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Zeitschrift und Schriftenreihe für Architektur Revue thématique d’architecture archithese 4 02 Digitale Welten und Architektur-Wahrnehmung Mediale Konzepte am Beispiel des Pavillons Computergenerierte Ent- würfe in der Stadtplanung Urbane Analyse im Internet Video als Werkzeug in der Landschaftsarchitektur «Ego-Shooter-Games» – Räume und Gemeinschaften Der Computer als Fachidiot und intelligentes Spielzeug Projekte Expo.02 Foreign Office Architects Jakob + MacFarlane Kas Oosterhuis Hani Rashid Architektur aktuell Diener & Diener Graber & Steiger Neue Medien Nouveaux médias mit B A U DOC B A U BULLETIN
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archithese 4.02 - Neue Medien / Nouveaux médias

Mar 10, 2016

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archithese

 
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archithese 4.02

Juli/August

Neu

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ien – Nouveaux méd

ias

Zeitschrift und Schriftenreihe für ArchitekturRevue thématique d’architecture

archithese4 02

Digitale Welten und Architektur-Wahrnehmung

Mediale Konzepte am Beispiel des Pavillons

Computergenerierte Ent-würfe in der Stadtplanung

Urbane Analyse im Internet

Video als Werkzeug in derLandschaftsarchitektur

«Ego-Shooter-Games» – Räume und Gemeinschaften

Der Computer als Fachidiotund intelligentes Spielzeug

ProjekteExpo.02Foreign Office ArchitectsJakob +MacFarlaneKas OosterhuisHani Rashid

Architektur aktuell

Diener & DienerGraber & Steiger

Neue MedienNouveaux médias

mit

BAU DOCBAU BULLETIN

Leserdienst 143

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Editorial

Neue MedienNeue technologische Errungenschaften bleiben selten unkommentiert.Ob nach reiflicher Überlegung kritisch in Frage gestellt oder von vorn-herein ängstlich abgelehnt, ob blindlings angewendet oder gewissenhafterforscht – sie polarisieren. Dies trifft insbesondere auf die Verbreitungdigitaler Medien in der Architektur zu: Einerseits bleibt der Computerfür die meisten, die sich seiner bedienen, eine weitgehend unverständ-liche, in seiner Opazität beinahe mystische Black Box und eignet sich daher ebenso gut als Verehrungsobjekt wie als Feindbild; andererseitsreagieren Vertreter einer Architektur, die nicht nur technischen, son-dern auch künstlerischen Ansprüchen gerecht werden soll, besondersempfindlich auf das Eindringen maschineller Entwurfshilfen in denkreativen Prozess.

Fest steht, dass die Verbreitung der digitaler Medien nicht ohne Aus-wirkungen auf die Architektur geblieben ist. Und es ist auch nicht mehrzu übersehen, dass die neuen Möglichkeiten sich nicht auf die Erstellungnahezu perfekt anmutender, mit fotografischer Präzision operierenderProjektvisualisierungen beschränken – oder auf die rechnerische Unter-stützung bei der Fabrikation massgeschneiderter Bauteile. Der Compu-ter ist heute mehr als eine Zeichnungsmaschine oder eine technische Hil-fe bei der Realisation, das Video mehr als eine einfache Aufzeichnungs-maschine: Sie sind Instrumente der Analyse und generieren Entwürfe,sie erleichtern eine neuartige, fliessende Zusammenarbeit unzähligeram Entwurf Beteiligter und ermöglichen eine aktive Interak tion zwi-schen Mensch und Bauwerk.

Doch welche Entwurfsstrategien bestimmen den Einsatz der neuenMedien, und welchen Einfluss üben diese umgekehrt auf die Gedanken-welt der Entwerfenden aus? Sind organisch geformte Blobs, biomorpheStahlskelett-Konstruktionen und geschwungene Ebenen die logische Fol-ge der neuen technischen Hilfsmittel? Und was bedeutet es, wenn dieEntwurfsarbeit sich vom eigentlichen Objekt auf die Organisation desProjektablaufes, die Gestaltung der Software und die Auswahl eines derzahlreichen Ergebnisse der Iteration verschiebt? Wird die Autorenschaftdes Entwerfers relativiert, oder wird im Gegenteil seine Subjektivität«wissenschaftlich» untermauert?

Die Erfahrung digitaler Welten, die sich als totale virtuelle Erleb nissepräsentieren, verändert allmählich die Wahrnehmung der physischenUmgebung; die Verwischung der Grenze zwischen reellen und ima-ginären Welten kann zu grosser Verwirrung und zu inspirierenden Fragen führen. Dass die virtuelle Architektur die reelle verdrängen sollte, ist sehr unwahrscheinlich: Ein Dach über dem Kopf braucht derMensch allemal. Dennoch bietet die Allgegenwart der neuen Medien Anlass genug, sich über veränderte Entwurfsmechanismen und die Architektur als Disziplin Gedanken zu machen.

