies war er 16 Jahre lang Leiterder ADAC-Rennfahrerschule, betreute dieJunioren bei Renault und trainierteTestfahrer und Ingenieure der Auto- undReifenindustrie auf der Nürburgring-Nord-schleife.

Seit dem 10. März 1998 jedoch ist imLeben von Joe Weber (58) nichts mehr, wiees mal war. Morgens um 6 kippte er beimJoggen ohne Vorwarnung um, wurde erstspät gefunden und entging nur knapp dem

Tod. Nach wochenlangem Kampf der Ärztebegann der langsame Weg der Genesungin kleinsten Schritten. Ein Schlaganfall,ausgelöst durch einen Herz-Tumor, hat ausdem Fitness-Fanatiker einen Pflegefallgemacht. Sein Motto «Wer aufgibt, hatverloren» lässt ihn mit bewundernswerterEinstellung seinem Schicksal trotzen.Gattin Liz pflegt den teilweise gelähmtenJoe mit liebevoller Hingabe, animiert undbegleitet ihn zu den täglichen Reha-Übungen.

Sein Zustand ist inzwischen stabil, diewichtigsten Hirnfunktionen und dasErinnerungsvermögen sind zurück, er kannfast normal sprechen und freut sich überjeden Besuch oder Anruf in seinem Hausin Börwang bei Kempten. «Anfangs», soseine Frau, «haben sich viele erkundigt,jetzt ist es sehr ruhig geworden.» Liz, seit23 Jahren mit ihrem Joe verheiratet, istin dieser harten Zeit mehr als nur die Frauan seiner Seite: Als einfühlsame Motiva-tionskünstlerin geht sie mit ihm denlangen, beschwerlichen Weg zurück in einneues Leben.

Was sie seit jenem unheilvollen Tag psy-chisch und physisch leistet, sprengt jedeVorstellungskraft, wie Joe am bestenweiss: «Ohne sie könnt’ ich mir gleich dieKugel geben.»

Der Unbeugsame

Joe Weber 1970: Im Fiat Abarth gelangen ihm so manche Berg-Siege

Weber: Schon ’74 ein Kämpfer … … und nun im Rollstuhl erst recht

Page 92: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

94

Weber, Gerhard (MSa 04/2001)

Gerhard Weber galt 30 Jahre lang als dergrosse Guru der Renn- und Rallye-Rei-

fenkunde. Als Chef des deutschen Dunlop-Renndienstes in Hanau war er von 1965bis 1994 für die Topstars Anlaufstelle undRatgeber. Kaum ein Werksteam, kaum einSpitzenpilot, der nicht irgendwann in We-bers Amtszeit Partner des Unternehmensgewesen wäre. Selbst Formel-1-Grössenwie Jackie Stewart, das Matra- und Tyrrell-Team, die Porsche-Werksmannschaft, dieTourenwagen-Rennställe von Ford, BMWoder Mercedes sowie unzählige Privatiersgehörten zu seiner Kundschaft. Vor allemam wetterlaunischen Nürburgring war derRat des erfahrenen Dunlop-Strategen oftdie halbe Miete zum Sieg.

Zu Webers persönlichen Highlights zäh-len die vielen Le-Mans-Siege mit Porsche,der erste DRM-Titel 1972 mit Hans Stuckim Capri RS, und natürlich die Erfolge beider Rallye Monte Carlo. Dort war Dunlopin den 60er- und 70er-Jahren auf Gesamt-siege abonniert. Noch heute schwärmenFotografen und Journalisten von der ein-maligen Atmosphäre am Dunlop-Service-punkt «Saint Sauvers» in den Seealpen.