Redaktion

Ilona Lénárd, offenes Floriade-Pavillon, 2000

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Diskutiert man den Einfluss des Computers auf den archi-tektonischen Entwurf, hat man schnell Echtzeit-Begehungenvon virtuellen Räumen, 3-D-Interfaces und High-End-Rende-rings vor dem geistigen Auge. Tatsächlich waren vor wenigenJahren diese Bereiche die wichtigsten Aspekte der CAAD-For-schung (computer aided architectural design). Bei nüchterner Be-trachtungsweise stellt man jedoch fest, dass die Hollywood-In-dustrie diese Technologien heute mit grösster Selbstver-ständlichkeit benutzt – mit einer Geschwindigkeit und einemfinanziellen Einsatz, mit denen die Hochschulforschungnicht mehr konkurrieren kann. Viele dieser Technologiengehören inzwischen zum Mainstream und haben erfolgreichEinzug in die meisten Architekturbüros gehalten. In Wettbe-werbsausstellungen sind häufig übernatürlich wirkende Ren-derings zu sehen, welche die Architektur in einem Detaillie-rungsgrad und einer Materialität darstellen, die im eigentli-chen Entwurf noch gar nicht erreicht sein können. Diesersich auf Darstellungsmethodiken beschränkte Eklektizismushat jedoch nur mittelbar mit den Inhalten oder der Gestal-tung des Architekturentwurfs zu tun.Eine weitaus bedeutendere Rolle für den Entwurfsprozess

spielt die Verbreitung des Internets. Die Vernetzung und In-ternationalisierung in der Architekturszene wird durch dieMöglichkeit, Originaldaten unmittelbar und verlustfrei welt-weit zu kommunizieren, stark gefördert.Gegenstand dieses Artikels ist die Auseinandersetzung mit

der Frage, inwieweit der Computer durch seine Möglichkeit,viele Varianten zur Lösung eines definierten Problems zu lie-fern, Einfluss auf die Architektur hat. Oder – anders formu-liert: Kann das Programm einer Architektur mit einer Soft-ware beschrieben werden? Welchen Einfluss hat diese Per-spektive auf das gegenwärtige und zukünftige Entwerfen, aufdas Bauen und auf die Architekturtheorie?

Aktuelle Strömungen in der ArchitekturEntwerfen nach Zahlen: Betrachtet man die aktuellen Veröf-fentlichungen von MVRDV oder von OMA, so fällt auf, dass statistische Analysen in der Bewältigung architektonischerFragestellungen eine wichtige Rolle spielen. In unterschiedli-cher Manier werden Statistiken zur Architektur in Verhältnisgesetzt: Sie dienen dazu, Entwürfe zu legitimieren (Stadtpla-

nung Euralille, OMA), sie werden unmittelbar in Architek-tur übertragen (Functionmixer, MVRDV), oder sie werdendurch Architektur veranschaulicht (METACITY, DATATOWN,MVRDV, s. archithese 3.02). Das Ergebnis ist ein reizvolles Spiel,resultierend aus einem mehr oder weniger analytischen Um-gang mit Zahlen und Diagrammen, deren Präsentation ästhe-tische Gesichtspunkte zu Grunde gelegt werden. Der Weg vonder Analyse zum Gebäude wird vorexerziert, mit ihm wird fürdas Produkt geworben, und dessen zukünftige Nutzungenwerden beschrieben. Raum und Excelsheets rücken näher zu-sammen, überschneiden oder bedingen sich zunehmend. DieEnt würfe zeigen ihre funktionalen und relationalen Zusam-menhänge.

Mathematische, physikalische oder biologische Experimente für dieFormfindung: Durch die rasante Entwicklung der Computer(nach dem Moor’schen Gesetz verdoppelt sich deren Ge-schwindigkeit alle 18 Monate!) und der CAD-Systeme entstan-den neue Möglichkeiten zur Generierung von Formen. Muss -te Frei Otto für den Entwurf der Überdachung des MünchenerOlympiastadions noch Experimente mit Seifenblasen durch-führen, um wissenschaftliche Erkenntnisse für die Findungeiner guten Form zu erhalten, lassen sich diese Dinge mitt-lerweile in CAD-Programmen simulieren. Oberflächen hoherKomplexität können spätestens seit der Erfindung der Be-zierkurve durch mathematische Zusammenhänge beschrie-ben werden. Prominenter Vertreter hierfür ist Greg Lynn, derauf CAD-Systemen Formen programmiert oder mit Program-men modifiziert, um diese sehr unmittelbar in computerge-steuerter so genannter CNC-Fertigung herzustellen (archithese2.02). Seine nichteuklidischen Geometrien sind auf keinemanderen Weg herstellbar – sie sind generiert.

Freie Formen werden gerastert und beschrieben: Ungeachtet dermodernen Fertigungsmöglichkeiten werden handwerklichModelle hergestellt. Der nicht zu unterschätzende Einsatz desComputers liegt in der Strukturierung bisher nicht beschrie-bener mathematischer Formen: Ein 3-D-Scan des Modells di-gitalisiert den haptischen Entwurf und macht ihn in einempräzisen Transformationsprozess maschinenlesbar – und somit computergesteuerten Maschinen (CNC) produzierbar. DerComputer gibt die Möglichkeit, Formen frei von strukturellenund konstruktiven Überlegungen zu entwerfen: Die ange-

Programmieren statt zeichnen?Vom Einfluss digitaler Technologie auf den architektonischen Entwurf Oliver Fritz

Die rasante Entwicklung digitaler Technologien führt zu immer neuen Anwendungsmög-

lichkeiten im Bereich der Architektur. Inwiefern verändern sich dadurch die Ent würfe –

und die Rolle des Entwerfers? Ein kurzer Überblick über neuartige technische Raffinessen

und ein Planungsbeispiel, das eine konkrete Anwendung illustriert: Mittels einer Software

handeln eine Vielzahl von Grundstücken in einem dyna mischen Prozess ihre Koordinaten

untereinander aus, um die spezifischen Wünsche möglichst vieler zukünftiger Bewohner

zu erfüllen.

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wandte Technologie ermöglicht erst die Formenvielfalt undbefreit von den Beschränkungen der Rasterung.

Aktuelle Strömungen in der InformatikNeue Progammiersprachen: Aus den ursprünglichen, prozedu-ralen Programmiersprachen haben sich objektorientierteBeschreibungsformen entwickelt. Objekte sind informations-technische Konstrukte, die sowohl Eigenschaften als auch Ver-halten (Methoden) umfassen. Einige Programmierungsum-gebungen haben grafische Benutzerführungen, in denen diegezeichneten Elemente als Objekte formuliert sind und ihreMethoden in einem Menü anbieten. Ihre Grösse, Farbe oderPosition kann zum Beispiel programmiert werden. Ein we-sentliches Merkmal von Objekten ist die Möglichkeit der Typisierung. Die gemeinsamen Eigenschaften und Verhaltenverschiedener Objekte werden in hierarchischen Typenbe-schreibungen zusammengefasst und von den Individuen (In-stanzen) geerbt. Dabei können die Individuen von ihrem Typabweichende Eigenschaften und Verhalten durch «Über-schreiben» ausprägen. Auf diese Art und Weise ist es relativleicht, sehr kompakte und dennoch anpassungsfähige Struk-turen aufzubauen, die sowohl beschreibend als auch opera-tional genutzt werden können. Diese Art des Programmierenskommt dem architektonischen Entwurf entgegen, da Struk-turen im Detail beschrieben werden können, ohne dass einübergeordnetes Problem bereits endgültig gelöst zu seinbraucht.

Software-immanente Skriptsprachen: Inzwischen bieten alleguten CAD- und Multimediaprogramme leicht erlernbareund gut dokumentierte Skript- oder Programmiersprachenan. Sie ermöglichen es, Zeichnungselemente mit einer «In-telligenz» oder einem «Verhalten» zu versehen. Während beiprofessionellen Multimediaprogrammen (z. B. MacromediaFlash oder Macromedia Director) die User selbstverständlichGrafiken programmieren und auf diese Weise interaktiv ma-chen, wird diese Möglichkeit bei CAD bisher kaum genutzt.In diesem Bereich steht ein weites Feld für neue Fantasien bis-lang ungenutzt offen.

Programmierte ArchitekturIm Spannungsfeld dieser architektonischen und informa -tionstechnischen Phänomene stellt die neue Professur fürCAAD an der Eidgenössischen Technischen Hochschule inZürich unter der Leitung von Ludger Hovestadt eine Produk-tionskette für Architekten auf und erforscht die einzelnen Elemente sowie deren Zusammenspiel systematisch. Ziel istes, Architektur mit Informationstechnologie zu beschreiben,zu generieren, zu verwalten, zu bewerten und zu produ -zieren.Bei den bisherigen Versuchen, Software zu programmie-

ren, die Architektur einigermassen selbstständig generiert,stiess man auf ein sehr allgemeines Problem von Architektu-r entwürfen: die Objektivierbarkeit. Inwiefern können die ge-nerierten Lösungen objektiv beurteilt werden? Fragen funk-

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1 Entwerfen nachZahlen: MVRDV,«Metacity Data-town»