Seit 1994 ist Gerhard Weber, heute 67,in Pension und pflegt sein Hobby, die Jagd.Im Revier seines Heimatstädtchens Bruch-köbel bei Hanau hat der leidenschaftliche

Waidmann Rehe, Füchse und Wildsauen imVisier. Oft begleitet von alten Weggefähr-ten wie dem Ex-Rennfahrer Günther Besier,sind Jagdvergnügen und Streifzüge durchdie Natur für Weber jetzt die wahreErfüllung. Hin und wieder ist er auch Gastbei Klaus Ludwig in dessen Jagdrevier inder Nähe des Nürburgrings. Gesundheitlichgehts ihm «alles in allem ganz gut, wenn-gleich eine Runderneuerung auch nichtübel wäre». Zusammen mit Ehefrau Helga,mit der er seit 1973 verheiratet ist, unter-nimmt er gerne ausgedehnte Radtourenoder Reisen nach England und Schottland.«Ich habe keine Sekunde Langeweile, aberdie Kisten mit Fotos aus den letzten 30Jahren sind immer noch nicht sortiert.»

Regelmässig pflegt Weber Kontakte zumRennsport. Mit dem ehemaligen Carrera-Piloten und Bergspezialisten Michel Weberaus dem benachbarten Offenbach und mitEx-ONS-Geschäftsführer Siggi von Kahlenverbinden ihn langjährige Freundschaften.Bei seiner alten Dunlop-Truppe in Hanauschaut er ab und an mal auf einen Kaffeerein. Besondere Freude empfindet Weberdarüber, «dass Dunlop nun auch wieder imSpitzensport als Alleinausrüster der neuenDTM präsent ist». Überhaupt die DTM 2000:«Endlich wieder richtige Renntourenwa-gen, da lohnt sich das Zusehen wieder.»

Herr der Reifen

Weber 1968: Ein Mann für Rat und Tat Weber heute: Jagden mit Klaus Ludwig

Page 93: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

95

Weber, Michel (MSa 06/2001)

Michel Weber und die wilden 60er-Jahream Berg. Todesmutig erklomm der

Offenbacher mit seinen stets rot lackiertenPorsche die berühmtesten BergkurseEuropas. Ohne Netz und doppelten Boden,null Sicherheit, und schon gar keineLeitplanken. Ob Schauinsland, Eberbach,Ratisbona, Sudelfeld oder Wallberg, obTrento, Sestrieres oder Mont Ventoux – derPorsche-Pilot hat jeden dieser Riesenmindestens einmal mit einem Siegerkranzverlassen. Allerdings ging’s dabei auch oftgenug ausserplanmässig abwärts: ent-weder die Böschung runter, oder eben imfreien Flug durchs Unterholz mit Endsta-tion Baum.

Bis auf einen Alfa-Abstecher blieb derHesse seiner Hausmarke Porsche währendseiner ganzen Karriere treu. Super 90,Carrera 1600 und 904 GTS waren seine be-vorzugten Berg-Autos. Das Resultat konn-te sich wahrlich sehen lassen: DeutscherBergmeister 1963, dazu je zweimalVizemeister in Berg-EM und -DM. Energischtrat Weber der Vermutung entgegen, er seinur am Berg schnell. Mit einem Porsche917 gewann er vor dem Schweden JoakimBonnier am Norisring, in Le Mans fuhr erzusammen mit seinem alten Berg-SpeziReinhold Joest im Langheck-908 auf dendritten Rang.

Nach zehn Jahren endete 1971 WebersRennfahrerkarriere auch deshalb, weil dieBandscheibe nicht mehr mitspielte. Diefolgende Operation war ebenso erfolgreichwie der Aufbau eines Autohauses. Heuteist der fast 63-Jährige etablierter Ferrari-Händler in Offenbach und seit 1997 zumdritten Mal verheiratet. Sohn «Wolli» (38,benannt nach Webers früherem Wollladen)hat das Textilgeschäft übernommen, die32-jährige Tochter ist Automobil-Kauffrau. Vor fünf Jahren hat Weber dasRauchen aufgegeben – mit dem Resultat,«dass ich jetzt 105 Kilo wiege, vorherwaren’s nur 80». Per TV informiert er sichvon der DTM aufwärts über alles, was überden Äther geht. Auch persönlich lässt sichWeber noch gelegentlich an der Renn-strecke sehen, vorzugsweise in Hocken-heim. Überdies ist er Veranstalter vonSportfahrer-Lehrgängen für die geschätzteFerrari-Kundschaft.