2 Freie Formenwerden gerastertund beschrieben:Frank O. Gehry,Guggenheim Mu seum Bilbao,Computermodell

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Die Bezeichnung Ego-Shooter oder auch First-Person-Shooter sagteinerseits, dass die perspektivische Darstellung der Sicht dereigenen Spielfigur («Ego») entspricht, und andererseits, dasses sich um ein Ballerspiel («Shooter») handelt. Das Thema Ego-Shooter provoziert gegenwärtig sehr vehemente Auseinander-setzungen und bietet deshalb eine Intensität, welche hilft, in-teressante Phänomene zu identifizieren und zu illustrieren.Die Auseinandersetzung hat zudem deutlich aufgezeigt, dasses auch eine Ebene der Hilflosigkeit gibt – aufgrund einer Rei-he von Fragen, die mit dem momentanen Stand der Erfah-rung nicht beantwortet werden können. Mit diesem Phäno-men sind wir im Bereich neuer Medien immer wieder kon-frontiert und werfen ein Hauptaugenmerk nicht nur auf dieTechnologien per se, sondern auch auf mögliche Strategien für deren effiziente Aneignung. Im Folgenden werden des-halb historische und technische Aspekte behandelt, kreativeMöglichkeiten erläutert und soziokulturelle Aspekte be-trachtet.

Vom 2D zur 3-D-Ego-PerspektiveDie ersten grafischen Darstellungen in den späten Siebzi -ger- und den Achtzigerjahren waren zweidimensionale, an-fangs nur zweifarbige Übersichten. Die Aktion wurde vonoben beobachtet, man spielte von einem sich nicht verän-dernden Blickpunkt aus. Beispiele dafür sind Asteroids, Pacmanoder Space Invaders. Anfang der Neunzigerjahre kam die Scrol-ling-Technologie auf und erlaubte längere Reisen durch Wel-ten, in denen die Komplexität der zu bewältigenden Aufgabenstetig anwuchs, wie zum Beispiel in Super Mario. Im Vergleichzur Gesamtübersicht der ersten Spiele entstand nun das Ge-fühl, das Spiel mehr von innen zu spielen. Mit der Entwick-lung der 3-D-Perspektive wurden zuerst Spiele geschaffen, indenen der Spieler hinter der Spielfigur steht. Schliesslich kamdann die Ego-Perspektive auf, welche es erlaubt, die Aktion di-rekt aus der Perspektive der Spielfigur mitzuerleben. DieseSicht wurde 1993 mit dem Shooterspiel Doom, das auch ver-netzt via Internet gespielt werden konnte, im grossen Stil ver-breitet. Douglas Rushkoff schreibt dazu: «Der beängstigende,revolutionäre Aspekt der Doom-Spiele ist nicht, dass sie ag-gressiver sind als die Spiele zuvor. Sie sind ganz einfach rea-ler.»1

Die Entwicklung der Akteure ist ein weiterer interessanterAspekt von Computerspielen. Begonnen hat es mit einemPunkt, welcher sich als Ball des stilisierten Tennisspieles Pongauf dem Bildschirm hin- und herbewegte2. Später kamen ab-strakte Raumschiffe, verschiedene Arten von Fallen und Bö-sewichte dazu. In den heutigen Games gibt es Actors, Monstersoder Bots (von Robots), welche auch als AI (Artificial Intelligence)bezeichnet werden. Die AI-Elemente sind so programmiert,dass sie sozusagen nach eigenem Willen reagieren und han-deln. Die AI geht in Spielen wie Creatures oder Black+White so-gar so weit, dass man seine eigenen Kreaturen aufziehen kannund diese sich je nach Pflege und «Erziehung» unterschied-lich entwickeln. Akteure sind im Hinblick auf virtuelle Ar-chitekturen und Architekturrepräsentationen interessant,weil Räume mit ihnen belebt werden können. Das Arbeitenmit den Spielakteuren und ihrem AI-Aspekt erlaubt auch dieFormulierung von Architekturen mit eigener AI-Komponente,die sich dann im Dialog mit den Benutzern entwickeln.In der Entwicklung der Architekturdarstellung nehmen

die Computer-Games den nächsten Schritt vorweg. Sie erlau-ben die Erforschung belebter Räume nach eigenem Willen.Die Akteure in den virtuellen Welten stellen eine neue Ebenefür die Vermittlung der architektonischen Vision dar und er-lauben eine zusätzliche Intensivierung des Erlebnisses für dieBetrachter. Die interaktive, aktionsgeladene Ego-Perspektivewird auch, wie vergangene Erfindungen, einen Effekt auf dieFormulierung architektonischer Ideen haben.

Medium + MessageTypisch für Computerspiele sind massive Steinbauten mitübertrieben dramatischen Beleuchtungen. Dies ist durch dieEntwicklungsschwerpunkte des Mediums bedingt. Die Ver-besserung der grafischen Qualität und der Geschwindigkeitder Darstellung ist von der Computerspiel-Industrie stark vor-angetrieben worden, dabei wurden bei der Darstellung vonOberflächentexturen und Lichtern erstaunliche Fortschritteerzielt. Von diesen neuen Möglichkeiten wird ausgiebig Ge-brauch gemacht, wodurch im eigentlich licht- und schwe -relosen digitalen Raum das schwerste Material mit einer fan-tastisch bis kitschigen Lichtdramaturgie in Szene gesetztwird.

Game in ProgressVirtuelle Räume und Gemeinschaften am Beispiel von «Ego-Shooter-Games» Maia Engeli

«Ego-Shooter-Games» berühren verschiedene Themen, welche im Zusammenhang von

Architektur, neuen Medien sowie Informations- und Kommunikationstechnologien von

Brisanz sind. Zum einen zeigen sie Räume und Welten, die nur virtuell existieren. Zweitens

sind dank der Möglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechnologien grosse

Spielergemeinschaften entstanden. Drittens schliesslich werden gemäss dem modernen

«Open source»-Ansatz Informationen und Kreationen frei zugänglich gemacht und

weiterverteilt.

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1 Frühe Beispiele:«Pong» (1972), «SpaceInvaders» (1978),«Asteroids» (1979),«Pacman» (1980), «Super Mario» (1983)

2 «Linx3d», Ego-ShooterLevel bestehend ausText, Margarethe Jahr-mann, Max Moswitzer(1999)Abstrakte Levels von« Jodi»

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Zur VorgeschichteYokohama hat in der jüngeren japanischen Geschichte eineentscheidende Rolle gespielt. Im Hafen von Yokohama nahmdie Verwestlichung Japans ihren Lauf, die das gesamte Insel-reich verändert und schliesslich Auswirkungen auf die ganzeWelt gehabt hat. Hier durften die ausländischen Mächte erst-mals ihre Schiffe anlegen lassen. Die Öffnung des Hafens 1859läutete eine neue Ära in Japan ein.

Heute ist Yokohama nach Tokio und Osaka die drittgrössteStadt Japans, aber ihre Identität hat sie teilweise verloren, seit-dem sie mit dem benachbarten Tokio zu einem einzigen Sied-lungsbrei in der Kanto-Ebene zusammengewachsen ist. Im In-nenstadtviertel Kannai gibt es deutlich mehr Altbauten, einregelmässigeres Strassennetz und eine stärkere städtebauli-che Tradition als im wild wuchernden Tokio. Obwohl die In-nenstadt einen spürbar anderen Charakter als die Hauptstadtaufweist, hat Yokohama den Identitätsverlust nie verkraftet.

Die Ambition, sich von Tokio abzusetzen und das eigeneProfil als Hafenstadt am Meer zu stärken, macht sich beson-ders im neuen Stadtviertel «M21» bemerkbar. Dieses riesigeStadterweiterungsgebiet liegt zum Teil auf neu aufgeschütte-tem Land, zum Teil auf ehemaligen Gewerbeflächen für Werf-ten und Schwerindustrie, die wie überall auf der Welt die In-nenstadtlagen schon lange aufgegeben haben oder angesichtsder ausländischen Konkurrenz ganz verschwunden sind. Wieviele andere Städte in den Achtzigerjahren auch hat Yokoha-ma seine waterfront in ein neues Geschäfts- und Amüsiervier-tel verwandelt. Der sichtbarste Ausdruck des neuen Selbstbe-wusstseins von Yokohama ist der Landmark Tower von demamerikanischen Architekten Hugh Stubbins, der auch das Citicorp Center in New York und die Kongresshalle in Berlin ent-worfen hat. Es ist das derzeit höchste Gebäude Japans, dasKenzo Tanges Rathausdoppeltürmen in Tokio den Rang ab-gelaufen hat – ein wichtiger Prestigegewinn für die kleinereSchwesterstadt.

Yokohama besitzt eine lange Tradition als Eingangstornach Japan für Ausländer – die grösste Attraktion Yokohamasist nicht zufällig seine Chinatown. Das Zentrum hat sichdurch «M21» nach Norden verlagert, und die traditionelle In-nenstadt droht zu stagnieren, wenn alles Wachstum und dieKaufkraft in das neue Stadtviertel fliessen, welches zudem

besser erschlossen ist. Vor diesem Hintergrund wird die Ge-schichte des neuen Fährterminals verständlich.

Das ProjektBei dem grossen internationalen Wettbewerb, der 1995 vonder Stadt Yokohama zum Bau des neuen Fährterminals ver-anstaltet wurde, gewann das damals noch weitgehend unbe-kannte Londoner Büro Foreign Office Architects. Es wird vondem Spanier Alejandro Zaera-Polo und der Iranerin FarshidMoussavi geleitet und ist von daher auf doppelte Weise foreignin Japan. Beide Architekten sind noch unter vierzig Jahre alt.