Mit ehemaligen Kumpels wie Pfuhl,Schütz, von Kahlen oder Ex-Dunlop-Renn-chef Weber hält er regelmässig Kontakt –soweit dem mittlerweile dreifachen Opazwischen Geschäft, Reisen, Skilaufen undAngeln Zeit bleibt. Wünsche für dieZukunft? «Abnehmen, gesund bleiben undso oft wie möglich mein LieblingslandItalien besuchen.»

Der Gebirgsjäger

Nicht nur am Berg schnell: Weber/Joest im Langheck-908 in Le Mans

1971: Strahlender Sportsmann 2000: Strahlender Geschäftsmann

Page 94: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

96

Wehner, Hans (MSa 29/2001)

Hans Wehner kann für sich in Anspruchnehmen, dass sein Gesamtsieg bei der

Tour d’Europe 1960 das Volkswagen-Werk inWolfsburg inspirierte, erstmals einen Motor-sport-Erfolg werblich zu nutzen. Das wardamals, gelinde gesagt, eine kleine Sensa-tion. So erschienen in den auflagenstärks-ten Illustrierten ganzseitige Anzeigen überdas gelungene Husarenstück, welches derWiesbadener VW-Pilot und sein Co HorstWilhelm mit einem 34-PS-«Export» zuwegegebracht hatten. Nicht nur die 12 000 Tour-d’Europe-Kilometer hielt der nahezu serien-mässige Käfer klaglos durch, auch andereKlassiker wie Spa–Sofia–Lüttich oder Lyon-Charbonnières bewältigte der blaue VW mitden amtlichen Kennzeichen WI-HW 65 klag-los in vorderster Front.

Dass Finanz-Inspektor Wehner mit demerprobten Rallye-Gefährt wochentags imstrammen Drift quer durch die Landeshaupt-stadt seine Dienststelle ansteuerte, sei nuram Rande erwähnt. Neben und nach der VW-Käfer-Ära prügelte er während seiner akti-ven Zeit (1958–73) NSU-Prinzen, Simca undAlfa über Rallyes, Berge und Rundstrecken.Nahtlos auch der Übergang ins Motorsport-Management: Sportleiter des ADAC Hessen,Rennleiter in Kassel-Calden, Hockenheimund bei Motorboot-Events sowie Fahrtleiterbei der Hessen-Rallye.

Der schnelle Steueramtsrat lebt zusam-men mit seiner zweiten Frau Barbara nachwie vor in Wiesbaden und betätigt sich seitseiner Pensionierung vor 16 Jahren alsgewiefter Steuerberater für heikle Problem-fälle aus dem Automobilsportbereich. So er-stritt der 76-jährige Experte für Finanzrechtim Jahre 1998 ein bedeutsames Grundsatz-urteil beim Bundesfinanzhof zurAnerkennung der Gemeinnützigkeit desMotorsports.

In einem weiteren Verfahren kämpft ergerade um die steuerliche Abzugsfähigkeitder sportbedingten Kosten von Veranstal-tern und Rennfahrern. Die erste Runde hater bereits gewonnen, auch hier wird es wohlauf ein letztinstanzliches Urteil des BFHhinauslaufen. Seine beiden Söhne (54 und46 Jahre alt) sind ebenfalls Steuerberatermit jeweils eigener Kanzlei.