Das neue Fährterminal besitzt mehrere Funktionen. Esträgt zur weiteren Aufwertung der waterfront von Yokohamabei, es ist ein neues Wahrzeichen der Offenheit gegenüberAusländern, es verbindet «M21» mit dem beliebten Yamashi-ta-Park und es soll Yokohama als Reiseziel für Kreuzfahrtenaufwerten und damit den örtlichen Tourismus fördern. DieStar Cruise Company aus Singapur ist eine der Hauptinteres-senten. Zusätzlich sollte eine Fährverbindung zwischen dentraditionell verfeindeten Nationen Japan und Korea (zumin-dest während der WM) eingerichtet werden. Bis zum Baube-ginn des Fähranlegers vergingen vier Jahre. Dass zwischendem Wettbewerb und der Eröffnung des Gebäudes am 2. Juniinsgesamt fast sieben Jahre liegen, lässt auf die Schwierigkei-ten schliessen, die dieses Projekt durchstehen musste. Zwi-schenzeitlich wäre das Vorhaben fast gescheitert. Nicht nurdie Rezession und das Platzen der Bubble Economy kam dem Pro-jekt in die Quere, auch der Bedarf an dem Riesenbau wurde(und wird) in Zweifel gezogen. Die jungen Architekten galtenals unerfahren, denn das Fährterminal ist das mit Abstandgrösste Projekt, das das Büro bisher verwirklicht hat.

Als Retter in der Not erwies sich ausgerechnet die Fuss -ballweltmeisterschaft. Weil Japan zusammen mit Südkoreaals Gastgeber der WM bestimmt wurde und Yokohama zueinem der Austragungsorte der Spiele wurde, stieg die Be-reitschaft der örtlichen Politiker, zu diesem Anlass ein Pres -tigeprojekt vom Stapel laufen zu lassen.

Das Terminal ist der erste Punkt, von dem aus viele Aus-länder Japan betreten werden. Wie schon Renzo Pianos Kansai-Flughafen in Osaka zuvor wurde ein solches Tor nachJapan von einem ausländischen Architekten entworfen.

New Non-Cartesian GeometryForeign Office Architects: Fährterminal Yokohama, 1995–2002 Ulf Meyer

In der Bucht von Yokohama liegt ein neuer Fähranleger, der gleichzeitig avantgardistisch

ist und von der Geschichte Yokohamas erzählt. Über 420 Meter lang und 70 Meter breit

ragt der neue Osanbashi-Pier in den Hafen. Die Londoner Foreign Office Architects er-

richteten mit der Anlage ihr erstes grosses Werk. Rechtwinkligkeit scheint ausser Kraft ge-

setzt; die Struktur ist aus Bewegungslinien abgeleitet. Laut Alejandro Zaera-Polo entsteht

die Form aus der Manipulation des Materials – auch wenn dieses immateriell ist.

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1 Grundriss Dach-und Parkebene

2 Grundriss Hallen-ebene

3 Längsschnitt

4 Querschnitte

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Das 1971–77 von Richard Rogers und Renzo Piano erbauteCentre Pompidou in Paris zählt trotz flexibler Raumeintei-lung in den einzelnen Geschossen nicht gerade zu jenen Bau-ten, die eine nachträgliche bauliche Veränderung erleichtern.Umso bemerkenswerter ist das im Jahr 2000 eröffnete Res -taurant «Georges» im fünften Obergeschoss, Ergebnis einesim Frühling 1998 ausgeschriebenen dreistufigen Wettbe-werbs, den die Pariser Architekten Dominique Jakob undBrandon MacFarlane für sich entscheiden konnten. Es han-delt sich um eine Intervention, die in respektvoller, doch sehreigenständiger Weise auf den besonderen architektonischenKontext reagiert. Trotz offensichtlicher Bezüge vermeidet siesowohl eine formale Anbiederung an die moderne Ikone alsauch eine vollständige Abkehr vom Bestehenden. Dennochhandelt es sich nicht um einen diskreten Eingriff, der ange-sichts des besonderen Umfeldes bescheidene Zurückhaltungübt: Das Projekt basiert vielmehr auf der radikalen – undselbstbewussten – Umdeutung eines bestehenden Elementes,des Bodens.

Eine Haut mit TaschenDas Restaurant zählt 250 Plätze und besetzt die nord-östlicheEcke des Gebäudes. Dabei tangiert der Eingriff weder die voll-ständig verglaste Aussenfassade noch die Decke mit ihren wu-chernden Röhren und Leitungen. Die Tische für die Gäste sindan der Glasfront aufgereiht; in der Mitte und an der Rück-wand des Raumes wachsen neue, pilzartige Gebilde buch-stäblich aus dem Boden.