Dem Motorsport ist Wehner nach wie vorals Sportkommissar verbunden, gerne pflegter nach wie vor die Kontakte zu alten Wegge-fährten aus dem Rennsport, und sein Fahr-stil, so verlautet aus seinem näheren Um-feld, ist noch immer «furchterregend». Alseinzigen Luxus gönnt er sich zweimal Urlaubpro Jahr, «im Winter auf den Kanaren undim Sommer in den Vereinigten Staaten vonAmerika». Ansonsten ist VW-Pionier Wehner«gesund, munter und guter Dinge».

Der VW-Pionier

Dann halt ohne Frontscheibe: Wehner 1963 bei Lüttich–Sofia–Lüttich

Harter Gegner: Wehner 1966 Harter Gegner: Anwalt Wehner 2001

Page 95: DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE · 2007-11-29 · DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge

97

Weiss, Heiner (MSa 45/2001)

Heiner Weiss dürfte wirtschaftspolitischgesehen der wohl ranghöchste deut-

sche Hobby-Rennfahrer gewesen sein, dersich hinters Lenkrad schneller GT- undTourenwagen geklemmt und dabei auchreichlich Erfolg eingefahren hat.

Der Vorstands-Vorsitzende des Düssel-dorfer Maschinenbau-Konzern SMS AG (ca.10 000 Mitarbeiter) startete seine Motor-sportlaufbahn im Jahr 1984 im fort-geschrittenen Alter von 42 Jahren miteinem Porsche 924 T. Damals war er be-reits Vorsitzender des Wirtschaftsrats derCDU und Präsident im Arbeitskreis Chinades Asien-Pazifik-Wirtschaftsausschusses.

Zwei Jahre nach seinem Rennsport-einstieg gelang Weiss mit zehn Siegen auszwölf Läufen in einem privat eingesetztenMercedes 190E 2.3 16V der Gewinn derONS-Rundstrecken-Trophäe. Der ersteRundstrecken-Titel eines Mercedes-Pilo-ten in Deutschland seit Mitte der 60er-Jahre erfreute vor allem den damaligenMercedes-Chef Werner Niefer. Der nahmden Erfolg zum Anlass, das 1987 nochhalboffizielle Mercedes-DTM-Engagementzu forcieren und Weiss für ein drittes Autoim Team von Dr. Marko zu empfehlen.

Im Jahr darauf sass Weiss bei AMG sogarin einem reinrassigen Werksauto. Danachwechselte der Industrie-Manager, inzwi-

schen auch BDI-Präsident und Aufsichtsratin diversen Grossunternehmen, in denLangstrecken-Pokal zum Ford-Team vonWalter Wolf, bevor er «schweren Herzens»wegen beruflicher Inanspruchnahme nachder Saison 1995 den rennsportlichenSchlussstrich zog.

Auf flotte Fortbewegung musste derWirtschaftskapitän trotzdem nicht ver-zichten – eine Citation-Düse und ein Bell-Longranger-Helikopter sorgen täglich fürneue Herausforderungen. Denn beideFluggeräte steuert der mit den wichtigstenPilotenlizenzen ausgestattete Vielfliegerauf seinen Europa-Reisen nach wie vor per-sönlich. Überhaupt ist das Fliegen für ihnzu einem ebenso dauerhaften Hobbygeworden wie der Rennsport oder seineheissgeliebten Havanna-Zigarren, derenRauchschwaden ihn seit dem 19. Lebens-jahr begleiten.

Privat lebt Heiner Weiss (59) mit seinerzweiten Frau Susan und Sohn Georg (10)am Rande von Düsseldorf und verfolgt diegrossen Rennsport-Ereignisse am TV. «Undals MSa-Leser bleibt man sowieso auf derHöhe des Geschehens.» Eines Tages, wennder Terminkalender es zulässt, möchte ersich einen lang gehegten Wunsch erfüllen:«Die Mille Miglia in einem historischenSportwagen mitfahren.»

Schneller Präsident

Im Serien-Mercedes 190E zum Titelgewinn: Weiss ’86 in Mainz-Finthen

1987: DTM-Pilot Heiner Weiss 2001: Nur Fliegen ist schöner