Der Bodenbelag besteht aus gebürstetem Aluminium undist in Quadrate von 80 Zentimetern Seitenlänge unterteilt, diewiederum auf das Strukturraster des Gebäudes von 12,8 auf12,8 Metern zurückgehen. Stellenweise scheint er gigantischeBlasen zu werfen oder Falten zu bilden wie ein Teppich, wo-bei das quadratische Raster heftig verzerrt und verzogenwird. Dadurch entstehen unregelmässige, organisch geform-te Volumen, in denen Küche, Toiletten und Garderoben sowiezwei abtrennbare Säle untergebracht sind. Im inneren Be-reich zwischen den Volumen windet sich die Erschliessungs-zone für Gäste und Angestellte, erhellt durch das matte,gleichförmige Licht, das die kaum spiegelnde Aluminium-oberfläche in diese Raumtiefe trägt. Auf diese Weise wird der

Raum in offenere und privatere Bereiche gegliedert; von kei-nem Punkt aus ist er ganz zu überblicken.

Ausgangspunkt für den Entwurf war die Auffassung desBodens als eine Art dehnbare Haut, unter die sich einzelne Vo-lumen schieben. Diese Transformation des Bodens, der die ge-wohnten zwei Dimensionen verlässt und sich in den Raumaufbäumt, führt zu einer Relativierung der Begriffe innenund aussen, die mit gewöhnlichen Einbauten kaum hätte erreicht werden können. So werden die räumlich stark gefass-ten Zirkulationsbereiche zwischen den Volumen als Innen-räume empfunden und liegen doch unübersehbar ausserhalbder Aluminiumhaut. Aber auch die Volumen selbst sind sowohl Innen- als auch Aussenräume – ähnlich wie die Ta-schen eines Kleidungsstücks, die in Bezug auf das Kleidungs-stück selbst innen liegen, in Bezug auf den Körper, den es umhüllt, dagegen aussen. Diese Ähnlichkeit wird dadurch unterstrichen, dass die «Raumtaschen» innen mit farbigemKautschuk ausgeschlagen sind, das gleichsam als Futter fun-giert. Und weil Boden, Wände und Decke dieser Gebilde auseiner einzigen Fläche bestehen und die gleichen Leuchten indie Decke und in den Boden eingelassen sind, büssen auch dieKategorien oben und unten an Eindeutigkeit ein.

Raum- und DarmstülpungenFormal gesehen ist der Kontrast zwischen den biomorphenKurven des Restaurants und den von der Gebäudetechnik ge-prägten Fassaden des Centre kaum zu überbieten. Dennochmutet die neue Anlage nicht besonders fremdartig an. Diesmag zum einen daran liegen, dass auch der ahnungslose Be-sucher im Rahmen eines Museums für moderne Kunst auf eine Konfrontation mit ungewöhnlichen plastischen Formengefasst ist; zum anderen aber auch daran, dass Bestehendesund Neues thematisch immer wieder zueinander finden.Trotz aller Maschinenästhetik ist das Centre wiederholt miteinem lebenden Organismus verglichen worden; die tech-noide, gerasterte Aluminiumoberfläche der neuen Gebildewiederum relativiert erheblich den Eindruck des natürlichGewachsenen.

Der konzeptionelle Bezug auf das bestehende Gebäude er-schöpft sich indes nicht in der Aufnahme des Rasters. DasCentre Pompidou zeichnet sich unter anderem dadurch aus,

Subkutaner EingriffJakob + MacFarlane: Restaurant «Georges», Paris, 2000 Judit Solt

Das Restaurant «Georges» im Centre Pompidou in Paris ist ein Beispiel für einen Entwurf,

der ohne moderne Computertechnologie nicht hätte entstehen können und dies auch

zelebriert. Wie beim Centre selbst handelt es sich einerseits um eine Ode an den jeweils

aktuellen Stand der Technik und andererseits um eine Beschäftigung mit der Tiefe von

Oberflächen. Dabei wird der Computer nicht nur als Hilfsmittel bei der Darstellung, der

Formfindung und der Fabrikation eingesetzt; die Architekten sehen in ihm auch ein will-

kommenes Mittel, ihre eigene Autorenschaft zu relativieren.

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1 Blick über dieDachterrasse desCentre Pompidouins Restaurant «Georges»(Foto: Nicholas Borel)

2–3 Entwurfs-skizzen

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Goldfarbene Versalien schmücken seit jüngstem de-zent, aber unübersehbar das ehemalige Gebäude derzentralschweizerischen Filiale der Nationalbank. DerKünstler Peter Suter hat den goldbronzefarbenen Friesentworfen, der das Sockelgeschoss auf allen vier Seitenbeschliesst; neben die brand labels der Werbewelt,welche an einer der Hauptgeschäftsstrassen Luzernsvorherrschen, treten die Namen von Künstlern, obKlee, Picasso oder Matisse, und der Titel der neuen kulturellen Institution in vier Sprachen: Sammlung Rosengart. Dies sind die einzigen Hinweise auf dieneue Nutzung des viergeschossigen neoklassizis tischenGebäudes mit Art-déco-Anklängen, welches der Zür-

cher Stadtarchitekt Hermann Herter 1924 errichteteund das sich an der viel befahrenen Pilatusstrasse er-hebt, mithin in unmittelbarer Nachbarschaft desHauptbahnhofs. Roger Diener oblag die Aufgabe, dort,wo früher Geld und Gold verwahrt wurden, der Kunstein Domizil einzurichten.

Leidenschaft des SammelnsDie Vorgeschichte beginnt 1937: Als Justin Thann -hauser, die Emigration in die USA vorbereitend, seineGalerien in München und Berlin schliesst, schenkt erseinem Cousin und Geschäftspartner Siegfried Rosen-gart (1894–1985) ein mit 10 000 Franken taxiertes

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Architektur aktuellDiener & Diener: Sammlung Rosengart, Luzern, 2000–2002

Kunst statt GeldDie Sammlung Rosengart ist nicht systematisch entstanden. Sie spiegelt vielmehr das

Leben und Wirken der Luzerner Galeristen Siegfried und Angela Rosengart, besitzt also

eine stark persönliche Prägung. Nun hat die Kollektion eine dauerhafte Bleibe im ehe -

maligen Gebäude der Nationalbank nahe dem Luzerner Hauptbahnhof gefunden. In sen-

sibler Weise haben Diener & Diener drei Geschosse des früheren Geldinstituts zu einem

Museum umgebaut – Alt und Neu finden unprätentiös zusammen. Nicht die Sterilität des

«White Cube» herrscht im Inneren, sondern eine beinahe privat wirkende Atmosphäre.

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Still leben von Cézanne – als Dank für dessen seit 1920währende Tätigkeit als Leiter der Dépendance der Galerie Thannhauser in Luzern. Die Stadt am Vier-waldstättersee galt – ihrer Lage in der neutralenSchweiz und ihrer internationalen, vor allem amerika-nischen Besucher wegen – seit längerem in der Kunst-szene als wichtige Adresse, und so setzte der wieThannhauser aus München stammende Rosengart sei-ne Galeristentätigkeit fort, seit 1948 unterstützt vonseiner 1932 geborenen Tochter Angela. Konzentrierteman sich ursprünglich auf die Impressionisten, so rück-ten mehr und mehr die Meister der klassischen Mo-derne ins Blickfeld, besonders Pablo Picasso und PaulKlee. Dabei war es vor allem der persönliche, freund-schaftliche Kontakt der Galeristenfamilie zu den vonihnen vertretenen Künstlern, welcher das Profil derKunsthandlung bestimmte; neben Daniel Henry Kahn-weiler hatten nur die Rosengarts nahezu ungehinder-ten Zutritt zu dem Atelier von Picasso.

Was mit dem Cézanne von 1937 angefangen hat-te, setzte sich im Laufe der Zeit fort: Manche der zumVerkauf bestimmten Arbeiten sammelten sich im Hausder Rosengarts. Bisweilen waren es Bilder, die als un-verkäuflich galten, bisweilen Werke, die man nicht ausder Hand geben wollte; hinzu kamen Arbeiten mit per-sönlichem Bezug, darunter eine Reihe von Porträts, diePicasso von der jungen Angela Rosengart anfertigte.

Gerade die fehlende Systematik macht den Reiz derKollektion aus – ein Abriss der Kunst des zwanzigstenJahrhunderts war nicht das Ziel der Sammler. Nicht interesseloses Wohlgefallen, sondern die private Lei-denschaft geriet hier zum Massstab.

1978 schenkten die Galeristen acht grossformatigeArbeiten Picassos der Stadt Luzern, die daraufhin imunmittelbar am Reussufer gelegenen «Huus am Rhyn»ein Picasso-Museum eröffnete. Ein weiterer Schritt inRichtung einer öffentlichen Präsentation der verblei-benden Sammlung ereignete sich 1992 mit der Grün-dung der «Stiftung Rosengart». Während andere Mä-zene sich aufwändige Häuser für ihre Sammlungen sei-tens der Öffentlichkeit finanzieren lassen, erklärte sichAngela Rosengart angesichts des durch das Jahrhun-dertprojekt von Jean Nouvels Kultur- und Kongress -zentrum über Gebühr beanspruchten Kulturhaushaltsdazu bereit, das als zukünftiges Sammlungsdomizilauserkorene frühere Gebäude der Nationalbank für 13 Millionen Franken selbst zu erwerben und den Um-bau weitestgehend durch Spenden zu finanzieren.Zehn Jahre nach Gründung der Stiftung konnte dieSammlung Rosengart in Luzern eröffnet werden.

Wider den «White Cube»Dem Basler Büro Diener & Diener, welches in Luzernzuvor das Hotel Schweizerhof zurückhaltend renoviert

1 Fassade zur Pilatusstrasse

2 Blick vom Ausstellungsum-gang in den zentralen Saal desErdgeschosses (Fotos 1+2: Christian Voigt)

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